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Titelregister zu:

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Schonen

Schonen (schwedisch und dänisch Skåne, lateinisch Scania, auf Deutsch früher gelegentlich auch Schonlandt) ist eine historische Provinz im Süden Schwedens. Schonen gehörte bis ins 17. Jahrhundert zu Dänemark. Es deckt sich nahezu mit der heutigen Provinz (län) Skåne län und dem Gebiet des zugehörigen Provinziallandtags (dazu gehört auch noch eine ehemals selbständige Gemeinde in der historischen Provinz Halland). Die Landschaft grenzt im Norden an Halland und Småland, im Osten an Blekinge, weiter südlich im Osten und im Süden an die Ostsee und im Westen an den Öresund.

Wichtige Städte sind Malmö (Provinzhauptstadt), Helsingborg, Kristianstad, Landskrona, Lund, Trelleborg und Ystad. Schonen gehört zusammen mit den dänischen Inseln Seeland, Bornholm, Lolland, Falster und Mön zur transnationalen Öresundregion.

Geografie und Geologie

Die südlichste historische Provinz Schwedens ist eine überwiegend flachwellige Halbinsel, die schwere, nährstoffreiche Tonböden aufweist. Dies hat die Kulturlandschaft zu einem der ergiebigsten Agrargebiete Nordeuropas gemacht. Schonen war jahrhundertelang die Kornkammer Dänemarks und wird auch heute noch oft die Kornkammer Schwedens genannt. Selbst heute noch decken die Felder des vielfarbigen Flickenteppichs (Selma Lagerlöf) gut 30 Prozent des schwedischen Agrarbedarfs. Im nordöstlichen Teil der Region wird das Landschaftsbild hingegen schon von den überall in Schweden typischen bewaldeten Anhöhen aus Gneis und Granit geformt. Mitten durch Schonen verläuft die so genannte Bruchzone, welche das geologische Ur-Europa des Nordens vom eigentlichen, jüngeren Mitteleuropa trennt. Die Hügel in Nord- und Mittelschonen sind durch diese geologische Bruchzone bedingt und trennen Schonen von den nördlicheren Landschaften. Der bekannteste dieser Hügel ist der Hallandsåsen.

Geschichte

Frühzeit

Älteste Grab- und Wohnstättenfunde in der Nähe von Trelleborg wurden auf ca. 5000 v. Chr. datiert. Die zahlreichen jungsteinzeitlichen Hünengräber und die bronzezeitlichen Grabhügel lassen darauf schließen, dass Schonen schon früh eine hohe Bevölkerungsdichte aufwies. Die Steinbauten (z.B. die Megalithanlagen von Hagestad) stammen aus der Zeit zwischen 3500 und 2800 v. Chr., die Hügel stammen von 1800 bis 500 v. Chr. Das Gräberfeld von Vätteryd vertritt die nachfolgende Periode. Ein regionales Handelszentrum der Eisenzeit war z. B. die Siedlung Uppåkra, südlich von Lund. Dieser Platz, der mit gleichartigen Zentren wie Gudme auf Fünen zu synchronisieren ist, wurde 1990 entdeckt und ist seitdem Objekt intensiver archäologischer Ausgrabungen. Unter anderem fand man die Reste eines heidnischen Tempels.

Das erste schriftliche Dokument mit der Bezeichnung Schonen ist ein Friedensvertrag von 811, den Karl der Große mit den Dänen schloss. Im dänischen Gefolge war ein Osfrid von Schonen, der wahrscheinlich ein regionaler Herrscher war. Eine weitere Erwähnung erfolgte etwa 870, als der Handelsmann Wulfstan eine Reise längs der südschwedischen Ostseeküste unternahm. Inwieweit die Nennung schonischer Könige in nordischen Heldengedichten historisch verwertbar ist, ist nicht ausreichend diskutiert.

Mittelalter

Das Verhältnis zwischen Schonen und Dänemark zum Beginn der Staatswerdung Dänemarks wird in der Wissenschaft kontrovers diskutiert. Die eine Auffassung meint, dass die ursprüngliche Zugehörigkeit Schonens, wie auch der jetzigen schwedischen Landschaften Blekinge und Halland, zu Dänemark auf eine Anlage zum Älteren Västgötalag zurückzuführen ist. Danach soll die Grenze zwischen Dänemark und Schweden 1050 festgestellt worden sein. Inzwischen ist nachgewiesen, dass diese Anlage aus wesentlich späterer Zeit stammt.[2] Von einem dänischen Land oder dänischen Reich, das Schonen umfasst haben soll, kann nach dieser Auffassung daher nicht gesprochen werden. Die andere Auffassung nimmt an, dass das Kernland Dänemarks ursprünglich Schonen mit den ostdänischen Inseln war. Sie stützt sich auf die Niederschrift Alfreds des Großen über die Fahrten Ottars und Wulfstans (das früheste Zeugnis dazu), in der als „Dänemark“ Südschweden einschließlich Schonen, Falster, Lolland, Langeland, wahrscheinlich auch Seeland und die übrigen ostdänischen Inseln bezeichnet worden seien. Erst der nordjütische Skivum-Stein aus der Zeit des Jelling-Steins habe auch Nordjütland zu Dänemark gerechnet, möglicherweise eine Folge der Einigung unter Harald Blauzahn. Unter diesem Gesichtspunkt würde auf dem Jellingstein berichtet, dass Harald Ostdänemark erobert habe.[3] Der Differenz dürfte eine unterschiedliche Auffassung darüber zu Grunde liegen, was unter „Dänemark“ verstanden wird. Die erste Auffassung geht vom heutigen Begriff „Dänemark“ aus und fragt, ob Schonen zu diesem Herrschaftsgebiet, wie auch immer es damals geheißen haben mag, gehört hat. Die zweite fragt danach, was die Zeitgenossen Alfreds des Großen und Harald Blauzahns unter „Dänemark“ verstanden haben. Abgesehen davon wurde mit „Schonen“ ein Gebiet mit stark wechselnder Ausdehnung bezeichnet. Adam von Bremen schrieb im 11. Jahrhundert, dass Skåne an Västergötland grenze,[4] was bedeuten würde, dass damals Halland zu Skåne gehörte. König Christian III. sprach von vaart land Skaane (unser Land Schonen), womit er Schonen, Halland und Blekinge meinte. Zusammen mit der Insel Bornholm ist für diese Gebiete bei Historikern manchmal der Begriff Skåneland gebräuchlich. Wenn auch Harald Blauzahn, der im 10. Jahrhundert das Christentum einführte und dadurch ein dauerhaftes gesamtdänisches Königreich schuf, in Schonen einen starken Einfluss hatte, so ist doch zweifelhaft, ob es bereits ein Teil seines Reiches war.[5] Immerhin war der Öresund mit den damaligen Verkehrsmitteln deutlich leichter zu durchqueren als die dichten småländischen Wälder.

Man geht davon aus, dass es damals zwei verschiedene Landschaftstypen gab, was sich auch in einer unterschiedlichen Lebensweise der Bewohner bemerkbar machte: Das Flachland ohne Wald, wo Ackerbau betrieben wurde und dichte Siedlungen vorherrschten, und das Waldland, wo Viehzucht und Holzwirtschaft das Leben bestimmte. Dort herrschten einsame Einzelgehöfte vor. Es handelte sich um Laubwald; Fichten gab es damals dort nicht. Diese unterschiedlichen Bedingungen führten zu stark unterschiedlichen Lebensstilen, die noch heute archäologisch in unterschiedlichen Begräbnissitten fassbar sind.[6] Die Ackerbaubevölkerung begrub ihre Toten in Särgen. Im waldreichen Osten herrschen Brandgräber vor.

Zu Zeiten Sven Gabelbarts und Knuts des Großen bestand die Handwerker- und Bildungselite in Schonen im wesentlichen aus Engländern, die die Könige aus England mitgebracht hatten. So finden sich Kunstwerke in englisch-skandinavischem Mischstil und in ausgesprochenem Winchesterstil. Die königlichen Münzmeister kamen aus England nach Lund, wo die dänischen Münzen geprägt wurden. Man fand eine Schreibfederschatulle mit der Aufschrift „LEOWINE ME FECIT“ (Leowine stellte mich her). Den Namen Leowine findet sich auch auf Münzen aus Lund. Er kam aus Lincoln in England, wo er für König Æthelred Münzen geschlagen hatte.

Als kulturelles Zentrum des dänischen Reiches beherbergte Schonen von 1060 bis 1066 zwei rivalisierende Bischöfe: Den Engländer Henrik in Lund und den Deutschen Egino in Dalby. Als Henrik starb und Dänemark gleichzeitig die Verbindung mit dem Danelag in England verlor, zog Egino nach Lund, um dort das Amt zu übernehmen, und so kam das Bistum Lund unter den Erzbischof von Hamburg-Bremen. Gleichwohl blieb Lund eine kleine christliche Insel in heidnischem Umland, wie die noch Jahrzehnte später angelegten Gräber belegen.[7] 1103 wurde Lund zum Erzbischofssitz für ganz Skandinavien erhoben. Absalon von Lund, zuvor Bischof von Roskilde, war im letzten Viertel des 12. Jahrhunderts Erzbischof von Lund. Sein Drängen auf die Abführung des Zehnten und auf die strenge Durchführung des Priesterzölibats führte 1181 zum Bauern- und Priesteraufstand in Schonen und zur Schlacht an der Dösjöbro. Sein Nachfolger in Lund wurde Andreas Sunononis (dän. Suneson).

König Magnus Eriksson kaufte Schonen im 14. Jahrhundert von einem holsteinischen Grafen, der es zum Pfand hatte, für 34.000 Mark Silber. Kurz darauf wurde er von den Einwohnern Schonens zum König ausgerufen. So wurde Schonen vorübergehend zu einem souveränen Königreich, unabhängig von Schweden und Dänemark.[8] Allerdings wurde dieses Königtum vom Papst nicht anerkannt.

Wegen des Reichtums an Heringen vor seiner Küste war Schonen vom Mittelalter bis zur Neuzeit ein Zielgebiet hanseatischer Kaufleute (Schonenfahrer).

Neuzeit

Die dänische Reformation fing in Malmö an. Hier wurde sowohl die erste lutherische Predigt gehalten als auch die erste dänische Bibel herausgegeben, was die Bildung einer dänischen Hochsprache vorantrieb.[9]

Während des Dreißigjährigen Krieges marschierten 1643 in einem Überraschungsangriff und ohne Kriegserklärung schwedische Truppen in Jütland und in Schonen ein. Dieser Krieg wurde nach den beiden schwedischen Befehlshabern Torstensson (in Jütland) und Horn (in Schonen) benannt (siehe Torstenssonkrieg). In Schonen eroberten sie eine Reihe damals noch dänischer Städte wie Lund, Landskrona und Helsingborg, während sich die Festungen in Malmö und Kristianstad hielten. Im August 1643 wurden die Schweden wieder aus Schonen vertrieben. Im Frieden von Brömsebro musste Dänemark-Norwegen dennoch erste größere Gebietsverluste hinnehmen.

Während des Zweiten Nordischen Krieges erklärte Dänemark im Juni 1657 Schweden den Krieg. Diese Auseinandersetzung endete im Frieden von Roskilde von 1658 damit, dass Dänemark seinen Besitz in Skåneland (dem heutigen Südschweden) räumen musste. Schonen samt Bornholm, Blekinge und Halland wurden an Schweden abgetreten. Bornholm gelangte zwei Jahre später, im Frieden von Kopenhagen, an Dänemark zurück. Dabei wurden auch die noch heute geltenden Grenzen zwischen Dänemark, Norwegen und Schweden nach Jahrhunderten kriegerischer Auseinandersetzungen festgelegt.

Im Schonischen Krieg 1676–1679, einem Teilkrieg des Nordischen Krieges, versuchte Dänemark letztlich erfolglos die verlorengegangen Provinzen zurückzuerobern. Der Schonische Krieg endete 1679 mit dem Frieden von Lund.

In den Jahrzehnten nach dem Frieden von Roskilde 1658 entwickelte sich in Schonen, Halland und Blekinge ein Guerillakrieg gegen die neue schwedische Staatsmacht. Der Guerillakrieg gegen die Schweden war im Norden und Nordosten der Provinz bitter und blutig und hörte erst um 1715/20 allmählich auf. Die Freischützen wurden von den Schweden abwertend als Schnapphähne bezeichnet. Der letzte Freischütz, Nils Tuasen, wurde 1700 hingerichtet. Pläne, die angestammte schonische Bevölkerung ins Baltikum umzusiedeln, wurden nicht umgesetzt.

Nach dem Übergang zu Schweden wurde Schonen von einem Generalgouverneur verwaltet. Im Jahre 1683 wurde das aus dänischer Zeit stammende Schonische Recht durch das schwedische Recht abgelöst. Im Jahre 1719 wurde das Generalgouvernement aufgehoben und Schonen in die normale schwedische Verwaltungsordnung eingegliedert. Es wurden zwei Verwaltungsprovinzen, Malmöhus län und Kristianstads län, eingerichtet (die 1999 zum Skåne län zusammengelegt wurden).

Um Schonen enger mit dem schwedischen „Altreich“ zu verbinden, wurde schon 1666 in Lund die Regia Academia Carolina als vierte Universität des damaligen schwedischen Reiches (nach Uppsala, Dorpat und Åbo) gegründet, so dass die Studenten nicht mehr nach Kopenhagen zu fahren brauchten. Die schwedische Rechtsordnung und die schwedische Kirchenordnung wurden 1683 eingeführt.

Der letzte dänische Versuch, die verlorene Provinz zurückzuerobern, scheiterte 1710 in der Schlacht von Helsingborg. Dies war die letzte Schlacht in Schonen zwischen Dänemark und Schweden.

Im 19. Jahrhundert erlebte Schonen einen ökonomischen Aufschwung. Die Kontakte zu Dänemark verbesserten sich, da die letzten bestehenden Restriktionen abgeschafft wurden. Die industrielle Revolution machte sich vor allem in Malmö bemerkbar. Insbesondere in den Orten, die einen Eisenbahnanschluss erhielten, stieg der Lebensstandard deutlich.

Unabhängigkeitsbestrebungen

Schonen ist Mitglied der UNPO. Zum Erhalt der kulturellen Identität der Region fordert man ein regionales Parlament und die Dezentralisierung von Verwaltungsfunktionen.

Verkehr

In Schonen begann man in den 1950er Jahren mit dem Bau von Autobahnen. Der Abschnitt zwischen Malmö und Lund war sogar die erste Autobahn Schwedens, der Anfang der heutigen E 22. Kurz darauf entstanden weitere Strecken, die nach deutschem Vorbild vernetzt wurden. Damit unterschied sich Schonen anfänglich von anderen schwedischen Regionen, wo in den 1960er Jahren nur kurze, unzusammenhängende Autobahnen entstanden. Das schonische Autobahnnetz begann meist an den internationalen Fährhäfen und auch die Öresundbrücke wurde mit eingebunden.

Auch das Eisenbahnnetz Schonens ist gut ausgebaut. So beginnt in Malmö eine Linie des Hochgeschwindigkeitszuges X2000 nach Stockholm. Für den regionalen Bahnverkehr haben Pågatåg und Öresundståg die wichtigste Bedeutung. Mit Einrichtung der Öresundverbindung änderte man den Takt der schonischen Eisenbahnen so, dass sie mit den Zügen Seelands in Dänemark im Einklang stehen.

Name

Der Name „Skåne“ bzw. „Schonen“ hat ebenso wie englisch „Scania“ vermutlich dieselbe Etymologie wie „Skandinavien“ („Scandinavia“).[10][11][12][13] Die südlichste Spitze des heutigen Schweden wurde von den Römern Scania genannt. Der Name stammt möglicherweise von dem germanischen Wortstamm *Skaðin-awjo ab, welcher im Altnordischen als Skáney auftritt.[14] Nach Ansicht einiger Forscher kann die Bedeutung mit der germanischen Wurzel *Skaðan- („Gefahr“ oder „Schaden“) in Verbindung gebracht werden.[15] Dieselbe Wurzel skan besitzt auch der Name der Stadt Skanör in Schonen, kombiniert mit der Endung ör, welche „Sandbänke“ bedeutet.

Æthelweard, ein angelsächsischer Historiker, berichtet von Scani,[16] und in der fiktionalen Erzählung Beowulf werden die Namen Scedenige und Scedeland für das „dänische Land“ genannt.[17]

Sprache

Amtssprache und Umgangssprache in Schonen ist Schwedisch. Die meisten Schonen sprechen jedoch mehr oder weniger stark Dialekt. Das in Schonen gesprochene Schwedisch weist noch immer einige Merkmale des Dänischen auf.

Kultur

  • In Lund, dem ursprünglichen kulturellen Zentrum Schonens, bis ca. 1400 auch Dänemarks, und der im Mittelalter führenden Stadt Skandinaviens, befindet sich mit dem Dom zu Lund (1085–1145) das einzige reine romanische Sakralbauwerk Skandinaviens.
  • Im Jahr 1666 wurde die Universität Lund gegründet.
  • Selma Lagerlöf lässt die Reise Nils Holgerssons auf dem Rücken des Gänserichs über „dem großen gewürfelten Tuch“ von Schonen beginnen.
  • Durch die Kriminalromane des aus Härjedalen stammenden Autors Henning Mankell, die meist im Umfeld von Ystad spielen, wurde Schonen literarisch bekannter, obwohl Mankell insbesondere die Winter meist als grau, nass und deprimierend beschrieb.
  • An der Küste bei Kåseberga östlich von Ystad, liegen die Ales Stenar, die größte Steinsetzung Skandinaviens.
  • Bei Simrishamn liegt die mittelalterliche Burg Glimmingehus.

Berühmte Schonen (auch Schoninger genannt) [Bearbeiten]

  • Rollo (Hrolf Ganger), der erste Lehnsherr der Normandie
  • Tycho Brahe, kaiserlicher Hofastronom
  • Dietrich Buxtehude, Organist und Komponist des Barock
  • Marie Fredriksson, Sängerin
  • Per Albin Hansson, ehemaliger Premierminister von Schweden
  • Gustaf Wilhelm Palm, Maler
  • Ruben Rausing, Erfinder des Tetra-Paks
  • Gunhild Sehlin, Kinderbuchautorin
  • Birgit Nilsson, Opernsängerin
  • Jarl Kulle, Schauspieler
  • Max von Sydow, Schauspieler
  • Anita Ekberg, Model und Schauspielerin
  • Siw Malmkvist, Schlagersängerin
  • Stellan Skarsgård, Schauspieler
  • Henrik Larsson, Fußballspieler
  • Eagle-Eye Cherry, Pop-Sänger
  • Zlatan Ibrahimović, Fußballspieler

Landschaftssymbole

  • Blume: Margerite
  • Tier: Rothirsch
  • Vogel: Rotmilan
  • Fisch: Aal

Statistik

  • Bevölkerung: 1.184.500 (31. Dezember 2006) = 13% der Bevölkerung Schwedens[18]
    • davon Ausländer: 64.437
  • Fläche: 11.368 km²
    • Landwirtschaftlich genutzt: 5.607 km² (49,4%)
    • Bewaldet: 3.825 km² (33,7%)
  • Bevölkerungsdichte: 104 Bewohner/km²
  • Arbeitslosenquote: 2,3% (Juli 2008)[19]
  • Mittlere Temperatur
    • Januar: 0 bis −2° C
    • Juli: 17° C
  • Jährliche Niederschläge: 500–800 mm
  • Höchste Erhebung: Söderåsen 211 m ü.d.M.
  • Größter See: Ivösjön

Literatur

  • Magistri Adam Bremensis: Gesta Hammaburgensis ecclesiae Pontificum (Bischofsgeschichte der Hamburgischen Kirche) In: Quellen des 9. und 11. Jahrhunderts zur Geschichte der Hamburgischen Kirche und des Reiches. Darmstadt 1978, ISBN 3-534-00602-X.
  • Eldbjørg Haug: Margrete. Den siste Dronning i Sverreætten.Oslo 2000, ISBN 82-02-17642-5.
  • Arbetsförmedlingen (PDF-Datei; 11 kB)
  • Fredrik Svanberg: Vikingatiden i Skåne. Lund 2000, ISBN 91-89442-04-0.

Film

  • Bilderbuch: Südschweden – Halbinsel Schonen. Dokumentation, Deutschland, 45 Min., Produktion: NDR, Buch und Regie: Cornelius Kob, Erstausstrahlung: 16. November 2008, Inhaltsangabe der ARD

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. ↑ Folkmängd i landskapen
  2. ↑ Svanberg, S. 12
  3. ↑ Herbert Jankuhn und andere: Völker und Stämme Südostschleswigs im frühen Mittelalter. Schleswig 1952, S. 151 ff.
  4. ↑ Verum Westragothia confinis est provinciae Danorum, quae Sconia dicitur (Västergötland grenzt an die dänische Provinz, die Schonen genannt wird.) Adam IV 23.
  5. ↑ Svanberg a.a.O.
  6. ↑ Svanberg, S. 17.
  7. ↑ Svanberg, S. 93.
  8. ↑ Haug, S. 46. Ein Brief des Königs vom 4. Juli 1343 aus Helsingborg beginnt mit den Worten: „Magnus medr guds nad Noreghs Svyia ok Skana konongr …“ Diplomatarium Norvegicum Nr. 220:
  9. ↑ Søren Sørensen: Den danske litteratur begynder i Malmø, In: Norden Nu, Juni 2008
  10. ↑ Einar Haugen: The Scandinavian Languages: An Introduction to Their History. Harvard University Press, Cambridge (Mass.) 1976.
  11. ↑ Knut Helle (ed. E. I. Kouri et al.): The Cambridge History of Scandinavia. Cambridge University Press, Cambridge 2003, ISBN 0-521-47299-7; Introduction, p. XXII: “The name Scandinavia was used by classical authors in the first centuries of the Christian era to identify Skåne and the mainland further north which they believed to be an island.” („Der Name Skandinavien wurden von den klassischen [römischen] Autoren in den ersten Jahrhunderten der christlichen Ära benutzt, um Skåne/Schonen und das nördliche Festland [Schweden, Norwegen, Finnland] zu bezeichnen, von dem sie glaubten, dass es eine Insel sei.“)
  12. ↑ Kenneth R. Olwig: The Nature of Cultural Heritage, and the Culture of Natural Heritage—Northern Perspectives on a Contested Patrimony. In: International Journal of Heritage Studies, Vol. 11, No. 1, March 2005; Introduction, p. 3: “The very name ‘Scandinavia’ is of cultural origin, since it derives from the Scanians or Scandians (the Latinised spelling of Skåninger), a people who long ago lent their name to all of Scandinavia, perhaps because they lived centrally, at the southern tip of the peninsula.” („Der Name ‚Skandinavien‘ selbst ist kultureller Herkunft, da er sich von den Scanians oder Scandians (latinisierte Form von Skåninger) herleitet, einem Volk, welches sehr früh seinen Namen ganz Skandinavien lieh – vielleicht weil sie zentral am Südende der Halbinsel lebten.“)
  13. ↑ Uffe Østergård: The Geopolitics of Nordic Identity – From Composite States to Nation States. In: Øystein Sørensen, Bo Stråth (eds.): The Cultural Construction of Norden. Scandinavian University Press, Oslo 1997, p. 25–71.
  14. ↑ Carl Edlund Anderson: Formation and Resolution of Ideological Contrast in the Early History of Scandinavia. PhD dissertation, Department of Anglo-Saxon, Norse & Celtic (Faculty of English), University of Cambridge, 1999.
  15. ↑ Knut Helle (ed. E. I. Kouri et al.): The Cambridge History of Scandinavia. Cambridge University Press, Cambridge 2003, ISBN 0-521-47299-7; Introduction.
  16. ↑ Erik Björkman: Studien über die Eigennamen im Beowulf. M. Sändig, 1973, ISBN 3-500-28470-1, p. 99.
  17. ↑ Richard North: Heathen Gods in Old English Literature. Cambridge University Press, Cambridge 1997, ISBN 0-521-55183-8, p. 192.
  18. ↑ Statistiska Centralburån Befolkning.
  19. ↑ Arbetsförmedlingen

 

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Visby

Visby (deutsch auch Wisby) ist eine Stadt an der Westküste der schwedischen Ostseeinsel Gotland. Visby ist die Hauptstadt der Provinz Gotlands län in der historischen Provinz Gotland und Hauptort der Gemeinde Gotland sowie Bischofssitz des gleichnamigen Bistums. Das Stadtwappen zeigt das Lamm Gottes.[2]

Geschichte

Der Name Visby (nord. „vi“ = Opferplatz) deutet darauf hin, dass der Ort vorchristliche Bedeutung hatte. Die Spuren der ältesten Besiedlung sind spärlich, aber seit der Wikingerzeit (ab 800 n. Chr.) ist der Platz kontinuierlich bewohnt worden. Überreste von Holzhäusern wurden im Almedalen gefunden. Das älteste erhaltene Gebäude der Stadt ist „Kruttornet“ (der „Pulverturm“), nach 1151 angelegt.

1161 erteilte Heinrich der Löwe mit dem Artlenburger Privileg ein Handelsprivileg, das die Rechtssicherheit in der Ostsee herstellte. Während der Hunderte von Jahren andauernden Missionen und Christianisierung Nord- und Osteuropas, angefangen mit Ansgar, wurde Visby die Mutterstadt der um 1200 gegründeten Stadt Riga in Livland (heute Lettland). Visby war erster Hauptort der Hanse in der Ostsee, und die Gotlandfahrer hatten spezielle Privilegien. Lange Zeit waren die Hälfte der Bürger Visbys Deutsche. Das 13. und 14. Jahrhundert waren die Blütezeit der Insel, und die Stadt erhielt den Beinamen „Regina Maris“ (Königin des Meeres). Trotzdem eskalierte 1288/89 der Konflikt, den die Stadt mit dem verarmenden Umland hatte, zu einem blutigen Bürgerkrieg, den der schwedische König Magnus Ladulås (König 1275–1290) beendete. Gotland hatte bis dahin separate Herrscher.

1361 wurde Visby vom dänischen König Waldemar IV. Atterdag (König 1340–1375) erobert. Von 1394 bis 1398 suchten die Vitalienbrüder Schutz hinter Visbys Stadtmauern. Bis zur Vertreibung durch ein Heer des Deutschen Ordens erlangten die Vitalienbrüder von Visby aus die Seeherrschaft in der Ostsee. Insel und Stadt fielen bereits 1408 wieder an Dänemark. 1411 wurde mit dem Bau der Visborg begonnen.

Visby wurde 1525 von Truppen der Hansestadt Lübeck angegriffen. Es wurden unter anderem alle Kirchen mit Ausnahme der deutschen Kaufmannskirche St. Marien, dem heutigen Dom St. Maria, zerstört.

Durch den 1645 geschlossenen Frieden von Brömsebro wurde Visby mit Gotland ein Teil Schwedens.

Sehenswürdigkeiten

Die „Hansestadt Visby“ wurde bereits 1805 unter Denkmalschutz gestellt, seit 1995 ist sie mit ihren zahlreichen mittelalterlichen Bauten Teil des Weltkulturerbes der UNESCO. Außerdem steht die ganze Innenstadt als Gebiet von „Reichsinteresse“ unter Denkmalschutz.[3] Herausragender Teil ist die fast vollständig erhaltene 3,6 km lange mittelalterliche Stadtmauer mit der Ruine der Visborg. Die Stadt gehört zu den sehenswertesten Städten in Schweden, wozu auch der Dom zu Visby, ursprünglich Sankt-Maria-Kirche aus dem 13. Jahrhundert, sowie einige der zahlreichen Kirchenruinen wie St. Karin und St. Nikolaus beitragen.

Seit 1984 findet jedes Jahr Anfang August – stets in der 32. Kalenderwoche – auf Gotland und vor allem in Visby die Medeltidsveckan (Mittelalterwoche) statt, zu der Living-History-Darsteller aus ganz Europa anreisen. Die Festwoche mit großem historischen Spektakel, Ritterturnieren, Konzerten, mittelalterlichem Markt und anderen Kulturveranstaltungen erinnert an die Eroberung der Stadt und der Insel Gotland durch den dänischen König Waldemar IV. Atterdag im Jahre 1361.

Am ehemaligen Hafen aus dem Mittelalter, der heute verlandet ist, befindet sich die Hochschule auf Gotland.

Etwa fünf Autominuten von Visby liegt der Freizeit- und Vergnügungspark Kneippbyn, u.a. mit dem Originalgebäude der Villa Kunterbunt, bekannt aus Astrid Lindgrens Pippi-Langstrumpf-Büchern. 13 Kilometer nördlich von Visby liegt am Weg zur Kirche von Lummelunda das Naturschutzgebiet der Grotte von Lummelunda, die vom Fluß Lummelundaån durchflossen wird.

Energieversorgung

In der Nähe von Visby befindet sich seit 1999 die erste Stromrichterstation zur HGÜ-Ankopplung eines Windparks.

Verkehr

In Visby verkehren eine Ost-West- und eine Nord-Süd-Buslinie. Von Montag bis Samstag besteht zur Hauptverkehrszeit ein 15-Minuten-Takt. An Sonn- und Feiertagen ruht der Betrieb.

Mit dem schwedischen Festland ist Visby verbunden durch Fähren nach Oskarshamn in Småland und nach Nynäshamn südlich von Stockholm. Der Flughafen Visby liegt rund fünf Kilometer von der Stadt entfernt.

Städtepartnerschaften

Städtepartnerschaften bestehen mit Lübeck in Schleswig-Holstein und Soest in Nordrhein-Westfalen sowie zur Stadt Rhodos auf der gleichnamigen Insel in der östlichen Ägäis,Griechenland.

Söhne und Töchter der Stadt

  • Jacob Niclas Ahlström (1805–1857), Komponist
  • Elfrida Andrée (1841–1929), Komponistin
  • Eric Gadd (* 1965), Sänger und Songschreiber
  • Lars Gullin (1928–1976), Jazz-Saxophonist (Bariton)
  • Gabriel Gustafson (1853–1915), Archäologe
  • Thomas Ihre (1659–1720), Theologe
  • Erik af Klint (1816–1866), schwedischer Seeoffizier in österreichischen Diensten
  • Håkan Loob (* 1960), ehemaliger schwedischer Eishockeyspieler
  • Thomas Lövkvist (* 1984), Radrennfahrer
  • Jakob Pleskow (um 1323–1381), Bürgermeister der Hansestadt Lübeck
  • Christopher Polhem, Wissenschaftler und Erfinder
  • Hermann Swerting (1280–1342), deutsch-gotländischer Hansekaufmann und Bürgermeister in Visby
  • Simon Swerting (vor 1340–nach 1388), Bürgermeister von Lübeck

Literatur

  • Robert Bohn: Wisby – Die Keimzelle des hansischen Ostseehandels. In: Jörgen Bracker (Hrsg.): Die Hanse – Lebenswirklichkeit und Mythos, 2 Bde., Hamburg 1989. In: Katalog der Ausstellung des Museums für Hamburgische Geschichte in Hamburg 24. August – 24. November 1989, S. 269–282. Textteil in 4. Auflage, Schmidt-Römhild, Lübeck 2006. ISBN 3-7950-1275-9
  • Marita Jonsson/Sven-Olof Lindquist: Kulturführer Gotland. deutsch Visby 1993, ISBN 91-88036-09-X
  • Ulrich Quack: Gotland: die größte Insel der Ostsee; eine schwedische Provinz von besonderem Reiz; Kultur, Geschichte, Landschaft. DuMont Köln 1991, ISBN 3-7701-2415-4

Literarisches

  • Selma Lagerlöf: Waldemar Atterdag brandschatzt Visby (erzählt wird die Sage von dem jungen Mädchen, das sich in einen der Feinde verliebte und ihnen die Stadtpforte öffnete; sie wurde lebendig eingemauert)

 

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Kopenhagen - København

Kopenhagen (dänisch København, mitteldänisch Køpmannæhafn = „Kaufmannshafen“, latein Hafnia, schwed. Köpenhamn) ist die Hauptstadt Dänemarks und das kulturelle und wirtschaftliche Zentrum des Landes. Sie ist außerdem Sitz des Parlaments (Folketing), der Regierung und des Königshauses.

Kopenhagen gehört zu den bedeutendsten Metropolen Nordeuropas und zählt dort zu den meistbesuchten Städten. Die Stadt hat 528.208 Einwohner (2010)[5] (inklusive Hovedstadsområdet 1.181.239 (2010)[6]) und gehört zur dänischen Verwaltungsregion Region Hovedstaden.

Geografie

Kopenhagen liegt auf Dänemarks größter Insel Seeland (Sjælland), von der Stadt Malmö im schwedischen Schonen durch den Öresund getrennt. Ein kleinerer Teil Kopenhagens liegt auf der Insel Amager. Geologisch befindet sich die gesamte Stadt auf der eiszeitlichen Grundmoränenlandschaft, die weite Teile Dänemarks einnimmt. Bei Kopenhagen ruht die Moräne auf relativ hoch gelegenem Kalkstein, der aus Kreidekalkstein der Oberkreide (Maastricht) besteht und beim Bau der Metro erhebliche Probleme mit sich brachte.

Unterschieden werden muss zwischen der eigentlichen Stadt Kopenhagen, dem Großraum Kopenhagen, Groß-Kopenhagen, dem ehemaligen Verkehrsverbund und der Hauptstadtregion:

  • Zur Stadt Kopenhagen gehören der eigentliche, von den Kopenhagener Seen und dem Hafen umgebene Stadtkern, die „Brückenquartiere“ (Brokvarterer): Østerbro, Nørrebro, Vesterbro, Amagerbro; die Stadtteile Christianshavn, Ørestad, Islands Brygge, Valby, Vanløse und Brønshøj; aber nicht die eigenständige, kreisfreie Gemeinde Frederiksberg.
  • Der Großraum Kopenhagen (Hovedstadsområdet) umfasst die Städte Kopenhagen, Frederiksberg sowie das Gebiet des ehemaligen Regierungsbezirks Københavns Amt, bildet aber keine eigenständige Verwaltungseinheit. Kopenhagen und die schwedischen Städte Malmö und Lund bilden zusammen eine grenzüberschreitende Metropolregion, die Öresundregion.
  • Zum ehemaligen Verkehrsverbund (HT-området oder Hovedstadsregionen, nicht zu verwechseln mit Region Hovedstaden) gehören der Großraum Kopenhagen sowie das Gebiet, das in etwa von Helsingør über Frederikssund und Roskilde bis nach Køge abgegrenzt ist, teilweise erstreckt sich der Verbund noch etwas weiter. Landgebiet: 2673 km²; Einwohner: 1.835.467 (2008); 686 Ew./km². Die Gemeinden Greve, Solrød, Køge, Roskilde und Lejre werden statistisch Østsjælland (Ost-Seeland) genannt. Die seit dem 1. Januar 2007 bestehende neue Verkehrsverbundgesellschaft heißt Trafikselskabet Movia und umfasst ganz Ostdänemark (45 Kommunen), jedoch ohne die Kommune Bornholm.
  • Die Hauptstadtregion Region Hovedstaden wurde mit der Kommunalreform vom 1. Januar 2007 eingeführt. Sie ist weitgehend identisch mit dem HT-område, umfasst jedoch zusätzlich Bornholm, während Roskilde außerhalb liegt.*
  • Schließlich existiert zusätzlich der Begriff Storkøbenhavn (Groß-Kopenhagen), der überwiegend dasselbe Gebiet wie das Hovedstadsområdet umfasst.

Die Gemeinden in nächster Nähe von und einschließlich Kopenhagens, insgesamt 33, machen 6,3 Prozent des Gesamtgebiets von Dänemark aus und werden von 33,5 % seiner Gesamtbevölkerung bewohnt. Stevns Kommune gehört in Zukunft statistisch zu Vest- og Sydsjælland.

Geschichte

Mittelalter und frühe Neuzeit

Im 12. Jahrhundert wurde am Øresund eine Burg errichtet, die den kleinen Handelshafen nach Schonen und Amager an der Fischersiedlung Havn („Hafen“) sichern sollte. Nicht zuletzt die günstige Lage ungefähr halbwegs zwischen dem wichtigen Bischofssitz in Roskilde und dem skandinavischen Erzbischofssitz in Lund (damals dänisch) war von entscheidender Bedeutung. Entsprechend erhielt auch die mit der Burg neu gestaltete Siedlung den Namen Køpmannæhafn („Kaufmännerhafen“). 1254 erhielt das junge Kopenhagen von Bischof Jakob Erlandsen sein erstes Stadtrecht, allerdings wurde die Stadt in den Jahren 1362 und 1368 als unliebsamer Konkurrent der Hanse zusammen mit der Burg zerstört.

Die Entwicklung ließ sich jedoch nicht mehr aufhalten: 1416 wurde die wiederaufgebaute Stadt Residenz des Königs, und 1443 übernahm sie von Roskilde die Hauptstadtfunktion. In der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts blühte Kopenhagen unter Christian IV. Auf.

Kopenhagen erlebte in seiner Geschichte immer wieder Katastrophen, Seuchen und Kriege. Von 1658 bis 1659 hielt die Stadt einer Belagerung stand, während das übrige Dänemark von den Schweden vollständig besetzt war. Im 18. Jahrhundert starb nach Pest und Seuchen ein Drittel der Stadtbewohner. 1728 sowie 1795 wüteten zwei Stadtbrände. Der Wiederaufbau führte zur heutigen, vom Baustil des 18. Jahrhunderts geprägten Altstadt. Bei der Seeschlacht von Kopenhagen 1801 sowie 1807 beschossen die Engländer die Hauptstadt Dänemarks, da es sich nicht auf die Seite Englands in dessen Krieg gegen Frankreich stellen wollte, und richteten vor allem durch den im zweiten Angriff ausgelösten Großbrand erheblichen Schaden an. Nach dem Sieg der Engländer musste Kopenhagen sämtliche hier ankernden Schiffe ausliefern und konnte sich erst nach Jahrzehnten wieder von dieser Niederlage erholen. 1848 zwangen öffentliche Demonstrationen in Kopenhagen König Frederik VII. zu Reformen und dem Erlass eines Grundgesetzes. Mit den nationalen Spannungen und Dänemarks Verlust von Schleswig und Holstein im Krieg von 1864 verließen auch viele deutschsprachige Beamte und Kaufleute die Stadt, die sie bis dahin jahrhundertelang mitgeprägt hatten.

Frühes 20. Jahrhundert

Mit der Industrialisierung im späten 19. Jahrhundert wuchs die Stadt durch Zuwanderung vom Land rasch an. Die Befestigungsanlagen wurden geschleift und teilweise in Parks (unter anderen den Tivoli, Ørstedsparken und Østre Anlæg) umgewandelt. Die am östlichen Ende gelegene Wallanlage sowie die Festung Kastellet sind jedoch erhalten. Um die Mittelalterstadt herum wuchsen schnell Arbeiter- und Bürgerviertel, die bis heute noch aus um 1870 bis 1900 gebauten Häusern bestehen.

Zweiter Weltkrieg

Am 9. April 1940 wurde Kopenhagen kampflos von deutschen Truppen eingenommen. Die Stadt blieb wie das übrige Dänemark bis zum 5. Mai 1945 besetzt, aber bis auf wenige Ausnahmen von Kriegszerstörungen verschont. Einige Industriebauten wurden zum Ziel von Angriffen dänischer Widerstandskämpfer. Als am 29. August 1943 die dänische Regierung zurücktrat, folgte eine unruhige Zeit. Im Juni 1944 begann im Arbeiterviertel Nørrebro ein gegen die Besatzungsmacht gerichteter Generalstreik, der sich auf ganz Dänemark ausbreitete. Im August 1944 wurden im Zuge einer Vergeltungsaktion weite Teile des Tivolis, die Königliche Porzellanmanufaktur, ein Bürgerversammlungshaus und ein Studentenwohnheim von der Schalburg-Gruppe, einem dänischen SS-Korps, gesprengt. Am 21. März 1945 bombardierten alliierte Flugzeuge das Shell-Haus, das von den Deutschen als Gestapo-Hauptquartier benutzt wurde; dabei kamen etwa 125 Menschen um. Eines der niedrig fliegenden, angreifenden Flugzeuge streifte am Bahnhof einen Lichtmast und stürzte bei der Französischen Schule ab. Die darauffolgende Explosion ließ nachfolgende Piloten glauben, das sei das Ziel, worauf von ihnen die Schule bombardiert wurde; insgesamt 900 Menschen kamen dabei um. Von diesem Bombardement in den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges abgesehen, blieb Kopenhagen von Kriegszerstörungen verschont.

Neuere Geschichte

1948 wurde der „Fingerplan“ entworfen. Wie die ausgestreckten Finger einer Hand sollten Vororte an fünf S-Bahnlinien entlang ausgebaut werden, während das Land zwischen den Fingern als grüne Zonen erhalten blieb. Von circa 1960 bis 1990 sank die Einwohnerzahl der Stadt, da viele Menschen in die Vororte zogen.

Seit 1990 findet eine neue Stadtentwicklung statt, unter anderem mit der Errichtung vieler moderner Bauten am Hafen, wie zum Beispiel des „Schwarzen Diamanten“ (Königliche Bibliothek), des 2005 eröffneten Opernhauses und des 2008 eröffneten neuen Schauspielhauses. Die 2002 eingeweihte Metro soll bis 2015 auf mehrere Linien erweitert werden. 2000 wurde die Öresundverbindung eröffnet und der südschwedische Raum um Malmö durch ein regionales Schnellzugnetz mit Kopenhagen verbunden. Arbeits- und Wohnungsmarkt beiderseits des Öresunds sind zum Teil zusammengewachsen. Kopenhagen erlebt einen Zustrom von wissensbasierten und kreativen Betrieben sowie von Studenten aus ganz Skandinavien und bleibt das unbestrittene Kraftzentrum Dänemarks. Als Ergebnis stiegen jedoch Wohnungspreise und Verkehrsprobleme kräftig an. Der Bau von Hochhäusern wurde vorgeschlagen, die dem Wohnungsmangel abhelfen und der Stadt ein „Metropolgepräge“ geben sollten; von Gegnern wird jedoch hervorgehoben, dass eben die Abwesenheit von hohen Bauten charakteristisch für Kopenhagen sei.

In den ersten Monaten des Jahres 2007 kam es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Jugendlichen, insbesondere Autonomen, die auch international Beachtung fanden. Hintergrund war die Räumung des autonomen Jugendzentrums Ungdomshuset.

Im Jahre 2009 fand am 7. bis 18. Dezember o, Bella Center in Kopenhagen die 15. UN-Klimakonferenz, der Vertragsstaaten der Klimakonvention der vereinten Nationen statt. Es war gleichsam das 5. Treffen im Rahmen des Kyoto-Protokolls.

Laut der Forbes-Liste der World's Most Expensive Cities To Live von 2009 gilt Kopenhagen als eine der teuersten Städte der Welt.[7]

Einwohnerentwicklung

Entwicklung der Einwohnerzahl (ab 1971: per 1. Januar):

  • 1450 – ca. 4–5.000
  • 1500 – ca.   10.000
  • 1650 – ca.   30.000
  • 1700 – ca.   65.000
  • 1769 –        80.000
  • 1787 –        90.032
  • 1801 –      100.975
  • 1840 –      120.819
  • 1850 –      129.695
  • 1860 –      155.143
  • 1870 –      181.291
  • 1880 –      234.850
  • 1890 –      312.859
  • 1901 –      360.787
  • 1901 –      400.575
  • 1911 –      462.161
  • 1921 –      561.344
  • 1930 –      617.069
  • 1940 –      700.465
  • 1950 –      768.105
  • 1960 –      721.381
  • 1963 –      706.000
  • 1966 –      678.000
  • 1970 –      622.773
  • 1971 –      625.678
  • 1972 –      610.985
  • 1973 –      595.751
  • 1974 –      576.030
  • 1975 –      562.405
  • 1976 –      545.350
  • 1977 –      529.154
  • 1978 –      515.594
  • 1979 –      505.974
  • 1980 –      498.850
  • 1985 –      478.615
  • 1990 –      466.723
  • 1992 –      464.566
  • 1995 –      471.300
  • 1999 –      491.082
  • 2000 –      495.699
  • 2001 –      499.148
  • 2002 –      500.531
  • 2003 –      501.289
  • 2004 –      501.664
  • 2005 –      502.362
  • 2006 –      501.158
  • 2007 –      503.699
  • 2008 –      509.861
  • 2009 –      518.574

Im Verhältnis zu anderen europäischen Hauptstädten hat Kopenhagens Innenstadt nur wenige Einwohner. Das liegt daran, dass Kopenhagen nie durch größere Eingemeindungen erweitert wurde. Selbst die Gemeinde Frederiksberg mit 95.029 (Stand: 2009; am 7. November 1950: 118.993) Einwohnern, die von der Gemeinde Kopenhagen vollständig umgeben ist, wurde nicht eingemeindet. Hintergrund dafür ist, dass aufgrund der Erfahrungen im Ausland in den politisch von den Konservativen geprägten Umlandgemeinden eine Einvernahme durch die Sozialdemokraten befürchtet wurde, während diese einen Verlust ihres Einflusses im Stadtgebiet befürchteten. So sind alle mit dem jetzigen, ungewöhnlich erscheinenden Zustand zufrieden. Die zusammenhängende Besiedlung dehnt sich auf den gesamten Großraum Kopenhagen - dänisch "Hovedstadsområdet" - (Gemeinden Kopenhagen, Frederiksberg und 16 weitere (davon fünf nur teilweise) Gemeinden in der Region Hovedstaden und Greve Kommune in Region Sjælland) aus, mit insgesamt 1.153.615 Einwohnern (Stand: 2008).

Politik

Das Schloss Christiansborg ist Sitz des Parlaments, des Ministerpräsidenten und des Obersten Gerichts. Bedingt durch den Hauptstadtcharakter sind in Kopenhagen die Botschaften und Emissäre von 187 Staaten vertreten.

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Oper, Ballett und Schauspiel

Das wohl berühmteste Theater der Stadt ist das Königliche Theater. Das 1874 errichtete Gebäude des 1748 gegründeten Etablissements befindet sich am Kongens Nytorv und bietet 1500 Zuschauern Platz. Hier werden Opern- und Ballettaufführungen dargeboten. Seit 2005 wird ein zweites, modernes Opernhaus bespielt: die Operaen, welches auf der Insel Holmen liegt und ebenfalls zum Kongelige Teater gehört. 2008 wurde am Hafen ein neues Schauspielhaus eröffnet.

Im Mermaid-Theater (Mermaid Teater) werden alle angekündigten Vorstellungen in englischer Sprache dargeboten. Die bekanntesten dänischen Schauspieler treten hingegen im Ny-Theater auf.

Im nördlichen Teil des Kopenhagener Stadtteils Ørestad befindet sich auf der Insel Amager das neue Konzerthaus Kopenhagen (DR Koncerthuset). Es wurde nach Plänen des französischen Architekten Jean Nouvel gebaut und im Januar 2009 eröffnet.

Museen

  • Arken
  • Arsenal (Tojhusmuseet)
  • Statens Museum for Kunst
  • Davidsche Sammlung (Davids Samling) – Dänische Gemälde aus dem 19. Jahrhundert
  • Eksperimentarium
  • Louis Tussaud's Wachsfigurenkabinett
  • Geologisches Museum
  • Museum Erotica
  • Arbeitermuseum
  • Kunstindustrimuseet
  • Hirschsprung-Sammlung
  • Tycho Brahe Planetarium
  • Ny Carlsberg Glyptotek
  • Thorvaldsen Museum mit Skulpturen von Bertel Thorvaldsen.
  • Medizinisch Historisches Museum
  • Nationalmuseum (Nationalmuseet) – Überblick über die dänische Geschichte von der Steinzeit bis heute
  • Stadtmuseum
  • Zoologisches Museum
  • Technisches Museum

Bauwerke

Die 1,25 Meter große Kleine Meerjungfrau (dän. Den lille Havfrue) des Kopenhagener Bildhauers Edvard Eriksen (* 1876, † 1959) ist das bekannteste Wahrzeichen der Stadt, sie wurde von dem Brauer Carl Jacobsen in Auftrag gegeben und am 23. August 1913 eingeweiht. Eriksen hatte für die Titelfigur des Märchens von Hans Christian Andersen das Gesicht der damals in Kopenhagen berühmten Primaballerina Ellen Price und den Körper seiner Frau Eline als Vorlage benutzt.

Der gegenüber vom Hauptbahnhof gelegene Tivoli ist einer der ältesten Freizeitparks der Welt (der älteste, Dyrehavsbakken, liegt im Norden der Stadt) und das 1960 von Arne Jacobsen errichtet Radisson SAS Royal Hotel, das erste Hochhaus in Kopenhagen. Am Rande des Parks läuft der HC Andersens Boulevard entlang, an dem sich auch das Rathaus befindet. Es wurde zwischen 1892 und 1905 im Stil der italienischen und normannischen Renaissance erbaut. Das Gebäude wurde am 12. September 1905 eingeweiht ist mit vielen Skulpturen geschmückt. Der Rathausturm ist mit 105,6 Metern Dänemarks höchster Turm.

In der Nähe der Universität Kopenhagens liegt die St.-Petri-Kirche (Sankt Petri Kirke). Sie ist seit 1586 Pfarrkirche der deutschen Gemeinde und die älteste erhaltene Kirche von Kopenhagen. Östlich schließt sich die Liebfrauenkirche (Vor Frue Kirke) an, das klassizistische Meisterwerk von Christian Frederik Hansen, ausgestattet mit Statuen von Bertel Thorvaldsen, darunter sein Segnender Christus.

Weiter nördlich liegt der 34.8 Meter hohe Runde Turm (Runde Tårn). Ein 209 Meter langer, stufenloser Wendelgang führt auf diesen zwischen 1637 und 1642 erbauten Aussichtsturm hinauf. An den Turm schließt sich die Dreifaltigkeitskirche (Trinitatis Kirke) an. Hier befinden sich auch die Einkaufsstraßen Strøget und Strædet. Sie bilden mit über einem Kilometer Länge eine der längsten Fußgängerzonen Europas und sind ein beliebtes Einkaufszentrum.

Zwischen den Fußgängerzonen und dem Inderhavn erstreckt sich einer der wichtigsten Touristenmagnete der Stadt, das Schloss Christiansborg (Christiansborg Slot). Dieses Gebäude, das seit 1918 Sitz des Parlaments ist, befindet sich an der Stelle der von Bischof Absalon im Jahre 1167 erbauten ersten Burg Kopenhagens. Der heutige Gebäudekomplex mit dem 90 Meter hohen Schlossturm entstand während einer mehr als zwanzigjährigen Bauzeit in den Jahren 1907 bis 1928. An der Nordseite des Schlosses steht die 1826 vollendete klassizistische Schlosskirche (Slotskirke). Unmittelbar neben dem Schloss Christiansborg befindet sich Børsen, die ehemalige Kopenhagener Börse. Dieser Renaissancebau entstand zwischen 1619 und 1640 und ist mit seinem 54 Meter hohen Turm in Form von verschlungenen Drachenschwänzen ein weiteres Wahrzeichen der Stadt. Bis 1974 diente das Gebäude dem ursprünglichen Zweck und wird seit dem als Bürogebäude genutzt. Ebenfalls neben dem Schloss liegt die Königliche Bibliothek Dänemarks, die Nationalbibliothek.

Über einen Kanal führt von hier aus die Børsbroen zur Nationalbank und zur Holmens Kirke, die genau gegenüber der Börse und dem Schloss Christiansborg liegt. Sie wurde im 17. Jahrhundert erbaut. Von der Börse führt auch die Knippelsbro, eine interessante Klappbrücke, über den Inderhavn nach Amager. Über sie gelangt man auch am besten zur im Stadtteil Christianshavn gelegenen Erlöserkirche (Vor Frelsers Kirke). Diese barocke Kirche aus den Jahren 1602 bis 1692 besitzt den mit 93 Metern zweithöchsten Turm Kopenhagens. Er ist Wahrzeichen des Stadtteils Christianshavn und lässt sich über eine 1752 konstruierte Wendeltreppe besteigen.

Eine ebenfalls herausragende Sehenswürdigkeit ist der Nyhavn. Diese Straße mit den schmucken Giebelhäusern beiderseits des gleichnamigen Hafenarms ist Zentrum der Gastronomie in Kopenhagen. Mehr dazu im Artikel Nyhavn.

Am westlichen Ende des Nyhavns befindet sich der Königliche Neue Markt (Kongens Nytorv). Von diesem größten und wichtigsten Platz der Stadt führen sternförmig ein gutes Dutzend Straßen weg. An dem Platz mit einem Standbild Christians V., volkstümlich auch Hesten – das Pferd – genannt, liegen das Königliche Theater, das Kaufhaus Magasin du Nord, das Thotts Palais 1685 und das in den Jahren 1672 bis 1683 erbaute Schloss Charlottenborg. Es beherbergt heute die Kunstakademie und steht in Verbindung mit dem neuen Kunstausstellungsgebäude.

Nordwestlich vom Kongens Nytorv befindet sich das Schloss Rosenborg (Rosenborg Slot). Das 1607 bis 1617 als Sommerresidenz für Christian IV. erbaute, durch holländische Architektur beeinflusste Renaissanceschloss beherbergt die dänischen Kronjuwelen. Seit 1833 ist es ein Museum. Sehenswert sind der Elfenbeinthron mit drei silbernen Löwen und die mit Edelsteinen verzierte Goldkrone Christians IV. Gegenüber dem Schloss liegt der Botanische Garten mit einem Gewächshaus.

Die Frederikskirche (Frederikskirken), auch Marmorkirche genannt, ist ein von Nicolai Eigtved entworfenes und 1740 begonnenes, 84 m hohes Gotteshaus mit einer 45 m hohen, freskengeschmückten Kuppel, eine der größten Europas und ein Abbild des Petersdoms in Rom. Geldmangel führte zu einer längeren Baupause. Erst durch die finanzielle Unterstützung des Großindustriellen C. F. Tietgen konnte die Kirche 1894 fertiggestellt werden. Im Inneren sind Denkmäler bedeutender kirchlicher Persönlichkeiten, wie Moses oder Martin Luther, aufgestellt. Unmittelbar neben der Kirche befindet sich das Schloss Amalienborg. Das Schloss, in dem die Königin lebt, wurde 1749 bis 1760 errichtet und besteht aus vier gegenüberliegenden Palästen. In der Mitte des großen, achteckigen Schlossplatzes (Amalienborg Plads) steht das Reiterstandbild Frederiks V. Jeden Mittag um zwölf Uhr findet hier die Wachablösung der Garde statt.

Nördlich von Schloss Amalienborg erstreckt sich das Kastell (Kastellet), ein Überbleibsel der alten Stadtbefestigung. Unterhalb der Festungswälle verläuft die Promenade Langelinie, die direkt zur kleinen Meerjungfrau führt.

Der Zooturm ist ein 43,5 m hoher Aussichtsturm im Zoo Kopenhagen. Er wurde 1905 errichtet und ist einer der höchsten aus Holz gebauten Aussichtstürme.

Im Stadtteil Bispebjerg findet sich mit der von Peder Klint begonnen und von seinem Sohn Kaare Klint vollendeten Grundtvigskirche ein seltenes Beispiel eines expressionistischen Sakralbaus.

Freistadt Christiania

Die Freistadt Christiania (auch Das freie Christiana) ist eine „alternative“ Wohnsiedlung im Kopenhagener Stadtteil Christianshavn, die seit 1971 besteht. Das ehemalige Militärgelände der Bådsmandsstrædes-Kaserne umfasst ein 34 Hektar großes Gebiet auf den historischen Wallanlagen der Stadt. Die Bewohner betrachten sich selbst als in einer Freistadt lebend, die sich unabhängig von den staatlichen Behörden verwaltet. Diesen gilt Christiania jedoch als Drogenhandelszentrale.[8]

Sport

In Kopenhagen sind die folgenden Fußballvereine der dänischen Superliga zu Hause:

  • FC Kopenhagen – Dänischer Meister 1993, 2001, 2003, 2004, 2006, 2007, 2009 und 2010; Pokalsieger 1995, 1997, 2004, 2009.

Sowie vor den Toren der Stadt in Brøndby:

  • Brøndby IF – Dänischer Meister 1985, 1987, 1988, 1990, 1991, 1996, 1997, 1998, 2002, 2005; Pokalsieger 1989, 1994, 1998, 2003, 2005.

Wirtschaft und Infrastruktur

Die Innenstadt beherbergt wie in fast jeder anderen europäischen Großstadt das Dienstleistungszentrum, Handwerksbetriebe und Industrieanlagen (Maschinen-, Porzellan- und Textilfabriken), die – soweit noch nicht in andere Länder ausgegliedert – größtenteils an den Stadtrand verlegt wurden. Die dänische Hauptstadt gilt als sehr teuer, die Lebenshaltungskosten gehören zu den höchsten in ganz Europa. [9]

Verkehr

Bahn und Straße

Kopenhagen ist trotz seiner auf das Land bezogenen Randlage der wichtigste Verkehrsknotenpunkt Dänemarks. Auf die Stadt laufen sowohl alle wichtigen Straßen als auch Eisenbahnen sternförmig zu. Über die Schiffsverbindung Vogelfluglinie ist Kopenhagen mit Lübeck und Hamburg, über die Öresundverbindung mit Malmö und Lund verbunden.

ÖPNV

S-Bahn und Metro

Kopenhagen und seine Vororte werden durch ein S-Bahn-System (s-tog) erschlossen, das im Hauptbahnhof (København H) sein Zentrum hat. Die Linien der S-Bahn führen bis Køge, Høje-Taastrup, Frederikssund, Farum, Hillerød und Klampenborg.

Dazu kommt die moderne, am 19. Oktober 2002 eröffnete Metro Kopenhagen, deren Züge vollautomatisch und damit ohne Bediener fahren. Sie verläuft von Vanløse im Westen über Frederiksberg und den Bahnhof Nørreport nach Christianshavn, wo sie sich in einen Streckenast nach Vestamager im Süden und einen in Richtung des Flughafens Kastrup im Südosten aufteilt.

Straßenbahn

Vom 22. Oktober 1863 bis zum 22. April 1972 besaß Kopenhagen ein ausgedehntes Straßenbahnnetz, das 1953 mit 19 Linien seinen Höhepunkt erreichte. Heute kann man mit der alten Straßenbahn im Straßenbahnmuseum Skjoldenæsholm auf Mittel-Seeland fahren. [2] Das Wiedereinführen der Straßenbahn in Form eines Light-Rail-Netzes wurde vorgeschlagen, bis auf weiteres jedoch zugunsten der Metro, die weiter ausgebaut werden soll, verworfen.

Fahrrad

Der Radverkehr hat einen wichtigen Stellenwert in der Stadt. In nahezu jeder wichtigen Straße gibt es eigene Radwege oder Radfahrstreifen, die von der Fahrbahn getrennt geführt werden. Der Anteil des Radverkehrs am gesamten Verkehrsaufkommen der Stadt ist mit über 36 %[10][11] im Vergleich zu anderen europäischen Großstädten außerordentlich hoch (zum Beispiel Wien: 5 %).[12] Täglich werden in Kopenhagen 1,3 Millionen Kilometer mit den Fahrrad zurückgelegt. Von Stadtplanern und Vertretern von Radfahr-Lobbys aus der ganzen Welt wird Kopenhagen immer wieder als vorbildliches Beispiel für die Bevorzugung des Radverkehrs genannt.[13][14]

Außerdem gibt es von Frühling bis Herbst insgesamt circa 100 Stationen, an denen man sich kostenlos Fahrräder ausleihen kann. Diese sogenannten Citybikes (Bycykler) erhält man gegen ein Pfand von 20 Kronen, die man nach dem Einkaufswagenprinzip einsteckt und zurückerhält, wenn man das Fahrrad wieder an eine der Stationen zurückstellt (siehe auch Helsinki City Bike). Die Fahrräder dürfen nur in der Innenstadt benutzt werden. Im Winter werden sie von Häftlingen in einem Gefängnis gewartet.

Luftverkehr

In Kastrup befindet sich der internationale Flughafen von Kopenhagen mit Direktverbindungen nach vier Kontinenten. Es gibt einen eigenen Bahnanschluss, der unter anderen von den Zügen nach Malmö bedient wird, bevor sie die Öresundbrücke überqueren.

Øresundbrücke

Die Verbindung mit Malmö wird seit 2000 von der Öresundverbindung hergestellt. Über diese verkehren sowohl die Öresundzüge, die für die beiden nationalen Strom- und Signalsysteme eingerichtet sind, als auch Autos auf einer vierspurigen Autobahn. Früher fuhren nach Malmö Fähren und Tragflügelboote.

See

Kopenhagen ist per (Auto-) Fähre aus Polen (Swinemünde) und Oslo zu erreichen. Ein neuer Schiffsterminal im Nordhafen (Nordhavn) bedient sowohl Linien- als Kreuzfahrtschiffe. Die herkömmliche Route nach Bornholm wurde 2005 zum Hafen Køge verlegt.

Im Innenhafen läuft der Hafenbus (Havnebussen), Passagierboote im ÖPNV-Netz, der unter anderem die Oper mit der gegenüberliegenden Altstadt verbindet. Im Sommer kann man zusätzlich von einem der vielen Rundfahrtboote aus Stadt und Hafen besichtigen, zum ehemaligen Seefort Trekroner oder zur Insel Hven im Öresund fahren.

Ansässige Unternehmen

Die in Kopenhagen ansässigen namhaften Brauereien Tuborg und Carlsberg (inzwischen zur Carlsberg A/S fusioniert) lagern ihre Produktionsbetriebe zunehmend aus, zum Teil bis nach Jütland, was durch die Brücke über den Großen Belt möglich wurde. Außerdem sitzt in Kopenhagen die weltgrößte Container-Reederei A. P. Møller-Mærsk. Im Stadtteil Bagsværd hat der Pharmakonzern Novo Nordisk, bekannt für seine Enzym- und Insulinproduktion, seinen Stammsitz. Das pharmazeutische Unternehmen Lundbeck hat seinen Stammsitz ebenfalls in Kopenhagen.

Medien

  • Danmarks Radio, in Ørestad
  • JP/Politikens Hus, Herausgeber der Tageszeitungen Ekstra Bladet, Politiken (beide in Kopenhagen) und Jyllands-Posten (in Århus-Viby) und mehrerer Internet-Angebote.
  • Berlingske Media, Herausgeber der Tageszeitungen Berlingske Tidende, B.T. und ErhvervsBladet sowie der Wochenzeitung Weekendavisen. Mehrheitseigner mehrerer Zeitungsverlage in ganz Dänemark und Teil der Mecom Group.
  • Dagbladet Information, linksliberale Tageszeitung.
  • Kristeligt Dagblad, christliche Tageszeitung.
  • TV 2, ein Public-Service-Fernsehsender aus Odense, hat seinen Zweitsitz in Kopenhagen.

Bildung

In Kopenhagen und im Großraum gibt es:

  • Universität Kopenhagen: 1479 gegründet
  • Königliche Bibliotheksschule Dänemarks mit der Dänischen Königlichen Bibliothek, ist zugleich National- und Universitätsbibliothek
  • Hochschule für bildende Kunst und Architektur
  • Handelshochschule Kopenhagen (Copenhagen Business School)
  • Dänemarks Technische Universität
  • IT-Universität Kopenhagen: ITU, seit 1999
  • Pädagogische Universität Dänemarks
  • Rytmisk Musikkonservatorium (Rhythmisches Musikkonservatorium) und das Königlich Dänische Musikkonservatorium
  • Staatliche Theaterschule Kopenhagen
  • Schule für modernen Tanz Kopenhagen
  • Dänische Filmschule Kopenhagen
  • Dänische Designschule Kopenhagen
  • Ingenieurhochschule Kopenhagen: seit 1881
  • Königlich Dänische Kunstakademie
  • Königlich Dänische Akademie der Wissenschaften
  • Deutsche Schule St. Petri Kopenhagen

Persönlichkeiten

  • Hans Christian Andersen
  • Rudolph Bergh
  • Carl Theodor Dreyer
  • Theophil Hansen
  • Søren Kierkegaard
  • Carl Nielsen
  • Jørgen Bentzon
  • Niels Bohr
  • Peder Gram
  • Johanne Luise Heiberg
  • Christian Gottlieb Kratzenstein
  • Bertel Thorvaldsen
  • Niels Viggo Bentzon
  • Karen Blixen
  • N.F.S. Grundtvig
  • Ludvig Holberg
  • Margrethe II. von Dänemark
  • Magnús Eiríksson
  • Andreas Peter Berggreen
  • Tycho Brahe
  • Christian Frederik Hansen
  • Arne Jacobsen
  • Hans Lassen Martensen
  • Robert Jacobsen

Einzelnachweise

  1. ↑ Danmarks Statistik - Areal fordelt efter område og tid
  2. ↑ Danmarks Statistik - BEF1A07: Folketal pr. 1. januar efter kommune/region, civilstand, alder og køn
  3. ↑ Danmarks Statistik - BEF1A07: Folketal pr. 1. januar efter kommune/region, civilstand, alder og køn
  4. ↑ Befolkning Region Hovedstaden
  5. ↑ Danmarks Statistik - BEF1A07: Folketal pr. 1. januar efter kommune/region, civilstand, alder og køn
  6. ↑ Danmarks Statistik - Byopgørelse - Hver femte dansker bor i Hovedstadsområdet
  7. ↑ Forbes-Liste: Teuerste Städte der Welt zum Leben
  8. ↑ http://www.xxx
  9. ↑ Financial Times Deutschland: http://www.xxx
  10. ↑ [1]
  11. ↑ Badische Zeitung: Die Dänen radeln allen davon
  12. ↑ VCÖ:Mehr Radverkehr in Wien bringt weniger Staus
  13. ↑ IG-Fahrrad: Wien darf Kopenhagen werden!
  14. ↑ xxx: Innovative Fahrradverleihsysteme für die Städte
  15. xxx – Entsprechend unserer Statuten werden uns unbekannte Webadressen nicht veröffentlicht. Für eine weiterführende Recherche gehen Sie bitte auf die entsprechende Wikipediaseite. Mehr Informationen lesen Sie auf unserer Impressumseite.

 

Der obige Ergänzungsartikel wurde aus der Freien Enzyklopädie Wikipedia übernommen und entsprechend der geltenden GNU-Lizenz veröffentlicht. Eine möglicherweise aktuellere Version finden Sie auf den Seiten der Wikipedia. Eine Liste der Autoren finden Sie auf der entsprechenden Wikipediaseite unter dem Punkt “Versionen/Autoren”.    Weitergehende Informationen  und Hinweise finden Sie auf unserer Impressumseite. Anmerkung der u~m~d~h~T: Wir machen darauf aufmerksam, daß politische Passagen im Zuge unserer Statuten stark gekürzt, bzw. nicht übernommen wurden.

 

Helsingborg

Helsingborg (historisch auch Hälsingborg; hochdeutsch veraltet Helsingburg, niederdeutsch Helseburch) ist eine Stadt im südschwedischen Schonen in der Provinz Skåne län. Sie hat 92.105 Einwohner (Stand 1. Januar 2007). Damit ist sie die achtgrößte Stadt Schwedens und nach Malmö die zweitgrößte Stadt Schonens. Helsingborg ist der Hauptort der gleichnamigen Gemeinde. Die Stadt ist ein bedeutender Industriestandort; ihr Hafen ist der zweitgrößte im Land.

Geographie und Geologie

Helsingborg liegt an der Westküste Schonens an der schmalsten Stelle des Öresunds, der Meerenge zwischen Schweden und der dänischen Insel Seeland, gegenüber der dänischen Stadt Helsingør. Im Norden, Osten und Süden ist die Stadt von offenem Land, das vorwiegend landwirtschaftlich genutzt wird, umgeben.

Prägend für das Stadtbild ist eine geologische Verwerfungszone, die sich leicht landeinwärts entlang des Öresundes zieht und die Stadt in einen höher- und einen tiefergelegenen Teil gliedert. Die Verwerfungskante, Teil der Tornquistzone, einer Verwerfung, die sich diagonal vom Kattegat durch Schonen bis nach Bornholm erstreckt, und die östlich angrenzende hochgelegene Ebene tragen die Bezeichnung landborgen. Einige wenige natürliche Einschnitte in dem Hang, der im Stadtzentrum eine Höhe von 20 bis 40 Meter erreicht, verbinden die historische Altstadt mit den Stadtteilen oberhalb des Hangs. Die Altstadt liegt eingezwängt zwischen landborgen und dem Öresund auf Meeresniveau. Über die durch die landborgen gezogene natürliche Grenze hat sich die Innenstadt bis heute nicht landeinwärts ausgedehnt. Stattdessen wurde durch Landgewinnung im Öresund neues Bauland im Zentrum Helsingborgs geschaffen.

Im Süden Helsingborgs mündet der Fluss Råån in den Öresund.

Klima

Durch die Lage Helsingborgs am Öresund herrscht in der Stadt ein kühlgemäßigtes Klima mit einer Jahresdurchschnittstemperatur von 8,2 Grad Celsius. Die mittlere Monatstemperatur im Januar liegt bei -0,1 Grad Celsius, im Juli bei 16,8 Grad Celsius. Die durchschnittliche jährliche Niederschlagsmenge beträgt 568 mm[2].

Namensherkunft

Der Stadtname leitet sich vermutlich von hals für „Hals“, einer Bezeichnung für die schmalste Stelle des Öresunds, "ing" für "Leute, Gefolge, Bewohner" und borg für „Burg“ ab. Nach einer Rechtschreibreform 1906 wurde der Name 1912 in Hälsingborg geändert, um ihn den neuen Schreibregeln anzupassen. Diese Änderung wurde im Rahmen einer Gemeindereform im Jahre 1971 rückgängig gemacht.

Geschichte

Helsingborg, ursprünglich eine dänische Stadt, ist eine der ältesten Städte im heutigen Schweden und war wegen seiner strategisch günstigen Lage am Öresund immer wieder umkämpft. Die Siedlung wurde um 1070 erstmals in einem Brief Adam von Bremens erwähnt; jedoch gilt heute die erste urkundliche Nennung unter der Bezeichnung Helsingaburgh durch den dänischen König Knut IV. vom 21. Mai 1085 als Geburtsstunde der Stadt.

Man vermutet, dass es hier schon zum Ende des 9. Jahrhunderts eine kleinere Befestigungsanlage zum Schutz der Überfahrt zwischen Schonen und Seeland gab. Zu den ersten größeren Bauten im Umkreis der Burg gehörten die drei Kirchen St. Clemens, St. Petri und St. Olai. Die einfache Festung wurde im 12. Jahrhundert durch ein Burgschloss aus Sandstein ersetzt, dessen dominierender Teil ein runder Turm mit etwa vier Meter dicken Wänden war. Die Stadt wuchs und immer mehr Menschen siedelten am Ufer des Öresunds im Schutze der Burg.

Im 14. Jahrhundert zählte Helsinborg zu den wichtigsten Städten Dänemarks. Die Burg gehörte mit ihrem um diese Zeit errichteten Verteidigungsturm, bezeichnet als Kärnan, zu einer der stärksten Festungen Nordeuropas. Auch die neuerbaute Sankt-Marien-Kirche, eine die größten Stadtkirchen Dänemarks in dieser Periode, zeugte von der Bedeutung Helsingborgs.

1329 pfändete der dänische König Christoph II. Helsingborg – wie ganz Schonen und Blekinge – an Graf Johann III. von Holstein-Kiel und 1332 erkaufte Magnus von Norwegen und Schweden das Pfand.

Nach dem Erwerb des Pfands behauptete Magnus auch die Souveränität über Blekinge und Schonen und ließ sich als König von Schonen und Blekinge huldigen. Blekinge und Schonen, und damit Helsingborg, kamen so in eine Personalunion mit Norwegen und Schweden. Die Souveränität des Magnus wurde 1343 von Waldemar IV. Atterdag von Dänemark, vom Papst aber nie, anerkannt. Waldemar nahm 1360 Schonen und Blekinge zurück.

1369 eroberten die Truppen der Kölner Konföderation unter dem Kommando des Lübecker Bürgermeisters Bruno von Warendorp die Festung Helsingör. Die Einnahme dieser strategischen Schlüsselposition am Sund war Voraussetzung für die Beendigung des Zweiten Hanse-Dänemark-Krieges zwischen der Hanse und Dänemark durch den Frieden von Stralsund 1370.

Trotz der Einführung des Sundzolls 1429 nahm die Bedeutung Helsingborgs im 15. und 16. Jahrhundert ab, nachdem in Helsingør auf der gegenüberliegenden Seite des Sunds die modernere Festung Schloss Kronborg errichtet worden war. Im 17. und 18. Jahrhundert war das Geschick der Stadt von schweren Verwüstungen durch die dänisch-schwedischen Kriege bestimmt, die die Bevölkerung oftmals zur Flucht zwangen.

Die Stadt geriet 1658 durch den Frieden von Roskilde an die schwedische Krone. Im Schonischen Krieg zwischen 1675 und 1679 wurde Helsingborg zwei Mal von Dänemark zurückerobert. Aus diesem Grund beschloss der schwedische König Karl XI. den Abriss der Stadtmauern und des größten Teils des Schlosses. Einzig der Turm Kärnan blieb bestehen. Im Verlauf des Großen Nordischen Krieges landete 1709 ein starkes dänisches Heer unter Christian Detlev von Reventlow südlich von Helsingborg und nahm die Stadt ein. Der schwedischen Generalgouverneur von Schonen, Magnus Stenbock, besiegte am 28. Februar 1710 die dänische Armee in der Schlacht von Helsingborg und die Stadt wurde wieder von der schwedischen Krone regiert. 1719 wurde Helsingborg, wie ganz Schonen, Teil von Schweden.

Für die Bevölkerung der Stadt waren die vielen Kriege verheerend. Seuchen und der zu Kriegszeiten stark eingeschränkte Handel über den Öresund sorgten für eine Stagnation der Bevölkerungszahlen und der wirtschaftlichen Entwicklung. 1711 brach zudem die Pest aus, die ein Jahr später überwunden war.

Erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts begann sich die Stadt langsam wieder zu erholen. Vor allem viele neue Industriebetriebe und die Abschaffung des sogenannten Sundzolls für die Passage des Öresunds 1857 führten zu einem starken Bevölkerungswachstum. Im Jahr 1884 hatte Helsingborg 14.279 Einwohner. 1892 nahm die erste Fährverbindung nach Helsingør mit Dampfschiffen ihren Betrieb auf. Der Hafen wurde bedeutend für den Export von Getreide und anderen Gütern. Mehrere Industrielle, die oft gleichzeitig Ämter in der Gemeinde oder im schwedischen Reichstag innehatten, trieben die Entwicklung der Stadt voran.

Um die Jahrhundertwende expandierte die Stadt schnell und wuchs mit ehemals eigenständigen Ortschaften zusammen, die nun einer Stadt gehörten, die in den 1920ern bereits mehr als 50.000 Einwohner zählte und damit Schwedens fünftgrößte Stadt war. 1903 wurde im Rahmen der sogenannten „Helsingborgausstellung“ 1903 ein Straßenbahnnetz eingeweiht, das bis 1967 bestand.

Im Zweiten Weltkrieg führte zwischen 1940 und 1943 die den Deutschen von der schwedischen Regierung zugestandene Versorgungslinie (permittenttågen) der Wehrmacht zur russischen Front in Finnland und ins besetzte Norwegen durch Helsingborg. Nach der Auflösung des Vertrages und der einsetzenden Verfolgung unter anderem der jüdischen Bevölkerung in Dänemark flüchteten 1943 Nacht für Nacht hunderte Menschen über den Öresund und suchten in Helsingborg Schutz.

Stadtgliederung

Die Stadt Helsingborg besteht aus den 32 der 42 Gemeindebezirke (b-områden) der Gemeinde Helsingborg, die den „Innenbezirk“ (innerområde) der Gemeinde bilden. Ein Stadtbezirk ist jeweils nach einem der Stadtteile, die er umfasst, benannt. Speziell am Stadtrand können auch umgebende Industriegebiete sowie große Wald- und landwirtschaftlich genutzte Flächen zu einem Stadtbezirk zählen.

Die Charaktere der einzelnen Stadtteile sind sehr unterschiedlich. So gibt es die historische Altstadt (Gamla stan) mit einer zum Teil mehrere Jahrhunderte alten Bebauung, Massenwohnsiedlungen am Rande der Stadt wie Drottninghög, die in den 1960er und 70er Jahren im Rahmen des sogenannten Millionenprogramms, einem landesweiten Wohnungsbauprojekt der schwedischen Regierung, entstanden, städtische Villengegenden wie Olympia aus der wirtschaftlichen Hochzeit der Stadt und eher ländliche Gegenden wie in Råå.

Bevölkerung

Entwicklung der Einwohnerzahl

Bis etwa 1800 zählte Helsingborg unter 1500 Einwohner. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und Anfang des 20. Jahrhunderts stieg die Bevölkerungszahl sprunghaft an, was vor allem auf die zu dieser Zeit boomende Wirtschaft, aber auch auf Eingemeindungen kleinerer umgebender Ortschaften zurückzuführen ist.

Die folgende Übersicht zeigt die Einwohnerzahlen von Helsingborg von 1570 bis 2005. Die Angaben beziehen sich vor 1862 (wahrscheinlich) auf die Stadt Helsingborg (s), von 1862 bis 1970 auf die Stadtgemeinde Helsingborg (g) und ab 1971 auf den Innenbezirk (innerområde) der Gemeinde Helsingborg (i).

Bevölkerung mit ausländischem Hintergrund

Der Anteil der Bevölkerung mit ausländischem Hintergrund an der Gesamtbevölkerung beträgt in Helsingborg 23,2 Prozent. Dabei sind unter „Bevölkerung mit ausländischem Hintergrund“ die Einwohner zu verstehen, die entweder im Ausland geboren sind oder deren beide Elternteile im Ausland geboren sind.

Die wichtigsten Herkunftsländer der im Ausland Geborenen, insgesamt sind es rund 150 Nationen, und die Zahl der von dort stammenden Personen zeigt für das Jahr 2006 die Tabelle[5]. Die Zahlen beziehen sich auf die Gemeinde Helsingborg; allerdings lassen sich durchaus Rückschlüsse auf die Situation in der Stadt Helsingborg ziehen, da rund 84,5 Prozent der ausländischen Bevölkerung der Gemeinde in der Stadt leben.

 - Anmerkung der u~m~d~h~T: vorhandene Tabelle wurde zur Vereinfachung nicht übernommen!

Religion

Da in Schweden keine Daten zur Religionszugehörigkeit erhoben werden dürfen und deshalb keine offiziellen Statistiken existieren, lassen sich diesbezüglich nur Vermutungen anstellen.

Die größte religiöse Gruppe bilden die Mitglieder der evangelisch-lutherischen Schwedische Kirche, die bis 1999 Staatskirche war. Nach eigenen Angaben zählte sie am 1. November 2005 in den vier Gemeinden (församlingar) Maria, Filborna, Gustaf Adolf und Raus, die im Stadtgebiet liegen, 62.747 Mitglieder[6]. Seit dem 1. Januar 1990 ist mit der Gemeinde St. Basilus den Store auch die serbisch-orthodoxe Kirche in Helsingborg vertreten. Seit 1996 besitzt die für Nordwestschonen zuständige Gemeinde ein eigenes Kirchengebäude[7]. Daneben existieren mehrere freikirchliche Gemeinden, unter anderem der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, der Pfingstbewegung, der Evangelischen Vaterlandsstiftung oder der Schwedischen Missionskirche.

Neben den christlichen Glaubensgemeinschaften gibt es auch eine jüdische Gemeinde mit einer Synagoge im Zentrum Helsingborgs. Der Ahel-Al-Sunnah-Verein ist die größte islamische Vereinigung in Helsingborg und hat im Stadtteil Högasten ihre Versammlungsräume[8].

Soziale Struktur

Zwischen den zentralen Stadtteilen nördlich und südlich des Zentrums bestehen traditionell deutliche Unterschiede in der sozialen Struktur. Waren die südlichen Stadtteile früher die Wohngebiete der in den benachbarten Industriegebieten beschäftigten Arbeiter und die nördlichen Stadtteile Heimat der bessergestellten Bürger, so bestehen zwischen dem Süden mit Stadtteilen wie Söder, Planteringen und Högaborg und dem Norden mit Stadtteilen wie Norr und Tågaborg heute erhebliche Unterschiede unter anderem bei Ausländeranteil, Arbeitslosenquote, Einkommensverteilung und Bildungsstand.

Zu den Gegenden mit überwiegend sozial schwacher Bevölkerung gehören heute auch viele der im Rahmen des Millionenprogramms entstandenen Stadtteile wie Drottninghög im Nordosten der Stadt.

Die Unterschiede lassen sich anhand der oben genannten statistischen Merkmale Ausländeranteil, Arbeitslosenquote, Bildungsstand (am Beispiel des Bevölkerungsanteils mit nachgymnasialem Bildungsabschluss) und durchschnittliches Jahreseinkommen belegen:

Graphik

Aus den Ergebnissen einer Studie des schwedischen Integrationsverket geht hervor, dass sich die Segregation in Helsingborg in den Jahren 1997–2004 weiter verstärkt hat[13].

Politik

Die verwaltende Instanz der Stadt ist die Gemeinde Helsingborg (Helsingborgs stad). Ihr Gebiet erstreckt sich jedoch über die Grenzen der eigentlichen Stadt in siedlungsgeographischem Verständnis (tätort) hinaus und schließt außerhalb gelegene Ortschaften mit ein.

Helsingborg ist der Hauptort (centralort) der Gemeinde und damit Sitz der kommunalen Verwaltung.

Helsingborg ist traditionell sozialdemokratisch geprägt. Seit der letzten Gemeindewahl im Jahre 2006 wird die Gemeindepolitik maßgeblich von der sogenannten „Bürgerlichen Allianz“ aus Konservativen, Christdemokraten, Zentrum und der Liberalen bestimmt.

Historische Entwicklung

1862 wurde Helsingborg mit Inkrafttreten von Gemeindegesetzen in eine Stadtgemeinde umgewandelt, in der alle der Stadt Steuer zahlenden Personen das Recht hatten, den Stadtrat zu wählen. Vorher war dies den Stadtbewohnern, die zum Stand der Bürger (burskap) gehörten, vorbehalten. Die neue Stadtgemeinde wurde von einem Magistrat geleitet, hatte aber auch einen 26-köpfigen Gemeinderat (stadsfullmäktige). Jeweils der halbe Gemeinderat wurde jedes zweite Jahr für vier Jahre gewählt. Da es zu dieser Zeit keine Parteien und damit wenig konträre politische Debatten gab, war das Interesse der Bevölkerung an den Wahlen anfangs gering. Das Wahlsystem sah vor, das jeder Einwohner bis zu 100 Stimmen haben konnte, je nachdem, wie viel Steuern er an die Gemeinde zahlte. Die Höchstzahl der Stimmen wurde 1909 auf 40 gesenkt und 1918 wurde diese Form des Wahlsystems abgeschafft. 1899 wurde der erste Sozialdemokrat in den Gemeinderat gewählt. Dies geschah auf Initiative des Unternehmers Nils Persson und des Reichstagsmitglieds Oscar Trapp, die es als wichtig ansehen, dass die Arbeiterbewegung über Mitsprache im Gemeinderat verfügte. Durch die Wahlreform 1909 verdreifachte sich der Anteil der Sozialdemokraten im Gemeinderat und 1918 wurden sie zur größten Fraktion.

In den Jahren 1905, 1907, 1917 und 1918 wurden viele Orte der die Stadt umgebenden Landgemeinden in die Stadtgemeinde Helsingborg eingemeindet. 1971 wurde die Stadtgemeinde Helsingborg bei einer Kommunalreform mit vier bei der früheren Kommunalreform von 1952 gebildeten Landgemeinden zusammengelegt und ist seitdem ein Teil der Gemeinde Helsingborg. Die Gemeinde ist eine von dreizehn im Land, die in der Eigenbezeichnung stad anstelle von kommun verwendet.

Liste der Bürgermeister (borgmästare)Michael Pedersen (vor 1380)

  • Thorborn Brun (vor 1380)
  • Johannes Skytte (vor 1380)
  • Matts Pedersen Töndebinder (um 1530)
  • Bertel Svart (1592)
  • Hans Thomeson (bis 1597)
  • Thomans Hansen Moet (bis 1612)
  • Willom Willomsen (bis 1622)
  • Jens Olufsen (ab 1622)
  • Jesper Pedersen (ab 1627)
  • Peder Pedersen (ab 1627)
  • Jens Christensen (ab 1641)
  • Ennert Pedersen (1650-1655) Christen Nilsen Brock (ab 1655)
  • Jens Nilsen (ab 1655)
  • Eggert Elers (ab 1656)
  • Hindric Mårtensson Hierzeel (ab 1660)
  • Bengt Pihl, geadelt Pihlcrona 1675 (ab 1668)
  • Anders Ekebom (ab 1672)
  • Gabriel Hillersten
  • Magnus Paulin (ab 1681)
  • Bengt Langh (ab 1682)
  • Anton Perment (ab 1696, abgesetzt 1704)
  • Gabriel Löfman (1704–1710)
  • Henric Sylvius (1710–1738)
  • Petter Pihl d. J. (1738–1759) Michael Andreas Cöster (1759–1761)
  • Nicolaus Cervin (1761–1791)
  • Lars Mathias Gülich (Vize 1790–1791, 1791–1792)
  • Carl Gustaf Ekerholm (1793–1808)
  • Anders Petter Ståhle (1809–1832)
  • Håkan Lundberg (1832–1849)
  • Lars Magnus Wejlander (1849–1864)
  • Victor Landegren (1864–1868)
  • Eric von Stockenström (1868–1899)
  • Gustaf Hoff (1899–1911)
  • Johan Bååth (1911–1936)
  • Joel Laurin (1936–1948)
  • Lars Gunnar Ohlsson (1948–1970)

Gemeinderatsvorsitzende (stadsfullmäktige) bis 1970Rudolf Tornérhjelm (1862–1885)

  • Gustaf Peyron (1885–1887)
  • Petter Olsson (1888–1903)
  • Nils Persson (1904–1908)
  • Malte Sommelius (1908–1919)
  • K. Jacob Beskow (1919)
  • Carl Johansson (1919–1930) Hjalmar Forsberg (1931–1941)
  • Edwin Berling (1941–1951)
  • Anders Persson (1951–1954)
  • Börje Skarstedt (1955–1960)
  • Karl Salomonsson (1961–1966)
  • Gunnar Nordqvist (1967–1973)

Wappen

Das Stadtwappen von Helsingborg ist eine Weiterentwicklung eines Siegels aus dem 14. Jahrhundert. Das Siegel zeigt eine Burg mit einem zentralen, von einem Kreuz gekrönten Turm mit spitzem Dach hinter einer Mauer mit Zinnen. Der Turm stellt wahrscheinlich einen Kirchturm dar. Unwahrscheinlich ist die ältere Deutung, das es sich um den Turm Kärnan handelt. Nach neueren archäologischen Erkenntnissen ist dieser Turm jünger als das Siegel. Das Siegel wurden zweimal, 1916 und 1946, von König Gustav V. als Wappen festgestellt. Seit 1971 wird das Wappen von der Gemeinde Helsingborg verwendet. Es wurde 1974 für die Gemeinde beim schwedischen Patentamt registriert.

Städtepartnerschaften

Helsingborg war eine der ersten Städte der Welt, die eine Städtepartnerschaft einging. Die Zusammenarbeit mit dem dänischen Helsingør begann bereits 1838. 1849 trafen sich Repräsentanten beider Städte auf dem zugefrorenen Öresund, um eine Freundschaftsbekundung zu unterzeichnen. Nach dem Beschluss des Baus der Öresundverbindung zwischen Malmö und Kopenhagen und im Hinblick auf den daraus folgenden Verlust der kürzesten Verbindung zwischen Schweden und Dänemark und die Verlagerung der Hauptverkehrsrouten Richtung Süden unterzeichneten Vertreter der beiden Städte 1995 ein Zusammenarbeitsabkommen („HH-samarbetet“) in den Bereichen Wirtschaft, Tourismus, Verkehrsinfrastruktur, Umwelt, Kultur und Bildung.

Heute hat Helsingborg vier Partnerstädte (vänorter):

  • Helsingør (Dänemark), seit 1849
  • Pärnu (Estland)
  • Dubrovnik (Kroatien), seit 1998
  • Alexandria, VA (USA)

Neben den oben genannten Städtepartnerschaften gibt es noch zahlreiche weitere Partnerschaften zwischen Schulen der Stadt Helsingborg mit anderen Schulen auf der Welt. So findet beispielsweise seit vielen Jahren ein jährlicher Schüleraustausch zwischen einem Gymnasium in Helsingborg und dem Campe-Gymnasium in Holzminden (Niedersachsen) statt.

- Anmerkung der u~m~d~h~T zum Thema ,,Städtepartnerschaften”: Stand 2010

Stadtbild

Trotz des hohen Alters der Stadt gibt es nur wenige Gebäude, die davon zeugen. Ein Großteil der alten Bauten wurde Opfer der Verwüstungen, die die über Jahrhunderte immer wieder die Stadt hereinbrechenden Kriege zwischen Dänen und Schweden mit sich brachten. Besonders schlimm waren die Zerstörungen im Schonischen Krieg, als der dänische König Kristian V. große Teile Helsingborgs niederreißen ließ, um mit dem gewonnenen Material die Stadtbefestigungnen zu verstärken. Karl XI. zerstörte das Schloss Helsingborgs, von dem nur der Turm Kärnan übrig blieb. Die einzigen Profanbauten aus dem 17. und 18. Jahrhundert, die die Jahrhunderte überlebten, sind das Jacob-Hansen-Haus (Jacob Hansens hus), der Gamlegård und der Henckelsche Hof (Henckelska gården).

Im 19. Jahrhundert entwickelte sich Helsingborg zu einer „geteilten“ Stadt mit den reichen nördlichen Stadtteilen und den ärmeren Arbeiterquartieren im Süden. Die traditionelle Grenze war die Straße Trädgårdsgatan. Diese Teilung ist noch heute sichtbar, so hat der südliche Stadtteil Söder die höchste Einwandererdichte. Als Gründe für diese Separierung der Bevölkerungsschichten gilt sowohl die Nähe der südlichen Stadtteile zu den Industriegebieten als auch, dass der Norden durch seinen direkten Zugang zum Wasser, der den Wohngebieten im Süden durch den Hafen und die Eisenbahn verwehrt blieb, die attraktivere Wohngegend darstellte.

Baugeschichte

Die ersten Häuser der Stadt lagen auf dem Hang im Schutze des Schlosses. Die Stadt wuchs dann weiter in Richtung Öresund. In den Bereichen die an den Turm Kärnan anschließen, kann man auch heute noch ein mittelalterliches Straßenmuster mit unregelmäßigen Wohnquartieren erkennen. Hier liegt auch Helsingborgs erste Hauptstraße, Storgatan, die heute in einen nördlichen und einen südlichen Teil aufgeteilt ist. An dieser Straße liegen einige der historisch wertvollsten Gebäude der Stadt. Dazu zählen die Sankt-Marien-Kirche und das älteste Wohnhaus Helsingborgs, das Jacob-Hansen-Haus, welches als einziges in der Stadt von vor 1670 stammt.

Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts baute man die Häuser vorwiegend im Fachwerkstil. Mit der dann einsetzenden neuen Blüte der Stadt wurden viele der alten Bauten durch eine protzigere Architektur ersetzt. Mit der Errichtung des Zentralhafens 1832 wuchs der Ort auch in den Öresund hinein. Auf der neu gewonnenen Landfläche entstanden viele Prunkbauten entlang der zu dieser Zeit angelegten Paradestraßen Drottninggatan und Järnvägsgatan, der heutigen Hauptverkehrsachse, sowie dem zentralen Platz Stortorget, darunter das Hotel Mollberg und das 1897 erbaute Rathaus im neugotischen Stil, das als Zeichen für die gestiegene Bedeutung der Stadt gelten sollte.

An der Straße Järnvägsgatan wurde 1865 der Hauptbahnhof errichtet, der mit dem Hafen eine Grundlage für viele neue Industriebetriebe darstellte. Im Anschluss an diese Betriebe entstanden Arbeiterquartiere, die zusammen den Stadtteil Söder bildeten. Hier baute man die Gustav-Aldof-Kirche und den Platz Nya torg (heute Gustaf Adolfs torg genannt) als zweites Stadtzentrum.

Im 19. Jahrhundert wurden auch die Befestigungsanlagen östlich des Schlosses abgerissen. Hier entstanden vor allem Gebäude für verschiedene Institutionen wie das Handelsgymnasium von 1863, das Lazarett von 1878, die Armenpflegestation von 1888 und die Nicolaischule von 1898. Mit diesen Bauten etablierte sich der Stadtteil Olympia mit Villen im Jugendstil. Mit Hilfe einer Spende des Industriellen Henry Dunker konnte die Stadt 1927 einen Wettbewerb für ein neues Konzerthaus starten. Diesen Wettbewerb gewann der Architekt Sven Markelius. Sein siegreicher Vorschlag war ein Funktionsgebäude mit weißem Putz, das 1932 fertiggestellt war und heute das beste Beispiel für funktionelle Architektur in Schweden ist.

Durch die andauernde Expansion Helsingborgs sind in der Stadt alle Baustile der letzten zwei Jahrhunderte vertreten. Auch das schwedische Millionenprogramm hat hier in den Stadtteilen Dalhem, Fredriksdal und Adolfsberg seine Spuren hinterlassen. Genauso blieb Helsingborg nicht von der großen Abrisswelle der 1970er-Jahre verschont. Viele ältere Gebäude im Zentrum mussten neuen Ziegelbauten weichen. Zwei dieser modernen Bauten sind das Firmengebäude von Skandia und die SEB-Bank.

Das größte Bauprojekt der neusten Zeit sind die Gebäude, die 1999 für die Architekturausstellung H99 am Nordhafen im neuen Funktionalstil errichtet wurden.

Plätze

Der älteste Platz Helsingborgs heißt Stortorget und erstreckt sich von einer Treppenanlage im Osten bis zur Straße Drottninggatan (Konsul Trapps plats) im Westen, wo eine Reiterstatue steht, die Magnus Stenbock zeigt. Der Platz verdankt seine spezielle längliche Form der Tatsache, dass dänische Truppen im Schonischen Krieg (1676-1679) eine breite Versorgungsschneise zwischen Schloss und Hafen durch die Stadt schlugen. Nach Kriegsende nutzte man die Freifläche bis Ende des 19. Jahrhunderts zu Handelszwecken. Im Laufe der Zeit entstanden rund um den Platz große Gebäude mit Prunkvollen Fassaden.

Weiter Richtung Hafen liegt der Platz Hamntorget, der in den 1890er-Jahren im Zusammenhang mit dem Bau des Nordhafens geschaffen wurde. Im Alltag als Parkplatz genutzt, finden auf ihm aber auch zu besonderen Anlässen, wie dem Helsingborgsfestival Konzerte statt. Am Platz liegt das Alte Zollhaus (Gamla tullhuset), heute Abfahrt von Öresundsfähren, und die alte Fährstation, heute ein Rockclub. Direkt am Pie steht die Statue Sjöfartsgudinnan („Seefahrtsgöttin“), die von Carl Milles geschaffen wurde. Daneben steht ein Monument, dass an die Landung Karl XIV. Johans in Helsingborg erinnert.

Zwischen Hamntorget und Knutpunkten, dem (Bus-)Bahnhof und Fährterminal, liegt der Kungstorget, der früher, als die Bahngleise noch quer durch die Stadt führten, Bahn- und Parkgelände war. Heute gibt es hier im Sommer Freiluftgaststätten und Bühnen für unterschiedliche Veranstaltungen.

Der Sundstorget wurde 1865 auf dem Öresund abgewonnenem Land angelegt. Rund um den Platz baute man einige monumentale Gebäude und verlegte später einen großen Teil des Markthandels vom Stortorget hierher, nachdem in der Westhälfte des Platzes eine Markthalle gebaut worden war. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde diese jedoch wieder abgerissen und der Platz als Parkplatz genutzt. 2004 wurden bei Umbauarbeiten die Autos unter die Erde verbannt. Im Süden des Platzes entstand eine neue Markthalle aus Glas. Entlang der Nordseite des Platzes liegen einige Restaurants mit Terrassen. Im Westen wird der Platz von Dunkers kulturhus begrenzt.

Einige Plätze tragen den Namen von Personen, die für die Entwicklung der Stadt von Bedeutung waren. Beispiele sind Henry Dunkers plats zwischen dem Konzerthaus (Konserthuset) und dem Stadttheater (Stadsteatern), der seinen Namen während der Architekturausstellung H99 verliehen bekam, um die Verdienste Dunkers um das Kulturleben der Stadt zu ehren. Konsul Olssons plats liegt von kleinen Gassen umgeben mitten in der Altstadt in der Nähe eines Lagergebäudes des Unternehmers Petter Olsson. Im Stadtteil Söder liegt Konsul Perssons plats. Hier stand einst Nils Perssons Schwefelsäurefabrik; seit 2005 wird der Platz vom neuerbauten Tingshuset, dem Sitz des Amtsgerichts (tingsrätt) dominiert. Nördlich des Platzes schließt sich Mäster Palms plats mit dem Kaufhaus Söderpunkten an. Etwas weiter südlich liegt Gustav Adolfs torg, ehemals Nya Torg, der an den meisten Tagen der Woche als Marktplatz genutzt wird.

Parks und Grünanlagen

Viele Parks liegen am Rand der Innenstadt und bilden einen Grüngürtel. Oft haben sie ihren Ursprung in privaten Gärten, die später der Stadt geschenkt wurden. Die meisten Parks entstanden zum Ende des 19. Jahrhunderts im Zusammenhang mit der kräftigen Expansion Helsingborgs. Sie waren als grünes Gegengewicht zu den neuen Gebäuden und Industrieanlagen gedacht.

Der erste richtige Park war Krookska planteringen, gelegen zwischen der Innenstadt und dem damals neuen Stadtteil Söder. Als man beabsichtigte die Freifläche zu bebauen, kauften die Geschwister Krook das Gelände und schenkten es der Stadt mit der Bedingung, es in einen Park zu verwandeln. 1873 wurde der Park, der heute allgemein als Stadtpark (Stadsparken) bezeichnet wird, fertiggestellt.

Eine weiterer früher Park ist der Öresundpark, der 1877 entlang eines natürlichen Einschnittes in der landborgen angelegt wurde, als man hier, im ältesten Industriegebiet der Stadt, angesiedelte Wassermühlen in das neue Industriegebiet im Süden verlegte. Durch den Park führt die Hauptzufahrtsstraße zur Innenstadt aus Richtung Nordost. Der Park zieht sich bis auf das Plateau der landborgen hinauf, von wo man den Öresund überblicken kann.

Zum Anlass der „Helsingborgausstellung“ (Helsingborgsutställningen) 1903 wurde das ehemalige Burggelände um den Turm Kärnan, seit der Schleifung der Festungsanlagen stets nur dünn bebaut, in einen Park namens Slottshagen verwandelt. Heute gibt es dort einen Rosengarten und ein Freilufttheater.

Im Stadtteil Olympia liegt das Freilichtmuseum Fredriksdal, das der Stadt 1918 von Gisela Trapp, der Witwe des Konsuls Oscar Trapp, geschenkt wurde. Der Park beherbergt Fredriksdals herrgård, einen botanischen Garten, einen Garten mit Obstbaumbestand und das Theater Fredriksdal.

Nach dem Tod König Gustav VI. Adolfs erhielt Helsingborg das Schloss Sofiero nördlich der Stadt als Geschenk. Der dazugehörige Park verdankt seine Bekanntheit den vielen dort wachsenden Rhododendronarten sowie Veranstaltungen wie Orchideenwettbewerben und Oldtimerausstellungen.

Eine Schenkung von Ida und Otto Banck aus dem Jahre 1912 ist die Villa und der Park Vikingsberg im höhergelegenen Teil Helsingborgs. Die Villa war lange Jahre Herberge für die städtische Kunstsammlung. Heute befindet sich hier eine private Kunstgalerie.

Ein weiterer bekannter Park ist der Brunnenpark Ramlösa (Ramlösa brunnspark) im Süden von Helsingborg. Hier lag die alte, 1707 in Betrieb genommene Ramlösaquelle und hier war der Ort, wo im 18. und 19. Jahrhundert Kurgäste mit Heilwasser ihre Leiden kurierten. im Park stehen einige gelbgestrichene, mit Holzsägearbeiten verzierte Holzhäuser.

Im Norden der Stadt liegt der Wald von Pålsjö (Pålsjö skog) in Nachbarschaft zum Schloss Pålsjö und dem dazugehörigen Schlosspark. Im Süden liegt das Naturschutzgebiet Rååns dalgång, der auf einer Seite vom Fluss Råån begrenzt wird. Am Rande liegt die Kirche von Raus (Raus kyrka), die älteste Kirche Helsingborgs, deren Geschichte bis ins 12. Jahrhundert zurückgeht.

Entlang des Rands der landborgen wurde die Landborgspromenade geschaffen, die mehrere Parks der Stadt von Pålsjö skog bis Råådalen durch einen Wanderweg verbindet, von dem aus man den Ausblick über den Öresund genießen kann.

Kultur, Sehenswürdigkeiten und Freizeit

Helsingborg verfügt über ein großes Spektrum an Kultur- und Freizeiteinrichtungen. Die Stadtverwaltung unterstützt diese oft mit finanziellen Mitteln. Mit der Errichtung des Kulturhauses (Dunkers kulturhus) erhielt Helsingborg eine zentrale Einrichtung für Kunst, Musik und Ausstellungen.

Theater

Bereits seit 1813 gab es ein Theater in der Stadt. Zu dieser Zeit wurde dem damaligen Besitzer des Heilwasserbrunnens in Ramlösa, Achates von Platen, die Erlaubnis erteilt, ein „provisorisches Theaterhaus aus Holz“ in der Straße Prästgatan zu errichten. 1859 wurde das Theater von der Stadt aufgekauft und bald wurden Stimmen laut, die einen neuen und zeitgemäßen Theaterbau forderten. Das neue, 1877 eröffnete Theater zog immer öfter umherreisende Theatergruppen an und Anfang des 20. Jahrhunderts kam der Wunsch nach einem festen Ensemble auf. 1921 wurde so das erste fest mit einem Stadttheater verbundende Theaterensemble Schwedens gegründet. Durch die höheren (vor allem räumlichen) Anforderungen, die dies mit sich brachte, wurden das Theater schnell zu klein und unfunktionell. Auch wuchs der Anspruch des Publikums. So wurde 1976 das neue Stadttheater neben dem Konzerthaus errichtet, das über eine „die Große“ (Storan) genannte große und eine kleinere, folgerichtig „die Kleine“ (Lillan) genannte Bühne verfügt. Das alte Theater wurde im selben Jahr trotz großer Proteste niedergerissen.

Theatervorstellungen finden auch in Dunkers kulturhus statt. Im Sommer ist ein Besuch des 1932 gegründeten Freilufttheater Fredriksdal beliebt. Es ist landesweit durch die Übertragung von Vorstellungen im Fernsehen sowie durch das langjährige Wirken des Schauspielers Nils Poppe bekannt. Revuen unter freiem Himmel sind im Sommer im Park Slottshagen zu sehen.

Museen

Stadtmuseum

Der geschichtsinteressierte Konsul Oscar Trapp schlug Anfang des 20. Jahrhunderts die Einrichtung eines Museums in Helsingborg vor. 1909 eröffnete das neue Stadtmuseum in einem ehemaligen Schulgebäude in der Straße Södra Storgatan. Es zeigte neben Kunstwerken Sammlungen mit naturwissenschaftlichen, archäologischen, ethnografischen und kulturhistorischen Themen, die zum Teil schon ab 1890 begonnen worden waren. Nach der Schenkung der Villa Vikingsberg an die Stadt durch Otto Banck konnte die Kunstsammlung 1929 dorthin umziehen. Mit der Zeit wurden die Lokalitäten in der Södra Storgatan auch für die verbleibenden Ausstellungen zu klein und man suchte nach Ausweichmöglichkeiten. Die Raumfrage konnte erst 2002 gelöst werden, als man sowohl das Stadtmuseum als auch die Kunstsammlung aus der Villa Vikingsberg in Dunkers kulturhus verlegte. Das Stadtmuseum zeigt heute neben stadtgeschichtlichen Ausstellungen grafische Blätter, Ölgemälde, Kunsthandwerk und Designmöbel, die hauptsächlich aus dem nordwestlichen Bereich Schonens stammen.

Freilichtmuseum Fredriksdal

1918 stiftete Oscar Trapps Witwe Gisela Trapp das Gut Fredriksdal mit den zugehörigen Ländereien dem Museum mit der Bedingung, dass ein dort ein Freilichtmuseum eingerichtet und die Ländereien zur Finanzierung des Museumsbetriebes Verwendung finden sollten. Das Freilichtmuseum Fredriksdal wurde im Laufe der Jahre um weitere historische Hofanlagen aus verschiedenen Gegenden Schonens und kulturhistorisch interessante Gebäude aus den alten Stadtvierteln Helsingborgs erweitert. In einem der alten Häuser aus der Stadt liegt das Grafische Museum (Grafiska museet) – das größte dieser Art in Schweden –, das die Geschichte der Druckkunst von Gutenbergs Zeit bis heute zeigt. Im Anschluss an Fredriksdal liegt das „Kulturlager“ (Kulturmagasinet), wo große Teile der umfassenden Sammlungen Helsingborger Museen (zwischen)lagern. Das Kulturmagasinet ist daneben der Eigentümer des Burgturms Kärnan und damit für dessen Erhalt verantwortlich.

Weitere Museen

Östlich des Kärnan liegen zwei weitere Museen – das Schulmuseum (Skolmuseet) und das Medizinhistorische Museum (Medicinhistoriska museet). Das Schulmuseum wurde 1985 in der alten Östra skolan neben der Slottsvångschule eingerichtet. Es zeigt restaurierte alte Schuleinrichtungen und Lehrmittel aus verschiedenen Volksschulen in und um Helsingborg. Das Medizinhistorische Museum in einem ehemaligen Kinderkrankenhaus zeigt historische Krankenhauseinrichtungen und Gegenstände aus dem Bereich der Pflege. Das Helsingborger Sportmuseum (Helsingborgs Idrottsmuseum) in der Straße Carl Krooks gata in Söder vermittelt einen Einblick in die lange Sportgeschichte Helsingborgs und verleiht den Preis „Sportler des Jahres in Helsingborg“ (Årets idrottare i Helsingborg). Außerhalb der Stadt liegt das „Bereitschaftsmuseum“, das in der unterirdischen Batterie Helsingborg (Batteri Helsingborg), gebaut 1940, von den Umständen in Schweden zur Zeit des Zweiten Weltkriegs erzählt und Kriegsmaterial aus dieser Zeit zeigt.

Musik

Noch bis weit ins 19. Jahrhundert hinein war ein Konzert ein eher ungewöhnliches Ereignis in der Stadt am Öresund. Lediglich einige wenige Ensembles spielten hin und wieder bei den Heilquellen der Stadt, der Sofienquelle (Sofiakällan) und der Ramlösaquelle, und der Chor Husarrengementets musikkår gab vereinzelte öffentliche Konzerte. 1896 gründete sich die Helsingborger Musikgesellschaft (Helsingborgs musiksällskap), um die Musikliebe der Helsingborger Bürger mit regelmäßigen Konzertveranstaltungen zu wecken und zu fördern. 1911 beschloss der schwedische Reichstag die Förderung von Orchestern in Schwedens Provinzstädten. Da sich die Stadt an den Fördermaßnahmen ebenfalls beteiligte, entstand noch im selben Jahr die Orchestervereinigung Nordwestliches Schonen (Nordvästra Skånes Orkesterförening), aus der später das Sinfonieorchester Helsingborg hervorging. Das große Interesse, auf das die neue Einrichtung in den ersten Jahren stieß, drohte bald zu schwinden, da es an einem festen Konzerthaus mangelte. 1932 schließlich stand das neue Haus. Das vom Architekten Sven Markelius entworfene Helsingborgs konserthus sorgte für einen deutlich zunehmendes Musikinteresse in der Stadt.

Das Kulturleben in Helsingborg kann sich heute auf ein reiches Musikangebot aller Richtungen – von Klassik über Jazz bis zu eher moderner Musik – stützen. Im Konzerthaus kann man neben regelmäßigen Auftritten des Sinfonieorchesters Helsingborg auch vielen Gastauftritten beiwohnen. Dunkers kulturhus ist eine bekannte Lokalität für Konzerte in kleinerem Rahmen, beispielsweise für Auftritte der Musikschule. Auch in den Kirchen der Stadt, vor allem in der Marienkirche und der Gustav-Adolf-Kirche, werden oft musikalische Veranstaltungen verschiedener Ausprägungen wie Taizémessen oder Solokonzerte ausgerichtet. Liebhaber beschwingter Musik sind in den Kellerräumen des Jazzklubs in der Straße Kullegatan am richtigen Ort. The Tivoli am Nordhafen ist der einzige Rockklub der Stadt und bietet regelmäßige Konzerte angesagter Gruppen. Daneben gibt es in Helsingborg verschiedene Musikgruppierungen, darunter der Kammerchor Helsingborg (Helsingborgs kammarkör), die Kammermusikvereinigung Helsingborg (Helsingborgs kammarmusikförening), Visans vänner („Freunde der Weise“), Pearls of the Sound und das Vokalensemble Helsingborg (Helsingborgs vokalensemble).

Bauwerke

Zu den „herausragenden“ Sehenswürdigkeiten Helsingborgs gehört der restaurierte Burgturm Kärnan, einzig übergeblieben von der mittelalterlichen Befestigungsanlage Helsingborg, die 1150 erbaut, 1680 geschleift wurde. Von ihm aus hat man einen hervorragenden Blick über den Öresund in Richtung Dänemark. Sehenswert sind auch das Rathaus, erbaut 1857, und die Freitreppe am Stortorget sowie die Sankt-Marien-Kirche aus dem 12. Jahrhundert.

Das Brunnenhotel Ramlösa (Ramlösa brunnshotell, auch Stora hotellet, „Großes Hotel“), erbaut zwischen 1876 und 1882 im Stadtteil Ramlösa, der hauptsächlich durch das hier gewonnene Mineralwasser bekannt ist, ist das größte skandinavische Gebäude aus Holz. Das umliegende parkartige Wohngebiet war lange ein Treffpunkt für die soziale Oberschicht Schonens. Rund 3 km nördlich der Stadt liegt das von Parkanlagen umgebene Schloss Sofiero, ehemalige Sommerresidenz der königlichen Familie. Landesweit bekannt ist das Freilufttheater Fredriksdal im Freilichtmuseum Fredriksdal.

Gastronomie und Nachtleben

Helsingborg hat neben einer Reihe populärer Restaurants eine der höchsten Kneipendichten Schwedens zu bieten.

Immerhin drei von zwanzig Restaurants der „schwedischen Meisterklasse“ sind laut dem Restaurantführers „White Guide 2006“ in Helsingbrog zu finden[14]. Neben weiteren guten und populären Adressen neueren Datums gibt es auch einige Restaurants, die auf eine lange Tradition zurückblicken können und auch heute noch beliebt sind, allen voran Mollbergs matsalar (etwa „Mollbergs Speisesäle“), die an das Hotel Mollberg angeschlossen sind. An dieser Stelle gibt es seit dem 15. Jahrhundert einen Gaststättenbetrieb. Aufgrund der Lage Helsingborgs am Öresund gibt es entlang der Wasserfront eine Reihe Restaurants im Bereich des Nordhafens, der Kaipromenade (Kajpromenaden) und der Strandpromenade (Strandpromenaden), die im Sommer auch unter freiem Himmel servieren. Außerdem gibt es eine Vielzahl an Gaststätten mit Speisen aus aller Welt. Auch einige Konditoreien und Cafés mit teils über hundertjähriger Geschichte sind in Helsingborg zu finden. Wie für Städte dieser Größenordnung üblich, unterhalten auch die weit verbreiteten Fastfoodrestaurant- und Caféketten wie McDonalds und Wayne's Coffee in der Stadt Filialen.

Nachtclubs und Kneipen konzentrieren sich im Stadtzentrum, aber auch der Stadtteil Söder hat ein Nachtleben zu bieten.

Strandgebiete

Helsingborg ist eine der wenigen Städte in Schweden, wo man ansprechende Badestrände vorfindet, die nur zehn Minuten Fußweg vom Zentrum entfernt sind. Im Sommer sieht man oft Leute, die die Stadt in Badesachen durchstreifen. Der stadtnächste Badeplatz heißt „Tropical Beach“ mit Palmen und Sonnenstühlen. Er wurde mit der Ausstellung H99 angelegt und liegt direkt an der Hafeneinfahrt des Inneren Hafens (Inre hamn).

Nördlich des Nordhafens (Norra hamn) liegen die sandlosen Badestellen namens „Järnvägsmännens“ und „Gröningen“ mit großer Liegewiese und Badesteg. Weiter nördlich liegt das Örestrandsbad (auch „Fria bad“ genannt), einer der populärsten Strände, so wie ganz im Norden der Stadt der „Wikingerstrand“ (Vikingstrand), der behindertengerecht eingerichtet ist.

Südlich von Helsingborg ist das Ufer des Öresundes recht seicht, was dazu führt, dass die hier liegenden Strände Råå vallar und Örby ängar von Familien mit Kleinkindern bevorzugt werden. Zwischen diesen Stränden und dem Hafengelände liegt Helsingborgs FKK-Strand, Knähakens bad.

Außerdem gibt es in Helsingborg drei Seebadehäuser (kallbadhus), gelegen südlich des Wikingerstrands, (Pålsjöbaden), zwischen Örestrandsbad und Gröningen (Norra Kallbadhuset oder „Kallis“), sowie im Süden bei Råå (Råå kallbadhus).

Sport

Helsingborger Olympiade

Helsingborg blickt auf eine lange Sportgeschichte zurück. Bereits 1834 wurden bei Ramlösa eine erstes Sportfest in der olympischen Tradition veranstaltet. Hinter den Spielen stand der „Olympische Verein“ (Olympiska föreningen), dessen Ziel es war, das Interesse an den Olympischen Spielen in Schweden und Norwegen zu wecken. Als Disziplinen waren bei dieser Helsingborger Olympiade Gymnastik (gymnastik), Laufen (kapplöpning), Ringen (brottning) und Klettern (klättring) vertreten. Die Spiele zogen eine beachtliche Anzahl Zuschauer an und wurden einmalig 1836 wiederholt. Einige Straßen in der Gegend um den Austragungsort, heute ein Industriegebiet um den Bahnhof Ramlösa, tragen heute noch Namen wie Kapplöpningsgatan, Fäktmästargatan und Rännarbanan zur Erinnerung an das Geschehen.

Fußball

Die dominierende Sportart in Helsingborg ist das Fußballspiel und es gibt eine Vielzahl von Fußballvereinen in der Stadt. Der erfolgreichste unter ihnen ist Helsingborgs IF (HIF), entstanden 1907 durch die Zusammenlegung der Vereine Svithiod und Stattena. Der HIF spielt zur Zeit in der höchsten schwedischen Liga, der Fotbollsallsvenskan. Von den späten 1920ern bis Anfang der 1940er war Helsingborgs IF eine der besten Mannschaften Schwedens und gewann 1929, 1930, 1933, 1934 und 1941 die Meisterschaft. Darauf folgte eine Phase mit eher bescheideneren Erfolgen und 1968 schließlich stieg der Verein in die Division 1 ab. Der Wiederaufstieg gelang erst 1992, worauf 1999 der Gewinn des Meistertitels folgte. Das Heimatstadion des HIF ist das Olympia, eines der ältesten Stadien Schwedens, erbaut 1898. Die ursprünglich für sowohl Fußball- als auch Leichtathletikveranstaltungen gebaute Arena ist heute ein reines Fußballstadion mit Platz für etwa 16.700 Zuschauer. Im Umfeld des Stadions liegen zahlreiche weitere Sportanlagen.

Der HIF war jedoch nicht immer der einzige Repräsentant Helsingborgs in der Fotbollsallsvenskan. In den Jahren 1951 und 1952 spielte dort auch der Råå IF, dessen größter Triumph 1948 der Sieg des Landespokals war. Heute spielt der Verein im Amateurbereich. Weitere Fußballvereine der Stadt sind der 1927 gegründete Högaborgs BK, Heimatverein von Henrik Larsson, und der 1991 aus der Zusammenlegung von Helsingborgs Södra BK, Helsingborgs BoIS und BK Drott entstandene Verein Helsingborgs Södra BIS, die derzeit jeweils nur unterklassig antreten.

Helsingborgs erfolgreichste Damenfußballmannschaft gehört zum Stattena IF, gegründet 1922. Sie spielt heute in der Division 1 nach zwei Spielzeiten in der Allsvenskan der Damen 2003 und 2004.

IFK Helsingborg

Helsingborgs Sportkameradschaft (Idrottsföreningen Kamraterna), der IFK Helsingborg, wurde 1896 von dem erst 16-jährigen Hjalmar Hedenblad als Sällskapet Idrottsvänner („Gesellschaft der Sportfreunde“) gegründet und wurde eine zeitgleich mit der Zusammenlegung mit dem Fußballverein GFK zur Sportkameradschaft. Der Verein war in seiner Geschichte in vielen Disziplinen wie Fußball, Radfahren, Schwimmen, Orientierungslauf, Handball, Turnen, Eishockey und Basketball tätig. Heute vertretene Sportarten sind Leichtathletik (als einzige seit der Gründung mit dabei), Skifahren, Tennis, Bowling, Eiskunstlauf, Volleyball und Triathlon. Der IFK ist auf dem Sportplatz Heden und im „Haus des Sports“ zuhause.

Übrige Sportarten

Das „Haus des Sports“ (Idrottens hus) ist die größte Sporthallenanlage der Stadt. Die größte Halle fasst 1800 Zuschauer. Das Haus des Sports wird unter anderem vom Handballverein Olympic/Viking Helsingborg HK, dem Innebandyverein FC Helsingborg und dem Basketballverein Helsingborg Pearls für Training und Heimspiele genutzt. Der Handballverein Olympic/Viking entstand 1994 aus seine Vorgängern Olympia und Vikingarna und spielt 2009/2010 in der Elitserien i handboll för herrar, die Frauen in der Division 2. Der FC Helsingborg, gegründet 2003, spielt in der Innebandy-Elitserie. Der Basketballverein Helsingborg Pearls – mit 900 Mitgliedern und 20 Jugendmannschaften – spielt seit 2003 in der schwedischen Basketligan unter dem Namen des Hauptsponsors, Öresundkraft. Eishockey steht in Helsingborg etwas abseits im Schatten des Fußballs.

Der Eishockeyverein der Stadt, der HHC Redskins, gegründet 1977, spielt in der Division 2. Das Heimatstadion, Olympiarinken, fasst 2100 Zuschauer.

Eine Vielzahl von Turnvereinen, GF Fram, GF Ling, Helsingborgs Turnéförening und Råå GF, die alle Helsingborgs Gymnastikförbund angehören, sind im „Haus der Gymnastik“ (Gymnastikens Hus) im Süden Helsingborgs angesiedelt.

Der Schwimmverein der Stadt, Helsingborgs Simsällskap, ist einer der erfolgreichsten in ganz Schweden. Der Verein betreibt die Schwimmhalle Filborna im Stadtteil Ättekulla. Südlich des Stadtzentrums steht die Schwimmhalle Simhallsbadet.

Neuere Zugänge in der Sportlandschaft Helsingborgs sind Rugby (Rugby Club Gripen) und American Football (Helsingborg Crocodiles).

Andere in Helsingborger Sportvereine sind der Tischtennisverein BTK Rekord, der Laufverein HLK-92 und der Badmintonklub Helsingborg zu nennen.

Wirtschaft und Infrastruktur

Wirtschaft

In Helsingborg sind über 10.000 steuerpflichtige Unternehmen registriert, von denen 94 mehr als 50 Angestellte haben. Rund 3.100 Betriebe beschäftigen zwischen 2 und 49 Menschen und etwa 7.000 sind Ein-Mann-Unternehmen. Die Unternehmen bieten insgesamt rund 58.000 Arbeitsplätze.

Die größten Wirtschaftszweige sind die Bereiche Handel und Verkehr mit rund 15.000 Beschäftigten. Weitere Schwerpunkte liegen in der Lebensmittel-, chemischen und Pharmaindustrie. Am schnellsten wächst der Dienstleistungssektor, der sich in den letzten zwanzig Jahren verdoppelt hat.

Diese Angaben beziehen sich auf die gesamte Gemeinde Helsingborg, lassen aber Rückschlüsse auf die Situation in der Stadt zu, da diese das Zentrum der wirtschaftlichen Tätigkeit in der Gemeinde darstellt.

Ansässige Unternehmen

Die verkehrsgünstige Lage Helsingborgs war und ist ein Grund für das gute Wirtschaftsklima[15] der Stadt. Helsingborg und die nähere Umgebung zählt nach Stockholm, Göteborg und Malmö die meisten Unternehmenshauptsitze in Schweden.

Einige große, zum Teil international bekannte, in Helsingborg tätige Unternehmen sind ABB, der Handelsunternehmen ICA, der Möbelkonzern Ikea, das Pharmaunternehmen Pfizer, SKF Multitec AB, der Schuh- und Tennisballhersteller Tretorn, der Mineralwasserhersteller Ramlösa Hälsobrunn AB und Unilever Bestfoods.

Einzelhandel

Durch die Umwandlung der Straße Kullagatan zur Fußgängerzone im Jahre 1961 erhielt Helsingborg die erste Fußgängerzone Schwedens. Heute liegt ein Großteil der Läden im Zentrum an dieser Straße, wovon viele Filialen der in ganz Schweden vertretenen Handelsketten sind. Die Einkaufsstraße setzt sich in Richtung Süden mit den Straßen Mariagatan und Bruksgatans fort. Hier und parallel zur Kullegatan in der Norra und Södra Storgatan, die keine Fußgängerzone sind, findet man weitere, vermehrt nicht kettenangehörige Einzelhändler.

Am Mäster Palms plats im Stadtteil Söder liegt die Einkaufszentrum Söderpunkten mit einer Reihe von Läden großer Ketten und Imbisse. Etwas weiter südlich am Platz Gustav Adolfs torg findet an den meisten Tage der Woche ein Markt statt.

Etwa sechs Kilometer außerhalb der Stadt liegt das Einkaufszentrum Väla (Väla centrum), eines der Größten in Schweden mit einer Fläche von 47.000 Quadratmetern und über einhundert Geschäften verschiedener Größe. Daneben gibt es in Stadtnähe je ein Kaufhaus der großen Ketten ICA (ICA Maxi) und Coop (Coop Forum).

Eine weitere Einkaufsalternative ist Helsingør auf der dänischen Seite des Öresund, das mit der Fähre in rund zwanzig Minuten vom Stadtzentrum aus zu erreichen ist. Die besondere Attraktivität Helsingørs, die viele Kunden aus Helsingborg und Umgebung anlockt, liegt in den geringeren Spirituosenpreisen in Dänemark.

Wirtschaftsgeschichte

Die Industriegeschichte Helsingborgs begann am Anfang des 18. Jahrhunderts, als die ersten kleinen Fabriken, in denen unter anderem Tabakwaren und Textilien hergestellt wurden, öffneten. Die erste größere Unternehmung war die Fayence och porcellainsfabrique bei Pålsjö im Norden der Stadt, gegründet 1766 von Michael Andreas Cöster und bereits 1774 nach wirtschaftlichen Problemen wieder geschlossen. 1799 gründete Graf Erik Ruuth eine Eisengießerei und eine Keramikfabrik am südlichen Stadtrand. Bekannt unter dem gemeinsamen Namen Ruuthska bruket waren lange Zeit die größten Arbeitgeber in Helsigborg.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erlebt die Stadt einen starken wirtschaftlichen Aufschwung mit einem explosionsartigen Anstieg der Zahl der Unternehmensneugründungen, worauf ein ähnlich starkes Bevölkerungswachstum folgte. Diese Entwicklung war vor allem der Weitsicht und dem Unternehmergeistes zweier Personen zu verdanken:

Einer von ihnen war der Handelsunternehmer Petter Olsson, der ein großer Vermögen mit dem Export von Getreide gemacht hatte. Als Mitglied des Stadtrats war Olsson eine treibende Kraft, wenn es um die Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur der Stadt ging. Mit seinem Privatvermögen beteiligte er sich an der Finanzierung zahlreicher Projekte, wie im Jahre 1880 am Ausbau des Südhafens (Södra hamnen) und zwölf Jahre später auch des Nordhafens (Norra hamnen). Er stand auch hinter dem Bau der Eisenbahnstrecken zwischen Helsingborg und Eslöv, Hässleholm, Landskrona und Värnamo, die stark zum wirtschaftlichen Wachstum der Stadt in dieser Zeit beitrugen. Weitere Aktivitäten Olssons, zwischenzeitlich zum Konsul ernannt, bestanden in der Gründung zahlreicher Industrieunternehmen, darunter die dampfkraftbetriebene Mühle Helsingborgs Ångqvarns AB 1884, die Zuckerfabrik Sockerbruket (in deren Gebäuden heute einige Einheiten des Möbelkonzerns Ikea ihren Sitz haben) 1890, Helsingborgs Gummifabriks AB gemeinsam mit Johan Dunker, dem Vater von Henry Dunker, und anderen 1891, und die Skånska Jutefabriks AB 1896.

Die andere Person von großer Bedeutung war Nils Persson, mit dem zusammen Olsson die Zuckerfabrik gründete – auch er später zum Konsul ernannt. Er begann seine Unternehmerkarriere als Händler und Importeur von Kunstdünger. Er gründete die Superfosfat- & Svavelsyrefabriks AB im Jahre 1874. Als Rohstoff importierte er Schwefelkies aus seinen eigenen Gruben im norwegischen Sulitjelma. Da das Gebirge in jener Region auch reich an Eisenerz war, nahm 1886 sein kupferverarbeitender Betrieb Helsingborgs Kopparverk die Produktion auf. Darüber hinaus hatten auch Helsingborgs Ångtegelbruk AB (1873), die bereits genannte Zuckerfabrik und Helsingborgs Cinder- och Kalbfabriks AB ihre Existenz Persson zu verdanken.

Nach beiden Konsuln wurden später Plätze in der Stadt benannt. Konsul Olssons plats liegt im nördlichen Stadtzentrum, Konsul Perssons plats im Stadtteil Söder gegenüber dem Südhafen.

Viele der Industriebetriebe, die im 19. Jahrhundert gegründet wurden, haben bis heute überlebt, wenn auch unter anderem Namen. So wurde Ruuthska bruket 1869 in Helsingborgs Jern- och Lerkärlsfabriks AB umbenannt, und als die Eisengießerei 1885 nach Söder umzog, änderte sich damit ebenfalls ihr Name und sie hieß fortan Helsingborgs Mekaniska Verkstad. 1918 ging sie in die AB Elektromekano über, die später ein Teil des ASEA-Konzerns, der heutigen ABB, wurde. Aus Perssons Schwefelsäurefabrik wurde 1918 Reymersholms Gamla Industri AB, die 1963 vom Bergbauunternehmen Boliden AB aufgekauft wurde. 1977 entstand daraus die Boliden Kemi AB, die 1989 schließlich von dem finnischen Chemieunternehmen Kemira Oy gekauft wurde und heute den Namen Kemira Kemi AB trägt. Helsingborgs Gummifabriks AB heißt heute Tretorn Sweden AB.

Im 19. Jahrhundert wurden auch mehrere Reedereien in Helsingborg gegründet. Die ersten Reeder waren die Brüder Carl August, Otto und Bror Banck, die 1873 die C A Banck & Co schufen. Auch Konsul Olsson betätigte sich im Reedereigeschäft, und war zusammen mit dem Schiffsmakler Axel Pyk und Konsul N. C. Corfitzon Teilhaber an der Rederie AB Helsingborg (1896). Anfang des 20. Jahrhunderts entstanden weitere Reedereibetriebe und beim Ausbruch des Zweiten Weltkrieges gab es in Helsingborg um die 50 Reedereien. Die größten unter ihnen waren Transmarin, Gorthons und Hillerströms. In den 1970ern und 1980ern gerieten viele Reeder in wirtschaftliche Schwierigkeiten, was dazu führte, dass heute kein einziges Unternehmen der Branche ihren Sitz in der Stadt hat.

Verkehr

Helsingborg ist ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt in der Öresundregion und verfügt über Anbindung an das schwedische und indirekt auch an das dänische Straßen- und Bahnnetz. Die Stadt ist außerdem auf dem See- und Luftweg zu erreichen.

See

Drei Reedereien betreiben Fährverbindungen nach Helsingør auf der dänischen Seite des Öresunds. Der größte Akteur auf der umgangssprachlich HH-leden genannten Strecke ist die dänisch-deutsche Scandlines mit den Fähren M/S Tycho Brahe, M/S Aurora af Helsingborg und M/S Hamlet. Sie verkehren tagsüber alle 20 Minuten, nachts etwas seltener, ab Knutpunkten, dem zentralen Knotenpunkt zwischen Zug-, Bus- und Fährverbindungen. Die Fähren M/S Mercandia IV und M/S Mercandia VIII der Reederei HH-Ferries verkehren halbstündlich (nachts stündlich) ab Nordhafen (Nordhamnen). Sowohl Scandlines als auch HH-Ferries befördern Personen auch Kraftfahrzeuge, Busse und Lastkraftwagen, wogegen der dritte Mitwettbewerber, Sundsbussarna, auf seinen Personenfähren M/S Sundbuss Pernille und M/S Sundbuss Magdelone keine Fahrzeuge übersetzt. Sundsbussarna-Fähren verkehren ab dem alten Zollhaus am Hafenplatz halbstündlich, jedoch nur tagsüber.

Auch wenn die Verbindung Helsingborg–Helsingør seit der Einweihung der Öresundverbindung im Jahr 2000 deutlich an Bedeutung verloren hat, ist sie immer noch eine der am dichtesten befahrenen Fährrouten der Welt. Die Fahrtzeit auf dieser mit 4,9 Kilometern kürzesten Verbindung zwischen Schweden und Dänemark beträgt rund 20 Minuten.

Straße

Das Gebiet von Helsingborg war lange Zeit ein bedeutender Knotenpunkt im schwedischen Wegenetz. Dies beruhte unter anderem auf der Fähranbindung der Stadt an Dänemark. So trafen sich hier die seinerzeit wichtigen Reichsstraßen (riksväg) 1 und 2. Im Laufe der Jahre wurde das Straßennetz der Stadt mehrfach umgebaut und heute ist Helsingborg von verschiedenen Autobahnen umgeben. Im Osten verläuft die Europastraße 6/20 von Malmö nach Göteborg, von der nordöstlich der Stadt die Europastraße 4 Richtung Stockholm abzweigt.

Schiene

Helsingborg ist ein wichtiger Eisenbahnknotenpunkt. Die Stadt liegt an der Bahnlinie Malmö–Lund–Landskrona–Helsingborg–Ängelholm–Göteborg (Västkustbanan). Daneben beginnen hier die Strecken Helsingborg–Teckomatorp–Lund–Malmö sowie Helsingborg–Åstorp–Hässleholm–Kristianstad (Skånebanan).

Helsingborg ist in das schonische Pågatåg- und das schwedisch-dänische Öresundståg-Netz eingebunden. Daneben verkehren Züge der schwedischen Eisenbahngesellschaft Statens Järnvägar (SJ). Direktverbindungen bestehen unter anderem nach Göteborg, Lund, Malmö, Kristianstad, Kopenhagen und Helsingør.

Neben dem Hauptbahnhof Helsingborg C gibt es seit 1998 beziehungsweise 1999 die Haltepunkte Ramlösa im Süden und Maria im Norden der Stadt. Helsingborg C ist Bestandteil des zentralen Verkehrsknotenpunktes Knutpunkten, an dem Übergang zu Öresundfähren nach Helsingør und zum Stadt- und Regionalbusnetz besteht.

Vor dem Bau der Öresundbrücke verkehrten zwischen Helsingborg und Helsingør Eisenbahnfähren, die einen Teil der Bahnlinie Kopenhagen–Stockholm darstellten. Diese Verbindung war vor allem zur Zeit des Kalten Krieges von entscheidender Bedeutung für Schweden, da sie die einzige Strecke war, über die schwedische Personenzüge ohne Transit durch ein Ostblockland das übrige Westeuropa erreichen konnten. Seit der Verlegung des grenzüberschreitenden Zugverkehrs auf die Öresundverbindung und der damit verbundenen Stilllegung der Eisenbahnfähren hat Helsingborg seine tragende Rolle im Fernverkehr verloren und ist heute vor allem von regionaler Bedeutung.

Für die Zukunft ist die Verlegung der innerhalb der Stadt verlaufenden Bahnstrecke und der Bau eines Eisenbahntunnels unter dem Öresund hindurch nach Helsingør im Gespräch[16].

Luft

Vom Flugplatz Ängelholm-Helsingborg gibt es Inlandsflüge nach Stockholm. Zum internationalen Flughafen Kastrup in Kopenhagen verkehren Direktzüge.

Innerstädtischer öffentlicher Personennahverkehr

Der innerstädtische öffentliche Personennahverkehr besteht aus 16 Buslinien, die teilweise im 5-Minuten-Takt verkehren. Zwei Servicelinien, die unter anderem das Krankenhaus ansteuern, und vier Linien, die morgens und abends im Berufsverkehr verkehren, erweitern das Angebot. Drei weitere Linien werden bei Spielen des Fußballvereins Helsingborgs IF im Stadion Olympia eingesetzt. Seit 2005 wird das Busnetz im Auftrag von Skånetrafiken durch das Busunternehmen Arriva betrieben.

Von 1903 bis zur Umstellung von Links- auf Rechtsverkehr in Schweden im Jahre 1967 verfügte die Stadt auch über ein Straßenbahnnetz.

Bildung

Helsingborg bietet ein komplettes Schulangebot, das Kindergärten (förskolor), Grundschulen (grundskolor) und Gymnasien (gymnasieskolor) umfasst. Daneben gibt es Sonderschulen (särskolor, träningsskolor) auf Grundschul- und Gymnasialniveau für unter anderem autistische und verhaltensgestörte Kinder, sowie in andere Schulen integrierte Sonderschulklassen (särskoleklasser).

Im ehemaligen Produktionsgebäude des Gummiprodukteherstellers Tretorn am Südhafen ist seit 2000 der „Campus Helsingborg“ der Universität Lund untergebracht. Hier studieren rund 3000 Studenten in den Richtungen Bauingenieurwesen, Informatik, Lebensmitteltechnik, Dienstleistungsmanagement, Kommunikationswissenschaft, Umweltmanagement, Meeresbiologie und Sozialarbeit.

Öffentliche Einrichtungen

Als Hauptort der Gemeinde haben in Helsingborg Gemeinderat und Gemeindeverwaltung ihren Sitz. Des Weiteren sind in der Stadt die Judikative mit dem Amtsgericht (tingsrätt) und das Finanzamt (Skatteverket) mit einer Außenstelle vertreten.

Medien

In Helsingborg erscheint mit Helsingborgs Dagblad (HD) eine traditionelle Tageszeitung. Die 1867 als Helsingborgs Tidning gegründete Zeitung ist seit 2001 eine von drei Regionalausgaben des Verlages Helsingborgs Dagblad AB. Zusammen sind die unter den traditionellen Namen Helsingborgs Dagblad, Nordvästra Skånes Tidningar und Landskrona Posten laufenden Zeitungen mit einer Gesamtauflage von 87.000 Exemplaren und einer Reichweite von rund 200.000 Lesern nach eigenen Angaben die fünftgrößte Tageszeitung Schwedens[17].

Die Boulevardzeitung Aftonbladet erscheint in einer speziellen Helsingborger Ausgabe. Daneben werden die kostenlose Helsingborger Tageszeitung xtra! sowie Regionalausgaben der Gratiszeitungen metro und Punkt SE verteilt.

Persönlichkeiten

Söhne und Töchter der Stadt

  • Christoph III. (1416–1448), Unionskönig von Dänemark, Schweden und Norwegen
  • Tycho Brahe (1546–1601), kaiserlicher Hofastronom, wurde auf Schloss Knutstorp, 20 km außerhalb von Helsingborg geboren
  • Dietrich Buxtehude (1637–1707), Komponist, wahrscheinlich in Helsingborg geboren und aufgewachsen, bis 1658 Kantor an der Sankt-Marien-Kirche
  • Svante Elis Strömgren (1870–1947), Astronom
  • Anders Österling (1884–1981), schwedischer Dichter, von 1941-1964 Ständiger Sekretär der Schwedischen Akademie
  • Ruben Rausing (1895–1983), Erfinder des Tetra-Paks
  • Ninne Olsson (* 1945), Dramatikerin, Regisseurin und Theaterleiterin
  • Stellan Skarsgård (* 1951), in Helsingborg aufgewachsener Schauspieler (Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins, Breaking the Waves, Dancer in the Dark)
  • Sven Nordqvist (* 1946), Zeichner und Autor von Kinderbüchern, unter anderem von Pettersson und Findus
  • Gunnar Nilsson (1948–1978), Formel-1-Fahrer
  • Lennart Björneborn (* 1957), Wissenschaftler an der Royal School of Library and Information Science in Kopenhagen
  • Mats Magnusson (* 1963), Fußballspieler.
  • Henrik Larsson (* 1971), Fußballspieler
  • Marcus Lantz (* 1975), Fußballspieler
  • Erik Edman (* 1978), Fußballspieler
  • Alexander Farnerud (* 1984), Fußballspieler
  • Andreas Lilja (* 1975), Eishockeyspieler

Mit der Stadt besonders verbundene Personen

  • Henry Dunker, Unternehmer, Philanthrop und Kulturmäzen
  • Petter Olsson, Unternehmer
  • Nils Persson, Unternehmer

Literatur

  • Charlotta Jönsson: Fragment: en utställning om Helsingborgs historia. Stadshistoriska avd., Dunkers kulturhus, Helsingborg 2003, ISBN 91-974550-0-8.
  • Henrik Ranby: Helsingborgs historia, del VII:3: Stadsbild, stadsplanering och arkitektur - Helsingborgs bebyggelseutveckling 1863-1971. Kulturförvaltningen, Helsingborg 2005, ISBN 91-631-6844-8.
  • Gösta Johannesson: Helsingborg - stad i 900 år. AWE/Geber, Stockholm 1980, ISBN 91-20-06249-4.
  • Helsingborgs kommun (Hrsg.): Helsingborg 900 år. Helsinborgs kommun, Helsingborg 1985, ISBN 91-7690-156-4.
  • Stadsbyggnadskontoret (Hrsg.): Arkitekturguide för Helsingborg. Stadsbyggnadskontoret, Helsingborg 2005, ISBN 91-975719-0-3.

Quellen

  1. ↑ a b Gemeinde Helsingborg: Folkmängd efter ålder 1 januari 2006 (pdf)
  2. ↑ sverige.de ___ Das Portal rund um Schweden
  3. ↑ Universität Stockholm, Institut für Stadt- und Gemeindegeschichte: Helsingborgs befolkningsutveckling 1570-1995
  4. ↑ Gemeinde Helsingborg: Befolkningsutvecklingen 2000–05 (pdf)
  5. ↑ Gemeinde Helsingborg: Ministatistik Helsingborg: Befolkningsutvecklingen 2005 och Folkmängden efter ålder i Helsingborg 1 jan 2006 (pdf), Tabelle 5
  6. ↑ Schwedische Kirche: In- och utträden på församlingsnivå, 2 november 2004–1 november 2005 (xls)
  7. ↑ Serbisch-orthodoxe Gemeinde St. Basilus den Store
  8. ↑ Anteckningar från medborgarutskott Syds möte med Ahel- Al Sunnah föreningen vom 26. April 2005
  9. ↑ Gemeinde Helsingborg: Folkmängd med utländsk bakgrund efter ålder 2005-12-31 (pdf)
  10. ↑ Gemeinde Helsingborg: Arbetslösa okt 2005 (pdf)
  11. ↑ Gemeinde Helsingborg: Befolkningen, 20-64 år, efter utbildningsnivå 2005-12-31 (pdf)
  12. ↑ Gemeinde Helsingborg: Arbetsinkomst 2004 (inkl. 0-inkomsttagare) (pdf)
  13. ↑ Integrationsverket: Utvecklingen av boendesegregationen i storstäder och medelstora kommuner
  14. ↑ White Guide - Sveriges bästa restauranger
  15. ↑ Svenskt näringsliv: Förutsättningar för företagande i Skåne 2003 (pdf)
  16. ↑ Järnvägstunnlar i Helsingborg – Idéstudier (pdf)
  17. ↑ Helsingborgs Dagblad: Om företaget

 

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Helsingør

Helsingør (schwedisch Helsingör, ebenso in deutschsprachigen Hamlet-Ausgaben) ist eine Stadt in Dänemark mit 46.189 Einwohnern (Stand 1. Januar 2010[1]) und liegt am Nordostende der Insel Seeland (Sjælland) am nördlichen Ausgang des Öresund, gegenüber der schwedischen Stadt Helsingborg.

Die Stadt gehört zur Helsingør Kommune in der Region Hovedstaden. Ein Teil des Stadtgebietes liegt allerdings auf dem Gebiet der Fredensborg Kommune, so daß zur Zeit (Stand: 1. Januar 2010) 64 Bewohner von Helsingør in dieser Kommune wohnen.

Helsingør ist als Schauplatz des Dramas Hamlet von William Shakespeare bekannt.

Einwohnerzahl

Entwicklung der Einwohnerzahl (1. Januar)[1]:

  • 2006: 35.075
  • 2007: 34.339
  • 2008: 34.350
  • 2009: 46.028 + 73
  • 2010: 46.125 + 64

Verkehr

Helsingør ist nordöstlicher Eckpunkt des Eisenbahnnetzes der Dänischen Staatsbahnen. Hier befindet sich ein Kopfbahnhof mit dichtem Taktverkehr nach Kopenhagen und weiter über die Öresundverbindung nach Schweden. Früher bestand eine direkte Eisenbahnfährverbindung nach Helsingborg. Am Rande des Stadtzentrums entlang fährt ferner die Privatbahn nach Gilleleje, die innerhalb der Stadt ähnlich einer Straßenbahn verkehrt.

Zwischen Helsingør und Helsingborg verkehren Autofähren der Reedereien Scandlines und HH-Ferries, die diesen Abschnitt der Europastraße E4 überbrücken.

Sehenswürdigkeiten

Bauwerke

  • Schloss Kronborg
  • Schloss Marienlyst
  • Stadtkirche St. Olai, heute Dom
  • mehrere restaurierte Straßenzüge in der Altstadt

Verlorene Bauten

  • Das Alte Theater (1961 wiederaufgebaut in Den Gamle By)

Söhne und Töchter der Stadt

  • Edgar Aabye, Sportler
  • Ludvig Lorenz, Physiker

Einzelnachweise

  1. ↑ a b c Statistikbanken -> Befolkning og valg -> BEF44: Folketal pr. 1. januar fordelt på byer (dänisch)

 

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Schloss Kronborg

Schloss Kronborg (dänisch Kronborg Slot; deutsch veraltet Kroneburg) ist eine Festung in Helsingør auf der dänischen Insel Seeland. Kronborg liegt auf einer Landzunge am äußersten nordöstlichen Ende der Insel Seeland. Nur etwa 4 km von der schwedischen Küste bei Helsingborg entfernt, bewacht die Festung die Einfahrt in den Öresund. Berühmt wurde das Schloss, da William Shakespeare hier die Handlung von Hamlet spielen ließ.

Geschichte

Erich von Pommern errichtete unter dem Namen Kogen 1420 die erste Festung an dieser Stelle, die allerdings nur aus einer quadratischen Mauer mit etwa 80 m Seitenlänge und Wachhäusern in den Ecken bestand. Ab 1429 wurde sie genutzt, um den Sundzoll von den Schiffen zu erheben, die den Öresund durchqueren wollten.

Der dänische König Friedrich II. ließ die mittelalterliche Festung zwischen 1574 und 1585 im Stil der Renaissance erweitern. Die Planung übernahm der flämische Architekt Hans van Paeschen, der aber die Baustelle drei Jahre später nach Uneinigkeiten mit dem König verließ. Am 24. Januar 1577 wurde per königlichem Dekret der Name der Festung in Kronborg geändert, es war von nun an per Strafe verboten, den alten Namen zu verwenden. Obwohl die inzwischen von Anton van Obberghen geleiteten Bauarbeiten noch bis 1585 andauerten, erfolgte die offizielle Einweihung von Kronborg bereits am 15. April 1582. Das Schloss war nun auch königlicher Wohnsitz.

Durch die Unachtsamkeit zweier Arbeiter brannte Kronborg 1629 fast vollständig ab, nur die Schlosskapelle blieb verschont. Christian IV. beauftragte Hans van Steenwinckel mit der Wiederherstellung, die bis 1639 dauerte. Bis auf einige Details des Innenausbaues und die fehlende Spitze des südlichen Turms wurde der ursprüngliche Zustand wiederhergestellt.

Während des Zweiten Nordischen Krieges gelang es schwedischen Truppen unter Carl Gustav Wrangel die Festung 1658 nach dreiwöchiger Belagerung zu erobern. Bis zur Unterzeichnung des Vertrags von Kopenhagen 1660 blieb Kronborg besetzt.

Zwischen 1688 und 1690 wurde Kronborg von dem dänischen Generalbaumeister Lambert van Haven ausgebaut und verstärkt. Durch zusätzliche Wälle auf der Landseite entstand die stärkste Festung dieser Zeit.

Später diente Kronborg als Gefängnis (von 1739 bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts) und als Kaserne (zwischen 1785 und 1922).

Seit dem 30. November 2000 gehört Kronborg zum Weltkulturerbe der UNESCO.

Hamlet

Ursprünglich geht die Figur Hamlet auf einen jütländischen Prinzen zurück, der auf der Insel Mors lebte. William Shakespeare verlegte für seine Tragödie "Hamlet" den Ort des Geschehens nach Schloss Kronborg in Helsingør (engl. Elsinore).

Zum 200. Todestag von William Shakespeare 1816 wurde erstmals "Hamlet" in den Mauern von Kronborg gespielt. Schauspieler waren Soldaten aus der Garnison von Kronborg. In den folgenden Jahren gibt es immer wieder Gastspiele berühmter Hamletdarsteller in Kronborg, darunter 1938 Gustaf Gründgens mit Marianne Hoppe als Ophelia.

Holger Danske

In den Kasematten unter Schloss Kronborg befindet sich eines der nationalen Symbole Dänemarks: Holger Danske.

Der Ursprung dieser mythischen Gestalt geht auf den im Rolandslied beschriebenen "Ogier le Danois" zurück. Seit 1510 ist Holger Danske in Skandinavien bekannt, seine Geschichte wird durch Christian Pedersens "King Olger Danske's Chronicle" von 1534 und später durch Hans Christian Andersens Märchen "Holger Danske" (1845) populär.

Nach der Legende kehrte dieser unbesiegbare Krieger vom Heimweh geplagt von einem Feldzug nach Dänemark zurück und fiel dort in einen tiefen Schlaf. Sollte das dänische Königreich von einem Feind ernsthaft bedroht sein, dann wird Holger Danske wieder erwachen und in den Kampf ziehen.

Hans Pedersen-Dan formte 1906 ein Gipsmodell von Holger Danske als Auftragsarbeit für das Hotel Marienlyst in Helsingør. Während die daraus entstandene Bronze keine besondere Popularität erreichte, wurde das Gipsmodell zum Inbegriff des mythischen Holger Danske.

Literatur

  • Charles Christensen: Kronborg, Frederik II s Slot og dets videre Skæbne. Kopenhagen, 1950.
  • David Hohnen: Hamlet's castle and Shakespeare's Elsinore. Kopenhagen, 2000. ISBN 87-7241-899-0
  • Vibeke Woldbye, Lars Holst: Kronborg: the castle and the royal apartments. Kopenhagen, 2001. ISBN 87-987994-5-2

 

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Christiansborg

(Weitergeleitet von Schloss Christiansborg)

Die Christiansborg (deutsch Christiansburg), auch Christiansborg Slot, ist der Sitz des dänischen Folketing, also des dänischen Parlaments. Es war früher ein Schloss des Königs und befindet sich in der Innenstadt von Kopenhagen auf der Insel Slotsholmen.

Geschichte

Bereits um 1167 errichtete hier Erzbischof Absalon, der als Gründer Kopenhagens gilt, eine Burg. Diese gelangte unter Waldemar dem Großen in Besitz der Krone von Dänemark. Die Befestigungsanlage war mehrfach Angriffen unter anderem der Rügener Wenden ausgesetzt. Die von den dänischen Monarchen weiter ausgebaute Anlage wurde im 14. Jahrhundert nach dem zweiten Krieg gegen die Hanse von den Gegnern des unterlegenen Königs Waldemar Atterdag geschleift. Auf den Trümmern entstand das Københavns Slot, eine polygonale Burganlage mit Wassergraben, die von den dort residierenden Herrschern über die Jahrhunderte aus- und umgebaut wurde, bis sie einem Neubau weichen musste.

1736 ließ König Christian VI. die erste Christiansborg als absolutistischen Repräsentationsbau durch den deutschen Architekten Elias David Häusser errichten. Es entstand ein vierflügeliger Rokoko-Palast mit Reitbahn, Hoftheater (die heute noch existieren) und Schlosskirche am gegenwärtigen Ort. Der Bau war extrem teuer: Die Errichtung kostete annähernd zwei Drittel der Jahreseinnahmen des ganzen Reiches oder den Wert des Eigentums auf Seeland. In knapp 50 Jahren entwickelte sich ein großartiges Hofleben am Schloss.

Am 26. Februar 1794 brach vermutlich durch einen Kachelofen nachmittags ein Brand im Hauptflügel aus, bei dem das Schloss mitsamt der Schlosskirche und der königlichen Musikbibliothek bis in die frühen Morgenstunden des Folgetages ausbrannte. Die Reitanlage, von der auch die Brandbekämpfung mit einer Feuerspritze geführt wurde, überstand die Katastrophe.

Der zweite Palast Christiansborg wurde in den Jahren 1806–28 im zeitgemäßen Stil des Klassizismus von dem Architekten Christian Frederik Hansen (1756–1845) – einem Freund Schinkels – errichtet. Dies war das Schloss, das den Übergang des Landes vom Absolutismus zum Parlamentarismus erlebte. Im März 1848 versammelte sich eine Volksmenge vor Christianborg, woraus später Dänemarks erstes demokratisches Grundgesetz resultierte. Der König gab einige seiner Gemächer an den Reichstag ab, der seine Arbeit im Januar 1850 im selben Flügel aufnahm, in dem heute der Saal des Folketings liegt. Dieser zweite Palast brannte am 3. Oktober 1884, wiederum wahrscheinlich wegen eines Ofenbrandes. Zwar war das Gebäude im Unterschied zum Vorgängerbau mit Brandschutzwänden, Hydranten und anderen Vorrichtungen versehen, doch das Gewirr der Abluftrohre und -schächte, durch das sich die Flammen ausbreiteten, war den Löschkräften kaum bekannt. Nur die 1846 vollendete klassizistische Schlosskirche überstand das Feuer.

1907 begann man, nachdem es zuvor jahrelange Diskussionen um den Sinn eines solchen Gebäudes bei den veränderten politischen Gegebenheiten gegeben hatte, mit der Errichtung der dritten Christiansborg unter Verwendung der Grundmauern der beiden vorangehenden Schlösser. Als Baustil wurde der „strenge“ Klassizismus abgelöst durch den Neobarock. Die resultierende Wuchtigkeit sollte die Bedeutung des Schlosses als politischer Mittelpunkt des Reiches unterstreichen. Der Bau mit dem 90 m hohen Schlossturm wurde 1928 beendet. Seit 1918 ist das Schloss Sitz des heutigen dänischen Parlaments (Folketing).

1992 verwüstete ein neuerlicher schwerer Brand die Schlosskirche, sie konnte erst 1997 nach umfangreichen Restaurierungsarbeiten wieder eröffnet werden.

 

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Malmö

Malmö ['malmø:](dän. Malmø, altschwedisch Malmöughe, von Malm und högar (die Haufen), die Sandhaufen)[1] ist eine Großstadt in der historischen schwedischen Provinz Schonen (Skåne) und Hauptstadt der heutigen Provinz Skåne län sowie Hauptort der Gemeinde Malmö.

Malmö ist nach Stockholm und Göteborg die drittgrößte Stadt des Landes.

Geografie

Malmö liegt im äußersten Süden des Landes. Die Entfernung nach Mailand (ca. 1159 km) ist geringer als die nach Kiruna (ca. 1392 km). Nach Kopenhagen, das etwa 27km entfernt ist, sind Göteborg (ca. 214 km), Kiel (ca. 232 km), Hamburg (ca. 300 km), Oslo (ca. 498 km) und Stockholm (ca. 514 km) die nächstgelegenen Großstädte. [2]

Seit der Einweihung der Öresundbrücke im Jahr 2000 bildet die Metropolregion Malmö zusammen mit dem am Öresund gegenüber liegenden Kopenhagen eines der Zentren der Öresundregion. Die Stadt hat einen eigenen Strand.

Bevölkerung

66 % der Bevölkerung gehören zur eingesessenen schwedischen Bevölkerung, 34 % haben einen Migrationshintergrund. Aufgrund der liberalen Einwanderungs- und Asylgesetze steigt die Zahl der Menschen mit Migrationshintergrund in der Stadt jährlich um etwa 3.500 oder einen Prozentpunkt der Stadtbevölkerung. Im Stadtteil Rosengård haben 85 % der Bewohner einen Migrationshintergrund. Dort sammeln sich vor allem Muslime.

Geschichte

Die Stadt wurde seit 1116 als Landungsstelle unter dem Namen Malmhaug, später als Malmoge, Malmöyghe oder Malmey (lat. Malmogia) erwähnt. Der Name stammt wahrscheinlich vom altdänischen Malmhaugar = Kieshaufen. Von norddeutschen Kaufleuten wurde sie wegen der Form ihrer Küste Ellenbogen genannt. Die Landungsstelle diente zunächst dem dänischen König vor allem, um in das bedeutendere Lund zu gelangen. Sie hob sich bald durch Heringsfischerei und Handel, den deutsche Kaufleute entlang der schonischen Küste betrieben hervor und profitierte dabei ebenso von ihrer strategischen Lage. Da der dänische König die Kontrolle über die Häfen im Norden und Süden hatte, konnte er den südlichen Öresund abriegeln lassen.

1319 wurde der Grundstein für die St. Petri och Pauli Kyrka gelegt und etwa zur gleichen Zeit entstand auch das erste Rathaus. Die ältesten Stadtprivilegien stammen vom 20. Dezember 1353 und wurden später mehrmals bestätigt und erweitert. Malmö übernahm nun mehr und mehr die Rolle Lunds als wichtigste Stadt in Schonen. Die ältesten, heute noch vorhandenen Gebäude der Stadt stammen aus dieser Zeit, so z. B. auch die Festung Malmöhus, die im 15. Jahrhundert von Erich von Pommern gegründet wurde.

Zwischen 1318 und 1658 wurde die dänische Stadt mehrmals von Schweden besetzt und einmal für kurze Zeit einverleibt. Malmö gilt als Geburtsort der dänischen Reformation: Die erste lutheranische Predigt wurde in Malmö gehalten und die erste Bibel in dänischer Sprache wurde hier gedruckt.

Im 16. und 17. Jahrhundert wurde Malmö bald von Schweden, bald von Dänemark belagert. Am 23. April 1512 wurde hier der Friede von Malmö zwischen Dänemark und der Hanse und ein Waffenstillstand Dänemarks mit Gustav Wasa von Schweden geschlossen. Zu Hansezeiten stand sie unter deutschem Einfluss. Durch den Frieden von Roskilde unter Karl X. Gustav wurde Malmö 1658 schwedisch. 1775 erhielt die Stadt den künstlich geschaffenen Hafen.

Am 26. August 1848 wurde daselbst ein Waffenstillstand zwischen Dänemark und Preußen auf sieben Monate geschlossen. Malmö profitierte stark von der industriellen Revolution.

Hier starb am 18. September 1872 König Karl XV.

Im Jahr 1886 hatte Malmö 45.143 Einwohner.

Mit Fertigstellung der Öresundbrücke im Jahr 2000 ergeben sich neue Impulse für die wirtschaftliche Lage der Stadt als Verkehrsknotenpunkt zwischen Skandinavien und dem übrigen Europa.

Sehenswürdigkeiten

  • In der Altstadt Malmös sind noch viele Fachwerkhäuser erhalten, bekannt vor allem ist der Lilla Torg (kleiner Markt), der 1591 entstand.
  • Rathaus: nicht weit von der Altstadt entfernt liegt das 1546 unter dem Bürgermeister Jörgen Kock errichtete und immer wieder umgestaltete Rathaus.
  • Reiterstatue König Karl X. Gustav: befindet sich auf dem Marktplatz
  • St. Petri Kyrka: die gotische Krypta befindet sich in der Nähe des Rathauses
  • Malmöhus ist ein altes Schloss und einziger Überrest der ehemaligen Befestigung. Als dänisches Kastell war es im 16. Jahrhundert von strategischer Bedeutung. Danach wurde es eine schwedische Festung gegen Dänemark. Zwischen 1828 und 1914 als Zuchthaus benutzt, befindet sich dort heute das Stadtmuseum mit einer Ausstellung zur Stadtgeschichte von der frühen Steinzeit bis heute, einer botanischen Fachausstellung mit Aquarium und Terrarium (u. a. Fledermäuse) sowie wechselnden Kunstausstellungen. Malmöhus ist von einer sehenswerten Parkanlage umgeben, in dem mit der Schlossmühle eine Holländerwindmühle aus dem Jahre 1851 steht.
  • Seefahrt- und Technikmuseum: das Seefahrt- und Technikmuseum mit einem begehbaren U-Boot aus dem Zweiten Weltkrieg befindet sich nahebei.

Die Öresundausstellung (Öresundutställning) gehört zu den neuen Glanzpunkten der Stadt.

  • Koggenmuseum: Im Hafen von Malmö befindet sich ein 'Koggenmuseum', das im Sommer regelmäßige Fahrten mit dem Nachbau einer mittelalterlichen Kogge im Hafen von Malmö durchführt. Das Museum wurde von den Mitarbeitern des Museums Foteviken geplant und erbaut. Dieses „belebte“ Freilichtmuseum liegt etwa 20 km südlich von Malmö in Höllviken und bietet seinen Besuchern einen außergewöhnlichen Einblick in die Wikingerzeit.
  • Bis zu seiner Demontage im Jahr 2002 war der Kockumskran, der Kran der Kockums-Werft, ein Wahrzeichen der Stadt.

In Malmö wurde 2001 die ökologische Bauausstellung Bo01 auf dem Gebiet des Westhafens, einem ehemaligen Industriegebiet (u. a. Kockums-Werft) durchgeführt. Dort begann, orientiert an Nachhaltigkeitskriterien, der Neubau des Stadtviertels Västra Hamnen.

  • Im August 2005 wurde dort mit dem Turning Torso ein neues Kennzeichen der aufstrebenden Stadt eingeweiht – mit 190 Metern Höhe das höchste Gebäude in Nordeuropa. Seine Besonderheit ist die sich um 90 Grad zur Spitze hin drehende Fassade. Mit dem Ankar Park (auch Kanalpark), dem Dania Park und der Sundspromenade wurden ambitionierte Freiräume geschaffen.
  • Eine Besonderheit ist auch das kleine Gewächshaus Glasbubbla am Scaniaplatz.[3]

Von Malmö aus lohnen sich Ausflüge zu den Schlössern Svaneholm und Torup.

Regelmäßige Veranstaltungen

  • Malmöfestival: Seit 1984 findet jedes Jahr im August das 'Malmöfestival' statt. Das Hauptaugenmerk der Aktivitäten liegt auf internationaler Küche und musikalischen Darbietungen, die auf verschiedenen Freilichtbühnen stattfinden.

Kultur und Freizeit

  • Malmö Opera och Musikteater: Das Malmö Opera och Musikteater, das Musiktheater der Stadt ist Skandinaviens größtes Opernhaus. Es wurde vom Architekten Sigurd Lewerentz entworfen und 1944 eingeweiht. Im Gebäude, das kurzzeitig auch durch Ingmar Bergman geleitet wurde, fand 1995 die Uraufführung des Musicals Kristina från Duvemåla statt.
  • Casino: Das Restaurant Kungsparken wurde 2001 zum Casino umgebaut. Malmö erhielt dadurch eines der vier staatlich geleiteten Casinos in Schweden.
  • Vergnügungszentrum 'Slagthuset': Im Vergnügungszentrum 'Slagthuset' befindet sich Malmös größter Nachtclub, sowie ein Hotel, mehrere Büro-, Messe- und Konferenzräume und Theaterbühnen.
  • Vergnügungspark Folkets Park: Im Vergnügungspark 'Folkets Park' steht Skandinaviens größtes Riesenrad, mit 45 m Höhe. Weiters gibt es hier Tanzlokale, Restaurants, ein Reptilienzentrum, Minigolfbahnen und weiteres.

Wirtschaft

Historisch waren der Schiffbau und seine Zulieferer das wirtschaftliche Standbein Malmös, insbesondere die Werft Kockums. Als Folge der Werftenkrise der 1970er Jahre, die sich bis in die 1990er Jahre hinzog, stieg die Arbeitslosenquote stark an. 1995 hatte Malmö die höchste Arbeitslosenquote in Schweden.

Die wirtschaftliche Wiederbelebung der Stadt ist nicht zuletzt auch durch den Bau der Öresundbrücke (Fertigstellung 2000) bedingt, der die Möglichkeiten, als Einwohner Malmös in Kopenhagen zu arbeiten, deutlich verbessert hat. Auch die durch die Brücke verbesserte Transportinfrastruktur kam der heimischen Wirtschaft zugute. Dennoch ist die Arbeitslosenquote in Malmö noch immer höher als in Stockholm oder Göteborg. Das Bauunternehmen Skanska ist größter Arbeitgeber in der Stadt. Malmö ist aber auch als Einkaufsstadt bekannt.

Verkehr

Südlich von Malmö befindet sich die Öresundbrücke, eine kombinierte Eisenbahn- und Straßenbrücke über den Öresund. Malmö ist das wichtigste Verkehrszentrum in Südschweden, mit großem Bahnhof, von dem Züge nach Stockholm, über Göteborg nach Norwegen, nach Kopenhagen, nach Hamburg (über die Vogelfluglinie), nach Berlin (über die Königslinie) und in die Umgebung abfahren. Etwa 20 km östlich von Malmö befindet sich der Malmö Airport, dieser wird jedoch vom nahegelegenen Flughafen Kastrup in Kopenhagen dominiert. Malmö ist ein wichtiger Seehafen mit festen Verbindungen nach Lübeck-Travemünde und Rostock. Bis kurz nach der Eröffnung der Öresundbrücke im Jahr 2000 war hier die wichtigste Fährverbindung zwischen Limhamn (Stadtteil von Malmö) und Dragør auf der anderen Seite des Öresunds.

2005 wurde mit dem Bau des Citytunnels begonnen, der 2011 fertig gestellt sein soll. Mit dem Eisenbahntunnel wird Malmös Hauptbahnhof von einem Kopfbahnhof zu einem Durchfahrtsbahnhof umgestaltet.

Der innerstädtische Personennahverkehr wird mit Bussen abgewickelt, nachdem der Straßenbahnverkehr 1973 eingestellt wurde. Eine Museumsstraßenbahn verkehrt ab dem Museum für Technik zum Park von Malmöhus.

Städtepartnerschaften

  • Vaasa, Finnland, seit 1940
  • Warna, Bulgarien, seit 1987
  • Tangshan, Volksrepublik China, seit 1987
  • Adelaide, Australien, seit 1988
  • Florenz, Italien, seit 1989
  • Tallinn, Estland, seit 1989
  • Stettin, Polen, seit 1990
  • Stralsund, Mecklenburg-Vorpommern, seit 1991

Des Weiteren bestehen spezielle Übereinkommen mit der russischen Stadt Kaliningrad, der italienischen Provinz Chieti, sowie mit Newcastle in Großbritannien.[4]

Sport

  • Hallenbad: in Malmö befindet sich Skandinaviens größtes Hallenbad

Mannschaften

  • Fußballverein Malmö FF: Der bekannteste Sportverein der Stadt ist der Fußballverein 'Malmö FF' mit seinen 15 Meistertiteln. Ebenfalls einen hohen Bekanntheitsgrad haben die Malmö Redhawks, der Eishockeyverein hat zwei schwedische Meistertitel vorzuweisen.
  • Weitere bekanntere Fußballmannschaften sind Bunkeflo IF, IFK Malmö und Malmö Anadolu BI. Das Damenteam LdB FC Malmö spielt ebenfalls in der höchsten schwedischen Liga, der Damallsvenskan.
  • Im Handball spielt das Herrenteam des HK Malmö in der höchsten Liga und auch die American-Footballer der Limhamn Griffins vertreten die Stadt in der höchsten Liga, der Superserien, die sie bisher dreimal mit dem Meistertitel abschließen konnten.

Verschiedene große Sportveranstaltungen fanden in Malmö statt, darunter:

  • Gruppenspiele der Fußball-Weltmeisterschaft 1958
  • Die Europameisterschaft im Tischtennis 1964
  • Die Weltmeisterschaft der Handballjunioren 1977
  • Die Weltmeisterschaft im Badminton 1977 und 1994
  • Die Europameisterschaft im Badminton 2002
  • Die Europameisterschaft im Eiskunstlauf 2003
  • Die Europameisterschaft im American Football 2005

Persönlichkeiten

Söhne und Töchter:

  • Alex Ārash Labāf (Arash), Sänger
  • Mattias Andersson, Handball-Nationaltorhüter
  • Caspar Bartholin der Ältere, Universalgelehrter
  • Anders Bergcrantz, Jazzmusiker
  • Matías Concha, Fußballspieler
  • Staffan Ehrlin, Musikproduzent und DJ
  • Sixten Ehrling, Dirigent
  • Mats Ek, Choreograph
  • Anita Ekberg, Schauspielerin
  • Hjalmar Gullberg, Dichter
  • Ulf Hannerz, Professor für Sozialanthropologie
  • Håkan Hardenberger, Trompeter
  • Malin Hartelius, Opernsängerin
  • Jonny Hector, Schachspieler
  • Johan Hellsten, Schachspieler
  • Ronnie Hellström, Fußballspieler
  • Tiger Hillarp Persson, Schachspieler
  • Zlatan Ibrahimović, schwedischer Fußballspieler bosnischer Abstammung
  • Jonny Jakobsen, Eurodance-Sänger
  • Andrée Jeglertz, Fußballspieler und -trainer
  • Kjell Johansson, Tischtennisspieler
  • Jörgen Kock, Bürgermeister in der Reformationszeit
  • Daniel Majstorović, Fußballspieler
  • Gustaf Malmström, Ringer
  • Lukas Moodysson, Schriftsteller und Filmregisseur
  • Siegfried Naumann, Komponist
  • Gunnar Nilsson, Formel-1-Fahrer
  • Karl-Erik Palmér, Fußballspieler
  • Mikael Pernfors, ehemaliger Tennisspieler
  • Baltzar von Platen, Erfinder
  • Henrik Reuterdahl, Kirchenhistoriker
  • Markus Rosenberg, Fußballspieler
  • Henric Schartau, Priester, Prediger und Initiator einer schwedischen Erweckungsbewegung
  • Mona Seilitz, Schauspielerin, Synchronsprecherin und Moderatorin
  • Lars-Erik Skiöld, Ringer
  • Jan Troell, Filmregisseur
  • Göte Turesson, Evolutionsbiologe und Ökologe
  • Nils Västhagen, Professor für Betriebswirtschaftslehre
  • Andreas Vinciguerra, Tennisspieler
  • Mats Wahl, Schriftsteller
  • Carl Westergren, Ringer
  • Bo Widerberg, Filmregisseur und Drehbuchautor
  • Christian Wilhelmsson, Fußballspieler

Einzelnachweise

  1. ↑ Svensk etymologisk ordbok
  2. ↑ www.xxx – alle Angaben sind Luftlinie.
  3. ↑ Was ist Landschaft? Der Ankarpark in Malmö.
  4. ↑ Malmös Städtepartner (schwedisch)

    xxx – Entsprechend unserer Statuten werden uns unbekannte Webadressen nicht veröffentlicht. Für eine weiterführende Recherche gehen Sie bitte auf die entsprechende Wikipediaseite. Mehr Informationen lesen Sie auf unserer Impressumseite.

 

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Falsterbo

Die Halbinsel Falsterbo liegt an der südwestlichsten Spitze der skandinavischen Halbinsel. Sie bildet die Grenze zwischen der Ostsee und dem Öresund. Sie liegt etwa 25 Kilometer südlich von Malmö.

Die Halbinsel ist durch den Falsterbo-Kanal vom Festland getrennt, der den Weg zwischen dem Öresund und der Ostsee verkürzt.

Geografie

Geografisch gliedert sich die Halbinsel in zwei Bereiche:

  • der längliche, riffähnliche Westteil,
  • das Gebiet westlich und östlich des 1,6 km langen Falsterbo-Kanals

Im Westteil der Halbinsel liegt die historisch bedeutende Stadt Skanör med Falsterbo mit den Ortsteilen Falsterbo im Süden und Skanör zum Norden. An der Basis der Halbinsel liegen westlich bzw. östlich des Falsterbo-Kanals die Orte Ljunghusen und Höllviken.

Bedeutung der Halbinsel für den Vogelzug

Wegen der besonderen Lage (südwestlichster Landzipfel Schwedens) ist die Falsterbo sehr bedeutend für den Vogelzug in Skandinavien. Die meisten Vogelarten wandern in südwestlicher Richtung und da fast alle Arten Angst vor der Meerüberquerung haben, lassen sie sich entlang der Küstenlinie schließlich nach Falsterbo leiten, bis es nicht mehr weitergeht. Verstärkt wird dieser Effekt, auch „flyway-Effekt“ genannt, durch den vorwiegenden Südwestwind (Gegenwind!), der die Vögel dazu zwingt, in Bodennähe bei der dort herrschenden geringeren Windgeschwindigkeit zu fliegen. Durch die damit verbundene Nähe zum Wasser orientieren sie sich umso eher am Küstenverlauf. Dadurch gelangen die meisten Singvogelarten auf die Halbinsel und nutzen sie als Rastplatz vor dem Weiterzug. Ein beträchtlicher Teil von den ca. 500 Millionen Vögeln, die im Herbst von der skandinavischen Halbinsel aus nach Süden ziehen, zieht über Falsterbo. [1] Der Weiterzug führt je nach Windrichtung über die Ostsee Richtung Dänemark auf das mitteleuropäische Festland. [2] [3]

Sehenswertes

Falsterbo ist bekannt für die Vogelwarte Falsterbo, da die meisten Zugvögel die skandinavische Halbinsel über das fünf Kilometer lange Falsterbo-Riff südwärts verlassen. Das Riff und die feinen Sandstrände auf der Halbinsel bieten einen der schönsten Strände Südschwedens, umgeben von sehr lange blühenden Heideflächen.

Verkehr

Es bestehen gute, vom ÖPNV-Unternehmen Skånetrafiken betriebene, Busverbindungen nach Trelleborg und Malmö. Von Skanör nach Ystad verläuft eine malerische Küstenstraße, an der man viele gut ausgeschilderte Zeltplätze und eine Jugendherberge findet.

Einzelnachweis

  1. ↑ Exkursionsbericht des DJN über den Vogelzug auf der Halbinsel Falsterbo [1]
  2. ↑ Karlsson, Lennart (Hrsg.)(2004): Wings over Falsterbo, Falsterbo Vogelstation, 180 S. ISBN 91-86572-45-8
  3. ↑ John van der Woude (2004): Birding trip South Sweden, Exkursionsbericht [2]

 

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Skanör med Falsterbo

(Weitergeleitet von Skanör)

Skanör med Falsterbo ist eine Stadt in der südschwedischen Provinz Skåne län und der historischen Provinz Schonen.

Der Ort in der Gemeinde Vellinge ist durch das Zusammenwachsen der beiden vormals selbständigen Städte Skanör und Falsterbo entstanden - mit Skanör als dem bevölkerungsreicheren Teilort.

Geographie

Skänör-Falsterbo liegt im länglichen, riffähnlichen Westteil der südschwedischen Halbinsel Falsterbo zwischen Öresund und Ostsee mit Falsterbo im Süden und Skanör im Norden.

Geschichte

Skanör und Falsterbo zählen zu den ältesten Städten Schwedens. Zwischen dem 12. und 16. Jahrhundert wurde jährlich von Ende Juli bis Oktober, manchmal bis in den November verlängert, am Strand zwischen den beiden Städten einer der wichtigsten Handelsmärkte Nordeuropas, der sogenannte Skånemarknaden („Schonenmarkt“), abgehalten. Seine Bedeutung erhielt er durch die reichen Heringsvorkommen im Norden der Halbinsel. Die aus dem Marktbetrieb erzielten Steuern waren die Haupteinnahmequelle unter anderem des dänischen Königs Waldemar IV. Atterdag.

Als die Heringsbestände im 16. Jahrhundert abnahmen, verlor der Markt an Bedeutung und wurde nicht mehr fortgeführt, wodurch auch die Bedeutung der beiden Städte abnahm. Falsterbo und Skanör waren fortan kleine Fischerorte mit Stadtrechten.

Im Jahre 1754 wurden die beiden eigenständigen Städte Skanör und Falsterbo zusammengelegt, und es entstand die Stadt Skanör-Falsterbo.

1904 wurde die Eisenbahnlinie Malmö–Vellinge mit den zwei Haltestellen Skanör und Falsterbo gebaut. Entlang der Eisenbahn wuchsen neue Wohngebiete heran. Die Eisenbahn wurde schließlich 1971 stillgelegt und im folgenden Jahr komplett abgebaut.

Während des Ersten Weltkriegs wurde eine Stichstrecke zum heutigen Kleinboothafen in Skanör verlegt, an dem seinerzeit eine Zementfabrik errichtet wurde. Gerüchten zufolge war sie eigentlich ein Kriegsmateriallager für den Fall, daß Schweden in den Krieg involviert werden sollte. Anderen Berichten nach wurde die Fabrik von deutschen Interessen beeinflusst erbaut. Das gewaltige Fundament, das heute das einzige Zeugnis der alten Anlage ist, sollte demnach Standort einer größeren Kanone gewesen sein, die zusammen mit ihrem Gegenstück im dänischen Køge die Meerenge bewachen sollte.

Sehenswertes

  • Die Kirchen von Skanör und Falsterbo stammen aus dem 13. und 14. Jahrhundert.
  • Falsterbo veranstaltet ein jährliches Spring- und Dressurreitturnier, die Falsterbo Horse Show (Wertungsprüfung des Nations Cups der Springreiter und der World Dressage Masters).
  • Skanör hat einen kleinen Fischerei- und Yachthafen, der heute überwiegend von der Sportschiffahrt genutzt wird.

Verkehr

Von Skanör-Falsterbo bestehen gute Busverbindungen nach Malmö, die vom schonischen ÖPNV-Unternehmen Skånetrafiken betrieben werden.

Einzelnachweise

  1. ↑ Tätorternas landareal, folkmängd och invånare
  2.  

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Trelleborg

Trelleborg ist eine Stadt in der schwedischen Provinz Skåne län und der historischen Provinz Schonen. Die südlichste Stadt Schwedens liegt rund 30 km südlich von Malmö in der Öresundregion. Trelleborg ist der Hauptort der Gemeinde Trelleborg.

Geschichte und Sehenswürdigkeiten

Sehenswert ist die alte Bebauung um den Gamla Torg (alter Marktplatz) sowie die Klosterruine (Klostergränden). Nicht weit von Trelleborg findet man auch die Skegriedösen, mit einem Alter von über 5000 Jahren. Der Langdolmen liegt direkt an der Europastraße 6 und ist umgeben von 18 Steinen.

In der Wikingerzeit, nach 980 ließ König Sven Gabelbart die sog. Trelleborg (dänisch/schwedisch trelleborg), eine Ringburg von 140-143 m Durchmesser errichten, mit Toren in alle Himmelsrichtungen und einer Palisade aus Eichenstämmen. Seit 1995 wird eine halbkreisförmige Rekonstruktion gezeigt. Sie ähnelt der gleichnamigen Burg auf der dänischen Insel Seeland (bei Slagelse). Im Gegensatz zu den Anlagen von Trelleborg bei Slagelse, Aggersborg und Fyrkat ist sie jedoch nicht exakt kreisrund sondern erscheint im südwestlichen Viertel im Grundriss etwas eingedrückt zu sein. Möglicherweise nimmt die Anlage auf eine ältere Bebauung Rücksicht. Denn es lassen sich zwei Bauphasen unterscheiden. Die erste Phase war kleiner mit schmalerem Wall. Sie scheint später vergrößert worden zu sein, wobei der Wall auch verbreitert wurde. Der Wall war später wohl 6 m hoch und 16-17 m breit. Im Inneren konnte keine Bebauung festgestellt werden, was auch durch die späteren Baumaßnahmen, die alle Zeugnisse zerstört haben, bedingt sein kann. Aber außerhalb der Anlage zum Strand hin fand man eine umfassende zeitgenössische Bebauung. Die Bebauung verschwand um 1000.[2] Ergraben wurden 1988 das nördliche und das westliche Tor, sowie der Wall- und Grabenabschnitt dazwischen. Außerdem wurde das östliche Tor untersucht, sowie im südöstlichen und südlichen Bereich Teile des Grabens erfasst. Rekonstruiert wurde nur das nordwestliche Viertel der Anlage.

Im Jahr 1257 wird der Ort zum ersten mal schriftlich erwähnt, als Trelleborg zusammen mit dem nahen Malmö vom dänischen König Erik Plovpenning dem jungen Brautpaar Sophie von Dänemark, seiner Tochter und Valdemar Birgersson, der als Waldemar I. König von Schweden war, zum Hochzeitsgeschenk gemacht wurde. Allerdings wurde Trelleborg bald von den Dänen zurück erobert. Endgültig ging der Ort erst 1658 an Schweden (Frieden von Roskilde) als Dänemark ganz Schonen an Schweden verlor.

Seinen Status als Stadt verlor Trelleborg im April 1619 und erlangte die vollen Stadtrechte erst 1867 wieder nachdem ihr schon 1840 der Status einer Handelsstadt zugestanden wurden.

Die Kirche St. Nicolai stammt aus dem 19. Jahrhundert und die ursprüngliche Kirche aus dem 13. Jahrhundert. Im Stadtmuseum mit dem Schwerpunkt Vor- und Frühgeschichte der Region finden auch Wechselausstellungen über die Wikingerzeit statt. Die Ebbes Konsthall zeigt Skulpturen des Bildhauers Axel Ebbe und wechselnde Ausstellungen.

Von Axel Ebbe wurde auch die Statue einer nackten Frau geschaffen, die seit 1930 über den Hafen blickt. Modell für das Kunstwerk mit dem Titel Famntaget (dt. „Umarmung“) stand Birgit Holmquist, die Großmutter der US-amerikanischen Schauspielerin Uma Thurman.[3]

Auf der Ostseite des Gemeindefriedhofes liegt ein deutsches Gräberfeld mit 103 Kriegstoten des Zweiten Weltkrieges und 10 Gefallenen des Ersten Weltkrieges, die hier, im neutralen Schweden, ihre letzte Ruhestätte fanden.

Um die südliche Lage der Stadt zu verdeutlichen, werden jeden Sommer von der Stadtverwaltung an der Straße, die parallel zum Hafen verläuft, Kübel mit Palmen aufgestellt.

Verkehr

1909 wurde die Fährstrecke nach Sassnitz eröffnet, die so genannte Königslinie. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Strecke nach Lübeck-Travemünde am bedeutendsten. Auf der Route Travemünde verkehrten die Schwesterschiffe der TT-Line Nils Holgersson und Peter Pan im 7-Stunden-Takt; von Sassnitz auf Rügen fuhren die Sassnitz und Rügen im 4-Stunden-Takt. Einzig auf der Route Sassnitz–Trelleborg bestand ein Kombitransport von PKW, LKW und Eisenbahn. Der Verkehr von der DDR nach Trelleborg war nur für Skandinavier, Nicht-Deutsche, West-Berliner, Westdeutsche Bürger und beglaubigte DDR-LKW-Fahrer nutzbar.

Nach der deutschen Wiedervereinigung hat der Verkehr nach Sassnitz und Rostock spürbar zugenommen. Von Trelleborg besteht eine Eisenbahnfährverbindung der Scandlines nach Sassnitz. Fähren der TT-Line verkehren nach Rostock und Travemünde.

Die Europastraße 22, von Norrköping und Kalmar kommend, führt via Fähre nach Sassnitz und Rostock.

Wirtschaft

Trelleborgs Hamn AB

Alle Aktivitäten im Hafen liegen heute in der Hand der Trelleborgs Hamn AB, die 1999 durch die Zusammenlegung der Trelleborg Terminal AB und Trelleborgs hamn entstand. Das Unternehmen hat drei Geschäftsbereiche: Hafen, Umschlag und Immobilien. Das Unternehmen hat 97 Beschäftigte und einen Umsatz von ca. 150 Millionen Schwedischen Kronen.

Trelleborgs Hafen ist einer der größten Fähr- und RoRo Häfen Skandinaviens. Im Jahr 2004 wurden fast 11 Millionen Tonnen Güter sowie rund zwei Millionen Passagiere abgefertigt. Trelleborg ist die schwimmende Brücke zum Kontinent – der direkte Weg von und nach Europa mit über 34 täglichen Verbindungen.

Trelleborg AB

Trelleborg ist Sitz des Mischkonzerns Trelleborg AB, der mit 25.000 Mitarbeitern in 40 Ländern tätig ist.

Söhne und Töchter der Stadt

  • Peter Hanson, Profigolfer
  • Andreas Isaksson, Fußballspieler

Literatur

Fredrik Svanberg: Vikingatiden i Skåne. Lund 2000.

Einzelnachweise

  1. ↑ Tätorternas landareal, folkmängd och invånare
  2. ↑ Svanberg S. 80 ff.
  3. ↑ Artikel im Sydsvenskan über die Statue am Hafen von Trelleborg.
  4.  

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Lund

Lund ist eine Stadt in der südschwedischen Provinz Skåne län und der historischen Provinz Schonen.

Die sogenannte „Studentenstadt“ (mehr als ein Drittel der Einwohner sind Studenten) ist die elftgrößte Stadt Schwedens und, nach Malmö und Helsingborg, die drittgrößte Stadt Schonens. Sie ist geprägt von zahlreichen Cafés, Parks und alten Backstein-Fassaden. Die Universitätsstadt gilt als kulturelles Zentrum des Südens und ist Hauptort der gleichnamigen Gemeinde. Sie gilt als die am schnellsten wachsende Stadt des Landes.[2][3]

Geographie

Lund liegt unweit des Öresunds, etwa 17 km nordöstlich von Malmö und nur 60 km von der dänischen Hauptstadt Kopenhagen entfernt, im äußersten Südwesten Schwedens, bei 55° 42' 10 nördlicher Breite und 13° 11' 35 östlicher Länge. Die Entfernungen zu einigen anderen schwedischen Städten sind dementsprechend groß. So ist Göteborg etwa 250 km, Stockholm 600 km und Umeå knapp 1200 km entfernt. Die Stadt gehört zur transnationalen Öresundregion und ist Teil der Großstadtregion Malmö (Groß-Malmö).

Lund liegt am nordwestlichen Ende des Romeleåsen, Schwedens südlichstem Horst, der sich 30 Kilometer in südöstliche Richtung bis nach Ystad erstreckt. Bedingt durch die Lage befindet sich Lunds höchster Punkt im Nordosten der Stadt, die stetig gen Südwesten abfällt.

Klima

In Lund herrscht feuchtkontinentales Klima. Durch die Nähe zum Öresund und die ungeschützte Lage auf der schonischen Halbinsel herrscht durchweg windiges Wetter vor, mit Wind meist aus Süd bis Süd-West. Dies hat relativ geringe Temperaturschwankungen zur Folge. Die Winter sind zumeist nass, mit wenig bis keinem Schnee, im Sommer übersteigen die Temperaturen selten die 25-Grad-Marke. Die Jahresdurchschnittstemperatur liegt bei 7,9 Grad, der Jahresniederschlag beträgt 655 mm.[4]

Geschichte

Gründung und Frühgeschichte

Gegründet um 990 n. Chr. vom dänischen Wikingerkönig Sven Gabelbart, gilt Lund gleichauf mit Sigtuna als älteste Stadt Schwedens. Der Name Lund (dänisch, norwegisch und schwedisch für Hain) deutet darauf hin, dass der Platz bereits zur Wikingerzeit kultische Bedeutung hatte. In der nordischen Mythologie wurden u. a. Haine und Quellen als heilig verehrt. Archäologische Funde bei Uppåkra weisen darauf hin, dass die Stadt nach ihrer Gründung, wahrscheinlich auf königliche Initiative hin, etwa fünf Kilometer nach Norden verschoben wurde. Die Funde geben Anlass zur Annahme, dass die Stadt schon vor der Verschiebung als Zentralort für das damalige Südwestschonen fungierte. Auch wird die Siedlung in der ältesten Geschichte des Nordens als eine durch Schifffahrt und Handel mächtige Stadt erwähnt.

Die neue Lage der Stadt war von strategischem Vorteil, da die bessere Sicht von Romeleåsen, sowie Moor- und Sumpfböden längs des Flusses Höje å zusätzlichen Schutz gaben. Wie schon in Uppåkra, verlief die wichtige Landstraße (Länsväg) in Nord-Süd-Richtung auch an Lund vorbei, aber Lund lag nun zusätzlich an der Landstraße in Ost-West-Richtung und die Annahme liegt nahe, dass die Stadt dadurch neues Gewicht innerhalb Schonens erlangte. Die Gründung der Stadt kann deshalb in einer Reihe mit Versuchen gesehen werden, ein einheitlich-dänisches Königtum zu schaffen.

Mittelalter

Bis in die erste Hälfte des 11. Jahrhunderts war Lund Suffragandiözese des Erzbistums von Canterbury. Diese Verbindung löste sich allmählich, als Lund mit Einführung des Christentums um 1050 ein kirchliches Zentrum und im Jahre 1060 selbst Bischofssitz wurde, da sich Dänemark in neue Diözesen aufteilte. Ab 1066, unter Bischof Egino, wurde Lund dem Erzbistum Hamburg-Bremen unterstellt, in den Grenzen der heutigen Diözese, mit den Gebieten Bornholm und Halland.

1085 wurde mit der Katedralskolan, die älteste Schule Skandinaviens gegründet. Knut der Große wollte Lund zu einem zweiten London, zur Metropole Skandinaviens, machen. Die Entwicklung zum neuen Machtzentrum ging aber nicht problemfrei vonstatten, da auch Dalby, etwa 10 km östlich von Lund, um den Bischofssitz konkurrierte und dort damit begonnen wurde, eine Domkirche zu errichten, welche jedoch nie fertiggestellt worden ist.

Im Jahr 1103 wurde mit dem Dom zu Lund der nun älteste Dom Skandinaviens errichtet, was dazu führte, dass sich die Stellung Lunds weiter festigte und Dalby, wie vorher Uppåkra, an Wichtigkeit verlor. Ein Jahr später wurde Lund Erzbistum, zunächst für die Nordischen Länder und, nachdem Norwegen (1152) und Schweden (1164) unabhängige Erzbistümer wurden, auch von Dänemark. Der Erzbischof erhob bis zur Reformation Ansprüche auf die Suprematie über alle nordischen Prälaten. In diesen Zeiten war Lund die geistliche, und in gewissem Sinn auch die weltliche Hauptstadt des dänischen Reichs (metropolis Daniae), dessen Münzen in Lund geprägt wurden und dessen Könige sich auf der St. Liboriushöhe huldigen ließen.

Ihre größte Blütezeit erlebte die Stadt im 13. und 14. Jahrhundert als bedeutendste Stadt Dänemarks. Knut I. von Schweden feierte 1177 hier seine Hochzeit, 1202 wurde König Waldemar II. (der Sieger) in Lund gekrönt und 1409 die Hochzeit von Erich von Pommern mit Philippa, der Tochter Heinrichs IV. von England, gefeiert.

In den Folgejahren blieb Lund eine der bedeutendsten Städte Dänemarks, verlor aber mit dem Aufstieg Malmös im 15. Jahrhundert an Bedeutung: Nachdem erst der Feldzug Karls VIII. von Schweden nach Schonen 1452 dem Wohlstand der Stadt einen schweren Schlag versetzt hatte, sank sie durch die Reformation und die damit einhergehende Trennung von Religion und Staat vollends in einen Zustand von Verfall und Bedeutungslosigkeit. Mit Ausnahme des Doms und der Klosterkirche Sankt Peters wurden die übrigen Kirchen niedergerissen, die Häuser verfielen und Plätze blieben unbebaut.

Neuzeit

Während des Zweiten Nordischen Krieges erklärte Dänemark im Juni 1657 Schweden den Krieg. Diese Auseinandersetzung endete im Frieden von Roskilde von 1658 damit, dass Dänemark unter anderem seinen Besitz im heutigen Südschweden räumen musste, und so wurde die Stadt im gleichen Jahr zusammen mit ganz Schonen an Schweden abgetreten.

Die folgenden Kriegsjahre unter Karl XI., mit dem Sieg der Schweden in der Schlacht bei Lund am 4. Dezember 1676, und unter Karl XII., mit dem Frieden zwischen Schweden und Dänemark am 6. Oktober 1679, vollendeten den Abstieg der Stadt. Es dauerte lange, bis Lund, vor allem durch die 1666 gegründete Universität, wieder überregionale Bedeutung gewann.

Die Gründung der Universität hatte vor allem zum Zweck, das ehemals dänische Gebiet nachhaltig an Schweden zu binden, was zumindest mittelfristig Auswirkungen auf die Stellung der ehemals wichtigen Stadt hatte. Denn ab dem Ende des 17. Jahrhunderts schien Lund, vor allem durch die Universität, zu altem Glanz zurückzugelangen: Samuel von Pufendorf veröffentlichte an ihr 1672 seine humanistisch-demokratische Universalethik.

Schweden wird aus Lund regiert

Gegen Ende des 17. und Anfang des 18. Jahrhunderts wurde Schweden von weiteren Kriegen heimgesucht, was die Lage in der Stadt erschwerte. 1703 und 1711 wüteten Brände, von 1712 bis 1713 die Beulenpest. Als zwischen dem 6. September 1716 und 11. Juni 1718 Karl XII. im Kungshuset residierte, wurde Schweden aus Lund regiert und zwei Feldzüge gegen Norwegen geplant und vollzogen. In den letzten Jahren des Großen Nordischen Krieges kamen Diplomaten aus ganz Europa nach Lund und die Stadt erreichte neue politische Bedeutung.

Industrialisierung

Die Industrielle Revolution und die darauf folgende Urbanisierung erreichten die Stadt mit der Eröffnung des ersten Teilstücks der Södra stambanan von Malmö nach Lund im Jahre 1856. Dennoch wurde Lund, anders als andere Städte in Schweden, nicht übermäßig industrialisiert, der Lage an der Eisenbahn zum Trotz. Denn ein Großteil der Industrie sammelte sich vorerst in Malmö, und auch die alten Handelsrouten, die nun allmählich durch Eisenbahnstrecken ersetzt wurden, hatten nun Malmö als Endstation. Weitere Faktoren, die zur schwachen Industrialisierung beitrugen, waren die Dominanz der Universität und der Kirche. Da diese Institutionen seit jeher eine große Rolle gespielt hatten, verzichtete man auf eine breite Ansiedlung von Industrie. Dennoch wurde mit dem Bau weiterer Eisenbahnlinien begonnen, wie etwa mit der nach Trelleborg (1877), nach Bjärred (1901) und der heutigen Västkustbanan nach Göteborg (1888), ursprünglich eine Nebenstrecke nach Kävlinge.

Auch die Universität erlebte einen neuen Aufschwung: Neue Fakultäten wurden gegründet und neue Gebäude, wie das Hauptverwaltungsgebäude, wurden errichtet. Anfangs des 19. Jahrhunderts wohnten und arbeiteten berühmte Persönlichkeiten, wie etwa Esaias Tegnér, Carl Adolph Agardh oder Pehr Henrik Ling, in der Stadt.

Nachkriegszeit

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs erlebte die Stadt ein starkes Bevölkerungswachstum, so lebten bereits 1950 etwa 35.000 Menschen in Lund. Frühere Ackerlandflächen wie Norra Fäladen, Östra Torn-Mårtens Fälad und Klostergården wurden zu neuen Stadtteilen erschlossen. 1951 wurde der Neubau für das 1768 gegründete Universitätskrankenhaus Lund eröffnet. Auch die Lehrangebote an der Universität wurden weiter ausgebaut und 1961 die Technische Hochschule Lund (Lunds tekniska högskola, LTH) gegründet. 1983 begann man mit dem Bau von Schwedens erstem Gewerbegebiet Ideon, heute ein Firmenpark vor allem für Informations- und Biotechnologiefirmen.

Stadtbild

Als Lund im 12. und 13. Jahrhundert Sitz des Erzbischofs war, entstanden in und außerhalb der Stadt viele Kirchengebäude. Zeitweilig gab es 27 Kirchen und Klöster in Lund. Im Laufe der Reformation wurde jedoch ein Großteil der religiösen Gebäude abgerissen. Der mittelalterliche Stadtkern wird noch durch die Struktur des Straßennetzes am deutlichsten, die sich bis in die heutige Zeit bewahrt und, im Ganzen gesehen, die Form eines menschlichen Herzes hat, was typisch für den Städtebau im Mittelalter ist. Die Straßen des Innenstadtbezirks Centrum bestehen außerdem ausschließlich aus Kopfsteinpflaster, welches trotz des regen Busverkehrs nicht durch gewöhnlichen Asphalt ersetzt, sondern beständig erneuert wird. Weiteres Merkmal sind eine Anzahl mittelalterlicher Gebäude, wie etwa der Dom, das Königshaus (Kungshuset) und die Kathedralsschule aus dem Jahr 1085.

Bis ins 18. Jahrhundert war auch der Bau von Fachwerkhäusern nicht ungewöhnlich, was den Einfluss etwa aus Norddeutschland deutlich macht. Die Mehrzahl der heutigen Häuser stammt aus eben dieser Zeit. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts wurden viele alte Häuser erweitert oder durch mehrstöckige Gebäude ersetzt, so etwa das Hauptgebäude der Kathedralsschule oder das Grand Hotel. Von 1902 bis 1907 wurde der Neubau der Universitätsbibliothek auf dem Helgonabacken errichtet. Andere Universitätsgebäude kamen im Universitätsviertel dazu. Gerade in der Innenstadt, aber auch in und um das Universitätsgelände, bestehen weiterhin viele Backstein-Fassaden.

In den 1960er Jahren bestand der Plan des Genombrottet, des Durchbruchs einer vierspurige Straße direkt durch den Stadtkern. Dieser Plan wurde vor Allem von den bürgerlichen Parteien unterstützt, jedoch ließ man in den späteren Jahren davon ab und beschloss 1968, das Projekt zu stoppen. An einigen der Stellen, wo mit dem Abriss begonnen wurde, findet man noch heute größere Brachflächen. Auch die Verlagerung von Einkaufszentren an die Peripherie der Stadt wurde lange Zeit abgelehnt. So entstand Nova Lund, die erste und bisher einzige derartige Einrichtung, erst 2002.

Außerhalb des Zentrums (Centrala staden) ist Lund durch Gebäude der Universität und der Technischen Hochschule, sowie von Häusern mit Vorortscharakter geprägt. Ältere Wohngebäude bestehen unter anderem in den Stadtteilen Värpinge und Östra Torn-Mårtens Fälad.

Stadtgliederung

Lund gliedert sich in 14 administrative Stadtteile:[5] Centrala staden, Gunnesbo, Järnåkra-Nilstorp, Klostergården, Kobjer, Linero, Möllevången, Norra Fäladen, Nöbbelöv, Östra Torn-Mårtens Fälad, Tuna, Vallkärratorn-Stångby, Värpinge und Väster.

Plätze

Wichtigster Platz und Mittelpunkt der Stadt ist Stortorget, südlich des Doms. Dieser wird durch das Rathaus (Rådhuset), sowie einige Geschäfte und Cafés beherrscht. Am Platz vorbei führt Kyrkogatan. Rechts des Rathauses schließt dich das Gebäude der Stadthalle (Stadshallen) an, in der sich neben einem Konzertsaal, Sitzungssäle befinden, die für Sitzungen des Stadtrats genutzt werden.

Der Platz Mårtenstorget ist ein alter Handelsplatz auf dem regelmäßig Märkte abgehalten werden. Er liegt in etwa 200 m Entfernung des Rathauses, in südöstlicher Richtung. Des Weiteren dient der Platz als Abstellfläche für PKWs. Weitere Plätze sind Botulfsplatsen zwischen Stortorget und Mårtenstorget, Clemenstorget nördlich des Bahnhofs, Bantorget mit dem Grand Hotel, sowie Knut den Stores torg und Krafts torg.

Parks

In Lund gibt es mehrere Parks, wobei der Lundagård der Zentralste ist. Der Park mit dichtem, altem Baumbestand, liegt zwischen dem Dom im Süden und der Universität im Norden, wo der Universitätsplatz eine natürliche Fortsetzung bildet. Im Westen wird er von der Kyrkogatan, der alten Hauptstraße Lunds, begrenzt. Im Osten grenzt er an den Tegnérsplatsen und den Krafts torg. Die Geschichte des Parks hängt eng mit der der Stadt zusammen. In ihm wurde um 1000 n. Chr. ein Park für den dänischen König angelegt. Der Park, damals noch von einer Mauer umgeben, beherbergte die Residenz des Bischofs (Kungshuset), die königliche Münzprägeanstalt sowie mehrere Wirtschaftshäuser.

Durch die geographische Nähe zu wichtigen Universitätsgebäuden wie dem Hauptgebäude und dem Gebäude der Akademischen Vereinigung (AF-Borgen), kann der Park gleichwohl als akademisches Zentrum der Stadt bezeichnet werden. In ihm findet seit 1849 alle vier Jahre der Lundakarnevalen statt, ein bedeutender studentischer Brauch mit Festumzügen.

Der Stadtpark (Stadsparken) liegt südwestlich des Stadtkerns. Er wurde zwischen 1909 und 1911 um den Högevall herum angelegt, einem Stadtwall aus dem Mittelalter. Im Park, der bei schönem Wetter von der Bevölkerung stark frequentiert wird, befinden sich mehrere Skulpturen verschiedener Künstler.

Der Botanische Garten (Botaniska trädgården) ist der dritte Park im Stadtgebiet. Er wurde zu Beginn des 18. Jahrhunderts angelegt und beherbergt heute tausende verschiedene Pflanzenarten, sowie mehrere Gebäude, die von der Universität genutzt werden. Darunter befindet sich ein Gewächshaus mit neun Klimazonen.

Einwohnerentwicklung

Gegen Ende des 16. Jahrhunderts nahm die Bevölkerung in der kirchlich geprägten Stadt im Zuge der Reformation und der Säkularisierung zunehmend ab. Die Stadt sollte sich bis ins 19. Jahrhundert nicht davon erholen. Auch die Gründung der Universität im Jahre 1666 sorgte mittelfristig nicht für den erhofften Bevölkerungszuwachs. Esaias Tegnér bezeichnete Lund um 1800 als „akademisches Bauerndorf“.

Erst ab Mitte des 19. Jahrhunderts fanden starke demographische Veränderungen statt. Begründet vor allem durch die Ansiedlung von Industriebetrieben und Gewerbe, entwickelte sich die Stadt zu einem kommerziellen und finanziellen Zentrum für die umliegenden Orte und die Region. Große Bedeutung hatte die Einweihung der Södra stambanan 1856, einer Eisenbahnlinie von Malmö über Nässjö nach Falköping. Die bessere Anbindung sorgte für überdurchschnittlichen Bevölkerungszuwachs in jener Zeit. Ab dem 20. Jahrhundert sorgte vor allem der Ausbau der Universität, sowie des Gesundheitssektors für Zuwächse.

Politik

Die verwaltende Instanz der Stadt ist die Gemeinde Lund (Lunds kommun). Ihr Gebiet erstreckt sich jedoch über die Grenzen der eigentlichen Stadt in siedlungsgeographischem Verständnis (tätort) hinaus und schließt außerhalb gelegene Ortschaften mit ein. Lund ist Hauptort (centralort) der Gemeinde und damit Sitz der kommunalen Verwaltung.

Seit der letzten Gemeindewahl (kommunval) im Jahre 2006 wird die Stadt und die Gemeinde von einer bürgerlichen Mehrheit aus Konservativen, Liberalen und Zentrum regiert (kommunfullmäktige).

Wappen

Das Wappen der Stadt wird seit Mitte des 14. Jahrhunderts verwendet. Die Blasonierung spricht von einem silbernen Schild, darin eine auf grünem Grund stehende, rote Mauer mit Zinnen und einem Turm. Darauf, und jeweils an beiden Seiten, ein weiterer Turm. Entgegen der Blasonierung, wird das Wappen im heutigen Gebrauch mit einer goldenen, geschwungenen Mauerkrone gezeigt, wie etwa beim Wappen der Stadt Helsingborg. Diese Krone soll das freie Bürgertum versinnbildlichen.

Was genau das Wappen darstellt, ist nicht gänzlich zu bestimmen. Zum Einen könnte ein Kirchengebäude dargestellt sein, dafür spricht die kreuzähnliche Aussparung in der Mitte des Hauptturms. Durch die befestigten Mauern und Türme erscheint jedoch auch eine Burg möglich.

Das Wappen wurde 1913 in dieser Form von König Gustav V. festgestellt. Seit 1971 wird es von der Gemeinde Lund und von der Stadt verwendet.

Verkehr

Fernstraßen

Durch Lund führt seit 1953, von Malmö kommend, die Europastraße 22, Schwedens älteste Autobahn (schwedisch motorväg). Des Weiteren existieren Anbindungen an alle wichtigen Fernstraßen, wie etwa der Riksväg 16, der Lund an die Europastraße 6 anbindet, sowie der Länsväg 108, mit Anbindung an die E 65.

Eisenbahn und ÖPNV

Seit 1856 besteht die wichtige Zugverbindung in Richtung Malmö (Teil der Södra stambanan), die heute mit der Öresundverbindung über die Öresundbrücke weiter nach Kopenhagen und nach Helsingør führt. Bedient wird diese, als auch die Strecke Helsingør - Kalmar, hauptsächlich durch den Öresundståg, welcher gemeinsam von den DSB (auf dänischem Gebiet), der Skånetrafiken (innerhalb Schonens), sowie von SJ (bei Fahrten nach Kalmar und Göteborg) betrieben und verantwortet wird. Des Weiteren verkehrt der sogenannte Pågatåg vor allem zwischen Malmö und Lund. Da sich die Eisenbahnlinien der Västkustbanan sowie der Södra stambanan in Lund kreuzen, ist es möglich die drei größten Städte Schwedens (Stockholm, Göteborg und Malmö) zu erreichen, ohne umsteigen zu müssen.

Der ÖPNV findet mit dem gut ausgebauten Busnetz von Lund Stadsbuss (betrieben von Bergkvarabuss) seine Anwendung. Im Stadtgebiet befinden sich etwa 400 Bushaltestellen. Innerhalb der Stadt werden die elf Stammlinien von umweltfreundlichen Niederflurbussen bedient, 90 % der Fahrzeuge fahren mit Naturgas. Außerdem betreiben die Skånetrafiken (mit Subunternehmen wie Swebus AB) den regionalen Busverkehr in viele Städte Schonens, so etwa auch nach Malmö.[7]

Flugverkehr

Lund liegt unweit des Flughafens Malmö, der vor allem für innerschwedische Flüge von großer Bedeutung ist. Daneben ist vor allem die Nähe zum Flughafen Kopenhagen-Kastrup von großer Wichtigkeit. Dieser ist in etwa 45 min mit dem Öresundståg, dem Flygbuss oder dem Auto zu erreichen. Daneben existiert in ungefähr zwei Kilometern Entfernung der Flugplatz Hasslanda, der aber ausschließlich für Sportflüge genutzt wird.

Radverkehr

Wie in jeder mittelgroßen Universitätsstadt ist auch in Lund das Fahrrad das wichtigste Verkehrsmittel. Etwa 22.000 Fahrradfahrer passieren die Innenstadt pro Tag, 90 % der Einwohner haben Zugang zu einem Fahrrad.[8] Die Gemeinde als verwaltende Instanz fördert den Ausbau des Wegenetzes und die Erhöhung der Sicherheit mit etwa 80. Mio SEK seit 1998.[9] Am Bahnhof Lund C besteht seit 1996 mit Lundahoj[10] ein Fahrradreisezentrum mit 780 überdachten und bewachten Fahrradstellplätzen und einem Fahrradverleih. Das Projekt wird durch staatliche Zuschüsse finanziert, mit Förderung durch INTERREG III B des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE).[11]

Sehenswürdigkeiten und Kultur

Lund ist dank seiner Lage Ausgangspunkt für Ausflüge durch Schonen, sowie für Tagesausflüge nach Malmö oder Kopenhagen. Weithin sichtbares Wahrzeichen der Stadt ist der romanische Dom (domkyrkan). Eine Besonderheit stellen die zahlreichen Wassertürme dar, unter denen der Gamla Vattentornet mit etwa 75 m Höhe der Größte ist.

Kulturell ist die Stadt für ihre Größe hervorragend ausgestattet: So gibt es mehrere Theater, Kinos, sowie unzählige Cafés in denen Lesungen oder Filmvorführungen stattfinden. Des Weiteren erwähnenswert sind das Kunstmuseum Skissernas museum (Museum der Skizzen), das Freilichtmuseum Kulturen, sowie die Mejeriet (Molkerei), ein Kulturhaus in dem Konzerte stattfinden. Die Stadt Lund bewarb sich als Europäische Kulturhauptstadt 2014, unterlag jedoch Umeå in der Endauswahl.

Bildung und Wissenschaft

Die Universität Lund ist heute mit rund 35.000 Studenten eine der größten Universitäten Skandinaviens und ist inoffiziell die älteste Universität Schwedens. Zwar wurde sie rund 200 Jahre nach der Universität in Uppsala gegründet, doch bestand schon im Jahre 1425 das Studium generale, ein Vorgänger der heutigen Universität.

Wichtige Fakultäten sind der Fachbereich für Medizin mit dem Universitätskrankenhaus und die naturwissenschaftlich-technische Fakultät mit dem Laserzentrum und der Synchrotronstrahlungsquelle MAX-lab. Bis 2018 wird mit der Europäische Spallations-Neutronenquelle (ESS) und der neuen Synchrotronstrahlungsquelle MAX IV eine Anlage für Materialforschung und Synchrotronlicht-Forschung errichtet werden.[12]

Mit dem Familienarchiv von Alfred Nobel, dass im Landesarchiv Lund verwahrt wird, besteht eines von vier Weltdokumentenerben Schwedens in Lund. Das Landesarchiv, eines von fünf Landesarchiven in Schweden, verwahrt unter anderem eine umfangreiche Sammlung dänischer Schriften aus der Zeit vor dem Frieden von Lund.

Wirtschaft

1951 wurde in Lund die Tetra Pak AB gegründet, deren Stammwerk sich noch immer hier befindet. Alfa Laval, ein weiteres bedeutendes Unternehmen das in Lund ansässig ist, gehörte zwischen 1991 und 2000 zur Tetra Pak Gruppe, wurde aber inzwischen wieder teilweise ausgegliedert. Das Medizintechnikunternehmen Gambro hat seinen Sitz ebenfalls in Lund. Darüber hinaus haben die Firmen AstraZeneca und Sony Ericsson Standorte in der Stadt.

1983 wurde mit dem Wissenschaftspark IDEON die erste Einrichtung dieser Art in Skandinavien gegründet. Auf heute etwa 100.000 m2[13] siedeln sich vor allem kleine und mittelständische Betriebe aus den Bereichen IT, Biotechnologie und Hochtechnologie im Stadtteil Tuna an.[14] Es wird dabei eng mit der Universität Lund, vor allem mit der Technischen Hochschule (LTH) zusammengearbeitet. Nennenswerte Unternehmen sind beispielsweise Deloitte, Skandia oder QlikTech.

Medien

In Lund wurden in früheren Tagen zwei Tageszeitungen herausgegeben: Lunds Dagblad und Folkets Tidning. Beide existieren nicht mehr. Aktuell größte Zeitung ist die Malmöer Sydsvenskan, das Skånska Dagbladet hat eine Redaktion in Lund. Seit 15 Jahren existiert die Zeitung Lundaliv, welche über Neuigkeiten und Trends aus Lund informiert. Des Weiteren findet die Gratiszeitung metro großen Absatz. Im lokalen Fernsehen wird der Studentenkanal Steve ausgestrahlt, mit Radio AF existiert auch im Hörfunk ein Studentensender.

Sport

Lund kann als Handballstadt bezeichnet werden. Allein zwei Vereine aus der Stadt spielen in der ersten Liga: H 43 Lund und LUGI HF, letzterer wurde 1980 Schwedischer Meister. Seit 1978 wird mit Lundaspelen das nach eigenen Angaben größte Handballturnier der Welt veranstaltet.[15] Lund ist Austragungsort der Handball-Weltmeisterschaft der Herren 2011.

Die Fußballmannschaft des Lunds BK spielt in der Division 2 Södra Götaland, der vierten Liga Schwedens. Bekannte Spieler wie Martin Dahlin und Roger Ljung spielten bereits im Verein. Im Basketball ist die Abteilung der LUGI (Lunds Universitets Gymnastik och Idrottsförening) und der Eos Lund IK zu nennen, letzterer spielt in der zweiten Liga. Die Innebandymannschaft der LUGI spielt in der vierten schwedischen Liga.

Wichtigste Sportstätten sind die allgemeine Sporthalle (Lunds Idrottshall), die Färs och Frosta Sparbank Arena, das Ballhaus (Bollhuset) in dem Ballsportarten zu Hause sind, die Eos-Halle, sowie das Victoriastadion und der Sportplatz (Centrala idrottsplatsen).

Persönlichkeiten

Söhne und Töchter der Stadt

Folgende Persönlichkeiten wurden in Lund geboren:

  • Arvid Ahnfelt, Literaturhistoriker
  • Einar Billing, Bischof
  • Martin Dahlin, ehemaliger Fußballspieler
  • Viking Eggeling, Künstler
  • Kim Ekdahl Du Rietz, Handballer
  • Nils Grandelius, Schachspieler
  • Magnus Gustafsson, ehemaliger Tennisspieler
  • Mikael Håfström, Regisseur
  • Carl August Hagberg, Sprachforscher
  • Carl Fredrik Hill, Maler
  • Johan Ihre, Sprachforscher
  • Andreas Jakobsson, Fußballspieler
  • Amanda Jenssen, Sängerin
  • Joachim Johansson, Tennisspieler
  • Caroline Jönsson, Fußballspielerin
  • Mia Leche Löfgren‎, Schriftstellerin
  • Jan Malmsjö, Schauspieler
  • Carl Wilhelm Oseen, Physiker
  • Torkel Petersson, Schauspieler
  • Mårten Sandén, Jugendbuchautor
  • Karl-Aage Schwartzkopf, Schriftsteller
  • Kai Siegbahn, Physiker und Nobelpreisträger
  • Göran Sonnevi, Schriftsteller
  • Henrik Sundström, ehemaliger Tennisspieler
  • Max von Sydow, Schauspieler
  • Linus Thörnblad, Hochspringer
  • Uffe Thrugotsen, Erzbischof
  • Timbuktu, Musiker
  • Anna Wahlgren, Schriftstellerin
  • Per Wahlöö, Schriftsteller
  • Ivar Wickman, Mediziner
  • Måns Zelmerlöw, Sänger, Moderator

Weitere Persönlichkeiten (Auszug)

Folgende Persönlichkeiten sind nicht in Lund geboren, wirk(t)en bzw. leb(t)en aber hier:

  • Nils Alwall, Nephrologe, Erfinder einer Künstlichen Niere
  • Amelia Andersdotter, Politikerin
  • Anders Arborelius, Bischof
  • Sune Bergström, Biochemiker
  • Bror von Blixen-Finecke, Baron
  • Ingvar Carlsson, Politiker und ehemaliger schwedischer Ministerpräsident
  • Pehr Edman, Biochemiker
  • Tage Erlander, Politiker und ehemaliger schwedischer Ministerpräsident
  • Jakob Erlandsen, Erzbischof
  • Elias Magnus Fries, Botaniker
  • Torsten Hägerstrand, Geograph
  • Bengt Lidner, Dichter
  • Lars Hörmander, Mathematiker
  • Absalon von Lund, Erzbischof
  • Jörgen Nilsen Schaumann, Dermatologe
  • Sven Nordqvist, Zeichner und Autor
  • Lars Norén, Lyriker und Dramatiker
  • Christiern Pedersen, Schriftsteller
  • Samuel von Pufendorf, Rechtsphilosoph und Historiker
  • Johannes Rydberg, Physiker
  • Henric Schartau, Prediger
  • Ruth Seydewitz, Schriftstellerin
  • Erik Johan Stagnelius, Dichter
  • August Strindberg, Schriftsteller und Künstler
  • Esaias Tegnér, Dichter
  • Erik Wallenberg, Erfinder
  • Helgo Zettervall, Architekt

Literatur

  • K. Arne Blom: Medeltidens Lund. Lund 1999, ISBN 91-973770-0-7.
  • Bengt Liljegren: Karl XII i Lund: När Sverige styrdes från Skåne (Illustrerad historia). Lund 1999, ISBN 91-88930-51-3.
  • Ragnar Blomqvist: Lunds Historia, Medeltiden. Lund 1951, ISBN 91-40-30125-7.
  • Ragnar Blomqvist: Lunds Historia, Nyare tiden. Lund 1978, ISBN 91-40-04391-6.

Einzelnachweise

  1. ↑ a b Tätorter; arealer, befolkning
  2. ↑ Sydsvenskan: Lund växer mest av storstäderna
  3. ↑ Svenska Dagbladet: Efter grannen Lund är Malmö den stad som växer mest i Sverige.
  4. ↑ Temperaturen och nederbörden i Sverige 1961 – 1990: referensnormaler / Hans Alexandersson och Carla Eggertsson Karlström. – Utgåva 2. – Norrköping: Sveriges meteorologiska och hydrologiska institut, 2001. – 71 S.: Kt.; 30 cm. – (Meteorologi / SMHI; 99. 2001)
  5. ↑ Übersichtskarte der Stadtteile
  6. ↑ Universität Stockholm, Institut für Stadt- und Gemeindegeschichte: Lunds befolkningsutveckling 1570-1995
  7. ↑ Lund Stadsbuss (schwedisch)
  8. ↑ Lundacyklisten i siffror (schwedisch)
  9. ↑ Cyklist (schwedisch)
  10. ↑ Hoj ist das schonische Wort für Fahrrad
  11. ↑ Lundahoj - cykelresecentrum (schwedisch)
  12. ↑ ESS in Lund
  13. ↑ IDEON - en berättelse om framgång
  14. ↑ Allt du behöver är en god idé
  15. ↑ xxx
  16. xxx – Entsprechend unserer Statuten werden uns unbekannte Webadressen nicht veröffentlicht. Für eine weiterführende Recherche gehen Sie bitte auf die entsprechende Wikipediaseite. Mehr Informationen lesen Sie auf unserer Impressumseite. Anmerkung der u~m~d~h~T: Wir machen darauf aufmerksam, daß politische Passagen im Zuge unserer Statuten stark gekürzt, bzw. nicht übernommen wurden.

     

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Ystad

Ystad (deutsch historisch: Ystadt, dänisch historisch: Ysted) ist eine Stadt in der südschwedischen Provinz Skåne län und der historischen Provinz Schonen an der schwedischen Südküste. Die Stadt ist Hauptort der gleichnamigen Gemeinde.

Geografie

Von Ystad zieht sich der Järavall, ein aus Steinen und Kies bestehender Landrücken, längs der Küste nach Trelleborg und Falsterbo hin. Er soll der „Iöravalla“ sein, der in der Völuspá (Vers 14) genannt wird.

Geschichte

Der dänische Name Ysted wurde 1244 erstmals in den Lunder Annalen erwähnt, doch war das Stadtgebiet bereits früher besiedelt. Die Ursprünge der Hauptkirche der Stadt, der Sankt-Marien-Kirche (Sankta Maria kyrka), stammen aus dem Beginn des 13. Jahrhunderts. Das 1258 gegründete Kloster der Franziskaner (Gråbröderklostret) St. Petri zählt zu den besterhaltenen mittelalterlichen Klosteranlagen in Schweden und beherbergt heute das Stadtmuseum. In der Altstadt sind viele Fachwerkhäuser aus dem 17. und 18. Jahrhundert erhalten. Die wirtschaftliche Grundlage für den Aufschwung der Stadt bildeten die Fischerei und der Handel mit Heringen, deren Vorkommen in der südlichen Ostsee im ausgehenden Mittelalter enorme Ausmaße hatte, um 1500 jedoch plötzlich drastisch abnahm.

Verkehr

Von Ystad aus bestehen Fährverbindungen zur dänischen Insel Bornholm und ins polnische Świnoujście (Swinemünde). Ystad ist Endpunkt der Eisenbahnlinie Malmö–Ystad, über die auch Direktverbindungen nach Kopenhagen bestehen, um die Bornholmfähre mit der Hauptstadt und dem dänischen Schienennetz zu verbinden. Eine weitere Eisenbahnstrecke verbindet Ystad über Tomelilla mit Simrishamn an der Ostküste Schonens.

Ystad als Wallfahrtsort für Krimi-Fans

Ystad wurde durch die dort spielenden Kriminalromane von Henning Mankell mit Kommissar Kurt Wallander als fiktivem Protagonisten europaweit bekannt. Alle Plätze, Straßen und Restaurants, die in den Büchern erwähnt werden, existieren in der Realität,[2] wie zum Beispiel das Wohnhaus Wallanders in der Mariagatan 10, ein schlichtes Gebäude aus rotem Backstein. Aus diesem Grunde wurde Ystad seit Beginn der 1990er Jahre zu einem beliebten Pilgerort für Mankell-Leser.

Söhne und Töchter der Stadt

  • Ivar Jacobson, Informatiker
  • Ernst-Hugo Järegård, Schauspieler
  • Anna Q. Nilsson, Schauspielerin

Einzelnachweise

  1. ↑ Helårsstatistik – Församling och landskap – Församlingsfolkmängd efter kön 31 december 2009
  2. ↑ Auf Wallanders Spuren. Ein Wegweiser über Ystad und Umgebung für alle Fans der Romanfigur Kurt Wallander.
  3.  

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Simrishamn

Simrishamn ist ein Ort (tätort) in der südschwedischen Provinz Skåne län und der historischen Provinz Schonen, an der Ostsee gelegen.

Der Name der Hafenstadt leitet sich von den Worten simris für Springquelle oder wasserreiche Fläche und hamn für Hafen ab. Von hier gibt es eine Fährverbindung nach Allinge-Sandvig auf der dänischen Insel Bornholm. Simrishamn ist Hauptort der gleichnamigen Gemeinde.

Geschichte

Anfänglich war Simrishamn ein kleines Fischerdorf zur Versorgung der östlich gelegenen Stadt Tumathorp (heute Östra Tommarp). Es gehörte wie die gesamte Region zu Dänemark. In der Heimskringla wird berichtet, wie der Norweger Sigurd Jorslafare 1123 nach Simrishamn (Svimvaros) segelte, um danach die Stadt Tumathorp zu plündern.

Die Kirche St. Nicolai wird schon in einer Urkunde von 1161 erwähnt und ist seit dieser Zeit ein Richtpunkt für die Schifffahrt. Nach einem großen Stadtbrand in Tumathorp gewann Simrishamn, das damals Simmershavn hieß, immer mehr an Bedeutung. In der Regierungszeit von Christian IV. blühte der Ort auf, doch 1655 wurden große Teile der Bevölkerung von der Pest niedergestreckt.

Durch den Frieden von Roskilde kam Simrishamn zusammen mit Schonen und anderen Gebieten zu Schweden. Noch bis in die Achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts hatte die Stadt Schwedens größte Fischereiflotte, doch heute wird diese durch Fangauflagen und Mangel an Fisch stark beeinträchtigt.

Partnerstädte

  • Kołobrzeg (Kolberg), Polen
  • Barth, Mecklenburg-Vorpommern

Quellen

  1. ↑ Tätorternas landareal, folkmängd och invånare
  2.  

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Møn – Moen (Insel)

Møn ist eine 218 Quadratkilometer große Insel im dänischen Teil der Ostsee, zwischen der Südspitze Sjællands und der Ostspitze Falsters gelegen.

Møn war bis Ende 2006 eine eigene Gemeinde im Verwaltungsbezirk Storstrøms Amt und ist seit der dänischen Kommunalreform zum 1. Januar 2007 ein Teil der Großgemeinde Vordingborg, zusammen mit den ehemaligen Gemeinden Langebæk, Præstø und Vordingborg der größeren Nachbarinsel Sjælland. Größter Ort ist Stege an der gleichnamigen Bucht und am Stege Nor. Im äußersten Osten der Insel befindet sich die steile Kreideküste Møns Klint, die einen Anziehungspunkt für den Fremdenverkehr darstellt. Die Insel Møn kann als kleinere Schwester der deutschen Insel Rügen bezeichnet werden, denn die Inselgebiete, welche aus 17 Millionen Jahre altem Muschelkalk bestehen, wurden zur selben Zeit durch tektonische Bewegungen an die Erdoberfläche gehoben. Beide Inseln gehörten zu einer größeren wieder abgesunkenen Landmasse, von der in dieser Region nur noch diese beiden Inseln als höchste Erhebungen übrig sind.

Møn hat 9909 Bewohner (1. Januar 2010[1]); die Einwohnerzahl lag noch 1965 bei über 12.000.

Seit ein paar Jahren besteht eine Insel-Partnerschaft zwischen der dänischen Insel Møn und der deutschen Ostseeinsel Fehmarn, die von der Europäischen Union im Rahmen ihres INTERREG-Programmes gefördert wird.

Sehenswürdigkeiten

Neben der der Steilküste Møns Klint ist besonders die Westseite der Insel reich an vorzeitlichen Denkmälern. Auf der Insel sind 119 Hünengräber bekannt, von denen 38 unter Schutz stehen. Unter diesen ragen die folgenden Megalithanlagen heraus:

  • Busemarkedysse (Langdysse von 27 x 8 m),
  • Grønjægers Høj oder Grønsalen (eine im Neolithikum entstandene Langdysse mit zwei Urdolmen),
  • Jordehøj, ein Ganggrab,
  • die Doppelkammer im Klekkende Høj,
  • Kong Asgers Høj,
  • Sprovedyssen,
  • Sømarkedyssen mit über 450 Schalen.

Weitere Sehenswürdigkeiten:

  • Schloss Liselund ist ein klassizistisches Landhaus in einem englischen Landschaftspark bei Møns Klint; es ist einer der Standorte des Dänischen Nationalmuseums.
  • Der Märchenwald Ulvshale im Norden der Insel ist eine Entdeckung wert, da ihn eine Vielfalt handgemachter Filzfiguren lebendig machen.
  • Der Fischerort Nyord liegt abgeschieden auf der Insel Nyord am nordwestlichen Zipfel von Møn, umgeben von einem Naturschutzgebiet. Nyord ist ein Paradies für Ornithologen. Auf den Salzwiesen vor Nyord kann man viele Vogelarten beobachten.
  • Die Kalkmalereien des um 1400 arbeitenden Elmelunde-Meisters sind in den Kirchen von Elmelunde, Fanefjord und Keldby zu besichtigen.
  • Klintholm Havn, ein Fischerei- und Freizeithafen im Südosten der Insel.
  • Møn Fyr, ein 1845 erbauter Leuchtturm.
  • Höchste Erhebung ist mit 143 Metern der Aborrebjerg.

Tourismus

Auf Møn kann man Ferienhäuser mieten. Beliebt sind die Ferienhäuser und Strände in Råbylille und Ulvshale. In Ulvshale Skov gibt es einen Wald sowie den größten Campingplatz der Insel. In der Nähe von Møns Klint und südlich von Harbölle befinden sich weitere Campingplätze. Ein häufiger Urlaubsgast in der Nähe von Ulvshale ist der deutsche Schriftsteller Günter Grass.

Verkehr

Møn ist auf der Straße über Brücken, Dämme und Fähren erreichbar.

  • Eine Brücke zwischen Kalvehave auf Sjælland (dt: Seeland) und Koster auf Møn.
  • Ein Damm führt über die Inseln Bogø und Farø zur Europastraße E 47, wo eine Brückenanbindung nach Seeland und Falster besteht.
  • Eine Fähre verbindet Falster mit Bogø.

Einzelnachweise

  1. ↑ a b Statistikbanken -> Befolkning og valg -> BEF4: Folketal pr. 1. januar fordelt på øer (dänisch)
  2.  

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Falster

Falster ist eine zu Dänemark gehörende 514 km² große Insel mit 43.389 Einwohnern (1. Januar 2010).[1] Über ein Drittel der Einwohner leben in Nykøbing Falster. Falster und die Nachbarinsel Lolland sind infrastrukturell eng miteinander verbunden und nur durch den schmalen Guldborgsund getrennt. Dieser wird bei von einem Straßentunnel im Verlauf der E 47 unterquert sowie von einer Eisenbahn- und Straßenbrücke in Nykøbing und einer Straßenbrücke in Guldborg überquert. Mit der Kommunalreform in Dänemark zum 1. Januar 2007 wurden die ehemaligen vier Kommunen auf Falster mit zwei ehemaligen Kommunen des östlichen Lollands zur neuen Guldborgsund Kommune in der Region Sjælland zusammengeschlossen. Die neue Kommune erstreckt sich über ein Gebiet von 903,42 km² und wird von 63.211 Einwohnern (1. Januar 2009)[2] bewohnt. Die ehemaligen Kommunen auf Falster hießen: Nykøbing Falster, Nørre Alslev, Stubbekøbing und Sydfalster. Die ehemaligen Kommunen auf Lolland waren Nysted und Sakskøbing.

Geschichte

Die erfassbare Geschichte beginnt in der Steinzeit, die einige Monumente und Siedlungsreste wie die von Radbjerg und Skelby hinterlassen hat. Schwedische und slawisch-wendische Ortsnamen, für die die Suffixe "by" bzw. "itse" stehen, deuten einige Verbindungen an. Aus dieser Zeit stammt das Virket, ein Erdwerk in der Inselmitte. Mit der Zentralisierung dänischer Macht im Königtum wächst ab 1000 n. Chr. der Widerstand gegen die eingesickerten Wenden.

Geologie

Die Inseloberfläche mit Moränen, Toteisseen und Höhenrücken wurde durch die Eiszeit geprägt. Der Süden verdankt sein heutiges Bild den Deichprojekten die der König Christian II. ab 1522 mit Hilfe niederländischer Experten schuf. Im 19. Jahrhundert kamen weitere Eindeichungen dazu, die durch die Sturmflut von 1872 unterbrochen wurden.

Sehenswürdigkeiten

  • Ganggrab von Listrup
  • Falsters Virke, ein Wallsystem
  • Gangrab Ørnehøj, im Corselitse Osterskov
  • Halskov Vænge

Die größten Orte sind Nykøbing Falster, Stubbekøbing und Nørre Alslev. Auf Falster liegt der Ferienort Marielyst und der südlichste Punkt Dänemarks bei Gedser.

Verkehr

Falster ist mit der nördlich gelegenen Insel Seeland durch die Storstrømbrücke, eine kombinierte Straßen- und Eisenbahnbrücke (Vogelfluglinie) über die kleine Insel Masnedø, verbunden. Über die kleine Insel Farø besteht ferner mit der Farø-Brücke eine Straßenbrücke im Verlauf der E47 von Hamburg nach Kopenhagen. Auf Farø existiert eine Abzweigung, die über die Insel Bogø zur Insel Møn führt.

Nach Lolland bestehen zwei Straßen- und eine Eisenbahnbrücke sowie ein Straßentunnel im Verlauf der E47 (Rødby - Kopenhagen).

Es gibt im Südosten der Insel Falster einen circa 20 km langen Sandbadestrand. Dieser ist sehr kinderfreundlich, weil er flach ins Wasser abfällt. Bekannte Badeorte/Ferienhausgebiete in Südfalster sind unter anderem Gedesby und Marielyst/Bøtø.

Einzelnachweise

  1. ↑ Statistikbanken -> Befolkning og valg -> BEF4: Folketal pr. 1. januar fordelt på øer (dänisch)
  2. ↑ www.xxx → Befolkning og valg → Folketal → Tabelle BEF44: Folketal pr. 1. januar fordelt på byer (2006-2009), abgerufen am 4. Oktober 2009
  3. xxx – Entsprechend unserer Statuten werden uns unbekannte Webadressen nicht veröffentlicht. Für eine weiterführende Recherche gehen Sie bitte auf die entsprechende Wikipediaseite. Mehr Informationen lesen Sie auf unserer Impressumseite. Anmerkung der u~m~d~h~T: Wir machen darauf aufmerksam, daß politische Passagen im Zuge unserer Statuten stark gekürzt, bzw. nicht übernommen wurden.

     

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Langeland (Dänemark)

Langeland ist eine 52 km lange und bis zu 11 km breite Ostseeinsel in der Region Syddanmark in Dänemark. Sie ist über ein Brückensystem erreichbar, das die Inseln Siø und Tåsinge einschließt und das an das nordwestlich gelegene Fünen angebunden ist. Die Insel Langeland mit 13.277 Einwohnern (1. Januar 2010)[1] und bildet zugleich auch eine Großgemeinde (seit 2007). Östlich von Langeland erstreckt sich der Langelandsbelt. Er ist eine südliche Verlängerung des Großen Belts, der einen der dänischen Ostseezugänge bildet. Langeland ist Teil der Inselwelt der sogenannten Dänischen Südsee (im Dänischen: Sydfynske øhav).

Geografie, Verwaltung und Verkehr

Die 284 km² große Insel Langeland gliederte sich ursprünglich in zwei Harden, die Nord- (Langelands Nørre Herred) und die Südharde (Langelands Sønder Herred) im Svendborg Amt, die mit der Kommunalreform 1970 von Nord nach Süd in drei historische Verwaltungsbezirke (Kommunen) aufgeteilt wurden, die zum damaligen Fyns Amt gehörten:

Tranekær

  • Hier ist das Schloss Tranekær eine der Hauptsehenswürdigkeiten. An der Nordspitze Langelands liegt der kleine Hafenort Lohals. Die von hier aus nach Korsør auf Seeland (Querung des Großen Belts) verkehrende Fähre wurde 1998 eingestellt.

Rudkøbing

  • Rudkøbing ist der Hauptort der Gemeinde Langeland und bildet die Inselmitte. Rudkøbing beherbergt die südlichste Hauptverkehrsachse Dänemarks in West-Ost-Richtung. Die Verbindung nach Westen wird über die Brücke in Rudkøbing, die nach Osten mit der Fährverbindung Spodsbjerg-Tårs (Insel Lolland) hergestellt. Durch außerordentlich flache Gewässer vor der Westküste Langelands verkehrt außerdem eine moderne Fähre von Rudkøbing nach Marstal auf der Nachbarinsel Ærø.

Südlangeland

  • Der südliche Inselteil liegt abseits der großen Verkehrswege. Im November 2003 wurde die jahrzehntelang existierende Fährlinie nach Deutschland (Bagenkop - Kiel) mit einer bis zu 140 PKW fassenden Auto/Personen-Fähre endgültig eingestellt, da sie nach Beendigung des zollfreien Einkaufs innerhalb der EU (Butterfahrt) nicht mehr wirtschaftlich rentabel betrieben werden konnte. Der ehemalige Fähranleger in Bagenkop ist mittlerweile komplett zurückgebaut.

Im Zuge der dänischen Verwaltungsreform zum 1. Januar 2007 wurden diese drei Kommunen zur Langeland Kommune zusammengefasst.

Ortschaften der Insel

Auf der Insel liegen die folgenden Ortschaften mit über 200 Einwohnern (byer nach Definition der dänischen Statistikbehörde), bei einer eingetragenen Einwohnerzahl von Null hatte der Ort in der Vergangenheit mehr als 200 Einwohner:

  • Ortschaft Einwohner[1]    Einwohner[1]
  • Bagenkop                            535
  • Humble                               645
  • Lindelse                              359
  • Lohals                                541
  • Rudkøbing                        4641
  • Snøde                                346
  • Spodsbjerg                         210
  • Tryggelev                              0
  • Tullebølle                           824

Touristisches

Touristisch interessante Punkte in Südlangeland sind u. a. das Ristinge-Kliff in Sichtweite der Insel Ærø und der Leuchtturm "Keldsnor Fyr" nahe dem Fischer- und Segelhafen Bagenkop an der Südspitze der Insel. Auch befindet sich hier das Langelandsfort, ein Militärstützpunkt während des kalten Krieges, verlor es nach dessen Ende seine Bedeutung. Es wurde 1993 in ein Museum umgewandelt, in dem unter anderem zwei Düsenjäger (Saab J-35 Draken und MIG-23) zu besichtigen sind.

Archäologie

Langeland ist durch eine Reihe prähistorischer Denkmäler interessant. Darunter ragen die Ganggräber und Dolmen im Skovtofte, im Tvedskov, in Herslev (Megalithanlagen von Herslev), "Kong Humbles Grav", bei Ristinge Nor und das von Hjulberg sicher heraus.

Geologie

Auf Langeland befinden sich etwa 690 allein stehende Hügel, die sich trotz ihrer relativ geringen Höhe von nur 10 bis 20 Metern deutlich von der sie umgebenden flachen Landschaft abheben. Diese hutförmigen Hügel (dän.: hatbakker) bilden eine einzigartige Landschaftsform und sind das herausragende landschaftliche Element der Insel. Die Hügel erstrecken sich in einer langen Reihe über die gesamte Insel, mit Ausnahme der Halbinsel Ristinge. Die Hügelreihe setzt sich in den Großen Belt hinein fort und führt in einem Bogen von Lohals bis Korsør auf Seeland. Die Hügel bestehen überwiegend aus vom Schmelzwasser eiszeitlicher Gletscher abgelagertem Kies und Sand, wobei die Lagen aufrecht stehen und zum Zentrum der Anhöhe hin geneigt sind.

Bis heute liegt keine gesicherte Erklärung über die Entstehung dieser Huthügel vor. Es ist möglich, dass sie aus kleinen Seen entstanden, die sich auf dem vorderen Teil eines zum Stillstand gekommenen Gletschers gebildet haben. In diesem Abschnitt des Gletschers bildeten sich Spalten in einem schachbrettartigen Muster, eine Erscheinung, die mit dem russischen Wort „krevasser“ bezeichnet wird. Dort, wo die Spalten im rechten Winkel aufeinander treffen, entstand eine kleine Senke. Vom Schmelzwasser des Gletschers wurden Kies, Sand und Ton in das kleine Becken verfrachtet. Der weiter zurück liegende aktive Teil der Gletscher stieß zu einem späteren Zeitpunkt auf das Toteis mit seinen Seen oder fuhr darüber hinweg. Dabei wurden die Lagen gefaltet und die Spitzen dieser Falten abgehobelt. Einige Stellen wurden mit Geschiebemergel überdeckt. Als das Eis schmolz, blieben die Hügel auf einer flachen Oberfläche in einer langen Reihe zurück.

Eine weitere geologische Sehenswürdigkeit ist "Keldsnor" im äußersten Süden der Insel. Es handelt sich um einen Strandsee, der aus einer früheren Meeresbucht entstanden ist, die von einem Nehrungshaken und steinigen Strandwällen vom offenen Meer abgeschnürt wurde.

Verschiedenes

Der berühmteste Sohn der Insel ist der Entdecker des Elektromagnetismus Hans Christian Ørsted.

Literatur

  • • Denkmäler auf Langeland (auf dt. im Langelandmuseum erhältlich)
  • • Gunnar Larsen: Fyn og Øerne (erschienen in der Reihe Geologisk set) - 144 S., zahlr. Abb. und Karten, Geografforlaget, Brenderup (DK) 2002.

Einzelnachweise

  1. ↑ a b c Ungültige Metadaten-Quelle Insel
  2.  

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Seeland (Dänemark)

Seeland (dänisch Sjælland) ist die größte Ostseeinsel (7.031 km²) Dänemarks im Osten des Landes. Mit 2.164.217 Einwohnern (1. Januar 2010[1]) ist Seeland zugleich die mit Abstand bevölkerungsreichste Insel Dänemarks.

Name

Die genaue Herkunft des dänischen Namens „Sjælland“ ist umstritten. „Sjæl“ bedeutet im heutigen Dänisch zwar „Seele“, aber aufgrund älterer Aufzeichnungen kann man diese Deutung ausschließen. Auch eine dem deutschen Namen entsprechende Ableitung aus „siô/sæ“ („See“, mit der Bedeutung „Meer“) wird heute weitgehend abgelehnt – es kann jedoch sein, dass der deutsche Name entstand, als die dänische Forschung zur Wortherkunft noch nicht den heutigen Stand erreicht hatte; die Dänen also selbst annahmen, dass der Name „Seeland“ bedeutet. Die heute vorherrschende Auffassung ist: Die altdänische Form „Siâland“ stammt von einer Zusammensetzung des Wortes *selha- mit der Endung *wundia-. Letzteres bedeutet „weist auf, ähnelt“. Das Wort *selha- kann zwei verschiedene Bedeutungen haben: Es kann zum einen „Seehund“ bedeuten (im heutigen Dänisch „sæl“) und zum anderen „tiefe Bucht, Förde“ bedeuten. Da der wichtigste Ort auf Seeland früher Roskilde war, das auf dem Seewege nur durch den engen und verzweigten Roskildefjord zu erreichen ist, wird meist angenommen, dass die Seefahrer nach diesem die Insel benannt haben.[2]

Geographie

Im Nordosten von Sjælland befindet sich die dänische Hauptstadt Kopenhagen, die sich zum Teil auf die Nachbarinsel Amager erstreckt. Mit den umliegenden Orten bildet Kopenhagen die Hauptstadtsregion (Region Hovedstaden), eine der fünf Verwaltungsregionen Dänemarks. Sie hat auf einer Fläche von 2.561 km² 1.167.569 Einwohner (1. Januar 2009)[3], beherbergt also auf weniger als 6 % der Fläche des Landes mehr als 20 % der dänischen Bevölkerung. Damit ist dieser Teil Seelands das mit Abstand größte Ballungszentrum Dänemarks. Zugleich bildet es den dänischen Teil der Öresundregion.

Zur westlichen Nachbarinsel Fyn (deutsch: Fünen), ihrerseits durch zwei Brücken im Nordwesten mit dem dänischen Festland verbunden, führt die Storebælt-Brücke. Seit 2000 hat Seeland über die Öresundverbindung, einer Brücken- und Tunnelkombination, direkten Anschluss an die schwedische Provinz Schonen.

Eine weitere wichtige Stadt ist die ehemalige Hauptstadt Roskilde mit ihrem Weltkulturerbe, dem Dom zu Roskilde.

Höchste natürliche Erhebung Seelands ist der Kobanke mit 122,9 Metern. Gyldenløves Høj ist mit 125,5 Metern zwar höher, aber seine natürliche Höhe beträgt nur 121,3 Meter. Im Nordteil der Insel ist der Maglebjerg mit 91 Metern die höchste Erhebung. Er liegt im Rudewald (Rude Skov) unmittelbar östlich von Ebberødgård.

Einzelnachweise

  1. ↑ a b Statistikbanken -> Befolkning og valg -> BEF4: Folketal pr. 1. januar fordelt på øer (dänisch)
  2. ↑ Beitrag von Jan Katlev, Mitverfasser Politikens Etymologisk Ordbog
  3. ↑ www.xxx → Befolkning og valg → Folketal → Tabelle BEF44: Folketal pr. 1. januar fordelt på byer (2006-2009), abgerufen am 5. Oktober 2009

    xxx – Entsprechend unserer Statuten werden uns unbekannte Webadressen nicht veröffentlicht. Für eine weiterführende Recherche gehen Sie bitte auf die entsprechende Wikipediaseite. Mehr Informationen lesen Sie auf unserer Impressumseite. Anmerkung der u~m~d~h~T: Wir machen darauf aufmerksam, daß politische Passagen im Zuge unserer Statuten stark gekürzt, bzw. nicht übernommen wurden.

 

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Köln

Köln (bis 1919 auch Cöln, unter den Römern erst oppidum ubiorum, dann CCAA, Colonia Claudia Ara Agrippinensium, im Mittelalter auf Latein meist Colonia Agrippina und Deutsch Coellen und im Kölner Dialekt Kölle genannt) ist nach Einwohnern die viertgrößte, flächenmäßig die drittgrößte Großstadt Deutschlands sowie die größte Stadt Nordrhein-Westfalens.[2] Die Stadt ist für ihre 2000-jährige Geschichte, ihr kulturelles und architektonisches Erbe sowie für ihre international bedeutenden Veranstaltungen bekannt.

Neben ihrer Eigenschaft als Sitz weltlicher und kirchlicher Macht trug zur Bedeutung Kölns auch die Lage am Rhein sowie am Schnittpunkt bedeutender West-Ost-Handelsstraßen bei. Die Stadt wurde so zu einem wichtigen Handelsstandort und ist heute der Verkehrsknotenpunkt mit dem höchsten Eisenbahnverkehrsaufkommen und mit dem größten Container- und Umschlagbahnhof Deutschlands, dem Umschlagbahnhof Köln Eifeltor. Die Rheinhäfen zählen zu den wichtigsten Binnenhäfen Europas.

Köln besitzt als Wirtschafts- und Kulturmetropole internationale Bedeutung und gilt als eines der führenden Zentren für den weltweiten Kunsthandel. Die Karnevalshochburg ist außerdem Sitz vieler Verbände und Medienunternehmen mit zahlreichen Fernsehsendern, Plattenfirmen und Verlagshäusern.

Die Stadt hat mit der Universität zu Köln, an der mehr als 44.000 Studenten eingeschrieben sind, eine der größten Universitäten und mit 16.500 Studenten an der Fachhochschule Köln die größte Fachhochschule Deutschlands und ist Sitz zahlreicher weiterer Hochschulen (siehe auch Hochschulen in Köln).

Geographie

Geographische Lage und Klima

Das Stadtgebiet erstreckt sich über 405,15 km² (linksrheinisch 230,25 km², rechtsrheinisch 174,87 km²). Damit ist Köln flächenmäßig die sechstgrößte Stadt und drittgrößte Großstadt Deutschlands.

Köln liegt 50° 56′ 33″ nördlicher Breite und 6° 57′ 32″ östlicher Länge. Der höchste Punkt liegt 118,04 Meter (der Monte Troodelöh im Königsforst), der niedrigste 37,5 Meter (im Worringer Bruch) über dem Meeresspiegel.

Köln befindet sich in der Kölner Bucht, wie die Tallandschaft zwischen den Stufen des Bergischen Landes und der Eifel unmittelbar nach Austritt des Rheins aus dem Rheinischen Schiefergebirge genannt wird. Diese günstige Lage verschafft Köln ein Klima, das sich durch mehrere Besonderheiten auszeichnet:

  • Durch die Eifelbarriere liegt die Stadt, insbesondere deren linksrheinischer Teil, im Schutz und Regenschatten von Westwinden, die außerdem einen Föhneffekt bewirken können.
  • Gleichzeitig wird eine Lufterwärmung durch geringen Luftaustausch mit dem Umland begünstigt. Die Innenstadt von Köln, in der zusätzlich innerstädtische Überwärmung auftritt, gilt als der wärmste Ort Deutschlands, noch vor Freiburg im Breisgau.
  • Damit verbunden ist aufgrund der Verdunstung des Rheinwassers bei geringem Luftaustausch regelmäßig eine hohe Luftfeuchtigkeit, die insbesondere im Sommer für belastendes, schwüles Wetter sorgt und für zahlreiche Gewitter verantwortlich ist.

Köln liegt im Großraum der Übergangszone vom gemäßigten Seeklima zum Kontinentalklima mit milden Wintern (Januarmittel: 2,4 °C) und mäßig warmen Sommern (Julimittel: 18,3 °C). Die mittleren Jahresniederschläge betragen 798 Millimeter und liegen damit im Deutschlandmittel, aber wesentlich höher als im westlich angrenzenden Rhein-Erft-Kreis (Erftstadt-Bliesheim: 631) oder der Zülpicher Börde (Zülpich: 582), was bei Pendlern den Eindruck eines „Regenlochs“ erweckt.[3] Laut Eurostat[4] war Köln mit 263 Regentagen (Bezugsjahr 2004) die europäische Stadt mit den zweitmeisten Regentagen, 2001 dagegen lag Köln mit 206 im Mittelfeld von 40 deutschen Städten (Durchschnitt: 194 Regentage).[4][5] Nach derselben Statistik waren 2004 Mönchengladbach, Moers und Trier dagegen mit 107 Regentagen die regenärmsten Städte Deutschlands.

Geologie

Köln liegt am Südrand der Niederrheinischen Bucht zum größten Teil im Bereich der Niederterrassen, die vom Rhein aus terrassenartig leicht ansteigen. Der geologische Unterbau wird im Stadtgebiet aus bis zu 35 Meter mächtigen Ablagerungen des Eiszeitalters (Quartär) gebildet. Sie bestehen aus Kiesen und Sanden des Rhein-Maas-Systems. Ausläufer des Rheinischen Braunkohlereviers reichen bis Köln-Kalk: Um 1860 wurde das Bergwerk Gewerkschaft Neu-Deutz gegründet. Auf dem Gelände befindet sich heute die Brauerei der Gebrüder Sünner, die das in den Stollen eindringende Grundwasser verwenden konnte.[6] Im tieferen Untergrund folgen Schichten des Tertiärs und des Devons.

Die Bodenbeschaffenheit ist geprägt durch die fruchtbaren Böden der Schwemmland-Ebene am Rhein. In den westlichen Stadtteilen werden sie von Löss überdeckt, der zu ertragreichen, ackerbaulich genutzten Lehmböden (Parabraunerden) verwittert ist. Sie sind oft mit fruchtbaren Kolluvien vergesellschaftet, die in Senken aus abgeschwemmtem Bodenmaterial entstanden. In der östlich anschließenden Rheinebene, die durch verlandete Altarme gegliedert wird, lagerte der Rhein zum Ende der letzten Eiszeit sandige bis lehmige Sedimente ab. Daraus bildeten sich ertragreiche Parabraunerden und Braunerden, die ebenfalls ackerbaulich genutzt werden. In der Rheinaue entstanden durch periodische Überflutungen aus angeschwemmtem Bodenmaterial fruchtbare Braune Auenböden. Der äußerste Osten des Stadtgebietes zählt bereits zum Sockel des rheinischen Schiefergebirges. Hier sind geologisch ältere Terrassensande und Flugsande verbreitet, aus denen meist ärmere Braunerden, saure Podsol-Braunerden und bei dichtem Untergrund auch staunasse Pseudogleye hervorgingen. Diese eher minderwertigen Böden werden als Heiden beziehungsweise waldwirtschaftlich genutzt. An Bachläufen und in Rinnen bildeten sich dort ebenso wie in der Rheinaue Grundwasser beeinflusste Gleye. Die Verschiedenheiten in Mikroklima und Bodenbeschaffenheit sind durch die große Fläche der Stadt erklärbar.

Durch tektonische Bewegungen des Rheingraben-Bruchs[7] entstanden um Köln ausgeprägte Geländekanten, wie etwa die Ville bei Frechen. Unmittelbar westlich davon schließt sich Deutschlands aktivste Erdbebenzone an, deren Epizentrum im Kreis Düren liegt. Zur Erdbebenvorsorge wurde 2006 von der Abteilung Erdbebengeologie der Universität zu Köln ein Messnetz mit 19 „Strong-motion“-Stationen zwischen Aachen, Bensberg, Meckenheim und Viersen installiert.[8] Mehrmals im Monat ereignen sich in der Kölner Bucht Mikroerdbeben, die nicht wahrnehmbar sind, zum Beispiel am 3. März 2010 um 16:45 Uhr (Stärke 1,6 nach der Richterskala) in zehn Kilometer Tiefe bei Mützenich in der Eifel.[9]

Köln und der Rhein

Der Rhein, nach dem Austritt aus dem südlich von Köln gelegenen Schiefergebirge als Niederrhein bezeichnet, tritt bei Godorf in die Stadt ein und verlässt sie bei Worringen. Das Gefälle des Rheins beträgt etwa 0,2 Promille. Sein aktueller Pegel lässt sich an der Pegeluhr des Pegel Köln ablesen. Der Normalpegel beträgt 3,48 Meter.

Mehrfach war Köln von Hochwassern des Rhein betroffen. Das schlimmste aufgezeichnete Hochwasser ereignete sich im Februar 1784, als nach dem extrem langen und kalten Winter 1783/84 ein Temperatursprung einsetzte. Der Rhein war zu diesem Zeitpunkt fest zugefroren und die Schneeschmelze sowie das aufbrechende Eis sorgten für einen Rekordpegel von 13,55 Meter. Die Fluten, auf denen schwere Eisschollen trieben, verwüsteten weite Teile der Uferbebauung und alle Schiffe. Einzelne Gebäude, darunter auch Befestigungsbauten, stürzten aufgrund des Schollengangs ein. 65 Tote waren zu beklagen. Die rechtsrheinisch gelegene bergische Kreisstadt Mülheim am Rhein, heute ein Kölner Stadtteil, wurde vollständig zerstört.

Im 20. Jahrhundert erreichten die drei Jahrhunderthochwasser von 1926, 1993 und 1995 Pegelstände von bis zu 10,69 Meter. Seit 2005 wird ein Hochwasserschutzkonzept umgesetzt, das durch feste oder mobile Wände die Stadt bis zu einem Pegelstand von 11,90 Metern schützt. Mehrfach führte der Rhein aber auch Niedrigwasser. Am 20. September 2003 um 8 Uhr erreichte der Rhein am Pegel Köln die Marke von 0,80 Meter. Damit wurde der niedrigste aufgezeichnete Wert aus dem Jahr 1947 unterschritten. Jedoch bedeutet der Pegel 0,00 Meter, dass die 150 Meter breite Fahrrinne in der Mitte des Flusses noch 1 Meter Wassertiefe hat. Die Binnenschifffahrt musste starke Einschränkungen hinnehmen, wurde aber nicht wie auf der Elbe ganz eingestellt.

Welche Wassermengen sich je nach Pegelstand durch die Stadt bewegen, macht folgende Aufstellung deutlich: 0,80 m (niedrigster Wasserstand): 630 m³/s; 3,48 m (Normalwasserstand): 2.000 m³/s; 6,20 m (Hochwassermarke I): 4.700 m³/s; 8,30 m (Hochwassermarke II): 7.200 m³/s; 10,0 m (Hochwasserschutz in Altstadt, Rodenkirchen und Zündorf): 9,700 m³/s; 10,69 m (Hochwasser im Januar 1995): 11.500 m³/s.

Nachbargemeinden

Köln ist Zentrum eines Ballungsraums, der etwa zwei Millionen Einwohner umfasst. In dem geschlossenen Siedlungsraum grenzen folgende Städte im Uhrzeigersinn, beginnend im Nordosten, unmittelbar an das Stadtgebiet an.

Leverkusen (kreisfreie Stadt), Bergisch Gladbach und Rösrath (Rheinisch-Bergischer Kreis), Troisdorf und Niederkassel (Rhein-Sieg-Kreis), Wesseling, Brühl, Hürth, Frechen und Pulheim (alle Rhein-Erft-Kreis), Dormagen (Rhein-Kreis Neuss) und Monheim (Kreis Mettmann).

Die Stadt Wesseling war zum 1. Januar 1975 nach Köln eingemeindet worden, erhielt aber nach einem Gerichtsentscheid bereits am 1. Juli 1976 ihre Selbständigkeit zurück.

Stadtgliederung

Die Stadt Köln gliedert sich in 86 Stadtteile, die zu neun Stadtbezirken zusammengefasst sind. Die Stadt Köln nummeriert die Stadtbezirke von 1 - 9 und die Stadtteile von 101 - 105, 201 - 213, 301 - 309, 401 - 406, 501 - 507, 601 - 612, 701 - 716, 801 - 809 und von 901 - 909, wobei der Hunderter der Nummer des Stadtbezirks entspricht.

Innerhalb der Stadtteile unterscheiden die Kölner in der Regel noch zwischen verschiedenen „Veedeln“ (Kölsch für Stadtviertel), deren Bewohner häufig an dörfliche Gemeinschaften erinnernde soziale Bindungen und Kontakte pflegen. Das Amt für Stadtentwicklung und Statistik hat für Köln 365 Stadtviertel definiert, die Grenzen und Benennungen der Viertel schwanken jedoch je nach Sichtweise der Einwohner teils erheblich.

Innenstadt (Stadtbezirk 1)

    Altstadt-Süd 101, Neustadt-Süd 102, Altstadt-Nord 103, Neustadt-Nord 104, Deutz 105

Rodenkirchen (Stadtbezirk 2)

    Bayenthal 201, Marienburg 202, Raderberg 203, Raderthal 204, Zollstock 205, Rondorf 206, Hahnwald 207, Rodenkirchen 208, Weiß 209, Sürth 210, Godorf 211, Immendorf 212, Meschenich 213

Lindenthal (Stadtbezirk 3)

    Klettenberg 301, Sülz 302, Lindenthal 303, Braunsfeld 304, Müngersdorf 305, Junkersdorf 306, Weiden 307, Lövenich 308, Widdersdorf 309

Ehrenfeld (Stadtbezirk 4)

    Ehrenfeld 401, Neuehrenfeld 402, Bickendorf 403, Vogelsang 404, Bocklemünd/Mengenich 405, Ossendorf 406

Nippes (Stadtbezirk 5)

    Nippes 501, Mauenheim 502, Riehl 503, Niehl 504, Weidenpesch 505, Longerich 506, Bilderstöckchen 507

Chorweiler (Stadtbezirk 6)

    Merkenich 601, Fühlingen 602, Seeberg 603, Heimersdorf 604, Lindweiler 605, Pesch 606, Esch/Auweiler 607, Volkhoven/Weiler 608, Chorweiler 609, Blumenberg 610, Roggendorf/Thenhoven 611, Worringen 612

Porz (Stadtbezirk 7)

    Poll 701, Westhoven 702, Ensen 703, Gremberghoven 704, Eil 705, Porz 706, Urbach 707, Elsdorf 708, Grengel 709, Wahnheide 710, Wahn 711, Lind 712, Libur 713, Zündorf 714, Langel 715, Finkenberg 716,

Kalk (Stadtbezirk 8)

    Humboldt/Gremberg 801, Kalk 802, Vingst 803, Höhenberg 804, Ostheim 805, Merheim 806, Brück 807, Rath/Heumar 808, Neubrück 809

Mülheim (Stadtbezirk 9)

    Mülheim 901, Buchforst 902, Buchheim 903, Holweide 904, Dellbrück 905, Höhenhaus 906, Dünnwald 907, Stammheim 908, Flittard 909

63,4 Prozent aller Einwohner der Stadt Köln wohnen linksrheinisch (Stand: 2006).[10]

Flora und Fauna

Köln verfügt über ausgedehnte Grünflächen, die im städtischen Bereich als Parks gestaltet, in den Außenbezirken zumeist bewirtschaftete Forste sind. Daneben existieren in Köln 22 Naturschutzgebiete, beispielsweise der Worringer Bruch im äußersten linksrheinischen Norden Kölns, ein ehemaliger, heute verlandeter Seitenarm des Rheins. Er bietet eine Heimat für seltene Tier- und Pflanzenarten und eine charakteristische Auen- und Waldlandschaft. Rechtsrheinisch finden sich hauptsächlich offene Wald- und Heidelandschaften wie beispielsweise die Wahner Heide, das Naturschutzgebiet Königsforst und der Dünnwalder Wald.

Die Fauna weist eine sehr hohe Zahl an Kulturfolgern auf. Neben Tauben, Mäusen und Ratten, die allgegenwärtig sind und lokal bereits als Plage wahrgenommen werden, sind auch Rotfüchse in bedeutender Zahl in das Stadtgebiet eingewandert. Sie sind mittlerweile selbst in der Innenstadt zu finden, wo sie Kleingärten und Parks als Revier nutzen.

In den Kölner Grünanlagen haben sich, begünstigt durch das milde Klima, diverse nicht einheimische Tiere angesiedelt. Größere Populationen von Halsbandsittichen und dem Großen Alexandersittich leben, unter anderem, auf dem Melaten-Friedhof und dem Gelände der Riehler Heimstätten. Ursprünglich aus asiatischen Bergregionen (Indien, Afghanistan) für die Zoo- und Wohnungshaltung nach Deutschland eingeführt, haben sich diese Papageien/Sittiche als Neozoen etabliert. Die Angaben über die Größe der Populationen reichen von einigen 100 Exemplaren bis zu über 1000 Individuen. Die Volkshochschule und einige ornithologische Vereine bieten gelegentlich Führungen zu Bäumen mit Papageienkolonien an. Die Existenz der „Einwanderer“ ist indes nicht unumstritten, da diese als Konkurrenz der „einheimischen“ Tierwelt bezüglich des Nahrungsangebotes und der Nistmöglichkeiten angesehen werden.

Geschichte

Der Name Köln, zur Römerzeit Colonia Claudia Ara Agrippinensium (CCAA), geht auf die römische Kaiserin Agrippina zurück. Die Gattin von Claudius war am Rhein geboren und ließ das Oppidum Ubiorum (Ubiersiedlung) im Jahre 50 n. Chr. zur Stadt erheben.[11] In der Römerzeit war es Statthaltersitz der Provinz Germania Inferior. Um 80 n. Chr. erhielt Köln mit der Eifelwasserleitung einen der längsten römischen Aquädukte überhaupt. Aus dem lateinischen Colonia, das in den meisten romanischen und einer größeren Zahl anderer Sprachen weiterhin als Name für Köln fungiert (beispielsweise italienisch und spanisch Colonia, portugiesisch Colônia, katalanisch Colònia, polnisch Kolonia, türkisch Kolonya, arabisch كولونيا beziehungsweise Kulunia; niederländisch Keulen) entwickelte sich über Coellen, Cöllen, Cölln und Cöln der heutige Name Köln (siehe Abschnitt französische und preußische Herrschaft).

Frühmittelalter

Auch im Frühmittelalter war Köln eine bedeutende Stadt. Um das Jahr 455 eroberten die Franken die zuvor römische Stadt. Bis Anfang des 6. Jahrhunderts war Köln Hauptort eines selbständigen fränkischen Teilkönigreiches, ging anschließend im Reich Chlodwigs I. auf, bewahrte sich aber starke Eigenständigkeit im Gebiet der Ripuarier. Die romanische Bevölkerung lebte lange Zeit parallel zu den fränkischen Eroberern in der Stadt. Im Laufe des 6. bis 8. Jahrhunderts kam es zu einer vollständigen Akkulturation zwischen den beiden Bevölkerungsteilen. Die wechselseitige Beeinflussung der fränkischen und lateinischen Dialekte ist anhand von Quellen nachweisbar. Die Franken übernahmen rasch kulturelle Errungenschaften der römischen Stadtbevölkerung, zum Beispiel im Bereich der Bautechnik oder der Glasherstellung. Gegen Ende der Merowingerzeit war Köln Residenzstadt. Spätestens ab karolingischer Zeit war der Bischof beziehungsweise Erzbischof von Köln eine der bedeutendsten Personen im Reich.

Unter den Ottonen spielte Köln eine wichtige Rolle bei der Annäherung des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation an das Byzantinische Reich, seit die Kaiserin Theophanu, gebürtige Griechin und Gattin Ottos II., dort als Reichsverweserin residierte. Ab dem 10. Jahrhundert setzte eine Serie von Stiftsgründungen ein, die den romanischen Kirchenbau einläuteten. In der Folge errang Köln unter der Führung bedeutender, auch politisch versierter Erzbischöfe einen unangefochtenen Rang als geistliches Zentrum. Der Erzbischof von Köln war auch Kurfürst des Mitte des 10. Jahrhunderts gegründeten Erzstiftes und Kurfürstentums Köln. Die Überführung der Gebeine der Heiligen drei Könige (siehe Dreikönigenschrein) von Mailand nach Köln durch den Erzbischof Rainald von Dassel im Jahr 1164 machte die Stadt zu einem wichtigen Ziel für Pilger.

Größte Stadt im mittelalterlichen Deutschland

Köln wurde im Hochmittelalter größte Stadt Deutschlands, so dass die Stadtbefestigungen mehrfach erweitert werden mussten: Ab dem Jahre 1180 (Urkunden vom 27. Juli und 18. August 1180) wurde die damals weiträumigste Stadtmauer Deutschlands mit 12 Toren und 52 Mauertürmen in der Ringmauer und mehr als 16 Toren und Pforten in der Rheinmauer gebaut und etwa 1225 fertig gestellt. Sie war gewaltiger als die fast zur gleichen Zeit errichtete Mauer König Philipps II. Augustus in Paris. Die zwölf Tore (sieben gewaltige Doppelturmtorburgen, davon erhalten Eigelsteintor und Hahnentor, drei riesige Turmtorburgen, davon erhalten das Severinstor, und zwei kleinere Doppelturmpforten, siehe Ulrepforte) – in die halbkreisförmige Stadtmauer integriert – sollten an das himmlische Jerusalem erinnern.

Seit dem 12. Jahrhundert führte Köln neben Jerusalem, Konstantinopel und Rom die Bezeichnung Sancta im Stadtnamen: Sancta Colonia Dei Gratia Romanae Ecclesiae Fidelis Filia – Heiliges Köln von Gottes Gnaden, der römischen Kirche getreue Tochter. Der Name Dat hillige Coellen oder die hillige Stat van Coellen war ein Begriff dieser Zeit. Es wurde beschlossen, ein unerreicht großes und beeindruckendes Gotteshaus zu errichten, um den Reliquien einen angemessenen Rahmen zu geben. Die Grundsteinlegung des Kölner Domes erfolgte 1248.

Spätmittelalterliches Köln

Am 7. Mai 1259 erhielt Köln das Stapelrecht, das den Kölner Bürgern ein Vorkaufsrecht aller auf dem Rhein transportierten Waren sicherte und so zum Wohlstand der Kölner Bürgerschaft beitrug. Die jahrelangen Kämpfe der Kölner Erzbischöfe mit den Patriziern endeten 1288 vorläufig durch die Schlacht von Worringen, bei der das Heer des Erzbischofs gegen das des Grafen Adolf V. von Berg und der Kölner Bürger unterlag. Fortan gehörte die Stadt nicht mehr zum Erzstift, und der Erzbischof durfte sie nur noch zu religiösen Handlungen betreten. Die offizielle Erhebung zur Freien Reichsstadt dauerte allerdings noch bis 1475. Die Auseinandersetzungen zwischen dem patrizischen Rat und den nicht im Rat vertretenen Zünften führte am 20. November 1371 zum blutigen Kölner Weberaufstand.

1396 wurde durch eine unblutige Revolution die Patrizierherrschaft in Köln endgültig beendet. An ihre Stelle trat eine ständische Verfassung, die sich auf die Organisation der Gaffeln stützt. Vorausgegangen war eine Auseinandersetzung innerhalb des kölnischen Patriziats, bei dem die Partei der Greifen mit ihrem Führer Hilger Quattermart von der Partei der Freunde des Konstantin von Lyskirchen entmachtet wurde. Hilger Quattermarts Verwandter Heinrich von Stave wurde am 11. Januar 1396 auf dem Neumarkt hingerichtet, viele der Greifen wurden zu lebenslanger Kerkerhaft verurteilt.

Am 18. Juni 1396 versuchte Konstantin von Lyskirchen, alte patrizische Rechte wiederherzustellen. Die dagegen protestierenden Handwerker- und Kaufleutezünfte wurden von ihm „vom hohen Ross herab“ nach Hause geschickt. Daraufhin nahmen die Zünfte die Freunde in ihrem Versammlungsraum gefangen. Die Greifen wurden befreit. Am 24. Juni 1396 trat ein 48-köpfiger, provisorischer Rat aus Kaufleuten, Grundbesitzern und Handwerkern zusammen.

Der Stadtschreiber Gerlach von Hauwe formulierte daraufhin den so genannten Verbundbrief, der am 14. September 1396 von den 22 so genannten Gaffeln unterzeichnet und in Kraft gesetzt wurde. Die Gaffeln sind heterogen zusammengesetzt, in ihnen sind die entmachteten Patrizier, Ämter, Zünfte und Einzelpersonen zusammengefasst, nicht aber die zahlenmäßig sehr starke Geistlichkeit; jeder kölnische Bürger musste einer der Gaffeln beitreten. Der Verbundbrief konstituierte einen 49-köpfigen Rat, mit 36 Ratsherren aus den Gaffeln und 13 Gebrechtsherren, die berufen wurden. Der Verbundbrief blieb bis zum Ende der Freien Reichsstadt 1794 in Kraft.

Frühe Neuzeit

Ab 1500 gehörte Köln zum neu geschaffenen Niederrheinisch-Westfälischen Reichskreis, ab 1512 zum neu geschaffenen Kurrheinischen Reichskreis. 1582 sagte der Kölner Erzbischof Gebhard Truchsess von Waldburg sich von der katholischen Kirche los und heiratete die protestantische Stiftsdame Agnes von Mansfeld. Er wurde daraufhin von Papst Gregor XIII. exkommuniziert und der verlässliche katholische Ernst von Bayern wurde zu seinem Nachfolger bestimmt – unter anderen, weil ein protestantischer Kölner Erzbischof die katholische Mehrheit im Kurfürstenkollegium gekippt hätte. Es kam zum Truchsessischen Krieg (auch Kölner Krieg), der von 1583 bis 1588 dauerte und in dessen Verlauf Deutz, Bonn und Neuss verwüstet wurden. Der Krieg gab in seiner Zerstörungskraft einen Vorgeschmack auf die kommenden konfessionellen Auseinandersetzungen in Deutschland.

Der Dreißigjährige Krieg ließ die Stadt aber unversehrt. Dies lag zum Teil daran, dass sich die Stadt durch Geldzahlungen an heranziehende Truppen von Belagerungen und Eroberungen freikaufte. Köln verdiente an dem Krieg durch Waffenproduktion und -handel prächtig.

Französische und preußische Herrschaft

Mit dem Einzug der französischen Truppen am 6. Oktober 1794 während der Koalitionskriege endete die Geschichte der freien Reichsstadt. Die Stadt, die versucht hatte, neutral zu bleiben, wurde kampflos an den Befehlshaber des linken Flügels der Rheinarmee, Jean-Étienne Championnet übergeben.[12] Wie das gesamte linksrheinische Gebiet wurde die Stadt Bestandteil der französischen Republik und 1798 in das Département de la Roer eingegliedert, dessen Hauptstadt nicht Köln sondern Aachen wurde. Köln wurde nur Sitz eines Unterpräfekten des Arrondissement de Cologne. Viele Kölner Bürger begrüßten die französischen Revolutionstruppen als Befreier, am Neumarkt wurde ein Freiheitsbaum errichtet. Die bis dahin benachteiligten Juden und protestantischen Christen wurden gleichgestellt. Trotz der oft drückenden Kontributionen blieben die Bürger loyal zum Kaiserreich Napoleons. Bei seinem Besuch der Stadt als eine der „bonnes villes“ Deutschlands am 13. September 1804 wurde er begeistert empfangen. Nach den Befreiungskriegen wurde die Stadt Köln und das Rheinland in Folge des Wiener Kongresses 1815 Teil des Königreichs Preußen.

Mit der Angliederung an Preußen gewann nationalistisches Denken zunehmend an Bedeutung. Die liberalen Französischen Gesetze wie der Code civil blieben jedoch in Kraft. Der Name der Stadt wurde aber sofort „germanisiert“. Der preußische Innenminister bestimmte aber 1900 durch einen Erlass, hinter dem der König und Deutsche Kaiser Wilhelm II. stand, dass die Stadt fortan nur mit C geschrieben werden durfte. Die liberalen Zeitungen, wie die Kölnische Zeitung, hielten sich allerdings nicht daran. Nach dem Ende des Kaiserreichs 1918 verkündete das Städtische Nachrichtenamt unter dem Oberbürgermeister Konrad Adenauer am 1. Februar 1919: „Der Städtenamen Köln wird von jetzt an im Bereich der städtischen Verwaltung wieder mit K geschrieben“.[13]

Köln wurde nicht zuletzt wegen des Engagements der Kölner Bankhäuser im Laufe der folgenden Jahrzehnte nach Berlin zur wichtigsten Stadt in Preußen. Im Jahre 1880 wurde nach 632 Jahren auf Betreiben des Königs von Preußen und deutschen Kaisers der Bau des Kölner Doms abgeschlossen – zumindest vorübergehend, denn auch heute noch sind Reparaturarbeiten wegen der Schäden in Folge des Zweiten Weltkrieg und Umwelteinflüssen erforderlich. Weil diese Arbeiten vermutlich nie abgeschlossen sein werden, wird der Dom auch als die „ewige Baustelle“ bezeichnet, was Heinrich Heine schon 1844 persiflierte: „Er ward nicht vollendet – und das ist gut. – Denn eben die Nichtvollendung – Macht ihn zum Denkmal von Deutschlands Kraft – Und protestantischer Sendung.“

Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Stadt durch Kauf und Schleifung der Stadtmauer, Wälle und Bastionen in den Festungsrayon erweitert. Begrenzt wurde die Stadt durch den Festungsring Köln. Die Besiedlung der Neustadt (Köln-Neustadt-Nord, Köln-Neustadt-Süd) stellte den Kontakt zu den schnell wachsenden Umlandgemeinden her und schuf die Voraussetzung für deren Eingemeindungen. Vom Abriss der alten Stadtmauer blieben nur wenige exemplarische Bauwerke aufgrund einer Intervention des preußischen Kulturministeriums verschont.

20. Jahrhundert

Am 28. September 1917 wurde Konrad Adenauer erstmals zum Kölner Oberbürgermeister gewählt. In seine Amtszeit fallen unter anderem am 5. Oktober 1925 die Anerkennung der größten Musikhochschule Deutschlands oder am 18. Oktober 1929 die Ansiedlung der Ford-Werke als größtem Kölner Arbeitgeber. Adenauer musste nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten Köln am 13. März 1933 verlassen.

Köln in der Zeit des Nationalsozialismus

Im Zweiten Weltkrieg fielen am 18. Juni 1940 auf Köln die ersten Bomben, ab 1942 wurde das Bombardement durch die britische Luftwaffe intensiviert. Am 29. Juni 1943 wurde die Stadt durch britische (nachts) und amerikanische (tagsüber) Flächenbombardements zu über 90 Prozent zerstört; dabei wurde der Kölner Dom schwer beschädigt. Die Bombardements dauerten bis zum 2. März 1945 (siehe auch Operation Millennium). Die Einwohnerzahl sank von ehemals 800.000 bis zum Kriegsende auf rund 104.000 Einwohner (42.000 linksrheinisch am 4. April 1945, 62.000 rechtsrheinisch am 5. Mai 1945; 490.000 bei der ersten Volkszählung nach dem Krieg am 29. Oktober 1946), die nach dem Einmarsch der amerikanischen Truppen am 4. März 1945 registriert wurden.[14] Von Januar bis März 1945 wurden in Köln 1800 in- und ausländische Widerstandskämpfer im Zuge der Endphaseverbrechen von den Nationalsozialisten ermordet.

Köln nach dem Krieg

Erst 1959 erlangte Köln wieder die Einwohnerzahl der Vorkriegszeit.

Im Jahr 1975 überschritt Köln durch eine Gebietsreform, das Köln-Gesetz, für einige Zeit die Einwohnerzahl von einer Million und war neben Berlin, Hamburg und München die vierte Millionenstadt Deutschlands. Seit der Ausgliederung Wesselings 1976 liegt die Einwohnerzahl jedoch wieder unter der Millionengrenze.

Bis auf Deutz gehörten die rechtsrheinischen Stadtbezirke Kölns bis 1802 zum Herzogtum Berg; sie waren daher überwiegend reformierter Konfession. Die heutige Altstadt bildete die freie Reichsstadt Köln, die übrigen Stadtbezirke waren Teil des Kurfürstlichen Erzstifts Köln. Beide blieben katholisch.

Religionen

Historisch ist Köln wie das gesamte Rheinland, abgesehen vom Bergischen Land, katholisch geprägt; so sind circa 41,6 Prozent der Einwohner katholisch, 17,5 Prozent evangelisch, 10 Prozent muslimisch, die restlichen knapp 30 Prozent Anhänger anderer oder ohne Religion.

Christentum

Spätestens seit dem Jahr 313 ist Köln Bischofssitz (Erzbistum Köln). Die Bischofskirche dieser Zeit ist nicht bekannt. Der Kölner Dom gilt erst seit der Gotik als das prägende Wahrzeichen der Stadt. Die romanische Kirche des Benediktinerklosters Groß St. Martin und der Rathausturm bestimmten bis zur Fertigstellung des Domes im deutschen Kaiserreich die Silhouette der Stadt maßgeblich mit.

Köln hatte nach der Überführung der mutmaßlichen Gebeine der Heiligen Drei Könige (der Weisen aus dem Morgenland) am 23. Juli 1164 schnell den Rang als einer der wichtigsten Wallfahrtsorte im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation inne. Die erste Reise der frisch gekrönten Kaiser und Könige führte von Aachen an den Schrein der Heiligen Drei Könige. Die Pilgermassen brachten viel Geld mit in die Stadt, was zu einer verstärkten Ansiedlung und einem sprunghaften Anstieg der Stadtbevölkerung führte.

Der Erzbischof Philipp I. von Heinsberg ließ einen kostbaren vergoldeten Schrein für die Gebeine anfertigen. Seine Nachfolger ließen ab 1248 einen neuen Dom bauen, dessen Errichtung aufgrund von Streitigkeiten mit dem Stadtrat und der darauf folgenden Vertreibung des Fürstbischofs aus Köln immer langsamer voran ging und schließlich völlig zum Erliegen kam (siehe auch Kölner Dom).

In Köln entwickelte sich im Mittelalter zu einem Zentrum des Reliquienhandels, da die mittelalterlichen Menschen hofften, durch den Besitz eines heiligen Gegenstandes oder Knochen einer oder eines Heiligen der Erlösung näher zu kommen. Diese Bedeutung der Stadt brachte ihr den Namen „heiliges Köln“ ein.

Die Bedeutung der Religion zeigt sich auch im Stadtwappen, auf dem die drei Kronen der Heiligen Drei Könige und die elf Flammen der heiligen Ursula von Köln und ihrer Gefährtinnen, die in Köln den Märtyrertod erlitten haben sollen, dargestellt sind.

Einer der zahlreichen Höhepunkte des „heiligen Kölns“ in der jahrtausendelangen christlichen beziehungsweise katholischen Geschichte Kölns war der 20. Weltjugendtag vom 15. August bis 21. August 2005. Rund 26.000 Freiwillige aus 160 Staaten begrüßten Gäste aus 196 Staaten in den Städten Köln, Bonn und Düsseldorf. Zu diesem Großereignis der „jungen katholischen Kirche“ waren bis zur Abschlussmesse auf dem Marienfeld, einem stillgelegten Tagebau nahe dem Vorort Frechen, über 1.000.000 Menschen im Kölner Großraum. Papst Benedikt XVI. unternahm zu diesem Anlass seine erste Pontifikalreise nach seiner Amtseinführung und besuchte die Stadt vom 18. August bis 21. August. Bei dieser Gelegenheit bestätigte er den Titel „heiliges Köln“.

Köln war vom 6. bis 10. Juni 2007 zum zweiten Mal nach 1965 Gastgeberin für den 31. Deutschen Evangelischen Kirchentag mit etwa 160.000 Teilnehmern. Der Evangelische Kirchenkreis Köln und Region umfasst 299.000 Protestanten gegenüber 420.000 Katholiken allein im Stadtkreis.

Wallfahrtsorte

Für die Stadt Köln haben neben den Heiligen drei Königen und der Heiligen Ursula und ihren Gefährtinnen auch der heilige Albertus Magnus in St. Andreas und die heilige Edith Stein (Theresia Benedicta a Cruce) eine von den Nationalsozialisten ermordete Philosophin und Ordensfrau, eine Bedeutung für die Wallfahrt. Dazu kommen noch:

  • der selige Adolph Kolping, „Gesellenvater“, in der Minoritenkirche
  • der selige Johannes Duns Scotus, ein wichtiger Philosoph, ebenfalls in der Minoritenkirche
  • die Schwarze Mutter Gottes in der Kirche St. Maria in der Kupfergasse
  • die Märtyrerbrüder Ewaldi in der Basilika St. Kunibert.

Judentum

Die jüdische Gemeinde in Köln ist die älteste nördlich der Alpen.[15] Sie bestand schon 321 zur Zeit von Kaiser Konstantin. Demnach muss es auch eine ältere Kölner Synagoge gegeben haben.

1183 wies der Erzbischof den Juden ein eigenes Gebiet zu, in dem sie einigermaßen in Frieden leben konnten. Dieses Viertel in der Altstadt, das mit eigenen Toren geschlossen werden konnte, war umrissen von der Portalgasse, der Judengasse, Unter Goldschmied und Obenmarspforten. Es war ausschließlich den Juden vorbehalten. Hiermit war das erste Ghetto in Köln geschaffen. Die Mikwe aus dieser Zeit ist unter einer Glaspyramide auf dem Rathausvorplatz in der Altstadt zu besichtigen.

In der Bartholomäusnacht 1349 kam es zu einem Pogrom,[16] der als „Judenschlacht“ in die Stadtgeschichte einging. Ein aufgebrachter Mob drang in das Judenviertel ein und ermordete die meisten Bewohner. In dieser Nacht vergrub eine Familie hier ihr Hab und Gut. Der Münzschatz wurde bei Ausgrabungen 1954 entdeckt und ist im Stadtmuseum ausgestellt. 1424 wurden die Juden „auf alle Ewigkeit“ aus der Stadt verbannt.[16] Zwischen 1424 und dem Ende des 18. Jahrhunderts durfte sich ohne Erlaubnis des Kölner Rats kein Jude in der Stadt aufhalten. Nach dem Einzug der französischen Revolutionsarmee wurden die jüdischen Bürger, wie auch die protestantischen, den katholischen Bürgern gleichgestellt. Erst 1801 entstand unter französischer Verwaltung eine neue jüdische Gemeinde.[17]

Bis 1933 lebten wieder rund 18.000 Juden in Köln. Sie hatten sich unter preußischer Herrschaft wieder ansiedeln dürfen. Während der Novemberpogrome 1938 wurden die Synagogen in der Glockengasse, in der Roonstraße, auf der Mülheimer Freiheit und in der Körnerstraße sowie ein Betsaal in Deutz in Brand gesteckt. Die bis 1941 in Köln verbliebenen Juden wurden in Sammellagern des Fort IX (eine der ehemaligen preußischen Festungsanlagen im Festungsring Köln im Kölner Grüngürtel) und auf dem Kölner Messegelände eingesperrt und später deportiert. 8000 Kölner Juden wurden in der Zeit des Nationalsozialismus ermordet.

Die heutige Synagogengemeinde hat wieder über 4857 Mitglieder. Sie besitzt einen Friedhof, eine Grundschule, einen Kindergarten, eine Bibliothek, einen Sportverein (Makkabi), ein koscheres Restaurant, ein Jugendzentrum und ein Altersheim mit Seniorentreff. Die Gemeinde wird von zwei orthodoxen Rabbinern geleitet. Ihre 1959 wieder aufgebaute große Synagoge steht in der Roonstraße am Rathenauplatz. Seit 1996 gibt es außerdem die kleine jüdische liberale Gemeinde Gescher Lamassoret („Brücke zur Tradition“), die zur Union progressiver Juden in Deutschland gehört. Ihre Synagoge liegt im Souterrain der evangelischen Kreuzkapelle in Köln-Riehl.

Islam

Wegen des hohen Anteils von Einwanderern aus der Türkei und ihren Nachkommen sowie wegen der zentralen Lage in der alten Bundesrepublik richteten die wichtigsten islamischen Organisationen Deutschlands ihren Sitz in Köln und Umgebung (Kerpen) ein. Am Hauptsitz der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (DITIB) soll im Kölner Stadtteil Ehrenfeld die DITIB-Zentralmoschee Köln mit 35 Meter hoher Kuppel und zwei 55 Meter hohen Minaretten samt frei zugänglichem Innenhof entstehen. Nach Protesten und Diskussionen wurde die Planung modifiziert (weniger Geschäfte, weniger Nebenräume), die äußerliche Gestaltung nach dem Plan des Kölner Architekten Paul Böhm bleibt aber erhalten. Der Gebetsraum soll 1.200 Gläubigen Platz bieten. Der Ruf des Muezzins soll lediglich im Inneren der Moschee zu hören sein. Der Bauantrag ist im August 2008 genehmigt worden, als Bauzeit sind vom Bauherrn zwei Jahre geplant.[18]

Einwohnerentwicklung

Köln war in den 1970er-Jahren infolge von Eingemeindungen aufgrund des Köln-Gesetzes kurzzeitig Millionenstadt: im Zuge der letzten Eingemeindungen zum 1. Januar 1975 wurde die Bevölkerungszahl von einer Million erreicht. Nachdem die Stadt Wesseling jedoch zum 1. Juli 1976 durch eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs für das Land Nordrhein-Westfalen wieder ausgegliedert werden musste, sank die Einwohnerzahl erneut unter die Millionengrenze. Am 30. Juni 2009 betrug die Einwohnerzahl Kölns nach Fortschreibung des Landesamtes für Datenverarbeitung und Statistik 993.509.[19] Bis zum Jahr 2035 wird ein leichter Anstieg auf 1.030.000 Einwohner erwartet.

Politik

In römischer Zeit leitete der Admiral der Rheinflotte die städtische Verwaltung. Später wurde die römische Munizipalverfassung eingeführt. Da die Stadt Sitz eines Erzbistums war, erlangte der Erzbischof später die vollständige Machtausübung in Köln. Doch versuchte die Stadt, sich vom Erzbischof zu lösen, was ihr schließlich im 13. Jahrhundert gelang (ab 1288 de facto Freie Reichsstadt). Bereits ab 1180 ist ein Rat der Stadt nachweisbar. Ab 1396 waren die 22 Gaffeln das politische Rückgrat der Stadtverwaltung. Sie wählten den 36-köpfigen Rat, der wiederum 13 Personen hinzuwählen konnte. Die Zusammensetzung des Rates wechselte halbjährlich, indem die Hälfte der Mitglieder ersetzt wurde. Der Rat wählte jährlich zwei Bürgermeister. Nach der französischen Besatzung 1794 wurde 1798 die Munizipalverfassung eingeführt. Nach dem Übergang an Preußen 1815 wurde Köln 1816 eine kreisfreie Stadt und gleichzeitig Sitz eines Landkreises, der erst bei der Gebietsreform 1975 aufgelöst wurde. An der Spitze der Stadt stand seit 1815 ein Oberbürgermeister, ferner gab es weiterhin einen Rat. 1856 wurde die preußische Städteordnung der Rheinprovinz eingeführt.

Während der Zeit des Nationalsozialismus wurde der Oberbürgermeister von der NSDAP eingesetzt. Nach dem Zweiten Weltkrieg setzte die Militärregierung der britischen Besatzungszone einen neuen Oberbürgermeister ein und führte 1946 die Kommunalverfassung nach britischem Vorbild ein. Danach gab es einen vom Volk gewählten „Rat der Stadt“, dessen Mitglieder man als „Stadtverordnete“ bezeichnet. Der Rat wählte anfangs aus seiner Mitte den Oberbürgermeister als Vorsitzenden und Repräsentanten der Stadt, der ehrenamtlich tätig war. Des Weiteren wählte der Rat ab 1946 ebenfalls einen hauptamtlichen Oberstadtdirektor als Leiter der Stadtverwaltung.

Im Jahr 1999 wurde die Doppelspitze in der Stadtverwaltung aufgegeben. Seither gibt es nur noch den hauptamtlichen Oberbürgermeister. Dieser ist Vorsitzender des Rates, Leiter der Stadtverwaltung und Repräsentant der Stadt. Er wird seither direkt vom Volk gewählt. Dem Oberbürgermeister stehen drei weitere Bürgermeisterinnen und Bürgermeister zur Seite, die von den stärksten Fraktionen des Rats gestellt werden.

Politische Traditionen und Entwicklungen

Die lange Tradition einer freien Reichsstadt, die lange ausschließlich katholisch geprägte Bevölkerung und der jahrhundertealte Gegensatz zwischen Kirche und Bürgertum (und innerhalb dessen zwischen Patriziern und Handwerkern) hat in Köln ein eigenes politisches Klima erzeugt. Verschiedene Interessengruppen formieren sich häufig aufgrund gesellschaftlicher Sozialisation und daher über Parteigrenzen hinweg. Das daraus entstandene Beziehungsgeflecht, das Politik, Wirtschaft und Kultur untereinander in einem System gegenseitiger Gefälligkeiten, Verpflichtungen und Abhängigkeiten verbindet, wird auch Kölner Klüngel genannt. Dieser hat häufig zu einer ungewöhnlichen Proporzverteilung in der Stadtverwaltung geführt und artete bisweilen in Korruption aus: Der 1999 aufgedeckte „Müllskandal“ über Bestechungsgelder und unzulässige Parteispenden brachte nicht nur den Unternehmer Hellmut Trienekens in Haft, sondern ließ fast das gesamte Führungspersonal der regierenden SPD stürzen.

War die Stadt aufgrund ihrer katholischen Tradition in Kaiserreich und Weimarer Republik fest dem Zentrum verbunden, wechselte bald nach dem Krieg die politische Mehrheit von der CDU zur SPD. Diese regierte über 40 Jahre lang, teilweise mit absoluter Ratsmehrheit. Aufgrund liberaler Traditionen war Köln auch immer eine Hochburg der FDP, wegen ihres toleranten gesellschaftlichen Klimas auch der Grünen. Beide Parteien machen – mit wechselndem Erfolg – den Volksparteien zunehmend die Mehrheiten streitig.

Rat der Stadt Köln

Im Kölner Stadtrat sitzen 90 Ratsfrauen und Ratsherren. Der direkt gewählte Oberbürgermeister hat Stimmrecht und leitet die Sitzungen.

Anmerkung der u~m~d~h~T: Wir machen darauf aufmerksam, daß politische Passagen im Zuge unserer Statuten stark gekürzt, bzw. nicht übernommen wurden.

Der Oberbürgermeister

Seit 1999 repräsentieren in Nordrhein-Westfalen die OberbürgermeisterInnen ihre Städte und Gemeinden nicht mehr ausschließlich politisch, sondern leiten gleichzeitig die Kommunalverwaltungen.[21]

Anmerkung der u~m~d~h~T: Wir machen darauf aufmerksam, daß politische Passagen im Zuge unserer Statuten stark gekürzt, bzw. nicht übernommen wurden.

Stadt Köln (Stadtverwaltung)

Die Stadtverwaltung Köln besteht aus 7 Dezernaten, die jeweils von einem berufsmäßigen Stadtrat als kommunalem Wahlbeamten geleitet werden und dem Dezernat des Oberbürgermeisters. Bei der Kölner Stadtverwaltung sind rund 17.000 MitarbeiterInnen beschäftigt.

Bezirksvertretungen

Parallel zu den Wahlen des Stadtrats wird in jedem der neun Stadtbezirke nach den Vorgaben der Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalens je eine Bezirksvertretung gewählt. Diese vertreten die Interessen der Bezirke und der dazu gehörenden Stadtteile gegenüber dem Stadtrat. In Fragen geringerer Bedeutung, die nicht über die Bezirksgrenzen hinaus wirken, haben sie Entscheidungsbefugnis. Näheres regelt die Hauptsatzung der Stadt Köln.

Das Kölner Stadtwappen

Das Wappen der Stadt Köln zeigt den doppelköpfigen Reichsadler, der Schwert und Zepter hält. Er erinnert daran, dass die Stadt im Mittelalter seit 1475 offiziell als Freie Reichsstadt zum Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation gehörte. Der Adler hat zwei Köpfe, weil der Kaiser zugleich der römisch-deutsche König war.

Der Schild hat die Farben rot und weiß, die Farben der Hanse. Köln gehörte als bedeutende Handelsmetropole nicht nur diesem Bund der Kaufleute und Städte an, sondern war – zusammen mit Lübeck – Mitbegründerin der deutschen Hanse und damit eine der ältesten Hansestädte in Deutschland.

Die drei Kronen sind seit dem 12. Jahrhundert das Hoheitszeichen der Stadt; sie erinnern an die „Heiligen Drei Könige“, deren Reliquien 1164 der Kölner Erzbischof Reinald von Dassel aus Mailand mitbrachte und die in einem goldenen Schrein hinter dem Hochaltar des Doms aufbewahrt werden.

An den sehr populären Kult der heiligen Ursula erinnern die elf schwarzen „Flammen“, die seit dem 16. Jahrhundert im Kölner Stadtwappen auftauchen. Ursula war der Legende nach eine bretonische Prinzessin, die auf der Rückfahrt von einer Pilgerreise nach Rom mitsamt ihren Gefährtinnen von den Hunnen ermordet wurde, die damals gerade Köln belagerten. Die elf oder 11.000 legendären Jungfrauen werden im Stadtwappen durch die elf tropfenförmigen Hermelinschwänze symbolisiert, die wiederum an das Wappen der Bretagne – der Heimat Ursulas – erinnern könnten, das aus Hermelinfell besteht.

Städtepartnerschaften

Köln gehört zu den sechs europäischen Städten, die 1958 erstmalig eine Ringpartnerschaft ins Leben riefen. Dieser unmittelbar nach Gründung der EWG erfolgte Akt sollte die europäische Verbundenheit unterstreichen, indem je eine Stadt aus jedem damaligen Mitgliedsland mit allen übrigen eine Städtepartnerschaft abschloss. 1993 wurde die Partnerschaft zwischen den beteiligten Städten Köln, Turin, Lüttich, Esch-sur-Alzette, Rotterdam und Lille nochmals bekräftigt. Liverpool (Vereinigtes Königreich), seit 1952

  • Esch-sur-Alzette (Luxemburg), seit 1958
  • Lille (Frankreich), seit 1958
  • Lüttich (Belgien), seit 1958
  • Rotterdam (Niederlande), seit 1958
  • Turin (Italien), seit 1958
  • Kyōto (Japan), seit 1963
  • Tunis (Tunesien), seit 1964
  • Turku (Finnland), seit 1967
  • Bezirk Neukölln von Berlin (Deutschland), seit 1967
  • Klausenburg/Cluj-Napoca (Rumänien), seit 1976
  • Tel Aviv-Jaffa (Israel), seit 1979  Barcelona (Spanien), seit 1984
  • Peking (Volksrepublik China), seit 1987
  • Thessaloniki (Griechenland), seit 1988
  • Cork (Irland), seit 1988
  • Corinto/El Realejo (Nicaragua), seit 1988
  • Indianapolis (Vereinigte Staaten), seit 1988
  • Wolgograd (Russland), seit 1988
  • Bezirk Treptow-Köpenick von Berlin (Deutschland), seit 1990
  • Kattowitz (Polen), seit 1991
  • Bethlehem (Palästinensische Autonomiegebiete), seit 1996
  • İstanbul (Türkei), seit 1997

Durch die eingemeindeten Städte und Gemeinden übernahm Köln deren partnerschaftliche Beziehungen mit den Städten Benfleet/Castle Point (Vereinigtes Königreich), Igny (Frankreich), Diepenbeek (Belgien), Brive-la-Gaillarde (Frankreich), Dunstable (Vereinigtes Königreich), Eygelshoven (Niederlande) und Hazebrouck (Frankreich).

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Im Mittelalter wurde Köln zu einem bedeutenden kirchlichen und zu einem wichtigen künstlerischen und edukativen Zentrum. Der Kölner Dom ist die größte gotische Kirche in Nordeuropa und beherbergt den Dreikönigenschrein, in dem die angeblichen Reliquien der Heiligen Drei Könige aufbewahrt werden, daher die drei Kronen im Stadtwappen. Der Kölner Dom – 1996 zum Weltkulturerbe erklärt – ist das Hauptwahrzeichen der Stadt und dient als inoffizielles Symbol. Köln wurde im Zweiten Weltkrieg schwer zerstört. Heute ist Köln auch eine kulturelle Metropole mit vielen wichtigen Museen, Galerien, Kunstmessen sowie lebendigen Kunst- und Musikszenen. Darüber hinaus gilt Köln als Hochburg der Schwulen und Lesben. In Köln findet mit der Parade zum Christopher Street Day, Höhepunkt des jährlichen „Cologne Pride“, am ersten Sonntag im Juli Deutschlands größte Veranstaltung von Schwulen und Lesben statt.

Theater

Die Geschichte des Kölner Theaters hat ihre Wurzeln im Mittelalter. Im heutigen Köln sind zahlreiche Theater ansässig. Die Stadt ist Träger der „Bühnen der Stadt Köln“ mit Schauspielhaus und Oper Köln.

In der Stadt Köln gibt es zudem rund 70 professionelle freie und private Theater als Tourneetheater oder solche mit eigenen Spielstätten. Der Großteil der Theater ist in der „Kölner Theaterkonferenz e.V.“ organisiert, der auch die städtischen Bühnen angehören. Eine Besonderheit in der Kölner Theaterlandschaft ist die Initiative „JuPiTer“ (Junges Publikum ins Theater), in der Kindertheatermacher gemeinsam für die Stärkung des Kinder- und Jugendtheaters arbeiten. Die Kölner Theaterszene bildet das gesamte Spektrum vom Autorentheater über experimentelles Theater, Kabarett, klassisches Sprechtheater, Figurentheater, Märchenspiele, Performance, Tanztheater bis hin zum Volkstheater ab.

Bekannte Bühnen sind das Arkadaş Theater, Artheater, Atelier-Theater, Casamax-Theater, Cassiopeia Theater, Comedia Theater, Drama Köln, Freies Werkstatt-Theater, Galant-Theater, Gloria-Theater, Hänneschen-Theater (Puppenspiele der Stadt Köln), Horizont-Theater, Kölner Künstler-Theater, Klüngelpütz Kabarett-Theater, Millowitsch-Theater, Piccolo Puppenspiele, Senftöpfchen-Theater, Studiobühne Köln, Theater am Dom, Theater am Sachsenring, Theater der Keller, das Theater im Bauturm, Theater im Hof, Theater Tiefrot und  Theaterhaus Köln.

Musik

Sinfonie- und Kammerorchester

In Köln ist eine ganze Reihe renommierter Sinfonie- und Kammerorchester zu Hause. Das Gürzenich-Orchester wurde 1857 anlässlich der Einweihung des gleichnamigen Kölner Konzertsaals als Nachfolgeorganisation der „Musikalischen Gesellschaft“ gegründet. Seit 1888 ist die Stadt Träger des Orchesters. Es spielt in der Oper Köln und gibt zahlreiche Konzerte, zum Beispiel in der Kölner Philharmonie. Bekannte Musikdirektoren des Orchesters waren Conradin Kreutzer, Hermann Abendroth und Günter Wand. Seit 2003 wird das Gürzenich-Orchester von Markus Stenz geleitet.

Das zweite berühmte Sinfonieorchester ist das WDR-Sinfonie-Orchester. Dieses Orchester wurde 1945 als Nachfolgeeinrichtung des 1926 gegründeten Orchesters des Reichssenders Köln gegründet. An Kammerorchestern, teilweise mit hochspezialisiertem Repertoire und internationalem Renommee (Alte Musik), sind zu nennen: Camerata Köln (gegründet 1979), Capella Clementina (gegründet 1964 als Kölner Kammerorchester), Cappella Coloniensis (in Trägerschaft des WDR), Collegium Aureum (gegründet 1964), Concerto Köln (gegründet 1985) und Musica Antiqua Köln (gegründet 1973).

Chöre

Köln verfügt über eine reichhaltige Chorszene. Über ein Dutzend Konzertchöre sind im Arbeitskreis Kölner Chöre organisiert, einer bundesweit einmaligen Lobbyorganisation. Eine Auswahl:

  • Der Philharmonische Chor Köln, gegründet 1947 von Philipp Röhl
  • Die Kartäuserkantorei Köln, gegründet 1970 von Peter Neumann
  • Der Kölner Kammerchor, ebenfalls 1970 gegründet von Peter Neumann
  • Der WDR Rundfunkchor Köln, gegründet 1955
  • Die Kölner Kantorei, gegründet 1968 von Volker Hempfling
  • Der Chor des Bach-Vereins Köln, gegründet 1931 von Heinrich Boell
  • Der Chorus Musicus Köln, gegründet 1985 von Christoph Spering
  • Der Konzertchor Köln unter Eric Ingwersen, gegründet 1983
  • Der Deutz-Chor, gegründet 1946 von acht Mitarbeitern der „Klöckner-Humboldt-Deutz“ AG (KHD).

Anmerkung der u~m~d~h~T: Stand 2010

Rund um den Kölner Dom existiert die Kölner Dommusik, bestehend aus vier Chören (Kölner Domchor (Knabenchor), der Mädchenchor am Kölner Dom, die Domkantorei Köln, das Vokalensemble Kölner Dom). Der Domchor wurde 1863 wiedergegründet. Der Kölner Männer-Gesang-Verein mit seinen rund 190 aktiven Sängern ist über die Stadtgrenzen hinaus bekannt.

Außerdem gibt es in Köln eine sehr vielfältige Szene von „freien“, also nicht als klassischer Konzertchor organisierten oder an Kirchengemeinden gebundenen Chören, die sehr unterschiedliche Hintergründe und Schwerpunkte haben.

Musikschulen

Die Hochschule für Musik und Tanz Köln als Europas größte Musikhochschule trägt zum musikalischen Leben der Stadt erheblich bei. Für Kinder und Jugendliche bietet die Rheinische Musikschule an mehreren Standorten in Köln flächendeckend Musikunterricht an. Unter dem Titel Signale aus Köln finden am Musikwissenschaftlichen Institut der Universität zu Köln Begegnungen mit zeitgenössischen Komponisten statt.

Weitere Spielstätten

Eine wichtige Spielstätte für Musik ist die Kölner Philharmonie mit einem breiten Spektrum von klassischer Musik über Musik der Gegenwart bis hin zu Jazz und populärer Musik. Die Lanxess Arena, das E-Werk in Köln-Mülheim, das Palladium und die Live Music Hall sind neben dem Tanzbrunnen im Rheinpark (Freilichtbühne) weitere vielbesuchte Veranstaltungsorte. Auch in den Sendesälen des Westdeutschen Rundfunks und des Deutschlandfunks finden regelmäßig Konzerte statt. Der WDR unterhält nicht nur das oben erwähnte Sinfonieorchester, sondern auch eine Big Band, die als eine der besten Big Bands Europas gilt. Das Jazzhaus im Stadtgarten hat ein reichhaltiges Programm der aktuellen Spielarten des Jazz und der Weltmusik; im Loft wird insbesondere die improvisierte Musik gepflegt. Im alten Ballsaal des mittelalterlichen Köln, dem Gürzenich, wird ebenfalls Musik aufgeführt.

Kölsche Musik

Eine feste Größe in Köln ist die durch den Karneval geprägte Volksmusik. Dabei ist Volksmusik nur bedingt in Anlehnung an allgemeine Volksmusik zu sehen. Sie wird fast durchgängig in Mundart gesungen, also in Kölsch. Dabei variieren die Stilrichtungen von Schlager über Pop und Rock bis hin zu Karnevalslieder. In jüngerer Vergangenheit hat sich auch eine A-cappella-Szene gebildet.

Einige Künstler, die sich um die Kölner Musikszene verdient gemacht haben, waren zum Beispiel Willi Ostermann und Willy Schneider und sind gegenwärtig beispielsweise die Bläck Fööss, die Höhner, BAP, Brings oder die Wise Guys. Köln war auch der Heimatort der 1968 gegründeten Rockband Can, die im Laufe der 1970er-Jahre zu einer der international einflussreichsten deutschen Rockbands wurde.

Elektronische Musik

Köln war seit den frühen 1950er-Jahren auch ein Zentrum moderner elektronischer Musik. Insbesondere das seit seiner Gründung 1951 von Herbert Eimert geleitete „Studio für Elektronische Musik“ war als erstes seiner Art weltweit von internationalem Rang, neben Karlheinz Stockhausen, der das Studio seit 1963 leitete, arbeiteten hier beispielsweise Pierre Boulez, Mauricio Kagel, Pierre Henry und Pierre Schaeffer.

In den 1990er-Jahren blühte in Köln die elektronische Musik erneut auf, diesmal jedoch unter weniger akademischen Vorzeichen. Ausgehend von Techno, Intelligent Dance Music und unter Rückgriff auf populärmusikalische Avantgardegenres wie Industrial, Noise, Ambient, Krautrock, Free Jazz und Free Improv etablierte sich unter dem Stichwort Sound of Cologne ein breitgefächertes Spektrum moderner elektronischer Musik und konnte auch international erfolgreich sein. Musiker und Bands wie Wolfgang Voigt, Whirlpool Productions oder Mouse on Mars waren die bekanntesten Vertreter dieser Strömung, die allerdings stilistisch äußerst uneinheitlich war und eher ein soziales Phänomen war. Bedeutende Labels des Sound of Cologne sind zum Beispiel Kompakt oder A-Musik.

Literatur

Von Goethe über Heine bis Celan haben namhafte Autoren sich von Köln und seinen Eigenarten zu Gedichten und Balladen inspirieren lassen. Zahlreiche deutschsprachige Romane spielen in Köln. Hans Bender und Dieter Wellershoff leben hier, Nobelpreisträger Heinrich Böll und Rolf Dieter Brinkmann gehörten zu den in Köln ansässigen bekannten Autoren. Literaturhaus und lit.cologne laden Schriftsteller aus dem In- und Ausland zu literarischen Veranstaltungen ein, während die heimischen Literaten beispielsweise bei der Lesebühne am Brüsseler Platz oder bei Veranstaltungen in Buchhandlungen, Cafés und Kneipen auftreten. Neben großen Verlagen wie Kiepenheuer & Witsch und DuMont beleben Spezialverlage wie der Musikverlag Dohr und Kleinverlage wie Emons, edition fundamental, Krash Verlag, LUND, parasitenpresse, Supposé Verlag und Tisch 7 das literarische Feld. Literarische Gruppen wie die Kölner Autorenwerkstatt setzen eigene Akzente. Die Stadt vergibt zwei Literaturpreise: den Heinrich-Böll-Preis und das Rolf-Dieter-Brinkmann-Stipendium.

Das Literaturhaus Köln und der Kölner Stadt-Anzeiger veranstalten jährlich die Aktion Ein Buch für die Stadt.

Die Bürgerstiftung Köln stellt mit dem Projekt Eselsohr Öffentliche Bücherschränke im Stadtgebiet auf und veranstaltet gemeinsam mit Stadtteil-Bürgerstiftungen offene Leserunden.

Museen

Unter den zahlreichen Kölner Museen mit hochkarätigen Sammlungen sind das

  • Museum Ludwig (Moderne und Gegenwartskunst), das
  • Wallraf-Richartz-Museum (Kunst des Mittelalters bis 19. Jahrhundert) sowie das
  • Römisch-Germanische Museum (Kunst-, Schmuck und Alltagsgegenständen aus der römischen und merowingischen Epoche)

hervorzuheben.

Weitere Museen und Ausstellungsinstitute in Köln:

  • artothek Köln – Raum für junge Kunst (Ausleihe und Sonderausstellungen)
  • Agfa-Photo-Historama (Historische Fotografie)
  • Ausstellungsraum Jawne, Ausstellung über das ehemalige jüdische Gymnasium Kölns
  • Deutsches Sport & Olympia Museum
  • Domschatzkammer Köln
  • Duftmuseum im Farina-Haus, Geburtshaus des Eau de Cologne
  • Historisches Archiv der Stadt Köln (durch Einsturz am 3. März 2009 größtenteils zerstört)
  • Erzbischöfliches Diözesanmuseum/Kolumba
  • Geldgeschichtliches Museum
  • Käthe-Kollwitz-Museum
  • Kölner Karnevalsmuseum
  • KünstlerMuseum Beckers°Böll im Kunsthaus Rhenania
  • Kölner Festungsmuseum
  • Kölnischer Kunstverein (Gegenwartskunst)
  • Kölnisches Stadtmuseum Zeughaus (Stadtgeschichte)
  • Mikwe (mittelalterliches jüdisches Kultbad auf dem Rathausvorplatz, Außenstelle des Römisch-Germanischen Museums)
  • Museum für Angewandte Kunst (Köln)
  • Museum für Ostasiatische Kunst (Kunst und Kunsthandwerk aus Japan, China und Korea)
  • Museum Schnütgen (Sakralkunst des Mittelalters)
  • Odysseum (Science-Center)
  • Praetorium (römischer Statthalterpalast, Außenstelle des Römisch-Germanischen Museums)
  • Radiomuseum (Privatmuseum)
  • Rautenstrauch-Joest-Museum – Museum für Völkerkunde (einziges Völkerkundemuseum in Nordrhein-Westfalen)
  • Rheinisches Industriebahn-Museum
  • Schokoladenmuseum (offiziell: Imhoff-Schokoladenmuseum)
  • Skulpturenpark Köln, Außenskulpturen der Gegenwartszeit (ausschließlich Wechselausstellungen)
  • SK Stiftung Kultur der Sparkasse KölnBonn – „Die Photographische Sammlung“ und Tanzmuseum
  • Sammlungen und Museen der Universität zu Köln
  • Theaterwissenschaftliche Sammlung Schloss Wahn (Porz-Wahn)
  • Weinmuseum

Geplant ist folgendes Museum:

  • Haus der Jüdischen Geschichte (in Planung auf dem Platz vor dem historischen Rathaus)

Archive

  • Archiv für Rheinische Musikgeschichte (am Musikwissenschaftlichen Institut der Universität zu Köln angeschlossen)
  • Heinrich-Böll-Archiv
  • Historisches Archiv der Stadt Köln
  • Historisches Archiv des Erzbistums Köln
  • Husserl-Archiv der Universität zu Köln
  • Max-Bruch-Archiv des Musikwissenschaftlichen Institutes der Universität zu Köln
  • Rheinisch-Westfälisches Wirtschaftsarchiv

Bibliotheken

  • Bibliothek/ Mediathek der Kunsthochschule für Medien (KHM)
  • Deutsche Zentralbibliothek für Medizin
  • Erzbischöfliche Dom- und Diözesanbibliothek
  • Hochschulbibliothek der Fachhochschule Köln
  • Hochschulbibliothek der Katholischen Fachhochschule Köln
  • Kunst- und Museumsbibliothek der Stadt Köln
  • StadtBibliothek Köln, öffentliche Einrichtung der Stadt[22]
  • USB Köln, Universitäts- und Stadtbibliothek Köln, zentrale Einrichtung der Universität[23]
  • Wirtschaftsbibliothek der Industrie- und Handelskammer zu Köln
  • Zentralbibliothek der Sportwissenschaften der Deutschen Sporthochschule Köln

Architektur

Die Altstadt Kölns und angrenzende Bereiche wurden durch Luftangriffe im Zweiten Weltkrieg zu 80 Prozent zerstört. Beim Wiederaufbau wurden zwar der Straßenverlauf und die historischen Straßennamen häufig beibehalten, die Bebauung erfolgte jedoch häufig im Stil der 1950er-Jahre. Somit sind weite Teile der Stadt von Nachkriegsarchitektur geprägt; dazwischen befinden sich einzelne Bauten, die erhalten geblieben oder aufgrund ihrer Bedeutung rekonstruiert worden sind.

Römisches Köln

Köln ist eine der ältesten Städte Deutschlands. Der römische Feldherr Agrippa siedelte 19/18 v. Chr. den Stamm der Ubier am Rhein an und sorgte für eine Infrastruktur nach römischem Vorbild. Das antike Straßennetz hat teilweise noch bis heute Bestand. Aus dem römischen cardo maximus wurde die Hohe Straße und der decumanus maximus ist heute die Schildergasse. Reste römischer Bauwerke finden sich im gesamten Innenstadtbereich. Teilweise sind sie unterirdisch unter dem Kölner Rathaus oder in Parkhäusern und Kellern zugängig. Darunter ist das sogenannte Ubiermonument, das älteste datierte Gebäude aus Stein Deutschlands. Oberirdisch können Reste der römischen Stadtmauer, zum Beispiel der Römerturm, besichtigt werden.

Mittelalterliches Köln

Bedeutende mittelalterliche Profanbauten sind erhalten oder wieder aufgebaut worden: Beispiele sind das Rathaus, das Stapelhaus, der Gürzenich und das Overstolzenhaus, ältestes erhaltenes Wohngebäude der Stadt. Teile der mächtigen mittelalterlichen Stadtmauern sind ebenfalls erhalten, darunter auch mehrere Stadttore wie das Eigelsteintor und die Stadtmauer am Hansaring (neben dem früheren Standort des Stadtgefängnisses Klingelpütz), das Severinstor, das Hahnentor oder die Ulrepforte samt der Stadtmauer am Sachsenring und der „Weckschnapp“. Das malerische Martinsviertel besteht nur noch zum Teil aus mittelalterlicher Bausubstanz. Viele Gebäude wurden nach dem Zweiten Weltkrieg mehr oder weniger stilgerecht wieder aufgebaut.

Preußisches Köln

Am Römerturm 3 liegt das einzige noch erhaltene klassizistische Wohnhaus. Der Festungsring liegt in den heutigen äußeren Stadtbezirken und diente der Stadtbefestigung der preußischen Zeit. Innerhalb des äußeren Kölner Grüngürtels können noch heute einige der Forts besichtigt werden. Die Neustadt ist eine ringförmig um die historische Altstadt angelegte Stadterweiterung, die sich von der abgebrochenen mittelalterlichen Stadtmauer bis zum inneren Festungsring erstreckt. Sie wurde ab 1880 bis circa 1920 erbaut und war die größte ihrer Zeit in Deutschland. Einst war sie ein geschlossenes Ensemble mit allen Stilrichtungen vom Historismus über Jugendstil bis hin zum Expressionismus, konnte aber nach erheblichen Kriegsschäden und ungezügelter Abrisswut in der Nachkriegszeit nur noch teilweise ihren Charme erhalten. Heute ist sie kein reines Wohngebiet mehr, sondern Zentrum verschiedenster kultureller und geschäftlicher Aktivitäten (Mediapark, Galerien, Kneipenviertel etc.). Die ursprüngliche Gestalt lässt sich in einigen Straßenzügen noch gut nachvollziehen: Hierzu zählen die Südstadt (Ubierring, Alteburger Straße – hauptsächlich Jugendstil), das Universitätsviertel (Zülpicher Straße, Rathenauplatz – hauptsächlich historisierende wilhelminische Häuser) und einzelne Patrizierhäuser im Belgischen Viertel (Aachener Straße, Lütticher Straße). Das Haus Schierenberg entstammt ebenfalls jener Zeit. In der nördlichen Neustadt stellt die Kirche St. Agnes ein gelungenes Beispiel rheinischer Neugotik dar.

1914 investierte die Stadt 5 Millionen Goldmark für die Kölner Werkbundausstellung, bei der führende Werkbundarchitekten exemplarische und zeitgemäße Gebäude errichteten.

Zwischen den Weltkriegen

Unter dem damaligen Oberbürgermeister Konrad Adenauer entstanden in den 1920er-Jahren in Köln einige bedeutende Bauwerke. Das Messegelände mit dem markant hervorstechenden Messeturm ist im Stil des Backstein-Expressionismus errichtet, wobei die Bauten über ein Skelett aus Stahlbeton verfügen und die ornamentale Fassade aus Blendklinkern besteht. Im selben Stil ist das Hansahochhaus am Innenstadtring gebaut worden. Zum Zeitpunkt des Richtfestes 1924 war es das höchste Haus Europas.

Adenauer ernennt 1926 den Künstler Professor Richard Riemerschmid zum Gründungsdirektor der stadtkölnischen Kunsthochschule Kölner Werkschulen, einer Parallelgründung zum Bauhaus in Dessau.

Ein Beispiel für den Baustil der Neuen Sachlichkeit ist das Disch-Haus, die Universität wurde im Stil des Werkbundes bis 1929 errichtet. In den Zwanziger Jahren erlebte der Siedlungsbau in Köln einen Höhepunkt: Ganze Stadtteile wie Zollstock und Höhenhaus wurden von Wohnungsgenossenschaften zumeist nach den städtebaulichen Idealen der Zeit und oft nach den Prinzipien der Gartenstadt errichtet.

In der Zeit der nationalsozialistischen Diktatur sollte Köln als Gauhauptstadt einen entsprechenden Rahmen erhalten: Geplant war der Abriss der halben Altstadt und des gesamten Stadtteiles Deutz, um Platz für Aufmarschstraßen und ein gigantisches Gauforum auf der rechten Rheinseite zu schaffen. Das als erhaltenswert eingestufte Altstadtgebiet wurde bis 1939 komplett saniert und eine große Schneise in West-Ost-Richtung durch die Innenstadt geschlagen. Zur Ausführung der Vorhaben kam es durch den Krieg nicht mehr. An der Universität Köln lehrte Wilhelm Börger den „Deutschen Sozialismus“. Die Tanzmariechen durften auf Wunsch von Adolf Hitler keine Männer mehr sein. Stattdessen bekamen Mädchen diese Rolle.

Nachkriegszeit und neue Entwicklungen

Nachdem Köln 1945 nur noch eine Trümmerwüste war, übernahm die amerikanische, später die britische Militärverwaltung erste Schritte zur Wiedererrichtung der Stadt. Der vollständige, autogerechte Neubau der Innenstadt wurde bald zugunsten einer Kompromisslösung aufgegeben, die das Straßennetz mit dem tradierten, schmalen Zuschnitt der Grundstücke beibehielt, aber breite Trassen durch die Innenstadt vorsah. Die Schaffung günstigen Wohnraumes stand im Vordergrund, so dass sich das Stadtbild des Nachkriegs-Köln durch architektonisch belanglose, hastig errichtete Miethäuser häufig sehr gleichförmig darstellte. Gleichwohl ragen aus dieser Zeit einzelne stilbildende und wegweisende Projekte heraus, die Köln in den 1950er-Jahren zum Mekka des modernen Städtebaus machten. Zu erwähnen ist die Gestaltung des Domplatzes mit dem Blau-Gold-Haus, der von Wilhelm Riphahn gestaltete Komplex aus Oper und Schauspielhaus und die West-Ost-Achse, die bereits Ende der Vierziger Jahre mit lichten Pavillons und werksteinverkleideten Geschossbauten ausgestaltet wurde. Der Gebäudekomplex der Gerling-Versicherung war aufgrund seiner Formensprache aus den 1930er-Jahren dagegen sehr umstritten. 1967 wurde die Hohe Straße, eine bekannte Kölner Einkaufsstraße, als erste Straße in Köln in eine Fußgängerzone umgewandelt.

Die 1960er- und 1970er-Jahre bescherten Köln vor allem Architektur aus nacktem Beton, die bisweilen irreparable Schäden am Stadtbild verursachte. Erst in den 1980er-Jahren besannen sich die Kölner langsam wieder auf Qualität: Nach dem Bau des Fernmeldeturmes Colonius wurde verstärkt die Aufwertung der Innenstadt betrieben. Das Museum Ludwig, die Philharmonie und der Rheinufertunnel verbanden die Stadt seit 1986 durch eine ansprechend eingerahmte Uferpromenade wieder mit dem Rhein; gleichzeitig wurde durch die teilweise Verlegung der Stadtbahn in Tunnel der Innenstadtring entlastet und in neuer Gestaltung 1987 eingeweiht. In den Neunziger Jahren folgte der Mediapark auf dem Gelände des Güterbahnhofs sowie die KölnArena (heute Lanxess Arena). Das Wallraf-Richartz-Museum und das Weltstadthaus sind aktuelle Beispiele für eine eher behutsame Umgestaltung der Innenstadt.

In den ersten Jahren des neuen Jahrtausends entstand mit dem KölnTriangle im rechtsrheinischen Stadtteil Deutz ein neues Hochhaus mit einer Aussichtsplattform in 103 Metern Höhe.

Bedeutende Sakralbauten

Das alles überragende Kölner Wahrzeichen ist der gotische Dom St. Peter und Maria, der größte Kirchenbau der Gotik überhaupt. Bis zu seiner Vollendung vergingen etwa 600 Jahre; erst in preußischer Zeit wurde er fertig gestellt. Hier sind die Reliquien der Heiligen Drei Könige aufbewahrt, die Köln zu einem Pilgerziel ersten Ranges machten. Sie sind im prunkvoll gestalteten Dreikönigenschrein (spätes 12. Jahrhundert/1. Hälfte 13. Jahrhundert) im Chorraum des Domes aufbewahrt.

Kulturgeschichtlich nicht weniger bedeutsam sind die insgesamt zwölf romanischen Kirchen im Innenstadtbereich: St. Severin, St. Maria Lyskirchen, Basilika St. Andreas, St. Aposteln, St. Gereon, St. Ursula, St. Pantaleon, St. Maria im Kapitol, Groß St. Martin, St. Georg, St. Kunibert und St. Cäcilien. Die meisten von ihnen wurden im Krieg schwer beschädigt; erst 1985 war die Wiedererrichtung abgeschlossen.

In der Innenstadt finden sich außerdem die gotischen Kirchen Minoritenkirche und St. Peter sowie die Barockkirchen St. Mariä Himmelfahrt, St. Maria in der Kupfergasse, St. Maria vom Frieden und die Ursulinenkirche St. Corpus Christi. Die Protestanten durften in Köln erst ab 1802 öffentliche Gottesdienste feiern. Zu diesem Zweck bekamen sie von den Franzosen die gotische Antoniterkirche übereignet. Ähnlich verhält es sich mit der Kartäuserkirche, welche 1923 in evangelischen Besitz überging. Die in der Nähe des Heumarkts befindliche Trinitatiskirche ist die erste als solche errichtete evangelische Kirche im linksrheinischen Köln. Im Stadtteil Mülheim, das damals zum Herzogtum Berg gehörte, wurde allerdings bereits 1786 die Friedenskirche errichtet. Zwei Vorgängerbauten wurden zerstört.

St. Engelbert in Köln-Riehl ist der erste moderne Kirchenbau Kölns.

Zwei Kirchenruinen sind noch im Stadtbild vertreten: Alt St. Alban in der Nähe des Rathauses mit einer von Käthe Kollwitz entworfenen Skulptur im ehemaligen Kirchenschiff und die Reste von St. Kolumba. Hier wurde in den 1950er-Jahren um eine erhalten gebliebene Marienfigur die Kapelle St. Maria in den Trümmern errichtet, die völlig zerstörte Kirche behielt nur provisorisch gesicherte Stümpfe der Umfassungsmauern. 2005 wurde auf diesen Ruinen das neue Diözesanmuseum von Peter Zumthor errichtet, dessen Neubau die Integration der Überreste deutlich betont.

In der Neustadt und den Vororten gibt es noch zahlreiche weitere Sakralbauten, unter anderem mehrere kleine romanische und gotische Kirchen, aber auch Beispiele für den modernen Kirchenbau. Besonders sehenswerte Bauten werden in den Artikeln der jeweiligen Stadtteile beschrieben.

Rheinbrücken

Acht Rheinbrücken überspannen im Kölner Stadtgebiet den Rhein, davon zwei Eisenbahnbrücken und sechs Straßenbrücken:

  • die Hohenzollernbrücke in der Achse des Domes ist die am meisten befahrene Eisenbahnbrücke Europas
  • die Südbrücke entlastet die Hohenzollernbrücke vom Güterverkehr.

Zwei Autobahnbrücken verbinden die links- und rechtsrheinischen Teile des Kölner Autobahnrings:

  • die Rodenkirchener Autobahnbrücke im Süden und
  • die Leverkusener Brücke im Norden zwischen Köln-Merkenich und Leverkusen.

Vier im Kölner Brückengrün gestrichene städtische Straßenbrücken lenken den Verkehr im inneren Stadtgebiet über den Rhein. Die Deutzer Brücke war der erste Brückenneubau der Nachkriegszeit, die Mülheimer Brücke ist der modernisierte Wiederaufbau der ersten Brücke nach Mülheim. Die Severinsbrücke symbolisiert ausdrucksvoll den Aufbruch der Nachkriegszeit und verbindet wie die Zoobrücke die Innenstadt mit dem rechtsrheinischen Autobahnsystem.

Parks und Grünflächen der Stadt

Köln besitzt linksrheinisch zwei Grüngürtel – den inneren und den äußeren. Der Innere Grüngürtel ist sieben Kilometer lang, mehrere 100 Meter breit und hat eine Fläche von 120 Hektar. Die Festungsgürtel der Stadt mussten nach dem Ersten Weltkrieg im Rahmen der Versailler Verträge abgerissen werden, so dass hier diese große städtische Grünanlage entstehen konnte. Durch Aufschüttung von Trümmern des Zweiten Weltkrieges entstand im Inneren Grüngürtel der heute dicht bewachsene 25 Meter hohe Herkulesberg. Der Innere Grüngürtel beherbergt 25 Baumarten, Wiesen und mehrere Wasserflächen.

Der Äußere Grüngürtel ist auf dem Gelände des äußeren Festungsringes entstanden. Die zum Teil baumbestandene größte Kölner Grünanlage sollte ursprünglich fast die gesamte Stadt umschließen, was aus wirtschaftlichen Gründen nie realisiert wurde. Dennoch entstanden in den 1920er-Jahren 800 Hektar Grünfläche, unter anderem der Beethovenpark. Auch die Festungsanlagen auf der rechten Rheinseite wurden, wo möglich, in Grünanlagen umgewandelt.

Der fünf Hektar (ursprünglich: 11 ha) große Stadtgarten ist der älteste Park in Köln. Die 175 Jahre alte Anlage wurde als Landschaftspark angelegt und besitzt seit über 100 Jahren ein Restaurant mit Biergarten. Dort ist heute auch ein Jazzclub zu finden.

Im über 100 Jahre alten Volksgarten der Südstadt finden in der warmen Jahreszeit nächtelange Grill-Happenings statt, zu denen sich oft Trommler und andere Instrumentalisten einfinden. Auch Klein- und Straßenkünstler sind hier zu finden. Der Park ist außerdem Ort für viele kulturelle Veranstaltungen, so werden beispielsweise in der Orangerie Theaterstücke aufgeführt.

Die auf einer Anhöhe gelegene Grünfläche am Aachener Weiher ist insbesondere bei Studenten ein beliebter Treffpunkt. Der sanfte Hügel entstand ebenfalls durch Aufschüttung von Trümmern des Zweiten Weltkriegs. Seit dem 7. August 2004 erinnert ein neuer Name an die Opfer des Krieges: Hiroshima-Nagasaki-Park. Köln ist seit 1985 Mitglied des internationalen Städtebündnisses gegen Atomwaffen, des so genannten „Hiroshima-Nagasaki-Bündnisses“.

Der Blücherpark im Stadtteil Bilderstöckchen und der Vorgebirgspark in Raderthal wurden beide, obwohl sehr unterschiedlich gestaltet, Anfang des 20. Jahrhunderts nach den Plänen des Gartenarchitekten Fritz Encke angelegt. Der Klettenbergpark in Köln-Klettenberg wurde zwischen 1905 und 1908 in einer ehemaligen Kiesgrube als Höhenpark angelegt. Der Fritz-Encke-Volkspark in Köln-Raderthal ist trotz der Verluste (teilweise Bebauung in den 1950er-Jahren) eine der bedeutendsten Anlagen der 1920er-Jahre.

Die mit der Stadterweiterung nach 1881 angelegte Ringstraße auf den ehemaligen Bollwerken vor der mittelalterlichen Stadtmauer war mit zahlreichen parkähnlichen Anlagen ausgestattet, so am Sachsenring, Kaiser-Wilhelm-Ring, Hansaring, Ebertplatz und Theodor-Heuss-Ring. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Anlagen verändert oder weitgehend entfernt, und nur der westliche Teil des Parks am Theodor-Heuss-Ring mit Weiher befindet sich noch fast im ursprünglichen Zustand.

Auf der rechten Rheinseite liegt der Rheinpark, das weitläufige Gelände der Bundesgartenschau 1957 und 1971 in Köln-Deutz, das durch die Rheinseilbahn mit den linksrheinischen Anlagen Zoo und Flora verbunden ist. Etwas weiter entfernt liegen die Groov in Köln-Zündorf sowie der Thurner Hof.

Im Kölner Norden befindet sich das Naherholungs- und Sportgebiet Fühlinger See. Es besteht aus sieben miteinander verbundenen Seen und einer Regattastrecke. Das Areal bietet sich zum Baden, Schwimmen, Tauchen, Angeln, Windsurfen, Kanufahren und Rudern an. Die u-förmig um die Regattastrecke verlaufende Straße wird häufig von Inline-Skatern genutzt.

Die Naherholungsgrünzonen am Rande Kölns werden durch einen Rundwanderweg, den Kölnpfad, dessen Etappen durch öffentliche Verkehrsmittel erreichbar sind, erschlossen und verbunden.

Der nahe gelegene Naturpark Rheinland jenseits der Ville kann als dritter Kölner Grüngürtel angesehen werden. Auch er dient der Stadtbevölkerung als Erholungsgebiet. Die Stadt gehört zu den Trägern des Naturparks.

Zoo und Botanische Gärten

Der Kölner Zoo wurde 1859 erbaut, ist etwa 20 ha groß und beherbergt 700 Tierarten mit zirka 7000 Tieren. Besonders bekannt ist er für die vielen in den Jahren 2006 und 2007 geborenen Elefanten. Das neue Heim der Elefanten, der Elefantenpark, wurde 2005 mit Hilfe privater Spenden erbaut und hat etwa 15 Millionen Euro gekostet.

Der Botanische Garten Kölns wird Flora genannt. Er ist in das European Garden Heritage Network eingebunden und 2004/2005 als herausragend in die Straße der Gartenkunst zwischen Rhein und Maas aufgenommen wurde. Im Äußeren Grüngürtel im Stadtteil Rodenkirchen liegt der Forstbotanische Garten mit seiner Landschaftsparkerweiterung, dem Friedenswald.

Sport

Sportstätten

Überregional bekannt sind vor allem der Müngersdorfer Sportpark mit dem RheinEnergieStadion und die Lanxess Arena (KölnArena) in Deutz, eine der größten Mehrzweckhallen Europas, in der Eishockey-, Handball- und Basketballspiele ausgetragen werden. Daneben verfügt die Stadt über eine Radrennbahn, eine Pferderennbahn, eine Regattastrecke und zahlreiche weitere Sporteinrichtungen. Köln ist aufgrund seiner Infrastruktur regelmäßig Austragungsort von in Deutschland stattfindenden internationalen Sportveranstaltungen.

Die Deutsche Sporthochschule Köln ist die einzige Einrichtung dieser Art in Deutschland.

Vereine und Traditionsveranstaltungen

In Köln werden 775 Sportvereine durch die Stadt finanziell gefördert. Der Vereinssport umfasst alle wichtigen Breitensportarten; die bekanntesten Fußballvereine sind der 1. FC Köln, der SC Fortuna Köln und der SCB Viktoria Köln. Sehr erfolgreich sind zudem die Kölner Haie im Eishockey und die Cologne Falcons im American Football. Im Basketball hatte Köln eine sehr erfolgreiche Zeit mit dem BSC Saturn Köln. Von 1999 bis zur Insolvenz 2009 war die Stadt mit den Köln 99ers in der Bundesliga vertreten. Der Amateurverein Sportgemeinschaft Köln99ers ist weiterhin der deutsche Basketballverein mit den meisten Mitgliedern.

Seit 1997 findet jedes Jahr im Herbst der Köln-Marathon statt, und der Radsportklassiker Rund um Köln wird bereits seit 1908 jährlich durchgeführt. Seit 1984 wird der Köln-Triathlon veranstaltet.

Nachtleben

Vor allem am Wochenende tummeln sich in der Innenstadt Einheimische und Touristen, Jugendliche und Studenten in zahlreichen Diskotheken, Clubs, Bars und Lounges.

Hauptanlaufpunkte sind dabei die Altstadt, das Studentenviertel Kwartier Latäng um die Zülpicher und die Luxemburger Straße, das Friesenviertel in der Nähe des Friesenplatzes, das belgische Viertel und die Ringe zwischen Kaiser-Wilhelm-Ring und Rudolfplatz, sowie die Südstadt zwischen Chlodwigplatz und der Alteburger Straße.

Karneval

Der Kölner Karneval – die „fünfte Jahreszeit“ – beginnt am 11. November um 11:11 Uhr auf dem Alter Markt (derzeit auf dem Heumarkt, da der Alter Markt aufgrund der Großbaustelle wegen der Nord-Süd-Stadtbahn nur eingeschränkt zugänglich ist). Nach einem kurzen, aber heftigen Auftakt legt der Karneval bis Neujahr eine Pause ein. Dann beginnt die eigentliche „Session“, die bis zum Aschermittwoch mit dem traditionellen Fischessen dauert. Dieser Abschied vom bunten Karnevalstreiben wird durch die sogenannte Nubbelverbrennung um Mitternacht von Karnevalsdienstag auf Aschermittwoch eingeläutet.

Während der Karnevalssession finden Sitzungen und Bälle mit ausgelassenem Karnevalsprogramm und -treiben statt. Der „offizielle“ Sitzungskarneval findet seine Anhängerschaft überwiegend im älteren und konservativeren Publikum. Vor allem zu den „Prunk“-Sitzungen findet sich die lokale Polit- und Geldprominenz ein.

In den letzten Jahrzehnten etablierte sich eine Gegenbewegung zum überwiegend vom „Festkomitee Kölner Karneval“ kontrollierten traditionellen Sitzungskarneval. Ihr Aushängeschild ist die Stunksitzung, mittlerweile die umsatzstärkste Veranstaltung des Kölner Karnevals mit über 40 Veranstaltungstagen in der Kölner Veranstaltungshalle „E-Werk“. Dazu kommt noch die schwul-lesbische Rosa Sitzung, ihre verschiedenen Sprösslinge und die Kneipen-Bewegung „Loss mer singe“, die jedes Jahr schon vor Karneval Tausende von Menschen beim „Einsingen“ auf die neuen Lieder der Session einstimmt.

Die Session gipfelt im Straßen- und Kneipenkarneval. Dieser beginnt an Weiberfastnacht, also dem Donnerstag vor Rosenmontag und versetzt die Stadt am Rhein für die nächsten sechs Tage in eine Art Ausnahmezustand, in dem das öffentliche Leben (Behörden, Schulen, Geschäfte) zu einem großen Teil zum Erliegen kommt. In dieser Zeit finden auch die zahlreichen Karnevalszüge in den einzelnen Stadtvierteln statt, deren größter der Rosenmontagszug in der Innenstadt ist.

Eine Besonderheit ist der Geisterzug: Im Jahr 1991, als wegen des Zweiten Golfkriegs der offizielle Straßenkarneval und mit ihm auch der Rosenmontagszug ausfiel, lebte die alte Tradition des Geisterzugs wieder auf. So folgen nichtorganisierte Gruppen dem Ääzebär, der die kalte Jahreszeit vertreiben soll. Seitdem fand jeden Karnevalssamstag der Kölner Geisterzug statt, der nachts durch verschiedene Viertel der Stadt zog. Wo es die Sicherheit erlaubte, wurde hierfür von der Stadt die Straßenbeleuchtung abgeschaltet. Der Geisterzug 2006 wurde zunächst wegen Geldmangel abgesagt, fand aber, nach diversen Aufrufen zu „wilden Umzügen“ im Internet, doch statt.

Regelmäßige Veranstaltungen

Die größte öffentliche Veranstaltung in Köln ist der Karneval, zu dessen Sessionen und Umzügen in der Karnevalswoche jährlich etwa zwei Millionen Gäste erwartet werden. Auf dem zweiten Platz folgt mit regelmäßig über einer Million Besuchern Cologne Pride, nach dem Christopher Street Day auch „CSD-Parade“ genannt, die größte Lesben- und Schwulen-Parade in Deutschland. Diese findet immer am ersten Wochenende im Juli statt und wird von einem zweiwöchigen Rahmenprogramm ergänzt. Im Juli finden auch die Kölner Lichter, ein Musik- und Feuerwerksspektakel am Rhein hunderttausende Zuschauer.

Das Ringfest, eine große Musikveranstaltung an den Kölner Ringen mit freiem Eintritt, findet seit 2006 wegen finanzieller Schwierigkeiten nicht mehr statt.[24] Seit dem Wegzug der Musikmesse Popkomm nach Berlin ist hier ein bundesweit Maßstäbe setzendes Großevent fortgefallen. Mit der c/o pop (Cologne On Pop), einem Festival für elektronische Popkultur, versucht die Stadt ein kleiner und spezieller dimensioniertes Musikfest zu etablieren. Steigende Besucherzahlen und gute Kritiken scheinen diese Strategie zu belohnen. Weitere Musikveranstaltungen sind die MusikTriennale Köln, ein Festival mit Musik des 20. und 21. Jahrhunderts, der Summerjam, größtes Reggae-Festival Europas am ersten Juli-Wochenende sowie die Orgelfeierstunden, international besetzte Orgelkonzerte im Kölner Dom.

Weitere Veranstaltungen sind die seit 2000 mit zunehmendem Erfolg und stetig wachsendem Publikum stattfindende Lit.Cologne, ein mittlerweile fünftägiges Literaturfestival, das Internationale Köln Comedy Festival mit 120 Veranstaltungen, die Lesebühne am Brüsseler Platz, die Jüdischen Kulturtage im Rheinland, an denen die Stadt regelmäßig teilnimmt. Es gibt zwei große Jahrmärkte, die Frühjahrs- und die Herbstkirmes am Deutzer Rheinufer. Die Bierbörse, ein internationales Bierfestival, findet auch in Köln statt.

Jährlich findet in Köln und Umgebung der „KulturSonntag“ des Kölner Stadt-Anzeigers statt, der erwachsen ist aus der Bewerbung der Stadt Köln zur Kulturhauptstadt Europas 2010, die dann an das Ruhrgebiet vergeben wurde. 2010 fand der KulturSonntag zum siebten Mal statt.

Jährlich findet (meist im Juni) ganztägig der „Tag der Forts“ statt, bei dem die meist denkmalgeschützten Relikte der Kölner Stadtbefestigungen kostenfrei der Öffentlichkeit mit zahlreichen Veranstaltungen (rund 50 Vorträge und Führungen an mehr als 30 Lokalitäten im gesamten Stadtgebiet) zugänglich gemacht werden. Dabei stehen die preußischen Militäranlagen im Mittelpunkt. Berücksichtigt werden dabei auch neue Nutzungsmöglichkeiten sowie die ökologische Integration.

Küche

Köln ist geprägt von einer langen kulinarischen Tradition, die mit importierten, teils exotischen Elementen bereichert wurde. Wegen der herausragenden Position im internationalen Handel wurden in der Küche bereits in früher Zeit Hering, Muscheln, aber auch viele Gewürze verwendet. Im Mittelalter, als der Lachs noch reichlich im Rhein vorhanden war, galt dieser Fisch als Arme-Leute-Essen, während der Hering in der bürgerlichen Küche sehr beliebt war. Der rheinische Heringsstipp mit Äpfeln, Zwiebeln und Sahne zeugt noch heute davon. Auch Muscheln rheinische Art sind heute noch Teil der Gastronomie.

Wie im Rheinland üblich, wird Süßes und Herzhaftes häufig kombiniert. Der gute Boden und das Klima sorgen zudem für eine große Rolle von Gemüse in der Kölner Küche. Ein süß-saures Gericht der Kölner Küche sind der Rheinische Sauerbraten, welcher ursprünglich mit Pferdefleisch zubereitet wurde und das einfachere Himmel un Ääd, vermengtes Kartoffel- und Apfelmus, zu dem gebratene Blutwurst (Flönz) gereicht wird. Wirsing und Spargel werden häufig als Saisongemüse angeboten.

Eine besondere Rolle in Köln spielen die Brauhäuser. Diese dienten ursprünglich zur Bierausgabe der Kölner Brauereien, haben sich aber zum Hauptanbieter bürgerlicher Küche in Köln entwickelt. Neben den erwähnten Gerichten sind hier deftige Mahlzeiten wie Krüstchen, Eisbein (Hämchen), Hachse und Reibekuchen (Rievkooche) zu erhalten. Aufgrund des Herstellungsaufwandes werden letztere häufig nur an bestimmten Tagen gereicht. Beliebt zum Kölsch, das in den Brauhäusern direkt aus dem Fass gezapft wird, sind Tatar, Flönz oder Halver Hahn.

Gebäckspezialitäten sind Mutze, Mutzemandeln und Krapfen sowie eine Vielzahl an gedeckten und ungedeckten Torten, die hauptsächlich mit Äpfeln und Pflaumen garniert werden. Gesüßt wird bisweilen mit Zuckerrübensirup (Rübenkraut), das auch als Brotaufstrich benutzt wird.

Wirtschaft und Infrastruktur

Die Wirtschaft Kölns ist geprägt durch die Lebensmittelindustrie, den Automobilbau, die Chemische Industrie und die Medien. Aber auch der tertiäre Sektor mit Forschung, Verwaltung, Messe, Versicherungen, Banken und den Zentralen von großen Industriebetrieben ist bedeutend in der und für die Stadt. Dazu kommt der Tourismus. Die Geschichte der Wirtschaft Kölns und der Region wird dokumentiert und aufbereitet im Rheinisch-Westfälischen Wirtschaftsarchiv (RWWA).

Messen

Die bekanntesten Messen im Rahmen der Koelnmesse sind:

  • die Anuga, eine Fachmesse der Ernährungswirtschaft und Nahrungsmittelindustrie
  • die gamescom, eine Messe für interaktive Unterhaltungselektronik
  • die Photokina, eine Fachmesse der Foto-Industrie
  • die Art Cologne, eine Fachmesse für Moderne Kunst
  • die imm cologne, eine Fachmesse für Möbel und Einrichtung
  • die intermot, Internationale Motorrad- und Rollermesse
  • die spogagafa, Fachmesse für Sportartikel, Campingbedarf und Gartenmöbel
  • die Modellbahn, eine Fachmesse für Modellbahnfans

Verkehr

Schienenverkehr

Der Kölner Hauptbahnhof ist die westliche Drehscheibe Deutschlands des internationalen Schienenfernverkehrs. Von hier führen Bahnlinien in alle Richtungen:

  • Euskirchen–Trier (Eifelstrecke)
  • Düren–Aachen (Ausbaustrecke Köln–Aachen), Paris
  • Mönchengladbach
  • Neuss über Bergheim (Erftbahn)
  • Neuss–Krefeld über Dormagen (linksrheinisch)
  • Düsseldorf–Duisburg–Ruhrgebiet (rechtsrheinisch)
  • Opladen–Gruiten–Wuppertal
  • Bergisch Gladbach
  • Gummersbach–Marienheide (Aggertalbahn)
  • Siegburg–Siegen (Siegstrecke)
  • Frankfurt am Main (Schnellfahrstrecke Köln–Rhein/Main)
  • Troisdorf–Neuwied–Koblenz (Rechte Rheinstrecke)
  • Bonn–Koblenz (Linke Rheinstrecke)

Luftverkehr

Im Südosten des Stadtgebiets, im Stadtbezirk Porz, befindet sich der Flughafen Köln/Bonn. Er ist einer der umschlagsstärksten deutschen Frachtflughäfen (über 650.000 Tonnen im Jahr 2005), das Europa-Drehkreuz von UPS Airlines und ein wichtiges Drehkreuz für Billigflieger (9,4 Mio. Passagiere 2005). Auf dem militärischen Teil sind die Flugzeuge und die Führung der Flugbereitschaft des Bundesministeriums der Verteidigung stationiert. Seit 1994 trägt er den Namen Konrad-Adenauer-Flughafen. Der Flughafen Köln/Bonn gehört mit den Flughäfen Leipzig/Halle und Nürnberg zu den deutschen Flughäfen ohne Nachtflugbeschränkung. Es werden 139 Flugziele in 38 Ländern angeboten.

Straßenverkehr

Der Straßenverkehr in Köln ist von hoher Bedeutung. Die wichtigsten Fernverkehrsstraßen bilden die Autobahnen 3 und 4, die im Osten Kölns den Kölner Autobahnring bilden. Hier wurde die zweithöchste Verkehrsdichte nach dem Autobahndreieck Funkturm in Berlin gemessen. Eine weitere wichtige Verkehrsader ist die Autobahn 1, die im Westen von Köln im Kölner Ring verläuft.

Im Süden von Köln bildet die Autobahn 59 einen Teil der „Flughafenautobahn“, die über den Flughafen Köln/Bonn verläuft. Neben den Autobahnen bilden Bundesstraßen in Köln die so genannten Inneren Ringe. Trotz der guten Verkehrsanbindungen bilden sich besonders im Kölner Osten viele Verkehrsstauungen. Hier befindet sich eine Großbaustelle auf der Autobahn 3. Eine weitere wichtige Autobahn ist die Autobahn 57, die von der Kölner Stadtmitte über Neuss nach Krefeld verläuft.

In der Folge der aufgegebenen Planungen für die Kölner Stadtautobahn existieren mit der B 55a und der A 559 zwei autobahnartig ausgebaute Ein- und Ausfallstraßen. Im linksrheinischen Köln ist das Hauptstraßennetz innerhalb des Autobahnrings geprägt durch vier Ringstraßen, die dem Verlauf früherer Stadtbefestigungen folgen. An der innersten Ringstraße beginnt eine Vielzahl von Radialstraßen, die alle nach Orten benannt sind, in deren Richtung sie von Köln aus führen.

Schiffsverkehr

In Köln gibt es mehrere Rheinfähren, deren Bedeutung durch Brücken zwar stark zurückging, die aber nach wie vor nicht nur touristische Bedeutung haben. Die weiße Flotte der KD (Köln-Düsseldorfer Schifffahrtsgesellschaft) befördert Personen auf dem gesamten Rhein und in geringem Umfang auch anderswo.

Für den Güterverkehr auf dem Rhein war Köln durch das Stapelrecht im gesamten Mittelalter Drehkreuz zwischen den „niederen Landen“ und dem höher gelegenen Deutschland. Köln hat zahlreiche Häfen. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg ging die Bedeutung der Innenstadthäfen allmählich zurück, wurden aber zugleich mit der Stadterweiterung im Norden umfangreiche neue Hafenanlagen möglich.

Nahverkehr

Den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) bedienen S-Bahn-Linien, die Stadtbahn- und Buslinien der Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) sowie Buslinien anderer Verkehrsgesellschaften. Alle Verkehrsmittel in Köln sind zu einheitlichen Preisen innerhalb des Verkehrsverbunds Rhein-Sieg (VRS) benutzbar. Dieser ist mit dem benachbarten Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) verzahnt. Siehe auch Nord-Süd-Stadtbahn (im Bau).

Ungefähr 2000 Kölner Taxifahrer in ihren rund 1200 zugelassenen Fahrzeugen[25] stehen rund um die Uhr zur Verfügung.

Eine Besonderheit ist die Rheinseilbahn, sie war bis 2010, vor Bau der Rheinseilbahn zur Bundesgartenschau 2011 in Koblenz, die einzige in Betrieb befindliche Seilbahn zur Überquerung eines Flusses in Deutschland. Angelegt wurde sie anlässlich der Bundesgartenschau 1957.

Öffentliche Einrichtungen

Köln ist Sitz zahlreicher Körperschaften des öffentlichen Rechts. Neben einer Vielzahl von Bundes- und Landesbehörden haben auch kirchliche Organisationen, Verbände und Vereine ihren Hauptsitz in Köln. Allgemeine Gerichte sind bis zur Ebene der Oberlandesgerichte in Köln ansässig, auch die Finanz-, Sozial-, Verwaltungs- und Arbeitsgerichtsbarkeit ist dort vertreten.

Bundesoberbehörden mit Sitz in Köln sind der Militärischen Abschirmdienst, das Bundesamt für Güterverkehr, das Bundesamt für Verfassungsschutz, das Bundesamt für den Zivildienst, die Germany Trade and Invest, das Bundesverwaltungsamt, die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, das Zollkriminalamt und das DIMDI.

Die Bundeswehr hat in Köln eine Reihe von Schlüsselbehörden eingerichtet; hier sitzen unter anderem das Heeresamt, das Luftwaffenamt und das Luftwaffenführungskommando, die Offizierbewerberprüfzentrale (OPZ), das Personalamt, die Stammdienststelle der Bundeswehr und eine Sportfördergruppe.

Landesbehörden wie das hbz und übergeordnete kommunale Einrichtungen wie der Deutsche Städtetag, die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände, der Landschaftsverband Rheinland und die deutsche Sektion des Rat der Gemeinden und Regionen Europas haben ebenfalls ihren Sitz in Köln. Mit der EASA ist auch eine europäische Behörde vertreten.

Wichtige Verbände, Vereine und kirchliche Organisationen mit Sitz in Köln sind unter anderem:

  • Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI)
  • Bundesverband deutscher Banken
  • Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA)
  • Deutscher Bühnenverein, der Bundesverband deutscher Theater
  • Gebühreneinzugszentrale der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in der Bundesrepublik Deutschland (GEZ)
  • Die Heilsarmee in Deutschland
  • Kirchliche Zusatzversorgungskasse des Verbandes der Diözesen Deutschlands
  • Kolpingwerk Deutschland, Kolpingwerk Europa und Kolpingwerk International
  • Malteser Hilfsdienst
  • PKV – Verband der privaten Krankenversicherung

Hochschulen

Derzeit gibt es elf staatliche und private Hochschulen in Köln mit zahlreichen unterschiedlichen Studienrichtungen. Sie prägen das Bild der Stadt Köln, neben Berlin und München eine der drei größten Hochschulstädte Deutschlands. Den Ruf als multikulturelle Stadt hat Köln auch, weil viele der Einwohner Studenten sind, die nicht nur aus Köln, sondern aus ganz Deutschland und der Welt stammen.

Medien

Köln ist neben Berlin, Hamburg und München mit etwa 30.000 bis 40.000 Beschäftigten in diesem Bereich einer der größten und wichtigsten Medienstandorte in Deutschland. Die Medienlandschaft ist vielseitig; neben den großen Unternehmen und Anstalten der Fernseh- und Hörfunkproduktion und den großen Verlagshäusern hat sich in Köln eine sehr differenzierte Zulieferindustrie entwickelt, die von Agenturen über Produktionsfirmen bis zu technischen Ausstattern ein breites Spektrum umfasst.

Hörfunk, Fernsehen und Musikindustrie

Allein der Westdeutsche Rundfunk (WDR) beschäftigt an seinem Hauptsitz in Köln 3500 Mitarbeiter und betreibt neben dem WDR-Fernsehen fünf Hörfunkprogramme. Auch der Deutschlandfunk hat als öffentlich-rechtlicher Sender hier seinen Sitz, bis zu ihrem Umzug nach Bonn im Jahre 2003 außerdem die Deutsche Welle. Zwischen Januar 1954 und Oktober 1990 war im Kölner Stadtteil Marienburg auch der britische Militärsender BFBS angesiedelt. Der Hörfunk ist in Köln neben den öffentlich-rechtlichen Sendern auch mit der lokalen Welle Radio Köln sowie diversen kleineren Radiosendern vertreten.

Die zur RTL Group gehörenden privaten Fernsehsender RTL Television, Super RTL, VOX und n-tv haben ihren gemeinsamen Hauptsitz in die Rheinhallen im Kölner Stadtzentrum verlegt. Seit Oktober 2005 berichtet der Fernsehsender Center.TV täglich ausschließlich über das Geschehen in und um Köln. In Köln hat zudem die Gebühreneinzugszentrale GEZ ihren Sitz.

Neben EMI Music Germany, die im August 2000 ihren Hauptsitz vom Maarweg im Stadtteil Braunsfeld in den Mediapark verlegte, sind in Köln noch weitere kleinere Plattenlabels und Musikverlage ansässig.

Die GIGA Digital Television GmbH hatte bis zur Einstellung des Sendebetriebs am 13. März 2009 ihre Studios in Köln.

Printmedien

Köln verfügt mit dem Verlag M. DuMont Schauberg über ein Zeitungshaus von deutschlandweiter Bedeutung: Sowohl der Kölner Stadt-Anzeiger als auch die Kölnische Rundschau, deren gemeinsames Verbreitungsgebiet neben Köln und dem unmittelbaren Umland bis weit in die Eifel und das Bergische Land reicht, erscheinen hier. Das im selben Hause produzierte Boulevardblatt Express wird auch im Raum Düsseldorf verbreitet. Als in Köln erscheinende Printmedien sind außerdem die Wirtschaftszeitschriften Capital und Impulse zu nennen. Örtliche Bedeutung haben die monatlich erscheinenden Stadtillustrierten StadtRevue und Kölner. Der Taschen-Verlag ist als international operierender Buchverlag mit thematischen Schwerpunkten in Kunst, Architektur und Erotik bekannt. Mit Kiepenheuer & Witsch und dem DuMont Literaturverlag beherbergt die Stadt bedeutende literarische Verlage. Der 1918 gegründete subreport Verlag Schawe hat seinen Sitz seit seiner Gründung in Köln.

Einrichtungen und Standorte

Wichtige Medien-Einrichtungen in Köln sind beispielsweise die Kunsthochschule für Medien Köln, die Internationale Filmschule Köln und die GAG Academy für Nachwuchs-Comedians. Köln ist Sitz des Filmbüros Nordrhein-Westfalen. Besonders im Belgischen Viertel sind viele kleine Filmproduktionsfirmen angesiedelt, die meist nicht selbst drehen, sondern größere Filmproduktionsfirmen mit einzelnen Dienstleistungen und technischer Ausstattung unterstützen.

Medienstandorte sind in Köln über das ganze Stadtgebiet verteilt. Innerstädtisch gelegen ist neben den Hauptsitzen der großen Sender auch der Mediapark am Hansaring (20 ha, 174.000 m² Bürofläche), der von 1992 bis 2003 auf dem Gelände des ehemaligen Rangierbahnhofs Gereon errichtet wurde. In den modernen Gebäuden im Mediapark, darunter der 148 Meter hohe KölnTurm, sind etwa 250 Firmen mit etwa 5000 Beschäftigten angesiedelt, von denen gut 60 Prozent im Medien- und Kommunikationsbereich tätig sind.

Flächenverbrauchende Studios und Filmproduktionsstätten dagegen liegen an der Peripherie, wie etwa die WDR-Studiogelände in Bocklemünd oder das Medienzentrum Mülheim. Auf Teilen eines ehemaligen Fabrikgeländes haben sich dort rund um die große Veranstaltungshalle E-Werk viele Künstler und Agenturen angesiedelt. Auch einige TV-Studios sind dort zu finden, in denen unter anderen für Sat.1 und ProSieben produziert wird.

Außerdem befindet sich im Nordwesten der Stadt (auf dem Gelände des ehemaligen Militärflughafens Butzweilerhof) das Coloneum, Europas größter Studiokomplex mit einer Fläche von 35 Hektar und 20 Studios (25.000 m²) mit bis zu 30 Meter Deckenhöhe. Im Südwesten der Stadt zwischen Köln und Hürth wurden große Studiokomplexe für Nobeo und MMC errichtet, in denen viele Shows für Sat.1 und RTL produziert werden, unter anderem von der Produktionsfirma action concept.

Persönlichkeiten

Ehrenbürger

Köln hat zwischen 1823 und 2007 24 Personen das Ehrenbürgerrecht verliehen. Siehe auch: Liste der Ehrenbürger von Köln.

Seit 2002 verleiht, parallel zu der offiziellen Ehrenbürgerschaft, der „Initiativkreis alternative Ehrenbürgerschaft“ die Alternative Kölner Ehrenbürgerschaft.

Söhne und Töchter der Stadt

Bedeutende Persönlichkeiten Kölns sind in der Liste der Söhne und Töchter der Stadt Köln (+ Liste der sonstigen berühmten Kölner) und in der Liste der Erzbischöfe und Bischöfe von Köln zu finden.

Literatur

Bildbände

  • Detlev Arens, Celia Körber-Leupold: Köln. Eine große Stadt in Bildern. Greven, Köln 2006, ISBN 3-7743-0378-9.
  • Patrick Essex und Tobias Bungter: KölnGut. Dabbelju, Köln 2009, ISBN 3-9396-66130.
  • Paul Wietzorek: Das historische Köln. Bilder erzählen. Michael Imhof Verlag, Petersberg 2006, ISBN 978-3-86568-115-7.

Lexika

  • Jürgen Wilhelm (Hrsg.): Das große Köln-Lexikon. Greven, Köln 2005, ISBN 3-7743-0355-X (rund 1130 Artikel von A bis Z von Autorenkollektiv).
  • Ulrich S. Soénius, Jürgen Wilhelm (Hrsg.): Kölner Personen-Lexikon. Greven, Köln 2007, ISBN 3-7743-0400-9 (rund 1850 Artikel zu verstorbenen Persönlichkeiten der 2000-jährigen Kölner Stadtgeschichte von 50 Autoren).

Städtebücher und Atlanten, Straßen

  • Hansgerd Hellenkemper, Emil Meynen: Stadtmappe Köln. In: Heinz Stoob, Wilfried Ehbrecht, Jürgen Lafrenz und Peter Johannek (Hrsg.): Deutscher Städteatlas. Band 2, Teil 2. Dortmund 1979, ISBN 3-89115-317-1.
  • Dorothea Wiktorin u. a. (Hrsg.): Köln, der historisch- topographische Atlas. Emons, Köln 2001, ISBN 3-89705-229-6.
  • Preußens Städte – Denkschrift zum 100-jährigen Jubiläum der Städteordnung vom 19. November 1808; hrsg. im Auftrag des Vorstandes des Preußischen Städtetages von Prof. Dr. Heinrich Silbergleit, Berlin 1908.
  • Erich Keyser (Hrsg.): Rheinisches Städtebuch; Band III 3. Teilband aus Deutsches Städtebuch. Handbuch städtischer Geschichte. Im Auftrage der Arbeitsgemeinschaft der historischen Kommissionen und mit Unterstützung des Deutschen Städtetages, des Deutschen Städtebundes und des Deutschen Gemeindetages. Stuttgart 1956.
  • Helmut Signon/Klaus Schmidt: Alle Straßen führen durch Köln. 3. Auflage. Greven, Köln 2006, ISBN 3-7743-0379-7.
  • Literarisches Köln. Der Dichter und Denker Stadtplan. Ansgar Bach, Jörg Reichwald (Mitarb.), Verlag Jena 1800, Berlin 2002.
  • Uschi Baetz (Text) und Jürgen Schaden-Wargalla (Fotografien): Einfach Köln. 9 Stadttouren in leichter Sprache. Bachem, Köln 2009, ISBN 978-3-7616-2193-6 (Stadtführer in Großdruck).

Monographien

  • Christian Bartz: Köln im Dreißigjährigen Krieg. Die Politik des Rates der Stadt (1618–1635). Vorwiegend anhand der Ratsprotokolle im Historischen Archiv der Stadt Köln. Frankfurt am Main 2005, ISBN 3-631-53434-5 (Militärhistorische Untersuchungen. Band 6). 
  • Verena Berchem: Das Oberlandesgericht Köln in der Weimarer Republik (Rechtsgeschichtliche Schriften Band 17). Böhlau, Köln 2004, Rezension von Thomas Roth in: Geschichte in Köln Band 53, Dezember 2006, SH-Verlag Köln, S. 202–203 „Buchbesprechungen“.
  • Gerhard Curdes, Markus Ulrich: Die Entwicklung des Kölner Stadtraumes. Der Einfluss von Leitbildern und Innovationen auf die Form der Stadt. Dortmunder Vertrieb für Bau- und Planungsliteratur, Dortmund 1997, ISBN 3-929797-36-4.
  • Georg Dehio u. a.: Rheinland. München 2005, ISBN 3-422-03093-X (Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Nordrhein-Westfalen 1.).
  • Werner Eck: Köln in römischer Zeit. Geschichte einer Stadt im Rahmen des Imperium Romanum. Greven, Köln 2004, ISBN 3-7743-0357-6 (Geschichte der Stadt Köln in 13 Bänden. Band 1).
  • Hiltrud Kier: Kleine Kunstgeschichte Kölns. Beck, München 2001, ISBN 3-406-47170-6.
  • Martin Rüther: Köln im Zweiten Weltkrieg. Alltag und Erfahrungen zwischen 1939 und 1945. Emons, Köln 2005, ISBN 3-89705-407-8 (Schriften des NS-Dokumentationszentrums der Stadt Köln. Band 12).
  • Christian Schuh: Kölns 85 Stadtteile. Geschichte, Daten, Fakten, Namen. Von A wie Altstadt bis Z wie Zündorf. Emons, Köln 2003, ISBN 3-89705-278-4.
  • Arnold Stelzmann, Robert Frohn: Illustrierte Geschichte der Stadt Köln. 11. Auflage. Bachem, Köln 1990, ISBN 3-7616-0973-6 (1. Auflage 1958).
  • Bernhard van Treeck: Street Art Köln. Edition Aragon, Moers 1996, ISBN 3-89535-434-1.
  • Gerta Wolff: Das Römisch-Germanische Köln. Führer zu Museum und Stadt. Bachem, Köln 2000, ISBN 3-7616-1370-9.

Reiseliteratur

  • Maik Kopleck (Hrsg.), Gregory Piatkowski: Von der Colonia Agrippina bis zum „Deutschen Herbst“. PastFinder, Düsseldorf 2008, ISBN 978-988-99780-4-4 (Reihe PastFinder ZikZak.).
  • Köln, Merian-Hefte Dezember 1979 und Juli 1988.
  • Dieter Luippold (Redaktion), Achim Bourmer u.&npsp;a.: Köln. 10. Auflage. Baedeker, Ostfildern 2007, ISBN 978-3-8297-1131-9 (Reihe Baedeker-Allianz-Reiseführer.).
  • Martin Stankowski Darum ist es am Rhein so schön. Vom Kölner Dom zur Loreley. Der andere Reiseführer. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2009, ISBN 978-3-462-04107-1.
  • Kirstin Kabasci: Köln'. Reise-Know-How-Verlag, Bielefeld 2006, ISBN 3-8317-1396-0.

Historisches

Zeitschriften

  • Geschichte in Köln. Zeitschrift für Stadt- und Regionalgeschichte (erscheint jährlich mit einem Band; 2008 erschien Band 55, SH-Verlag Köln)
  • Jahrbuch des Kölnischen Geschichtsvereins e. V. (erscheint jährlich mit einem Band, 2008 erschien Jahrbuch 79, SH-Verlag Köln; in unregelmäßigen Abständen erscheinen Beihefte)

Monographien und Sonstiges

  • Carl Dietmar Jung, Werner Jung: Kleine illustrierte Geschichte der Stadt Köln. 10. Auflage, Bachem, Köln 2009, ISBN 978-3-7616-2226-1 (Sonderausgabe Historisches Archiv der Stadt Köln.).
  • Sonja Endres: Zwangssterilisation in Köln 1934–1945. Emons, Köln 2009, ISBN 978-3-89705-697-8 (Schriften des NS-Dokumentationszentrums. Band 16).
  • Manfred Groten (Hrsg.): Hermann Weinsberg (1518–1597). Kölner Bürger und Ratsherr. Studien zu Leben und Werk. SH-Verlag, Köln 2006, ISBN 3-89498-152-0 (Geschichte in Köln. Beiheft 1).
  • Alexander Kuffner: Zeitreiseführer Köln 1933–1945. Helios, Aachen 2009, ISBN 978-3-938208-92-2.
  • Horst Matzerath: Köln in der Zeit des Nationalsozialismus 1933–1945. Greven, Köln 2009, ISBN 978-3-7743-0429-1 (Geschichte der Stadt Köln. Band 12).
  • Klaus Müller: Köln von der französischen zur preussischen Herrschaft, 1794–1815. Greven, Köln 2005, ISBN 3-7743-0375-4 (Geschichte der Stadt Köln. Band 8).
  • Martin Rüther: Köln im Zweiten Weltkrieg. Alltag und Erfahrungen zwischen 1939 und 1945. Emons, Köln 2005, ISBN 3-89705-407-8.
  • Werner Schäfke und Marcus Trier (Hrsg.): Mittelalter in Köln. Eine Auswahl aus den Beständen des Kölnischen Stadtmuseums. Emons, Köln 2009, ISBN 978-3-89705-654-1.
  • Norbert Trippen: Sein Wirken für die Weltkirche und seine letzten Bischofsjahre. Schöningh Verlag, Paderborn u. a. 2005 (Josef Kardinal Frings (1887–1978). Band 2, Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte Reihe B. Band 104, Rezension von Wolfgang Löhr in Geschichte in Köln. Zeitschrift für Stadt- und Regionalgeschichte. Band 53, Dezember 2006, S. 206–208).
  • Paul Wietzorek: Das historische Köln. Bilder erzählen. Michael Imhof Verlag, Petersberg 2006, ISBN 978-3-86568-115-7.

Architektur und Denkmalpflege

  • Ralf Beines, Walter Geis und Ulrich Krings (Hrsg.): Köln. Das Reiterdenkmal für Friedrich Wilhelm. von Preußen auf dem Heumarkt. Bachem, Köln 2004, ISBN 3-7616-1796-8 (Stadtspuren. Denkmäler in Köln. Band 31).
  • Annerose Berners: St. Aposteln in Köln. Untersuchungen zur Geschichte eines mittelalterlichen Kollegiatsstifts bis ins 15. Jahrhundert. Dissertationsdruck, Bonn 2004 (phil. Dissertation Bonn 2003, 2 Bände).
  • Carl Dietmar, Marcus Trier: Mit der U-Bahn in die Römerzeit. 2. Auflage Kiepenheuer & Witsch, Köln 2006, ISBN 3-462-03575-4.
  • Günther A. Menne, Christoph Nötzel (Hrsg.), Helmut Fußbroich, Celia Körber-Leupold: Evangelische Kirchen in Köln und Umgebung. Bachem, Köln 2007, ISBN 978-3-7616-1943-8.
  • Alexander Kierdorf (Hrsg.): Köln. Ein Architekturführer. Architectural Guide to Cologne. Reimer, Berlin 1999, ISBN 3-496-01181-5 (deutsch und englisch).
  • Ulrich Krings, Rainer Will: Das Baptisterium am Dom. Kölns erste Taufort. Greven, Köln 2009, ISBN 978-3-7743-0423-9.
  • Werner Schäfke: Kölns romanische Kirchen. Architektur, Kunst, Geschichte. Emons, Köln 2004, ISBN 3-89705-321-7.
  • Irmgard Schnellbächer: Kölns kleine Kirchen aus romanischer Zeit. Teil 2. Bernardus, 2003, ISBN 3-937634-42-8.
  • Max-Leo Schwering u. a.: Köln. Braunsfeld – Melaten. Kölnisches Stadtmuseum, Köln 2004, ISBN 3-927396-93-1 (Publikationen des Kölnischen Stadtmuseums. Band 6)

Kunstgeschichte

  • Brigitte Corley: Maler und Stifter des Spätmittelalters in Köln 1300–1500. Ludwig, Kiel 2009, ISBN 978-3-937719-78-8.

Geologie/Geographie

  • Ernst Brunotte, Ralf Immendorf, Reinhold Schlimm: Die Naturlandschaft und ihre Umgestaltung durch den Menschen. Erläuterungen zur Hochschulexkursionskarte Köln und Umgebung. 2. Auflage Geographisches Institut, Köln 1994, ISSN 0454-1294 ( Kölner geographische Arbeiten. Heft 63).
  • Hanns Dieter Hilden (Hrsg.): Geologie am Niederrhein. 4. Auflage. Geologisches Landesamt Nordrhein-Westfalen, Krefeld 1988.
  • Roland Walter: Geologie von Mitteleuropa. 5. Auflage. Schweizerbart, Stuttgart 1992, ISBN 3-510-65149-9, S. 317 ff.

Sport

  • Sportamt der Stadt Köln, Verein Kölner Sportgeschichte und Stadtsportbund Köln (Hrsg.): Sport für Köln. Gestern, heute, morgen. Köln 2009, ISBN 978-3-00-029016-9.
  • Erich Koprowski: 12 Radtouren rund um Köln. Droste, Düsseldorf 2010, ISBN 978-3-7700-1348-7.

Unterhaltsames über Köln

  • Jürgen Becker: Biotop für Bekloppte. Ein Lesebuch für Immis und Heimathirsche. Kiepenheuer & Witsch, Köln 1995, ISBN 3-462-02423-X.
  • Friedhelm Biermann: Drei Könige, elftausend Jungfrauen und noch etwas mehr. Ein unterhaltsamer Streifzug durch die Kölner Jahrhunderte. Emons, Köln 2001, ISBN 3-89705-228-8.
  • Stephan Grünewald: Köln auf der Couch. Die Unzerstörbarkeit der Sehnsucht.Kiepenheuer & Witsch, Köln 2008, ISBN 978-3-462-03814-9 (eine tiefsinnige Analyse der Kölner Lebensart mit viel Humor).
  • Luise Holthausen, Maren Briswalter (Illustrationen): Der rätselhafte Römerfund. Marzellen, Köln, ISBN 978-3-937795-10-2 (Die Kölner Geschichtsdetektive. Band 2; Kinderkrimi).
  • Luise Holthausen, Maren Briswalter (Illustrationen): Raub im Stadtmuseum.Marzellen, Köln 2010, ISBN 978-3-937795-15-7 (Die Kölner Geschichtsdetektive. Band 3; Kinderkrimi).
  • Hanns Dieter Hüsch: Köln. Eulen, Freiburg 1993, ISBN 3-89102-235-2.
  • Bernd Imgrund: Ohne Rhein kein Dom. 33 spannende und ungewöhnliche Gespräche aus dem Kölner Leben. Emons, Köln 2010, ISBN 978-3-89705-713-5.
  • Falko Rademacher: Köln für Imis. Ein Leitfaden durch die seltsamste Stadt der Welt. Emons, Köln 2006, ISBN 3-89705-249-0.
  • Thomas R. P. Mielke: Colonia, Roman einer Stadt. Zweitausend Jahre Kölner Geschichte unterhaltsam erzählt. Lübbe, Bergisch Gladbach 2003, ISBN 3-404-14855-X.
  • Stephan Meyer (Redaktion): Kleiner kölscher Kosmos. LUND, Köln 2005, ISBN 3-938486-01-5.
  • Stephan Meyer (Redaktion): Das kölsche Liedbuch. LUND, Köln 2005, ISBN 3-938486-00-7.
  • August Kopisch: Die Heinzelmännchen zu Köln:
  • „Gemütlich auf der faulen Haut liegen, einen erfrischenden Schlaf genießen und wenn man aufsteht, ist die Arbeit getan. Wer träumt nicht auch von solch paradiesischen Zuständen?! In Köln am Rhein waren sie einst Wirklichkeit.“ Die Heinzelmännchen bei gutenberg.spiegel.de, ISBN 3-933070-89-9.

Karneval

  • Carl Dietmar, Marcus Leifeld: Alaaf und Heil Hitler. Karneval im Dritten Reich. Herbig, München 2010, ISBN 978-3-7766-2630-8.
  • Petra Metzger (Hrsg.): Karneval instandbesetzt? 25 Jahre Kölner Stunksitzung. Einem Phänomen auf der Spur. Edition Arge Kulturidee, Köln 2009, ISBN 978-3-00-029202-6.
  • Christine Westermann, Stefan Worring: Karneval. Bilder und Geschichten. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2009, ISBN 978-3-462-03818-7.

Medien

  • Rheinhard Zeese: 1900 Jahre befestigtes Köln. LEB, Brühl 2006 (CD-ROM).
  • Rheinhard Zeese: Historische Parks und öffentliche Gärten in Köln 1801 bis 1932.' LEB, Brühl 2007 (CD-ROM).

Religion

  • Wilma Falk-van Rees (Hrsg.): 400 Jahre evangelisch in Mülheim am Rhein 1610–2010. CMZ, Rheinbach 2009, ISBN 978-3-87062-400-2.
  • •udrun Schmidt: Machtvolles Schweigen. Die Männerwallfahrt nach Kalk. Bachem, Köln 2010, ISBN 978-3-7616-2403-6.

Varia/Sonstiges

  • Petra Hartmann, Stephan Schmitz: Die Kölner Feuerwehr. Retten, löschen, bergen, schützen. Schmitz & Hartmann, Köln 2009.
  • Franz Sommerfeld (Hrsg.): Der Moscheestreit. Eine exemplarische Debatte über Einwanderung und Integration. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2008, ISBN 978-3-462-04010-4.
  • Literatur von und über Köln im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. ↑ Information und Technik Nordrhein-Westfalen – Amtliche Bevölkerungszahlen (Hilfe dazu)
  2. ↑ Statistisches Bundesamt – Städte nach Fläche und Bevölkerung
  3. ↑ Deutscher Wetterdienst > Klimadaten Deutschland > Klimadaten ausgewählter deutscher Stationen > Mittelwerte: Download der Mittelwerte des Niederschlags für den Zeitraum 1961–1990 (338 kB)
  4. ↑ a b Urban Audit: How cities rank (englisch)
  5. ↑ Halle ist die regnerischste Stadt Europas. In: Der Spiegel. 23. September 2008, abgerufen am 6. Januar 2010.
  6. ↑ Bahnen im Rheinland, Cologne underground, 1) Das Lehrbergwerk unter der Universität Status: 12. November 2009, abgerufen am 1. März 2010
  7. ↑ Karte der Beben-Stationen in der Niederrheinischen Bucht, Geologischer Dienst Nordrhein-Westfalen, abgerufen am 5. März 2010
  8. ↑ Seismisches Forschungsnetz Niederrheinische Bucht (SeFoNiB), unter anderem finanziert von Deutsche Forschungsgemeinschaft, Hochschulbauförderung (HBFG), abgerufen am 5. März 2010
  9. ↑ Liste der letzten zehn registrierten natürlichen Erdbeben, Geologischer Dienst Nordrhein-Westfalen, abgerufen am 5. März 2010
  10. ↑ Amt für Stadtentwicklung und Statistik der Stadt Köln
  11. ↑ Heinrich Gottfried Philipp Gengler: Regesten und Urkunden zur Verfassungs- und Rechtsgeschichte der deutschen Städte im Mittelalter. Erlangen 1863, S. 515–599 (online).
  12. ↑ Arnold Stelzmann, Robert Frohn: Illustrierte Geschichte der Stadt Köln. 11. Auflage. Bachem, Köln 1990, ISBN 3-7616-0973-6, S. 233 f.
  13. ↑ Carl Dietmar: Schreiben Sie Coburg mit K. In: Kölner Stadtanzeiger. 21. Dezember 2007, S. 32.
  14. ↑ Carl Dietmar, Werner Jung: Kleine illustrierte Geschichte der Stadt Köln. 9. Auflage. Bachem, Köln 2002, ISBN 3-7616-1482-9, S. 271.
  15. ↑ Ernst Weyden: Geschichte der Juden in Köln am Rhein von der Römerzeit bis in die Gegenwart. Nebst Noten und Urkunden. Köln 1867 (online).
  16. ↑ a b Detlev Arens, Marianne Bongartz, Stephanie Henseler: Köln. DuMont, Ostfildern 2003, ISBN 3-7701-6025-8, S. 19.
  17. ↑ Suska Döpp: Jüdische Jugendbewegung in Köln 1906–1938. LIT, Münster 1997, ISBN 3-8258-3210-4, S. 29.
  18. ↑ Homepage der Zentralmoschee Köln
  19. ↑ IT.NRW: Bevölkerung im Regierungsbezirk Köln
  20. ↑ http://www.xx
  21. ↑ http://www.xx
  22. ↑ Stadtbibliothek Köln, öffentliche Einrichtung der Stadt Köln, abgerufen am 10. Mai 2010
  23. ↑ Universitäts- und Stadtbibliothek Köln, zentrale bibliothekarische Einrichtung der Universität zu Köln, auch für andere Kundenkreise zugänglich, abgerufen am 10. Mai 2010
  24. ↑ Internetartikel auf www.xx
  25. ↑ Kölnmesse beschenkt Taxi-Fahrer. In: Köln Nachrichten. 12. Januar 2008, abgerufen am 7. Januar 2010.

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Geschichte der Stadt Köln

Der folgende Artikel beschäftigt sich mit der Geschichte der Stadt Köln von der Vorgeschichte bis in die Nachkriegszeit.

Das vorrömische Köln

Erste Belege menschlichen Lebens im Stadtgebiet Köln werden auf die Altsteinzeit geschätzt; darauf lassen Funde eines Kernsteins in Dellbrück sowie eines Faustkeils im Königsforst und Funde aus Köln-Worringen schließen. Hinweise auf eine feste Besiedelung gibt es ab der Zeit um 4500 v.Chr., als der fruchtbare Lössboden der Rheinterrassen und das milde Klima Ackerbauern aus dem Donauraum anzog. Der bedeutende Fund einer Bandkeramik-Siedlung aus der Jungsteinzeit wurde 1929 in Lindenthal gemacht. Das Lindenthaler Dorf, das sich zwischen Hohenlind und Stüttgenhof erstreckt, wurde in der Zeit zwischen Ende des 5. bis Anfang des 4. Jahrtausends mehrfach besiedelt und wieder aufgegeben — Ursache war vermutlich eine extensive Landwirtschaft, die die Ackerbauern von Zeit zu Zeit zwang, ihre Siedlungen zu verlassen, bis sich der ausgelaugte Boden erholt hatte. Überreste einer weiteren bandkeramischen Siedlung wurden auch in Mengenich gefunden.

Zum Ende der Steinzeit gab es im heutigen Stadtgebiet, in Nippes und in der Innenstadt sowie in Merheim und Brück weitere Ackerbau-Siedlungen, die der Michelsberger Kultur zugerechnet werden. Die Glockenbecherkultur, die erste metallverarbeitende Kultur im Rheinland, siedelte nach 2000 v. Chr. in ganz Westeuropa und hinterließ sowohl Stein- als auch Kupferwerkzeuge. Aus der im 12. Jahrhundert v. Chr. bekannten Urnenfelderkultur, die durch einen Wandel in der Bestattungskultur von der Erd- zur Brandbestattung gekennzeichnet ist, wurde im Süden von Köln ein Gräberfeld gefunden. Belege einer wieder anderen, eisenzeitlichen Bestattungskultur — Hügelgräber — wurden vor allem im rechtsrheinischen Dellbrück aber auch linksrheinisch in Lindenthal, Müngersdorf, Riehl, Longerich und Worringen gefunden. 1949 betrug die nachweisbare Anzahl in Dellbrück noch 685, man schätzt das ursprüngliche Gräberfeld auf insgesamt 1200 Grabstätten.

Spuren keltischer Besiedlung während der La-Tène-Zeit finden sich ebenfalls in Köln, die meisten bekannten Beispiele im Linksrheinischen; aus dem ersten Jahrhundert v. Chr. z. B. auch an der Südseite des Kölner Doms. Von der für die Kelten charakteristischen Handwerkskunst ist in Köln südöstlich der römischen Stadtmauer ein außergewöhnliches Einzelstück gefunden worden, eine etwa handflächengroße, als dreifach gehörnter Kopf geformte Henkelattache (angesetzter Gefäßhenkel). Nach Caesar[1] gehörte das Gebiet von Köln zum Stammesgebiet der keltischen Eburonen.

Das römische Köln

Um 57 v. Chr. hatte Caesar als Statthalter Galliens die Gebiete bis zum Rhein erobert. Ein Aufstand der Eburonen im Jahr 54 v. Chr. wurde ein Jahr später niedergeschlagen und der Stamm, der linksrheinisch zwischen Maas, Rhein und den Ardennen lebte, völlig ausgerottet. Während der Kämpfe traf Caesar auf den rechtsrheinisch siedelnden germanischen Stamm der Ubier, von dem ihm einige Krieger als Kundschafter dienten. Von Caesar als „kultivierter als andere Germanen“ gelobt, wurden sie von ihren rechtsrheinischen Nachbarstämmen jedoch aufgrund ihrer Römerfreundlichkeit bekämpft und zogen sich schließlich auf die nun unbewohnten Gebiete westlich des Rheins zurück. Tacitus berichtet, dass die Ubier sich bald darauf dem Agrippa und somit dem römischen Reich unterwarfen. Andere Berichte sprechen von einem Bündnisvertrag, den die Ubier mit den Römern schlossen, in dem ihnen umfangreiche linksrheinische Gebiete übertragen wurden. In beiden Überlieferungen wird kein genaues Datum angegeben.

Als Gründungsjahr für das Oppidum Ubiorum, die erste städtische Siedlung auf dem Boden des späteren Köln, wird meist das Jahr 38 v. Chr. genannt. Fakt ist, dass Agrippa zweimal in dieser Zeit an den Rhein reiste: in den Jahren 40–38 v. Chr. und um 20/19 v. Chr., so dass mit Sicherheit nur behauptet werden kann, dass die Hauptstadt der Ubier spätestens 19 v. Chr. gegründet wurde. Die Stadtsiedlung lag günstig am Schnittpunkt zweier wichtiger Handelswege. Sie wurde schon von den Ubiern befestigt, aber auch den Römern diente sie bald als Garnisonsstandort und religiöses Zentrum. Ähnlich wie in Lyon für Gallien wurde auch hier ein Altarbau für die Schutzgöttin Roms errichtet, nach dem die Stadt auch Ara Ubiorum genannt wurde. Dieser Altar konnte noch nicht lokalisiert werden. Erstmals erwähnt wird er im Zusammenhang mit der Varus-Schlacht 9.n.Chr. bei Tacitus.[2]

Als Rom um 17 n. Chr. seine Pläne aufgab, auch das östlich des Rheins liegende Germanien zu erobern, konsolidierte sich die Ubiersiedlung im römischen Grenzgebiet. Bereits im Jahr 15 oder 16 n. Chr. wurde hier Agrippina die Jüngere, die spätere Gattin des römischen Kaisers Claudius und Mutter des Nero, geboren. Durch ihren Einfluss erhielt das Oppidum Ubiorum den Status einer römischen Kolonie und hieß fortan Colonia Claudia Ara Agrippinensium oder kurz CCAA. Der Name der Stadt enthielt sowohl den Namen Agrippinas als auch den des Kaisers Claudius, das Ara bezieht sich auf den römischen Altar in der Stadt. Von den etwa 150 römischen Coloniae ist es allein Köln, das seinen heutigen Namen von dieser Bezeichnung für das höchste römische Stadtrecht herleitet.

Mit dem Bau der im Durchschnitt 2,5 Meter starken und 8 Meter hohen Stadtmauer aus Stein mit 19 Rundtürmen, von denen einer aus dem 3. Jahrhundert bestens erhalten ist, und neun Toren wurde auf der Ostseite schon Ende des 1. Jahrhundert n. Chr. begonnen; die Arbeiten an der Befestigung wurde vermutlich erst im 3. Jahrhundert abgeschlossen. Im Jahr 68, dem Todesjahr Neros und der damit verbundenen Staatskrise in Rom, belagerten die Bataver und mit ihnen verbündete Stämme die Stadt und erreichten zunächst die Aufgabe der Bevölkerung. Die geforderte Niederlegung der Befestigung lehnten die Agrippinenser jedoch ab und schlugen sich bald wieder unter den Schutz der Römer.

Als seit 81 n. Chr. der Militärbezirk rund um Köln zur römischen Provinz Niedergermanien (lateinisch Germania Inferior) erhoben wurde, erhielt das an der römischen Rheintalstraße gelegene CCAA im Jahr 89 den Status einer Provinzhauptstadt. Um diese Zeit wurde die Wasserversorgung der Stadt durch einen der längsten Aquädukte des römischen Reiches, die Eifelwasserleitung, verbessert.

Die Herrschaft Trajans seit dem Jahr 98 kennzeichnet den Beginn einer Blütezeit für das ganze römische Reich; auch in CCAA führte eine 150 Jahre andauernden Periode des Friedens zu einem wirtschaftlichen und architektonischen Aufschwung. So entstand um 180 ein neues Prätorium für die Provinzverwaltung. Die Reste der Grundmauern wurden im Jahr 1953 beim Bau des Spanischen Baus des heutigen Rathauses freigelegt. Manufakturarbeiten aus Köln, vor allem Glas und Keramik, wurden ins gesamte römische Reich und darüber hinaus geliefert.

In den Jahren 259/60 schlug sich der Militärbefehlshaber Postumus nach einem Streit mit Saloninus, dem Sohn des Kaisers Gallienus, auf die Seite von aufständischen Grenztruppen und wurde von diesen zum Kaiser eines Imperium Galliarum ausgerufen. Postumus eroberte CCAA und tötete Saloninus — Köln wurde zur Hauptstadt des neuen Reiches, dem Gallien, zeitweise Spanien und vermutlich auch Britannien angehörten. Erst im Jahr 274 endete dieses „Sonderreich“, das für eine weitere Glanzzeit in CCAA steht, mit der Rückeroberung durch Kaiser Aurelian. Hochwertige Goldmünzen mit dem Bildnis des Postumus wurden zu dieser Zeit in den Münzstätten Kölns geprägt. Im Jahr der Rückeroberung wurde Köln jedoch zum ersten Mal von Germanen überfallen und verwüstet.

Kaiser Konstantin veranlasste daraufhin um 310 zum Schutz der Stadt den Bau des rechtsrheinischen Castellum Divitia (Kastell Deutz), das außerdem durch den Bau der ersten festen Rheinbrücke, einer Holzkonstruktion auf steinernen Strompfeilern, mit der Stadt verbunden wurde.

Die Bevölkerungszahl Kölns wird näherungsweise im dritten und vierten Jahrhundert auf rund 15.000 Menschen zuzüglich der etwa 5.000 im Umland geschätzt. Es herrschte eine Religions- und Kultusvielfalt; so wurden neben den ursprünglichen römischen Gottheiten auch Götter und Göttinnen aus der germanischen und aus anderen Religionen des römischen Reiches übernommen. 1882 wurde beispielsweise eine Isis-Figur in der Nordwand der Ursulakirche gefunden; im Römisch-Germanischen Museum befinden sich weitere Funde, z. B. für die meist in Dreizahl gezeigten Muttergöttinnen (Matronen). Besonders beliebt war in Köln auch der Mithraskult.

Nach der Zerstörung des jüdischen Tempels in Jerusalem und der damit verbundenen Zerstreuung (Diaspora) der Juden finden sich Nachweise einer jüdischen Gemeinde in Köln. Kaiser Konstantin genehmigte im Jahr 321 die Ansiedlung einer jüdischen Gemeinde mit allen Freiheiten der römischen Bürger. Obwohl nur wenig über die Lage der Gemeinde in Köln bekannt ist — man vermutet die Ansiedlung in der Nähe der Marspforte innerhalb der Stadtmauer — ist die Kölner Gemeinde die älteste in Deutschland nachgewiesene Gemeinde.

Eine Christengemeinde ist ab Beginn des vierten Jahrhunderts in Köln nachgewiesen. Als erster bekannter Kölner Bischof gilt Maternus im Jahr 313; die erste schriftliche Bezeugung einer Kirche stammt aus dem Jahr 355, ihr Standort ist jedoch unbekannt. Ein Saalbau wurde auf dem nördlichen Friedhof errichtet, wo der späteren Legende nach eine Gruppe christlicher Mädchen den letzten Christenverfolgungen zum Opfer gefallen worden sein soll — hier liegen möglicherweise die Ursprünge des späteren Kults um „Ursula und die 11000 Jungfrauen“.

Seit dem Germanenüberfall im Jahr 274 sah sich die Stadt weiteren germanischen Angriffen ausgesetzt; vor allem die Franken drängten über den Rhein. Im Herbst 355 gelang ihnen die Eroberung und Plünderung Kölns. Wenige Monate später wurde die Stadt durch den Caesar (in der Spätantike: Unterkaiser) Julian, der später zum Kaiser (Augustus) erhoben wurde, zurückerobert. Zu Beginn des 5. Jahrhunderts zeichnete sich jedoch das Ende der Römerherrschaft in Gallien und damit auch in Niedergermanien ab: Den Vormarsch der Germanen nach Westen überstand Köln noch relativ unversehrt. Eine kurze Rückeroberung durch den weströmischen Heermeister Flavius Aëtius in der Zeit zwischen 435 bis 446 ging mit einem Sieg gegen den Hunnenkönig Attila einher (der Vorbeimarsch der Hunnen an Köln bot weiteres Legendenmaterial zur Geschichte der Heiligen Ursula). Spätestens als Aëtius jedoch 454 ermordet wurde, bedeutete dies auch das Ende der Römerherrschaft in Köln, die Franken eroberten Köln und machten die Stadt zum Vorposten eines ihrer „Gaue“.

Das fränkische Köln

Zum Beginn der Frankenherrschaft im ehemaligen römischen Gebiet an Rhein und Mosel war der "Stamm" der Franken noch in Untergruppen gegliedert; in Köln herrschte Sigibert, König der "ripuarischen" Franken und Vetter des Merowingers Chlodwig I. Dem "ripuarischen" Königtum wurde von Chlodwig ein Ende gesetzt, indem er Sigiberts Sohn zunächst dazu brachte, seinen Vater ermorden zu lassen, und diesen dann von seinen eigenen Boten erschlagen ließ. Als Chlodwig in Köln einzog, soll er die Verantwortung für die Todesfälle abgelehnt und den Bürgern seinen Schutz angeboten haben — worauf diese ihn in St. Gereon jubelnd zu ihrem Herrscher und damit zum König aller Franken ausgerufen haben sollen. Dies berichtete der Chronist Gregor von Tours in seiner Geschichte der Franken.

In Köln lebte zur Zeit der Franken ein buntes Völkergemisch von Franken, anderen Germanen und "Römern", also der vor Ankunft der Franken ansässigen Bevölkerung, mit den unterschiedlichsten Religionen. Die "romanische" Stadtbevölkerung sprach auch noch im 6. Jahrhundert Latein. Trotz der zunehmenden Christianisierung des Merowingerreiches nach der Taufe Chlodwigs und dem Status Kölns als Bischofssitz gab es noch mindestens bis ins sechste Jahrhundert auch nicht-christliche Kultstätten.

Die Franken, ein Krieger- und Bauernvolk, nutzten in Köln die trotz der Eroberungszüge erhalten gebliebene römische Infrastruktur, vor allem das Prätorium, in dem die Könige residierten, sowie Brücke und Stadtmauer. Auch in Landwirtschaft und Handwerk bauten sie auf römischen Grundlagen auf; so entwickelten sich zum Beispiel aus den zahlreichen römischen Gutshöfen rund um Köln und den Militäreinrichtungen nach und nach fränkische Dörfer und Hofsiedlungen. Obwohl die Bevölkerungszahl in fränkischer Zeit stark zurückgegangen war, befanden sich Handel und Handwerk weiterhin auf hohem Niveau, allerdings war der Exporthandel im sechsten Jahrhundert nicht mehr so ausgeprägt.

Eine Bedrohung der Stadt im Jahr 557 durch die Sachsen, die bis zum Kastell Deutz vordringen konnten, wurde abgewendet. Bei den blutigen Machtkämpfen, die sich die Nachkommen Chlodwigs lieferten, wurde Köln immer wieder involviert. So flüchtete Theudebert nach der Schlacht bei Toul 612 vor seinem Bruder Theuderich von Toul nach Köln. Als dieser ihn in einem weiteren Kampf besiegte, zog Theuderich in Köln ein und wurde von den dort verbliebenen Anhängern Theudeberts zum neuen König ausgerufen.

Die Zwiste in der Königsfamilie führten zu einem Machtzuwachs für die fränkischen Adligen — die Hausmeier —, die ihren Königen die Regierungsarbeit aus der Hand nahmen; 687 zog der Karolinger Pippin der Mittlere alle fränkischen Hausmeierämter an sich. Er hielt sich über längere Zeiträume in Köln auf, seine Residenz befand sich vermutlich in der Nähe der heutigen Kirche St. Maria im Kapitol. Aber auch unter seinen Nachfolgern kehrte keine Ruhe ein: Pippins Stiefsohn Karl Martell zwang schließlich Plektrudis, die Witwe seines Vaters, die in Köln residierte, zur Aufgabe ihrer Macht und zum Gang ins Kloster in die nach hochmittelalterlichen Quellen von ihr gestiftete Kirche St. Maria im Kapitol.

Die endgültige Machtübernahme der Karolinger im Frankenreich durch Martells Sohn Pippin den Jüngeren 751 bedeutete das Ende der Merowingerherrschaft in Franken und für Köln das Ende seiner Rolle als Königssitz (die Karolinger residierten in Aachen).

Eine bedeutende Rolle spielten in der fränkischen Zeit vor allem die Kölner Bischöfe. Als wichtigster unter ihnen gilt der um 625 wirkende Kunibert von Köln, der schon für König Dagobert III. und dessen Sohn Sigibert III. die Regierungsgeschäfte geführt hatte. Der Legende nach weihte Kunibert auch die älteste noch erhaltene Kölner Kirchenglocke, den Saufang. Die Clemenskirche, in der Kunibert nach seinem Tod 663 bestattet wurde, hieß fortan Kunibertskirche.

Das karolingische Köln

Während der Sachsenkriege unter Karl dem Großen gewann Köln sowohl politisch als auch kulturell wieder an Einfluss; als erster karolingischer Bischof gilt Hildegar, der um 753 bei einer Schlacht gegen die Sachsen bei der Iburg getötet wurde. Köln verehrte seit dieser Zeit viele christliche Märtyrer, sammelte deren Reliquien in wertvollen Schreinen und baute für sie viele Kirchen. Im spätmerowingischen Dom wurde eine neue liturgische Einrichtung, eine Schola Cantorum eingebaut.

Papst Zacharias plante, Bonifatius zum Erzbischof Kölns zu ernennen, um von Köln aus die Bekehrung der Sachsen und Friesen voranzutreiben. Der Plan scheiterte zunächst an dem Widerstand der einheimischen Bischöfe und Adligen, und Köln wurde erst 795 Erzbischofssitz. Bereits 787 hatte Karl den Priester Hildebold zum Bischof von Köln eingesetzt, als die Kölner sich nicht selbst auf einen neuen Bischof einigen konnten. 795 wurde Hildebold folgerichtig auch Kölns erster Erzbischof; er amtierte bis zu seinem Tod im Jahr 818, vier Jahre nachdem Karl der Große gestorben war.

Nach dem Tod Karls des Großen entbrannte erneut ein Streit um das Frankenreich. Köln gehörte zunächst zum so genannten Mittelreich zwischen Ost- und Westfranken oder dem Lotharingien von Karls Enkel Lothar II. Dessen Scheidung und Wiederverheiratung, die durch den Kölner Erzbischof Gunthar unterstützt wurde, führte 863 zur Exkommunizierung Gunthars, der aber in Köln bis 866 weiter in seinem Amt blieb. Er protestierte gegen die Herauslösung Bremens aus seinem Metropolitanverband durch die Gründung des Erzbistums Hamburg-Bremen 848. Das führte zunächst zu einem Stillstand. Als aber Gunthar wegen seiner Ehescheidung Lothars II. exkommuniziert wurde, stellte Papst Nikolaus I. am 31. Mai 864 die Gründungsbulle für das Erzbistum Hamburg-Bremen aus. Gunthars Nachfolger Willibert weihte im Jahr 873 die Kirche, die als Alter Dom — Vorläufer des Kölner Doms — gilt. Mit ihrem Bau wurde wahrscheinlich um 850 begonnen, weil aber Gunthar als Bauherr missliebig erschien, schrieb man sie später dem berühmteren Vorgänger zu,weshalb sie lange den Namen Hildebolddom trug.

Nach Lothars Tod fiel Köln 876 an das ostfränkische Reich König Ludwigs des Deutschen. Durch die innerfränkischen Kämpfe wurde das Reich nach außen derart geschwächt, dass im Winter 881/882 die Normannen auf ihren Kriegszügen rheinaufwärts bis Köln und Bonn vordringen konnten. Sie plünderten und brandschatzten die Städte, und in Köln blieben nur der Dom und die Kirchen St. Severin und St. Gereon erhalten, alle anderen Gebäude und Kirchen sowie die Stadtmauer brannten nieder. Allerdings sollen sich die Geistlichen der Stadt vor dem Einfall der Normannen mit den wichtigsten Kirchenschätzen nach Mainz geflüchtet haben.

Bereits einige Jahre nach dem Normannenangriff sollen die Kölner ihre Stadtmauer wieder aufgebaut haben, und im Jahr 891 erhielt Köln unter seinem Erzbischof Hermann von Papst Stephan V. bedeutende Reliquien für die wieder aufgebauten Kirchen.

Zu Beginn des 10. Jahrhunderts wechselte in Köln ein vorletztes Mal in der Karolingerzeit die Herrschaft: In Ostfranken wurde Konrad I., zum König gewählt, was die lothringischen Fürsten zur Abspaltung veranlasste und in den Einflussbereich des karolingischen Westfrankens brachte. Endgültig beendet wurde diese Phase durch den Sachsen Heinrich I., der mit wenigen Eroberungszügen Lothringen wieder zu Ostfranken brachte. 925 wurde Lothringens — und damit Kölns — Zugehörigkeit zum ostfränkischen Reich von den Fürsten und dem Kölner Erzbischof bestätigt.

Das hochmittelalterliche Köln

Ottonische Zeit

Erzbischof Brun, der Bruder des späteren Kaisers Otto I., war 953 zum geistlichen Oberhaupt von Köln gewählt worden. Nachdem unter seiner Führung ein Aufstand in Lothringen gegen den Bruder des Kaisers niederschlagen wurde, machte Otto I. den Erzbischof auch zum Herzog von ganz Lothringen und damit zum weltlichen Fürsten in Köln. Damit hatte er die Gerichtsbarkeit sowie Markt- und Münzhoheit in der Stadt — dies markierte den Beginn einer Periode erzbischöflicher Macht in Köln, die bis zur Schlacht von Worringen im Jahr 1288 andauerte.

Brun hinterließ bleibende Spuren in der Stadt. So wurden unter seiner Herrschaft der alte Dom erweitert, mehrere Stifte und Klöster (z. B. der Vorläuferbau der heutigen Kirche Groß St. Martin) gegründet und um 950 die Siedlungen der Rheinvorstadt, die bis dahin noch außerhalb der Stadtmauern lagen, in die Stadt eingegliedert (das Gebiet um den heutigen Alter Markt und Heumarkt). Für die Besuche des Kaisers in Köln ließ er in der Nähe des Domes vermutlich eine Pfalz errichten.

Kurz nachdem Otto I. im Jahr 965 mit seiner Familie den Erzbischof in Köln besucht hatte, verstarb Brun im Alter von 40 Jahren auf einer diplomatischen Mission in Reims. Er wurde in der Kölner Klosterkirche von St. Pantaleon beerdigt.

Nach Bruns nur kurz amtierendem Nachfolger Folcmar trat ab 969 vor allem Erzbischof Gero in Erscheinung. Er reiste 971 nach Konstantinopel, um eine Ehefrau für Otto II. zu suchen. Geplant war die Vermählung des Kaisersohns mit der Tochter des oströmischen Kaisers; Gero vermittelte schließlich die Vermählung mit dessen Nichte Theophanu im Jahr 972. Die Kaiserin führte nach dem Tod Ottos II. 983 sechs und ein halbes Jahr für ihren unmündigen Sohn Otto III. die Regentschaft. Sie starb bereits 991; der byzantinische Einfluss auf die deutsche Kunst und Kultur kann jedoch auf sie und ihr großes Gefolge zurückgeführt werden. Nachdem sie wie Brun in St. Pantaleon beigesetzt worden war, siedelten sich ihre Landsleute, Handwerker und Künstler, um diese Kirche an – was sich in Kölner Straßennamen wie Griechenmarkt niederschlug.

Das kunsthistorisch und ikonographisch bedeutende Gerokreuz im alten Dom soll der Überlieferung nach 970 von Gero beauftragt und aufgestellt worden sein. Nach dessen Tod wurde es an seinem Sarkophag im Dom aufgestellt. Von Geros Nachfolger, Erzbischof Everger, der zu Zeiten Geros Domschatzmeister gewesen war, wird in der Chronik Thietmar von Merseburgs berichtet, er habe sowohl Gero als auch dessen Nachfolger Warin scheintot bestatten lassen, um ihr Amt zu übernehmen. Evergers Nachfolger wurde Erzbischof Heribert. Er regierte von 999 bis 1021 und stiftete 1003 die Abtei Deutz. Während seiner Amtszeit hatten die Kölner mit mehreren Hungersnöten und Dürren zu kämpfen. Seine Gebete sollen zum ersehnten Regen geführt haben, so dass er nach seinem Tode 1147 heilig gesprochen wurde.

Salische Zeit

Heriberts Amtsnachfolger Pilgrim trug durch die Königskrönung Heinrichs III. und seiner Mutter Gisela zu dem dauerhaften Anrecht der Kölner Erzbischöfe bei, in Aachen Krönungen vornehmen zu dürfen. Außerdem wurde er 1031 zum Erzkanzler für Italien ernannt, ein Ehrenamt, das nach ihm alle Kölner Erzbischöfe des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation inne hatten.

Der Kölner Erzbischof erhielt 1039 das Münzrecht und die Kölner Mark begann ihren Siegeszug am Niederrhein. Im folgenden Jahr (1040) wurde die erste Synagoge in Köln errichtet. Die Königin Richeza von Polen wurde 1061 in Köln beigesetzt.

Im Jahre 1074 kam es zu einer Rebellion der Kölner Bürger gegen ihren Lehnsherrn, den Erzbischof Anno II.. Als Anno im Kölner Hafen ein Kaufmannschiff beschlagnahmen ließ, widersetzte sich der Sohn des reichen Kaufmanns der Beschlagnahmung. Anno konnte sich nur knapp vor der mordlustigen Bevölkerung in Sicherheit bringen und aus der Stadt fliehen. Er kehrte wenige Tage später mit bewaffneten Verbänden zurück, die Stadt kapitulierte, die Rädelsführer wurden brutal bestraft.[3]

1096 befand sich in Köln der Sammelplatz für die Kreuzritter vom Niederrhein. Die Kreuzzügler plünderten und brandschatzten das Judenviertel. Im Verlauf der Auseinandersetzungen zwischen Kaiser Heinrich IV. und seinem Sohn Heinrich V. wurden 1106 neue Befestigungsanlagen errichtet. Köln schlägt sich auf die Seite Heinrichs IV. Durch diese zweite Stadterweitung umfassten die Mauern nun ein Gebiet von 203,6 Hektar. Am 25. August 1128 legte ein durch Blitzschlag verursachtes Feuer das rechtsrheinische Deutz in Schutt und Asche. Zahlreiche Gebäude wurden zerstört. Das Kölner Rathaus wurde erstmals 1135 urkundlich erwähnt.

Staufische Zeit

Für 1149 ist das große Kölner Stadtsiegel erstmals belegt; seine tatsächliche Entstehungszeit ist umstritten. Gegen 1140 lebten schätzungsweise 20.000 Bürger in der Stadt. Köln wurde 1150 von einem großen Brand und einer Pest-Welle heimgesucht.

Der Kölner Erzbischof Rainald von Dassel brachte die Gebeine der Heiligen Drei Könige am 23. Juli 1164 nach Köln. Dadurch wurde Köln einer der wichtigsten Wallfahrtsorte des christlichen Europas und lockte in großer Anzahl Pilger und Könige zur Heiltumsfahrt nach Köln. Auch wegen der 1121 gefundenen und seitdem verehrten Reliquien des Hl. Gereon und seiner Gefährten sowie den im 12. Jhdt. gefundenen Gebeinen der legendären Heiligen Ursula und ihrer laut der Legende 11.000 Begleiterinnen wurde Köln zusammen mit Rom und Santiago de Compostela eine der drei großen Pilgerstätten des Spätmittelalters. Der Reliquienschatz Kölns soll mehr als 800 Heilige enthalten haben.

Im Mai 1169 bestätigte Philipp anlässlich einer Auseinandersetzung zwischen dem Burggrafen und dem Vogt von Köln ein altes Weistum, worin deren amtliche Stellung und der Umfang ihrer Befugnisse und Gerechtsame, so wie die Freiheiten der Kölnischen Bürger aufgezeichnet wurden.[4] 1171 erneuerten die Senatoren der Stadt Köln den Kaufleuten von Dinant die Zoll-Privilegien, die ihnen bereits durch den Erzbischof Friedrich I. (†1131) verbrieft worden waren.[5] 1174 lieh Erzbischof Philipp I. von Heinsberg zum Zweck eines Kriegszuges nach Italien von der Stadt Köln 1000 Mark und verpfändete ihr dafür das Münzrecht.[6]

Am 27. Juli 1180 verglich sich Erzbischof Philipp hinsichtlich der gegen sein Verbot angelegten Stadtbefestigung, dass gegen eine Zahlung von 2000 Mark und einen Grundzins der Status quo in Bezug auf Befestigung, Häuser und Vorbaue bleiben durfte. Damit wurde der Bau der Stadtbefestighung sanktioniert.[7] Der Vertrag wurde am 11. August von Kaiser Friedrich I. bestätigt.[8] Die große mittelalterliche Stadtmauer wurde in den folgenden sechs Jahrzehnten gebaut. Die Fläche der Stadt wuchs von 203,6 ha auf 402,6 ha. Nach der Fertigstellung war die Mauer mit 52 Türmen und 12 Toren das größte Befestigungswerk Europas.[9][10] Das (Leprosorium) von Köln, in Melaten verkehrsgünstig an der Köln-Aachener Straße gelegen, wurde erstmals in der Schreinskarte der Pfarrei St. Aposteln 1180 erwähnt. Das zerstörte Siechenhaus wurde als hoff to Malaten buyten Colne erstmals am 25. April 1243 urkundlich erwähnt.[11]

Der Rat der Stadt Köln erschien erstmals 1216 in den tradierten Urkunden. Der Einzug der künftigen Kaiserin und englischen Prinzessin Isabella von England 1235 auf ihrer Reise zu ihrer Hochzeit in Worms mit Kaiser Friedrich II. wurde eines der "großartigsten gesellschaftlichen Ereignisse des Hochmittallater" [12]. Isabella wurde mit allen Ehren empfangen und blieb sechs Wochen in Köln. Erzbischof Konrad von Hochstaden legte am 15. August 1248 den Grundstein für den Neubau des Kölner Doms. Der Kirchenlehrer Albertus Magnus spielte in seiner Kölner Zeit eine herausragende Rolle in den Auseinandersetzungen zwischen Stadt und Erzbischof. Im Kleinen Schied vom 17. April 1252 und im Großen Schied vom 28. Juni 1258 gutachtete er beim Streit zwischen Stadt und Bischof. Mit dem Großen Schied wurde die oberste Gerichtsgewalt und die oberste Macht dem Erzbischof zugesprochen. Gleichzeitig bestätigte der Spruch aber auch das Selbstverwaltungsrecht der Kommune. Die Folge war, dass Konrad von Hochstaden die angestrebte Landeshoheit über Köln nicht durchsetzen kann und sich mit der Oberaufsicht begnügen muss.[13]

Das spätmittelalterliche Köln

Köln trat im Juli 1254 dem Rheinischen Städtebund bei, der 59 Städte und auch Territorialfürsten umfasste und bis 1257 bestand. Motiv für die Gründung war die Unsicherheit im Heiligen Römischen Reich zur Zeit des Interregnums. Der Rheinische Städtebund forderte die Abschaffung der etwa 30 Rheinzölle, welche den Handel stark behinderten. Er wendete sich gegen Fehden und setzt Regelungen für Konfliktfälle fest.

Erzbischof Konrad von Hochstaden verlieh der Stadt Köln am 7. Mai 1259 das Stapelrecht. Danach mussten alle an- und durchreisende Kaufleute ihre Waren zu Köln "stapelt" und zum Verkauf anbieten. Das Stapelrecht war maßgeblich für die Entwicklung Kölns zur europäischen Wirtschaftsmetropole des Spätmittelalters.[14] Erzbischof Engelbert II. von Falkenburg sicherte den Juden der Stadt 1266 seinen Schutz zu. Im Streit zwischen den Bürgern und dem Erzbischof kam es Oktober 1268 zum Kampf an der Ulrepforte. Der Konflikt wurde in der Reimchronik Gottfried Hagens dargestellt.

Am 15. November 1280 starb Albertus Magnus in Köln. Die Kölner Bürger erkämpften in der Schlacht von Worringen am 5. Juni 1288 ihre Freiheit von der erzbischöflichen Stadtherrschaft. Bei dem Konflikt zwischen Siegfried von Westerburg, Erzbischof von Köln und Herzog Johann I. von Brabant schlug sich die Stadt Köln auf die Seite des Herzogs. Der Erzbischof geriet in Gefangenschaft. Die Stadt Köln erlangte in der Folge de facto den Status einer Reichsstadt, wenngleich die Anerkennung de jure noch bis 1475 auf sich warten ließ.

Der Chor des neuen gotischen Doms wurde am 27. September 1322 geweiht. Die Reliquien der Heiligen Drei Könige, Anziehungspunkt für zahlreicher Pilger, wurden in den neuen Dom überführt. Um 1324 war Meister Eckhart Leiter des Studium generale in Köln. Er wurde 1325 durch Mitbrüder beim Kölner Erzbischof Heinrich II. von Virneburg, Erzbischof von Köln wegen angeblich häretischer Glaubensaussagen denunziert und starb entweder 1327 oder 1328 hier oder in Avignon.

In einer Eintragung in das Eidbuch des Kölner Rats am 5. März 1341 wurde der Karneval erstmals erwähnt. Im Sommer 1349 forderte die Pest täglich mehr als 100 Opfer. In der Nacht vom 23. auf den 24. August 1349 kam es zu einem Pestpogrom, bei dem die Kölner Judengemeinde ausgelöscht wurde. Im „Hansasaal“ des Kölner Rathauses tagte am 19. November 1367 eine Versammlung der Hansestädte und bildete die Konföderation gegen den dänischen König Waldemar IV..

Die Auseinandersetzungen zwischen den Patriziern, die den Rat und die Richerzeche dominierten und den aufstrebenden Zünften erreichten im so genannten Kölner Weberaufstand einen ersten Höhepunkt. Es gab in Köln gegen Ende des 14. Jahrhunderts ungefähr 300 Weberwerkstätten mit bis zu 6000 Beschäftigten. Produziert wurden bis zu 20.000 Ballen (1,60 Meter breites Tuch von 25 Meter Länge) im Jahr. Der Kölner Gewandschneider Wilhelm Wavern exportierte zu dieser Zeit 10.000 Paar Hosen p.a. Ein Webergeselle verdiente damals etwa 8 Schilling pro Tag bei folgenden Lebenshaltungskosten: ein Hahn 3 Schilling, 25 Eier 25 Schilling, ein Fisch 2 Schilling, eine Hose 32 Schilling, 1 Paar Schuhe 10 Schilling.[15] Der Weberaufstand sollte dieser immensen wirtschaftlichen Bedeutung der Weberzünfte Rechnung tragen. Er begann Pfingsten 1369 und endete in der blutigen Weberschlacht am 20. November 1371 auf dem Waidmarkt mit einer schweren Niederlage der Weberzunft, die daraufhin hart bestraft wurde. Vorübergehend konnten die patrizischen Familien ihre Macht wiederherstellen. Die Richerzeche wurde restituiert, 1396 aber endgültig abgeschafft.

Im Jahr 1374 kam es zum höchsten bislang in Köln erreichten (eisfreien) Hochwasser. Nach Schneeschmelze und tagelangen Regenfällen in weiten Teilen des Rheineinzugsgebietes wurde am 11. Februar ein Wasserstand von etwa 13,30 m erreicht. Während der Scheitelwelle konnten Boote über die rheinseitige Stadtmauer fahren. Es handelte sich um ein durch zahlreiche zeitgenössische Quellen belegtes, einmaliges Ereignis. Vom April 1375 bis zum Friedensschluss am 16. Februar 1377 kam es im so genannten Schöffenkrieg zu einer schwerwiegenden Machtprobe zwischen der Stadt Köln und Erzbischof Friedrich von Saarwerden. Anlass war ein Kompetenzstreit im Zusammenhang mit den Schöffen, die dem erzbischöflichen Burggrafen beim Hochgericht beisaßen oder ihn vertraten. Im Verlauf des Schöffenkrieges verhängte Kaiser Karl IV. die Reichsacht über Köln, und im Kölner Umland, insbesondere in Deutz, wurden schwere Zerstörungen angerichtet.

Die Alte Kölner Universität wurde am 21. Mai 1388 von der Kölner Bürgerschaft gegründet und vom römischen Papst Urban VI. bewilligt. Die Eröffnung erfolgte am Dreikönigstag 1389. Gründungsrektor war Hartlevus de Marca, der den Lehrbetrieb mit einer Disputation mit dem Theologieprofessor Gerhard Kikpot von Kalkar über Jesaja 60,1 („die Herrlichkeit des Herrn ging strahlend auf über dir“) eröffnete. Die Universität ging hervor aus den Generalstudien der Dominikaner, die Albertus Magnus 1248 eingerichtet hatte. Die Universität zu Köln war die vierte Universitätsgründung im Heiligen Römischen Reich nach der Karls-Universität Prag (1348), der Universität Wien (1365) und der Ruprecht-Karls-Universität in Heidelberg (1386). Die Alte Universität wurde 1798 von französischen Besatzern geschlossen.

Am 6. November 1395, dem Freitag nach Fronleichnam, erschütterte morgens um 3 Uhr ein schweres Erdbeben die Stadt Köln, nachdem schon acht Tage vorher Hagelschauer mit Körnern so groß wie Hühnereier die Leute erschreckt hatten.

Der Verbundbrief von 1396

Im Jahr 1396 wurde durch eine unblutige Revolution die Patrizierherrschaft in Köln endgültig beendet. An ihre Stelle trat eine ständische Verfassung, die sich auf die Organisation der Gaffeln stützte. Vorausgegangen waren jahrelange Auseinandersetzungen innerhalb des Rates und des ihn konstituierenden Patriziats.

Am 8. Juli 1391 schaltete Hilger Quattermart, der Führer der patrizischen Greifen-Partei, die Schöffen des Hochgerichts aus. Am 11. August 1391 ging das Recht der Bürgermeisterwahl von der Reichen-Korporation Richerzeche auf den Rat über. Am 17. Juli 1394 beschloss der Rat die „Ewige Verbannung“ Heinrich von Staves, eines Oheims von Hilger Quattermart, wegen dessen Umtrieben in Sachen Deutzer Zoll. Am 26. Dezember 1395 kam es in einer stürmischen Ratssitzung zur Löschung des Verbannungsdekrets Heinrich von Staves durch Hilger Quattermart aus dem Ratsbuch, danach provokatorisches Auftreten Heinrich von Staves in der Stadt. Am 4. Januar 1396 wurde die Partei der „Greifen“ mit ihrem Führer Hilger Quattermart von der Partei der am 3. Januar 1396 gegründeten Partei der „Freunde“ unter Führung von Konstantin von Lyskirchen entmachtet.

Hilger Quattermart floh. Sein Verwandter Heinrich von Stave wurde am 11. Januar 1396 auf dem Neumarkt hingerichtet, viele der „Greifen“ wurden zu lebenslanger Kerkerhaft verurteilt. Am 18. Juni 1396 versuchte Konstantin von Lyskirchen alte patrizische Rechte wiederherzustellen. Die dagegen protestierenden Handwerker- und Kaufleutezünfte wurden von ihm „vom hohen Ross herab“ nach Hause geschickt. Daraufhin nahmen die Zünfte die „Freunde“ in ihrem Versammlungsraum gefangen. Die „Greifen“ wurden befreit. Am 24. Juni 1396 trat ein 48-köpfiger, provisorischer Rat aus Kaufleuten, Grundbesitzern und Handwerkern zusammen.

Der Stadtschreiber Gerlach von Hauwe formulierte daraufhin den so genannten Verbundbrief[16], der am 14. September 1396 von den 22 so genannten Gaffeln unterzeichnet und in Kraft gesetzt wurde. Die Gaffeln waren heterogen zusammengesetzt, in ihnen waren die entmachteten Patrizier, Ämter, Zünfte und Einzelpersonen zusammengefasst, nicht aber die zahlenmäßig sehr starke Geistlichkeit; jeder kölnische Bürger musste einer der Gaffeln beitreten. Der Verbundbrief konstituierte einen 49-köpfiger Rat, mit 36 Ratsherren aus den Gaffeln und 13 Gebrechsherren, die berufen wurden. Der Verbundbrief blieb bis zum Ende der Freien Reichsstadt 1797 in Kraft. Am 14. April 1397 bestätigt der Rat die Zunftbriefe der Garnmacherinnen, Seidenmacherinnen und Goldspinnerinnen analog zu übrigen Zunftordnungen. Wirtschaftlich erreichten die Kölner Frauen im Spätmittelalter eine Freiheit wie nirgends sonst im Deutschen Reich.[17] Frauen handelten selbständig und waren weitgehend geschäftsfähig.[18]

Die Freie Reichsstadt Köln

Um 1400 lebten schätzungsweise 40.000 Bürger in der Stadt Köln, der zu dieser Zeit größten Stadt des Heiliges Römisches Reichs. Am 6. Januar 1401 erfolgte im Kölner Dom die Krönung von Ruprecht I. zum deutschen König, und am 6. Juli 1402 wurde im Dom die so genannte "Englische Heirat" zwischen Blanca von England, Tochter von Henry IV., und Ludwig III., Kurfürst von der Pfalz, Sohn König Ruprechts von der Pfalz, geschlossen. Sie war unter Vermittlung von Unterhändlern des Kölner Rats zu Stande gekommen.[19] 1403 verbietet der Rat eine jegliche Vermummung an den Fastnachtstagen.[20]

Der Rathausturm wurde 1414 vollendet, er wurde als Archiv, Waffenkammer und Feuerwache genutzt. Im gleichen Jahr begann die Herrschaft von Erzbischof Dietrich II. von Moers (1414-1463), die mit 49 Jahren längste Regierung eines Erzbischofs von Köln. Die Kölner Juden wurden nach ihrer Wiederansiedlung von 1372 im Jahr 1424 endgültig aus der Stadt vertrieben. Die Synagoge wurde zur Ratskapelle "Sankt Maria in Jerusalem" umgebaut, die Kölner Mikwe verfüllt. Damit endete die Tradition einer der ältesten und bedeutendsten Siedlung von Juden auf deutschem Boden.[21]

Die erste Kölner Bettelordnung wird auf 1435 datiert und wurde in die Kölner Statuten von 1437 aufgenommen. Sie schreibt vor, dass Gesunde für ihren Lebensunterhalt arbeiten oder die Stadt verlassen müssen und dass Bettler ihre Wunden und Gebrechen nicht öffentlich zur Schau stellen dürfen, damit die "guten Bürger" nicht belästigt werden. Die Bettelordnung richtete sich zudem gezielt gegen auswärtige Bettler.[22] Stefan Lochner vollendete um 1445 das Altarbild Altar der Stadtpatrone, das das Selbstbewusstsein der Freien Reichsstadt widerspiegelt und heute im Dom ausgestellt ist. Im gleichen Jahr erteilte der Rat am 11. Juni den Befehl, dass alle Ferkel - bis auf die der Bäcker, Brauer und Landwirte - innerhalb der Stadt abzuschaffen seien. Dieser und zahlreiche ähnliche, vermutlich ebenso wenig erfolgreiche Erlasse des Rats werfen ein signifikantes Licht auf die innerstädtischen, hygienischen Zustände. Mit Wilhelm Roggelin und Peter Puckgassen wurden am 16. August 1448 die ersten amtlich bestallten Müllmänner der Stadt bestallt.[23]

Der Gürzenich, das Ball- und Tanzhaus des Rates, wurde von 1441 bis 1447 von Stadtbaumeister Johann van Bueren errichtet. Am 26. Februar 1446 fand der erste, urkundlich belegte Hexenprozess in Köln statt. Nach Schwören der Urfehde wurde die Angeklagte freigelassen.[24] Der Rat der Stadt verbot 1449 die Einfuhr fremden Bieres nach Köln, bei Zuwiderhandlung drohten den Importeuren Gefängnisstrafen. 1466 wurde der erste bekannte Kölner Buchdruck (Liber Johannis Chrysostomi super psalmo quinquagesimo) in der Druckerei von Ulrich Zell publiziert. Zell hatte sein Handwerk wahrscheinlich bei den Mainzer Buchdruckern Peter Schöffer und Johannes Fust gelernt; ein Jahrzehnt später gab es bereits 10 Druckereien in Köln.[25] 1469 verfasste Heinrich van Beeck eine umfassende Geschichte der Stadt Köln, die Agrippina genannte Universalchronik Chronica coloniensis. Darin wurde die Geschichte der Stadt von den Anfängen bis ins Jahr 1419 dargestellt. Neben der Chronik steht in der Handschrift gleichberechtigt ein Urkundenteil.[26]

Kaiser Friedrich III. bestätigte im Verlauf der Kölner Stiftsfehde 1475 offiziell den seit 1288 praktisch bestehenden Status als Freie Reichsstadt; die Hanse unter Führung Kölns erwarb den Stalhof in London als Kontor. Vier Jahre später 1479 erhielt die Universität zu Köln von Kaiser Friedrich III. das Recht, Leichen zu sezieren. 1481/82 scheiterte ein Umsturzversuch der so genannten Kleinen Schickung gegen das Finanzgebaren des Rats, weil sich die Gaffeln mehrheitlich auf dessen Seite schlugen. Ein Sterbender berichtete 1484 von homosexuellen Praktiken in Köln. Eine große Untersuchung ergab, dass wohl über 200 angesehene Bürger darin verwickelt waren, so wurden die Ergebnisse der Untersuchung wieder unter den Teppich gekehrt.[27]

Auf dem Reichstag 1505 zu Köln entschied der römisch-deutsche König und spätere Kaiser Maximilian I. den Landshuter Erbfolgekrieg: Das Herzogtum Pfalz-Neuburg entstand (so genannter Kölner Spruch). Der Dominikaner Jakob van Hoogstraten (†1527), 1504 in Köln zum Dr. theol. promoviert und seit 1505 Regens der Kölner Ordensschule, wurde 1510 Prior des Kölner Dominikanerklosters und hatte als solcher das Amt des päpstlichen Inquisitors für die Kirchenprovinzen Köln, Mainz und Trier inne.[28] Er lässt in Köln die Bücher Reuchlins verbrennen.

Der Bürgeraufstand von 1512/13, bei dem drei Bürgermeister und sieben Ratsherren getötet wurden, führte zum Beschluss des Transfixbriefs vom 15. Dezember 1513, der Ergänzungen zum Verbundbrief von 1396 enthiel und den jahrzehntelang gewachsenen Spannungen zwischen Rat und Gemeinde Rechnung trug. Im Transfixbrief, der bis 1797 zusammen mit dem Verbundbrief die Kölner Verfassung bildete, werden die Rechte der Gemeinde erweitert und fortgeschrieben, insbesondere die Unverletztlichkeit von Person und Wohnung.[29] Zudem sollten die Macht der Gaffeln gestärkt, die Veruntreuung städtischer Gelder verhindert und die Günstlingswirtschaft des Rates unterbunden werden.[30]

Albrecht Dürer besuchte im Jahr 1520 seinen Vetter Niklas in Köln. Auf dem Domhof wurden die Schriften von Martin Luther verbrannt. Auf Melaten wurden im Jahr 1529 die beiden protestantischen "Ketzer" Adolf Clarenbach und Peter Fliesteden verbrannt. Die Kölner Börse wurde 1553 gegründet. Bei einem Fährunglück 1559 auf dem Rhein ertranken über 50 Personen. Die Bauarbeiten am Kölner Dom wurden im Jahr 1560 aus finanziellen Gründen eingestellt.

Seit dem Hochmittelalter hatten die Kölner mit Besorgnis beobachtet, dass der Rhein begann, sich am rechten Rheinufer bei Poll ein anderes Flussbett zu suchen. Hochwasser und Eisgänge begünstigten diese Veränderungen. Um zu verhindern, dass es zwischen Poll und Deutz zu einem östlichen Durchbruch des Rheins kam, wollte Köln das Ufer mit den so genannten Poller Köpfen befestigen, doch erst 1557 konnte sich der Rat mit dem Erzbischof über die Maßnahmen einigen. 1560 wird das Großprojekt in Angriff genommen, das über 250 Jahre fortgeführt wurde. Insgesamt wurden drei schwere Uferbefestigungen ("Köpfe") angelegt. Neben Hunderten auf Grund gelegten Schiffen wurden Weidenpflanzungen und Buhnen eingebracht, um Abweichungen des Flussverlaufs zu verhindern. Mit Basaltbrocken beschwert wurden eisenbewehrte Eichenstämme - durch schwere Querbalken verbunden - in den Flussgrund getrieben. Der nördliche Kopf soll eine Länge von 1.500 Metern gehabt haben.[31]

Seit 1577 war Köln mittels eines Abzweigers ab Wöllstein mit dem europäischen Hauptpostkurs, dem Niederländischen Postkurs von Brüssel über Augsburg nach Innsbruck, Trient und Italien verbunden. Zunächst bestand eine Fußbotenpost, die jedoch 1579 vom Postmeister Jacob Henot in eine reitende Post umgewandelt wurde. [32]

Der Kölner Erzbischof Gebhard Truchsess von Waldburg sagte sich 1582 von der katholischen Kirche los und heiratete die protestantische Stiftsdame Agnes von Mansfeld, trat aber als Erzbischof nicht zurück. Gebhard Truchsess von Waldburg wurde 1583 exkommuniziert und der verlässlich katholische Ernst von Bayern zu seinem Nachfolger bestimmt u.a. deshalb, weil ein protestantischer Kölner Erzbischof die katholische Mehrheit im Kurfürstenkollegium gekostet hätte. Es kam zum Kölner Krieg (auch Truchsessischer Krieg), der bis 1588 dauerte. Deutz, Bonn und Neuss wurden verwüstet. Der Rat verbot 1609 den Frauen auch zu Karneval das Tragen von Männerkleidung. Der erste Tabakhändler eröffnete 1620 sein Geschäft in Köln.

Auf Melaten wurde Katharina Henot, die Tochter Jacob Henots, im Jahr 1627 als Hexe verbrannt.[33][34] Christina Plum bezichtigte sich erstmals im Frühjahr 1629 der Hexerei und denunzierte bei einem Verhör im April 1629 zunächst zehn angesehene Bürger. Nach weiteren Denunziationen erfolgten mehreren Hinrichtungen, darunter auch Christina Plum am 16. Januar 1630. Erst ab der zweiten Jahreshälfte 1630 wurde die Hexenverfolgung in Köln ausgesetzt.[35] Wegen der Syphilis wurden 1631 die öffentlichen Badehäuser geschlossen. Mit den Wochentlichen Post-Zeitungen erschien 1632 die erste wöchentliche Zeitung in Köln. Der Rat der Stadt verbot 1659 das Rauchen innerhalb der Stadtmauern. 1655 wurde Enn Lennartz als Hexe enthauptet und verbrannt. Sie war das letzte Opfer der Hexenverfolgung in Köln. Insgesamt gab es in der Zeit der Hexenverfolgung (1435 - 1655) 96 aktenkundig gewordene Hexenprozesse, bei denen 37 Beschuldigte hingerichtet wurden.[36]

Während des Dreißigjährigen Kriegs (1618-1648) verhielt sich Köln neutral und wurde nicht belagert, wobei der Krieg jedoch die Wirtschaft schädigte. Der Reitergeneral Jan von Werth (†1652) wurde in Köln zum Volkshelden, als er die Festung Ehrenbreitstein von den Franzosen befreite. Von ihm wurde die Sage mit der Magd Griet berühmt. Am 6. September 1680 überreichte Nikolaus Gülich (*1644) eine Klageschrift gegen innerstädtische Missstände. Eine Untersuchungskommission wurde eingesetzt, dann aber nahm man Gülich gefangen. August 1682 wurde er aber auf Druck der Gaffeln wieder entlassen. Immer wieder klagte er gegen Klüngel und Misswirtschaft. Im Sommer 1683 versuchte Gülich, den Rat aufzulösen, aber hauptsächlich wegen wirtschaftlichen Misserfolgs wurde bald der Prozess gegen ihn eröffnet. 1385 wurde er von Kaiser Leopold I. als Landfriedensbrecher vor das kaiserliche Gericht geladen. Am 23. Februar 1686 wurde er zum Tod durch das Schwert verurteilt und hingerichtet. Seine Schandsäule befand sich hundert Jahre lang auf dem eingeebneten Platz seines Hauses.[37]

Köln nahm am letzten Hansetag 1669 in Lübeck teil. Giovanni Battista Farina gründete 1709 die heute älteste Parfumfabrik der Welt. 1716 begann er mit dem Export seines Eau de Cologne. 1714 führte der Rat der Stadt eine Meldepflicht für Protestanten ein. 1734 gründete Jean Ignace Roderique die Gazette de Cologne. Die französischsprachige Zeitung war neben der Gazette d'Amsterdam, der Gazette d'Utrecht und der Gazette de la Haye (Den Haag) im 18. Jahrhundert europaweit verbreitet. Köln war neben Prag, Wien, Antwerpen, Rom und Venedig wegen seiner günstigen Verkehrsverbindungen eine der wichtigsten Städte, wo Nachrichten gesammelt wurden. Die Gazette de Cologne hatte wegen ihrer Aktualität mehrere tausend Bezieher und war an den Höfen in ganz Europa verbreitet. 1735 erhielt die Zeitung kaiserliches Privileg.[38]

Nach der abendlichen Schließung der Stadttore 1736 kam man nun nur noch nach Zahlung einer Torgebühr in die Stadt. Giacomo Casanova besuchte 1760 die Stadt Köln. Nach dem strengen Winter 1783/84 richteten Packeis auf dem Rhein und dadurch verursachtes Hochwasser im Februar 1784 große Schäden an, über 60 Menschen starben. Für Köln war es das schlimmste jemals verzeichnete Hochwasserereignis mit einem Rekordpegel von 13,55 Metern.

Die Besetzung der Stadt durch die französische Revolutionsarmee im Jahr 1794 brachte das Ende der bisherigen Ratsherrschaft. Am 28. Mai 1796 wurde der Rat der Stadt aufgelöst – 400 Jahre nach Inkrafttreten des Verbundbriefs, der alten Kölner Verfassung. An die Stelle des Rates trat eine nach französischem Vorbild eingesetzte Munizipalverwaltung.[39]

Das französische Köln

Am 6. Oktober 1794 besetzten französische Truppen die Reichsstadt Köln, was durch symbolische Übergabe der Stadtschlüssel besiegelt wurde. Zur besseren Orientierung schafften die Franzosen die bis dahin üblichen Namen der Häuser ab und führten 1795 Hausnummern ein – dank der Hausnummer 4711 eine der am meisten zitierten Maßnahmen dieser Zeit, die der Duftmarke ihren Namen gab. In der Folge wurde Köln Teil des 1798 gegründeten Rur-Départements. Im selben Jahr lösten die Franzosen die Universität zu Köln auf, viele Kirchen und Klöster in Köln und dem Rheinland fielen unter die Säkularisation.

Seit 1797 besaßen sowohl Juden als auch Protestanten das Bürgerrecht. 1798 kehrte mit Joseph Isaak der erste Jude seit 1424 in die Stadt zurück.[40] Im gleichen Jahr wurden die Zünfte aufgelöst; von da an herrschte in Köln Gewerbefreiheit. Die wirtschaftlich einschneidendste Maßnahme war aber die Verlegung der französischen Zollgrenze an den Rhein, 1798.[41]

Während der französischen Besetzung wurden zahlreiche Kunstgegenstände geplündert, viel Unersetzliches zerstört, so der von den Kölner Bürgern eroberte Fahnenwagen des besiegten Erzbischofs aus der Schlacht von Worringen 1288. Dem letzte Rektor der alten Universität Ferdinand Franz Wallraf war es zu verdanken, dass der Stadt Köln unersetzliche Kunstgegenstände, Archive und Urkundenbestände erhalten blieben.[42] Im Konkordat von 1801 zwischen Napoleon und der katholischen Kirche wurde das Kölner Erzbistum aufgehoben. An seine Stelle trat Aachen als neues Bistum.[43]

1801 wurden das linke Rheinufer und damit auch Köln gemäß dem Frieden von Lunéville Teil des französischen Staatsgebiets. Alle Kölner Bürger erhielten die französische Staatsbürgerschaft. Kaiser Napoleon und seine Gattin Josephine besuchten die Stadt vom 13. bis 17. September 1804 zum ersten Mal. Köln war eine Station auf einer längeren Reise durch die eroberten linksrheinischen Gebiete, die Napoleon kurz nach seiner Erhebung zum Kaiser am 18. Mai 1804 begann. Am Abend des 13. September war Napoleon in Köln angekommen und unter Kanonendonner und Glockengeläut durch das Eigelsteintor bis zu seiner Unterkunft am Neumarkt gefahren.

In die Franzosenzeit fallen auch die Gründung der IHK zu Köln (1803), der ersten Industrie- und Handelskammer auf deutschem Boden, sowie des Kölsche Hänneschen Theater (1802). 1804 wurden alle Pfarrfriedhöfe geschlossen, sie wurden ersetzt durch einen Zentralfriedhof, der an der Stelle des alten Siechenhauses Melaten angelegt und 1810 eröffnet wurde.

Die Franzosen mussten am 14. Januar 1814 die Stadt wegen der heranrückenden preußischen Truppen verlassen. An die französische Besatzung schloss sich unmittelbar die preußische Besatzung an.

Das preußische Köln

Der Wiener Kongress sah in seiner am 9. Juni 1815 unterzeichneten Schlussakte die Besetzung Kölns durch preußische Truppen vor. Damit fiel die Stadt an Preußen, allerdings behielten die Kölner bis 1848 die französische Währung. Die Stadt wurde Sitz eines Landkreises und selbst eine kreisfreie Stadt. 1819 wurde in Köln der Rheinische Appellationsgerichtshof eingerichtet.[44] 1823 wurde auf Drängen der preußischen Verwaltung das Festkomitee Kölner Karneval als "festordnendes Komitee" gegründet und veranstaltete den ersten kontrollierten Kölner Rosenmontagszug. 1826 wurde die erste Kölner Sparkasse eröffnet. 1837 wurde der Kölner Erzbischof Clemens August Droste zu Vischering wegen der Mischehenfrage verhaftet. 1842 wurde Karl Marx Chefredakteur der Rheinischen Zeitung.

Nach der Wiederentdeckung der Fassadenpläne des Kölner Domes Anfang des 19. Jahrhunderts erwachte das öffentliche Interesse am Fortbau des Domes, der zum Symbol für die deutsche Nationalbewegung wurde. Joseph Görres und Sulpiz Boisserée waren die treibenden Kräfte für die Vollendung, so dass am 4. September 1842 durch den preußischen König Friedrich Wilhelm IV. und den späteren Erzbischof Johannes von Geissel der Grundstein für den Weiterbau des Kölner Doms gelegt werden konnte. 1863 wurde das Innere des Doms vollendet. 1868 wurde der alte Dombaukran, der ein halbes Jahrtausend lang ein Wahrzeichen der Stadt war, abgebrochen. Die Trennwand zwischen dem 1322 geweihten Chor und dem Langhaus wurde nach 560 Jahren eingerissen. Am 15. Oktober 1880 wurde der vollendete Dom nach 632 Jahren Bauzeit mit dem Dombau-Vollendungsfest fertiggestellt.[45] Überschattet wurde das Domfest von den Auswirkungen des Kulturkampfes, die 1874 zur Verhaftung des Kölner Erzbischofs Paulus Melchers durch die preußisch-protestantische Obrigkeit geführt hatte.[46]

Im Jahre 1816 erreichte mit der englischen "Defiance" das erste Dampfschiff die Stadt. 1826 wurde die Preußisch-Rheinische Dampfschiffahrtsgesellschaft (PRDG) in Köln, die spätere Köln Düsseldorfer (KD), gegründet. Mit den Raddampfern "Friedrich Wilhelm" und "Concordia" wurde die erste regelmäßige Dampfschifffahrt zwischen Köln und Mainz aufgenommen. Mit der Rheinschiffahrtsakte von 1831 wird das Kölner Stapelrecht endgültig aufgehoben.[47] 1835 wurde die Rheinische Eisenbahngesellschaft gegründet. 1839 rollte der erste Zug vom Thürmchenswall bis nach Müngersdorf. 1841 war die Strecke bis Aachen fertiggestellt. 1844 begann der Ausbau der Eisenbahnverbindung Rhein-Weser.[48] 1848 kam es in der Stadt im Gefolge der Märzrevolution zu einer Arbeiterdemonstration und zum sogenannten Kölner Fenstersturz. 1849 gründete Adolf Kolping den Kölner Gesellenverein.[49] Von 1855 bis 1859 wurde die erste feste Rheinbrücke seit der Römerzeit, die Dombrücke, errichtet. Der Kölner Hafen wurde Endpunkt der Rhein-Seeschiffahrt.[50] 1859 wurde der Kölner Hauptbahnhof eingeweiht, die linksrheinische Eisenbahnstrecke von Köln nach Bingerbrück wurde fertiggestellt. Am 22.07 1860 wurde auf Betreiben von Dr. Caspar Garthe mit einem Festakt der Kölner Zoo eröffnet.

Ende des 19. Jahrhunderts konnte sich die übervolle Stadt nach dem Bau des äußeren Festungsrings durch Kauf und Schleifen der Stadtmauer, Wälle und Bastionen in den Rayon erweitern. Der mittelalterliche Mauerring von 1180, der nie überwunden werden konnte, wurde von 1881 bis 1896 bis auf wenige Überreste wie die repräsentativsten Torburgen niedergelegt. Städtebauarchitekt Josef Stübben schuf an ihrer Stelle die heutigen Ringe, Kölns Prachtboulevard.[51][52] Dennoch blieb Köln noch immer Festung: in einem Umkreis von 15 Kilometern wurden neue, moderne Bunkerbauten und detachierte Gürtelforts (Außenforts bzw. Biehler-Forts) errichtet, die die veralteten Festungswerke ersetzen sollten. 1863 erfolgte die Fertigstellung des inneren, 1880 die des äußeren Festungsrings. 1887 wurde eine Rheinstromsperre gebaut.[53]

Die Bevölkerung Kölns stieg in dieser Zeit sprunghaft an. Lebten 1822 noch schätzungsweise 56.000 Bürger in der Stadt, so waren es 1837 über 72.000 Einwohner, 1855 107.000 Einwohner, 1888, nach der Eingemeindung mehrerer Vororte, bereits 250.000. Am 22. Mai 1911 wurde die neue Hohenzollernbrücke in Gegenwart von Kaiser Wilhelm II. feierlich eingeweiht.[54] Bis 1913 wuchs die Einwohnerzahl weiter auf 640.731. 1914 schließlich kamen weitere rechtsrheinische Stadtteile zu Köln.

Nach dem Deutsch-Französischen Krieg von 1870/1871 erfasste auch Köln ein großer wirtschaftlicher und industrieller Aufschwung. Das Volumen des Güterverkehrs betrug 1885/86 auf der linksrheinischen Eisenbahn 954.728 Tonnen und rechtsrheinisch 413.573 Tonnen. Im Jahr 1886 liefen 4859 beladene Schiffe mit 4.656.561 Zentner den Kölner Hafen an, 3190 beladene Schiffe mit 2.626.841 Zentnern verließen ihn. Außerdem wurden als Flöße 138.742 Zentner talwärts bewegt.[55]

Bis 1894 war in Köln das Fahrradfahren verboten. 1898 wurde der Rheinauhafen in Betrieb genommen. 1900 übernahm die Stadt das Straßenbahnnetz und elektrifizierte es.[56] 1906 wurde zur Dokumentation dieser rasanten Entwicklung für die preußische Rheinprovinz und Westfalen in Köln das Rheinisch-Westfälische Wirtschaftsarchiv gegründet, das seitdem angeschlossen an die IHK Köln besteht. 1906 eröffnete das erste feste Kino.

Die Mobilmachung zum Ersten Weltkrieg 1914 wurde in Köln wie auch in anderen Städten zuerst mit Jubel aufgenommen, doch seit 1916 wurden die Versorgungsprobleme immer schlimmer. Im Frühjahr 1917 musste die Stadt Notgeld ausgeben. Am 18. September 1917 wurde Konrad Adenauer zum Oberbürgermeister gewählt. Am 24. März 1918 fand das erste Bombardement von Köln statt.[57] Entsprechend den Waffenstillstandsbedingungen von Compiègne wurde Köln unmittelbar nach Kriegsende am 6. Dezember 1918 von britischen Truppen besetzt. Die Zugehörigkeit zum preußischen Staat und zum Deutschen Reich waren davon nicht berührt, doch wurden die Ausübung deutscher bzw. preußischer Souveränitätsrechte und die Tätigkeit der preußischen Verwaltung ggf. durch Besatzungsmaßnahmen überlagert. Mit dem Rheinlandabkommen zwischen dem Deutschen Reich und den Siegermächten vom 28. Juni 1919 wurden die Modalitäten der Besatzung näher definiert.

Köln in der Weimarer Republik

Bei den Wahlen zur verfassungsgebenden Nationalversammlung am 19. Januar 1919, bei der erstmals auch Frauen teilnehmen konnten, stimmte in Köln die Mehrheit für die Deutsche Zentrumspartei (40,8 % - Reich: 19,7 %) vor der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (38,6 % - Reich: 37,9 %) und der Deutschen Demokratischen Partei (11,0 % - Reich: 18,5 %).[58] Am 1. Februar 1919 endete die vom preußischen Innenministerium seit dem 30. Oktober 1900 aufgezwungene Schreibweise Cöln. Die Universität zu Köln wurde nach 121 Jahren Schließung am 12. Juni 1919 feierlich wiedereröffnet.[59]

Am 1. August wurde das Brückengeld (Maut zur Überquerung der Rheinbrücken) abgeschafft. Gemäß dem Vertrag von Versailles begann man 1921 mit der Schleifung der Festungsringe und legte ab 1922 auf deren Rayons die Grüngürtel an.[60] 1922 erfolgt die Eingemeindung weiterer linksrheinischer Stadtteile im Norden (Details s. Tabelle Eingemeindungen). 1923 wurde das erste Müngersdorfer Stadion fertiggestellt, 1924 der Rohbau des höchsten Wolkenkratzers seiner Zeit in Europa, des späteren Hansahochhauses. Am 11. Mai öffnete die Kölner Messe ihre Tore. Am 30. November wurde mit der St. Petersglocke des Kölner Doms die mit rund 24.000 kg größte freischwingende läutbare Glocke der Welt geweiht. 1925 nahm das Kaufhaus Tietz die erste Rolltreppe Deutschlands in Betrieb.

Die Besatzung endete 1926 mit dem Abzug der britischen Truppen. Im selben Jahr zog der Vorläufer des WDR, die Westdeutschen Funkstunde AG (Wefag), von Münster nach Köln und ging als "Westdeutsche Rundfunk AG" (Werag) auf Sendung. Mit einem Pegelstand von 10,69 m traf im Januar 1926 das schwerste Hochwasser ohne Eisgang die Stadt Köln. Die Stadt investierte 1,6 Mio. Reichsmark in das ehemalige Militärflugfeld Butzweilerhof.[61] Am 26. Juli 1926 begann dort der planmäßige Flugverkehr. Der Butzweilerhof entwickelte sich auf Grund seiner zentralen Lage schnell zum zweitgrößten deutschen Flughafen. Am 10. Oktober 1928 wurde die Rheinlandhalle eröffnet. 1929 legte der Automobilkonzern Ford den Grundstein für das Werk in Köln-Niehl. Die Mülheimer Brücke wurde am 13. Oktober in Betrieb genommen.

Köln war während der Weimarer Republik bedeutende Musikstadt. Bedeutende Dirigenten wie Otto Klemperer wirkten an der Kölner Oper. Seit 1926 verfügte die Stadt über ein Radiorundfunkorchester.[62] In Köln existierten 1929/30 insgesamt 15 Häuser mit dauerhaften oder zeitweisen Varietéprogrammen und Revuen. Mit dem Kaiserhof erhielt Köln im September 1931 ein internationales Varieté.[63] Im Dezember 1929 wurde Konrad Adenauer für weitere 12 Jahre zum Oberbürgermeister gewählt. Die Eröffnung der Kraftwagenstraße Köln-Bonn als erste Reichsautobahnstrecke erfolgte am 6. August 1932.[64]

Politisch spiegelte sich die zunehmende Radikalisierung, besonders seit dem Schwarzen Freitag auch in Köln in immer hemmungsloseren Auseinandersetzungen zwischen Nationalsozialisten und Kommunisten wider, deren Höhepunkt Mitte 1932 erreicht wurde. Zwischen 1930 und 1933 gab es dabei 19 Tote.[65]

Köln in der Zeit des Nationalsozialismus

Bereits 1925 war Köln Hauptstadt des NSDAP-Gaus Köln-Aachen (Name bis 1931: Gau Rheinland-Süd) geworden. Seit 1935 trug die Stadt den Namenszusatz Hansestadt. In der Villa Schröder (Stadtwaldgürtel 35) trafen sich am 4. Januar 1933 Adolf Hitler und Franz von Papen um ein Bündnis zu schmieden, die Regierung Kurt von Schleichers zu stürzen und die Machtübernahme der Nazis vorzubereiten (Treffen Papen mit Hitler im Haus des Bankiers Schröder). Die Nationalsozialisten gewannen die Kommunalwahlen vom 12. März 1933, am Tag darauf wurde Adenauer beurlaubt, am 17. Juli 1933 als Oberbürgermeister entlassen.[66] Am 17. Mai 1933 kam es vor der Universität zu inszenierten Bücherverbrennungen. Im Sommer begann der Terror durch die Geheime Staatspolizei, die zunächst im Polizeipräsidium, dann in der Zeughausgasse und im EL-DE-Haus (NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln) saß.[67]

1936 marschierten deutsche Truppen in das entmilitarisierte Köln ein. Während der Pogrome in der so genannten Reichspogromnacht 1938 wurden in Köln die Synagogen in der Roonstraße, in der Glockengasse und in der Körnerstraße (Ehrenfeld) niedergebrannt, die Synagogen in der St.-Apern-Straße, in Deutz und in Mülheim wurden verwüstet. Der oprganisierte Mob demolierte darüber hinaus zahlloser Wohnungen und Geschäfte von jüdischen Mitbürgern.[68] Die 1938 einsetzenden Ausbürgerungen verzögerten sich zeitweilig durch den "Arbeitseinsatz" der jüdischen Kölner. Seit September 1939 wurden sie in so genannten "Judenhäusern" konzentriert – pro Familie ein Zimmer, von wo aus sie später deportiert werden. Nach dem Sieg über Polen ersetzten billige "Ostarbeiter" die Juden. 1940/41 wurden über 2.000 Sinti und Roma aus Köln deportiert. Im Oktober 1941 begann die Deportation der Kölner Juden, die in Zügen mit jeweils 1.000 Opfern in die Konzentrationslager im Osten verschleppt wurden.[69] Über 7.000 ermordete Juden sind namentlich bekannt, das Schicksal zahlreicher Opfer ist ungeklärt.[70]

Durch Flächenbombardements wurden im Zweiten Weltkrieg weite Teile der Stadt zerstört. Am 12. Mai 1940 fand der erste Luftangriff statt. In der Nacht zum 31. Mai 1942 erlebte die Stadt den ersten Tausend-Bomber-Angriff, der 480 Tote, 5.000 Verletzte und 45.000 Obdachlose zur Folge hatte. Der letzte von insgesamt 262 Luftangriffen am 2. März auf die fast menschenleere Stadt sollte auch den letzten Widerstand vor der Einnahme brechen. Zum Kriegsende waren 95% der Altstadt zerstört.

Am 6. März 1945 sprengten deutsche Pioniere mittags die Hohenzollernbrücke, die letzte intakte Rheinbrücke Kölns. Zuvor hatten sich die letzten deutschen Einheiten auf das rechtsrheinische Ufer zurückgezogen. Am gleichen Tag rückten die amerikanischen Truppen ins Stadtzentrum vor. Es kam nur zu gelegentlichen Schusswechseln. Vor dem Dom wurde ein deutscher Panzer in Brand geschossen, der zuvor einen amerikanischen Panzer zerstört hatte (siehe Bild). Am 11. April 1945 erreichten amerikanische Panzerspitzen, die zuerst in Remagen den Rhein überschritten hatten, die freie Stadt Porz. Am 14. April 1945 wurden die rechtsrheinischen Stadtteile vollständig besetzt. Die US-Army überquerte den Rhein mit Hilfe einer Ponton-Brücke zwischen dem Stadtteil Sürth und dem rechtsrheinischen Zündorf.

Köln nach dem Krieg

Politik

Köln zeigte sich den einrückenden US-amerikanischen Befreiungstruppen als eine tote Ruinenstadt. Am 9. März 1945 wurde die US-amerikanische Militärregierung in Köln etabliert. Am 4. Mai nahm Konrad Adenauer die Amtsgeschäfte als Oberbürgermeister wieder auf. Schon im Frühsommer 1945 kehrten die Kölner in Scharen in die Stadt zurück. Am 21. Juni 1945 wurden die Amerikaner von der britischen Militärregierung abgelöst. Am 6. Oktober wurde Adenauer von dieser entlassen, am 20. November 1945 wurde Dr. Hermann Pünder zum Oberbürgermeister ernannt.[71] Am 10. Oktober spielte das Millowitsch-Theater mit dem Dreiakter "Das Glücksmädel" wieder. Am 10. Dezember wurde die Universität wiedereröffnet.

Am 18. Februar 1946 wurde Erzbischof Joseph Frings von Papst Pius XII. zum Kardinal ernannt. Nach britischem Vorbild wurde am 7. März 1946 die Kölnische Stadtverfassung von 1946 eingeführt, die eine Teilung der Stadtführung zwischen Oberbürgermeister als Ratsvorsitzendem und Oberstadtdirektor als Verwaltungschef vorsah.[72] Die erste freie Stadtratswahl der Nachkriegszeit erfolgte am 13. Oktober (CDU 53,4 %, SPD 34,6 %, KPD 9,3 %). Köln kam zum neu gebildeten Land Nordrhein-Westfalen. Durch das Domfest vom 14. bis 22. August 1948 zur 700jährigen Wiederkehr der Grundsteinlegung wurde Kölns historische Bedeutung wieder in den Fokus gerückt. Seit 1948 kann die provisorisch hergerichtete Hohenzollernbrücke wieder mit Zügen befahren werden; im selben Jahr wurde die neu gebaute Deutzer Brücke eröffnet.

1950 fand in Köln die erste Photokina statt. Am 1./2. Oktober 1955 wurde der Kölner Gürzenich neu eingeweiht. Zum Katholikentag vom 29. August bis zum 2. September 1956 kamen Hunderttausende nach Köln. 1957 eröffnete in Köln der erste SB-Supermarkt mit über 2.000 m² Verkaufsfläche. Im gleichen Jahr war die Stadt erstmals Gastgeber der BUGA. Zum 7. November 1959 erlebte Köln in Anwesenheit von Kardinal Frings und Bundeskanzler Adenauer die Einweihung der Severinbrücke.

Am 31. August 1962 war die Nord-Süd-Fahrt durchgehend, und am 5. September besuchte der französische Staatspräsident Charles de Gaulle die Stadt.[73] 1963 war der amerikanische Präsident John F. Kennedy zu Gast in Köln. 1968 wurde die erste Teilstrecke der neuen U-Bahn (Friesenplatz-Hauptbahnhof) in Betrieb genommen.

Im Deutschen Herbst kidnappte die RAF am 5. September 1977 den Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer in der Friedrich-Schmidt-Straße am Stadtwald. Am 25. April 1990 wurde in der Mülheimer Stadthalle ein Attentat auf Oskar Lafontaine verübt. 1991 fiel wegen des Golfkriegs der Kölner Rosenmontagszug offiziell aus, die Jecken zogen aber trotzdem im „Geisterzug“ durch die Stadt.

Im November 1980 besuchte Lew Kopelew den Literaturnobelpreisträger und Ehrenbürger (1982) Heinrich Böll in dessen Wohnung. Im gleichen Jahr wurde der 243,3 Meter hohe Fernmeldeturm "Colonius" fertiggestellt. [74] 1980 und 1987 kam Papst Johannes Paul II. in die Stadt; bei seinem zweiten Besuch sprach er im Müngersdorfer Stadion Edith Stein selig. Vom 16. - 21. August 2005 weilte sein Nachfolger Benedikt XVI. im Rahmen des XX. Weltjugendtag in der Stadt. 1999 tagten sowohl der Weltwirtschaftsgipfel der G8 als auch der Europäische Rat in Köln. 2003 wurde in Köln die erste schwarz-grüne Koalition in einer deutschen Großstadt gebildet.

Kultur

Bereits 1945 nahm die Universität wieder ihren Betrieb auf. 1956 wurde anlässlich des Katholikentages der Kölner Dom wiedereröffnet, 1957 das neue Opernhaus eingeweiht, Am 18. Mai 1957 eröffnete das neue Opernhaus. Weiter erfolgte in der Nachkriegszeit eine ganze Reihe von Museumsneugründungen, so etwa 1974 des Römisch-Germanischen Museums, 1977 des Museums für Ostasiatische Kunst, 1986 des Wallraf-Richartz-Museums bzw. des Museum Ludwig und 1993 schließlich des Schokoladenmuseums. 1986 wurde die Philharmonie eröffnet. Köln entwickelte sich als Medienstandort. 1964 erschien die erste Ausgabe des EXPRESS. 1987 schließlich eröffnete RTL seine neue Verwaltung in der Stadt.

Anfang der 1990er Jahre plündeten Unbekannte unersetzliche Stücke aus der Schatzkammer des Kölner Doms. Auf Bitten der Geistlichkeit schaffte die einheimische Unterwelt unter Führung von Schäfers Nas einen Teil der Beute wieder herbei – worauf der Dompropst ihm zu Ehren eine Dankesmesse las.[75]

1992 fand auf dem Chlodwigplatz das große Konzert Arsch huh, Zäng ussenander gegen Rechte Gewalt statt. 2004 erhob die UNESCO Einspruch gegen den geplanten Bau eines 103 Meter hohen Büroturm in Deutz, der aus ihrer Sicht den Blick auf den Dom zerstört. Sie drohte mit dem Entzug des Status als Weltkulturerbe.

Am 3. März 2009 stürzte beim Bau der Nord-Süd-Stadtbahn das Historische Archiv der Stadt Köln ein.

Sport

1952 erschütterte der Skandal um den Boxer Peter Müller ("De Aap") die Stadt. 1962 wurde der 1. FC Köln erstmals Deutscher Fußballmeister, 1964 erster Deutscher Meister in der Bundesligageschichte. 1978 errang der Club gleichzeitig den Titel des Pokalsiegers.[76]

Gebiets- und Einwohnerentwicklung

Durch Eingemeindungen wuchs das Stadtgebiet bis 1975 auf über 40.000 Hektar an, und Köln wurde für 18 Monate zum ersten Mal Millionenstadt. Gleichzeitig wurde der Kreis Köln aufgelöst. Bereits am 1. Juli 1976 wurde Wesseling nach erfolgreicher Verfassungsklage gegen das Köln-Gesetz wieder ausgemeindet und wurde selbstständige Stadt im Erftkreis. Dadurch verlor Köln ca. 50.000 Einwohner. 1980 zählte die Stadt Köln erneut den einmillionsten Bürger.

Eingemeindungen

Ehemals selbständige Städte und Gemeinden bzw. Gemarkungen, die in die Stadt Köln eingegliedert wurden:Jahr Orte Zuwachs in ha Gesamtfläche in ha

  • 1. April 1888
  • Bayenthal, Marienburg, Arnoldshöhe, Raderberg mit Raderthal, Zollstock, Sülz, Klettenberg, Kriel und Lind, Lindenthal, Longerich, Melaten, Braunsfeld, Müngersdorf, Ehrenfeld, Bickendorf, Ossendorf, Bocklemünd, Mengenich, Volkhoven, Nippes, Mauenheim, Merheim/linksrheinisch (nach 1945 umbenannt in Weidenpesch), Riehl, Niehl, Poll und Deutz mit der Humboldtkolonie 10.100 11.135
  • 1. April 1910
  • Kalk mit Vingst und Gremberg 599 11.734
  • 1. April 1914
  • Mülheim am Rhein mit Buchheim und Buchforst, Merheim mit Stammheim, Flittard, Dünnwald, Dellbrück, Wichheim, Rath, Brück und Ostheim 7.968 19.702
  • 1. April 1922
  • Bürgermeisterei Worringen mit Weiler, Merkenich, Langel, Feldkassel, Rheinkassel, Fühlingen, Roggendorf und Thenhoven 5.393 25.095
  • 1. Januar 1975
  • Porz, Wesseling, Rodenkirchen (mit Sürth, Hahnwald, Meschenich, Godorf und Rondorf), Lövenich, Weiden, Pesch, Esch, Auweiler, Widdersdorf, Marsdorf und diverse kleinere Gebiete 17.900 42.995
  • 1. Juli 1976
  • Ausgliederung von Wesseling - 2.480 40.515

Literatur

Quelleneditionen

  • Wolfgang Rosen/Lars Wirtler (Hrsg.): Quellen zur Geschichte der Stadt Köln Bd. I: Antike und Mittelalter von den Anfängen bis 1396/97. Köln 1999, ISBN 978-3-7616-1324-5, J.P. Bachem-Verlag.
  • Deeters/Helmrath (Hrsg.): Quellen zur Geschichte der Stadt Köln Bd. II: Spätes Mittelalter und frühe Neuzeit (1396-1794). Köln 1996, ISBN 978-3-7616-1285-9, J.P. Bachem Verlag.
  • Heinrich Gottfried Philipp Gengler: Regesten und Urkunden zur Verfassungs- und Rechtsgeschichte der deutschen Städte im Mittelalter. Erlangen 1863, S. 515-598, online.
  • Gottfried Hagen: Reimchronik der Stadt Köln, hrsg. v. Kurt Gärtner, Andrea Rapp, Désirée Welter, Manfred Groten. Droste, Düsseldorf, 2008. Publikationen der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde 74. ISBN 3-7700-7627-3
  • Annales Colonienses maximi. [Kölner Königschronik] In: Monumenta Germaniae Historica. Georg Heinrich Pertz u. a. (Hrsg.): Scriptores (in Folio) 17: Annales aevi Suevici. Hannover 1861, S. 723–847 (Digitalisat)
  • Dat nuwe Boych. Zünfte und Bruderschaften. [Buch Köln 14.Jahrhundert, Köln 1360-1396], in: Quellen zur Geschichte der Stadt Köln, Bd. I, Leonard Ennen und Gottfried Eckertz (Hrsg), Köln 1860, S. 422-444; online: Bonner Frühneuhochdeutschkorpus Text 151
  • Die Cronica van der hilliger Stat va Coelle. [Johann Koelhoff: Chronik, Köln 1499], Köln 1499, Druck: Johann Koelhoff d.J. (Reprographischer Nachdruck, Köln 1972); online: Bonner Frühneuhochdeutschkorpus Text 153
  • Das Buch Weinsberg. Aus dem Leben eines Kölner Ratsherrn, hg. Von J.J. Hässlin, Stuttgart 1961; online: Die autobiographischen Aufzeichnungen Hermann Weinsbergs — Digitale Gesamtausgabe
  • Darstellungen

Allgemein

  • Historische Gesellschaft Köln e. V. (Hrsg.): Geschichte der Stadt Köln. 13 Bde geplant. Köln 2004 ff., ISBN 3-7743-0360-6
    • Bisher erschienen:
    • Band 1 - Werner Eck: Köln in römischer Zeit. Geschichte einer Stadt im Rahmen des Imperium Romanum. H. Stehkämper (Hrsg.). Greven Verlag, Köln 2004, ISBN 3-7743-0357-6.
    • Band 8 - Klaus Müller: Köln von der französischen zur preußischen Herrschaft 1794-1815. Greven Verlag, Köln 2005, ISBN 978-3-7743-0374-4
    • Band 12 - Horst Matzerath: Köln in der Zeit des Nationalsozialismus 1933-1945. Greven Verlag, Köln 2009, ISBN 978-3-7743-0429-1
  • Der historische Atlas Köln. 2000 Jahre Stadtgeschichte in Karten und Bildern. Hrsg. v. Jansen,Heiner/Ritter,Gert/Wiktorin,Dorothea/Weiss,Günther/Gohrbandt,Elisabeth. Köln Emons 2003. ISBN 978-3-89705-265-9
  • Geschichte in Köln. Zeitschrift für Stadt- und Regionalgeschichte. SH-Verl., Köln 1.1978,1ff. ISSN 0720-3659
  • Carl Dietmar: Die Chronik Kölns. Chronik Verlag, Dortmund 1991, ISBN 3-611-00193-7
  • Carl Dietmar/Werner Jung: Kleine illustrierte Geschichte der Stadt Köln. Köln 2002, ISBN 978-3-7616-1482-2, J.P. Bachem Verlag.
  • Josef Dollhoff: Die Kölner Rheinschiffahrt. Von der Römerzeit bis zur Gegenwart. Bachem Köln 1980, ISBN 978-3-7616-0528-8
  • Irene Franken: Frauen in Köln. Der historische Stadtführer. Köln 2008, ISBN 978-3-7616-2029-8, J.P. Bachem Verlag.
  • Leonard Ennen: Geschichte der Stadt Köln. Volks-Ausgabe in einem Bande. Düsseldorf 1880.
  • Elisabeth Mick: Köln im Mittelalter. Greven Verlag, Köln 1990
  • Elisabeth Mick: Mit der Maus durch Köln. 2000 Jahre Stadtgeschichte für Kinder. 2. Aufl. 2006, ISBN 978-3-7616-1914-8, J.P. Bachem Verlag.
  • Irene Franken, Ina Hoener: Hexen. Die Verfolgung von Frauen in Köln. Köln 1987
  • Stefan Pohl/Georg Mölich: Das rechtsrheinische Köln: Seine Geschichte von der Antike bis zur Gegenwart. Winand Köln 1994
  • Andreas Rutz / Tobias Wulf (Hrsg.): O felix Agrippina nobilis Romanorum Colonia. Neue Studien zur Kölner Geschichte - Festschrift für Manfred Groten zum 60. Geburtstag (Veröffentlichungen des Kölnischen Geschichtsvereins 48), Köln 2009. ISBN 978-3-89498-198-3
  • Arnold Stelzmann, Robert Frohn: Illustrierte Geschichte der Stadt Köln. Bachem, Köln 1958, 1990 (11. Aufl.), ISBN 3-7616-0973-6

Mittelalter

  • Carl Dietmar: Das mittelalterliche Köln. Köln 2. Auflage 2004: J.P. Bachem Verlag
  • Irsigler,Franz / Lassotta,Arnold: Bettler und Gaukler, Dirnen und Henker. Aussenseiter in einer mittelalterlichen Stadt. Köln 1300-1600. Greven Verlag, Köln 1984
  • Peter Fuchs (Hrsg.): Chronik zur Geschichte der Stadt Köln. Band 1: Von den Anfängen bis 1400. Greven Verlag, Köln 3. Auflage 1999
  • Geschichte des Erzbistums Köln. Bd. 2: Das Bistum Erzbistum Köln im späten Mittelalter (1191-1515), 2 Bde. von Wilhelm Janssen, hg. von Norbert Trippen, Bachem Köln 1995/2003
  • Ulrike Kaltwasser: Heiliges Köln - sündiges Köln: glanzvolles Mittelalter, Köln Greven 1985 ISBN 3-7743-0218-9
  • Yvonne Leiverkus: Köln, Bilder einer spätmittelalterlichen Stadt, Köln/Weimar/Wien: Böhlau 2005 ISBN 978-3-412-23805-6
  • Anton Legner: Kölner Heilige und Heiligtümer. Ein Jahrtausend europäischer Reliquienkultur. Greven Verlag, Köln 2003, ISBN 978-3-7743-0335-5
  • Matthias Schmandt: Judei, cives et incole. Studien zur jüdischen Geschichte Kölns im Mittelalter, Hannover 2002
  • Geschichte des Erzbistums Köln. Bd. 1: Das Bistum Köln von den Anfängen bis zum Ende des 12. Jahrhunderts, hg. von Eduard Hegel, 2. Aufl. neu bearbeitet v. Friedrich Wilhelm Oediger, Bachem Köln 1971

Neuzeit

  • Peter Fuchs (Hrsg.): Chronik zur Geschichte der Stadt Köln. Band 2: Von 1400 bis zur Gegenwart. Greven Verlag, Köln 2. Auflage 1993.
  • Martin Rüther: Köln im Zweiten Weltkrieg. Alltag und Erfahrungen zwischen 1939 und 1945. Darstellungen - Bilder - Quellen. Mit Beiträgen von Gebhard Aders. Schriften des NS-Dokumentationszentrums der Stadt Köln. Bd. 12. Emons, Köln 2005. 960 S., ISBN 3-89705-407-8
  • Geschichte des Erzbistums Köln. Bd. 3: Das Erzbistum Köln im Zeitalter der Glaubenskämpfe 1515-1688, von Norbert Trippen, Hansgeorg Molitor (Hg.), Bachem Köln 2007
  • Geschichte des Erzbistums Köln. Bd. 4: Das Erzbistum Köln zwischen Barock und Aufklärung v. Pfälz. Krieg bis z. Ende d. französ. Zeit, von Eduard Hegel und Norbert Trippen, Bachem Köln 1979
  • Geschichte des Erzbistums Köln. Bd. 5: Das Erzbistum Köln zwischen der Restauration des 19. Jahrhunderts und der Restauration des 20. Jahrhunderts, von Eduard Hegel und Norbert Trippen, Bachem Köln 1987

Einzelnachweise

  1. ↑ Caesar: De bello gallico, V 24
  2. ↑ Tac. ann. 1. 57,2; erlätert bei: Rosen/Wirtler (Hrsg.): Quellen zur Geschichte der Stadt Köln Bd. I. Köln 1999, S.1f.
  3. ↑ Bericht darüber in: Rudolf Buchner (Herausgeber): Lampert von Hersfeld, Annalen. Darmstadt 4. Aufl. 2000
  4. ↑ Theodor Joseph Lacomblet: Urkundenbuch für die Geschichte des Niederrheins, Band 1, Aalen ²1966, S. 302ff Online
  5. ↑ Leonard Ennen und Gottfried Eckertz (Hgg.), Quellen zur Geschichte der Stadt Köln, 1. Band, Köln 1860, S. 563f Online
  6. ↑ Leonard Ennen und Gottfried Eckertz (Hgg.), Quellen zur Geschichte der Stadt Köln, 1. Band, Köln 1860, S. 570f Online
  7. ↑ Leonard Ennen und Gottfried Eckertz (Hgg.), Quellen zur Geschichte der Stadt Köln, 1. Band, Köln 1860, S. 582-585 Online
  8. ↑ Leonard Ennen und Gottfried Eckertz (Hgg.), Quellen zur Geschichte der Stadt Köln, 1. Band, Köln 1860, S. 585f
  9. ↑ Rosen/Wirtler (Hrsg.): Quellen zur Geschichte der Stadt Köln Bd. I. Köln 1999, S.154ff.
  10. ↑ Der zweite Kölner „Festungsring“ oder die mittelalterliche Stadtbefestigung (=Webseite der Arbeitsgemeinschaft Festung Köln e.V.)
  11. ↑ G.H.Klöverkorn, Der Aussatz in Köln, Leverkusen 1966
  12. ↑ Quellen zur Geschichte der Stadt Köln, Bd. 1, Nr. 30 (S.163f.)
  13. ↑ Wortlaut bei: Rosen/Wirtler (Hrsg.): Quellen zur Geschichte der Stadt Köln Bd. I. Köln 1999, S.173ff.
  14. ↑ Verleihungsurkunde des Stapelrechts bei Rosen/Wirtler (Hrsg.): Quellen zur Geschichte der Stadt Köln Bd. I. Köln 1999, S.215ff.
  15. ↑ Kaltwasser, Heiliges Köln, S.70ff.
  16. ↑ Edition mit erläuterndem Text: Quellen zur Geschichte der Stadt Köln II, hrsg. Joachim Deeters und Johannes Helmrath, Bachem, Köln 1996, Nr. 1, S.10
  17. ↑ Dietmar: Chronik Köln, S. 126
  18. ↑ Kaltwasser, Heiliges Köln, S.32ff. (Die tüchtigen Kölnerinnen., S.72
  19. ↑ Walther Holtzmann: Die englische Heirat Pfalzgraf Ludwigs III., in: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins NF 43 (1930), 1-22
  20. ↑ Kaltwasser, Heiliges Köln, S.50
  21. ↑ Matthias Schmandt: Judei, cives et incole: Studien zur jüdischen Geschichte Kölns im Mittelalter, Hannover 2002
  22. ↑ Zu den städtischen Unterschichten in Köln grundlegend: Irsigler, Franz / Lassotta, Arnold: Bettler und Gaukler, Dirnen und Henker. Aussenseiter in einer mittelalterlichen Stadt. Köln 1300-1600. München 9. Aufl. 2001. Zur Bettelordnung S.26f.
  23. ↑ Kaltwasser, Heiliges Köln, S.47f.
  24. ↑ Franken/ Hoerner: Hexen, S. 14
  25. ↑ Johann Jakob Merlo: Beiträge zur Geschichte der kölner Buchdrucker und Buchhändler des 15. und 16. Jahrhunderts, in: Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein 19 (1868), S. 59
  26. ↑ Vollständiger Abdruck in: Robert Meier: Heinrich van Beeck und seine "Agrippina". Ein Beitrag zur Kölner Chronistik des 15. Jahrhunderts. Kölner Historische Abhandlungen Band 41. Böhlau Köln 1998
  27. ↑ Bernd-Ulrich Hergemöller: Die "unsprechliche stumme Sünde" in Kölner Akten des ausgehenden Mittelalters, in: Geschichte in Köln, Heft 22 (1987), S. 5-51; ausführliche Online-Dokumentation: Quellen zur Verfolgungs- und Alltagsgeschichte der “Sodomiter” (Homosexuellen) im späten Mittelalter und der reformatorischen Frühzeit
  28. ↑ Friedrich Wilhelm Bautz: Jakob von Hoogstraaten, in: BBKL Band II (1990), Spalten 1042-1045
  29. ↑ Deeters/Helmrath (Hrsg.): Quellen zur Geschichte der Stadt Köln Bd. II, S.1ff. und S.238ff.
  30. ↑ Stelzmann,Frohn: Illustrierte Geschichte der Stadt Köln. Köln 11.Aufl.1990
  31. ↑ Niedrigwasser macht`s möglich - Entdeckung am Kölner Rheinufer, in: Monumente online, hg. von Deutsche Stiftung Denkmalschutz, Mai 2006
  32. ↑ Siehe beispielsweise Ernst-Otto Simon: Der Postkurs von Rheinhausen bis Brüssel im Laufe der Jahrhunderte, in: Archiv für deutsche Postgeschichte 1/1990, S. 34–35.
  33. ↑ Deeters/Helmrath: Quellen zur Geschichte der Stadt Köln Bd. II, S.220ff
  34. ↑ Franken/Hoerner: Hexen, S. 41-48
  35. ↑ Friedrich Wilhelm Siebel: Die Hexenverfolgung in Köln, Dissertation Bonn 1959, S. 64–75, Statistik S. 152–153.
  36. ↑ Franken/Hoerner: Hexen, S. 25f
  37. ↑ Chronik Köln, S198f.
  38. ↑ Deeters/Helmrath: Quellen zur Geschichte der Stadt Köln Bd. II, S.258ff
  39. ↑ Carl Dietmar, S. 217, 219
  40. ↑ Peter Fuchs (Hrsg.): Chronik zur Geschichte der Stadt Köln. Band 2, S.113
  41. ↑ Klara van Eyll: Köln von der französischen Besetzung bis zum Ende des Ersten Weltkriegss (1794 bis 1918), in: Peter Fuchs (Hrsg.): Chronik zur Geschichte der Stadt Köln. Band 2, S.106
  42. ↑ Hermann Keussen: Wallraf, Ferdinand Franz, in: ADB Bd. 40, Leipzig 1896
  43. ↑ Stelzmann/Frohn: Illustrierte Geschichte der Stadt Köln. Köln 11. Aufl. 1990, S. 240ff
  44. ↑ Klara van Eyll, a.a.O. S.107
  45. ↑ Paul Clemen (Hg.): Der Dom zu Köln (= Die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz. Band 6, Teil III). Reprint Düsseldorf Schwann 1980
  46. ↑ Stelzmann/Frohn: Illustrierte Geschichte der Stadt Köln. Köln 11. Aufl. 1990, S. 288ff
  47. ↑ Josef Dollhoff: Die Kölner Rheinschiffahrt, Bachem Köln 1980 S. 59ff, S. 79
  48. ↑ Dietmar, Chronik Köln, 3. Aufl. Gütersloh/München 1997, S. 237
  49. ↑ Stelzmann/Frohn: Illustrierte Geschichte der Stadt Köln. Köln 11. Aufl. 1990, S. 279f
  50. ↑ Josef Dollhoff: Die Kölner Rheinschiffahrt, Bachem Köln 1980 - Hafen: S. 87; Seeschiffahrt: S. 93
  51. ↑ Der dritte Kölner „Festungsring“ oder die neupreußische Stadtbefestigung (=Webseite der Arbeitsgemeinschaft Festung Köln e.V.)
  52. ↑ Stelzmann/Frohn: Illustrierte Geschichte der Stadt Köln. Köln 11. Aufl. 1990, S. 293
  53. ↑ Der vierte Kölner „Festungsring“ oder die preußische Stadtbefestigung 1871 - 1918 (=Webseite der Arbeitsgemeinschaft Festung Köln e.V.)
  54. ↑ Dietmar, Chronik Köln, 3. Aufl. Gütersloh/München, S. 316f
  55. ↑ Meyers Konversationslexikon Leipzig und Wien, 4. Aufl. 1885-1892, IX S. 948
  56. ↑ Klara van Eyll, a.a.O. S.109
  57. ↑ Stelzmann/Frohn: Illustrierte Geschichte der Stadt Köln. Köln 11. Aufl. 1990, S. 240ff
  58. ↑ vgl. dazu: Preußische Landtagswahlen im Wahlkreis Köln-Aachen
  59. ↑ Dietmar, Chronik Köln, 3. Aufl. Gütersloh/München, S. 341f.
  60. ↑ dazu weiterführend: Denkmalwert und Nutzungspotenzial des Stadtgartens in Köln, Bestandsanalyse, Beurteilung, Entwicklungskonzept. Diplomarbeit Heike Müller, TU Dresden, auf: Internetpräsenz "Pro Stadtgarten e.V.
  61. ↑ PDF-Dokument Einblick Historie auf der Downloadseite des Köln Bonn Airports
  62. ↑ Horst Matzerath: Köln in der Weimarer Republik, in: Peter Fuchs (Hrsg.): Chronik zur Geschichte der Stadt Köln. Band 2, S.192
  63. ↑ Internetpräsenz der Ausstellung »Willkommen, Bienvenue, Welcome…«. Politische Revue – Kabarett – Varieté in Köln 1928-1938 im NS-Dokumentationszentrum Köln (2008)
  64. ↑ Stelzmann/Frohn: Illustrierte Geschichte der Stadt Köln. Köln 11. Aufl. 1990, S. 317
  65. ↑ Horst Matzerath: a.a.O., S.191
  66. ↑ Stelzmann/Frohn: a.a.O. S. 318
  67. ↑ Horst Matzerath: Köln in der Zeit des Nationalsozialismus, in: Peter Fuchs (Hrsg.): Chronik zur Geschichte der Stadt Köln. Band 2, S.222f.
  68. ↑ Peter Fuchs (Hrsg.): Chronik zur Geschichte der Stadt Köln. Band 2, S.238
  69. ↑ Horst Matzerath: a.a.O., S.225ff.
  70. ↑ Internetpräsenz des NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln
  71. ↑ Stelzmann/Frohn: a.a.O. S. 331
  72. ↑ Internetpräsenz der Stadt Köln: Rat seit 1946
  73. ↑ Peter Fuchs (Hrsg.): Chronik zur Geschichte der Stadt Köln. Band 2, S.262ff.
  74. ↑ Peter Fuchs, a.a.O.
  75. ↑ Ist der Probst witzig?, ZEIT-online / DIE ZEIT, 06/1996
  76. ↑ Willy B. Wange: Die Sportstadt Köln, in: Peter Fuchs (Hrsg.): Chronik zur Geschichte der Stadt Köln. Band 2, S.349ff.
  77.  

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Kölner Wappen

Das Kölner Wappen existiert seit etwa 1000 Jahren. Es hat sich mehrfach in der Geschichte der Stadt Köln geändert und ziert heute viele Logos Kölner Institutionen. So ist es beispielsweise im Stadtadler der Stadtverwaltung und in vielen Unternehmen in der Kölner Wirtschaft zu finden.

Abgrenzung

Das hier gezeigte Wappen geht auf das Wappen der Freien Reichsstadt Köln (seit 1475) zurück. Die Wappen des (ehemaligen) Kurfürstentums und Erzstifts Köln sowie des Erzbistums Köln zeigen in Silber ein (häufig geständertes) schwarzes Balkenkreuz. Das Wappen des Erzbistums zeigt hinter diesem Schild noch ein Doppelkreuz, das Vortragekreuz eines Erzbischofs. Das Kurkölner Wappen ist heute noch ein Bestandteil vieler Kreis-, Stadt- und Ortswappen im Kölner Umland und in den ehemals kölnischen Gebieten Westfalens.

Symbolik

Blasonierung: Unter rotem Schildhaupt, darin drei goldene dreiblättrige Kronen in Reihe, in Silber 11 schwarze Flammen in drei Reihen (5:4:2). - Bis um 1550: Silber mit rotem Schildhaupt, darin drei goldenen dreiblättrigen Kronen in Reihe.

Köln war neben Lübeck Mitbegründerin der Deutschen Hanse, der Schild trägt daher die Farben der Hanse: Rot und Weiß. Die drei Kronen sind seit dem 12. Jahrhundert das Hoheitszeichen der Stadt und erinnern an die Heiligen Drei Könige (eigentlich Sterndeuter), deren Reliquien 1164 als Geschenk des Kaisers Friedrich I. Barbarossa nach Köln gebracht wurden.

Die elf schwarzen Tropfen (oder Flammen, in Köln spricht man von „Tränen“) zieren seit dem 16. Jahrhundert das Stadtwappen und erinnern an die Heilige Ursula, der Legende nach eine fromme Tochter des Königs der Bretagne, Maurus. Eigentlich stellen die Flammen Hermelinschwänze dar, die sich im alten Wappen der Bretagne befanden. Der Legende nach befand sich die Heilige Jungfrau Ursula zusammen mit ihren zehn jungfräulichen Gefährtinnen auf der Rückfahrt von einer Pilgerreise nach Rom. Möglicherweise war es der im Mittelalter aufgekommene Reliquienkult, der aus den elf Jungfrauen 11.000 (daher „Ursula und die 11.000 Jungfrauen“) werden ließ. Sie wurden bei Köln von Hunnen unter Attila ermordet. Über die Jahre wurden alle Gebeine, die in und um Köln gefunden wurden (in der Regel römische Grabmäler, die üblicherweise an Straßen angelegt wurden), zu den elf jungfräulichen Gebeinen gelegt, und somit hat Köln das größte Gebeinhaus nördlich der Alpen.

Das Wappen (der Wappenschild) wird eingefasst durch einen doppelköpfigen Adler mit Zepter und Schwert. Dieses Symbol des Heiligen Römischen Reiches, bei dem ein Adlerkopf jeweils für Kaiser- und Königsmacht stand, verkörpert den Status als Freie Reichsstadt, den Köln de jure 1475 erhielt (de facto bereits durch die Abschüttelung der Erzbischofsherrschaft durch die Schlacht von Worringen 1288).

Quellen

  • Deutsche Wappen - Bundesrepublik Deutschland, Stadler, K., 1964-1971, Angelsachsen Verlag, 8 Ausgaben
  • Heiko Steuer: Das Wappen der Stadt Köln, Köln, 1981, Greven Verlag

 

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Erzbistum Köln

Das Erzbistum Köln (lat.: Archidioecesis Coloniensis) ist eine römisch-katholische Diözese im Westen von Nordrhein-Westfalen und im nördlichen Rheinland-Pfalz. Es ist eines der ältesten und mit rund 2,14 Millionen Katholiken im Diözesangebiet (Stand: 31. Dezember 2008) das größte der Bistümer des deutschsprachigen Raums. Das Erzbistum Köln bildet zusammen mit den Suffraganbistümern Aachen, Essen, Limburg, Münster und Trier die Kirchenprovinz Köln, deren Metropolit der Kölner Erzbischof ist. Seit 1989 wird dieses Amt von Joachim Kardinal Meisner bekleidet. Kathedrale des Erzbistums Köln ist der Kölner Dom.

Geschichte

Anfänge

Das Erzbistum Köln geht auf die frühchristliche Gemeinde der Stadt zurück. Zu dieser Zeit war Köln römisch und die ersten Christen mussten sich wohl im Untergrund versammeln. Der Lyoner Bischof Irenäus erwähnt in seiner Schrift „Gegen die Häretiker“ (Adversus haereses) Christen, die in Germanien leben. Daraus wird oft auch auf Christengemeinden in den Provinzhauptorten Köln und Mainz geschlossen. Der erste belegbare Bischof von Köln war der Hl. Maternus um 313. Der erste Bischof mit fränkischem Namen war Hl. Evergislus (Eberigisil) im 6. Jahrhundert. Seit ca. 795 führten die Bischöfe von Köln den Titel eines Erzbischofs.

Mittelalter

Erzbischof Rainald von Dassel überführte im Jahr 1164 die Gebeine der Hl. Drei Könige nach Köln. Mit diesem Ereignis wurde Köln zu einem der bedeutsamsten Wallfahrtsorte der christlichen Welt. Auch die Vielzahl der anderen „Kölner Heiligen“ wie z.B. die Hl. Ursula und der Heilige Gereon trugen dazu bei, dass Köln fortan den Titel „Sancta“ (heilig) im Stadtnamen trug. Der volle Titel Kölns war „Sancta Colonia Dei Gratia Romanae Ecclesiae Fidelis Filia“ – Heiliges Köln, von Gottes Gnaden der Römischen Kirche getreue Tochter.

Der alte karolingische Dom war den Pilgermassen und der Bedeutung des Erzbistums bald nicht mehr gewachsen, und so wurde im Jahr 1248 von Erzbischof Konrad von Hochstaden der Grundstein für den neuen gotischen Dom gelegt.

Im Verlauf der Zeit hatten die Erzbischöfe von Köln als weltliche Herrscher des Erzstifts Kurköln immer mehr Unstimmigkeiten mit den Kölner Bürgern. Den Gipfel fanden diese im Zuge des limburgischen Erbfolgekrieges im Jahr 1288 mit der Schlacht von Worringen; die Kölner Bürger hatten sich auf die Seite der Gegner ihres Erzbischofs geschlagen. Die Erzbischöfe verloren als Ergebnis der Schlacht die weltliche Macht über die Stadt Köln. Den fortgesetzten Anspruch auf die Stadt symbolisierte man allerdings weiter gern, etwa indem man in Urkunden unverdrossen von „unserer Stadt Köln“ sprach. Auch behielten die Kölner Erzbischöfe Reservatrechte über die Stadt, vor allem die Hochgerichtsbarkeit. Mehr oder minder permanenten Streitigkeiten über Kompetenzen innerhalb Kölns waren damit zwar über einen langen Zeitraum Tür und Tor geöffnet. De facto aber blieben die Erzbischöfe, zumindest in ihrer Eigenschaft als weltliche Territorialfürsten, Fremde in der Reichsstadt, die an deren Schlagbäumen auf ebenso sinnfällige Weise um Zugang zu bitten hatten.

Der Kölner Erzbischof war bis 1803 einer der Kurfürsten des Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation.

Die Reformationszeit

Während die kirchliche Struktur im Großraum des Erzbistums Köln schon um das Jahr 1000 ausgebildet war und über das Mittelalter hinweg weitgehend konstant blieb, brachte die neuzeitliche Geschichte eine Reihe recht komplizierter Veränderungen mit sich. Zu deren Verständnis muss man sich den Umstand vor Augen halten, dass „Köln“ mit der Reichsstadt, dem weltlich regierten kleineren Erzstift und dem kirchlich verwalteten Erzbistum begrifflich drei unterschiedliche Bezugsgrößen bezeichnet, die allerdings historisch vielfach miteinander verflochten waren.

Die reformatorische Entwicklung war am Kölner Erzbistum im 16. Jahrhundert noch vergleichsweise unmerklich vorbeigegangen: Wohl nicht viel mehr als rund ein Zehntel der Pfarreien wechselte vom katholischen zum evangelischen, das heißt lutherischen oder reformierten Bekenntnis. Dabei handelte es sich teils um solche Orte, die aus eigenem Antrieb und gegen den erklärten Willen des Landesherrn vom katholischen Glauben abrückten wie beispielsweise Wesel oder Soest. Teils aber gab erst das spätere konfessionspolitische Einwirken der Landesherren im Sinne des sog. Landesherrlichen Kirchenregiments den Ausschlag für eine religiöse Umorientierung. Dass die Herzöge von Kleve, die bis zu ihrem Aussterben 1609 und der nachfolgenden Landesteilung Jülich, Kleve, Berg, Mark und Ravensberg beherrschten, nicht (oder nicht offen) zur evangelischen Kirche übertraten, sollte sich allerdings als stabilisierend für das Erzbistum Köln erweisen, das diese Territorien fast ganz umspannte. Erst als Brandenburg-Preußen 1609 das Herzogtum Kleve und später Moers an sich nahm, regierte in einem zum Erzbistum Köln gehörigen Gebiet eine protestantische Dynastie, die die katholische Gegenreformation zu blockieren bestrebt war.

Die komplizierten, durch ein mächtepolitisches Patt verursachten Konfessionsverhältnisse in den 1609 zwischen Brandenburg-Preußen und Pfalz-Neuburg aufgeteilten Territorien sind in der Folge vor dem Hintergrund des Jülich-Klevischen Erbfolgestreits (1609–1666) zu sehen. An dessen Ende galten wechselseitige Duldungsbestimmungen für die katholische, lutherische und reformierte Konfession, die – ob aus seiner Sicht positiv oder negativ – jedenfalls außerhalb des Zugriffs des Kölner Erzbischofs lagen: Er sah sich in seinem Wirkungskreis ganz auf sein kleines weltliches Herrschaftsgebiet verwiesen, das mit Ausnahme von Linz am Rhein links des Rheins lag. Angesichts der überaus starken Stellung der Landstände war er allerdings in seiner Regierungsfähigkeit seit der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts stark beschränkt.

Es ließe sich somit in bewusster Überspitzung behaupten, dass der Kölner Erzbischof seit dem Spätmittelalter sowohl als weltlicher Fürst als auch als kirchlicher „Hirte“ zu einem wirksamen Handeln unfähig war, wobei nicht selten persönlich wenig geeignete Bischofspersönlichkeiten am wenigsten geeignet schienen, die strukturell widrigen Umständen in der Bistumsverwaltung in den Griff zu bekommen.

Die Rücktritte zweier Bischöfe (Friedrich von Wied und Salentin von Isenburg) und, wichtiger noch, die Reformationsversuche durch Hermann V. von Wied 1543 und Gebhard Truchseß von Waldburg 1582 hinterließen keine wirklich langfristigen Folgen für das Erzbistum. Die Neigungen Hermanns und, mehr noch, Gebhards wurden trotzdem von der Gegenseite als äußerst gefährlich empfunden. Der katholischen Fraktion im Reich stand mit der möglichen Protestantisierung des Erzbistums nämlich nicht zu Unrecht ein Kippen der Konfessionsverhältnisse auf breiter Ebene vor Augen: Da der Kölner Kurfürst eines von sieben Voten bei der Wahl des Kaisers besaß, schien sogar langfristig ein protestantisches Kaisertum mit ungeahnten Folgen für das gesamte Herrschaftsgefüge auf europäischer Ebene möglich.

Die „bayerische Herrschaft“ (1583–1761)

Die relative konfessionelle Stabilität des Erzbistums Köln angesichts einer anderswo rapiden Protestantisierung ist angesichts dessen vor dem Hintergrund übergreifender politischer Interessen zu sehen. Dass „die Rheinländer“ im 16. und 17. Jahrhundert mehrheitlich katholisch blieben, lag somit nicht daran, dass sie besonders glaubensstark bzw. gegenüber der Reformation grundsätzlich abgeneigt gewesen wären. Vielmehr erwiesen sich die um die Mitte des 16. Jahrhunderts verbliebenen katholischen Mächte (namentlich die Kurie, Spanien bzw. das Haus Habsburg, die bayerischen Wittelsbacher im Verband mit einer Reihe kleinerer, auf die Versorgungsstellen in den Domkapiteln angewiesener Dynastien) als durchsetzungsstark.

Vor allem wurde die Vorherrschaft des Katholizismus im Westen dauerhaft dadurch gestärkt, dass es die bayerischen Wittelsbacher seit dem späten 16. Jahrhundert verstanden, sich eine Art Daueranwartschaft auf die Fürstbistümer des westdeutschen Raums – und damit auch Kölns – zu sichern. Konkret heißt das, dass die Wittelsbacher Herzöge bzw. (ab 1623/1648) Kurfürsten Einfluss auf die 24 wahlberechtigten Domkapitulare ausübten – oder missliebige (protestantische) Domkapitulare kurzerhand aus dem Amt entfernten („entsetzten“). Sie sicherten sich damit Wahlergebnisse in ihrem kirchenpolitischen Sinne. Nicht übersehen darf man dabei die enorme Bedeutung des Bischofsamts für die standesgemäße Versorgung der jüngeren, für den geistlichen Stand vorgesehenen Söhne: Für das seit dem späteren 16. Jahrhundert kinderreiche Haus Bayern-München galt dies um so mehr, als die dynastischen Hausgesetze seit 1505 im Sinne des Primogeniturprinzips eine Teilung der eigenen Lande unter den nachgeborenen Söhne unterbanden.

Hier im Rheinland wie anderswo auch wurden die religiösen Verhältnisse also unter dem Strich nicht durch die freie Entscheidung der Untertanen, sondern durch die teils politisch, teils konfessionell motivierten Weichenstellungen der jeweiligen Territorialherren vorgegeben.

Die Bistumsreform 1559

Die kölnische Kirchenorganisation in der Frühen Neuzeit wurde in erster Linie durch administrative Einschnitte verändert. Einen ersten zog die Auseinandersetzung zwischen Spanien und seinen niederländischen Provinzen in der unmittelbaren Nachbarschaft des Erzbistums mit sich. Der in den Niederlanden regierende König Philipp II. nämlich setzte 1559 bei Papst Paul IV. eine grundstürzende Neugestaltung der Bistumsstruktur in der Region durch. Vorgeblich ging es Philipp darum, den um sich greifenden Protestantismus mit geeigneten kirchenpolitischen Mitteln zu bekämpfen. Allerdings hatten die Habsburger unverkennbar starke hauspolitische Interessen im Nordwesten des Heiligen Römischen Reichs deutscher Nation, die sie mit einer verstärkten Kontrolle auch des kirchlichen Apparats zu befestigen hofften. In den Niederlanden hatten bis dahin nur sechs, relativ große Bistümer existiert, deren Zahl auf Veranlassung Philipps nun durch Teilungen und Neugründungen auf 19 erhöht wurde. Dabei wurde ein bis 1801 fortlebendes Bistum Roermond gegründet, in das Pfarreien des Erzbistums Köln im Bereich von Nijmegen und der Flüsse Maas und Niers im sog. Oberquartier Geldern abgezweigt wurden. Das Kölner Suffraganbistum Utrecht wurde verhältnismäßig noch stärker verkleinert und aus der Kölner Kirchenprovinz ganz herausgelöst, immerhin aber (wie Mechelen und Cambrai) zum Erzbistum erhöht. Auch andere Kölner Suffragane wie Münster erlitten 1559 Einbußen, die sich aus der Sicht der regierenden Fürstbischöfe in erster Linie durch den Ausfall von Gebühren wie z. B. bei Pfarrerbestallungen (Einsetzungen) bemerkbar machten.

Die Revolutionszeit (1794–1813)

Durch die Besetzung des gesamten linksrheinischen Raums durch französische Truppen bis zum Oktober 1794 und ihr weiteres Ausgreifen auf den rechtsrheinischen Raum erlebte das Erzbistum Köln innerlich wie äußerlich einen Niedergang: Nicht nur in der radikalen jakobinischen Phase der Französischen Revolution, sondern auch zur Zeit des Direktoriums von 1795 bis 1799 wurde der katholische Kultus in den besetzten Gebieten wie in Frankreich selbst massiv unterdrückt. Erst Napoléon Bonaparte setzte der Bekämpfung des Christentums ein Ende, wobei ihn nicht Toleranz, geschweige denn religiöse Überzeugung leitete, sondern das Kalkül, sich als Wiederhersteller eingewurzelter Traditionen profilieren zu können. Wichtig in diesem Zusammenhang ist u. a. die Rückkehr zum Gregorianischen Kalender und die Veröffentlichung eines sog. Reichskatechismus 1806.

Politische Konzessionen gedachte Napoleon gegenüber der im Untergang befindlichen Reichskirche aber nicht zu machen: Nachdem durch den Frieden von Lunéville am 9. März 1801 der gesamte linksrheinische Raum staatsrechtlich an Frankreich gefallen war, löste Napoleon das Erzbistum Köln für seine linksrheinisch-französischen Teile im Zuge einer Neuordnung der Bistumsstruktur umstandslos auf, womit er einer über tausendjährigen kirchengeschichtlichen Tradition im Rheinland ein Ende setzte. Als Ersatz für Köln kreierte er ein Bistum Aachen unter der bischöflichen Leitung seines Gefolgsmanns Marc-Antoine Berdolet, das dem Erzbistum Mechelen als Suffragan unterstellt war. Dass derlei Maßnahmen von herrschaftspolitischen Motiven getragen waren, schließt allerdings nicht aus, dass Napoleon wie im weltlichen so auch im kirchlichen Bereich anerkennenswerte Reformen (etwa im Bereich der Pfarrfinanzierung) in die Tat umsetzte.

Preußische Zeit (ab 1815)

Mit dem Ende der napoleonischen Herrschaft über den deutschen Westen 1814/1815 kam es zu einem abermaligen Umbau der kirchlichen Verhältnisse: Mit dem 1821 geschlossenen Staatskirchenvertrag zwischen der Kurie und Preußen, das auf dem Wiener Kongress 1815 die Herrschaft im beinahe gesamten Rheinland angetreten hatte, und der Zirkumskriptionsbulle De salute animarum (16. Juli 1821) wurde das Bistum Aachen wieder aufgelöst, Köln dagegen wieder belebt. Die vormals Aachener kirchlichen Gebiete wurden nun zwischen Köln und Münster auf eine Art und Weise verteilt, die mehr Preußens administrativen Bedürfnissen als den kirchengeschichtlichen Traditionen entsprach: Der Kölner Sprengel umfasste die Regierungsbezirke Köln, Aachen und Düsseldorf, wurde also staatlichen Distrikten angeglichen. Am nördlichen Niederrhein, in dem sich uralte kölnische Traditionsorte wie beispielsweise Xanten oder Kempen befanden, wurde der allerdings kurzlebige preußische Regierungsbezirk Kleve mit den dort versammelten Pfarreien dem Bistum Münster einverleibt. Dessen Dekanate Kleve, Wesel, Recklinghausen und Warendorf bilden noch heute die Grenze zum Erzbistum Köln, dem 1957 errichteten Bistum Essen und dem später zum Erzbistum erhobenen Paderborn im Osten.

Das große Entgegenkommen Preußens gegenüber der Kurie bei der Wiedereinrichtung des Kölner Erzbistums, wird als Ursache der in den folgenden Jahrzehnten aufgetretenen Konflikte zwischen Staat und Kirche am Rhein gesehen.

Deren zentrales Ereignis waren die Kölner Wirren. Als deren Höhepunkt gilt die 1837 durch den Preußischen Staat erfolgte Verhaftung des ultramontan gesinnten Kölner Erzbischof Clemens August Droste zu Vischering. Es ging um den rechtlichen Status interkonfessioneller Ehen, den Droste zu Vischering nicht akzeptierte. Die anschließende zweijährige Festungshaft des Bischofs sorgte dann für eine grundlegende Verhältnisbestimmung zwischen Preußischem Staat und Katholischer Kirche. Viele Historiker sehen in diesem Ereignis bereits den Beginn des Kulturkampfs im späteren Deutschen Kaiserreich. In den sog. „res mixtae“, denjenigen Bereichen, deren Regelung von beiden Seiten beansprucht wurde (Schulwesen, Eheschließung und -gerichtsbarkeit u. a.m.), setzte Preußen damit die Trennung zwischen Staat und Kirche durch.

20. und 21. Jahrhundert

Im 20. Jahrhundert erfuhr das Erzbistum Köln durch die Abtrennung des 1930 wieder gegründeten Bistums Aachen im Westen und die Einrichtung des flächenmäßig kleinen, aber an Einwohnern zahlreichen „Ruhrbistums“ Essen 1956 abermals Veränderungen. Im Zuge der Eingemeindung der damaligen Stadt Kettwig nach Essen bzw. Mülheim im Jahre 1975 weigerte sich der Kölner Erzbischof Joseph Kardinal Frings die Stadt mit ihren hohen Kirchensteuereinnahmen an das Ruhrbistum abzugeben. Kardinal Meisner stattete daher zu Beginn seiner Amtszeit sowohl der damaligen Essener als auch der damaligen Mülheimer Oberbürgermeisterin einen Antrittsbesuch ab.

2005 war das Erzbistum Köln Ausrichter des 20. Weltjugendtags.

Seit 1954 unterhält das Erzbistum Köln auf Initiative des damaligen Erzbischofs Joseph Kardinal Frings eine Bistumspatenschaft mit dem Erzbistum Tokio. Eine zweite Bistumspartnerschaft wurde unter Erzbischof Joachim Kardinal Meisner mit dem Bistum Dresden-Meißen begründet.

Die ökonomische Bedeutung des Erzbistums betreffend, bezeichnete sich Köln in seiner Selbstdarstellung als „an der Spitze der Diözesen in Deutschland“ stehend und „weltweit zu den Bistümern mit dem größten Haushaltsvolumen“ (680 Millionen Euro 2004) gehörend. Gleichwohl übersteigen die Ausgaben die Einnahmen bei weitem. Die Situation in Köln erscheint zwar nicht so prekär wie anderswo; beträchtliche Ausgabenkürzungen gelten aber als unumgänglich. Für 2010 wird ein Defizit von 45,6 Millionen erwartet. Dennoch will das Erzbistum stark investieren, vor allem in Kindertagesstätten ("Kitas") und die Sanierung von Schulgebäuden.[1]

Das Erzbistum Köln unterhält ein sog. "Stiftungszentrum". Es kümmert sich u.a. um Zuwendungen von Lebenden (Schenkung oder Verstorbenen (Nachlass) an das Erzbistum oder an Institutionen, die zum Erzbistum gehören.[2]

Bistumsgeographie

Bistumsumfang

Das Erzbistum umfasst in Nordrhein-Westfalen die kreisfreien Städte Köln, Bonn, Düsseldorf, Leverkusen, Remscheid, Solingen und Wuppertal, den östlichen Teil des Kreises Euskirchen (Städte Bad Münstereifel [einschließlich der Ortschaften Embken, Muldenau und Wollersheim der Stadt Nideggen], Euskirchen, Zülpich, die Gemeinde Weilerswist und die östlichen Ortschaften der Stadt Mechernich), den Kreis Mettmann einschließlich der ehemaligen Stadt Kettwig (Essen) sowie der Stadtteil Mülheim-Mintard, den Oberbergischen Kreis, den größten Teil des Rhein-Kreises Neuss (Städte Dormagen, Grevenbroich, Kaarst, Neuss, die Gemeinde Rommerskirchen sowie den Ortsteil Büderich der Stadt Meerbusch und die Ortsteile Glehn und Steinforth-Rubbelrath der Stadt Korschenbroich), den Rhein-Erft-Kreis, den Rhein-Sieg-Kreis und den Rheinisch-Bergischen Kreis.

Zudem gehören ihm in Rheinland-Pfalz Teile des Landkreises Altenkirchen (Verbandsgemeinden Altenkirchen [ohne die Ortsgemeinde Berod bei Hachenburg], Hamm (Sieg), Wissen und Flammersfeld [nördlich der Wied] und die Ortsgemeinde Friesenhagen) sowie der Norden des Landkreises Neuwied (Verbandsgemeinde Unkel und die Ortsgemeinden Asbach, Buchholz (Westerwald) sowie Windhagen) an.

Bistumsgliederung

Das Erzbistum Köln gliedert sich in acht Kreis- und acht Stadtdekanate. Der Rhein-Sieg-Kreis ist in ein rechts- und ein linksrheinisches Kreisdekanat, der Rhein-Kreis Neuss in ein Kreis- und ein Stadtdekanat Neuss gegliedert.

  • Stadtdekanate Dekanate
  • Bonn Bonn-Mitte/Süd, Bonn-Nord, Bonn-Bad Godesberg, Bonn-Beuel
  • Düsseldorf D-Mitte/Heerdt, D-Nord, D-Süd, D-Ost, D-Benrath
  • Köln Deutz, Dünnwald, Ehrenfeld, Lindenthal, Mitte, Mülheim, Nippes, Porz, Rodenkirchen, Worringen
  • Leverkusen ---
  • Remscheid ---
  • Solingen ---
  • Wuppertal
  • Kreisdekanate Dekanate
  • Altenkirchen ---
  • Euskirchen Euskirchen
  • Mettmann Hilden, Langenfeld/Monheim, Mettmann, Ratingen,
  • Oberbergischer Kreis Gummersbach/Waldbröl, Wipperfürth
  • Rhein-Erft-Kreis Bedburg, Bergheim, Brühl, Erftstadt, Frechen, Hürth, Kerpen, Pulheim, Wesseling
  • Rhein-Kreis Neuss Grevenbroich/Dormagen, Neuss/Kaarst
  • Rheinisch-Bergischer Kreis Altenberg, Bergisch Gladbach, Overath
  • Rhein-Sieg-Kreis Bornheim, Eitorf/Hennef, Königswinter, Lohmar, Neunkirchen, Meckenheim/Rheinbach, Siegburg/Sankt Augustin, Troisdorf

Mehrere Pfarrgemeinden sind jeweils zu einem Seelsorgebereich mit gemeinsamem Pfarrer und gemeinsamem Seelsorgeteam zusammengeschlossen .

Erzbischof

Der Erzbischof von Köln war im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit von Amts wegen Kurfürst und Erzkanzler per Italiam des Reiches sowie (seit 1180) Herzog von Westfalen. Die weltlichen Herrschaftsgebiete des Kurerzbischofs waren als Kurköln bis 1803 Bestandteil des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation.

In seiner kirchlichen Funktion ist der Erzbischof von Köln noch heute Metropolit der Rheinischen Kirchenprovinz. Seit dem 13. Jahrhundert trägt er den Titel eines geborenen apostolischen Legaten. Stets dem Kardinalskollegium angehörend, ist er der erste der deutschen Bischöfe, wenngleich der Erzbischof von Salzburg (Österreich) Primas Germaniae ist.

Zu den Erzbischöfen von Köln zählte eine Reihe intellektuell wie kirchenpolitisch herausragender Gestalten. So war der Kölner Kardinal-Erzbischof Johannes von Geissel der „Erfinder“ der Bischofskonferenz und der Kardinal-Erzbischof Joseph Höffner der „Begründer“ der modernen Finanzverwaltung des Apostolischen Stuhles und des Vatikanstaates. Im 16. Jahrhundert war die konfessionelle Haltung der Kölner Erzbischöfe teils zwiespältig. Vom 17. bis zum Ende des 18. Jahrhunderts dominierte auf dem Kölner Erzstuhl der Typus des Simonisten, d. h. des auf die Sammlung möglichst zahlreicher lukrativer und standesadäquater kirchlicher Pfründen erpichten Hochadeligen. Der pastorale Aspekt trat mitunter deutlich zurück, was schon daran erkennbar ist, dass mancher Bischof nicht sämtliche oder auch nur die niedrigsten Weihen einholte, um sich den Rückzug in den weltlichen Stand offen zu halten.

Erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts tat sich mit Maximilian Franz von Österreich eine im Reformdiskurs des Aufgeklärten Absolutismus herausragende Persönlichkeit hervor, deren Wirken aber durch innere Hemmnisse im Kurstaat und natürlich durch die Rheinlandbesatzung der französischen Revolutionstruppen blockiert wurde. Im 19. Jahrhunderts exponierten sich die Kölner Erzbischöfe in den Auseinandersetzungen mit dem preußischen Staat (s.o.). Seit dem frühen 20. Jahrhundert taten sie sich vor allem auf dem Gebiet der Weltkirche hervor. Joseph Kardinal Frings durchbrach die kuriale Vormundschaft und verschaffte damit dem Zweiten Vatikanischen Konzil eine starke Wirkmöglichkeit. Joseph Höffner war ein enger Berater Papst Paul VI. und Papst Johannes Paul II.. Auch Kardinal Joachim Meisner war ein enger Freund Papst Johannes Paul II. und fungierte als sein persönlicher Ratgeber. Doch erkennt man die weltkirchliche Bedeutung der Kölner Erzbischöfe an ihrer Haltung zu sozialen Fragen. So vermochten sie eine konfessionsübergreifende Haltung in Gewerkschaftsfragen durchzusetzen, wie auch nationale und internationale Hilfswerke zu begründen, welche die Grundlage heutiger päpstlicher Hilfswerke bilden.

Die Bedeutung des Erzbischofs von Köln spiegelt sich in der Mühsamkeit bei der Besetzung des Kölner Erzstuhles wider. Im 19. Jahrhundert hatten (preußischer) Staat und Kirche ein meist konkurrierendes Interesse daran, ihren Kandidaten durchzusetzen, da diesem in nationalen Kirchenfragen eine herausragende Stellung zukam. Dies war in der Geschichte oftmals ein Tauziehen, bei dem die die Belange der Erzdiözese selbst in den Hintergrund gerückt wurden. Domkapitular Trippen beschreibt dies in seinem Buch über die Kölner Erzbischofswahlen sehr beeindruckend. Und auch heute ist es noch so, dass die Besetzung des Kölner Erzstuhls stets ein Politikum ist.

Der Erzbischof von Köln ist nicht nur der Bischof einer der ältesten Diözesen Deutschlands, sondern auch Apostolischer Legat. Selbst wenn der Kölner Erzbischof kein Kardinal ist, so trägt er Purpur, dann allerdings das Purpur der Legaten. Als "Legatus natus" steht er im Rang eines Nuntius.

Frühere Bischöfe

  • Karl Joseph Kardinal Schulte (1920–1942)
  • Joseph Kardinal Frings (1942–1969)
  • Joseph Kardinal Höffner (1969–1987)

Das Erzbistum Köln hatte neben dem Erzbischof vier Weihbischöfe, seit 2004 noch drei. Durch den Bevölkerungsrückgang und das Ansteigen des Durchschnittsalters der Bevölkerung ging auch die Zahl der bischöflichen Amtshandlungen zurück. So ist z. B. seit den 1980er Jahren die Anzahl der Firmungen von über 20.000 im Jahr auf unter 10.000 gefallen.

Kirchliches Leben

Das kirchliche Leben des Erzbistums Köln ist städtisch geprägt, da auch die ländlichen Gebiete auf die Großstädte der Rheinschiene und des Wuppertales hin ausgerichtet sind. Es gibt im Erzbistum ein lebendiges Wallfahrtswesen und ein reges Vereinsleben. Fast in jeder Pfarrgemeinde existieren Jugendgruppen, die Katholischen Frauengemeinschaft (kfd), eine Schützenbruderschaft oder eine Kolpingsfamilie. Die Zahl der Mitglieder von Kirchenchören und Messdienern wird für 2004 mit jeweils über 30.000 angegeben. Der sonntägliche Messbesuch liegt bei 12,0 % der Kirchenmitglieder.

Die Mitverantwortung der Christen erfolgt durchgängig durch flächendeckend gewählte Pfarrgemeinderäte auf der Ebene der einzelnen Seelsorgebereiche und Dekanate bis zum Diözesanrat der Katholiken im Erzbistum Kön.

Selbstverständnis

Zentrales Identifikationsmerkmal der Katholiken im Erzbistum Köln ist der 1880 fertig gestellte Kölner Dom. Der Kölner Dompropst Dr. Norbert Feldhoff sagte zum Besuch von Papst Benedikt XVI. des Kölner Domes: „Wir danken Ihnen für diesen Besuch und es erfüllt uns mit Stolz, dass der Kölner Dom die erste Kathedrale außerhalb des Bistums Rom ist, die Sie als Papst besuchen. In Kölner ‚Bescheidenheit‘ halten wir dies für angemessen, weil der Dom des heiligen Petrus in Köln die Bischofskirche der ‚Ecclesia Coloniensis semper sedis Apostolicae fidelis filia‘ ist.“

Die Ecclesia Coloniensis findet ihre sinnfällige Einheit im Kölner Dom und einer Geschichte, die nach außen hin von Traditionalität und Glaubenseinheit zeugt. Die Aufnahme reformatorischen Gedankenguts im 16. oder etwa des romkritischen Febronianismus im späteren 18. Jahrhundert zeigt allerdings, dass auch die Kölner Kirche schon in der vormodernen Zeit durchaus nicht immer unverbrüchlich an der Seite der Kurie stand.

Patrone

  • Heilige Drei Könige
  • Gereon von Köln (2. Patron von Köln)
  • Pantaleon
  • Severin von Köln
  • Ursula von Köln (1. Patronin von Köln)
  • Quirinus von Neuss (Mitpatron des Erzbistums)

Wallfahrtsstätten

  • Hl. Drei Könige in der Hohen Domkirche in Köln
  • Schwarze Mutter Gottes von Köln in St. Maria in der Kupfergasse
  • Gräber der Seligen Adolph Kolping und Johannes Duns Scotus, Minoritenkirche in Köln
  • Gnadenbild der Mutter Gottes in St. Mariä Geburt, Grevenbroich
  • Maria, Königin des Friedens in Velbert-Neviges
  • Rosa Mystica in Swisttal-Buschhoven
  • St. Johann Baptist mit Wallfahrt zu Maria, Zuflucht der Sünder in Bruchhausen
  • Zur Schmerzhaften Mutter in Hennef-Bödingen
  • Zur Schmerzhaften Mutter in Marienthal (Westerwald)
  • St. Mariä Heimsuchung in Marienheide
  • Apostel Judas Thaddäus in Königswinter-Heisterbacherrott
  • Michaelskapelle auf dem Michelsberg bei Bad Münstereifel
  • Gezelinkapelle (Leverkusen-Alkenrath)
  • Zum Hl.Quirinus von Rom im Quirinusmünster in Neuss
  • Die freudenreiche Mutter Gottes in Köln-Stammheim

Kultur und Sehenswürdigkeiten

  • Altenberger Dom in Odenthal-Altenberg
  • Bonner Münster
  • Kölner Dom
  • Quirinusmünster Neuss
  • Nevigeser Wallfahrtsdom von Gottfried Böhm in Velbert-Neviges

Persönlichkeiten

  • Albertus Magnus, Dominikaner (* um 1200 in Lauingen; † 15. November 1280 in Köln), Kirchenlehrer, 1931 heilig gesprochen
  • Johannes Duns Scotus, Franziskaner (* um 1266 in Duns, Schottland; † 8. November 1308 in Köln), 1993 selig gesprochen
  • Adolph Kolping (* 8. Dezember 1813 in Kerpen; † 4. Dezember 1865 in Köln), 1991 selig gesprochen
  • Edith Stein (* 12. Oktober 1891 in Breslau; † 9. August 1942 in Auschwitz), 1933 als Schwester Benedicta a Cruce in Köln in den Karmeliterorden eingetreten, 1998 heilig gesprochen
  • Joseph Kardinal Frings (* 6. Februar 1887 in Neuss; † 17. Dezember 1978 in Köln), Erzbischof 1942–1969
  • Liste der Kölner Erzbischöfe und Bischöfe
  • Liste der Kölner Weihbischöfe
  • Liste der Kölner Generalvikare
  • Liste der Kölner Offiziale

Domkapitel

Das Kölner Domkapitel, Hohes Metropolitan-, Kathedral- und Domkapitel zu Köln, zählt 16 Mitglieder, wovon vier nicht am Dom leben und als „Nichtresidierende Domkapitulare“ bezeichnet werden. An der Spitze des Kapitels stehen ein Dompropst, den das Domkapitel wählt, und ein Domdechant, den der Erzbischof ernennt. Die Domkapitulare werden durch den Erzbischof von Köln ernannt, wobei er im Wechsel einmal auf Vorschlag des Kapitels ernennt und dann wieder nach Anhörung desselben. Hausherr der Kathedrale ist in Köln das Domkapitel und nicht der Erzbischof. Es wählt nach dem Tod oder dem Rücktritt einen neuen Erzbischof und unterstützt den Erzbischof bei der Verwaltung des Bistums. Die Kleidung der Domkapitulare besteht aus einer violetten Soutane, und einer violetten Mozetta. Darauf tragen sie einen Stern (Domkapitularsstern) an einer goldenen Kette. Residierende Domkapitulare sind derzeit: Dompropst Dr. jur. utr. Norbert Feldhoff (1975/2004), Domdechant Johannes Bastgen (2003), Dr. jur. can. Günter Assenmacher (2004), Weihbischof Dr. theol. Heiner Koch (1998), Weihbischof Manfred Melzer (1998), Weihbischof Dr. theol. Rainer Woelki (2003), Prof. Dr. theol. Norbert Trippen (1986), Dr. theol. Robert Kümpel (1987), Dr. theol. Dominik Schwaderlapp (2004), Josef Sauerborn (2004), Gerd Bachner (2005), Hans-Josef Radermacher (2006)

Nichtresidierende Domkapitulare: Dr. theol. Johannes Westhoff, Winfried Auel (2004), Rolf Steinhäuser (2005), Anno Burghof (2008)

Emeritierte Domkapitulare: Weihbischof Dr. theol. Klaus Dick (Domdechant em. 2003), Ludwig Schöller (em. 2004), Heinrich Barlage (em. 2005), Gottfried Weber (em. 2005)

Literatur

  • Wilhelm Neuss, Friedrich Wilhelm Oediger: Das Bistum Köln von den Anfängen bis zum Ende des 12. Jahrhunderts. Köln 1964 (31991) (Geschichte des Erzbistums Köln 1).
  • Wilhelm Janssen: Das Erzbistum Köln im späten Mittelalter. 1191–1515. 2 Halbbände, Köln 1995/2003 (Geschichte des Erzbistums Köln 2).
  • Hansgeorg Molitor: Das Erzbistum Köln im Zeitalter der Glaubenskämpfe. 1515–1688. Köln 2008 (Geschichte des Erzbistums Köln 3). ISBN 3-7616-1346-6.
  • Eduard Hegel: Das Erzbistum Köln zwischen Barock und Aufklärung. Vom Pfälzischen Krieg bis zum Ende der französischen Zeit 1688–1814. Köln 1979 (Geschichte des Erzbistums Köln 4). ISBN 3-7616-0389-4.
  • Eduard Hegel: Das Erzbistum Köln. Zwischen der Restauration des 19. Jahrhunderts und der Restauration des 20. Jahrhunderts. 1815–1962. Köln 1987 (Geschichte des Erzbistums Köln 5). ISBN 3-7616-0873-X.

Einzelnachweise

  1. ↑ Kölner Stadtanzeiger.de: Einnahmendefizit - Krise macht vor Klerus nicht halt. 22. Januar 2010.
  2. ↑ ERZBISTUM KÖLN: Stiftungszentrum.
  3.  

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Universität zu Köln

Die Universität zu Köln (kurz: Uni Köln) ist eine in Forschung und Lehre international anerkannte Hochschule in Köln mit dem klassischem Fächerspektrum einer Volluniversität.

Die 1388 gegründete Alte Universität zählte zu den ältesten Universitäten in Europa. Sie wurde 1798 von den französischen Machthabern (Napoleon) geschlossen. Die neue Universität zu Köln wurde 1919 wiedergegründet. Wie die Universität Hamburg und die (1914 gegründete) Universität Frankfurt am Main sollte sie die nach dem Ersten Weltkrieg verlorene Kaiser-Wilhelms-Universität zu Straßburg ersetzen. Mit über 44.000 Studierenden[1] im Wintersemester 2009/10 ist sie die drittgrößte Universität in Deutschland.

Geschichte und Entwicklung

Die Alte Universität

Die Universität zu Köln wurde am 21. Mai 1388 als vierte Universität im Heiligen Römischen Reich nach der Karls-Universität Prag (1348), der Universität Wien (1365) und der Ruprecht-Karls-Universität in Heidelberg (1386) gegründet. Die Initiative dazu ging nicht wie sonst üblich vom Kaiser oder einem Fürsten aus, sondern vom Rat der Freien Reichsstadt Köln, die auch die Kosten für den Lehrbetrieb übernahm und sich umfangreiche Vorteile für die Belebung der Stadt erhoffte.[3] Die Gründungsurkunde wurde von Papst Urban VI. in Perugia unterzeichnet. Am 6. Januar 1389 wurde der Vorlesungsbetrieb aufgenommen. Gründungsrektor war Hartlevus de Marca, der den Lehrbetrieb mit einer Disputation mit dem Theologieprofessor Gerhard Kikpot von Kalkar über Jesaja 60,1 („die Herrlichkeit des Herrn ging strahlend auf über dir“) eröffnete. Die genutzten Gebäude waren anfangs über die Stadt verteilt.

Die Universität richtete sich am angesehensten Vorbild, der Universität von Paris, aus.[4] Sie unterschied sich von Paris insofern, als sie von Beginn an Kaiserrecht (römisches Recht) lehrte und unter römischer Observianz stand. Sie gehörte von Anfang an mit 700 Immatrikulierten (später ca. 1000) zu den größten Universitäten Europas. Sie ging hervor aus den „Generalstudien“ des Dominikaner-Ordens, die 1248 von Albertus Magnus eingerichtet worden waren. Auch das Pfründenwesen kennzeichnet den geistlichen Charakter der Universität. An jeder der 11 großen Kölner Stiftskirchen war für die Universität ein Kanonikat vorbehalten.[5] Die Hochschule besaß alle vier damals üblichen Fakultäten: „Artes“, Theologie und Medizin; in der Jurisprudenz bot sie außer dem Kirchenrecht auch noch das „Römische Recht“ an. Die Hochschule hatte ihre Lehrgebäude und Bursen in einem Areal der Stadt um den Dom und um die Straße An der Rechtschule (siehe dort). Die Hochschule hatte eine Reihe berühmter Professoren und Absolventen, vor allem war sie eine treue Dienerin der Kirche. In der frühen Neuzeit stand die Universität unter starkem Einfluss des Humanismus, welcher zu umfassenden Kontroversen und Bildungsreformen an der Universität führte.

Die Mitglieder der Universität waren - anders als alle anderen Kölner - keinem Gaffelzwang unterworfen (Zunftzwang). Gründungsmitglieder waren 1388/89 21 Magistri; 108 Theologen, 166 Juristen, 8 Mediziner wurden unterrichtet. Hauptsächlich kamen die Immatrikulierten aus den rheinischen, westfälischen und niederländischen Territorien. Ein Drittel der Studenten galt als arm und wurde mit Stiftungen und Nebenverdiensten ernährt. In den Jahren zwischen 1441 und 1500 wurden jährlich rund 450 Studenten immatrikuliert. Viele Studenten lebten in den so genannten Bursen, auf die im 15. Jahrhundert der Unterricht der artistischen Fakultät überging. Der Doktorausritt nach der Promotion war ein teures Fest, das aber zugleich viel Reputation gewährte[6]

Am 28. April 1798 wurde die Universität von den 1794 in Köln eingerückten Franzosen mit der Umwandlung in eine Zentralschule „Université de Cologne“ geschlossen, da sich die Kölner Professorenschaft (allen voran ihr Rektor Ferdinand Franz Wallraf) zunächst weigerte, einen Eid auf die französische Republik zu leisten; unter der Begründung, dass die Unabhängigkeit der Universität gewahrt werden müsse und Professoren keine Verwaltungsbeamten seien. Ferdinand Franz Wallraf wurde 1799 Lehrer der Zentralschule, nachdem er am 21. Januar des Jahres den Eid dann doch noch geleistet hatte. Er hat für Köln als Retter vieler Kunstwerke Bedeutung und konnte auch das Unversitätssiegel vor den Franzosen verstecken. Seine Sammlung gehört heute zum Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud.

Die Neue Universität

Im Verlauf des 19. Jahrhunderts waren Bestrebungen der Stadt und ihrer Bürger, eine neue Universität zu gründen, gescheitert. Erst 1919 gelang es, die preußische Staatsregierung zu überzeugen. Durch einen Beschluss des Rates der Stadt Köln wurde die städtische Universität neu gegründet. Am 29. Mai 1919 unterzeichnete der damalige Oberbürgermeister Konrad Adenauer den Staatsvertrag mit Preußen. Die Universität ging aus der ebenfalls städtischen am 1. Mai 1901 gegründeten Handelshochschule, der Hochschule für kommunale und soziale Verwaltung von 1912 sowie der ersten deutschen Akademie für praktische Medizin von 1904 hervor, die in die Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät beziehungsweise die Medizinische Fakultät übergingen. Als erster Rektor wurde Christian Eckert gewählt, der bis dahin die Handelshochschule Köln geleitet hatte. Die Universität residierte in den für die Handelshochule bis 26. Oktober 1907 am Römerpark, Südstadt, errichteten Gebäuden (jetzt durch die Fachhochschule Köln genutzt) von 1919 bis 1934. Aufgrund der hohen Studentenzahlen wurde am 26. Oktober 1929 der Grundstein für das Hauptgebäude der neuen Universität gelegt, in das 1934 umgezogen wurde.

Am 2. November 1934 konnte die Universität in den vom Architekten Adolf Abel errichteten funktional schlichten Neubau im Inneren Grüngürtel Köln-Lindenthals nahe bei der Medizinischen Fakultät einziehen. Bereits 1925 war die Universität zu Köln nach der Humboldt-Universität zu Berlin die zweitgrößte preußische Universität. 1920 kamen die Rechtswissenschaftliche und die Philosophische Fakultät hinzu, von der sich 1955 die Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät abspaltete.1980 wurden die beiden Kölner Abteilungen der Pädagogischen Hochschule Rheinland als Erziehungswissenschaftliche und Heilpädagogische Fakultät der Universität zu Köln angegliedert. Die Universität wurde durch Luftangriffe im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt, dennoch begann 1945 wieder der Vorlesungsbetrieb. Allerdings überschritten die Kosten für den Wiederaufbau die Möglichkeiten der Stadt, unter deren alleiniger Trägerschaft die Universität bis 1954 stand. So wurde am 1. April 1954 die Universität zu Köln mit Wirkung vom 1. April 1953 durch das Bundesland Nordrhein-Westfalen übernommen. Die Bindung an die Stadt und den Regierungsbezirk Köln wurde bis zum Jahre 2007, dem Inkrafttreten einer neuen Grundordnung, durch die Institution des Kuratoriums gewährleistet, in dem der Oberbürgermeister den Vorsitz führte. Darüber hinaus kooperiert die Universität mit vielen städtischen Einrichtungen und Einrichtungen in der Stadt, wie zum Beispiel mit dem Rheinisch Westfälischen Wirtschaftsarchiv und vielen städtischen Kliniken.

Der Ausbau der Universität begann mit dem Bau der Hörsaal- und Seminartrakte und des achtgeschossigen Seminar- und Bürohochhauses für die Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät von Wilhelm Riphahn zwischen 1956 und 1960. In dieser Fakultät hatte sich die Studierendenzahl zwischen 1949 und 1955 auf über 5000 nahezu verfünffacht. Die Universitätsbibliothek folgte 1966, der Albertus-Magnus-Platz wurde durch die Absenkung und Deckelung der Universitätsstraße erweitert. 1968 wurde das Hörsaalgebäude fertiggestellt, die Physikalischen und Chemischen Institute jenseits der Zülpicher Straße folgten zwischen 1968 und 1975. Mit dem Neubau des Philosophikums 1974 war der Campus der Universität im Wesentlichen fertig. Der Komplex des Klinikums mit den alten Gebäuden der Krankenanstalten Lindenburg wurde ab 1965 (Frauenklinik) bis 1974 (Bettenhaus des Zentralklinikums) modernisiert und erweitert. Der jenseits der Akademischen Lustwiese (Akaluwie) 1974 errichtete Neubau der Zentralmensa ist immer noch einer der modernsten und größten Studierenden-Speisebetriebe in Europa. Der Ausbau und die Modernisierung der Hochschulgebäude wird bis in die Gegenwart fortgeführt. Die Fassade des Hauptgebäudes zum Albertus-Magnus-Platz wird seit 1991 von zahlreichen Stahlriemen befestigt, die ursprünglich als Provisorium gedacht waren, um ein Herabfallen der Sandsteinplatten zu verhindern.

Alle diese Anlagen liegen eingebettet in den Inneren Kölner Grüngürtel und bildeten so einen innenstadtnahen zusammenhängenden Universitätscampus, der dennoch im Grünen liegt.

Profil

Organisation und Fakultäten

Das Rektorat leitet die Universität. Es besteht derzeit aus dem Rektor als Vorsitzendem, drei Prorektoren und dem Kanzler. Der Rektor wird vom Hochschulrat gewählt; die erste Amtszeit beträgt mindestens sechs Jahre und weitere Amtszeiten mindestens vier Jahre. Der Rektor ist Vorsitzender des Rektorats und des Senats der Universität.

Die Universität gliedert sich in die folgenden sechs Fakultäten:

  • Fakultät                                                                Studierende1) davon Doktoranden2) (Neu-)Gründungsjahr
  • Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät       8.806                         609                   1919
  • Medizinische Fakultät                                               3.246                         262                   1919
  • Rechtswissenschaftliche Fakultät                              5.213                       1.232                   1920
  • Philosophische Fakultät                                          14.746                       1.231                   1920
  • Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät           6.483                         800                   1955
  • Humanwissenschaftliche Fakultät                              5.788                         560                   2007
  • Gesamt                                                                 44.282                      4.694
  • 1)WS 2008/09, gem. Kurzstatistik der Universität (Stand November 2008), inkl. Zweithörer, Gasthörer und Studienkollegiaten[1]
  • 2)Anzahl der Doktorandinnen und Doktoranden gem. Studierendenstatistik WS 2006/07 (jeweils Summe Promotion 1. Fach).

Auffallend ist die – bezogen auf die Fakultätsgröße – hohe Zahl von Doktoranden der Rechtswissenschaftlichen Fakultät. Innerhalb der einzelnen Fakultäten dominieren hinsichtlich der Anzahl der Doktoranden die folgenden Fächer: an der WiSo-Fak. BWL (338 bzw. 55 %), an der Med. Fak. Humanmedizin (187 bzw. 71 %), an der Phil. Fak. Germanistik und Kunstgeschichte (208 bzw. 17 % respektive 146 bzw. 12 %), an der Math.-Nat. Fak. Biologie (365 bzw. 46 %) und an der HW-Fak. Pädagogik (410 bzw. 73 %).

Am 20. Juli 2005 beschloss der Senat der Universität ein Konzept zur Neuordnung der Fakultäten. Das Konzept brachte die Auflösung der Erziehungswissenschaftlichen und der Heilpädagogischen Fakultät in ihrer bisherigen Form sowie die Gründung einer neuen „sechsten“, der Humanwissenschaftlichen, Fakultät. Die Vertreter der didaktischen Fächer, die bisher vor allem an der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät tätig waren, wurden im Zuge der Umstrukturierung den ihrem Fach entsprechenden Fakultäten als eigene Fachgruppe für Didaktik zugeordnet (zum Beispiel „Biologie und ihre Didaktik“, „Chemie und ihre Didaktik“ als neue didaktische Fachgruppe an der Math.-Nat.-Fak.), während an der neuen Humanwissenschaftlichen Fakultät vor allem die pädagogischen, heilpädagogischen und psychologischen Fächer verblieben beziehungsweise aus der Philosophischen und der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät überführt wurden. Die Neuorganisation der Fakultäten wurde mit der Errichtung der entsprechenden Gremien formal zum 1. Januar 2007 umgesetzt.

Besondere Förderung der Forschung

DFG

  • 10 DFG-Sonderforschungsbereiche und 2 Beteiligungen an Sonderforschungsbereichen anderer Hochschulen
  • 5 DFG-Graduiertenkollegs (vgl. Graduiertenprogramme)

EU

  • Functional Genomics in Embryonic Stem Cells (FunGenEs)
  • Diagnostische molekulare Bildgebung für Neurologie und Herzgefäßerkrankungen (DIMI)
  • Innovative Collaborative Work Environments for Individuals and Teams in Design and Engineering (CoSpaces) im sechsten Forschungsrahmenprogramm seit 2006
  • Citizenmedia im sechsten Forschungsrahmenprogramm seit 2006

Graduiertenprogramme

  • International Graduate School in Genetics and Functional Genomics (NRW Graduate School)
  • International Max Planck Research School on the Social and Political Constitution of the Economy (IMPRS-SPCE) (seit 2007)
  • Internationaler Promotionsstudiengang Molekulare Medizin (ZMMK)
  • Graduiertenkolleg „SOCLIFE (Social Order and Life Chances in Cross-National Comparison)“ (seit 2008)
  • Cologne University Bioinformatics Center (CUBIC) (eingestellt 06/2006)
  • Graduiertenkolleg „Theoretische und empirische Grundlagen des Risikomanagements“ (seit 2002)
  • Graduiertenkolleg „Globale Strukturen in Geometrie und Analysis“ (seit 2006)
  • Graduiertenkolleg „Azentrische Kristalle“ (seit 1999)
  • Graduiertenkolleg „Molekulare Analyse von Entwicklungsprozessen bei Pflanzen“ (seit 1997)
  • Graduiertenkolleg „Genetik zellulärer Systeme“ (seit 1997)
  • Bonn-Cologne Graduate School of Physics and Astronomy

Kooperation mit Großforschungseinrichtungen

Kölner Professoren sind gleichzeitig Mitglieder in den Großforschungseinrichtungen, auch Studierende können dort mitforschen.

  • Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
  • Forschungszentrum Jülich in der Helmholtz-Gemeinschaft
  • Fraunhofer Institut für Algorithmen und Wissenschaftliches Rechnen (SCAI)
  • Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung (MPIFG)
  • Max-Planck-Institut für neurologische Forschung (MPInF)
  • Max-Planck-Institut für Züchtungsforschung (MPIZ)
  • Max-Planck-Institut für Biologie des Alterns (Gründung 2008)

Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Preis

Den Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Preis erhielten:

  • Martin R. Zirnbauer (2009)
  • Jens Claus Brüning (2007)
  • Thomas Mussweiler (2006)
  • Axel Ockenfels (2005)
  • Martin Krönke (2001)
  • Andreas Kablitz (1997)
  • Ulf-Ingo Flügge (1996)
  • Thomas Schweizer (1995)
  • Peter Schneider (1992)

Sofja-Kovalevskaja-Preis

Der Sofja-Kovalevskaja-Preis ist überreicht worden an:

  • Mirka Uhlirova, Tschechien, Institut für Genetik und Cluster of Excellence CECAD (Professor in Maria Leptin) (2008)
  • Mark Depauw (2004)
  • Manuel Koch (2002)
  • Joachim Schultze (2002)

Universitätspreis für herausragende Dissertationen

  • 2008: Gabriela-Elena Oprea (Biogentechnik) – Analyse zur Muskelatrophie

Schmittmann-Wahlen-Stipendium

  • 2008: Sarah Remboldt (Medizin) – Frühintervention bei somatoformen Störungen in der Hausarztpraxis

Drittmittelvolumen

Das Drittmittelvolumen (Drittmitteleinnahmen) lag im Jahr 2004 bei 73,4 Mio. €. Der mit Abstand größte Drittmittelgeber war mit 27,6 Mio. € bzw. 37,4 % die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG). Von diesem Betrag entfielen 12,4 Mio. € bzw. 44,8 % auf das Förderinstrument Sonderforschungsbereiche. Die übrigen Drittmitteleinnahmen stammen ebenfalls zu einem Großteil von kompetitiven Drittmittelgebern (insb. EU, BMBF, Stiftungen).

Stiftungsprofessuren

Die Universität hat eine Reihe von Stiftungsprofessuren eingeworben, die zum Teil längerfristig, zum Teil für einige Jahre eingerichtet wurden, und dann in der Regel vom Land weitergetragen werden.

  • Bayer-Stiftungsprofessur für Technische Chemie, seit 1986
  • Stiftungsprofessur für Tumorimmunologie der Deutschen Krebshilfe, seit 2002
  • Stiftungsprofessur für Palliativmedizin, finanziert durch die Deutsche Krebshilfe, seit Oktober 2005
  • Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Professur für alte Geschichte, seit 2006 für 7 Jahre
  • Stiftungsprofessur für Energiewirtschaft, finanziert von der Energiewirtschaft, seit April 2007

Umfangreiche Informationen über das Gesamtspektrum der Forschungsprojekte enthält der Forschungsbericht der Universität.

Lehre

Aufbauend auf ihrem breiten Fächerspektrum bietet die Universität eine Vielzahl an grundständigen, Aufbau- und Weiterbildungsstudiengängen, die im Internetangebot der Universität detailliert dargestellt sind. Bei der Weiterentwicklung und Neugestaltung des Studienangebots steht zur Zeit die Umstellung auf das Bachelor/Mastersystem im Vordergrund.

Zusammen mit der Hochbegabtenstiftung der Kreissparkasse Köln bietet die Universität zu Köln seit dem Wintersemester 2000/2001 Schulen die Möglichkeit, entsprechend begabte Schüler der Stufen 11 bis 13 (in besonderen Fällen auch der Klassen 8–10) an Vorlesungen und Übungen in den Fächern Mathematik, Physik, Chemie und Informatik und in ausgewählten Fächern der Philosophischen Fakultät teilnehmen zu lassen. Das Projekt hat sich als so erfolgreich erwiesen, dass es auch an den meisten anderen nordrhein-westfälischen Universitäten eingeführt worden ist.

Internationalisierung

Für die Internationalen Beziehungen der Hochschule (Betreuung ausländischer Studierender und Gastwissenschaftler, Studienmöglichkeiten und Forschungsaufenthalte im Ausland, Hochschulpartnerschaften, internationales Marketing) sind auf universitärer Ebene das Akademische Auslandsamt und auf Ebene der Fakultäten die Zentren für internationale Beziehungen zuständig (zentral-dezentrales Organisationskonzept). Die Bedeutung der Internationalisierung der Hochschule kommt auch durch die 2004 erfolgte Einrichtung der Position „Prorektor für Internationales und Öffentlichkeitsarbeit“ zum Ausdruck. Das Amt wurde erstmals von Barbara Dauner-Lieb bekleidet.

Seit Anfang 2007 (offizielle Einweihung im Mai 2007) betreibt die Universität zu Köln in Peking ein Büro. Das Büro ist beim DAAD im German Center angesiedelt und repräsentiert das Hochschulkonsortium China-NRW (www.china-nrw.de). Die Universität zu Köln hat vom Land NRW die Aufgabe der Koordination der akademischen Kontakte nach China übernommen. Das Büro soll es den Mitgliedern des Konsortiums erleichtern, in China Aktivitäten zu entfalten und Unterstützung vor Ort liefern. Die Universität zu Köln leitet dieses Konsortium.

Anzahl und Anteil ausländischer Studierender/Bildungsausländer

Die Anzahl der ausländischen Studierenden lag im Wintersemester 2005/06 bei 5.216 (ohne Gaststudenten und Studienkollegiaten). Dies entspricht einem Anteil von 11,0 % an der Gesamtzahl der Studierenden. Der Anteil der Bildungsausländerinnen und Bildungsausländer lag im Wintersemester 2005/06 bei ca. 60 %. Die Bildungsausländerinnen und Bildungsausländer stammten aus insgesamt 121 Nationen. Die größten Herkunftsländer waren Bulgarien (10,9 %), Russland (8,8 %), Polen (7,9 %), China (6,3 %) und die Ukraine (6,1 %).

Hochschulpartnerschaften und Netzwerke

Die Universität zu Köln unterhält auf Universitäts- und Fakultätsebene 16 offizielle Hochschulpartnerschaften. Neben den offiziellen Hochschulpartnerschaften bestehen auf Ebene der einzelnen Fakultäten und Fachbereiche bald 300 Kooperationen und Austauschbeziehungen mit renommierten Universitäten auf der ganzen Welt; das Akademische Auslandsamt (AAA) organisiert darüber hinaus einen in der Regel für alle Fächer offenen Studierendenaustausch mit circa 15 Hochschulen.

Umfangreiche Fördermöglichkeiten bestehen jeweils durch das Erasmus-Programm der EU, den DAAD oder Gebührenerlass der Partnerhochschulen (vollständige Liste der Partnerhochschulen im Internetangebot der Universität). Im Jahr 2005 hat die Universität zu Köln die zentrale Vermittlung und Koordination der Beziehungen der nordrhein-westfälischen Hochschulen zu China übernommen.

Auszeichnung für die Betreuung ausländischer Studierender

Die Universität zu Köln wurde 2004 für ihr nach dem Vorbild des Zentrums für Internationale Beziehungen an der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät an der Universität etabliertes zentral-dezentrales Organisationskonzept mit dem Preis des Auswärtigen Amtes für besondere Verdienste um die Betreuung ausländischer Studierender ausgezeichnet.

Humboldt Forschungspreis/AvH-Gastwissenschaftler

Im Jahr 2004 wählten insgesamt zehn der mit dem Humboldt-Forschungspreis der Alexander von Humboldt-Stiftung ausgezeichneten „etablierten“ ausländischen Wissenschaftler die Universität zu Köln für Ihr Forschungsjahr. Von den „jüngeren“ ausländischen Humboldt-Forschungsstipendiaten waren dies 32.

Haushalt und Finanzen

Die Haushaltsausgaben der Universität zu Köln betrugen im Jahr 2007 357,236 Mio. € (2006 344,445 Mio. €) (ohne Universitätsklinikum und Landeszentralmittel). Davon entfielen 204,2 Mio. € auf die Personalausgaben, 85 Mio. € auf die Sachausgaben und 67,9 Mio. € auf den Bereich der Investitionen.[2]

Gleichstellung

Die Universität wurde 2004 für ihre erfolgreiche Gleichstellungspolitik mit dem Total E-Quality-Prädikat ausgezeichnet. Mit dem Prädikat werden sowohl Unternehmen aus der Wirtschaft als auch Hochschulen und Forschungseinrichtungen ausgezeichnet, die sich mit personal- und institutionspolitischen Maßnahmen um die Durchsetzung von Chancengleichheit in ihren Einrichtungen bemühen und dabei auch Erfolge erzielen.

Rankings

Die Kölner Universität zählt regelmäßig zu den TOP 5 in Betriebswirtschaftslehre, Volkswirtschaftslehre und den Rechtswissenschaften und unterhält Forschungskooperationen zu mehreren Großforschungseinrichtungen. Im Ranking „Masters in Management“ (2007) der Financial Times belegte die Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät den 33. Platz (Vj.: 17) unter den 40 (Vj.: 32) führenden europäischen Managementausbildungsstätten; die Community of European Management Schools CEMS, dem die Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät als Gründungsmitglied angehört, belegte den 2. Platz (Vj.: 2).

Nobelpreisträger

  • Kurt Alder – Nobelpreis für Chemie, 1950
  • Peter Grünberg – Nobelpreis für Physik, 2007, arbeitete von 1992 bis 2004 an der Universität und am Forschungszentrum Jülich

Ehrenbürger

Seit 1925 ernennt die Universität Persönlichkeiten, die sich um sie oder um die Forschung besonders verdient gemacht haben, zu Ehrenbürgern der Universität.

Ehrenbürger seit 1925 sind:

  • Konrad Adenauer (1925)
  • Schwester Ignatia (geb. Gräfin Spee) (1925)
  • Paul von Hindenburg (1926)
  • Christian Eckert (1926)
  • Friedrich Moritz (1935)
  • Balbino Giuliano (1938)
  • Anton Waldmann (1938)
  • Viktor Rolff (1938)
  • Heinrich Ritter von Srbik (1938)
  • Karl Haus (1950)
  • Robert Pferdmenges (1955)
  • Josef Kroll (1956)
  • Christine Teusch (1963)
  • Leopold von Wiese und Kaiserswaldau (1965)
  • Theo Burauen (1969)
  • Karl Carstens (1984)
  • Hermann Jahrreiß (1984)
  • Kurt Hansen (1988)

Ehrensenatoren

Neben den Ehrenbürgern ernennt die Universität seit 1933 auch Ehrensenatoren. Bisher kam 44 Personen diese Ehre zuteil, darunter:

  • Eugen Schmalenbach (1953)
  • Ernst Schwering (1956)
  • Max Adenauer (1965)
  • Heinrich Brüning (1965)
  • Hermann Pünder (1967)
  • Friedrich Carl Freiherr von Oppenheim (1975)
  • John van Nes Ziegler (1980)
  • Alfred Freiherr von Oppenheim (2004)
  • Heinrich Haake (1934)

Bekannte Professoren

Die Hochschule beschäftigt zur Zeit über 500 Professoren (davon über 60 Professorinnen). Bekannte Persönlichkeiten, die in Köln gelehrt haben oder noch lehren, sind:

  • Klaus Adolphi (Biologie)
  • Kurt Alder (Chemie), Nobelpreis Chemie 1950
  • Klaus Peter Berger, Bürgerliches Recht, Deutsches und Internationales Wirtschaftsrecht, Bankrecht; erster Rap-Professor
  • Günther Binding (Kunstgeschichte)
  • Günter Blamberger (Germanistik)
  • Roland Bulirsch (Mathematik)
  • Joachim Bumke (Altgermanistik)
  • Christoph Butterwegge (Politikwissenschaften)
  • Karl Carstens (Rechtswissenschaften)
  • Karl Otto Conrady (Germanistik)
  • Max Delbrück (Genetik)
  • Otto Depenheuer (Rechtswissenschaften)
  • Juergen B. Donges (Volkswirtschaftslehre)
  • Walther Dreher (Sonderpädagogik)
  • Johann Eekhoff (Volkswirtschaftslehre)
  • Norbert Finzsch (Geschichtswissenschaft)
  • Barbara Fornefeld (Sonderpädagogik)
  • Martin Göpfert (Biologie)
  • Peter Grünberg (Physik), Nobelpreis Physik 2007
  • Erich Gutenberg (Betriebswirtschaftslehre)
  • Hans Ludwig Hamburger (Mathematik)
  • Herbert Hax (Betriebswirtschaftslehre)
  • Martin Henssler (Rechtswissenschaft)
  • Andreas Hillgruber (Geschichtswissenschaft)
  • Hermann Jahrreiß (Rechtswissenschaften)
  • Gerhard Kegel (Rechtswissenschaften)
  • Hermann Kellenbenz (1913-1990), Wirtschaftshistoriker, 1960-1970 Lehrstuhl für Wirtschaftsgeschichte, Direktor des Rheinisch-Westfälischen Wirtschaftsarchivs
  • René König (Soziologie)
  • Hans Kelsen (Rechtswissenschaft)
  • Johannes Kunisch (Geschichtswissenschaft)
  • Joachim Lang (Steuerrecht)
  • Karl Lauterbach (Gesundheitsökonomie)
  • Karl-Heinz Lauterjung (Physik)
  • Erich Meuthen (Geschichtswissenschaft)
  • Alex Meyer (Rechtswissenschaften, insb. Luftrecht)
  • Peter Mittelstaedt (Physik)
  • Renate Möhrmann (Theater-, Film- und Fernsehwissenschaft)
  • Alfred Müller-Armack (Volkswirtschaftslehre)
  • Thomas Mussweiler (Psychologie)
  • Hans Carl Nipperdey (Rechtswissenschaften)
  • Axel Ockenfels (Volkswirtschaftslehre)
  • Ion N. Petrovici (Medizin)
  • Veronika Petrovici (Medizin)
  • Holger Pfaff (Medizinische Soziologie)
  • Helmuth Plessner (Philosophie)
  • Beatrice Primus (Germanistik)
  • Hans-Jürgen Sasse (Allgemeine Sprachwissenschaft)
  • Wilhelm Salber (Psychologie)
  • Werner Scheid (Neurologie)
  • Max Scheler (Philosophie und Soziologie)
  • Erwin K. Scheuch (Soziologie)
  • Theodor Schieder (Geschichtswissenschaft)
  • Eugen Schmalenbach (Betriebswirtschaftslehre)
  • Hans Karl Schneider (Volkswirtschaftslehre)
  • Josef Schrudde (Medizin)
  • Frank Schulz-Nieswandt (Sozialpolitik)
  • Heinrich von Stackelberg (Volkswirtschaftslehre)
  • Klaus Stern (Rechtswissenschaften)
  • Joseph Straub (Botanik)
  • Klaus Tipke (Steuerrecht)
  • Gerhard Uhlenbruck (Medizin, Immunologie, Immun- und Sporttherapie) und Aphoristiker
  • Franziska Völckner (Marketing; jüngste habil. BWL-Professorin in Deutschland)
  • Thomas von Danwitz (Rechtswissenschaften)
  • Axel Weber (Volkswirtschaftslehre)
  • Andreas Wesch (Romanistik)
  • Carl Christian von Weizsäcker (Volkswirtschaftslehre)
  • Johannes Zittartz (Physik)
  • Michael Zeuske (Geschichtswissenschaft)

Bekannte Absolventen

  • Manuel Andrack (* 1965), Redakteur, Moderator und Autor
  • Gerhart Baum (* 1932), Rechtsanwalt und ehemaliger Bundesinnenminister (FDP)
  • Mark Benecke (* 1970), Kriminalbiologe und Autor
  • Klaus vom Bruch (* 1952), Künstler
  • Wolfgang Bosbach (* 1952), deutscher Politiker (CDU)
  • Peter Grünberg (* 1939), Nobelpreis für Physik (2007)
  • Marion von Haaren (* 1957), Fernsehjournalistin
  • Britta Heidemann (* 1982), Olympiasiegerin im Fechten
  • Jan Hofer (* 1952), Fernsehjournalist
  • Klaus Laepple (* 1939), Tourismusfunktionär
  • Hera Lind (* 1957), Schriftstellerin
  • Karolos Papoulias (* 1929), griechischer Staatspräsident
  • Richard David Precht (* 1964), Philosoph, Schriftsteller und Publizist
  • Michael Radtke (* 1946), Journalist, Schriftsteller und Drehbuchautor
  • Fritz Schramma (* 1947), ehem. Oberbürgermeister von Köln
  • Hans Sennholz (1922–2007), deutscher Ökonom und US-Hochschullehrer, bedeutender Vertreter der Österreichischen Schule der Volkswirtschaftslehre
  • Marietta Slomka (* 1969), Fernsehjournalistin
  • Ulrich Walter (* 1954), Astronaut und Professor für Raumfahrttechnik
  • Anne Will (* 1966), Fernsehjournalistin
  • Alfred Herrhausen (1930–1989), ehemaliger Vorstandssprecher der Deutschen Bank
  • Wolfgang Grupp (* 1942), deutscher Unternehmer (Trigema)
  • Heinrich Freiherr von Stackelberg (1905–1946), deutscher Ökonom

Gründer

  • Mittelalterliche Universität (1388): Rat der Reichsstadt Köln mit Genehmigung durch Papst Urban VI.[7]
  • Moderne Universität (1919): Rat der Stadt Köln unter Konrad Adenauer mit Genehmigung durch die preußische Regierung

Kunstwerke

  • Skulptur Albertus Magnus von Gerhard Marcks aus dem Jahre 1956, zu finden auf dem Albertus-Magnus-Platz vor dem Haupteingang. 1965 erfolgte ein Zweitguss für die Universität Bogota, ein 3. Abguss 1970 für die University of Texas in Houston, Texas, und schließlich auf Veranlassung von Tochter Brigitte Marcks-Geck – alle aus der Werkstatt der Kunstgießerei Schmäke, Düsseldorf – 1996 ein Abguss für die Friedrich-Schiller-Universität Jena, da Marcks lange Jahre enge Beziehungen zu Thüringen hatte.
  • Skulptur Hercules von Émile-Antoine Bourdelle, zu finden im mittleren Innenhof der WiSo-Fakultät.
  • Stele von Ulrich Rückriem, 2004, zu finden auf dem westlichen Teil des Albertus-Magnus-Platzes, vor dem Philosophikum.
  • Porträt Max Scheler von Otto Dix, 1926
  • Backstein-Relief Hermes in der Fassade des von Wilhelm Riphahn geplanten und gebauten Gebäudes der WiSo-Fakultät, 1959

Museen und Sammlungen

  • GeoMuseum: Einziges naturkundliches Museum in Köln. Minerale, Edelsteine, Meteoriten, Fossilien etc. Geöffnet mittwochs 14–20 Uhr und jeden letzten Sonntag im Monat 14–17 Uhr, Zülpicher Str. 49 b
  • Theaterwissenschaftliche Sammlung in Schloss Wahn: Bilder und Texte zum europäischen Theater vom 16. Jahrhundert an, unter anderem der Nachlass von Karl Valentin. Besichtigung der archivierten Materialien nur nach (begründeter) Voranmeldung. Bibliothek öffentlich. Burgstr. 2, Köln-Porz/Wahn.
  • Musikinstrumentensammlung des Musikwissenschaftlichen Instituts: Über 80 Exponate aus Europa und Übersee. Besichtigung nach Vereinbarung.
  • Ägyptische Sammlung: Papyri, Ostraka (Schriftscherben) und Pergamente, Keramiken und Kleinplastiken. Besichtigung nach Vereinbarung, Meister-Ekkehart-Str. 7, Institut für Ägyptologie.
  • Prähistorische Sammlung (Studiensammlung): Artefakte aus sämtlichen Perioden der Ur- und Frühgeschichte auch von ausländischen Fundstätten, vom Faustkeil des Neandertalers bis zum Bronzeschwert und zu Eisenwaffen des frühen Mittelalters. Besichtigung nach Vereinbarung, Weyertal 125, Institut für Ur- und Frühgeschichte.
  • Papyrussammlung des Instituts für Altertumskunde: eine der weltweit größten Sammlungen. Nach Vereinbarung sind Gruppenführungen möglich. Uni-Hauptgebäude.
  • Barbarastollen: Unter der Aula, Hauptgebäude, wurde als Teil eines Museums für Handel und Industrie 1932 ein Bergwerksstollen aufgebaut, der nach Vereinbarung über das Institut für Arbeitsmedizin in Gruppen zu besichtigen ist.

Literatur

Universitätsgeschichte

  • Erich Meuthen: Kölner Universitätsgeschichte, Band I: Die alte Universität. Köln [u.a.]: Böhlau 1988. ISBN 3-412-06287-1.
  • Bernd Heimbüchel & Klaus Pabst: Kölner Universitätsgeschichte, Band II: Das 19. und 20. Jahrhundert. Köln [u.a.]: Böhlau 1988. ISBN 3-412-01588-1.
  • Erich Meuthen (Hrsg.): Kölner Universitätsgeschichte, Band III: Die neue Universität: Daten und Fakten. Köln [u.a.]: Böhlau 1988. ISBN 3-412-01688-8.
  • Ernst Heinen: Bildnerhochschule und Wissenschaftsanspruch. Lehrerbildung in Köln 1946–1965 (Studien zur Geschichte der Universität zu Köln Band 16). Böhlau, Köln [u.a.] 2003. Rezension von Leo Haupts. In: Geschichte in Köln. Zeitschrift für Stadt- und Regionalgeschichte. Band 53. Dezember 2006. S. 212–214: Buchbesprechungen.
  • Willehad Paul Eckert: Kleine Geschichte der Universität Köln, Bachem Köln 1961
  • Anna-Dorothee v. den Brincken: Stadt und Hochschule: Papst Urban IV. bestätigt 1388 die Kölner Universitätsgründung, in: Quellen zur Geschichte der Stadt Köln, Band I., S. 307-312, Köln Bachem 1999

Einzelnachweise

  1. ↑ a b c uni-köln.de: http://www.xxx abgerufen am 23. Dezember 2009.
  2. ↑ a b c d uni-köln.de: Zahlen, Daten, Fakten (PDF-Datei, 32 kB; HTML-Seite).
  3. ↑ Gründungsurkunde in: v. den Brincken, Stadt und Hochschule, Quellen der Stadt Köln Bd. 1, S.308/309
  4. ↑ v. den Brincken, a.a.O.
  5. ↑ Willehad Paul Eckert: Kleine Geschichte der Universität Köln, Bachem Köln 1961, S. 35f.
  6. ↑ Eckert: Kleine Geschichte der Universität Köln, a.a.O., S. 50ff.
  7. ↑ v. den Brincken, a.a.O.

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Kurköln  -  Kurfürstentum Köln

Kurköln (auch: Erzstift und Kurfürstentum Köln) war eines der ursprünglich sieben Kurfürstentümer des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Es bildete den weltlichen Herrschaftsbereich der Erzbischöfe von Köln und ist von deren sehr viel größerem Erzbistum zu unterscheiden, zu dem mehrere Suffraganbistümer und weitere Gebiete gehörten, die nur der geistlichen, nicht aber der staatlichen Gewalt des Erzbischofs unterstanden.

Das Kurfürstentum existierte von der Mitte des 10. Jahrhunderts bis zum Reichsdeputationshauptschluss im Jahr 1803 und gehörte von 1512 an zum Kurrheinischen Reichskreis. Seine Kerngebiete lagen links des Rheins zwischen Andernach und Rheinberg. Das nordöstlich gelegene Vest Recklinghausen bildete eine kurkölnische Exklave. Ebenfalls zum Kurfürstentum gehörte das Herzogtum Westfalen mit dem Schwerpunkt im Sauerland, das aber in erheblichem Maße Selbstverwaltungsrechte und andere Privilegien bewahren konnte.

Kurköln grenzte an die Herzogtümer Berg, Jülich, Geldern und Kleve. Seine Haupt- und Residenzstadt war seit 1597 Bonn. Weitere wichtige Verwaltungszentren waren Neuss, Ahrweiler und Andernach.

Geschichte

Entstehung von Bistum und Erzstift

Schon vor dem Jahr 313 war das römische Köln Sitz eines Bistums. Nach der Eroberung durch die Franken um 450 wurde es zum Erzbistum erhoben. Ihm unterstanden die Suffraganbistümer Lüttich, Münster, Osnabrück und Minden sowie bis 834 Hamburg-Bremen und bis 1559 Utrecht.

Um die alten Römerstädte im Rheinland – darunter Bonn, Köln, Jülich, Neuss und Xanten – hatten die Erzbischöfe bereits früh weltliche Güter und Grundherrschaften erworben. Später kamen Besitzungen in Westfalen hinzu, mit Schwerpunkten um Soest, Medebach und Attendorn. Viele alte Besitzungen wurden für die Ausstattung von Klöstern und Stiften abgegeben oder ging im 11. Jahrhundert nach ihrer Vergabe als Lehen verloren.

Die allmähliche Herausbildung der weltlichen Besitztümer und Rechte des Erzbistums zum Kurstaat hängt eng mit der des ottonisch-salischen Reichskirchensystems zusammen: Nach Aufständen mehrerer Herzöge, darunter zwei seiner eigenen Brüder, übertrug Otto der Große 953 seinem Bruder Brun die Stadt und das Erzbistum Köln zusammen mit dem Herzogtum Lothringen. Ein Teil dieses Herzogtums, ein etwa 25 Kilometer tiefer Streifen am linken Rheinufer, der von Rolandseck im Süden bis Rheinberg im Norden reichte, blieb den Nachfolgern Bruns als weltlicher Besitz, in dem sie die Landeshoheit ausübten. Ihre Stellung als wichtige Stützen des Reichs und der Reichskirche nutzten sie, um sich gegenüber anderen rheinischen und westfälischen Machthabern wie den lothringischen Pfalzgrafen oder den Grafen von Werl zu behaupten.[1]

Hohes Mittelalter

Nach dem Tod Heinrichs III. und als Folge der Unsicherheit des Investiturstreits begannen die Erzbischöfe einen weltlichen Herrschaftsbereich aufzubauen und konkurrierende Interessen zurück zu drängen. Unter Anno II. wurden die eigentlichen Grundlagen des späteren Kurstaates gelegt. In dieser Zeit wurden die Macht der Ezzonen beschnitten und ihnen Siegburg genommen. Erweitert wurde das Kerngebiet 1067 durch das Reichsgut um Andernach, später um Deutz, Godesberg, Amt Altenwied mit Linz am Rhein, und die Grafschaft Liedberg. Im Jahr 1075 kamen auch Aspel und Rees am rechten Niederrhein hinzu. Ansätze zu einer festeren kölnischen Herrschaft im südlichen Westfalen gehen auf die Zeit von Friedrich I. von Schwarzenburg zurück, dem es gelang den Grafen von Arnsberg erhebliche Rechte zu entreißen.

Dieses Territorium wurde unter Erzbischof Philipp I. von Heinsberg noch einmal mehr stark vergrößert. Die Erzbischöfe stiegen in dieser Zeit zur stärksten regionalen Macht auf.[1]

Im Rheinland wurde den Erzbischöfen 1151 endgültig die ripuarische (rheinische) Herzogswürde verliehen, die sie zur weiteren Bekräftigung ihrer Machtstellung nutzten.[2]Kaiser Friedrich I. Barbarossa verlieh dem Bischof 1180 mit der Gelnhäuser Urkunde für seine Loyalität im Kampf gegen Herzog Heinrich den Löwen das Herzogtum Westfalen und Engern. Dazu kam um 1230 das Vest Recklinghausen. Allerdings gelang es den Kurfürsten von Köln nicht, die beiden getrennten rheinischen und westfälischen Landesteile zu einem geschlossenen Territorium zu vereinigen.

Erzbischof Konrad von Hochstaden erweiterte das Erzstift nach Süden, in dem er ihm die Besitzungen seiner eigenen Familie hinzufügte, die mit ihm ausstarb. Unter ihm erreichte Kurköln seine größte Machtfülle. Da er sich früh gegen Kaiser Friedrich II. gestellt und auf die Seite des Papstes geschlagen hatte, erlangte der Erzbischof dessen besonderes Vertrauen. Der erklärte ihn und seine Nachfolger zu apostolischen Legaten qua Amt. Hochstaden galt als Königsmacher, eine Machtstellung, die seine Nachfolger jedoch nicht behaupten konnten.

Im Limburger Erbfolgestreit unterlag Erzbischof Siegfried von Westerburg 1288 in der Schlacht von Worringen einem Bündnis des Herzogs von Brabant, der Grafen von Jülich, Kleve und Berg sowie der Bürgerschaft von Köln und verlor die Herrschaft über seine eigene Bischofsstadt. Köln selbst gehörte damit nicht mehr zum Kurstaat, sondern galt fortan als Freie Reichsstadt mit Sitz und Stimme im Reichstag. Schon Erzbischof Engelbert II. von Falkenburg hatte die Stadt Köln verlassen. Seine Nachfolger residierten von 1597 bis zum Ende des Kurstaats hauptsächlich in Bonn.

Im 12. Jahrhundert war der weltliche Herrschaftsbereich des Erzbischofs zwar ein damals beachtliche Machtbereich, aber er war noch ein vorterritoriales Gebilde, ohne feste Grenzen. Es definierte sich im Wesentlichen noch über die Ausübung herrschaftlicher Rechte. Der Beginn zur Ausbildung einer festen Landesherrschaft setzte in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts ein. Zu dieser Zeit kam erstmals auch die Bezeichnung Stift für das erzbischöfliche Herrschaftsgebiet auf. Von großer Bedeutung für die Durchsetzung einer territorialen Herrschaft waren die Städte und die Burgen des Erzbischofs. Auch die verschiedenen Rheinzölle spielten für die Durchsetzung der Landesherrschaft eine wichtige Rolle.[3]

Spätes Mittelalter

Im Jahr 1368 erwarb Kurköln die Grafschaft Arnsberg im Sauerland. Dieses Gebiet wurde zum territorialen Kern des Herzogtums Westfalen. Die Stadt Arnsberg wurde Sitz des Landdrosten als Vertreter des Landesherren, (Neben-)Residenz des Kurfürsten und Tagungsort des Landtags für das Herzogtum. Massive Versuche auch das benachbarte Bistum Paderborn einzuverleiben scheiterten.

Im Rheinland reichte das Stift im späten Mittelalter von Rheinsberg im Norden bis nach Andernach im Süden, von Nürburg im Westen bis nach Altenried im Osten. Unterteilt war es in das Oberstift nördlich von Köln und das Unterstift südlich von Köln.[4] 1314 erwarb der Kurstuhl die Köln benachbarte Grafschaft Hülchrath, mit der in den rheinischen Gebieten die territoriale Lücke zwischen dem Ober- und dem Niederstift geschlossen wurde, und gleichfalls im 14. Jahrhundert das Land Linn bei Krefeld.

Zur Zeit von Walram von Jülich fällt zwischen 1332 bis 1349 die systematische Einführung der Ämterverfassung. Wilhelm von Gennep und Friedrich III. von Saarwerden haben die Verwaltungsorganisation vollendet. Auf lokaler Ebene wurden Amtskellner zuständig für die Einnahme der Steuern eingesetzt. Richter und Vögte waren den Amtmännern für den Bereich der Justiz beigeordnet.[4]

Die überspannte Machtpolitik Erzbischof Dietrichs II. von Moers hatte nachhaltige Folgen. In der Soester Fehde von 1444 bis 1449 verlor der Kurstaat die Herrschaft über Soest und Xanten an die Grafschaft Kleve. Das Streben nach einem geschlossenen Territoriums und eine verfehlte Wirtschaftspolitik führten seit der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts zunehmend zum Ruin und damit zeitweise zur politische Handlungsunfähigkeit Kurkölns. Zwar gab es noch kleinere territoriale Erwerbungen, insgesamt aber war die territoriale Entwicklung seit Mitte des 15. Jahrhunderts abgeschlossen. Kurköln bestand aus einem etwa 100 km langen und 25 km breiten Landstreifen am Rhein, der das eigentliche Kurfürstentum bildete, sowie aus dem Herzogtum Westfalen und dem Vest Recklinghausen.

Die hohe Verschuldung des Erzstifts durch Dietrich von Moers führten dazu, dass die Landstände im rheinischen und westfälischen Teil des Kurstaates 1463 Erblandesvereinigungen erzwangen. Diese bildeten eine der zentralen Grundgesetze des Landes bis zu seinem Ende. Jeder neue Erzbischof hatte bei seiner Wahl die Bestimmungen zu beschwören. Sie schrieben unter anderem die Beteiligung des Domkapitels und der übrigen Landstände an zentralen politischen Entscheidungen, wie die Erklärung von Kriegen und die Bewilligung von Steuern fest.

Als erster hat Ruprecht von der Pfalz die Erblandesvereinigungen beschworen, sich bald aber nicht mehr dran gehalten. Als er das an das Domkapitel verpfändete Zons besetzten ließ, beanspruchten die Stände das in der Erblandesvereinigung verbriefte Widerstandsrecht für sich und bestimmten Hermann von Hessen als Stiftsverweser. Beide Seiten hatten Unterstützer innerhalb des Staates und von außen. Die Hessen unterstützen Hermann, Karl der Kühne stand auf Seiten von Ruprecht. Es kam zur Kölner Stiftsfehde in deren Verlauf es zur langen Belagerung von Neuss kam. Nach der Gefangennahme durch hessische Truppen hat Rupprecht sein Amt aufgegeben.[5]

Frühe Neuzeit

Reformation und Gegenreformation

Unter Hermann V. von Wied kam es in den 1540er Jahren zum Versuch im Kurstaat die Reformation einzuführen (Kölner Reformation). Er traf dabei auf Widerstand insbesondere aus Reihen des Domkapitels und der Kölner Universität, aber fand auch Unterstützung durch Grafen, Städte und Ritterschaft auf dem Landtag von 1543. In Städten wie Bonn, Neuss, Kempen und Kaiserwerth wurde die reformatorische Predigt eingeführt. Insbesondere die Niederlage der protestantischen Fürsten im Schmalkaldischen Krieg und damit die fehlenden Unterstützung von außen führten zum Scheitern und zum Amtsverzicht Hermanns.

Auch nach dem Scheitern von konnten sich im kurkölner Herrschaftsbereich Ansätze evangelischer Gemeinden halten. Adolf III. von Schaumburg versuchte mit mäßigen Erfolg dem durch Ansätze von Kirchenreformen (Provinzialsynode, Visitiationen usw.) und Bekämpfung des Protestantismus entgegen zu wirken. In Städten wie Bonn, Kempen und Neuss und einigen Unterherrschaften konnte sich evangelisches Leben gestützt auf die lokalen Herrschaftsträger sogar stabilisieren. Die folgenden Kurfürsten taten wenig, um den Protestantismus zurück zu drängen. Unter Salentin von Isenburg kam es zu einer Visitation, die zusätzlich zu den protestantisch gewordenen Gemeinden und Herrschaft in 40 von 180 Pfarreien lutherische, Calvinistische oder täuferische Spuren feststellte. Allerdings war nur eine kleine Minderheit der Pfarrer klar protestantisch.[6]

Unter Gebhard I. von Waldburg kam es in den 1580er Jahren noch einmal zu einem Versuch das Erzstift in eine weltliches Fürstentum umzuwandeln und die Reformation einzuführen. An seiner Stelle wurde Ernst von Bayern vom Domkapitel zum neuen Erzbischof und Landesherren gewählt. Gebhardt leistete Widerstand und wurde im Kölnischen Krieg besiegt. Nach dem Sieg von Ernst von Bayern setzten sofort gegenreformatorische Maßnahmen ein. Nur in wenigen Gemeinden konnte sich die Reformation behaupten.[6]

Seit Ernst von Bayern wurde das Kurfürstentum zwischen 1583 und 1761 durchgehend von Erzbischöfen aus dem bayerischen Haus Wittelsbach regiert. Dieses konnte so seinen politischen Einfluss im Nordwesten des Reiches erweitern. Zudem verfügte die Familie damit über einen Sitz im Kurfürstenkollegium. In kirchenpolitischer Hinsicht kam es im wesentlichen erst unter Ferdinand von Bayern zu kirchlichen Reformen. Er hat insbesondere die Jesuiten, aber auch Kapuziner und andere Orden gefördert. Seit 1584 war Köln einer päpstlichen Nuntiatur, die zu einem wichtigen Motor der Gegenreform und Kirchenreform wurde.[7] Zur Zeit Ferdinands war Kurköln insbesondere zwischen 1626 und 1631 eines der Zentren der Hexenverfolgung.[8]

Entwicklung im 17./18. Jahrhundert

Als Sekundogenitur der Wittelsbacher unterstützte Kurköln in der Regel die meist pro-französische und anti-habsburgische Politik der Herzöge und Kurfürsten von Bayern. Insbesondere Maximilian Heinrich von Bayern richtete seine Politik auf Frankreich und gegen das Reich aus. Er verbündete sich 1671 mit Ludwig XVI. und nahm am Krieg gegen die Niederlande teil. Dieses Politik führte zu einer starken Belastung des Staates. Gleichzeitig trieb Max Heinrich auch die kirchliche Reformpolitik voran.

In die Zeit der wittelsbachischen Sekundogenitur fällt im Wesentlich auch die Modernisierung der staatlichen Spitze mit absolutistischen Tendenzen. Erst unter Ferdinand von Bayern kam es unter Umgehung der Erblandesvereinigung im 17. Jahrhundert zur Einführung eines ständigen Hofrates an dem auch das Domkapitel beteiligt wurde. Außerdem hat er einen geheimen Rat gegründet, der ausschließlich dem Kurfürsten verantwortlich war und sich zum eigentlichen zentralen Regierungsgremium entwickelte.

Außenpolitisch war das 18. Jahrhundert von wechselnden Bündnissen geprägt. Dabei spielten nicht zuletzt die Höhe der Subsidien eine Rolle. In wirtschaftlicher Hinsicht, blieb die Entwicklung begrenzt. Dagegen entfalteten die Kurfürsten eine prächtige Hofhaltung. In die Zeit von Joseph Clemens von Bayern fiel im Rahmen des pfälzischen Krieges die Zerstörung von Bonn. Er hat 1701 die Seiten gewechselt und sich mit Ludwig XVI. verbündet. Vom Reich geächtet, musste er ins französische Exil gehen. Nach der Rückkehr 1715 hat er den Wiederaufbau Bonn und der kurfürstlichen Schlösser planen lassen, erlebte aber nicht mehr deren Vollendung. Sein Nachfolger Clemens August I. von Bayern hat oftmals die Bündnisse gewechselt. Er hat prachtvolle Schlösser und Gärten errichten lassen. Insgesamt aber hat er die Einkünfte auch für eine übertriebene Hofhaltung, für Jagden verschwendet. Mit Maximilian Friedrich von Königsegg-Rothenfels endete die Zeit der bayerischen Prinzen als Kurfürsten. Der neue Kurfürst hat eine energische Sparpolitik betrieben und 1777 die Akademie Bonn, seit 1784 Universität, gegründet. Unter Maximilian Franz von Österreich kam es im Sinn der katholischen Aufklärung zu zahlreichen Reformen in fast allen Politikbereichen aber insbesondere im Bildungswesen. Die Universität in Bonn wurde ausgebaut, die Schulbildung und Lehrerausbildung verbessert.[9]

Das Ende des Kurstaats

Im Frieden von Lunéville wurden 1801 alle linksrheinischen Gebiete Kurkölns an das napoleonische Frankreich abgetreten. Die rechtsrheinischen Territorien wurden als Folge des Reichsdeputationshauptschlusses 1803 säkularisiert und auf die Herzogtümer Nassau und Hessen-Darmstadt sowie auf die Grafschaft Wied-Runkel aufgeteilt. Damit endete die Geschichte Kurkölns drei Jahre bevor auch das Reich 1806 zu bestehen aufhörte.

Bis auf die nassauischen Gebiete fiel das gesamte Territorium des früheren Kurstaats auf dem Wiener Kongress 1815 an Preußen. Sie gehörten zunächst zur Provinz Jülich-Kleve-Berg und ab 1822 zur Rheinprovinz. Das ehemalige Herzogtum Westfalen und das Vest Recklinghausen gehörten dagegen zur Provinz Westfalen. Seit 1946 gehören die Gebiete des Kurfürstentums Köln zum Teil zum Bundesland Nordrhein-Westfalen und zum Teil zu Rheinland-Pfalz.

Institutionen

Kurfürst und Hofhaltung

Bereits seit 1028 stand dem Erzbischof von Köln das Recht der Königskrönung zu, da die damalige Krönungsstadt Aachen in seiner Erzdiözese lag. Seit 1031 war er zudem Erzkanzler für Reichsitalien. Zusammen mit den beiden rheinischen Erzbischöfen von Trier und Mainz sowie mit dem Pfalzgrafen bei Rhein, dem Markgrafen von Brandenburg, dem Herzog von Sachsen und dem König von Böhmen bildeten sie das ursprünglich siebenköpfige Kurfürstenkollegium. Dieses hatte seit dem 13. Jahrhundert das alleinige Recht zur Wahl des deutschen Königs.

Der Kölner Erzbischof wurde vom Domkapitel gewählt. Zur Erlangung aller bischöflichen und weltlichen Rechte bedurfte es aber der päpstlichen Bestätigung und der Belehnung mit den weltlichen Regalien durch den Kaiser. Insbesondere seit der Goldenen Bulle Karl IV. von 1365 hatten die Kurfürsten bedeutende Vorrechte gegenüber anderen Fürsten. Darunter war auch die uneingeschränkte Gerichtshoheit. Mit dem Ende des dreißigjährigen Krieges hatten sie als Reichsfürsten das Recht äußere Bündnisse einzugehen, auch ihre inneren Unabhängigkeit vom Kaiser wurde noch einmal gestärkt. Im Inneren wurden die landesherrlichen Rechte jedoch erheblich von den Ständen, insbesondere vom Domkapitel, eingeschränkt. Bezeichnend war, dass der Kurfürst für die Einberufung eines Landtages der Zustimmung des Domkapitels bedurfte, umgekehrt konnte dieses notfalls ohne Zustimmung des Landesherren eine solche Versammlung einberufen. Trotz Verbots durch Innozenz XII. im Jahr 1695 hatten die Erzbischöfe bei ihrer Wahl dem Domkapitel in einer Wahlkapitulation dessen alten Vorrechten garantieren müssen. [10] Den Ständen insgesamt musste er durch die Beschwörung der Erblandesvereinigung von 1463 beziehungsweise 1590 Mitsprache in zentralen Bereichen wie der Erklärung von Kriegen oder der Erhebung von Steuern einräumen. Selbst grundlegende Veränderungen der Religion etwa die Einführung der Reformation bedurfte der Zustimmung der Stände.

Trotz dieser faktischen Machtbeschränkung existierte in der frühen Neuzeit ein großer Hofstaat, der unter Joseph Clemens von Bayern nach dem Vorbild absolutistischer Staaten insbesondere des französischen Hofes in Versailles umgestaltet wurde. Zur Zeit von Clemens August I. von Bayern erhielt er seine bis zum Ende des Kurstaates weitgehend gültige Gestalt. Gleichzeitig wurde die Hofhaltung von den Regierungsbehörden stärker geschieden. An der Spitze des Hofes stand der Obrist-Landhofmeister. Unter ihm gab es mehrere Stäbe. Die alten aus dem Mittelalter stammenden Hofämter hatten nur noch repräsentative Funktionen und waren in hochadeligen Familien erblich. Der Bonner Hof war im 18. Jahrhundert der wohl prachtvollste in ganz West- und Norddeutschland. Allerdings standen die Kosten in keinem Verhältnis zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Staates. Die Kurfürsten waren nicht selten zur Finanzierung auf Subsidien auswärtiger Mächte angewiesen, die dafür meist politische Gegenleistungen einfordern konnten. Unter Maximilian Friedrich von Königsegg-Rothenfels und Maximilian Franz von Österreich wurden trotz des Festhaltens an der Grundstruktur des Hofes zahlreiche Einsparungen vorgenommen.[11]

Domkapitell

Im Kurfürstentum Köln bildete das Domkapitel als 1. Stand das höchste Leitungsgremium des Bistums und des Erzstifts unter dem Erzbischof. Nach dessen Tod einen Nachfolger zu wählen war seine wichtigste Befugnis. Bis zum Ausgang des Mittelalters bestand es aus 72 Mitgliedern, von denen jedoch nur 24 wahlberechtigte Kapitulare waren. Später sank ihre Zahl auf 24 wahlberechtigte Kanoniker und 24 Domizellare. Papst und Kaiser besaßen zudem noch ein Ehrenkanonikat, das ihnen eine Mitsprache bei der Neubesetzung des Bischofsamtes ermöglichte.

Das Kapitel teilte sich in 16 Domgrafen (oder Domherren) und 8 Priesterherren auf. Nur Domgrafen durften die Ämter des Dompropstes, des Domdechanten, des Vizedechanten, des Chorbischofs, des Scholasters, des Diakonus senior und des Diakonus junior bekleiden. Um in das Domkapitel aufgenommen zu werden, mussten sie 16 regierende adlige Vorfahren väterlicher- und mütterlicherseits aufweisen und die Subdiakonenweihe empfangen haben. Lediglich der Domdechant, der das Kapitel leitete, musste die Priesterweihe erhalten haben. Da die meisten Domherren mehrere Kanonikate in unterschiedlichen Bistümern besaßen, residierten nur wenige tatsächlich in Köln. Im 17. und 18. Jahrhundert kamen zudem viele Domgrafen aus schwäbischen Familien, so dass das Kapitel von Landfremden beherrscht wurde.

Seit 1218/19 stieg die Zahl der ebenfalls wahlberechtigten Priesterherren auf 7, später auf 8 an. Neben der Priesterweihe mussten sie spätestens seit dem 15. Jahrhundert einen akademischen Grad in Theologie oder Jurisprudenz vorweisen. Da sie für gewöhnlich alle an der Domkirche residierten, waren sie den Domgrafen an Zahl meist überlegen, so dass sie das eigentliche politische Willenszentrum des Kapitels darstellten. Im Gegensatz zu den Domgrafen entstammten die Priesterherren stets der Stadt Köln oder ihrem Umland. Da mehrere Kanonikate der Universität Köln inkorporiert worden waren, vergab sie diese zur Besoldung an ihre Professoren.

Das Domkapitel ergänzte sich im Wesentlichen durch Kooptation. Der Erzbischof hatte auf die Zusammensetzung kaum Einfluss. Bei allen Spannungen zwischen Kurfürst und Domkapitel bekleideten die Domherren oft auch wichtige weltliche Ämter im Kurstaat.[10]

Nach der Säkularisation wurde das Domkapitel auf 16 Stellen und zwei Dignitäten - Dompropst und Domdechant - beschränkt. Von diesen sind bis heute vier als nichtresidierende Domherren an der Domkirche tätig.

Premierminister

Der "Premierminister" oder "Erste Minister" war der leitende Minister Kurkölns. Das Amt wurde im 17. Jahrhundert geschaffen, da sich die Erzbischöfe meist nicht selbst um die Politik kümmerten. So war der Premierminister der eigentliche Regent. Erst unter dem dem letzten Kurfürsten, Maximilian Franz von Österreich, der selbst die Regierungsgeschäfte wahrnahm, war das Amt nur noch ein nominelles. Der Premierminister wurde vom Erzbischof frei eingesetzt und bekleidete zumeist auch das oberste Amt am Hof, das des Obristlandhofmeisters.

  • 1650–1682: Franz Egon Graf von Fürstenberg
  • 1682–1688: Wilhelm Egon Graf von Fürstenberg
  • 1688–1719: Johann Friedrich Karg von Bebenburg
  • 1723–1733: Ferdinand von Plettenberg
  • 1733–1750: Ferdinand Leopold von Hohenzollern-Sigmaringen
  • 1751–1755: Hermann Werner von der Asseburg
  • 1756–1766: Franz Christoph Anton von Hohenzollern-Sigmaringen
  • 1766–1784: Caspar Anton von Belderbusch
  • 1784–1785: Carl Otto Ludwig Theodat von und zu Gymnich

Räte

Wie in anderen Ländern des Reiches, so oblag auch in Kurköln die eigentliche Landesverwaltung in der frühen Neuzeit verschiedenen Rats-Kollegien. Da ihre Aufgabenverteilung nie eindeutig von einander abgegrenzt wurde, kam es immer wieder zu Überschneidungen und Streitigkeiten zwischen den einzelnen Gremien. Deren Mitglieder, die Räte, waren heutigen Staatssekretären vergleichbar. Man unterschied dabei zwischen wirklichen Räten, die sich tatsächlich mit der Politik des Landes befassten und den "normalen" Räten, welche ihren Titel ehrenhalber trugen und oftmals gegen Bezahlung erhalten hatten. Die verschiedenen Kollegien waren:

  • das Geheime-Rats-Kollegium, das von einem Geheimen Ratskanzler und bei dessen Abwesenheit vom ältesten Geheimrat geleitet wurde;
  • das Geistliche-Rats-Kollegium mit einer eigene Kanzlei, das von einem Präsidenten geleitet wurde und dessen Verwaltung ein Direktor vorstand;
  • das Hofrats-Kollegium, das aus zwei Verwaltungssträngen bestand, denen beiden der Hofratspräsident vorstand. Während die Hofräte und die Hofratskanzlei durch einen Direktor geleitet wurden, stand die Leitung des Hohen Weltlichen Schöffengerichts zu Bonn dem dortigen Obervogt zu;
  • das Hofkammer-Rats-Kollegium, das ebenfalls zwei Stränge umfasste, denen beiden ein Präsident vorstand. Während Hofkammerräte und Hofkammerkanzlei zur den Direktor der Hofkammer geleitet wurden, unterstand die "Münze" dem Landrentmeister;
  • das Kriegs-Rats-Kollegium. Unter einem Präsidenten stehend, wurden Kriegsräte und Kriegsratskanzlei durch einen Direktor geleitet.

Der Landtag

Bis zur Auflösung des Kurstaates bildeten die 3 jährlichen Landtage im Erzstift, dem Herzogtum Westphalen und dem Vest Recklinghausen die Ständevertretung. Sie waren von einander unabhängig und tagten jeweils für sich. Der wichtigste von ihnen war der Landtag des Erzstiftes, welcher für gewöhnlich im Bonner Minoritenkloster tagte. Er bewilligte dem Kurfürsten die Erhebung der jeweiligen Steuern und wurde von den Landständen von Westfalen und Recklinghausen als passiven Zuhörern besucht.

Im ausgehenden Mittelalter bildeten sich im eigentlichen Erzstift vier Landstände: Domkapitel, Grafen, Ritter und Städte.

  1. Stand: Das Domkapitel, welches 4 seiner Mitglieder in den Landtag entsandte.
  2. Stand: Die Inhaber eines Rittersitzes, welche seit wenigstens vier Generationen dem reichsunmittelbaren Adel angehörten. Sie wurden auch Grafenstand genannt.
  3. Stand: Die Inhaber wenigstens einer der 227 Rittersitze des Erzstifts, wenn sie zugleich ihren Adel nachweisen konnten. Der Besitz eines Rittersitzes ohne Adelsnachweis alleine reichte nicht aus.
  4. Stand: Er bestand, abgesehen von Deutz und Alpen, aus allen 18 Städten des Erzstiftes. In ihm stellte Andernach das Direktorium für das Oberstift und Neuss das Direktorium für das Niederstift. Während die Direktorialstädte drei Abgeordnete entsandten, konnten die Unter-Direktorialstädte Ahrweiler, Linz am Rhein, Rheinberg und Kempen lediglich zwei entsenden.
  5. Grundsätzlich fand der Landtag einmal im Jahr statt, zumeist in der ersten Hälfte eines Jahres. Vor seiner Einberufung musste der Kurfürst die Zustimmung des Domkapitels einholen, was gewöhnlich vier Wochen vor dem Tagungstermin geschah.

Zu Beginn der Tagung hörten alle Teilnehmer die Messe zum Heiligen Geist. Mit der anschließenden Verlesung der Landtagsproposition wurden die Sitzungen formell eröffnet. Danach begaben sich die Teilnehmer, nach Ständen getrennt, in ihre Sitzungszimmer.

Während der ersten Woche verhandelte man vorrangig die Gravamina. Hierbei handelte es sich überwiegend um Beschwerden über Verletzung der Rechte der Landstände durch die kurfürstlichen Regierungsorgane. Zur zweiten Phase, der Geldbewilligung, ging man erst über wenn der Kurfürst Resolutionen erlassen hatte, die den Forderungen der Landstände entsprachen. Dies geschah nicht bei allen Ständen gleichzeitig, da sie unabhängig voneinander berieten. Nach der Frage der Geldbewilligung behandelte man Eingaben einzelner Untertanen.

Bei den Abstimmungen unter Domherren, Grafen und Rittern galt das Mehrheitsprinzip, bei den Städten dagegen gab es erhebliche Unterschiede in der Gewichtung. Hier zählte die Stimme einer Direktorialstadt alleine schon soviel wie die Stimmen aller Unterstädte zusammen.

Die Meinungsbildung des Landtags erfolgte grundsätzlich von den niederen zu den höheren Ständen, also von den Städten über die Ritter und Grafen bis zum Domkapitel. Zunächst mussten sich die Städten mit den Rittern, dann die Ritter mit den Grafen und in einem letzten Schritt die Grafen mit den Domherren auf eine gemeinsame Haltung einigen. Wich ein höherer Stand mit seiner Haltung in einer bestimmten Frage von den vor ihm abstimmenden Stände ab, so mussten diese erneut verhandeln. Das gesamte Procedere begann noch einmal von neuem. Kam wieder keine Einigung zustande, so teilte man dem nächsthöheren Stand bzw. der kurfürstlichen Regierung die voneinander abweichenden Voten mit.

Das umständliche Verfahren stärkte die höheren Stände bei der Durchsetzung ihrer Interessen. Gleichzeitig sollte es aber gewährleisten, dass der jeweils höhere Stand in seine Entscheidungen automatisch die der unteren Stände mit einfließen ließ. Dem lag die allgemein verbreitete staatsrechtliche Vorstellung zu Grunde, dass das Land dem Landesherrn "unavoce", also mit einer Stimme, gegenüber treten müsse.

Während die Kurfürsten im Kerngebiet ihres Territoriums mit einem gewissen Erfolg die Mitbestimmungsrechte der Landtage zugunsten einer absolutistischen Herrschaftsauffassung zu beschneiden wussten, gelang ihnen dies in den Nebenländern insbesondere im Herzogtum Westfalen nur in einem geringen Maße. Dort bewahrte sich der Landtag bis zum Ende des alten Reiches erheblichen Einfluss.

Territorialverwaltung

Ämter

Ein Amt war ein fest umschriebener Bereich. Hier hatte der Erzbischof die Hohe und Niedere Gerichtsbarkeit. Von diesen Bereichen waren die in ihnen gelegenen Unterherrschaften und Herrlichkeiten ausgenommen. Die Größe der Ämter war relativ unterschiedlich. Kleine Ämter bestanden oft nur aus einer Stadt mit ihrem unmittelbaren Umland (Meckenheim, Rhens), einer Stadt mit einigen Gemeinden des Umlandes (Rheinbach, Zülpich, Deutz, Zons) oder auch mehreren Landgemeinden (Godesberg, Mehlem, Wolkenburg, Zeltingen, Alken, Königsdorf). Oftmals waren in einem Amt nicht alle Verwaltungsämter besetzt und manchmal noch nicht einmal das des Amtmannes. Jener war oftmals zugleich Amtmann eines anderen, benachbarten Amtes. Es gab aber auch große Ämter wie Bonn, Altenwied, Kempen-Oedt, die stets einen vollständigen Beamtenstab besaßen.

Für gewöhnlich stand an der Spitze eines Amtes der Amtmann, der jederzeit ablösbar war und bis zum Ende des Kurstaates stets aus dem Ministerialadel genommen wurde. Oftmals schon zu frühen Zeiten in ihren Amtsgeschäften von Unteramtmänner vertreten, wurden seit dem 17. Jahrhundert an ihre Stelle reguläre Amtsverwalter berufen. Hierbei behielten die Amtmänner jedoch den Titel eines solchen. Zu den Aufgaben des Amtmannes gehörte der militärische Schutz des ihm anvertrauten Amtes, der Bewohner und der hoheitlichen und nutzbaren Rechte des Erzbischofs nach außen. Auch Rechtsfrieden, Sicherheit und Ordnung nach innen waren ihm unterstellt. Mit einem festen Amtssitz versehen, erhielt für die Kosten seiner Amtsführung regelmäßige Einkünfte, die für gewöhnlich den im Amt anfallenden Einnahmen des Landesherren entnommen wurden. In späteren Zeiten erhielt er auch ein festes Gehalt. Saß er im 13. Jahrhundert noch dem Gericht vor, so wurde das Amt eines Richters doch bald personell getrennt und nun durch die landesherrliche Richter, Schultheißen und Vögte versehen, welche jedoch häufig auch zugleich Amtsverwalter oder Kellner waren.

Seit der Mitte des 14. Jahrhunderts finden wir auch das Amt des Kellners. War er im Ursprung nur für den Unterhalt des Personals auf den Amtsburgen zuständig, so waren doch bald alle landesherrlichen Einkünfte seine Zuständigkeit. Im Ursprung auch oft durch schriftkundige Geistliche verwaltet, gelangte die tatsächliche Amtsführung seit dem 18. Jahrhundert häufig in die Hände eines treuhändlichen Verwalters.

Unterherrschaften

In den Unterherrschaften wurde die Hohe und Niedere Gerichtsbarkeit häufig durch einen Adligen, der für gewöhnlich nicht in anderen Territorien belehnt war, ausgeübt. Die Unterherrschaft war keinem Amt unterworfen, sondern bildete ein eigenständiges Lehnsgebilde. So konnte der Erzbischof weder Bede noch Schatz als landesherrliche Steuern einfordern und lediglich eine lockere Schutzfunktion geltend machen. Auch ständige juristische Kleinkriege führten nicht zum erhofften Ziel einer vollen Landeshoheit des "Unterherren". Entsprechend griffen die landesherrlichen Verordnungen des Erzbischofs, seine Edikte bezüglich Steuererhebungen, Jagdausübung, Gerichts-, Rechts-, Brüchten-, Polizei- und Taxenverordnungen auch hier.

Herrlichkeiten

Bei den Herrlichkeiten handelte es sich um die 227 Rittersitze mit ihren Appertinenzien, deren Inhaber zumeist die Niedergerichtsbarkeit besaßen. Sie waren von der Bede, dem Schatz und den Dienstpflichten gegenüber dem Erzbischof als Landesherrn ausgenommen.

Städte

Die Städte Kurkölns bildeten Gebietskörperschaften, denen durch Privilegien ein Recht auf eine weitgehend selbständige Erledigung ihrer Angelegenheiten zugestanden wurde. In der Erblandesvereinigung von 1463 wurde als Städte genannt: Bonn, Andernach, Neuss, Ahrweiler, Linz, Rheinberg, Kaiserswerth, Zons, Uerdingen, Kempen, Rheinbach, Zülpich und Lechenich.[2]

Wappen

Erzbistum und Kurstaat Köln hatten folgendes Wappen: in Silber ein (häufig geständertes) schwarzes Balkenkreuz. Es erscheint auch heute noch in einer Vielzahl aktueller Kreis- und Gemeindewappen auf dem Gebiet des ehemaligen Kurstaats und seiner Exklaven Westfalen und Vest Recklinghausen.

Literatur

  • Kurköln (Landesarchiv und Gerichte), Herrschaften, Niederrheinisch-Westfälischer Kreis, Ergänzungen zu Band 1 (= Das Hauptstaatsarchiv Düsseldorf und seine Bestände, Band 2), bearb. von Friedrich Wilhelm Oediger, Siegburg 2. Aufl. 1994 [1970].
  • Kurköln. Land unter dem Krummstab: Essays und Dokumente (= Veröffentlichungen der staatlichen Archive des Landes Nordrhein-Westfalen, Reihe C: Quellen und Forschungen, Band 22; Schriftenreihe des Kreises Viersen 35a), hrsg. von NRW-Hauptstaatsarchiv Düsseldorf / Kreisarchiv Wesel / Arbeitskreis niederrheinischer Archivare, Red. Klaus Flink, Kevelaer 1985.
  • Burkhardt, Stefan, Mit Stab und Schwert. Bilder, Träger und Funktionen erzbischöflicher Herrschaft zur Zeit Kaiser Friedrich Barbarossas. Die Erzbistümer Köln und Mainz im Vergleich (= Mittelalter-Forschungen 22), Ostfildern 2008.
  • Georg Droege: Verfassung und Wirtschaft in Kurköln unter Dietrich von Moers (1414-1463) (= Rheinisches Archiv 50), Bonn 1957.
  • Eduard Hegel: Das Erzbistum Köln zwischen Barock und Aufklärung. Vom Pfälzischen Krieg bis zum Ende der französischen Zeit 1688–1814 (= Geschichte des Erzbistums Köln 4), Köln 1979.
  • Eduard Hegel: Das Erzbistum Köln. Zwischen der Restauration des 19. Jahrhunderts und der Restauration des 20. Jahrhunderts. 1815–1962 (= Geschichte des Erzbistums Köln 5), Köln 1987.
  • Wilhelm Janssen: Das Erzbistum Köln im späten Mittelalter. 1191–1515 (= Geschichte des Erzbistums Köln 2), 2 Halbbände, Köln 1995/2003.
  • Hansgeorg Molitor: Das Erzbistum Köln im Zeitalter der Glaubenskämpfe. 1515–1688 (= Geschichte des Erzbistums Köln 3), Köln 2008.
  • Wilhelm Neuss / Friedrich Wilhelm Oediger: Das Bistum Köln von den Anfängen bis zum Ende des 12. Jahrhunderts (= Geschichte des Erzbistums Köln 1), Köln 1964 [1991].
  • Sabine Picot: Kurkölnische Territorialpolitik am Rhein unter Friedrich von Saarwerden (1370-1414) (= Rheinisches Archiv 99), Bonn 1977.

Einzelnachweise

  1. ↑ a b Köln I/1 In: Theologische Realenzyklopädie. Bd.19. Berlin, New York, 1990 S. 290
  2. ↑ a b Monika Storm: Das Herzogtum Westfalen, das Vest Recklinghausen und das rheinische Erzstift Köln. Kurköln in seinen Teilen. In: Harm Klueting (Hrsg.): Das Herzogtum Westfalen. Bd. 1. Das kurkölnische Westfalen von den Anfängen kölnischer Herrschaft im südlichen Westfalen bis zu Säkularisation 1803. Münster 2009, ISBN 978-3-402-12827-5, S. 359
  3. ↑ Monika Storm: Das Herzogtum Westfalen, das Vest Recklinghausen und das rheinische Erzstift Köln. Kurköln in seinen Teilen. In: Harm Klueting (Hrsg.): Das Herzogtum Westfalen. Bd. 1. Das kurkölnische Westfalen von den Anfängen kölnischer Herrschaft im südlichen Westfalen bis zu Säkularisation 1803. Münster 2009, ISBN 978-3-402-12827-5, S. 359 f.
  4. ↑ a b Monika Storm: Das Herzogtum Westfalen, das Vest Recklinghausen und das rheinische Erzstift Köln. Kurköln in seinen Teilen. In: Harm Klueting (Hrsg.): Das Herzogtum Westfalen. Bd. 1. Das kurkölnische Westfalen von den Anfängen kölnischer Herrschaft im südlichen Westfalen bis zu Säkularisation 1803. Münster 2009, ISBN 978-3-402-12827-5, S. 360
  5. ↑ Monika Storm: Das Herzogtum Westfalen, das Vest Recklinghausen und das rheinische Erzstift Köln. Kurköln in seinen Teilen. In: Harm Klueting (Hrsg.): Das Herzogtum Westfalen. Bd. 1. Das kurkölnische Westfalen von den Anfängen kölnischer Herrschaft im südlichen Westfalen bis zu Säkularisation 1803. Münster 2009, ISBN 978-3-402-12827-5, S.350−352
  6. ↑ a b Hans Georg Molitor: Köln I/2 In: Theologische Realenzyklopädie. Bd.19. Berlin/New York, 1990 S. 297
  7. ↑ Hans Georg Molitor: Köln I/2 In: Theologische Realenzyklopädie. Band 19, Berlin/New York 1990, S. 298
  8. ↑ Gerhard Schormann: Der Krieg gegen die Hexen. Das Ausrottungsprogramm der Kurfürsten von Köln. Göttingen, 1991.
  9. ↑ Hans Georg Molitor: Köln I/2 In: Theologische Realenzyklopädie. Band 19, Berlin/New York 1990, S. 298 f.
  10. ↑ a b Rudolf Lill, Erwin Sandmann: Verfassung und Verwaltung des Kurfürstentums und Erzbistums Köln im 18. Jahrhundert. In: Kurfürst Clemens August. Landesherr und Mäzen des 18. Jahrhunderts. DuMont Schauberg, Köln 1961, S. 47, (Ausstellungskatalog, Schloss Augustusburg zu Brühl)
  11. ↑ Rudolf Lill, Erwin Sandmann: Verfassung und Verwaltung des Kurfürstentums und Erzbistums Köln im 18. Jahrhundert. In: Kurfürst Clemens August. Landesherr und Mäzen des 18. Jahrhunderts. DuMont Schauberg, Köln 1961, S. 48-50, (Ausstellungskatalog, Schloss Augustusburg zu Brühl)
  12.  

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Kölner Domkapitel

Das Hohe Dom-, Kathedral- und Metropolitankapitel zu Köln ist ein Kollegium von Geistlichen, das den Bischof von Köln bei der Leitung der Diözese unterstützt.

Ihm obliegt die Feier der Liturgie im Dom; zudem ist es als eigenständige juristische Person unter dem Bischof mit der Verwaltung der Diözese betraut.

Geschichte

Die Ursprünge des Kölner Domkapitels liegen weitgehend im Dunkeln. Es muss bereits vor 816 als festes Gremium bestanden haben, da es in diesem Jahr eine Institutio clericorum anfertigen ließ. Demnach lebten die Kleriker des Domkapitels nach der Kanonikerregel des Chrodegang von Metz.

Die klösterliche Gemeinschaft besaß einen gemeinsamen Schlafsaal (Dormitorium), ein Refektorium (Speisesaal) und eine gemeinsame Bibliothek.

Innerhalb der Dom-Immunität, dem Lebensraum der Kanoniker, gab es auch ein Hospital, einen Friedhof und zahlreiche Kapellen.

Dem Betrieb des "Domklosters" gehörten in der Mitte des 9. Jahrhunderts über 100 Personen an, die Handwerker nicht mitgezählt. Alleine für die Domkirche gab es 23 Bedienstete, im Stift kamen dazu zwei Kellermeister, ein Küchenmeister, vier Köche, ein Bäcker, zwei Bedienstete für die Kleiderkammer, zwei Schlafsaalwärter (Sie machten den jungen Kanonikern die Betten), vier Türsteher und zahlreiche andere. Selbst im 15. Jahrhundert gab es noch, obwohl der Haushalt stark verkleinert war, 15 Laienpfründen.

Noch 1244/46 gab es Ansätze eines gemeinsamen Lebens: in diesem Jahr wurde die Tischordnung geregelt und die 72 Kanoniker nach Rängen geordnet. So gab es unter ihnen 24 Praelati in ecclesia und 20 einfache Pfründen. Aus ihnen entwickelten sich später die 24 Domherren und die 20 Domizellaren. Es gab keine Beförderungen; man rückte mit dem Tode eines älteren auf.

Je ein Kanonikat war dem Papst und dem Kaiser vorbehalten.

1212/18 wurden acht Priesterkanonikate eingerichtet; später reduzierte man ihre Zahl auf sieben. Bei ihnen handelt es sich um die sogenannten Kardinalpriester, die seit 1049/52 allein das Recht hatten, an den beiden Hochaltären der Domkirche mit Dalmatik, Sandalen und Mitra die Messe zu feiern.

Bereits um das Jahr 1000 waren die Kanonikate des Kölner Domes alleine dem Hochadel des Reiches vorbehalten. Lediglich die Priesterkanonikate konnten mit "Bürgerlichen" besetzt werden.

Spätestens 1450 stand die endgültige Verfassung des Kölner Domkapitels fest.

Es bestand nun aus 24 Kapitularen und 20 (später 24) Anwärtern. Von den Kapitularen mussten 16 dem Hochadel des Reiches angehören, weshalb sie auch Domgrafen genannt wurden.

Die acht weiteren Kanonikate sollten an Priester mit akademischem Grad vergeben werden. Die Domizellare, also Anwärter, gehörten ebenfalls dem Hochadel an. Die Domgrafen mussten zumindest die Weihe zum Subdiakon besitzen. Höhere Weihen waren für sie nicht vorgeschrieben.

Nachdem es 1346 zu einem Streit zwischen "Domgrafen" und Priesterherren gekommen war, in welchem die Domgrafen den Priesterherren das volle Kanonikerdasein absprechen wollten, kam es innerhalb des Kapitels zu keinem derartigen Streit mehr und die Priesterherren wurden als volle Kanoniker anerkannt.

Wie in vielen Kanonikerstiften, so begann auch im Hochmittelalter die Emanzipation der Kanoniker von den Prälaten. In zwei Schritten, nämlich 1284 und 1373, wurde das Vermögen zwischen dem Dompropst und dem Domkapitel aufgeteilt.

Wenn das Kapitel im Hochmittelalter die freie Wahl des Dompropstes gegen den Papst verteidigen konnte, so verlor sie doch zwei Kanonikate an die Universität Köln.

Regelte das Kapitel seine Nachfolge im allgemeinen selbst, so wurden die "Universitätspfründen", welche allesamt zu den acht Priesterkanonikaten gehörten, von der Universität verliehen. Diese gelangten 1394 und 1437 an die Universität.

Der Zerfall der Vitacommunis (gemeinsames Leben) führte häufig zu einer mangelhaften Residenz der Domherren, welche oftmals an verschiedenen Kirchen präbendiert waren (vgl. z.B. Oswald von Hohenzollern-Sigmaringen).

Waren 1323 noch 15 Kanoniker (8 Domgrafen und 7 Priesterherren) anwesend, so sank ihre Zahl bis 1381 auf fünf Domgrafen und sieben Priesterherren. Letztere bildeten in den folgenden Jahrhunderten meist das stabilere Element des Kapitels.

Durch päpstliche Reservationen (ein mittelalterlicher Rechtsbegriff) ging dem Kapitel ab 1298/1304 das Bischofswahlrecht verloren, was es sich erst durch das Wiener Konkordat (1448/49) wieder sichern konnte. Trotzdem konnte es im Koadjutorenvertrag von 1366 erstmals eine Wahlkapitulation vereinbaren. Dieser enthielt 15 Punkte, von denen neun Vergünstigungen für das Kapitel und den Klerus enthielt, sechs bezogen sich auf die Politik des Erzstifts.

Mit jeder Wahl wurde eine neue Wahlkapitulation erstellt. Doch alle hatten immer nur ein Ziel:die Vormachtstellung des Domkapitels im Land zu stärken und den Erzbischof an sich zu binden.

Hierbei ging es nicht nur um Eigeninteressen, sondern auch um eine Absicherung des Kur-Erzstifts.

Nach dem Tode des Erzbischofs Dietrich II. von Moers (1463) setzte das Kapitel mit den Landständen die Erblandesvereinigung durch, welche weitere Verpfändungen Kurkölnischer Territorien und eine zunehmende Verschuldung des Erzstifts verhindern sollte.

Gleichzeitig verpflichtete es sich, vor der Wahl das Votum der Landstände einzuholen.

Als dessen Nachfolger, Erzbischof Ruprecht von der Pfalz, sich jedoch zunehmend gegen die eigenen Landstände wandte (er besetzte u. a. die an das Domkapitel verpfändete Stadt Zons), verbündete es sich mit diesen und versuchte seine Absetzung zu erwirken. Hierbei wandte es sich offen von seinem Erzbischof ab und wählte den nachmaligen Erzbischof Hermann IV. von Hessen zum Administrator. Diese (auch kriegerische) Auseinandersetzung ging unter dem Namen "Kölner Stiftsfehde" in die Geschichte ein.

Im Zeitalter der Reformation bildete das Domkapitel, gemeinsam mit der Kölner Universität, den Motor des Katholizismus. Energisch trat es den Protestantisierungs- und Reformierungsversuchen der Erzbischöfe Hermann V. von Wied und Gebhard Truchseß von Waldburg entgegen. Besonders Johannes Gropper machte sich hierbei einen Namen.

Kurz vor dem Tode des Erzbischofs Maximilian Heinrich von Bayern (1688) wählte das Domkapitel den Domdechanten und Bischof von Straßburg, Kardinal Wilhelm Egon von Fürstenberg, zum Koadjutor des Erzbischofs. Da der Erzbischof jedoch noch vor der Wahlbestätigung verstarb, kam es nun zur Bischofswahl. Fürstenberg war ein enger Verbündeter des Königs von Frankreich und galt allgemein als "Reichsverräter".

Obwohl Kaiser und Papst Joseph Clemens von Bayern als Kandidaten den Vorzug gaben und der Kaiser bei einer Wahl Fürstenbergs die Verweigerung der Regalien ankündigte, erlagen große Teile des Kapitels den französischen Bestechungsgeldern und Druckmitteln (viele waren auch im französischen Straßburg bepfründet). Es kam zu einer Spaltung des Kapitels und die Anhänger des Kardinals schlossen sich mit diesem in Bonn ein. Als die Stadt militärisch genommen war, floh Fürstenberg mit den Priesterherren Eschenbrender und Quentel nach Straßburg. Die übrigen Domherren hatten sich bereits dem kaiserlichen Kandidaten angeschlossen. Die Einheit des Kapitels war wieder hergestellt.

In seiner Endphase galt das alte Domkapitel als überaus konservativ und der Aufklärung gegenüber als sehr zugeknöpft. So wurde es oftmals Zielscheibe "aufgeklärter" Kreise.

Im Gegensatz zu vielen anderen Kapiteln wurde das Kölner Domkapitel am Ende des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation nicht aufgehoben. 1795, noch vor dem Einrücken der Franzosen in Köln, begab sich ein Großteil des Kapitels nach Arnsberg. Einige Kanoniker ließ man jedoch in Köln zurück, wo sie die Kapitelsrechte wahren sollten. Hierbei kam es zu Streitigkeiten. Obwohl die "Kölner" Kapitulare im Auftrag des Kapitels in Köln verblieben waren, wurde ihnen das als mangelnde Residenz angerechnet und man verweigerte ihnen die Pfründezahlungen. Denn, so die Aussage, Residenzhalten könne man lediglich in Arnsberg. Nach einigen Querelen konnte der Streit beigelegt werden.

In Arnsberg wählte das Kapitel auch noch einen neuen Domdechanten und feierte diese Wahl ausgiebig mit Empfängen und Konzert. Die Umstände der Zeit wurden ignoriert. Als 1802 Erzbischof Maximilian Franz von Österreich verstorben war, wählte man seinen Neffen Anton Viktor von Österreich zum neuen Erzbischof. Dieser lehnte jedoch aufgrund der politischen Lage ab und es blieb bei der Wahl eines Kapitularvikars, der bis zu seinem Tode in Deutz (gegenüber dem Kölner Dom) residierte und den rechtsrheinischen Rumpf der Erzdiözese verwaltete. Eine Vereinigung der Diözesen Köln und Münster, bei welcher das Kölner Domkapitel im Münsteraner Domkapitel aufgegangen wäre, lehnte man energisch ab.

Da nicht nur die Kathedrale verloren gegangen war, sondern auch die Einkünfte des Kapitels, suchte jeder Kanoniker sein Glück nun auf eigene Faust, und das Kapitel zerfiel. Vakante Stellen wurden nicht mehr besetzt und 1815 lebeten noch acht Domgrafen und vier Priesterherren in alle Winde zerstreut. Bereits 1798 hatte man die Dompropstei mangels Einkünfte nicht mehr besetzt.

Als es 1820 zur Wiedererrichtung des Kapitels kam und man den noch lebenden Kapitularen eine Stelle im "neuen" Domkapitel anbot, lehnte jeder von ihnen ab.

Nachdem die Bulle De salute animarum das Kapitel 1821 wiederherstellte, gab es sich 1830 eigene Statuten. Neu war nun die Tatsache, dass die Domkirche eine Pfarrkirche war. Zu ihrer Seelsorge hatte das Kapitel einen Pfarrer zu bestellen, so wie es auch den Pönitentiar oder Bußkanoniker zu stellen hatte.

Wie in der alten Zeit war auch jetzt das Kapitel und nicht der Erzbischof Hausherr der Kathedrale. Auch jetzt galt, neben der Tätigkeit in der Bistumsverwaltung, der Chordienst in der Domkirche als Hauptaufgabe. Faktisch kam er jedoch in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts fast gänzlich zum Erliegen.

Im Verlauf der Kölner Wirren übernahm das Domkapitel die faktische Regierung des Erzbistums.

Diese begann mit der Verhaftung des Erzbischofs Clemens August von Droste zu Vischering im Jahre 1837 und endete mit der Ernennung Johannes von Geissels zum Koadjutor im Jahre 1841. Hierbei hatte es sich jedoch äußerst ungeschickt verhalten. Denn die Übernahme geschah auf Weisung der preußischen Regierung, die das Kapitel nach der Verhaftung des Erzbischofs zur Wahl eines Kapitularvikars aufforderte. Obwohl der Erzstuhl besetzt war, verhielt sich das Kapitel wie bei einer Sedisvakanz. Ohne es wirklich gewollt zu haben, standen die Domherren nun wie Verbündete des Preußischen Staates da.

In eine unglückliche Lage geriet das Kapitel nach dem Tod von Kardinal Joseph Höffner (1987). Wie gewohnt sandte das Kapitel die Kandidatenliste nach Rom, wo sich nun Gewohnheitsrecht und die neuen Normen des CIC von 1983 gegenüberstanden. Da der Papst diese Liste nach dem neuen Recht nur noch zu würdigen brauchte und das Kapitel davon ausging, dass er an die von ihnen genannten Namen gebunden sei, kam es nun zu Verwicklungen. Denn auf der zurückgesandten Dreierliste, Terna genannt, befand sich nun ein Name, welcher nicht auf der Liste des Kapitels befunden hatte.

Hierauf weigerte sich das Kapitel zur Wahl zu schreiten und es kam zu einer Protestwelle deutscher Politiker und Theologen. Als Papst Johannes Paul II. jedoch auf sein Ansinnen bestand und eine Besetzung des Kölner Erzstuhls ohne Votum des Kapitels in Aussicht stellte, gab das Kapitel nach. Für die Wahl musste jedoch noch der übliche Wahlmodus abgeändert werden, so dass auch eine Wahl mit relativer Mehrheit möglich werden konnte. Schließlich wurde der päpstliche Kandidat, Kardinal Joachim Meisner, mit sechs Ja-Stimmen und zehn Enthaltungen gewählt.

Zum Weltjugendtag in Köln begrüßte Dompropst Norbert Feldhoff Papst Benedikt XVI. im Kölner Dom, wo dieser in der für den Papst reservierten Chorstalle Platz nahm.

Dompropst

Der erste Prälat des Domkapitels war und ist der Dompropst. Ursprünglich mit der Verwaltung des Vermögens und der Reichung der Stipendia beauftragt, kam es 1284 und 1373 zur Teilung des Kapitelsvermögens. Zukünftig hatte er sich aus der Vermögensverwaltung herauszuhalten, wofür die Propstei jetzt über ein eigenes Vermögen verfügte. Zugleich als Archidiakon für die Stadt Köln zuständig, konnte ihm das Kapitel auch nicht in diese Aufgabe hereinreden.

Generell galt der Propst nicht als Kanoniker, weshalb er auch nicht zum Besuch der Kapitelssitzungen berechtigt war und nur auf Einladung erscheinen durfte. Dies hat sich in Köln jedoch nicht wirklich ausgewirkt, da das Kapitel die Wahl des Dompropstes in Händen hielt und immer einen Kanoniker zum Dompropst wählte. Die Vergabe der meisten Eigenkirchen und Lehen konnte er behalten.

Da die Säkularisation die Einkünfte des Domkapitels stark beeinträchtigte, besetzte es das Amt seit 1798 nicht mehr und vermietete die Räumlichkeiten der Dompropstei.

Nach der Säkularisation wurde der Dompropst erneut das Haupt des Kapitels und der Verwalter seiner Güter. Ursprünglich vom König von Preußen ernannt, wird er seit 1918 durch das Domkapitel gewählt.

Von 1847 bis 1863 wurde die Stelle des Dompropstes nicht besetzt, da sich der Erzbischof gegen den königlichen Kandidaten Nikolaus München sperrte.

Zwar erhielt München letztendlich die Propstei, doch musste er einen hohen Preis dafür zahlen. Sein Nachfolger, Franz Carl Berlage, war im Kapitel gänzlich isoliert, weil er als strammer Parteigänger und Zuträger der Regierung in Berlin galt.

Der letzte Dompropst, der durch die Regierung ernannt worden war, Arnold Middendorf, gehörte überhaupt nicht dem Kölner Klerus an. Er war Militärpfarrer und bewarb sich um diese Stelle.

Kardinal Johannes von Geissel erwirkte dem Dompropst 1851 die Pontifikalien.

Domdechant

Der Domdechant war und ist der zweite Prälat des Kölner Domes. Ursprünglich für die Zucht der Kanoniker zuständig, war er bereits im 10. Jahrhundert der eigentliche Obere des Stifts. Vor seinem Gericht hatten sich auch die Diener zu verantworten. Nach dem Ausscheiden des Dompropstes trat er an den Kopf des Kapitels.

Seine Aufgabe war die Leitung der Kapitelssitzungen und er musste, als einziger der adligen Domherren, die Priesterweihe besitzen. Zugleich war der Domdechant Archidiakon für Neuss und die Kölner Pfarrkirche St. Maria Ablass. Er war es auch, der die 25 Domvikarien vergab.

Nach der Säkularisation wurde dem Erzbischof die Ernennung des Domdechant zugesprochen. Er ist für die Liturgie am Kölner Dom zuständig. Kardinal Johannes von Geissel erwirkte dem Domdechanten 1851 die Pontifikalien.

Das Amt des Domdechants wurde seit 1821 häufig an einen Weihbischof der Erzdiözese Köln vergeben.

Weitere Prälaturen

Nach dem Ausscheiden des Propstes, kannte die Ordnung von 1244/46 acht officia, welche den adligen Domherren vorbehalten waren. Dies waren der Dechant, der Subdechant, der Chorbischof, der Scholaster, der Cellerarius, der Cantor, sowie Portenarius maior und minor.

Nach 1450 entfielen der Cellerarius, der Cantor und beiden Portenarii und an ihre Stelle traten der Thesaurar und der Capellarius.

Der Scholaster war ursprünglich der Leiter der Stiftsschule. Seinem Amt war die Propstei Hougarde (Hoxem) in Brabant inkorporiert. Seit 1176/79 nahm er nach dem Dechanten die erste Stelle ein. Die Beschlüsse des Kapitels wurden durch ihn verkündet, weshalb man ihn auch als "den Mund" des Domkapitels bezeichnete.

Der Chorbischof ist ein Amt, das es als Dignität so nur in der Kölner Kirche gab.

Er war ursprünglich der Choraufseher und Singmeister. Es ist nicht zu verwechseln mit dem Chorbischof, einem Landbischof ohne festen Sitz in der Frühkirche.

Der Thesaurar war der Verantwortliche für den Kirchenschatz und die Sakristei; deren Instandhaltung und das entsprechende Personal, vom Sakristan bis zum Glöckner, unterstanden ihm.

Die späteren "Prälaturen" des Diaconus maior und des Diaconus minor wurden nicht vergeben, sondern fielen automatischem ältesten und jüngsten adligen Diakon zu.

Kanoniker

Ursprünglich mit 72 Kanonikern bestückt, sank die Zahl der Domherren im Hochmittelalter auf 24 ab, wozu noch jeweils ein Kanonikat für Papst und Kaiser kam. 16 der Domherren mussten dem Hochadel des Reiches, also zumindest Reichsgrafen, angehören. Sie gehörten oftmals denselben Familien an und kamen ab dem 16. Jahrhundert zumeist aus Süddeutschland. Der Volksmund bezeichnete sie als Domgrafen. Da sie häufig an mehreren Domkirchen bepfründet waren, waren sie häufig nicht anwesend, so dass sie in den Kapitelssitzungen den Priesterherren oftmals an Zahl unterlegen waren.

Acht der Domherren gehörten dem niederen Adel oder dem Bürgertum an. Um in das Kapitel aufgenommen zu werden, benötigten sie die Priesterweihe und einen akademischen Grad.

Zumeist aus Köln oder dem Kölner Umland stammend, kamen auch sie häufig aus denselben Familien.

Das Kapitel ergänzte sich selbst und vergab die freigewordenen Kanonikate durch Wahl. Eine Ausnahme bildeten lediglich die beiden Universitätskanonikate der Priesterherren, welche durch die Universität Köln besetzt wurden.

Die Einkommen der einzelnen Kanoniker waren unterschiedlich. Bestanden sie ursprünglich aus Naturalien und Geld, so wurden später nur noch Gelder gezahlt. Abwesenheit vom Dom wurde durch "Gehaltsabzug" vergütet. Innerhalb des Kapitels wurden verschiedene Dienste und Lehen zugeteilt, welche letztendlich das eigentliche Kanonikatseinkommen überschreiten konnten. So war es möglich, dass der Priesterherr und Weihbischof Clemens August von Merle wesentlich höhere Gehälter bezog als die meisten Domgrafen. Johann Arnold von Schönheim hatte als Senior des Kapitels den Hof zu Rheydt inne, war Halter der Obedienz Gladbach und an der Obedienz Königshoven beteiligt, besaß das Ferculum auf der Münz, war Buschherr und Deputierter ad fabricam, Amtsherr zu Worringen und Comissarius der Kapelle B.M.V.

In seiner Person vereinigte ein Kapitular also, neben seinem Kanonikat, eine Anzahl von Ämtern. Diese waren nicht nur reine Titel, sondern auch mit tatsächlicher Arbeit verbunden. Die Abwesenheit zahlreicher Kanoniker erhöhte also nicht nur den Einfluss der Anwesenden, sondern auch deren Arbeitslast. Hierzu kamen die Gottesdienste, welche mehrere Stunden des Tages beanspruchten.

Nach der Säkularisation wurde das Domkapitel auf zwölf Mitglieder beschränkt. Später kam eine Erhöhung auf 16 Mitglieder. Hierbei unterscheidet man zwischen Residierenden Domherren und Nichtresidierenden Domherren. Letztere tragen zwar die Kleidung der Domherren und nehmen auch an der Bischofswahl teil, sind jedoch nicht an den Geschäften des Kapitels beteiligt.

Es handelt sich bei ihnen zumeist um Dechanten und Professoren. Lediglich Dompropst Bernard Henrichs gelang der Wechsel vom Nichtresidierenden zum Residierenden Domherren.

Seit Mitte des 20. Jahrhunderts gibt es zudem Ehrendomherren. Diese sind faktisch nur dem Namen nach Domherren zu Köln, auch wenn sie deren Tracht tragen und den Kapitelsstern erhalten.

Sie besitzen weder Mitspracherecht bei der Güterverwaltung noch Wahlrecht des Bischofs. Sie werden vom Domkapitel nominiert und vom Erzbischof ernannt. Hierbei handelt es sich in der Regel um verdiente Persönlichkeiten. Zu ihnen gehören u. a. der emeritierte Erzbischof von New Orleans, Philip Matthew Hannan oder der Bischof von Würzburg, Friedhelm Hofmann. Hannan war während der amerikanischen Besatzung Pfarrer am Kölner Dom, Hofmann vor seiner Bischofsernennung langjähriger Domkapitular und Dompfarrer.

Die Domherren des neuen Kapitels werden durch den Erzbischof von Köln ernannt.

Dies ging ursprünglich im Wechsel zwischen dem Erzbischof und dem König von Preußen. Unliebsame Ernennungen des Königs konnte der Erzbischof hierbei durch eine Ernennungsverweigerung ausschließen. Dies ging dabei jedoch zu Lasten des Kapitels und brachte teilweise jahrelange Vakanzen mit sich.

Seit dem Ende des Landesherrlichen Kirchenregiments 1918 ernennt der Erzbischof alleine. Hierbei ist er jedoch nicht frei; vielmehr ernennt er im Wechsel, einmal nach Anhörung des Kapitels und einmal auf Vorschlag des Kapitels.

Domizellare

Am Kölner Dom gab es 24 Domizellarspräbenden. Sie gehörten nicht zu den Kapitularen selbst, sondern waren Anwärter auf die 16 adligen Domkanonikate. DEshalb mussten die Domizellare, wie auch die Domgrafen, dem Hochadel angehören. Im Gegensatz zu den Domkanonikern wurden die Domizellare nicht vom Kapitel gewählt. Sie wurden vielmehr im Turnus von den einzelnen adligen Domherren frei vergeben.

Das Aufrücken eines Domizellars ins Kapitel geschah nicht automatisch. Vielmehr wählte das Kapitel, so dass es durchaus Beispiele von Domizellaren gibt, die niemals ins Kapitel und damit zu Domherren aufstiegen. Gleichzeitig sicherte der Turnus der Domherren den verschiedenen im Kapitel vertretenen Adelsfamilien einen gewissen dynastischen Einfluss und die Hoffnung, sich Kanonikate zu erhalten.

Kleidung

Wer die Domherren beim Gebet beobachtete, konnte leicht den adligen Herren vom Priesterherren unterscheiden. Während die Domgrafen eine rote Soutane und eine rote Mozetta trugen, trugen die Priesterherren eine schwarze Soutane. Beiden gemeinsam war der Kapitelsstern, welcher an den Stern der heiligen drei Könige erinnert, deren Gebeine bzw. Reliquien im Kölner Dom ruhen.

Das Domkapitel nach der Säkularisation erhielt für alle seine Kapitulare die schwarze Soutane und eine weiße, mit Spitzen besetzte Mozetta, wie auch den Kapitelsstern. Jetzt jedoch nicht mehr am Coulant, sondern an einer goldenen Kette. 1851 erwirkte der Kölner Erzbischof Johannes von Geissel seinem Kapitel das Recht einer violetten Soutane und einer violetten Mozetta. Im Gegensatz zu den Bischöfen befindet sich an der Mozetta der Domherren eine kleine Kapuze.

Außerhalb des Domes tragen die Domherren ein schwarze Soutane mit violettem Saum und violetten Knöpfen. Hierauf wird ein violettes Zingulum und der Kapitelsstern getragen. (Bsp.: Empfang zur Amtseinführung von Kardinal Meisner im Maternushaus)

Bischofswahlrecht

In Köln lag bis zur Wahl von 1239 oder 1261 das Wahlrecht beim Priorenkolleg.

Dieses bestand aus den höchsten Pröpsten und Äbten des Erzbistums; zu ihnen gehörten auch der Dompropst und der Domdechant.

Nachdem das Kapitel 1274 endgültig das Priorenkolleg aus der Verwaltung des Erzbistums und der Bischofswahl ausschalten konnte, musste es sein Wahlrecht gegen den Papst verteidigen.

Bereits die einmütige Wahl des Erzbischofs Wigbold von Holte im Jahre 1298 wurde durch den Papst kassiert. Seine Ernennung erhielt er erst, nachdem er auf alle ihm durch die Wahl zustehenden Rechte verzichtet hatte. Als die Stimmen bei der Wahl von 1304 auf drei verschiedene Kandidaten fielen und keine Einigung erzielt werden konnte, fiel dem Apostolischen Stuhl ohnehin die Ernennung zu.

Bei den kommenden vier Erzbischofsernennungen hingegen kam das Kapitel nicht mehr zum Zuge. Walram von Jülich, Wilhelm von Gennep, Adolf II. von der Mark und Engelbert III. von der Mark waren freie päpstliche Ernennungen.

Erst dann konnte das Kapitel nach und nach sein Wahlrecht zurückerobern. Als der Papst sich auch im Jahre 1370 die Besetzung des Kölner Bischofsstuhls reserviert hatte, konnte man sich mit Friedrich III. von Saarwerden zumindest auf eine Postulation einigen, welche man dem Papst als Ernennungsvorschlag überreichte und die dieser auch umsetzte. Als man 1414 Dietrich II. von Moers zum Erzbischof wählte, beugte sich der Papst dem Wunsch des Kaisers und ernannte ihn.

Erst das Wiener Konkordat (1448/49) sicherte dem Kapitel wieder das uneingeschränkte Wahlrecht.

Da der Erzbischof zugleich Kurfürst war und über einen eigenen Staat verfügte, war die Bischofswahl ein hochpolitischer Akt. Österreich, Frankreich, Preußen, die Niederlande... versuchten stets Einfluss zu nehmen und einen genehmen Kandidaten durchzudrücken. Um dieses Ziel zu erreichen, investierten sie hohe Summen als Bestechungsgelder in einzelne Kapitulare. Auch Herrschaften und Bistümer gingen hierbei über den Tisch.

Nach der Säkularisation wurde dem Domkapitel erneut das Bischofswahlrecht zugestanden. Nun musste es allerdings eine Liste von Namen an den König von Preußen senden, der mit regi minus die ihm politisch unangenehmen Personen aus der Liste strich. Die verbliebenen, regi plus, wurden nun an den Apostolischen Stuhl gesandt, welcher eine Wahlliste von drei Personen an das Kapitel zurück sandte. Schon bald kam es jedoch zu Problemen, da der König so ausgiebig von seinem Recht Gebrauch machte, dass kaum ein Name auf der Liste verblieb.

Das Kapitel war hier auf die Hilfe des Papstes angewiesen. (20. Jahrhundert)

Kaum hatte sich das Problem gegeben, versuchte der Apostolische Stuhl das Wahlrecht zu beseitigen. Nun war das Kapitel auf die Hilfe des Staates angewiesen. Dies war vor allem 1919 nach dem Tode von Kardinal Felix von Hartmann der Fall. Das vehemente Bestehen des Kapitels auf sein Wahlrecht und die ihm zukommende Unterstützung des Staates ermöglichten eine Scheinwahl, welche den deutschen Domkapiteln das Wahlrecht sicherte. (20. Jahrhundert)

Bis heute sendet das Domkapitel eine Liste von zehn Namen an den Apostolischen Stuhl. Dieser ist jedoch zur Zusammenstellung der Dreierliste zur Wahl nicht daran gebunden, sondern soll sie lediglich würdigen. Er könnte sie also gänzlich ignorieren.

Vor der Ernennung des Erwählten fragt der Apostolische Stuhl bei den Landesregierungen von Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz bezüglich politischer Bedenken nach.

Erstmals bei der Wahl von 1987/89 tauchte ein Name auf der Terna (Dreierliste des Papstes) auf, welcher nicht auf der Kapitelsliste gestanden hatte.

Bistumsverwaltung

Viele der Domherren gehörten bereits im Frühmittelalter zum Beratergremium des Erzbischofs und des Kaisers. So konnte das Kapitel stets einen gewissen Einfluss auf die Diözese ausüben, welchen es systematisch absicherte. Bereits 1219 hatte es das Domkapitel erreicht, dass der Erzbischof sich auf einen Capellarius aus dem Domkapitel verpflichtete. Dieser Verpflichtung folgte 1463 zudem die Zusicherung des Erzbischofs, dass der Generalvikar künftig nur noch dem Domkapitel entnommen werde. In späteren Jahren gelang es zudem auch die Ämter des Offizials und des Weihbischofs an das Kapitel zu binden. Besaß der Erzbischof keine Weihen, so musste er einen Coadministrator in spiritualibus bestellen. Dieses war unter den Erzbischöfen Joseph Clemens von Bayern und Clemens August I. von Bayern der Fall. Beide entnahmen diese dem Domkapitel.

Die Mitglieder des neuen Domkapitels sind primär in der Bistumsverwaltung tätig. Neben den Weihbischöfen, dem Generalvikar und dem Offizial stellen sie die Hauptabteilungsleiter des Generalvikariates und zumeist auch den Regens des Kölner Priesterseminars.

Landesverwaltung

An den im 14. Jahrhundert aufkommenden landständischen Aktivitäten beteiligte sich auch das Kölner Domkapitel. So konnte der Erzbischof seit Mitte des 15. Jahrhunderts keine territorialherrschaftlichen Rechte mehr ohne Zustimmung des Domkapitels ausüben, das nun als Mitherrscher galt. Der Einfluss auf die direkte Herrschaft wurde sogar noch dadurch verstärkt, dass man seit 1414 den noch zu Erwählenden eine Wahlkapitulation unterschreiben ließ. Durch diese war er an das Domkapitel gebunden. Erst hiernach kam es zur eigentlichen Wahl. Man kann von einer Reihenfolge sprechen: Vorwahl-Wahlkapitulation-Wahl. In der Zwischenzeit wurden Bistum und Land durch den Kapitularvikar verwaltet, den das Domkapitel wählte.

Innerhalb der Landesverwaltung waren die Domherren häufig in leitenden Positionen zu finden. So stellten sie verschiedene Premierminister, Rats- und Gerichtspräsidenten.

Quellen

  • Eduard Hegel: Geschichte des Erzbistums Köln I. Köln 1972
  • Eduard Hegel: Geschichte des Erzbistums Köln II.1. Köln 1995
  • Eduard Hegel: Geschichte des Erzbistums Köln IV. Köln 1979
  • Eduard Hegel: Geschichte des Erzbistums Köln V. Köln 1987
  • Norbert Trippen: Domkapitel und Erzbischofswahlen
  • Joh. Christian Nattermann: Das Ende des alten Kölner Domstifts. Köln 1948
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Danzig

Danzig (polnisch Gdańsk, kaschubisch Gduńsk, latein Gedanum oder Dantiscum) ist eine Hafen- und ehemalige Hansestadt in Polen. Sie liegt westlich der Weichselmündung in der historischen Landschaft Pommerellen und ist Hauptstadt der Woiwodschaft Pommern. Die Stadt hat über 450.000 Einwohner und bildet zusammen mit Gdynia (Gdingen) und Sopot (Zoppot) die Dreistadt (polnisch Trójmiasto) mit mehr als 740.000 Einwohnern. Im gesamten städtisch geprägten Ballungsraum Danzig (polnisch Aglomeracja Gdańska) leben mehr als 1,2 Millionen Menschen.

Der Wahlspruch der Stadt Danzig lautet: nec temere nec timide (lat. weder unbesonnen noch furchtsam).

Geschichte

Antike und Völkerwanderung

Im Jahrhundert vor der Zeitenwende siedelten sich an unterer Weichsel und Weichselmündung die Goten an. Die ihnen zugeschriebene Wielbark-Kultur zeigt eine Mischung von skandinavischen und anderen Elementen. Claudius Ptolemaeus zufolge lebten an der Danziger Bucht, die er „Venedische Bucht“ nannte, aber auch die „Venedi maiores“, möglicherweise Veneder im weiteren Sinne. Als der Geschichtsschreiber Jordanes im 6. Jahrhundert in seiner „Getica“ die Geschichte der Goten beschrieb, erwähnte er den Ort „Gothiscandza“. Es ist jedoch umstritten, ob die damalige Siedlung mit dem Standort des heutigen Danzig identisch ist. Ab etwa 200 n. Chr. wanderten die Goten nach Südosten ab. Die Wielbark-Kultur erlosch um 400 n. Chr. im Zuge der Völkerwanderung. Im 6. Jahrhundert besiedelten Slawen die Küste westlich der unteren Weichsel und nannten das Gebiet „po-morje“ (am Meer, Pommern).

Östlich der Weichsel dagegen lebten schon vor der Zeitenwende baltische Stämme. Tacitus nannte sie Aesti und lobte an ihnen ihren Fleiß im Ackerbau („nicht so faul wie die Germanen“) und ihr Interesse an der Bernsteingewinnung. Wulfstan, der im 10. Jahrhundert im Auftrag Alfreds des Großen von Haithabu nach Danzig und Truso reiste, berichtete, dass westlich der Weichsel die „Vinodi“ wohnten, östlich die „Esthi“. Der Bernstein war im Altertum im Mittelmeerraum bis nach Ägypten und darüber hinaus sehr begehrt. Schon seit vorgeschichtlicher Zeit verband ein Handelsweg, die so genannte Bernsteinstraße, das Weichseldelta mit der mediterranen Welt.

Slawische Staaten

Das Küstenland Pommern (slawisch po morze = am Meer), zu dem Gydanzik gehörte, sah sich abwechselnd polnischen und dänischen Unterwerfungsversuchen ausgesetzt. 997 kam der Prager Bischof Adalbert im Geleit von Soldaten des polnischen Königs Bolesław Chrobry nach Danzig und taufte nach einer eintägigen Predigt viele Heiden.[2] In seiner Chronik erwähnt Johannes Canaparius als erster „Gyddanzyc“, zudem schon als „urbs“, Stadt.[3]

Gegen Ende des 12. Jahrhunderts wurden die Samboriden als Herrscherfamilie in Danzig urkundlich erwähnt. Ob sie von den Piasten als Statthalter eingesetzt worden waren, wird diskutiert. Als sich im 12. Jahrhundert der größere westliche Teil Pommerns um Cammin, Wolgast und Stettin unter dem Geschlecht der Greifen dem Heiligen Römischen Reich annäherte, nahm der auf Deutsch Pommerellen genannte, aber eher der heutigen Woiwodschaft Pomorze entsprechende, östliche Landesteil um Danzig daran nicht mehr teil.

Herzog Sobieslaw gründete um 1185 das Kloster Oliva. Es wurde durch Zisterzienser aus dem pommerschen Kloster Kolbatz besetzt. Es diente unter anderem auch als Hauskloster und Grablege für die Herrscherfamilie.

Erste Stadt 1224–1308

Um 1224 verlieh der ostpommersche Herzog Swantopolk II. (Zwantepolc de Danceke) das Lübische Recht an die deutsche Kaufmannssiedlung, die in der Gegend des heutigen Langen Marktes entstanden war. Um 1295 verlieh der polnische König Przemysław II. ihr das Magdeburger Recht.

Deutscher Orden 1308–1454

Anfang des 14. Jahrhunderts eskalierten Konflikte um Erbfolgerechte zwischen den lokalen kaschubischen Fürsten von Pommern untereinander, sowie dem Markgrafen von Brandenburg. Dazu kam die Beteiligung des polnischen Königs, der ab 1306 eine kleine Garnison in der Hafenstadt stationierte, die sich in Dokumenten und auf den Siegeln über 100 Jahre lang als Dantzik(e) bezeichnete. Als die Brandenburger im Sommer 1308 in die Stadt einrückten, wurde seitens der „Königlichen in der Burg“ und von Vertretern der Stadt der Deutsche Orden um Hilfe gebeten, der Jahrzehnte zuvor Mewe (Gniew) geerbt hatte und somit seither auch links der Weichsel vertreten war. Die Deutschritter zogen als Alliierte der königlich-polnischen Truppen im August in die Burg ein und verteidigten sie im September gegen die brandenburgischen Truppen, denen von deutschen Bürgern Danzigs die Stadttore geöffnet worden waren.[4] Es gab jedoch bald Streit um die Kostenfrage für diese Waffenhilfe, dies führte zur Übernahme von Danzig durch den Deutschen Orden.

Die weiteren Ereignisse werden, insbesondere im Rahmen der deutsch-polnischen Konflikte des 20. Jahrhunderts, konträr dargestellt. Von polnischer Seite wurde und wird behauptet, dass die Ritter sich nun plötzlich gegen die Garnison wendeten und es am 13. November zum Massaker an den wenigen Soldaten und zahllosen Zivilisten kam. Es ist von bis zu 10.000 Opfern die Rede, die sowohl ethnisch als auch politisch als Polen bezeichnet werden.

Tatsache ist, dass der Orden sich in der Stadt und der Umgebung (Pommerellen) festsetzte und dies im Vertrag von Soldin, in dem die Rechte der Brandenburger abgekauft wurden, fixiert wurde. Das Königreich Polen wehrte sich dagegen mit juristischen Mitteln und übertriebenen Darstellungen bei Papst Clemens V., gerade in jenem Zeitraum, als dieser die Tempelritter bekämpfte. Der Orden verlegte 1309 deswegen auch seinen Sitz von Venedig in die Ordensburg Marienburg.

In der traditionell nach Selbstständigkeit strebenden Stadt gab es Opposition gegen die Herrschaft der Kreuzritter, die mit Gewalt unterdrückt wurde, was wiederum von jenen gerne übersehen wurde, die eine rein innerdeutsche Einigkeit unterstreichen wollen. Hierbei stellten insbesondere die deutschen Händler der Hanse eine Konkurrenz zu Elbing dar, der nahegelegenen Hafenstadt des Ordens, die jedoch damals durch Verlandung ihren direkten Zugang durch die Frische Nehrung zur Ostsee verlor, was das plötzliche Interesse an Danzig erklären mag. Durch den Konflikt mit dem Königreich Polen war zudem nun der Handel entlang der Weichsel beeinträchtigt, so dass die Danziger aus eigenem Interesse immer auch auf ein gutes Verhältnis zu den Herrschern im Hinterland bedacht sein mussten.

Zur Ordenszeit bestand Danzig aus vier oder fünf Teilen:

  • Ordensburg
  • Hakelwerk (erste Stadt mit Magdeburger Recht, wahrscheinlich bis Ende 14 Jh.)
  • Rechtstadt (seit 1343) – stärkste der Städte Danzigs, seit 1361 – Vollmitglied der Hanse; mit zwei zusätzlichen Teilen:
  • Speicherinsel
  • Alte Vorstadt
  • Altstadt (seit 1370) – großteils Stadt der Handwerker
  • Neustadt („Junge Stadt Danzig“, 1380–1455) – gegründet vom Orden gegen die Rechtstadt, nach dem Aufstand der Bürger der Rechtstadt von 1454 total zerstört.

Nach der Eroberung durch den Orden stieg die Zuwanderung Deutscher stark an, ausgelöst durch die wirtschaftliche Prosperität der Hansestadt. 1343 verlieh der Orden der Stadt Kulmer Recht, 1361 wurde man Vollmitglied der Hanse.

Hansestadt

Danzig war bedeutendes Mitglied der Hanse und nahm seit 1361 an den Hansetagen teil. Es blieb bis zum letzten Hansetag im Jahr 1669 Teil der Hanse, die jedoch ab Ende des 15. Jahrhunderts immer unbedeutender wurde. Zusammen mit Elbing und Thorn war Danzig die führende preußische Hansestadt.

Freie Stadt unter polnischer Oberhoheit 1454–1793

Der weitere Verlauf der Geschichte der Stadt wird im Artikel über Pommerellen im Detail ausgeführt. Aus Unzufriedenheit über die Politik des Ordens nach der Schlacht von Tannenberg (1410) stellte sich der Preußische Bund 1454 unter den Schutz der polnischen Krone, was den Dreizehnjährigen Krieg auslöste, in dem die Städte gegen die Burgen des Ordens kämpften bzw. diese wie in Thorn schleiften. Der polnische König hatte Schwierigkeiten, ein Heer für den Krieg zusammenzubekommen, das bei der einzigen offenen Schlacht von Konitz geschlagen wurde. Der Fortgang des Krieges zwang jedoch den Orden wirtschaftlich in die Knie.

Im Zweiten Frieden von Thorn verblieb 1466 dem Deutschen Orden das spätere Ostpreußen, jedoch ohne die Marienburg, Elbing und das Ermland. Die westlichen Teile des damaligen Preußens mit dem ehemaligen Herzogtum Pommerellen, Danzig, dem Kulmerland und Thorn wurden dem König von Polen als Königliches Preußen unterstellt, wobei die Stadtrepubliken Danzig, Thorn und Elbing eine weitgehende politische, wirtschaftliche und kulturelle Autonomie erhielten, die ihnen teilweise schon während des Krieges garantiert worden waren. Dazu gehörte das sogenannte Große Privileg, das König Kasimir IV. 1457 der Stadt Danzig verliehen hatte. [5]

Im Jahr 1470 wurde die Peter von Danzig, ein ursprünglich französisches Schiff, als erster großer Kraweel der Hanse für Kriegszwecke ausgerüstet.

Ab 1522 begann in Danzig die Reformation mit dem evangelischen Prediger Jacob Hegge. Ab etwa 1534 siedelten sich in und um Danzig auch aus den Niederlanden geflüchtete Mennoniten an [6].

Die Union von Lublin von 1569 gefährdet die Autonomie auch von Danzig. In zahlreichen Konflikten behauptete Danzig weiterhin Eigenständigkeit.[7] So wurde 1577 dem neuen König Stefan Bathory die Huldigung verweigert, solange dieser nicht die Privilegien erneuert. Nach erfolglosen Belagerungen von Danzig willigte der König ein.

1612 kam es zum Streit zwischen Lutheranern und Reformierten um den Bau eines Hochaltars in der Kirche zu Sankt Johann, den die Reformierten, allen voran Pfarrer Jakob Adam, ablehnten.

1615 führte der Stadtsekretär Reinhold Kleinfeld in einem Streit der Stadt Elbing mit dem ermländischen Bischof – dem Initiator der Gegenreformation in Polen – zusammen mit dem Bürgermeister und dem Ratsverwandten die Delegation Danzigs an. Hauptstreitpunkt war die Forderung des Bischofs an die Evangelischen nach Herausgabe einer Kirche. Im letzten Moment wurde 1616 ein Krieg abgewendet.

1701 wurde in Danzig und Königsberg mit den Arbeiten am Bernsteinzimmer begonnen.

Königreich Preußen 1793–1807

Im Rahmen der Zweiten Polnischen Teilung kam Danzig 1793 zum Königreich Preußen. Damit verlor es seinen eingeschränkten Autonomiestatus.

Napoleonische Freie Stadt 1807–1813

Im Preußisch-französischen Krieg kapitulierte Danzig im Mai 1807 nach dreimonatiger Belagerung. Infolge des Friedens von Tilsit hatte die Stadt formal den Status einer „freien Stadt“, wurde aber von einem französischen Gouverneur regiert und musste 20 Millionen Francs Kriegssteuer aufbringen. Im November 1813 ergaben sich französische und polnische Truppen nach elfmonatiger Belagerung einem russisch-preußischen Heer, und Danzig kam durch den Wiener Kongress wieder an Preußen.

Wieder an Preußen 1815–1919

In der zwischen 1816 und 1823 sowie 1878 und 1919 bestehenden Provinz Westpreußen war Danzig die Hauptstadt. Während der Märzrevolution 1848 beteiligte sich Danzig an den Wahlen zur Frankfurter Nationalversammlung. 1848 waren im Danziger Hafen 104 Handelsschiffe beheimatet.[8]

1831 hatte die preußische Verwaltung erstmals eine Erhebung über die Muttersprache der Einwohner des Regierungsbezirks Danzig durchgeführt. Laut der Erhebung waren im Regierungsbezirk Danzig, der die Stadt Danzig und das Umland umfasste, 24 Prozent der Bewohner polnisch- bzw. kaschubisch- und 76 Prozent deutschsprachig.

1852 erhielt Danzig im Zuge des Eisenbahnbaus Anschluss an die seit 1842 im Aufbau befindliche preußische Ostbahn Berlin–Königsberg. Der erste direkte Eisenbahnanschluss eröffnete via Berlin den Zugang zum mitteleuropäischen Eisenbahnnetz.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erlebte Danzig einen wirtschaftlichen Aufschwung und wurde wie auch das nahegelegene Elbing zu einem Zentrum des modernen Schiffbaues (Schichau-Werke) und der Industrialisierung in Westpreußen. Begleitet wurde die Industrialisierung durch einen beschleunigten Bevölkerungsanstieg.

Freie Stadt Danzig 1920–1939

Mit dem Vertrag von Versailles 1919 wurde Danzig mit seinen umliegenden Gebieten vom Deutschen Reich getrennt und am 15. November 1920 zu einem unabhängigen Staat, der Freien Stadt Danzig, erklärt. Dieser Staat stand allerdings unter Aufsicht des Völkerbunds; polnische und britische Truppen gewährleisteten den neuen Status der Stadt. Da diese Entscheidung nicht von einer Volksabstimmung abhängig gemacht wurde, sahen das Deutsche Reich und die mehrheitlich deutschen Bewohner der Stadt das vom US-Präsidenten Wilson geforderte Selbstbestimmungsrecht der Völker verletzt.

Am 6. Dezember 1920 konstituierte sich der erste Danziger Volkstag, der aus freien Wahlen hervorgegangen war. Er bestand aus 120 Abgeordneten. Oberbürgermeister Heinrich Sahm wurde zum Präsidenten des Senats der Freien Stadt Danzig gewählt. Die Parteien stellten die folgenden Abgeordneten:

  • Deutschnationale Volkspartei: 34
  • Freie Wirtschaftliche Vereinigung: 12
  • Deutsche Demokratische Partei: 10
  • Zentrumspartei: 17
  • Sozialdemokratische Partei: 19
  • Unabhängige Sozialdemokraten: 21
  • Polnische Partei: 7.

1923 gaben im Rahmen einer Volkszählung 95 Prozent der Bürger Deutsch und vier Prozent Polnisch bzw. Kaschubisch als Muttersprache an.

  •                                            Ergebnis der Volkszählung vom 1. November 1923
  •    
  • Nationalität            Gesamt   Deutsch   Deutsch und    Polnisch und         Russisch,       Jiddisch     Keine
  •                                                            Polnisch          Kaschubisch         Ukrainisch                      Angabe
  • Stadt Danzig          335.921   327.827   1.108                6.788                      99               22               77
  • Landkreis Danzig    30.809    20.666       521                5.239                 2.529            580           1.274
  • Gesamt                  366.730   348.493   1.629              12.027                  2.628           602           1.351
  • Prozent                  100 %     95,03 %   0,44 %             3,28 %               0,72 %          0,16 %      0,37 %

Die Freie Stadt Danzig bestand damals aus den Städten Danzig und Zoppot sowie den kleinen Städten Tiegenhof, Neuteich, Oliva und Ohra, wobei Neuteich und Tiegenhof im Danziger Werder bzw. im Kreis Großes Werder lagen. Die polnische Minderheit besaß eigene Schulen und ein Vereinswesen, wurde aber von der deutschen Bevölkerung des Öfteren mit Missgunst betrachtet und diskriminiert; außerdem lebten in Danzig vor 1939 Kaschuben und Russen. Unter den Einwohnern fanden sich auch zahlreiche Juden, die nach 1939 enteignet und deportiert wurden.

Danzig hatte in der Zwischenkriegszeit nach einem anfänglichen Wirtschaftsaufschwung erhebliche wirtschaftliche Probleme, bedingt durch die Zollgrenzen zum Deutschen Reich, die globale Wirtschaftskrise und eine wenig entwickelte Industrie.

Der Hafen und der Zoll sowie die internationalen Eisenbahnverbindungen – jedoch nicht die Straßenbahn und Kleinbahnen im Freistaatgebiet – wurden unter polnische Verwaltung gestellt. Die Republik Polen legte im Danziger Hafen (Westerplatte) ein Munitionslager an und stationierte dort ihr Militär. Des Weiteren war es dem polnischen Staat zwecks Verbindung des Hafengebiets mit Polen erlaubt, eine Post- und Telegrafenverwaltung, das so genannte „Polnische Postamt“, im Hafengebiet einzurichten.

Die problematischen Verhältnisse, die Anlass für viele – unbeachtet gebliebene – Beschwerden der Freien Stadt Danzig an den Völkerbund waren, schufen unter der Bevölkerung Ressentiments gegen Polen. Diese Stimmung wurde verstärkt durch die Zuwanderer aus den ehemals deutschen Gebieten um Posen, die unter Diskriminierungen zu leiden hatten, wie sie dort nach dem Ende des Ersten Weltkriegs von offizieller polnischer Seite wenn nicht gefördert, so doch wohlwollend geduldet wurden.

Mitte 1933 kamen auch in Danzig die Nationalsozialisten (NSDAP) an die Macht, die sich aber wegen der internationalen Kontrolle des Gebietes bis 1936/37 mit Oppositionsparteien abfinden mussten, die bei den Volkstagswahlen von 1935 (trotz versuchter Wahlbeeinflussungen) eine Zwei-Drittel-Mehrheit der Nationalsozialisten klar verhindern konnten. Während Hermann Rauschning 1933/34 als Senatspräsident eine Annäherung zu Polen versuchte, blieb sein Nachfolger Arthur Greiser dazu auf Distanz und führte die Freie Stadt Danzig in zunehmende (auch finanzielle) Abhängigkeit zum Deutschen Reich. Ende August 1939 erklärte sich der Gauleiter Albert Forster selbst zum Staatsoberhaupt und verfügte am 1. September 1939 völkerrechtswidrig, nachdem reichsdeutsche Streitkräfte das polnische Munitionsdepot auf der Westerplatte angegriffen hatten, den Anschluss Danzigs an das Deutsche Reich. Der deutsche Angriff auf die Westerplatte wird heute als Beginn des Zweiten Weltkrieges gesehen.

Zweiter Weltkrieg: Reichsgau Danzig-Westerpreußen 1939–1945

In den Zeiten des Zweiten Weltkrieges wurden insbesondere die Juden, aber auch die polnische Minderheit in Danzig deportiert (Juden wurden bereits seit 1933 systematisch verfolgt und entrechtet), viele verloren ihr Leben. Andere wiederum ließen sich auf der sogenannten Volksliste als Deutsche eintragen und entgingen so der Verfolgung durch Nationalitätswechsel. Dazu wurden viele dieser Menschen in Konzentrationslager (wie das KZ Stutthof) deportiert und ermordet.

1941 befand sich in Danzig-Langfuhr die Flugzeugführerschule A/B 6. Ende März 1945 wurde Danzig von der Roten Armee im Zuge der Schlacht um Ostpommern eingeschlossen und erobert. Durch die Kampfhandlungen sind große Teile der Innenstadt (bestehend aus Rechtstadt, Altstadt, Vorstadt und Niederstadt) zerstört worden. Während und nach dem Einmarsch wurden die noch erhaltenen Häuser der Innenstadt von den sowjetischen Soldaten geplündert und in Brand gesteckt. Insgesamt wurde ein sehr hoher Anteil der Bebauung zerstört.

Nachkriegszeit 1945–1990

Bereits in den ersten Nachkriegsmonaten wurden die meisten in Danzig verbliebenen Deutschen von den polnischen Behörden vertrieben. Zurück blieb eine Minderheit von etwa fünf Prozent der ursprünglichen Stadtbevölkerung mit zumeist auch polnischen Vorfahren.

Aufgrund des Bierut-Dekretes wurde das Eigentum von Personen deutscher Nationalität und Herkunft enteignet. Straftaten, die gegen die deutsche Zivilbevölkerung begangen wurden, wurden juristisch nur bedingt verfolgt. Erst nach der politischen Wende in Polen wurde damit angefangen, diese Geschehnisse aufzuarbeiten.

Die Danziger Rechtstadt sowie zahlreiche Baudenkmäler der Altstadt wurden in Anlehnung an frühneuzeitliche Vorbilder rekonstruiert.

Zugleich wurden, insbesondere in den Sechzigern, in den Vorstädten wie Przymorze Trabantensiedlungen errichtet. Charakteristisch sind hier die sogenannten Wellenhäuser (Falowiecs) – Wohnblöcke von teilweise mehreren hundert Metern Länge in Plattenbauweise, die mäandrieren und so eine Assoziation zum nahe gelegenen Meer hervorrufen sollen.

Bereits 1970 legten Streiks in den Danziger Werften den Grundstein für die spätere Emanzipation der polnischen Nation (siehe auch Aufstand vom Dezember 1970 in Polen).

Anfang der 1980er organisierte schließlich die Gewerkschaftsbewegung Solidarność unter Führung von Lech Wałęsa in der Danziger Werft ihren Widerstand gegen die kommunistische Herrschaft in Polen.

Gegenwart

Mit dem Fall des Eisernen Vorhanges veränderte sich die Lage der nationalen Minderheiten in der Republik Polen, auch die der deutschen Minderheit. In Danzig wurde im Jahre 1990 der Bund der Deutschen Minderheit gegründet (Mitgliederstärke: 5512 Mitglieder; Quelle: Bund der Deutschen Minderheit, Danzig, 2005).

Günter Grass fasste im Roman Die Blechtrommel die Geschichte Danzigs lapidar so zusammen (bevor er sie ausführlicher nachzeichnet):

  • Zuerst kamen die Rugier, dann kamen die Goten und Gepiden, sodann die Kaschuben, von denen Oskar in direkter Linie abstammt. Bald darauf schickten die Polen den Adalbert von Prag. Der kam mit dem Kreuz und wurde von Kaschuben oder Pruzzen mit der Axt erschlagen.
  • Das geschah in einem Fischerdorf und das Dorf hieß Gyddanyzc. Aus Gydannyzc machte man Danczik, aus Danczik wurde Dantzig, das sich später Danzig schrieb, und heute heißt Danzig Gdańsk. (Die Blechtrommel, Luchterhand 1959, S. 379)

Bevölkerung

Einwohnerzahl

  • Jahr                         1821     1831    1852     1861     1871     1880      1890       1900      1910       1929      1946       1970      2005
  • Einwohnerzahl [9]    55.395  54.660  61.349  72.280  87.968  108.551  120.338  140.563  170.337  256.403  118.000  365.600  458.053

Konfessionen

Entwicklung zwischen 1815 und dem Ersten Weltkrieg (nur Stadt, zum Umland siehe Landkreis Danzig)[10]:

     

  •               evangelisch               katholisch            jüdisch
  • Jahr        absolut       %           absolut   %          absolut  %
  • 1821       39.343       71,0        13.137   23,7       2.288    4,1
  • 1852       43.957       71,7        14.410   23,5       2.550    4,2
  • 1871       62.015       70,52        3.428   26,6       1.625    1,8
  • 1890       80.723       67,13        5.851   29,8       2.535    2,1
  • 1910     110.253       64,75        5.513   32,6       2.390    1,4

Laut Staatshandbuch des Jahres 1926 war das religiöse Bekenntnis in Danzig wie folgt verteilt:Datum evangelisch katholisch mosaisch andere

  • Datum               evangelisch      katholisch     mosaisch     andere
  •   
  • 1.12.1910           207.324            112.692          2.717             7.519
  • 1.11.1923           218.137            130.174          7.282           11.137
  • 31.8.1924           222.818            140.797          9.239           11.141

Bemerkenswert ist, dass von den Danziger Juden am Stichtag 1. November 1923 nur 2500 die Danziger Staatsangehörigkeit besaßen.[11]

Bildung

In Danzig gibt es u. a. zehn Hochschulen mit rund 60.000 Studenten und jährlich ca. 10.000 Absolventen (Stand: 2001)wie

  • Universität Danzig (Uniwersytet Gdański) (33.000 Studenten)
  • Technische Universität Danzig (Politechnika Gdańska) (18.000 Studenten)
  • Danziger Medizinische Universität (Gdański Uniwersytet Medyczny)
  • Sporthochschule Danzig (Akademia Wychowania Fizycznego im. Jędrzeja Śniadeckiego)
  • Musikakademie Danzig (Akademia Muzyczna im. Stanisława Moniuszki)
  • Kunstakademie Danzig (Akademia Sztuk Pięknych)
  • Ateneum – Szkoła Wyższa
  • Gdańska Wyższa Szkoła Humanistyczna
  • Gdańska Wyższa Szkoła Administracji
  • Wyższa Szkoła Bankowa
  • Wyższa Szkoła Społeczno-Ekonomiczna
  • Wyższa Szkoła Turystyki i Hotelarstwa w Gdańsku
  • Wyższa Szkoła Zarządzania sowie
  • Polnische Akademie der Wissenschaften, Danzig ( regionale Abteilung ).

Wappen

Das Großwappen der Stadt Danzig besteht aus einem von zwei goldenen Löwen flankierten, gotischen Schild. Der rote Wappenschild enthält oben eine offene goldene Krone und darunter zwei gleicharmige, silberne (weiße) Kreuze. Zu Füßen des Schildes und der Schildhalter zeigt es in einer goldenen Schleife die schwarz geschriebene Devise: nec temere nec timide – weder unbesonnen noch furchtsam.

Wirtschaft

Danzig ist seit der Hansezeit als Handelsstadt bekannt vor allem wegen der günstigen Lage an der Ostsee. Der Hafen spielt immer noch eine große Rolle für die polnische Wirtschaft mit 23,3 Mio. t Frachtumschlag (2004). Die wichtigsten Industrien der Stadt sind der Schiffbau (z. B. die Firmen Gdansk Shipyard und Northern Shipyard SA), die petrochemische und chemische Industrie (z. B. die Grupa LOTOS SA) sowie neuerdings Hochtechnologien wie Elektronik (z. B. Intel oder WS OY (Young Digital Poland), Telekommunikation und Informationstechnologie (z. B. Wirtualna Polska, Lido Technologies). Auch die pharmazeutische Industrie, die Lebensmittelindustrie (z. B. PepsiCo (USA), Dr. Oetker (Deutschland), Fazer OY (Finnland) und Baltic Malt/Weissheimer Malz (Deutschland)) und der Kosmetiksektor gewinnen an Bedeutung.

Verkehr

Danzig wird bis 2013 über die Autobahn A1 an Mittel- und Südpolen sowie die Slowakei und Tschechien angeschlossen.

Die Stadt ist mit der Eisenbahn direkt von Berlin, Kaliningrad (Königsberg) und den wichtigsten polnischen Städten zu erreichen. Es gibt eine S-Bahn (SKM Szybka Kolej Miejska w Trójmieście), die Danzig mit Sopot (Zoppot), Gdynia (Gdingen) und Wejherowo verbindet.

Seit dem Beitritt Polens zur EU wächst der Danziger Flughafen stark und wird unter anderem von den Billigfluggesellschaften Ryanair und Wizzair angeflogen.

Die Stadt ist zudem mit der Fähre von Schweden (Karlskrona, Malmö und Nynäshamn) und Dänemark (Kopenhagen) zu erreichen.

Der innerstädtische Verkehr wird durch Straßenbahnen und ein dichtes Busnetz bewältigt.

Tourismus

Danzig ist der Startpunkt des Radweges EuroVelo 9 (Ostee-Adria-Route oder Bernsteinroute/ PL: Szlak bursztynowy), der von Danzig durch Polen, Tschechien, Österreich und Slowenien nach Pula in Kroatien läuft. Die rund um die Ostsee führende EuroVelo 10 (Ostsee-Radweg oder Hanse-Route / PL: Obwód Hanzeatycki) läuft ebenfalls durch Danzig.

Der Tourismus ist eine wichtige Einkommensquelle mit etwa 1,5 Mio. Touristen jährlich.

Regelmäßige Veranstaltung: Im August findet in der Altstadt der Dominikanermarkt statt, zu dem auch zahlreiche Auswärtige anreisen.

Sehenswürdigkeiten

  • Krantor
  • Grünes Tor
  • Rechtstädtisches Rathaus
  • Marienkirche
  • Trinitatiskirche, Grabstätte von Anton Möller, „Der Maler von Danzig“
  • Königliche Kapelle
  • Großes Zeughaus
  • Artushof
  • Neptunbrunnen
  • Große Mühle
  • Katharinenkirche
  • Altstädtisches Rathaus
  • Solidarność-Denkmal am Tor 2
  • Frauengasse Danzig: Sie gehört zu den schönsten Straßen der Stadt und verläuft von der Marienkirche bis zum mittelalterlichen Frauentor an der Mottlau. Mit ihren schmalen und reich geschmückten Bürgerhäusern und den Beischlägen ist sie ein Beispiel für die einstige Danziger Straßenbebauung.
  • Langer Markt
  • Langgasse
  • Langgassertor
  • Lange Brücke
  • Nationalmuseum (insbesondere gotische Malerei und Plastik, Hans Memlings „Jüngstes Gericht“)
  • Schiffsmuseum mit dem Museumsschiff Sołdek
  • Lwi Dwór typisches Fachwerkhaus niederländischer Siedler des 16. Jahrhunderts
  • Westerplatte-Denkmal

Partnerstädte

  • Astana (Kasachstan)
  • Barcelona (Spanien)
  • Bremen (Deutschland)
  • Cleveland (Vereinigte Staaten)
  • Helsingør (Dänemark)
  • Kaliningrad (Russland)
  • Kalmar (Schweden)
  • Marseille (Frankreich)
  • Nizza (Frankreich) Odessa (Ukraine)
  • Palermo (Italien)
  • Rotterdam (Niederlande)
  • Rouen (Frankreich)
  • Sankt Petersburg (Russland)
  • Sefton (Vereinigtes Königreich)
  • Shanghai (Volksrepublik China)
  • Turku (Finnland)
  • Vilnius (Litauen)

Persönlichkeiten

Zu den bekanntesten Persönlichkeiten von Danzig gehören Ludwig August Clericus, Daniel Gabriel Fahrenheit, Andreas Schlüter, Arthur Schopenhauer, Johannes Hevelius, Daniel Nikolaus Chodowiecki, Hugo Conwentz, Günter Grass, Rupert Neudeck, Pawel Huelle, Lech Wałęsa, Dariusz Michalczewski, Tomasz Wałdoch, Andrzej Grubba und Donald Tusk.

Verweise

Bibliografie

  • Bibliographie zur Geschichte Danzig bei LitDok Ostmitteleuropa / Herder-Institut (Marburg)

Literatur

  • Udo Arnold: Danzig. Warschau 1998
  • Frank Fischer: Danzig. Die zerbrochene Stadt, Propyläen Verlag, Berlin 2006
  • Fritz Krischen: Kunst und Geschichte, Danzig : [Techn. Hochschule], 1931

Fußnoten

  1. ↑ Główny Urząd Statystyczny, „LUDNOŚĆ – STAN I STRUKTURA W PRZEKROJU TERYTORIALNYM“, Stand vom 31. Dez. 2009 (WebCite)
  2. ↑ Heinrich Gottfried Philipp Gengler: Regesten und Urkunden der Verdassungs- und Rechtsgeschichte der deutschen Städte im Mittelalter, Erlangen 1863, S. 700 ff., online.
  3. ↑ Ipse vero (Adalbertus) adiit primo urbem Gyddanyzc, quam ducis (Poloniorum Bolizlavi) latissima regna dirimentum maris confinina tangunt. Kazimierz Lucyan Ignacy Römer: Beiträge zur Beantwortung der Frage nach der Nationalität des Nicolaus Copernicus, 1872, 212 Seiten
  4. ↑ Johannes Voigt: Geschichte Preußens von den ältesten Zeiten bis zum Untergange der Herrschaft des Deutschen Ordens. Vierter Band: Die Zeit von der Unterwerfung Preußens 1283 bis zu Dieterichs von Altenburg Tod 1341, Königsberg 1830, S. 210–219, online.
  5. ↑ Danzig Museum: Aus der Geschichte der Stadt Danzig
  6. ↑ Mennonitisches Lexikon, Band 1. 1913, S. 426.
  7. ↑ Antoni Walewski: Geschichte der hl. Ligue und Leopolds I. vom Umschwung im ... S. 344
  8. ↑ Übersicht übder die Preußische Handelsmarine (E. Wendt & Co., Hrsg.), Stettin 1848, S. 6-8.
  9. ↑ Für 1821, 1831, 1852, 1861, 1871, 1890, 1900, 1910: Leszek Belzyt: Sprachliche Minderheiten im preußischen Staat 1815–1914. Marburg 1998. S.95;
  10. • für 1880 und 1929; http://www.xxx
  11. für 31. Dez. 2005; Główny Urząd Statystyczny; http://www.xxx
  12. ↑ Leszek Belzyt: Sprachliche Minderheiten im preußischen Staat 1815–1914. Marburg 1998. S. 95
  13. ↑ Echt, Samuel: Die Geschichte der Juden in Danzig, Verlag Rautenberg, Leer/Ostfriesland 1972.

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Geschichte der Stadt Danzig

Dieser Artikel beschreibt die Geschichte der Stadt Danzig (polnisch Gdańsk).

Vorgeschichte

Polnische Wissenschaftler haben in komplexer Zusammenarbeit seit 1948 archäologische Untersuchungen zur Vorgeschichte Danzigs durchgeführt. Grabungen am Rechtstädtischen Rathaus und am Neptunsbrunnen haben mehrere Schichten von aufeinander folgenden sehr frühen Siedlungsspuren gerade an jener Stelle aufgedeckt, wo innerhalb der stark versumpften Mottlauniederung ein als Baugrund geeigneter Sandrücken vom Hagelsberg im Verlaufe der heutigen Langgasse (pl. Długa) zur Mottlau führt.

  • Die älteste Schicht könnte auf das 7. Jahrhundert datiert werden. Fragmente einer relativ starken Kulturschicht werden auf die zweite Hälfte des 9. oder den Anfang des 10. Jahrhunderts datiert. Diese Siedlung war mit einem Erdwall mit Faschinenverstärkung umgeben. Die Bewohner trieben Ackerbau, Viehzucht und Fischfang und übten Handwerke aus, wie z. B. das Schmiedehandwerk.
  • Hierauf folgt eine Siedlung des 10. bis 12. Jahrhunderts, die ebenfalls durch eine starke Holz-Erde-Befestigung gesichert war, in der sich aber keine Spuren von Tierdung fanden. Sie war demnach eine Siedlung des Hafen-Handelstyps und dürfte auch über einen Markt verfügt haben. Ihre räumliche Ausdehnung wird auf höchstens drei Hektar, ihre Einwohnerzahl auf höchstens 2.000 Bewohner geschätzt, doch das sind sehr hypothetische Annahmen. Demnach dürfte das älteste Siedlungsgebiet Danzigs auf dem Terrain der späteren Rechtstadt gelegen haben.

Viele Fragen bleiben noch offen. So die nach dem Verhältnis der einzelnen Siedlungsschichten zueinander, aber auch die Frage, ob schon die ältesten aufgedeckten Siedlungen von Slawen bewohnt waren. Es ist zu bedenken, dass vor dem Eindringen der Slawen Prußen auch westlich der Weichsel bis hin zur Persante siedelten, wie aus vielen Orts- und Gewässernamen und der Tatsache zu erschließen ist, dass die kaschubische Sprache Substratelemente aus dem Altpreußischen enthält. In geschichtlicher Zeit lebten noch Prußen in Danzig. In der Danziger Gegend gab es noch geschlossene prußische Siedlungen. Im Jahre 997 wurden Prußen in der Danziger Gegend getauft, wie es aus der Vita Sankt Adalbert von Prag zu ersehen ist. Obwohl die Küstengegend schon lange vorher besiedelt war, hat man das allgemein bekannte Datum benutzt um 1997 '1000 Jahre Polnisch Gdańsk' zu feiern, wobei die Kirche Polens nur 1000 Jahre Christentum feierte. Vielleicht ist der Ort "Praust, pl Pruszcz", ein Hinweis auf seine prußischen Bewohner.

Unter Swantopolk II., der unter der Oberhoheit der Brandenburger Markgrafen und dem Heiligen Römischen Reich regierte, wurde die deutschrechtliche Stadt Danzig mit Lübischem Recht gegründet. Als Mestwin II. 1271 die Brandenburger Markgrafen um Unterstützung gegen seinen Bruder Wartislaw bat, sprach er von den "burgensibus Theutonicis fidelibus sepedicte civitatis Gedanensis, Prutenis quoque et nostris quibusdam specialiter fidelibus Pomeranis", also von den treuen deutschen Bürgern der oft genannten Stadt Danzig, aber auch von den Prußen und den besonders treuen Pomeranen (die also nicht in der deutschen Stadt lebten, sondern auf dem Gebiet der späteren Danziger Altstadt, in der so genannten Grodstadt).

Ausgrabungen auf dem Gelände der Altstadt haben ergeben, dass an der Mündung der Mottlau in die Weichsel, vermutlich auf einer Insel, die durch zwei Mottlauarme gebildet wurde, "eine Burg mit einer Burgsiedlung entstanden ist, die ein politisch-administratives Zentrum und zugleich einen wirtschaftlichen Mittelpunkt für Handwerk und Handel bildete" (Lingenberg, S. 269). Die Entstehung dieser Burgsiedlung wird für die Mitte des 10., vielleicht schon für das 9. Jahrhundert angenommen. Polnische Forscher vermuten, dass sie im Zuge der Eroberung Pommerns durch einen polnischen Fürsten gebaut worden sei. Dann wäre sie als Zwingburg gegenüber der etwa 300 bis 400 Meter entfernt gelegenen vorgenannten Siedlung anzusehen.

Mittelalter

Die Stadt Danzig, über deren Gründung keine Details bekannt sind[1], stand schon zu Ende des 10. Jahrhunderts in Blüte und Ansehen und wurde damals die Hauptstadt von Pommerellen. 979 wurde Pommern durch den polnischen Fürsten Mieszko I. erobert, der eine Festung bei Danzig gründete. Auf Betreiben des polnischen Herzogs Bolesław I. Chrobry und seinen weitverbreiteten Eroberungszügen kam Bischof Adalbert von Prag nach Danzig und predigte 997 das Christentum bei dem baltischen Stamm der Pruzzen. Als Polen um 1034 im Chaos einer heidnischen Reaktion zerbrach, konnten sich die slawisch-pommerschen Stämme wieder von der Zentralgewalt aus Gnesen befreien. Viele Eroberungszüge der Polen gegen die Pommern und gegen die Prußen konnten im 11. und 12. Jahrhundert abgewehrt werden. Um 1047 wurde Pommerellen mit Danzig Teil des Piasten-Staates des polnischen Herzogs Kasimir I. Sein Sohn König Bolesław II. verlor um 1060 die Kontrolle über Pommerellen wieder und somit den Zugang zur Ostsee, welches unabhängig durch einheimische slawische Regenten bis 1116 regiert wurde. 1116 unterwarf der polnische Herzog Bolesław III. Schiefmund ganz Pommerellen mit Danzig. Nach dem Tod von Bolesław brach in Polen der Partikularismus aus, und Danzig wurde im Rahmen der Senioratsverfassungsordnung dem Krakauer Seniorherzog unterstellt. Trotz der Verfassung, die die Einheit Polens sichern sollte, zerbrach das Land in eine Vielzahl, zeitweilig einander bekriegender piastischer Herzogtümer. Um 1180 setzte der polnische Seniorherzog Kasimir II. einen gewissen Sambor I. als Regenten in Danzig ein. Nach dem Tode Sambors übernahm sein Bruder Mestwin I. (Mściwoj) das Danziger Land. Dessen Sohn und Nachfolger Swantopluk (Świętopełk) erreichte nach einem von ihm initiierten Mordanschlag auf den polnischen Seniorherzog Leszek den Weißen (Leszek Biały) um 1227 die volle politische Selbständigkeit. 1221 eroberte König Waldemar II. von Dänemark Danzig, verlor es aber schon 1225 an den Herzog Swantopluk.

Ähnlich erging es auch seinem Sohn Mestwin II. mit den gegen seinen Bruder zu Hilfe gerufenen Brandenburgern, von denen er 1271 seine Hauptstadt zurückerobern musste. Kämpfe innerhalb der Dynastie Samboriden, wie auch die wachsende Bedrohung seitens der Mark Brandenburg und des Deutscher Orden führten zu einem engeren Anschluss Pommerellens an Polen. Als Mestwin II. 1294 ohne männliche Erben starb, fiel Danzig, laut dem Vertrag von Kempen (Kępno) von 1282 an den Herzog von Großpolen und König von Polen Przemysław II., nach dessen Tod 1296 übernahm sein Erbe der spätere König von Polen und Herzog von Kujawien Władysław Łokietek, der aber um 1300 von den Böhmen (Tschechen) Wenzel II. aus Polen vertrieben wurde. Nach dem Mord am letzten Vorsteher der Przemysliden Wenzel III. 1306 konnte Wladyslaw aus dem ungarischen Exil nach Polen zurückkehren und sich wieder in Teilen Polens und in Pommerellen durchsetzen.

Übernahme durch den Deutschen Orden

1308 rief Władysław Łokietek den Deutschen Orden gegen die Brandenburger zu Hilfe, die Danzig belagerten. Einer der Beweggründe für die Belagerung war der, dass die brandenburgischen Askanier vom römisch-deutschen Kaiser Friedrich II. im Dezember 1231 in Ravenna mit Pommern und Pommerellen belehnt worden waren und dass sie nach dem Tod des letzten pommerellischen Herzogs von dieser Belehnung, die noch am 8. Januar 1295 in Mühlhausen erneuert worden war, Gebrauch machen wollten. Den brandenburgischen Truppen öffneten deutsche Bürger Danzigs die Stadttore. Da der Deutsche Orden bei der Verteidigung der Danziger Burg mithalf, konnte der Markgraf von Brandenburg die Burg jedoch nicht einnehmen. Er zog aus Danzig ab, ließ jedoch eine schwache brandenburgische Besatzungstruppe zurück. Als die Verteidiger der Burg ihre militärische Überlegenheit erkannten, drangen sie in die Stadt ein und überwältigten die zurückgelassenen brandenburgischen Truppen. Der überwiegende Teil wurde niedergemetzelt. Danziger Parteigänger, die den brandenburgischen Truppen bei der Einnahme der Stadt behilflich gewesen waren, wurden hingerichtet.[2] Der Deutsche Orden besetzte die Stadt und behielt sie - da die versprochene Entschädigung nicht ausgezahlt worden war - in seinem Besitz.

Um den Besitz Pommerellens mit Danzig rechtlich abzusichern, kaufte der Orden im Vertrag von Soldin am 13. September 1309 den Brandenburgern alle ihre - polnischerseits allerdings angezweifelten - Besitztitel an Pommerellen ab, die sie seit 1269 (siehe auch Vertrag von Arnswalde) und aufgrund der früher durch Kaiser Friedrich II. erfolgten Belehnung mit Pommerellen geltend machen konnten, für 10000 Mark Silber ab. Die Annexion Pommerellens durch die Ritter des Ordens führte zu einem langanhaltenden Rechtsstreit zwischen dem Königreich Polen und dem Deutschen Orden, der 1343 durch einen Vergleich im Friedensvertrag von Kalisch beendet wurde. Danach herrschte zwischen dem Deutschordensstaat und dem Königreich Polen 66 Jahre lang Frieden.

Spätmittelalter: Hansezeit und Deutscher Orden

Bereits im 13. Jahrhundert gewann die Rechtsstadt eine immer stärkere Position in der Hanse, am Ende des 13. Jahrhunderts hatte sie ein Mitspracherecht bei den Gerichtsangelegenheiten des Kontors Peterhof in Nowgorod und in Pommerellen. Danzig wurde zum Vorort des preußischen Quartiers. Um 1350 trat sie dem Bund der Hanse bei. Seit 1361 ist die Teilnahme am Hansetag belegt, bereits 1377 hatte Danzig eine ebenso bedeutende Stellung innerhalb des Hansebundes wie Thorn und Elbing. An den Auseinandersetzungen der Hanse mit Dänemark und Schweden nahm Danzig seit 1367 teil (siehe auch Kölner Konföderation).

Zahlreich waren in der Folgezeit die Spannungen und Streitigkeiten zwischen der Stadt und dem Deutschen Orden um den freien Handel und die Kontrolle über die Schifffahrt. 1343 wurde an Stelle des lübischen Rechtes das im Gebiet des Ordens gültige Kulmer Recht eingeführt. Der Polenkönig Kasimir III. erkannte im Vertrag von Kalisch 1343 die Herrschaft des Deutschen Ordens formell an, ohne jedoch die Rechtstitel an Danzig und Pommerellen preiszugeben.

Der wachsende Reichtum der Stadt zeigte sich in der starken Erweiterung des Stadtareals, die auch wegen der zahlreichen Einwanderer notwendig wurde (Kaufleute und Handwerker, u. a. aus den Hansestädten, aus Brandenburg, Obersachsen und Thüringen). Auf den Fundamenten der alten Burganlage errichtete der Orden um 1340 eine große Burg, die zum Sitz des Danziger Komturs wurde. Aus jener Zeit stammen viele bedeutende Bauten, z. B. die Anlage der Rechtstadt (1340), der Jungstadt (1380) und der Vorstadt (1393). Das Stadtgebiet dehnte sich nach Norden aus, wo die sogenannte Neustadt entstand (Pfarrkirche St. Johannes ca. 1349) und auch nach Süden, wo sich die sog. Vorstadt um die Schiffswerft entwickelte (Filialkirche St. Peter und Paul um 1400). Die Rechtsstadt hatte seit 1378 eine Ratsverfassung; am Langen Markt entstand 1380 das Rathaus, seit 1343 wurde die Marienkirche ausgebaut. Seit der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts führte die schnelle Entwicklung Danzigs wiederholt zu Konflikten zwischen dem Patriziat, das den Rat bildete, und den Handwerkern sowie den neu zugezogenen Kaufleuten (1363, 1378).

Unter dem Hochmeister Konrad von Jungingen (1393-1407) erscheint Danzig zuerst kriegerisch tätig, indem es für den Schwedenkönig Albrecht Stockholm besetzte und durch seinen Kampf mit den seeräuberischen Vitalienbrüdern auch mit Margarethe von Dänemark in einen Krieg verwickelt wurde. Als infolge der Niederlage Ulrichs von Jungingen bei Tannenberg 1410 die Macht des Deutschen Ordens sank, benutzte Danzig diesen Umstand, um sich vom Orden zu lösen. Der Danziger Rat ging zum polnischen König Władysław II. Jagiełło über. Es kam zu blutigen Repressalien gegen die Ratsherren, als der Deutsche Orden die Macht im Kern seines Territoriums im Erster Frieden von Thorn in 1411 zurückerlangte. In der Folgezeit versuchte Danzig, sich finanziellen Leistungen an den Orden zu entziehen. 1416 führten Unruhen in der Stadt zum Eingreifen der Ordensritter und zu einer verstärkten Abhängigkeit Danzigs vom Deutschen Orden in der Mitte des 15. Jahrhunderts.

Die Politik der Stadt Danzig gegenüber der Hanse wurde teilweise durch den Deutschen Orden beeinflusst, der sie zur Neutralität im Krieg der Hanse (1426-1435) gegen Erich von Pommern zwang; innerhalb der Hanse aber betrieb Danzig immer mehr eine eigene Politik, unabhängig von der Stadt Lübeck, zu der ein gewisser Interessengegensatz bestand. Dieser äußerte sich in der Zeit nach dem Frieden von Utrecht darin, dass Danzig der Politik der Monopolisierung des Ostseehandels zugunsten der Städte des Wendischen Viertels der Hanse und damit insbesondere Lübecks nicht mehr folgte und die mit diesen Städten bislang gemeinsam bekämpften Umlandfahrer, wie die englischen Merchant Adventurer, unterstütze.

Danzig wurde Mitglied im sogenannten Preußischen Bund, zu dem sich 1440 die ständische Mitregierung fordernden Städte und Adligen in Preußen zusammengeschlossen hatten. Als der Preußische Bund den polnischen König Kasimir IV. um Hilfe gegen den Orden bat, brach zwischen dem Bund, Polen auf der einen und dem Deutschen Orden auf der anderen Seite der Dreizehnjährige Krieg aus: Am 6. März 1454 ging Danzig auf Antrag der von Hans von Baysen angeführten Gesandtschaft des Preußischen Bundes mit dem seit 10. Februar 1454 mit Elisabeth von Habsburg verheirateten König Kasimir IV. eine Schutzbeziehung ein; Diese Schutzbeziehung mündete während des von Danzig finanzierten Dreizehnjährigen Krieges gegen den Orden 1457 mit der Verleihung des Großen Privilegs (Landgebiet, Hoheitsrechte und weitgehende Autonomie) an Danzig. Im Zweiten Frieden von Thorn von 1466 kam Danzig dauerhaft an das Königliche Preußen, das der Krone Polens, d. h. dem König persönlich, unterstellt war. Danzig wurden die bereits 1454, 1455 und 1457 verliehenen weitgehenden Autonomierechte bestätigt und es durfte gemäß dem ihm erteilten Privilegium Casimirianum seine Ämter selbst besetzen, erhielt die vollständige Gerichtsbarkeit (nach eigenem Gesetzbuch, Danziger Willkür genannt), Befreiung von allen Zöllen und Abgaben und von der Rechnungslegung über seine Einkünfte, das Münzrecht, das Recht, eigene Besatzung zu halten, und völlig freie Entscheidung über Krieg, Bündnisse und Frieden. Die Oberhoheit des Königs von Polen repräsentierte ein Mitglied des Stadtrats, den Burggrafen. Die Stadt hielt in Warschau ihren Sekretär und stimmte auf Reichstagen und bei Königswahlen mit. Die vier Stadtteile wurden nun zu einem Ganzen vereinigt und dem rechtstädtischen Rat untergeordnet.

Streitigkeiten mit dem König wegen Besetzung des Bistums Ermland führten zu dem achtjährigen Pfaffenkrieg (1472-1480|80), in welchem sich zwar Danzigs Macht, aber auch die polnische Antipathie gegen diese Stadt bewährte.

Reformation und Renaissance

Schon 1523 nahm Danzig die Reformation an, die jedoch nicht ohne heftige innere Kämpfe festen Fuß fassen konnte. Am verderblichsten für die Zukunft der Stadt war die Durchstechung der Großen Kampe, einer Flussinsel vor der Spaltung der Weichsel (in Weichsel und Nogat), seitens der Elbinger und Marienburger, wodurch die Tiefe des Fahrwassers im Verlauf eines Jahres um die Hälfte vermindert wurde. Um etwa 1534 siedelten sich in und um Danzig auch aus den Niederlanden geflüchtete Mennoniten an [3]. Im Jahr 1569 entstand formell auch eine flämische Mennonitengemeinde.

Danzig ist als einzige Stadt (Stadtrepublik) in den Ländern der polnischen Krone der während der Union von Lublin von 1569 vom polnischen König Sigismund II. (Polen) aus der bisherigen Personalunion zwischen dem Königlichen Preußen, Polen und Litauen beschlossenen Realunion - der polnischen Adelsrepublik (Rzeczpospolita) - nicht beigetreten.

Als 1575 Stephan Báthory zum König von Polen gewählt wurde, wollte ihn Danzig nicht anerkennen und erklärte sich für Kaiser Maximilian II., welcher der Stadt bedeutende Handelsvorteile zusichern ließ. Selbst nach dessen Tod 1576 wollte Danzig dem König Stephan die Huldigung nur gegen bedeutende Zugeständnisse leisten. Danzig wurde daher belagert, verteidigte sich aber 1577 so entschlossen, dass sich der König mit einer Abbitte und der Zahlung von 200.000 Gulden begnügte.

1656 belagerten die Schweden die Stadt zu Wasser und zu Lande, wurden aber durch Hilfstruppen des Königs Johann II. Kasimir und durch eine holländische Flotte vertrieben, worauf die Holländer mit dem Großen Kurfürsten den Elbinger Vertrag am 10. September über die Neutralität Danzigs vereinbarten, den Schweden allerdings nicht anerkannte. 1734 wurde Danzig, weil es den König Stanislaus I. Leszczyński aufgenommen hatte, von den Russen und Sachsen unter Münnich belagert und trotz tapferer Gegenwehr nach mehrmonatlicher Einschließung durch ein Bombardement am 9. Juli zur Kapitulation genötigt. Bald darauf entstanden zwischen Magistrat und Bürgerschaft Streitigkeiten, die erst 1752 eine neue Gesetzgebung beilegte.

Bei der Ersten Teilung Polens 1772 behielt die Stadt zwar ihre Freiheit, aber da sie von preußischem Gebiet umschlossen und von starken Zöllen hart bedrückt war, nahmen der Handel, der Kunstfleiß und die Bevölkerung immer mehr ab. Bei der Zweiten Teilung Polens 1793 kam die Stadt an Preußen.

Koalitionskriege

Das Jahr 1806 wurde aber für Danzig wieder sehr verderblich. Schon vor der Kriegserklärung wurde der Hafen von den Schweden blockiert und von England auf die preußischen Schiffe ein Embargo gelegt. Nach der verlorenen Schlacht bei Jena und Auerstädt wurde in Danzig die Aufrüstung zum Widerstand mit Eifer betrieben. Die 21.700 Mann starke Besatzung genügend verproviantiert, die Niederung unter Wasser gesetzt und die Vorstädte zum Teil demoliert. Schon Anfang März rückten die Franzosen unter Marschall François-Joseph Lefebvre vor die Stadt.[4]

Trotz tapferer Verteidigung durch den Gouverneur Kalckreuth setzten sich die Belagerer am 1. April auf dem Zigankenberg fest und nahmen in der Nacht vom 12. auf den 13. April auch die Kalkschanze an der Weichsel. Sie wurde ihnen zwar wieder entrissen, aber die Danziger sahen sich genötigt, dieses höchstwichtige Werk selbst zu zerstören. In der Nacht vom 23. auf den 24. April begann das Bombardement der Stadt, das, nachdem Lefebvre am 25. April vergeblich zur Übergabe aufgefordert hatte, mit Nachdruck fortgesetzt wurde. Der furchtbarste Angriff der Belagerer am 21. Mai wurde noch einmal abgeschlagen, erschöpfte aber den letzten Pulvervorrat. Als nun auch die Lebensmittel zur Neige gingen, die Besatzung auf 7.000 Mann zusammengeschmolzen war, dagegen die Streitmacht des Feindes durch die Ankunft des Marschalls Edouard-Adolphe Mortier auf 60.000 Mann angewachsen war, kapitulierte die Stadt am 24. Mai.

Die Besatzung verließ am 27. Mai, als auch Weichselmünde kapitulierte, die Festung mit Kriegsehren und der Verpflichtung, ein Jahr lang nicht gegen Frankreich zu dienen. Den Einwohnern aber wurde eine Kriegssteuer von 20 Millionen Franc mit der Bewilligung allmählicher Bezahlung auferlegt.

Der Marschall Lefebvre erhielt den Titel eines Herzogs von Danzig. Im Tilsiter Frieden vom 9. Juli 1807 wurde Danzig als Freistaat mit einem Gebiet von 2 Lieues, die durch die willkürliche Erklärung Napoleons I. aus zwei deutsche Meilen im Umkreis ausgedehnt wurden, unter Frankreichs, Preußens und Sachsens Schutz anerkannt, doch blieb fortwährend ein französischer Gouverneur in der Garnison, und durch die Kontinentalsperre war der Handel mit England zerstört. Beim Rückzug aus Russland gelang es den französischen und polnischen Truppen des 10. französischen Armeekorps, sich in die Stadt zu retten.

Da erschien gegen Ende Januar 1813 ein aus 6.000 Kosaken bestehendes russisches Einschließungskorps, welches jedoch bald durch ein Korps von 7.000 Mann Infanterie und 2.500 Mann Kavallerie mit 60 Feldgeschützen unter dem Kommando des Generalleutnants von Loewis abgelöst wurde.[5] Die elfmonatige Belagerung brachte wieder schwere Not über die Stadt. Die heftigsten Ausfälle und Angriffe fanden am 4. Februar, 5. März, 27. April und, nachdem am 1. Juni das Belagerungsheer durch 8.000 Mann preußischer Landwehr unter dem Grafen Dohna verstärkt worden war, am 9. Juli statt. Nach dem Waffenstillstand vom 24. August übernahm der Herzog Alexander von Württemberg den Oberbefehl der Belagerungsarmee und fügte am 28. und 29. August, 1., 7. und 17. September und 1. November den Belagerten große Nachteile zu, während ein englisches Geschwader die Stadt von der Seeseite her beschoss.

Endlich kam am 17. November eine Kapitulation zustande, nach welcher die Garnison am 1. Januar 1814 mit der Verpflichtung, ein Jahr lang nicht gegen die Verbündeten zu dienen, nach Frankreich entlassen werden sollte. Diese Bedingungen erhielten jedoch die Genehmigung des Kaisers Alexander I. nicht, und General Rapp musste auf die Bedingung eingehen, dass alle Franzosen nach Russland abgeführt wurden.

Nach dem Wiener Kongress: Eingliederung in das moderne Preußen

Mit dem 3. Februar 1814 kehrte Danzig unter Preußens Oberherrschaft zurück; worauf die alte Verfassung wiederhergestellt wurde. 1816 wurde Danzig der Sitz der Regierung des Danziger Bezirks, des Konsistoriums und des Oberpräsidiums von Westpreußen. Rasch erfolgten nun, namentlich auf Veranlagung des Oberpräsidenten von Schön, zahlreiche und in alle Zweige tief eingreifende Verbesserungen. Großen Schaden erlitt die Stadt 1829 durch einen Durchbruch der Weichsel 1831, durch die asiatische Cholera und durch einen Brand im Juni 1858. Seit 1863 hat die städtische Verwaltung einen neuen, großartigen Aufschwung genommen, hervorgerufen durch die Amtstätigkeit des Oberbürgermeisters v. Winter. Ihm verdankt die Stadt die Anlage einer Wasserleitung und die Kanalisation, die hier zuerst auf dem Kontinent gebaut wurde. Seitdem haben sich die Gesundheitsverhältnisse der Stadt erheblich verbessert.

Nach der Teilung der ehemaligen Provinz Preußen am 1. Juli 1878 ist Danzig Hauptstadt der Provinz Westpreußen geworden. Im Jahr 1902 wurde das Dorf Zigankenberg eingemeindet.

Freie Stadt Danzig

Mit dem Vertrag von Versailles 1919 wurde Danzig mit seinen umliegenden Gebieten vom Deutschen Reich getrennt und am 15. November 1920 zu einem unabhängigen Staat, der Freien Stadt Danzig, erklärt. Dieser Staat stand allerdings unter Aufsicht des Völkerbunds; polnische und englische Truppen gewährleisteten den neuen Status der Stadt. Da diese Entscheidung nicht von einer Volksabstimmung abhängig gemacht wurde, sahen das Deutsche Reich und die mehrheitlich deutschen Bewohner der Stadt das vom US-Präsidenten Wilson geforderte Selbstbestimmungsrecht der Völker verletzt.

Am 6. Dezember 1920 konstituierte sich der erste Danziger Volkstag, der aus freien Wahlen hervorgegangen war. Er bestand aus 120 Abgeordneten. Oberbürgermeister Heinrich Sahm wurde zum Präsidenten des Senats der Freien Stadt Danzig gewählt. Die Parteien stellten die folgenden Abgeordneten:

  • Deutschnationale Volkspartei: 34
  • Freie Wirtschaftliche Vereinigung: 12
  • Deutsche Demokratische Partei: 10
  • Zentrumspartei: 17
  • Sozialdemokratische Partei: 19
  • Unabhängige Sozialdemokraten: 21
  • Polnische Partei: 7.

1923 gaben im Rahmen einer Volkszählung 95 Prozent der Bürger Deutsch und vier Prozent Polnisch bzw. Kaschubisch als Muttersprache an. Entgegen dem Volkszählungsergebnis schätzte der polnische Historiker Drzycimski den Anteil polnischer Bürger an der Danziger Gesamtbevölkerung im Jahr 1923 auf 16 Prozent.

  •                           Ergebnis der Volkszählung vom 1. November 1923
  •   
  • Nationalität             Gesamt       Deutsch      Deutsch und      Polnisch und      Russisch,    Jiddisch      Keine
  •                                                                    Polnisch            Kaschubisch      Ukrainisch                     Angabe
  • Stadt Danzig           335.921       327.827       1.108                 6.788                    99            22               77
  • Landkreis Danzig    30.809         20.666          521                5.239               2.529          580           1.274
  • Gesamt                   366.730       348.493       1.629               12.027               2.628          602           1,351
  • Prozent                   100 %         95,03%        0,44 %             3,28 %              0,72 %        0,16 %      0,37 %

Die Freie Stadt Danzig bestand damals aus den Städten Danzig und Zoppot sowie den kleinen Städten Tiegenhof, Neuteich, Oliva und Ohra, wobei Neuteich und Tiegenhof im Danziger Werder bzw. im Kreis Großes Werder lagen. Die polnische Minderheit besaß eigene Schulen und ein Vereinswesen, wurde aber von der deutschen Bevölkerung des Öfteren mit Missgunst betrachtet und diskriminiert; außerdem lebten in Danzig vor 1939 Kaschuben und Russen. Unter den Einwohnern fanden sich auch zahlreiche Juden, die nach 1939 zum überwiegenden Teil enteignet und deportiert wurden.

Danzig hatte in der Zwischenkriegszeit nach einem anfänglichen Wirtschaftsaufschwung erhebliche wirtschaftliche Probleme, bedingt durch die Zollgrenzen zum Deutschen Reich, die globale Wirtschaftskrise und eine wenig entwickelte Industrie.

Der Hafen und der Zoll sowie die internationalen Eisenbahnverbindungen – jedoch nicht die Straßenbahn und Kleinbahnen im Freistaatgebiet – wurden unter polnische Verwaltung gestellt. Die Republik Polen legte im Danziger Hafen (Westerplatte) ein Munitionslager an und stationierte dort ihr Militär. Des Weiteren war es dem polnischen Staat zwecks Verbindung des Hafengebiets mit Polen erlaubt, eine Post- und Telegrafenverwaltung, das so genannte „Polnische Postamt“, im Hafengebiet einzurichten.

Die problematischen Verhältnisse, die Anlass für viele – unbeachtet gebliebene – Beschwerden der Freien Stadt Danzig an den Völkerbund waren, schufen unter der Bevölkerung Ressentiments gegen Polen.

Mitte 1933 kamen daher auch in Danzig die Nationalsozialisten (NSDAP) an die Macht, die sich aber wegen der internationalen Kontrolle des Gebietes bis 1936/37 mit Oppositionsparteien abfinden mussten, die bei den Volkstagswahlen von 1935 (trotz versuchter Wahlbeeinflussungen) eine Zwei-Drittel-Mehrheit der Nationalsozialisten klar verhindern konnten. Während Hermann Rauschning 1933/34 als Senatspräsident eine Annäherung zu Polen versuchte, blieb sein Nachfolger Arthur Greiser dazu auf Distanz und führte die Freie Stadt Danzig in zunehmende (auch finanzielle) Abhängigkeit zum Deutschen Reich. Ende August 1939 erklärte sich der Gauleiter Albert Forster selbst zum Staatsoberhaupt und verfügte am 1. September 1939 völkerrechtswidrig, nachdem reichsdeutsche Streitkräfte das polnische Munitionsdepot auf der Westerplatte angegriffen hatten, den Anschluss Danzigs an das Deutsche Reich. Der deutsche Angriff auf die Westerplatte wird heute als Beginn des Zweiten Weltkrieges gesehen.

Zweiter Weltkrieg

In den Zeiten des Zweiten Weltkrieges wurden insbesondere die Juden, aber auch die polnische Minderheit in Danzig deportiert (Juden wurden bereits seit 1933 systematisch verfolgt und entrechtet), viele verloren ihr Leben. Andere wiederum ließen sich auf der sogenannten Volksliste als Deutsche eintragen und entgingen so der Verfolgung durch Nationalitätswechsel. Dazu wurden viele dieser Menschen in Konzentrationslager (wie das KZ Stutthof) deportiert und ermordet.

1941 befand sich in Danzig-Langfuhr die Flugzeugführerschule A/B 6. Ende März 1945 wurde Danzig von der Roten Armee im Zuge der Schlacht um Ostpommern eingeschlossen und erobert. Durch die Kampfhandlungen sind große Teile der Innenstadt (bestehend aus Rechtstadt, Altstadt, Vorstadt und Niederstadt) zerstört worden. Während und nach dem Einmarsch wurden die noch erhaltenen Häuser der Innenstadt von den sowjetischen Soldaten geplündert und in Brand gesteckt. Insgesamt wurde ein sehr hoher Anteil der Bebauung zerstört.

Bereits in den ersten Nachkriegsmonaten wurden die meisten in Danzig verbliebenen Deutschen von den sowjetischen Besatzern und polnischen Behörden vertrieben. Zurück blieb eine Minderheit von etwa fünf Prozent der ursprünglichen Stadtbevölkerung mit zumeist auch polnischen Vorfahren. Die Vertreibung wurde von den polnischen Behörden geduldet und nicht wie oft fälschlicherweise angenommen "systematisch" vorbereitet. Als Folge des Zweiten Weltkriegs und des Bierut-Dekretes wurde das Eigentum von Personen deutscher Nationalität und Herkunft enteignet. Straftaten, die gegen die deutsche Zivilbevölkerung begangen wurden hat man juristisch nur bedingt verfolgt. Aufgrund des Leidens der polnischen Bevölkerung während des Krieges und der Nachkriegsjahre wurden diese Geschehnisse nie richtig aufgearbeitet.

Nachkriegszeit – Polen

Die Danziger Rechtstadt sowie zahlreiche Baudenkmäler der Altstadt wurden in Anlehnung an frühneuzeitliche Vorbilder rekonstruiert.

Zugleich wurden insbesondere in den Sechzigern, in den Vorstädten wie Przymorze Trabantensiedlungen errichtet. Charakteristisch sind hier die sogenannten Wellenhäuser - Wohnblöcke von teilweise mehreren hundert Metern Länge in Plattenbauweise, die mäandrieren und so eine Assoziation zum nahe gelegenen Meer hervorrufen sollen.

Anfang der 1980er begann die Gewerkschaftsbewegung Solidarność unter Führung von Lech Wałęsa in der Danziger Werft ihren Widerstand gegen die kommunistische Herrschaft in Polen.

Gegenwart

Mit dem Fall des Eisernen Vorhanges veränderte sich die Lage der nationalen Minderheiten in der Republik Polen, auch die der deutschen Minderheit. In Danzig wurde im Jahre 1990 der Bund der Deutschen Minderheit gegründet (Mitgliederstärke: 5.512 Mitglieder; Quelle: Bund der Deutschen Minderheit, Danzig, 2005). Bald darauf begannen jüngere polnische Danziger, die bislang versteckten Spuren des deutschen Danzig zu entdecken; diese Suche nach lokaler Identität ist auch heute noch im Gange. Zu den wichtigsten Personen dieses Identitätsdiskurses zählen der liberale Politiker Donald Tusk sowie die Schriftsteller Paweł Huelle und Stefan Chwin.

Günter Grass fasste im Roman Die Blechtrommel die Geschichte Danzigs lapidar so zusammen (bevor er sie ausführlicher nachzeichnet):

  • Zuerst kamen die Rugier, dann kamen die Goten und Gepiden, sodann die Kaschuben, von denen Oskar in direkter Linie abstammt. Bald darauf schickten die Polen den Adalbert von Prag. Der kam mit dem Kreuz und wurde von Kaschuben oder Pruzzen mit der Axt erschlagen.
  • Das geschah in einem Fischerdorf und das Dorf hieß Gyddanyzc. Aus Gydannyzc machte man Danczik, aus Danczik wurde Dantzig, das sich später Danzig schrieb, und heute heißt Danzig Gdańsk. (Die Blechtrommel, Luchterhand 1959, S. 379)

Verweise

Literatur

Quellen

  • Daniel Gralath: Versuch einer Geschichte Danzigs aus zuverlässigen Quellen und Handschriften. Hartung, Königsberg 1789. Erster Band, 545 Seiten (Volltext).
  • Scriptores Rerum Prussicarum - Die Geschichtsquellen der Preußischen Vorzeit bis zum Untergange der Ordensherrschaft (Theodor Hirsch, Max Töppen und Ernst Strehlke, Hrsg.), 5 Bände, Minerva GmBH, Frankfurt /Main 1965 (Nachdruck der Ausgabe von 1861 - 1872).
  • Goswin von Brederlow: Geschichte des Handels und der gewerblichen Kultur der Ostsse-Reiche im Mittelalter bis zum Schlusse des sechzehnten Jahrhunderts mit besonderem Bezug auf Danzig als Quartiersstadt des Hansebundes, und der sich in dieser Zeit entwickelnden inneren Staatsverhältnisse Preußens. Berlin 1820, 379 Seiten (Volltext).

Einzeldarstellungen

  • Werner Neugebauer: Neue polnische Forschungen zur Vor- und Frühgeschichte Westpreußens, Westpreußen Jahrbuch 1953, Leer/Ostfriesland
  • Andrzej Zbierski: Początki Gdańska w świetle najnowszych badań (Die Anfänge Danzigs im Lichte der neuesten Forschungen). In: Gdańsk, jego dzieje i kultura, Warschau 1969, S. 11–27
  • Wilhelm Brauer: Prußische Siedlungen westlich der Weichsel, J. G. Herder-Bibliothek Siegerland e.V., Siegen 1983
  • Heinz Lingenberg: Die Anfänge des Klosters Oliva und die Entstehung der deutschen Stadt Danzig, Klett-Cotta, Stuttgart 1982, ISBN 3-12-914900-7
  • Edmund Ciéslak/Czeslaw Biernat: History of Gdansk, Wydawnictwo Morskie, Gdansk 1988.
  • Paul Simson: Geschichte der Stadt Danzig bis 1626, 3Bde., Scientia Verlag Aalen 1967. ND 1913 - 1918
  • Erich Keyser: Danzigs Geschichte, 2. Aufl., Verlag A. W. Kasemann, Danzig 1928.
  • Gotthilf Löschin: Beiträge zur Geschichte Danzigs und seiner Umgebungen. Meistens aus alten Manuscripten und selten gewordenen Druckschriften gesammelt, Verlag Harro v. Hirschheydt, Hannover-Döhren 1977. ND 1837.
  • Frank Fischer: Danzig. Die zerbrochene Stadt, Propyläen Verlag, Berlin 2006.
  • Hans Georg Siegler: Danzig. Chronik eines Jahrtausends, Droste Verlag, Düsseldorf 1991.
  • Löschin, Gustav: Geschichte Danzigs, 2Bde., Danziger Verlagsgesellschaft,Klausdorf/Schwentine, o. J. ND 1822/1823.
  • Szermer, Bohdan: Gdansk - Vergangenheit und Gegenwart, Verlag Interpress, Warschau 1971.
  • Hirsch, Theodor: Handels- und Gewerbegeschichte Danzigs unter der Herrschaft des Deutschen Ordens, S. Hirzel, Leipzig 1858.

Fußnoten

  1. ↑ Heinrich Gottfried Philipp Gengler: Regesten und Urkunden der Verfassungs- und Rechtsgeschichte der deutschen Städte im Mittelalter, Erlangen 1863, S. 700-725..
  2. ↑ Johannes Voigt: Geschichte Preußens von der ältesten Zeit bis zum Untergange der Herrschaft des Deutschen Ordens. Vierter Band: Die Zeit von der Unterwerfung der Preußen 1283 bis zu Dieterichs von Altenburg Tod 1341, Königsberg 1830, S. 215.
  3. ↑ Mennonitisches Lexikon, Band 1. 1913, S. 426.
  4. ↑ Vergleiche z. B. Johann Karl Plümicke: Skizzierte Geschichte der Belagerung von Danzig durch die Franzosen im Jahr 1807, Berlin 1817, 277 Seiten.
  5. ↑ Vergleiche z. B. Johann Karl Plümicke: Skizzierte Geschichte der russisch-preußischen Blockade und Belagerung von Danzig im Jahr 1813, Berlin 1817, 211 Seiten.
  6.  

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Riga

Riga (lettisch Rīga) ist die Hauptstadt Lettlands und mit 709.145 Einwohnern größte Stadt des Baltikums. Mit über 882.000 Einwohnern in der Agglomeration ist Riga zudem der größte Ballungsraum in den drei baltischen Staaten. Die Stadt (7 m über NN) liegt an der Düna (lettisch: Daugava), nicht weit von der Rigaischen Bucht. Die Bevölkerungszahl ist seit der Wiederherstellung der Unabhängigkeit der Republik Lettland 1991 um rund 180.000 zurückgegangen, da viele der in den Jahrzehnten zuvor dort angesiedelten Russen abgewandert sind, aber auch wegen des Geburtendefizits. Riga ist politisches, wirtschaftliches und kulturelles Zentrum des Landes. Die alte Hansestadt ist berühmt für ihre Jugendstilbauten und ihre großzügige Anlage sowie für die gut erhaltene Innenstadt.

Geografie

Klima

Das Klima ist feucht-kontinental mit warmen, feuchten Sommern und schneereichen Wintern. Temperaturen bis −20 °C sind keine Seltenheit.

Stadtgliederung

  • Riga ist in drei Rajons (rajon) und drei Vororte (priekšpilsēta) gegliedert und umfasst zahlreiche Stadtteile:
  • Centra rajons (3 km²): Centrs, Vecpilsēta
  • Kurzemes rajons (79 km²): Āgenskalns, Bolderāja, Daugavgrīva, Dzirciems, Iļģuciems, Imanta, Kleisti, Ķīpsala, Rītabuļļi, Spilve, Voleri, Zasulauks
  • Zemgales priekšpilsēta (41 km²): Āgenskalns, Atgāzene, Beberbeķi, Bieriņi, Bišumuiža, Katlakalns, Mūkupurvs, Pleskodāle, Salas, Šampēteris, Torņakalns, Ziepniekkalns, Zolitūde
  • Ziemeļu rajons (77 km²): Čiekurkalns, Jaunciems, Kundziņsala, Mangaļsala, Mežaparks, Mīlgrāvis, Pētersala-Andrejsala, Sarkandaugava, Trīsciems, Vecāķi, Vecdaugava, Vecmīlgrāvis
  • Vidzemes priekšpilsēta (57 km²): Berģi, Brasa, Brekši, Bukulti, Dreiliņi, Jugla, Mežciems, Purvciems, Skanste, Suži, Teika
  • Latgales priekšpilsēta (50 km²): Avotu iela, Dārzciems, Dārziņi, Grīziņkalns, Ķengarags, Maskavas forštate, Pļavnieki, Rumbula, Šķirotava

Nachbarschaft

Das Stadtgebiet Rigas grenzt im Norden an die Ostsee, im Osten an die Gemeinden (novads) Carnikava, Garkalne und Stopiņi, im Süden an Salaspils, Ķekava und Olaine und im Westen an Mārupe, Babīte sowie die Stadt Jūrmala.

Geschichte

Gründung

Nach 1150 kamen gotländische Kaufleute regelmäßig zum Handel an den Unterlauf der Düna (lettisch: Daugava) am Flüsschen Rīdzene (deutsch: Riege, daher auch der Name Rīga), der hier in die Düna mündete und später zugeschüttet wurde. Nur anhand des heutigen Verlaufs bestimmter Straßen ist die Lage dieses Flusses nachvollziehbar. Mehrfach gingen Missionsbewegungen vom späteren Gründungsort Rigas aus, die jedoch bis zur Stadtgründung fehlschlugen. Vor allem im letzten Viertel des 12. Jahrhunderts gelangten zunehmend deutsche Kaufleute nach Livland, zunächst allerdings war der Semgallerhafen am Unterlauf der Aa (lettisch: Lielupe), etwa 50 km westlich Rigas, ein wichtiger Handelsplatz. Er wurde auf päpstlichen Beschluss hin 1200 geschlossen, um Riga als einzigen Handelsplatz zu etablieren. Die im Jahre 1201 von Bischof Albert von Buxhoeveden aus Bremen gegründete Stadt Riga war die Hauptstadt von Livland (lateinisch: Livonia). Riga war vor allem Sitz der Erzbischöfe von Riga, aber auch eine immer bedeutender werdende Handelsstadt, die der Hanse angehörte. Insbesondere in den ersten Jahrzehnten ihres Bestehens wuchs Riga mit beachtlicher Geschwindigkeit, so dass die bebaute Fläche innerhalb von weniger als 30 Jahren um etwa das 5- bis 6-fache gewachsen war. Seit 1211 gewannen die Bürger der Stadt, insbesondere die Kaufleute, die sich nach der Unterwerfung der umliegenden Völkerschaften ansiedelten, an Einfluss; 1225 konnten die Bürger ihren Stadtvogt (bisher vom Bischof eingesetzt) selbst wählen. Der Rigaer Rat ist 1225 zum ersten Male urkundlich erwähnt und bestand wahrscheinlich seit etwa 1222/23.

Riga unter dem Deutschen Orden

Im Rahmen der Ostkolonisation versuchten die Bischöfe vor allem Deutsche im heidnischen Gebiet anzusiedeln. Militärisch wurden sie dabei vor allem von Ritterorden unterstützt, zunächst von dem Schwertbrüderorden und nach dessen Niedergang von dem Deutschen Orden, in den der Schwertbrüderorden eingegliedert wurde. Insbesondere nach der Vertreibung der Kreuzfahrer aus Palästina begann sich der Deutsche Orden verstärkt um die Osteuropäischen Gebiete zu kümmern, vor allem Preußen, aber auch Livland. Der Deutsche Orden war eine organisatorisch eigenständige, machtvolle kirchliche Organisation, die bald als neuer Machtfaktor zu den Erzbischöfen von Riga in Konkurrenz trat. Geleitet wurde der livländische Zweig des Deutschen Ordens von einem Landmeister, der direkt dem Hochmeister (= Oberster Ordensherr) unterstand.

Die zahlreichen Auseinandersetzungen zwischen den Erzbischöfen von Riga und dem Deutschen Orden wurden sowohl mit Waffengewalt als auch mittels Prozessen vor dem Papst ausgefochten. Die Bischöfe versuchten auch, Schutz bei nahen Staaten zu finden (wie z.B. Dänemark) aber auch beim Deutschen Kaiser. Seit der Schlacht bei Neuermühlen 1492 erkannte der Erzbischof von Riga den Deutschen Orden als die Schutzmacht Livlands (1492–1561) an und beteiligte sich auch mit einem eigenen Heereskontingent an der Schlacht am Smolinasee 1502.

Von der Reformation bis zur russischen Provinz

Im Jahre 1522 schloss sich Riga der Reformation an, womit die Macht der Erzbischöfe ihrem Ende entgegenging. Letzter Erzbischof von Riga war Wilhelm von Brandenburg. Nach seiner Abdankung im Jahre 1561 kam die Stadt unter den Einfluss von Polen-Litauen, doch Versuche zur Gegenreformation in Riga und dem südlichen Livland scheiterten: 1621 wurden Riga und die Festung Dünamünde (Daugavgriva) durch den schwedischen König Gustav II. Adolf erobert, der sich in den Dreißigjährigen Krieg vor allem auch deshalb einschaltete, um die Ausbreitung des lutheranischen Protestantismus zu fördern. Im russisch-schwedischen Krieg 1656–1658 hielt Riga einer russischen Belagerung stand und blieb bis Anfang des 18. Jahrhunderts die zweitgrößte Stadt im schwedischen Herrschaftsbereich. In dieser Zeit genoss die Stadt weitgehende Selbstverwaltung. Am 4. Juli 1710 ergab sich im Laufe des Großen Nordischen Krieges die Stadt nach längerer Belagerung den Truppen des russischen Generals Boris Petrowitsch Scheremetew.[1] Der Aufstieg von Russland als Großmacht in der Ostseeregion wurde durch den Frieden von Nystad im Jahre 1721 besiegelt. Riga wurde an das Zarenreich angeschlossen und war ab 1796 Hauptstadt des Gouvernements Livland (siehe Ostseegouvernements). Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts wurde Riga schrittweise zu einem der wichtigsten Häfen Russlands ausgebaut, die Bevölkerungszahl der Stadt verzehnfachte sich zwischen 1850 und 1900. Trotz russischer Herrschaft blieb sowohl die Stadtkultur als auch der Großgrundbesitz bis ins 19. Jahrhundert vom Einfluss der deutschen Oberschicht im Lande geprägt. Bis 1891 war die offizielle Amtssprache Deutsch, dann wurde Russisch Amtssprache.

Weltkriege und Besatzung

1913 gaben etwa 40 % der Einwohner an, Letten zu sein, knapp 20 % Russen bzw. Altgläubige, etwa 13 % Deutsch-Balten, etwa 7 % der Einwohner waren Juden. Außerdem gab es eine nennenswerte polnische bzw. litauische Minderheit.

Noch 1881 sah das Bild ganz anders aus. Gut 30 % der Einwohner gaben an, deutschbaltisch zu sein, etwa 33 % waren Letten, 19 % waren Russen bzw. Altgläubige, 8,5 % Juden.

Der Aufstieg Rigas wurde durch den Ersten Weltkrieg jäh unterbrochen. Die Stadt lag an der Frontlinie und zur Sicherstellung der Kriegswirtschaft wurden 200.000 Einwohner (Arbeiter mit ihren Familien) für Rüstungszwecke nach Zentralrussland evakuiert.

Nach der deutschen Besetzung 1917/18 gelang es den Letten, am 18. November 1918 eine unabhängige Republik auszurufen. Die Rote Armee konnte den Anspruch der Sowjetunion gegen das von Deutsch-Balten unterstützte unabhängige Lettland nicht durchsetzen und musste sich aus dem Baltikum zurückziehen.

Riga wurde zur Hauptstadt Lettlands, am 18. März 1921 wurde hier der polnisch-sowjetische Friedensvertrag unterschrieben. Es folgt eine erneute Blütezeit in der Geschichte der Stadt. Eine ungenügende Minderheitsgesetzgebung verhinderte, dass sich im neuen lettischen Staat Letten, Deutsche, Russen und Juden zu einer Gesellschaft unter lettischer Fahne vereinigten.

Gegen Anfang der 1930er Jahre ging diese Blütezeit langsam zu Ende. 1938 hatte Riga noch ca. 385.000 Einwohner. Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten in Deutschland wurde Lettland nicht nur von den neu aufkeimenden hegemonialen Strömungen der Sowjetunion bedroht, die eine Angliederung des ehemals russischen Territoriums forderten. Im Hitler-Stalin-Pakt vom August 1939 vereinbarten die beiden Diktaturen, das Baltikum und damit auch Lettland der sowjetischen Einflusssphäre zuzuweisen. Im Herbst 1939 wurden die Deutsch-Balten vereinbarungsgemäß in den vom Deutschen Reich eroberten Warthegau umgesiedelt. Am 17. Juni 1940 rollten sowjetische Panzer durch Rigas Straßen und besetzten die Stadt, die nun Hauptstadt der Lettischen Sowjetrepublik wurde.

Nach dem Angriff auf die Sowjetunion 1941 eroberten deutsche Truppen das Gebiet um Riga. In der Zeit der deutschen Besetzung von 1941 bis 1944 war Riga der Verwaltungssitz des Generalkommissars für den Generalbezirk Lettland Otto-Heinrich Drechsler. Auch das Reichskommissariat Ostland (zunächst in Kaunas) mit seinen Dienststellen.

Die jüdische Bevölkerung, 1933 ca. 44.000 Menschen, wurde im Rigaer Ghetto interniert (ab 21. Juli 1941), ermordet oder in andere Konzentrationslager deportiert. Weitere Gefangene gab es in

  • dem sog. Arbeits- und Erziehungslager Salaspils
  • Rigaer Kriegsgefangenen-Stammlager 350
    • dessen Zweiglager Stalag 350/Z
  • dem KZ Riga-Kaiserwald, im ehemaligen Villenvorort Mežaparks-Kaiserwald (ab März 1943 bis Sept. 1944)
    • Außenstellen dieses KZ´s in Riga am Balastdamm (18. August 1943 bis 7. August 1944), in den Dünawerken (18. August 1943 bis 1. Juli 1944), im Heereskraftfahrzeugpark (18. August 1943 bis 6. August 1944), in der Hirtenstraße (31. Januar 1944 bis 6. August 1944), weitere ab dem 18. August 1943 eingerichtete Außenstellen in Riga Lenta, Riga Mühlgraben, Riga Strasdenhof in der Widzemer Chaussee und bei der Rigaer Reichsbahn. Außenstelle in Riga Spilwe ab dem 5. Juli 1943, in Riga Strasdenhof in der Widzemer Chaussee von der AEG bereits ab dem 1. August 1943 und ab dem 1. Juni 1944 in der dortigen Anodenwerkstatt.
  • dem KZ Jungfernhof im Dorf Jumpravmuiza, nahe der Bahnstation Skirotava (3. Dezember 1941 bis März 1942; überwiegend eine Zwischenstation vor der Ermordung durch Massenerschießungen, vor allem im Rumbula-Wald)

Während der kriegerischen Auseinandersetzungen um die Rückeroberung der Stadt durch die Rote Armee 1944 wurde die Altstadt Rigas (lettisch: Vecrīga) schwer beschädigt. Lettland wurde erneut von der Sowjetunion okkupiert und Riga die Hauptstadt der Lettischen Sozialistischen Sowjetrepublik.

In Riga bestanden die drei sowjetischen Kriegsgefangenenlager 277, 317 und 350 für deutsche Kriegsgefangene des Zweiten Weltkriegs.[2] Schwer Erkrankte wurden in den Kriegsgefangenenhospitälern 3338 und 4379 versorgt.

Ermutigt durch Perestroika und Glasnost erklärte die Saeima, das Lettische Parlament, 1990 die Wiederherstellung der Unabhängigkeit von der Sowjetunion. Daraufhin ließ der damalige Generalsekretär des Zentralkomitees der KPdSU und Präsident der Sowjetunion, Michail Gorbatschow, das Parlamentsgebäude in Riga zeitweilig durch sowjetische Militäreinheiten besetzen. Am 21. August 1991 erkannten sowohl die Sowjetunion als auch im gleichen Jahr der russische Präsident Boris Jelzin die Unabhängigkeit Lettlands an. Riga wurde wieder Hauptstadt eines souveränen lettischen Staates.

Bevölkerung

Bevölkerungsentwicklung

Riga ist die bevölkerungsreichste Stadt des Baltikums, die Bevölkerung ist aber seit 1990 stark zurückgegangen und fällt weiter. Der Rückgang resultiert zum Einen aus der Auswanderung von Russen, Weißrussen und Ukrainern in den ersten Jahren nach der Unabhängigkeit sowie aus der Übersiedlung von Angehörigen aller Volksgruppen nach Großbritannien und Irland in den letzten Jahren, zum Anderen aus niedrigen Geburtenraten. Wenn sich diese Entwicklung nicht umkehrt, könnte sich die Einwohnerzahl bis 2050 halbieren.

Zum 1. Januar 2010 betrug die Einwohnerzahl 709.145, die sich wie folgt auf die Stadtbezirke verteilten:[3]

  • Centra rajons 24.547
  • Kurzemes rajons 133.505
  • Latgales priekšpilsēta 193.287
  • Vidzemes priekšpilsēta 172.064
  • Zemgales priekšpilsēta 105.090
  • Ziemeļu rajons 80.652

Einwohnerzahlen seit 1767:Jahr Einwohner:

  • Jahr  Einwohner  Jahr   Einwohner   Jahr    Einwohner   Jahr    Einwohner   Jahr    Einwohner
  • 1767    19.500       1941   335.200       1990    909.135        2000    764.329        2010    709.145
  • 1800    29.500       1945   228.200       1991    900.455        2001    756.627
  • 1840    60.000       1950   482.300       1992    889.741        2002    747.157
  • 1867  102.590       1955   566.900       1993    863.657        2003    739.232
  • 1881  169.329       1959   580.400       1994    843.552        2004    735.241
  • 1897  255.879       1965   665.200       1995    824.988        2005    731.762
  • 1913  472.068       1970   731.800       1996    810.172        2006    727.578
  • 1920  185.100       1975   795.600       1997    797.947        2007    722.485
  • 1930  377.900       1979   835.500       1998    786.612        2008    719.613
  • 1940  353.800       1987   900.300       1999    776.008        2009    715.978

Sprachen

Die Zusammensetzung der Rigaer Einwohner nach ihrer Mutter- bzw. Umgangssprache ergibt sich aus nachstehender Tabelle für die Jahre 1867 bis 1913[4]

  • Sprache        1867                          1881                          1897                              1913
  • deutsch         43.980 (42,9%)           66.775 (39,4%)           65.332  (25,5%)              78.656  (16,7%)
  • lettisch          24.199 (23,6%)           49.974 (29,5%)         106.541  (41,6%)             187.135  (39,6%)
  • russisch        25.772 (25,1%)           31.976 (18,9%)           43.338  (16,9%)              99.985  (21,2%)
  • jiddisch           5.254  (5,1%)            14.222  (8,4%)           16.521    (6,5%)              21.231    (4,5%)
  • estnisch             872  (0,9%)              1.565  (0,9%)             3.532  (1,4%)                6.721    (1,4%)
  • polnisch                ...                            ...                         12.869    (5,0%)              35.621    (7,5%)
  • litauisch                ...                            ...                           5.853    (2,3%)              25.824    (5,5%)
  • sonstige*         2.513 ( 2,4%)             4.048  (2,4%)             1.772    (0,7%)              16.895    (3,6%)
  • ohne Angabe         ...                            769  (0,5%)                130   (0,1%)                      ...
  • Gesamt        102.590 (100%)          169.329 (100%)          255.879  (100%)             472.068   (100%)

*Die Angabe für 1881 enthält hier auch die polnisch und litauisch sprechenden Einwohner

Nach Zahlen von 2009 beträgt der Anteil der Letten an der Stadtbevölkerung mit 42,3 % eine knappe Mehrheit, 41,3 % sind Russen, 4,3 % Weißrussen, 3,9 % Ukrainer, 2,0 % Polen und 6,2 % Angehörige anderer Volksgruppen.

Politik und Verwaltung

Die Stadt ist Sitz des Präsidenten, des Parlamentes (Saeima), der Ministerien, des Obersten Gerichtshofes (Latvijas Republikas Augstākā tiesa) sowie zahlreicher diplomatischer Vertretungen.

Die Stadtverwaltung hat ihren Sitz im Rathaus am Rathausplatz (Ratslaukums) in der Altstadt. Der Stadtrat hat 60 MItglieder, die alle vier Jahre neu gewählt werden und den Ratsvorsitzenden und damit des Bürgermeisters aus ihren Reihen wählen. Mit Nils Ušakovs wurde 2009 erstmals ein ethnischer Russe zum Bürgermeister gewählt. Das Ratspräsidium besteht aus Mitgliedern aller Ratsfraktionen und dem Bürgermeister. Öffentliche Sitzungen finden meist einmal im Monat statt.

Vier Fraktionen sind im Stadtrat vertreten: Pilsoniskā savienība (PS), Saskaņas centrs (SC), Jaunais laiks (JL) sowie die christdemokratisch-liberale Koalition Latvijas Pirmā partija/Latvijas Ceļš (LPP/LC).

Symbole

Das Rigaer Wappen wurde am 31. Oktober 1925 angenommen und zeigt einen silbernen Schild mit offenen Toren und zwei Türmen über dem sich zwei gekreuzte schwarze Schlüssel sowie ein goldenes Kreuz und eine Krone befinden. Der Schild wird eingerahmt durch zwei Löwen. Die Flagge von 1937 zeigt das Wappen auf zwei horizontalen, hellblau-weißen Streifen.

Partnerstädte

Die erste Partnerschaft Rigas wurde 1964 mit der finnischen Stadt Pori geschlossen, der 1973 eine Partnerschaft mit dem französischen Calais folgte, die bis 1993 durch einen regen Austausch geprägt war. Erste außereuropäische Partnerstadt ist seit 1973 das japanische Kobe 1974. Mit Rostock 1974 und Bremen 1985 wurden zwei ehemalige deutsche Hansestädte Partner Rigas. Die Partnerschaftsabkommen mit beiden Städten wurden 1991 erneuert. Aalborg (Dänemark)  Florenz (Italien)  Slough (Vereinigtes Königreich).

Aalborg (Dänemark)

  • Almaty (Kasachstan)
  • Amsterdam (Niederlande)
  • Astana (Kasachstan)
  • Kobe (Japan)
  • Vilnius (Litauen)
  • Guam (Guam)
  • Rostock (Deutschland)
  • Sankt Petersburg (Russland)
  • Providence (USA, Rhode Island)
  • Warschau (Polen)
  • Florenz (Italien)
  • Alicante (Spanien)
  • Cairns (Australien, Queensland)
  • Kiew (Ukraine)
  • Bremen (Deutschland)
  • Tallinn (Estland)
  • Peking (Volksrepublik China)
  • Dallas (USA, Texas)
  • Santiago de Chile (Chile)
  • Suzhou (China)
  • Slough (Vereinigtes Königreich)
  • Calais (Frankreich)
  • Dunkerque (Frankreich)
  • Bordeaux (Frankreich)
  • Moskau (Russland)
  • Minsk (Weißrussland)
  • Pori (Finnland)
  • Stockholm (Schweden)
  • Taipeh (Republik China)
  • Norrköping (Schweden)

Stadtbild und Architektur

Die Innenstadt Rigas wurde 1997 zur Liste des UNESCO-Weltkulturerbe hinzugefügt, wegen des „außergewöhnlichen universellen Wertes“ aufgrund der weltweit einzigartigen Qualität und Quantität der Jugendstilarchitektur bei relativ intakt gebliebenem historischen Stadtgefüge und wegen der Holzarchitektur aus dem 19. Jahrhundert.[5]

Durch die Pläne für die weitere städtebauliche Entwicklung am linken Dünaufer, besonders der Insel Ķīpsala, besteht die Gefahr, dass Riga auf die Rote Liste des gefährdeten Welterbes gesetzt wird. Konkret sehen die Experten von UNESCO und ICOMOS durch die Errichtung von Hochhäusern die visuelle Integrität des Stadtbildes gefährdet. Die Stadtverwaltung wurde aufgefordert, die Pläne zu überarbeiten. Allgemein wird anerkannt, dass sich Verwaltung, Management und Konservierung der Welterbestätte verbessern.[6]

Das städtebauliche Muster Rigas umfasst den mittelalterlichen Kern, einen Halbkreis von Boulevards um die Altstadt herum und die Neustadt mit ihren regelmäßig angelegten Straßenzügen. Alle Bereiche konnten sich ihre Authentizität und den architektonischen Charakter erhalten.[6]

Altstadt

Die Altstadt (Vecrīga) ist das historische und geographische Zentrum Rigas am rechten Ufer der Düna gelegen und hat sich ihren Festungscharakter trotz der Schleifung der Befestigungsanlagen und Wälle zwischen 1857 und 1863 bewahren können. Die nach dem Abriss der Stadtmauer entstandenen Freiflächen wurden zu einem Stadtpark mit Stadtkanal (Pilsētas kanāls) umgestaltet, der heute die Altstadt von der Neustadt trennt.

Zentrum der Altstadt ist der Marktplatz (heute Rātslaukums) an dem sich das Rathaus (Rīgas rātsnams) sowie das Schwarzhäupterhaus (Melngalvju nams) befinden. Letzteres wurde 1999 wiedererrichtet, nachdem es im Krieg zerstört und die Ruine anschließend von den Sowjets gesprengt worden war. Der gotische Ursprungsbau mit der Fassade im Stil der niederländischen Renaissance stammte von 1334 und diente ab 1477 der kaufmännischen Vereinigung der Schwarzhäupter als Versammlungsort. Auf dem Platz vor dem Gebäude steht eine Rolandstatue.

Den Grundstein des Doms (Rīgas Doms) ließ 1211 Bischof Albrecht von Buxthoeven legen. Die Mittelschiffe wurden im 14. und 15. Jahrhundert angebaut. Nach mehrfachen Zerstörungen beträgt die Höhe des Turmes seit 1776 90 Meter, die Höhe des um 1590 erbauten Holzturmes hatte 140 Meter betragen. Die Ende des 19. Jahrhunderts erbaute Orgel zählt zu den größten und besten Orgeln der Welt. Die Türme der 1209 erstmals erwähnten Petrikirche (Rīgas Svētā Pētera baznīca) wurden mehrfach zerstört, zuletzt im Zweiten Weltkrieg. Die 1225 erstmals erwähnte Jakobskirche (Rīgas Svētā Jēkaba katedrāle) mit ihrem 80 Meter hohen Turm ist die katholische Kathedrale Rigas. Sie wurde 1582 vom polnischen König gekauft und den Jesuiten übergeben.

Im Rigaer Schloss (Rīgas pils) befindet sich der Sitz des Staatspräsidenten. Es wurde ab 1330 als Festung für den Schwertbrüderorden errichtet.

In einem 1867 im Stile eines florentinischen Palastes errichteten Bau befindet sich seit der Unabhängigkeit die Saeima, das Parlaments Lettlands. Mit dem Pulverturm (Pulvertornis) von 1650 existiert noch ein Überrest der ehemaligen Stadtbefestigung. Weitere historische Denkmäler sind das 1852 geschaffenen Gebäude der Rigaer Börse, der Konventhof (Konventa sēta) mit Ursprüngen im 13. Jahrhundert, das zwischen dem 15. und 17. Jahrhundert errichtete Gebäudeensemble der Drei Brüder, das Schwedentor (Zviedru vārti) die Gebäude der Kleinen (Mazā Ģilde) und Großen Gilde (Lielā Ģilde), das Mentzendorffhaus (Mencendorfa nams) von 1695 oder das Dannensternhaus (Dannenšterna nams).

Zwischen Alt- und Neustadt befindet sich seit 1935 das von Kārlis Zāle geschaffene Freiheitsdenkmal (Brīvības piemineklis) mit einer weiblichen Allegorie der Freiheit auf dem 19 Meter hohen Obelisk und Flachreliefs an den Seiten, die historische Ereignisse darstellen.

Neustadt und Vorstädte

In der Neustadt befinden sich zahlreiche Gebäude mit Jugendstilfassaden, besonders in den Straßen Elizabetes iela und Alberta iela mit vielen Arbeiten Michail Eisensteins. Um die Jahrhundertwende wurden im Grüngürtel um die Altstadt zahlreiche repräsentative Gebäude errichtet, darunter die Nationaloper, das Nationaltheater, das Kunstmuseum, die neugotische Lettische Kunstakademie (Latvijas Mākslas akadēmija) von 1905 sowie die Universität. Zwischen 1876 und 1884 entstand die Orthodoxe Kathedrale (Rīgas Kristus Piedzimšanas pareizticīgo katedrāle) im neubyzantinischen Stil.

Im südlich gelegenen Stadtteil Maskavas forštate (Moskauer Vorstadt) befinden sich die ehemaligen Zeppelin-Hallen des Zentralmarkt (Rīgas Centrāltirgus), der im stalinistischen Zuckerbäckerstil 1958 erbaute Kultur- und Wissenschaftspalast (Zinātņu akadēmijas augstceltne), die aus Holz im klassizistischen Stil erbaute protestantische Jesuskirche (Jēzus Evaņģēliski luteriskā baznīca) sowie die Ruinen der Synagoge nahe dem ehemaligen Ghetto.

Die Gartenstadt Mežaparks ist ein Villenvorort, der Anfang des 20. Jahrhunderts in den Wäldern nördlich der Stadt gebaut wurde.

Auf der Düna-Insel Zaķusala (Hasenholm) steht der Fernsehturm (Rīgas radio un televīzijas tornis), der mit 368,5 Meter zu den höchsten Bauwerken Europas zählt. Pārdaugava (deutsch: Überdüna) bezeichnet das Stadtgebiet am linken Dünaufer. Es war über lange Zeit geprägt von ein- bis zweistöckigen Holzhäusern, von denen einige erhalten sind.

Parks

In der Innenstadt befinden sich der Wöhrmannsche Garten (Vērmanes dārzs), die älteste öffentliche Parkanlage der Stadt, die 1814 unter dem Namen Anna-Wöhrmann-Park angelegt wurde. Vorher hatten sich an dessen Stelle Holzhäuser befunden, die vor der befürchteten Stadtbelagerung durch Napoleon vorsorglich angezündet worden waren. Entlang des Wassergrabens an der ehemaligen Stadtbefestigung befindet sich ein etwa drei Kilometer langer Park (Kanālmalas apstādījumi). Gegenüber dem Jugendstilviertel befindet sich der Kronvalda-Park (Kronvalda parks) entstand auf dem ehemaligen Gelände, das dem Deutschen Schützenverein von Zar Alexander II. geschenkt wurde. Die Anlagen der Esplanāde liegen bei der orthodoxen Kathedrale und umfassen im nördlichen Teil einen Markt.

Mit einer Fläche von 37 Hektar ist der Uzvaras-Park der Größte der Stadt. Er beherbergt das 79 Meter hohe sowjetische Freiheitsdenkmal von 1985.

Der Rigaer Zoo (Rīgas Zooloģiskais dārzs) umfasst über 3000 Tiere. In Mezaparks befinden sich mehrere Waldfriedhöfe, darunter der Brüderfriedhof, ein Soldatenfriedhof, der den Charakter eines Parks hat.

Wirtschaft und Infrastruktur

Wirtschaft

Die Region Riga ist die wirtschaftlich stärkste Region und das Zentrum industrieller Produktion des Landes. 60 % der lettischen Unternehmen operieren in Riga, mehr als 50 % der Arbeitnehmer sind in der Region aktiv. Vor allem die Lebensmittelindustrie, aber auch Holz- und Textilindustrie, chemische und pharmazeutische Industrie sind bedeutend. Riga zieht zunehmend ausländische Investitionen an und entwickelt sich zu einem bedeutenden Standort von Gewerbeausstellungen im baltischen Raum.[7]

Fast alle der umsatzstärksten Unternehmen Lettlands haben ihren Sitz in Riga, darunter den auf IT-Produkte spezialisierten Großhändler ELKO Grupa, die Handelskette Rimi Latvia, den staatlichen Stromversorger Latvenergo, der Erdgasmonopolist Latvijas Gāze, die Eisenbahngesellschaft Latvijas Dzelzceļš, das staatliche Postunternehmen Latvijas Pasts und Latvia Statoil, der Ableger der norwegischen Erdölgesellschaft sowie Mazeiku Nafta tirdzniecibas nams, der Mobilfunkanbieter Latvijas Mobilais Telefons (LMT) und die Fluggesellschaft airBaltic. Die Börse Riga (NASDAQ OMX Riga) ist die einzige Wertpapierbörse des Landes.

Der Tourismus ist ein bedeutender wirtschaftlicher Faktor für die Stadt, 90 % der Touristen des Landes wählen Riga als Reiseziel.

Verkehr

Riga besitzt eine wichtige Funktion als internationaler Verkehrsknotenpunkt im Ostseeraum (Verkehrsströme zwischen Skandinavien und Osteuropa, von Mitteleuropa nach Finnland über die Europastraße 67 („Via Baltica“) sowie innerhalb des Baltikums). So befindet sich hier der mit Abstand wichtigste Bahnhof (Rīgas dzelzceļa stacija) des Landes mit Verbindungen nach Moskau und St. Petersburg in Russland, Minsk in Weißrussland und Kaunas und Vilnius in Litauen (Rail Baltica). Daneben befindet sich ein Busbahnhof (Rīgas Starptautiskā autoosta) mit Fernbusverbindungen in alle Nachbarländer und viele Länder der EU.

Der Flughafen Riga (Starptautiskā lidosta "Rīga") ist der größte des Baltikums und bietet Flüge zu 82 Zielen. Da mit 4 Millionen Fluggästen 2009 die Kapazität von 2,5 Millionen überschritten wurde, wird die Erweiterung geplant. Für 92 Millionen Euro will airBaltic ein neues Terminal bauen.[8]

Ein Fährterminal (Rīgas Pasažieru termināls) bietet Verbindungen vor allem nach Skandinavien, aber auch nach Norddeutschland.

Die Straßen Lettlands sind sternförmig auf Riga ausgerichtet. Südlich der Innenstadt wurde ein neue Dünabrücke (Dienvidu tilts) für eine Umgehungsstraße erbaut und 2008 eröffnet.[9] Die Zubringerstraßen sollen 2012 für den Verkehr freigegeben werden.[10] Als Nordumfahrung (Ziemeļu koridors) ist eine 27–30 Kilometer lange Autobahn geplant, deren Baubeginn für 2012 oder 2013 geplant ist und die bis 2018 fertiggestellt werden soll. Es handelt sich dabei um das größte Infrastrukturvorhaben in Riga der letzten Jahrzehnte.[11]

Das städtische Nahverkehrsunternehmen Rīgas Satiksme verfügt über ein S-Bahn-ähnliches System von Vorortzügen sowie ein sehr gut ausgebautes Straßenbahnnetz (252 Wagen, neun Linien). Ergänzt wird das Schienennetz durch den Oberleitungsbus Riga (etwa 330 Wagen, 20 Linien) sowie diverse Omnibuslinien (etwa 460 Wagen, 53 Linien).

Medien

Riga ist Zentrum der wichtigsten Medien des Landes. Die öffentlich-rechtlichen Fernseh- und Radioanstalten Latvijas Televīzija (LTV) und Latvijas Radio mit ihren zahlreichen Programmen haben ebenso ihren Sitz in Riga wie die privaten Fernsehsender LNT, TV3 Latvia und den russischsprachigen Sender PBK Latvia. Mit TV5 Rīga besteht ein nur der Stadt gewidmeter Kanal. Nach der Unabhängigkeit entstanden private Rundfunkstationen wie Radio Skonto, European Hit Radio oder Radio SWH. Täglich erscheinende Zeitungen sind Diena und Latvijas Avīze. The Baltic Times ist eine englischsprachige Wochenzeitung für die drei baltischen Staaten mit Sitz in Riga. Mit Rīgas Apriņķa Avīze besteht eine regelmäßig erscheinende Regionalzeitung für Riga und das Umland.

Bildung

In Riga hat die Lettische Akademie der Wissenschaften (Latvijas Zinātņu akadēmija) ihren Sitz. Sie verfügt über ein Kernforschungszentrum in Salaspils südöstlich von Riga.

Mit der Unabhängigkeit 1919 wurde die Universität Lettlands (Latvijas Universitāte) gegründet, die auf das 1862 gegründeten Rigaischen Polytechnikum zurückgeht. Sie ist mit etwa 23.800 Studenten in 13 Fakultäten die größte Universität des Landes. Die 1958 gegründete Technische Universität Riga (Rīgas Tehniskā universitāte) hat 16.900 Studenten. Seit 2002 hat die Stradina-Universität Riga (Rīgas Stradiņa universitāte) den Status als Universität inne. Von 1990 an existierte die Institution als Lettische Medizinische Akademie (Latvijas Medicīnas akadēmiju), die auf der medizinischen Fakultät der Universität Lettlands von 1919 gründete.

Seit 1998 besteht die Riga Graduate School of Law als unabhängige Institution innerhalb der Universität Lettlands, die Stockholm School of Economics in Riga ist eine Tochter der Institution in Stockholm. Weiter existieren ein Konservatorium, zahlreiche weitere Hochschulen sowie ein Goethe-Institut.

Kultur

2010 wurde Riga zur Kulturhauptstadt Europas 2014 ernannt.[12] Infrastrukturelle Projekte in diesem Zusammenhang sind der Bau der von Gunnar Birkerts entworfenen Lettischen Nationalbibliothek (Latvijas Nacionālās bibliotēkas) am Dünaufer gegenüber der Altstadt, einer Konzerthalle (Koncert zale) als Heimstätte unter anderem des Lettischen Nationalen Sinfonieorchesters und die Errichtung des Museums für Zeitgenössische Kunst (Laikmetīgās mākslas muzejs) in einem ehemaligen Kraftwerksgebäude in Andrejsala.[13] Trotz einer Budgetkürzung um 30 % in Folge der lettischen Wirtschaftskrise 2009 ist der Bürgermeister optimistisch, dass Riga 2014 ein erfolgreiches Programm bieten kann.[14]

Theater

Die Lettische Nationaloper (Latvijas Nacionālā opera) befindet sich seit der ersten Aufführung im Januar 1919 im neoklassizistischen Gebäude (1860–1863), das als Deutsches Theater konzipiert war. Das Repertoire umfasst Opernklassiker, bekannt ist auch die seit 1922 existierende Ballettkompanie. Eines der größten Theater des Landes ist das Lettische Nationaltheater, das 1919 gegründet wurde. Das Rigaer Russische Theater (Mihaila Čehova Rīgas Krievu teātris) ist das älteste professionelle Dramatheater des Landes; 1883 war die erste Spielzeit des Theaters, dessen Repertoire russische und ausländische Stücke umfasst. Das 1920 eröffnete Daile-Theater (Dailes teātris) präsentiert regelmäßig moderne ausländische Stücke. Mit seinen Aufführungen richtet sich das 1944 gegründete Lettische Staatspuppentheater (Izmainīt Latvijas Valsts Leļļu teātris) vor allem an Kinder. Nach der Unabhängigkeit entstand 1992 das Neue Rigaer Theater (Jaunais Rīgas teātris).

Museen

Das Lettische Okkupationsmuseum (Latvijas Okupācijas muzejs) befindet sich in einem Bau aus den 1970er-Kahren und widmet sich der Zeit, als Lettland unter deutscher und sowjetischer Besatzung stand (1940–1991). Im Museum für Ausländische Kunst (Ārzemju mākslas muzejs) befindet sich die größte Sammlung europäischer Kunst vom 16. Jahrhundert bis zur Gegenwart in Lettland. Das Lettische Nationale Kunstmuseum (Latvijas Nacionālais mākslas muzejs) ist lettischer Kunst gewidmet. Im Pulverturm befindet sich das Lettische Kriegsmuseum (Latvijas Kara muzejs) für Militär- und Kriegsgeschichte. Das Museum der lettischen Juden (Muzejs Ebreji Latvijā) zeigt die Geschichte der Juden Rigas vom 18. Jahrhundert bis 1941 und das Lettische Geschichtsmuseum (Latvijas Vēstures muzejs) im Rigaer Schloss widmet sich der Landesgeschichte von der Steinzeit bis in die Gegenwart. Weiter bestehen ein Lettische Naturgeschichtsmuseum (Latvijas Dabas muzejs) und ein Rigaer Motormuseum (Rīgas Motormuzejs) mit historischen Fahrzeugen. Das Stadtgeschichts- und Navigationsmuseum (Rīgas vēstures un kuģniecības muzejs) ist eines der ältesten Museen Europas.

Musik

Im 17. Jahrhundert begann die Blüte europäischer Musik in Riga, das sich zum damaligen bedeutendsten Musikzentrum des Baltikums entwickelte. Es kam zur Gründung der Rigaer Musikgesellschaft (1760) und privaten Orchestern wie dem von Baron Otto Hermann von Vietinghoff, aus dem sich das Orchester der 1782 gegründeten Oper bildete. In Riga tätig waren unter anderem Johann Valentin Meder, Johann Gottfried Müthel und Georg Michael Telemann.[15] Im 19. Jahrhundert existierten mit der deutschen Kunstmusik und dem von den weitgehend rechtlosen Letten weiterentwickelten folkloristischem Liedgut zwei musikalische Traditionen parallel. Von 1837 bis 1839 arbeitete Richard Wagner als Kapellmeister an der Oper, die zu dieser Zeit internationales Niveau erreichte. Leo Blech dirigierte zeitweilig in der Oper.

Klassische Konzerte finden unter anderem im Schwarzhäupterhaus und in der Großen Gilde statt.

Die staatliche Lettische Musikakademie Jāzeps Vītols wurde 1919 als Konservatorium gegründet und hat etwa 500 Studenten.

1993 fand in Riga das erste Nationale Sängerfest im unabhängigen Lettland statt; die Tradition der baltischen Sängerfeste ist sehr alt, in Lettland fand das erste bereits 1873 statt. 2003 wurden die Sängerfeste aller drei baltischen Staaten der UNESCO-Liste der „Meisterwerke des mündlichen und immateriellen Erbes der Menschheit“ hinzugefügt. Das XXIV. Nationale Sängerfest fand 2008 in Riga statt. Ein besonderer Höhepunkt sind die „Kriege der Lieder“, in denen die besten Chöre des Landes gegeneinander antreten.[16]

2003 fand in Riga der Eurovision Song Contest statt.

Sport

Für die Eishockey-Weltmeisterschaft 2006 wurde die maximal 14.500 Zuschauer fassende Arēna Rīga erbaut, die für Eishockey, Basketball und Konzerte benutzt wird. Sie dient als Heimspielort des in der russischen KHL spielenden Vereins Dinamo Riga. Erfolgreichster Fußballverein des Landes mit 14 Meisterschaftstiteln ist Skonto Riga mit dem im Jahr 2000 eröffneten und 10.000 Zuschauer fassenden Skonto-Stadion (Skonto stadions). Weitere Erstligavereine sind JFK Olimps Riga (Spielort Daugava-Stadion/Daugavas stadions) und FK Jaunība Riga. Mit 18 Titelgewinnen in der FIBA EuroLeague Women ist TTT Riga einer der erfolgreichsten Vereine im europäischen Frauenbasketball. Erfolgreicher Herrenbasketballverein sind die BK Barons/LMT (Lettischer Meister 2008) und VEF Riga. Die Skonto Arena (6.500 Zuschauer) wurde 1999 eröffnet und wird von der Basketballmannschaft von Skonto Riga benutzt. Bis 2009 bestand der auch international erfolgreiche Eishockeyverein HK Riga 2000, der in der inbox.lv ledus halle spielte.

Regelmäßige Veranstaltungen

Seit 1991 findet jährlich der Riga-Marathon (Rīgas maratons) statt. 1998 wurde zum ersten Mal das jährlich im Sommer stattfindende Rigaer Opernfestival (Rīgas Operas festivāls)organisiert.

  • Balletfestival
  • Theaterfestival Baltischer Frühling

Kulinarische Spezialitäten

Eine Rigaer Spezialität ist der bittere, schwarze Schnaps Rīgas Melnais balzams, der 1752 erfunden wurde und aus 24 Zutaten besteht. Er wird pur oder in Kaffee getrunken und gilt als lettisches Nationalgetränk. Daneben ist Riga bekannt für Schokolade und Pralinen.

Persönlichkeiten

  • Alexander Faltin, (1819–1899), deutscher Rigaer Ratsherr, Gründer der Baltischen Monatsschrift, Initiator der Riga-Dünaburgischen Eisenbahn
  • Johann Gottfried von Herder, (1744–1803), deutscher Dichter, lebte mehrere Jahre in Riga
  • Carl Gustav Jochmann (1789–1830), deutscher Publizist
  • Wilhelm Ostwald (1853–1932), Physikochemiker, Nobelpreisträger 1909, in Riga geboren

Literatur

  • Johann Heinrich Liebeskind: 'Rückerinnerungen von einer Reise' (mit ausführlicher Abhandlung über Riga; 1795). Neuausgabe als e-Buch, 2009 (Manfred Raether, Hsg.)

Bibliographien

  • LitDok Ostmitteleuropa (Herder-Institut Marburg)

Monographien

  • Andrej Angrick, Peter Klein: Die „Endlösung“ in Riga. Ausbeutung und Vernichtung 1941-1943. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2006, ISBN 3-534-19149-8, (Veröffentlichungen der Forschungsstelle Ludwigsburg der Universität Stuttgart 6), (Gesamtdarstellung).
  • Friedrich Benninghoven: Rigas Entstehung und der frühhansische Kaufmann. Velmede, Hamburg 1961, (Nord- und osteuropäische Geschichtsstudien 3).
  • Ulrike von Hirschhausen: Die Grenzen der Gemeinsamkeit. Deutsche, Letten, Russen und Juden in Riga 1860-1914. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2006, ISBN 3-525-35153-4, (Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft 172), (Zugleich: Göttingen, Univ., Habil.-Schr., 2005).
  • Ilgvars Misans, Horst Wernicke (Hrsg.): Riga und der Ostseeraum. Von der Gründung 1201 bis in die Frühe Neuzeit. Herder-Institut, Marburg 2005, ISBN 3-87969-319-6, (Tagungen zur Ostmitteleuropa-Forschung 22).
  • Erwin Oberländer, Kristine Wohlfart: Riga. Portrait einer Vielvölkerstadt am Rande des Zarenreiches 1857-1914. Schöningh Verlag, Paderborn 2004, ISBN 3-506-71738-3.
  • Andreas Fülberth: Tallinn – Riga – Kaunas. Ihr Ausbau zu modernen Hauptstädten 1920–1940. Böhlau, Köln/Weimar 2005, ISBN 3-412-12004-9.

Einzelnachweise

  1. ↑ [1], abgefragt am 9. Januar 2010
  2. ↑ Maschke, Erich (Hrsg.): Zur Geschichte der deutschen Kriegsgefangenen des zweiten Weltkrieges. Verlag Ernst und Werner Gieseking, Bielefeld 1962–1977.
  3. ↑ Pilsonības un migrācijas lietu pārvalde (Abgerufen am 5. April 2010)
  4. ↑ Rīga 1860-1917, Rīga, Zinātne 1978
  5. ↑ UNESCO-Welterbeliste (Abgerufen am 29. Mai 2010)
  6. ↑ a b UNESCO/ICOMOS-Mission 2008 (Abgerufen am 14. März 2010)
  7. ↑ EUROSTAT (Abgerufen am 28. März 2010)
  8. ↑ The Baltic Course, 4. März 2010 (Abgerufen am 28. März 2010)
  9. ↑ The Baltic Course, 17. November 2008 (Abgerufen am 5. April 2010)
  10. ↑ Riga City Council (Abgerufen am 5. April 2010)
  11. ↑ Projektsite (Abgerufen am 5. April 2010)
  12. ↑ Pressemeldung der Europäischen Union, 15. September 2009 (Abgerufen am 14. März 2010)
  13. ↑ Riga 2014 (Abgerufen am 14. März 2010)
  14. ↑ euobserver.com, 29. März 2010 (Abgerufen am 5. April 2010)
  15. ↑ In: Musik und Migration in Ostmitteleuropa. Oldenbourg, 2005
  16. ↑ Annika Müller: Kleines Volk mit großer Stimme. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 5. August 2008
  17.  

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Reval  -  Tallinn

Tallinn (amtlich bis zum 24. Februar 1918 Reval, ein im deutschsprachigen Raum auch danach noch gebräuchlicher Name; andere ältere Namen: russisch Ревель = Rewel und vormals Колывань = Kolywan, dänisch Lyndanisse, schwedisch Lindanäs) ist die Hauptstadt von Estland. Sie liegt am Finnischen Meerbusen der Ostsee, etwa 80 Kilometer südlich von Helsinki.

Der Name Tallinn, den die Stadt seit der Eroberung durch den dänischen König Waldemar 1219 im Estnischen trägt, wird üblicherweise von „Taani-linn(a)“ (Dänische Stadt oder Dänische Burg, lateinisch: Castrum Danorum) abgeleitet.

Geografie

Anmerkung der u~m~d~h~T: Die Passage ,,Klima” wurde aus Gründen der Übersichtlichkeit gestrichen.

Stadtgliederung

Tallinn unterteilt sich in die Distrikte Haabersti, Kesklinn, Kristiine, Lasnamäe, Mustamäe, Nõmme, Pirita und Põhja-Tallinn sowie 84 Stadtteile.

  • Haabersti: Astangu, Haabersti, Kakumäe, Mäeküla, Mustjõe, Õismäe, Pikaliiva, Rocca al Mare, Tiskre, Väike-Õismäe, Veskimetsa, Vismeistri
  • Kesklinn: Aegna, Juhkentali, Kadriorg, Kassisaba, Keldrimäe, Kitseküla, Kompassi, Luite, Maakri, Mõigu, Raua, Sadama, Sibulaküla, Südalinn, Tatari, Tõnismäe, Torupilli, Ülemistejärve, Uus Maailm, Vanalinn, Veerenni
  • Kristiine: Järve, Lilleküla, Tondi
  • Lasnamäe: Katleri, Kurepõllu, Kuristiku, Laagna, Loopealse, Mustakivi, Pae, Paevälja, Priisle, Seli, Sikupilli, Sõjamäe, Tondiraba, Ülemiste, Uuslinn, Väo
  • Mustamäe: Kadaka, Mustamäe, Sääse, Siili
  • Nõmme: Hiiu, Kivimäe, Laagri, Liiva, Männiku, Nõmme, Pääsküla, Rahumäe, Raudalu, Vana-Mustamäe
  • Pirita: Iru, Kloostrimetsa, Kose, Laiaküla, Lepiku, Maarjamäe, Mähe, Merivälja, Pirita
  • Põhja-Tallinn: Kalamaja, Karjamaa, Kelmiküla, Kopli, Merimetsa, Paljassaare, Pelgulinn, Pelguranna, Sitsi

Nachbarschaft

Tallinn grenzt im Nordosten an Viimsi, im Osten an Jõelähtme, im Südosten an Rae, im Süden an Saku, im Südwesten an Vasalemma und im Westen an Harku.

Geschichte

Die Ursprünge Revals[1] gehen auf eine hölzerne Burg (auf dem heutigen Domberg) und einen vermuteten estnischen Handelsplatz zurück, die Mitte des 11. Jahrhunderts gebaut wurden. Gleichzeitig wurde in dieser Zeit der Hafen Tallinns angelegt. Der Name Reval rührt vom estnischen Namen des historischen Landkreises her, dessen Zentrum die Stadt war, und wurde für die Burg und die spätere Stadt erst von Dänen und Deutschen geprägt (estn. auch Rävälä, nach Heinrich von Lettland Revele, nach dem Waldemar-Erdbuch Revælæ).

Dänische Herrschaft

Im Jahre 1219 eroberte der dänische König Waldemar II. die alte estnische Burg (Schlacht von Lyndanisse) auf dem Domberg, errichtete sie neu und begann mit dem Bau einer Domkirche für den von Dänemark um 1167 im Zuge seiner Missionierung ernannten Bischof der Esten, Suffragan des Erzbischofs von Lund. Dänemark konnte die Burg jedoch nicht lange gegen die aufständischen Esten und die vordringenden Deutschen halten. 1227 eroberte der Schwertbrüderorden Reval mit päpstlicher Genehmigung und erhielt die Burg und einen Großteil des heutigen Estland zur Verwaltung aus der Hand des päpstlichen Statthalters in Estland.

Wahrscheinlich um seine Stellung gegen die ländlichen Vasallen zu stärken, ließ der Schwertbrüderorden im Jahre 1230 aus Gotland 200 westfälische und niedersächsische Kaufleute anwerben, die sich, mit Zollfreiheit und Land belehnt, unterhalb der Burg ansiedelten. Obwohl eine Gründungsurkunde nicht überliefert ist, ist hierin wohl die eigentliche Gründung einer Stadt Reval zu sehen.

Als der Orden es ablehnte, seine Lehnsherrschaften und die Burg drei Jahre später wieder an den päpstlichen Legaten zu übergeben, machte der dänische König seine Ansprüche auf Reval und Estland wieder geltend. Nach einer vernichtenden Niederlage des Ordens gegen ein litauisches Heer im Jahre 1236 strebte der Schwertbrüderorden die Vereinigung mit dem Deutschen Orden an, die der Papst nur gegen die Herausgabe Revals genehmigte. So ging der Schwertbrüderorden 1237 in den Deutschen Orden über und Reval fiel 1238 an Dänemark. In diesem Zusammenhang wurde Reval zum ersten Mal als civitas (Bürgerschaft, Stadt) erwähnt.

Unter der erneuten dänischen Herrschaft bis zum Jahre 1346 gewann die Stadt rasch an Größe und wirtschaftlicher Bedeutung. Im Jahre 1248 erhielt sie vom dänischen König das lübische Stadtrecht, das bis 1865 galt. Das Lübecker Stadtrecht galt allerdings nicht auf dem Domberg. Mit der gleichen Urkunde wurden die ersten Ratsherren ernannt. Die Stadt erhielt nach und nach umfangreiche Privilegien, die sie vom Landesherrn weitestgehend unabhängig machten. Die Amtssprache in Tallinn war bis 1889 Deutsch.

Obwohl Reval unter (zunehmend lockerer) dänischer Herrschaft stand, behielt die Stadt eine deutsche Oberschicht, und da diese fast ausschließlich aus Kaufleuten bestand, war ein baldiger enger Kontakt zur Hanse nicht verwunderlich. Dass sich Reval als der Hanse zugehörig betrachtete, ist bereits für 1252 belegbar und findet spätestens 1285 ausdrückliche Erwähnung. Von wirtschaftlicher Bedeutung war die dänische Entscheidung von 1294, allen deutschen Kaufleuten den Handelsweg nach Nowgorod über Reval und Narwa zu gestatten. Damit konnte Reval zu einem Knotenpunkt des hansischen Ostseehandels werden.

Reval und der Deutsche Orden

Nach der Niederschlagung eines großen Estenaufstandes mit der Hilfe des Deutschen Ordens entließ der dänische König 1346 seine estländischen Vasallen aus ihrem Treueid und verkaufte seine Rechte an Nord-Estland dem Deutschen Orden. Reval, das sich im Jahr vor dem Verkauf alle bestehenden und einige neue Privilegien durch den dänischen König hatte bestätigen lassen, bekam nun durch den neuen Landesherrn sämtliche Privilegien zugesichert und konnte so seine rechtliche und autonome Stellung während des Wechsels noch ausbauen.

Reval, Teil des „Livländischen Drittels“ der Hanse, erhielt 1346 zusammen mit Riga und Pernau das Stapelrecht, das alle mit Russland Handel treibenden Kaufleute dazu verpflichtete, eine der drei Städte anzulaufen und für einen Zeitraum von drei bis acht Tagen ihre Waren auf dem Markt anzubieten. Mehrere exklusive Handelsrechte für die Revaler Kaufleute beendeten den bis dahin für jeden offenen Freihandel in der Stadt. Die bisher wichtigste Handelsstadt der Ostsee, Wisby, konnte sich von der Plünderung durch den dänischen König 1361 und in den darauf folgenden Kriegsjahren nicht wieder zu ihrer vorherigen Vormachtstellung erholen, und als zur Jahrhundertwende auch die Vitalienbrüder aus der Ostsee verbannt werden konnten, war Reval die wichtigste Stadt des hansischen Osthandels.

Der Russlandhandel blieb allerdings nicht immer ungetrübt. Nach mehreren unsicheren Jahren brach 1471 der Handel mit Nowgorod durch Angriffe der Moskauer ganz ab, und 1478 wurde das bis dahin unabhängige Fürstentum von den Moskauern endgültig erobert. Das Großfürstentum Moskau führte auch Krieg gegen Livland, mit dem es nun eine gemeinsame Grenze besaß. Der Einfall der Moskauer Russen in Livland 1481 brachte der von Flüchtlingen überfüllten Stadt einen schweren Pestausbruch. Weitere schwere Seuchenjahre der Stadt waren 1464, 1495/96 und 1519/20. Nach einer kurzen Friedensperiode, in der das Nowgoroder Handelskontor wieder eröffnet und erneut geschlossen wurde, folgte 1501–1503 ein erfolgreicher Kriegszug des Deutschen Ordens gegen Moskau, an den sich ein bis 1558 dauernder Friede anschloss.

Die Kriege mit den Moskauer Russen brachten für Livland und Reval schwere Verluste an Wirtschaft und Bevölkerung. Erst 1514 gelang die erneute Errichtung einer Handelsbeziehung der livländischen Städte Reval und Dorpat mit Nowgorod, die zu einer neueren wirtschaftlichen Blüte bis in die 1550-er Jahre führte. Im 16. Jahrhundert hat die Stadt ca. 6000-7000 Einwohner.

Die Reformation erreichte Reval 1523/24. Ihren endgültigen Durchbruch erlebte sie, als sich im Juli 1524 Vertreter der livländischen Städte und Ritter im Revaler Rathaus versammelten und beschlossen, bei der protestantischen Lehre zu bleiben und sie mit allen Mitteln zu verteidigen. Im September des gleichen Jahres kam es zu einem Bildersturm, dem die Ausstattung dreier Kirchen zum Opfer fiel. Die Verluste blieben dabei verhältnismäßig gering, da der Rat bereits am nächsten Tag die öffentliche Ordnung wieder herstellen konnte und für die Rückerstattung der geraubten Kunstschätze sorgte. Insgesamt lässt sich sagen, dass die Reformation in Livland und auch in Reval unblutig erfolgte. Am 9. September 1525 wurde die neue Lehre in Reval durch der Erlass einer lutherischen Kirchenordnung seitens des Rates und der Gilden „amtlich“.

Schutzmacht Schweden und russische Herrschaft

Die restliche Zeit der Ordensherrschaft war von inneren und äußeren Streitigkeiten geprägt, bis Moskau bei seinem Einfall 1558–1561 den Deutschen Orden in Livland besiegte. Reval wandte sich an Schweden als Schutzmacht, womit eine bis zum Großen Nordischen Krieg 1710 anhaltende schwedische Herrschaft in der Stadt begann.

1549 erhielt die Olaikirche einen gotischen Turm mit der zu dieser Zeit außergewöhnlichen Höhe von 159 Meter; bis zum Brand von 1629 blieb er das höchste Gebäude der Welt. Heute ist er nach einem Wiederaufbau im 19. Jh. nur noch 123,7 Meter hoch.

1561 wurde die Stadt in der Zeit des Livländischen Krieges schwedisch. Die Schweden reduzierten nach und nach die Vorrechte der Deutschen, jedoch nicht in dem Ausmaß, wie es die Esten im Hinblick auf den Status der Bauern in Schweden zunächst erhofften.

  • 1631 – Gründung des ersten Gymnasiums
  • 1684 – vernichtender Brand auf dem Domberg
  • 1710 – Pestepidemie, Tallinn hatte danach noch 2.000 Einwohner

Infolge des Großen Nordischen Krieges fiel Reval 1710 an Russland. Peter der Große setzte die alten deutschen Ratsgeschlechter wieder vollständig in ihre ursprünglichen Positionen, in den nächsten zwei Jahrhunderten wurden die Rechte der Stadtregierung dann schrittweise reduziert.

Republik Estland 1918–1940

Am 14. Februar 1918 wird die selbständige Republik Estland ausgerufen; die Stadt, die nun Tallinn hieß, wird schließlich Hauptstadt des unabhängigen Estlands. Die eigentliche Unabhängigkeit wurde im Freiheitskrieg (1918–1920) erkämpft und durch den Friedensvertrag mit dem sowjetischen Russland gekrönt.

Sowjetrepublik und Zweiter Weltkrieg

Ein geheimes Zusatzprotokoll zum deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakt (im August 1939) machte den Weg für die Eroberung Estlands durch die Sowjetunion frei. Die deutschbaltische Bevölkerung wurde vom Tallinner Hafen aus auf Befehl Hitlers in den neu geschaffenen Reichsgau Wartheland umgesiedelt. Nach der sowjetischen Okkupation im Juni 1940 wurde die Estnische Sozialistische Sowjetrepublik ausgerufen, deren Hauptstadt Tallinn blieb. Es begannen die ersten Deportationen der estnischen Bevölkerung – insbesondere der politischen und kulturellen Elite – nach Sibirien und Nordrussland. In den sowjetischen Terrorwellen nach 1940 und dann wieder ab 1944/45 wurde insgesamt jeder fünfzehnte Este ermordet und jeder siebzehnte zumindest für zehn Jahre nach Sibirien verschleppt (Frankfurter Allgemeine, 14. Mai 2007).

1941 besetzte die deutsche Wehrmacht Tallinn, wodurch die Stadt und das Land von einer Willkürherrschaft in die nächste geriet. Hitler verfolgte das Ziel, Estland dem Deutschen Reich anzugliedern. Die von den Esten erhoffte Wiederherstellung der Unabhängigkeit erfolgte nicht. Dennoch beteiligten sich viele junge Esten am Vormarsch der deutschen Wehrmacht nach Osten und nahmen auch an Vernichtungsaktionen teil. Die deutsche Besatzungsmacht ließ die jüdische Bevölkerung Tallinns und Estlands nahezu gänzlich ermorden.

Am 9. März 1944 erfolgte ein schwerer sowjetischer Luftangriff. Es wurden 11 % der Altstadt zerstört und 600 Tote gezählt. Während des Krieges blieb der Charakter der Altstadt trotz der Bombardierungen durch die sowjetische Luftwaffe gegen die in und um Tallinn stationierten deutschen Truppen erhalten. Die Wehrmacht wurde bis Ende 1944 von der Sowjetarmee im Zuge der Baltischen Operation aus Tallinn und Estland zurückgedrängt und die sowjetische Herrschaft wiederhergestellt. In der Stadt bestand das Kriegsgefangenenlager 286 für deutsche Kriegsgefangene des Zweiten Weltkriegs.[2]

Republik Estland ab 1991

Nach 51 Jahren wurde Tallinn am 20. August 1991, zur Zeit des Moskauer Putsches, erneut zur Hauptstadt eines unabhängigen Estlands. Infolge des immensen Wirtschaftswachstums und des in manchen Schichten stark gestiegenen Wohlstandes sind rund um Tallinn innerhalb weniger Jahre riesige Neubaugebiete entstanden. So wurden beispielsweise im südlich von Tallinn gelegenen Gebiet Peetri auf einem ehemaligen Moor Ein- und Mehrfamilienhäuser gebaut. Vor allem junge Familien, die in den letzten Jahren von der wirtschaftlichen Entwicklung profitiert haben, lassen sich hier nieder. Es entsteht ein starker Kontrast zu den großen Siedlungen im sozialistischen Stil. Die Preise für Appartements in den Neubaugebieten sind teilweise bereits auf westlichem Niveau.

Ende April 2007 kam es in Tallinn durch Krawalle und Plünderungen hauptsächlich russischstämmiger Jugendlicher zu den stärksten Unruhen seit dem Zerfall der Sowjetunion. Grund dafür war die von estnischen Behörden nach längerer vorheriger Ankündigung am 27. April 2007 veranlasste Umsetzung des Bronze-Soldaten von Tallinn von seinem ursprünglichen Standort im Stadtzentrum auf einen Militärfriedhof. Die Esten verbinden dieses Denkmal eher mit der sowjetischen Besatzungszeit als mit der Befreiung von der nazideutschen Besetzung im Zweiten Weltkrieg, der das Denkmal gewidmet ist (und die es für Russen und die russische Minderheit in Estland symbolisiert). Infolge des Denkmalstreits kam es zu einer schweren Krise in den Beziehungen zwischen Estland und Russland, welches sich vehement gegen die Umsetzung der Statue wandte.

Historische Stadttopographie

Der Domberg und die Unterstadt waren bis 1877 sowohl in Verwaltung wie auch Rechtsprechung zwei autonome Städte. [3]

Der Domberg, auf welchem der Bischof, der Vertreter des Landesherrn, des Deutschen Ordens, und die Vertretung der Ritterschaft saßen, ist bis heute Zentrum der Staatsgewalt. Hier haben das Parlament der Republik Estland (Riigikogu) und die Regierung ihren Sitz. Der Domberg erhebt sich 48 m über der Unterstadt.

Die Unterstadt ist, geschichtlich gesehen, die eigentliche Stadt Reval. Hier lebte der Großteil der Stadtbevölkerung, Handwerker und Kaufleute. Die Stadt war dem Landesherrn gegenüber unabhängig. Es waren lediglich geringe jährliche Zahlungen an Zins und Pacht an den Orden zu leisten, und im Falle eines feierlichen Einzuges in die Stadt musste sie dem Landesherrn huldigen. In Rechtsfragen wandte sich die Stadt an Lübeck.

Bischof

Der Bischof war allein geistlicher Hirte und kein Landesherr. Seine Besitz bestand aus Tafelgütern in der Diözese. Mit dem Verlust seines Episkopalrechts an die Stadt Reval durch das lübische Stadtrecht war er dieser gegenüber auch seiner geistlichen Machtstellung beraubt. Der Bischof von Reval war auch während der Ordenszeit Suffragan des Erzbischofs von Lund, welcher in dieser Zeit jedoch keinen Einfluss auf die Bischofswahl hatte. Das Domkapitel war mit vier Domherren ausgesprochen klein und als Einkünfte standen ihm lediglich fromme Stiftungen und einige Dörfer in der Revaler Umgebung zur Verfügung. Auf dem Domberg befand sich neben dem Dom, der Vertretung des Deutschen Ordens und dem Sitz der v. a. harrisch-wierischen Ritterschaft nur noch eine kleine Bevölkerung von Handwerkern und Dienern.

Einwohnerschaft

Die Unterstadt nahm für ihre verhältnismäßig kleine Fläche (an ihrer längsten Nord-Süd-Achse maß die Stadt etwa 1 Kilometer, in der Breite weniger als 700 Meter) eine recht große Anzahl an Menschen auf. Es sind aus der Ordenszeit keine Einwohnerzahlen für die ganze Stadt vorhanden, aber für die Unterstadt existiert eine Schossliste von 1538, welche rund 800 Personen umfasst, was im Vergleich zu späteren Einwohnerlisten und nach vorsichtiger Spekulation wohl eine Bevölkerungszahl von etwa 5000 Einwohnern annehmen lässt. Für die Domstadt steht das „Wackenbuch“ von 1575 zur Verfügung, mit dessen Hilfe sich etwa 1000 Personen (zusammen mit Dom, Ordensschloss und anwesenden Vasallen) vermuten lassen. Die Vorstädte werden nach ihrer Größe in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts auf etwa 700 Bewohner geschätzt, was für die gesamte Stadt Reval zu dieser Zeit eine Bevölkerungszahl von etwa 6700 Einwohnern ergibt.

Frühere Schätzungen dürften noch ungenauer sein. Eine Schossliste von 1372 führt rund 650 Schosspflichtige auf. Wenn man sich die Vereinfachung erlaubt und die spätere Bevölkerungsschätzung für dieses Jahr anteilig herunterrechnet, dann ergäbe dies zusammen mit der Domstadt eine Bevölkerung von vielleicht knapp 5000 Einwohnern (die Vorstädte existierten zu dieser Zeit noch nicht). Damit gehörte Reval zu den mittelgroßen europäischen Städten, weitab von Großstädten mit etwa 40.000 Einwohnern wie Köln, Wien und Prag oder mit 20.000 Einwohnern wie Lübeck, Nürnberg, Bremen oder Danzig. In seiner Bevölkerungszahl vergleichbar war Reval eher mit Städten wie Göttingen, Hildesheim oder Stockholm, wobei die Zahlen durch Konjunktur, Kriege und Seuchen auch stark schwanken konnten.

Die meisten Revaler Bürger waren deutsch und kamen, sofern sie nicht in Reval geboren wurden, aus dem Reich. Während des ganzen Mittelalters bildete Lübeck die Durchgangsstation und gelegentlich auch die Heimatstadt für kommende Revaler Neubürger. Die Fernhandel treibenden Kaufleute bildeten, über die Hansestädte verteilt, ein dichtes soziales Netz, häufig auch durch Verwandtschaft, sodass es nicht verwunderlich ist, wenn sich eine Familie gleichzeitig in Reval, Lübeck und anderen Hansestädten befand. Eine Untersuchung der in Revaler Bürgernamen des 14. Jahrhunderts vorkommenden Ortsbezeichnungen ergab, dass sich etwa die Hälfte aller Ortsnamen im rheinisch-westfälischen Raum wiederfinden lassen, die andere Hälfte setzt sich hauptsächlich aus dem gesamten norddeutschen Raum zusammen.

Soziale Zusammensetzung der Bevölkerung

Das soziale Leben der Stadt wurde neben der Verwandtschaft oder der Nachbarschaft zu einem wesentlichen Teil durch die Berufsgruppen, die Zünfte und die drei Gilden, die Kinder- oder Großen Gilde, die Kanuitgilde und die Olaigilde, bestimmt, wobei mit der Geselligkeit innerhalb dieser Genossenschaften eine halb berufliche, halb private Sphäre geschaffen wurde. Die Gilden waren als kirchliche Korporationen gegründet, vereinigten aber bald die angesehenen Berufe und Zünfte und hatten wichtige soziale Funktionen. In ihnen wurden Beerdigungen und Hochzeiten ihrer Mitglieder gemeinsam begangen, man veranstaltete gesellige Mahlzeiten und Tanzfeste, legte Regeln für gutes Benehmen fest (bei Verstoß gingen genau angegebene Geldstrafen in die Gildenkasse) und half sich gegenseitig in Unglücksfällen. Die Gilden unterhielten eigene Altäre und so genannte Tafelgilden zur Speisung der Armen.

Ein strenges soziales Unterscheidungsmerkmal bildete die Nationalität (Abstammung bzw. Herkunftsland). Die Stadt setzte sich im Wesentlichen aus drei Nationalitäten zusammen, aus Deutschen, Schweden und Esten (die sog. Undeutschen), und die Schossliste von 1538 ergibt folgendes Bild: Etwa ein Fünftel der schosspflichtigen Bevölkerung scheint schwedisch gewesen zu sein, jeweils zwei Fünftel deutsch und estnisch. Von ihrer sozialen Rangordnung her dürfte die gesamte Oberschicht und mehr als die Hälfte der Mittelschicht aus Deutschen bestanden haben. Der Rest der Mittelschicht setzt sich zu etwa einem Viertel aus Schweden und einem Fünftel aus Esten zusammen. Die Unterschicht bestand zu drei Vierteln aus Esten und, von vereinzelten Deutschen abgesehen, aus Schweden. Die sozialen Schichtungen richteten sich in diesem Fall nach der Schosszahlung und der Wohnsituation.

Nur sehr vorsichtig lässt sich die nationale Zusammensetzung auf dem Domberg beurteilen, da die Hauptquelle, das Wackenbuch von 1575, aus der Zeit der schwedischen Herrschaft stammt. Mit dem Wechsel des Landesherrn wird auch ein Wechsel in der Zusammensetzung der Bevölkerung der Domstadt, des Sitzes des Landesherrn, einhergegangen sein, zumal bei den im Wackenbuch aufgeführten vielen schwedischen Namen nicht auszuschließen ist, dass die schwedischen Schreiber deutsche Namen schlicht in schwedischer Form niederschrieben. Für die Ordenszeit kann dennoch angenommen werden, dass sich die Oberschicht nahezu komplett aus Deutschen, die Unterschicht größtenteils aus Esten zusammensetzte.

Kirchspiele

Die zwei Kirchspiele der Unterstadt entsprechen zwei verschiedenen städtischen Keimzellen. Zum einen ist der südliche Stadtteil charakterisiert durch den Alten Markt und die von ihm sternförmig ausgehenden Straßen. Hier bestand auf der Höhe des Verbindungsweges zum Domberg vermutlich bereits ein estnischer Handelsplatz, der in seiner Infrastruktur von den 200 gerufenen deutschen Kaufleuten übernommen wurde. Die für diesen Stadtteil zuständige Pfarrkirche, St. Nikolai, wird 1316 erstmals urkundlich erwähnt, geht aber wahrscheinlich auf die zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts zurück und ist mit Sicherheit eine Gründung der deutschen Kaufleute. Wie in vielen anderen Hansestädten ist sie dem Heiligen Nikolaus, dem Patron der Seefahrer, gewidmet.

Zum anderen ist der lang gezogene nördliche Stadtteil durch die Langstraße bestimmt, die Hauptverbindungsstraße zwischen Hafen und Domberg, an der sich vor allem schwedische und russische Kaufleute niederließen. Die dortige, weit im Norden der Stadt befindliche Pfarrkirche ist St. Olai, erstmals erwähnt 1267, als die dänische Königin Margrete I. ihr Parochialrecht über die Kirche dem Revaler Zisterzienserinnenkloster zu St. Michael überlässt. Wie weit der Ursprung dieser Kirche in die Vergangenheit zurückreicht, ist unbekannt, es kann aber angenommen werden, dass sie entweder eine Gründung des dänischen Königs oder schwedischer Kaufleute ist, die wahrscheinlich schon vor der Stadtgründung hier einen Handelsplatz besaßen. Benannt ist sie nach dem heiliggesprochenen norwegischen König Olav. Nach dem großen Stadtbrand 1433, der das Mönchskloster St. Olai, die Münze und einen Teil des Marktplatzes verwüstete, ging die Kirche in den Besitz der Stadt über. Dass der nördliche Stadtteil eine ursprünglich von Fremden besiedelte Gemeinde war, zeigt auch die russische Kirche, die unweit von St. Olai stand. Beide Stadtteile wurden 1265 auf Befehl der dänischen Königin Margrete I. zusammengefügt und mit einer Stadtmauer umgeben.

Klöster und Kapellen

Innerhalb der Stadtmauer befinden sich zwei Klöster: eines der Dominikaner und eines der Zisterzienserinnen. Das Dominikanerkloster zu St. Katharina entstand wahrscheinlich zuerst 1229 auf dem Domberg, wurde aber 1246 in der Stadt neu begründet und unterhielt enge Verbindungen zu den skandinavischen Dominikanern. Es erfreute sich Zeit seines Bestehens bei den Bürgern großer Beliebtheit, was sich in starkem materiellem Wachstum durch Schenkungen und Stiftungen äußerte. Die Dominikaner kamen durch ihre Predigertätigkeit immer wieder in Konflikt mit dem Bischof und zur Reformation in schwere Auseinandersetzungen mit der Stadt, welche 1523 mit der Ausweisung der Mönche aus der Stadt endeten.

Das Zisterzienserinnenkloster wurde wahrscheinlich 1249 vom dänischen König gegründet. Die Kirche war St. Michael geweiht und gehörte zusammen mit der Klosteranlage erst mit einer Erweiterung der Stadtmauer zur inneren Stadtstruktur. Das Kloster war vom dänischen Königshaus sehr reich mit Privilegien ausgestattet, erwarb schon früh große Liegenschaften und nahm größtenteils unverheiratete Töchter des Adels auf, wodurch sich seine relativ schlechten Beziehungen zur bürgerlichen Stadtbevölkerung erklären. Nach der Reformation wurde es in eine weibliche Erziehungsanstalt umgewandelt.

Neben den ansässigen Klöstern hatten einige auswärtige Klöster Höfe in Reval. Der Hof der Zisterziensermönche Dünamünde (später Padis) wird zwar erst 1280 erwähnt, existierte aber wohl schon seit der ersten Dänenherrschaft. Direkt daneben lag der Hof der gotländischen Zisterzienser aus Roma, und diesem gegenüber lag der Hof der Zisterzienser aus Falkenau bei Dorpat auf einem Grundstück, das ihnen 1259 geschenkt wurde.

1316 wird erstmals die zu St. Olai gehörige Heilig-Geist-Kapelle erwähnt, die schon früh den Rang einer fast eigenständigen Kirche hatte und vor allem von den städtischen Undeutschen besucht wurde. Zu ihr gehörte das nach römischem Muster erbaute Heilig-Geist-Spital für Alte und Kranke. Weit älter war das Johannisspital, das 1237 erstmals erwähnt wurde. Es wurde als Leprosium errichtet und nach dem Verschwinden des Aussatzes als Siechenhaus weitergeführt.

Außerhalb der Stadtmauer, vor der Schmiedepforte, befand sich die mit einem Kirchhof versehene Barbarakapelle, die zu St. Nikolai gehörte und deren Errichtung auf die erste Hälfte des 14. Jahrhunderts geschätzt wird. Die Kapelle existiert heute nicht mehr, vermutlich wurde sie bereits 1570/71 bei der russischen Belagerung zerstört. Ebenfalls außerhalb, in der Nähe des Hafens, vor der großen Strandpforte, befand sich die für Schiffer und Reisende erbaute Gertrudenkapelle. Ihr Bau wurde 1438 gestattet, 1570 jedoch wurde sie bei einem Brand zerstört. Auf dem Tönnisberg (Antoniusberg) stand die Antoniuskapelle, deren ursprünglicher Zweck nicht mehr rekonstruierbar ist.

Der 1407 begonnene Bau des Augustinerklosters St. Brigitten zu Marienthal war spätestens zu seiner Weihe 1436 beendet, wobei dem Kloster bereits 1411 die Augustinerregel gegeben wurde und 1412 das Tochterkloster Marienwohlde bei Lübeck gegründet wurde. Gründer waren drei Revaler Kaufleute, die später in den Konvent eintraten. Das Kloster befand sich in der Nähe der Küste, vier Kilometer nordöstlich der Stadt, an der Grenze zur Stadtmark und wurde 1435 das erste Mal in einem Revaler Testament bedacht. Es diente der Aufnahme von Personen beiderlei Geschlechts, jedoch überwogen die Frauen, meistenteils Bürgertöchter, die meist auch die Äbtissin stellten. Das Kloster wurde während zweier russischer Belagerungen, 1575 und 1577, zerstört.

Bevölkerung

  • Bevölkerungsentwicklung
  • Jahr          Einwohnerzahl
  • 16.Jh.                 6–7.000
  • 1710                      2.000
  • 1870               ca. 31.000
  • 1934                  137.792
  • 1945                  127.000
  • 1959                  281.714
  • 1970                  369.583
  • 1979                  441.800
  • 1989                  499.421
  • 2003                  386.000
  • 2005                  401.694
  • 2007                  396.200

2007: 37 Prozent der Bevölkerung sind ethnische Russen.

Religion

Tallinn ist Sitz des Konsistoriums und des Erzbischofs der Estnischen Evangelisch-Lutherischen Kirche und Sitz der römisch-katholischen Apostolischen Administratur Estland. Der Großteil der Esten ist heute konfessionslos.

Politik und Verwaltung

Hauptstadt

Tallinn ist die Hauptstadt der Republik Estland. In der Stadt haben der Präsident, die Regierung, das Parlament (Riigikogu), der Staatsgerichtshof (Riigikohus), die Ministerien sowie zahlreiche diplomatische Vertretungen ihren Sitz.

Verwaltung

Alle vier Jahre werden die Mitglieder des Tallinner Stadtrates gewählt. Die letzten Wahlen der 79 Ratsmitglieder fanden am 18. Oktober 2009 statt. Zu den Aufgaben des unter dem Vorsitz von Toomas Vitsut stehenden Stadtrates gehört unter anderem die Wahl des Bürgermeisters.[4] Dieses Amt hat seit April 2007 Edgar Savisaar inne.

Mit 44 Ratsmitgliedern verfügt die Estnische Zentrumspartei (Eesti Keskerakond) über die absolute Mehrheit. 14 Mitglieder stellt die liberale Estnische Reformpartei (Eesti Reformierakond), 13 die konservative Isamaa ja Res Publica Liit und die sozialdemokratische Sotsiaaldemokraatlik Erakond acht Abgeordnete.[5]

Die Talliner Stadtregierung ist das ausführende Organ und umfasst neben dem Bürgermeister sieben Vizebürgermeister.[6]

Symbole

Die Flagge Tallinns zeigt jeweils drei horizontale blaue und weiße Streifen. Auf dem Wappen der Stadt sind unter anderem drei Löwen zu sehen, die eines der ältesten estnischen Symbole darstellen und seit dem 13. Jahrhundert Verwendung finden.

Stadtbild und Architektur

Die Tallinner Altstadt wurde 1997 zur Liste des UNESCO-Weltkulturerbe hinzugefügt als „außergewöhnlich vollständiges und gut erhaltenes Beispiel einer mittelalterlichen nordeuropäischen Handelsstadt“.[7]

Unterstadt

Das Zentrum bildet der Rathausplatz (estn.: Raekoja plats), der von dem 1322 erstmals erwähnten, aber schon im 13. Jh. errichteten gotischen Rathaus und anderen stattlichen Gebäuden umschlossen wird. Von der öffentlich zugänglichen Aussichtsplattform des Rathauses bietet sich ein hervorragender Blick über Stadt, Hafen und Meerbusen. Das Wahrzeichen Tallinns – die Figur des Stadtknechts „Alter Thomas“ (estn.: Vana Toomas) – schmückt seit 1530 die Turmspitze. Die beiden Wasserspeier in Drachengestalt sind aus dem 17. Jh.

Gegenüber befindet sich die Ratsapotheke (estn.: Raeapteek). Sie wurde 1422 erstmals urkundlich erwähnt und ist damit eine der beiden ältesten noch tätigen Apotheken Europas (die andere ist in Dubrovnik). Nach Umbauten im 16. Jh. mietete die aus Ungarn stammende Familie Johann Burchart die Apotheke und führte sie über 300 Jahre.

Die Stadtmauer ist eine der wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt. Im Mittelalter war Tallinn eine der am besten befestigten Städte an der Ostsee. Mit dem Bau der Befestigungen wurde in der zweiten Hälfte des 13. Jh. begonnen und dauerte die folgenden 300 Jahre an. Da die Waffen ständig schlagkräftiger wurden, musste fortwährend nachgebessert werden. Die fertige Mauer war schließlich 2,35 km lang, 13–16 m hoch und 2–3 m dick und hatte über 40 Türme. Heute stehen noch 1,85 km Mauer und 26 Türme. Die Lehmpforte war eines der Haupttore des mittelalterlichen Tallinn, das mehrfach umgebaut wurde. Von ihm ist heute nur noch das Vortor erhalten. Die Stadtmauer hatte im Mittelalter sechs Tore (Pforten), alle hatten ein bis zwei Vortore, Hängebrücken über den Wallgraben und Fallgitter. Die Große Strandpforte mit der „Dicken Margarethe“. Als die Große Strandpforte gebaut wurde, stand sie so nah am Ufer, dass bei Sturm die Wellen ans Tor schwappten. Erhalten ist das Vortor mit dem Kanonenturm Dicke Margarete, dessen Durchmesser 25 m beträgt. Heute beherbergt er das estnische Seefahrtsmuseum, das einen Überblick über die Geschichte der Seefahrt und Fischerei gibt.

Sehenswert ist der Kiek in de Kök, ein ehemaliger Kanonenturm aus dem 15. Jahrhundert, der seinerzeit der stärkste Kanonenturm des Baltikums war.

Die St.Nikolaikirche (estn.: Niguliste kirik), eine spätgotische Steinkirche, entstammt dem Anfang des 13. Jh.. Nennenswert sind der Hauptaltar vom Lübecker Meister Hermen Rode aus dem Jahre 1481 und das Fragment des Totentanzes vom Lübecker Meister Bernt Notke. Sie ist ein Beispiel der im 13. Jahrhundert verbreiteten „Kaufmannskirchen“ (der Dachstuhl der Kirche diente als Warenlager). Zudem diente sie als Wehrkirche. Ab dem 15. Jh. wurde sie zur Basilika umgebaut. Sie überstand als einzige Kirche den Bildersturm der Reformationszeit, weil, wie es heißt, der Kirchenvorsteher die Türschlösser mit Blei ausgießen ließ. Nach schwerer Zerstörung durch einen Bombenangriff im Jahre 1944 ist die Kirche heute Museum und Konzertsaal.

Die Heiligengeistkirche (estn.: Pühavaimu kirik), im 14. Jh. als Kapelle zum Heiligengeist-Armenspital hinzu gebaut mit zwei Funktionen: Kirche des Armenhauses und Ratskapelle. Sie besitzt einen spätmittelalterlichen Flügelaltar des Lübecker Meisters Hermen Rode aus dem 15. Jahrhundert, und eine Uhr aus dem 17. Jahrhundert, angefertigt vom Meister Christian Ackermann.

Die Olaikirche (estn.: Oleviste kirik), benannt nach dem norwegischen König Olaf II., der die Christianisierung Nordeuropas betrieb, wurde im 13. Jh. erstmals urkundlich erwähnt. Der Turm kann bestiegen werden und bietet eine hervorragende Aussicht über die gesamte Stadt.

Das Haus der Schwarzenhäupterbruderschaft: Diese Bruderschaft gab es nur in Alt-Livland (Estland und Lettland), sie war einzigartig in Europa. Sie vereinte unverheiratete deutschstämmige Kaufleute. Nach der Aufnahme in die Gilde führte deren Karriere die erfolgreichsten in den Rat der Stadt. Der Name kommt von ihrem Schutzheiligen, dem frühchristlichen Märtyrer Mauritius. Die Bruderschaft bestand von ca. 1400 bis 1940 in Tallinn und ist seitdem in Deutschland weiter aktiv. Die Fassade des Hauses ist im Stile der Niederländischen Renaissance des 16. Jh. gehalten. Auf Höhe des Erdgeschosses befinden sich die Wappen der Hansekontore Brügge, Nowgorod, London und Bergen. Die russischen Zaren Peter der Große, Paul und Alexander I. waren Ehrenmitglieder der Bruderschaft und haben dieses Haus besucht.

Am nördlichen Rand der Altstadt von Tallinn steht neben dem Wehrturm „Dicke Margarete“ die am 28. September 1996, exakt zwei Jahre nach dem Unglück, von Bildhauer Villu Jaanisoo aus Stahl und schwarzem Granit fertiggestellte Skulptur Katkenud liin (Unterbrochene Linie). Sie ist dem Gedenken an den Untergang des Fährschiffs „Estonia“ gewidmet, der aufgrund einer ungenügend geschlossenen Ladeklappe erfolgte und hunderte Menschen das Leben gekostet hat. Eine „Wasserstraße“ führt in einem weiten Bogen von einer Anhöhe zu einem Abgrund und bricht darüber ab. Weit jenseits der Bruchstelle setzt sich der Bogen fort, und die „Wasserstraße“ stürzt in das Erdreich hinein. Unter der unteren Abbruchstelle ruht eine schwarze Granitplatte, auf der die Namen der Ertrunkenen verzeichnet sind. Die Angehörigen legen hier und auf dem darüber stehenden Bogen Blumen, Kränze und Windlichter nieder.

Domberg

Von der mittelalterlichen Burg auf dem Domberg (estn. Toompea loss) sind nur noch die nördliche und westliche Mauer sowie drei Türme erhalten, darunter der Lange Hermann (estn.: Pikk Hermann), gebaut im 14. Jahrhundert. Im 15. Jahrhundert wurde er noch einmal um 10m auf 50 m erhöht. Im Mittelalter wurde er unter anderem als Gefängnis genutzt. Nach der Loslösung vom Zarenreich im Jahr 1918 wurde am Turm erstmals die blau-schwarz-weiße Fahne gehisst, die 1940 im Zuge der sowjetischen Okkupation durch eine rote ersetzt wurde. 1989 wurde die estnische Flagge dort wieder aufgezogen und das geschieht heute täglich bei Sonnenaufgang; geht die Sonne unter, wird sie wieder eingeholt.

Daneben befindet sich das repräsentative Schloss, dessen wesentliche Umbauten im 18. Jahrhundert von der russischen Zarin Katharina II. veranlasst wurden. Heute ist es Sitz von Parlament und Regierung.

Die Domkirche liegt am Kirchplatz, an dem sich acht historische Straßen kreuzen, sie ist der Heiligen Jungfrau Maria gewidmet. Mit dem Bau wurde im 13. Jh. begonnen, sie ist somit eine der ältesten Kirchen der Stadt. Später im 14. Jh. wurde sie nach dem Vorbild der gotländischen Kirchen in eine dreischiffige Basilika im gotischen Stil umgebaut. Die Tallinner Gotik ist die so genannte Kalksteingotik. Im Brand 1684 trug die Kirche schwere Schäden davon. Der Großteil der Einrichtung wurde vernichtet. Das neue Interieur ist barock. 107 Wappenepitaphe estländischer Adliger sind erhalten, ebenso viele Grabdenkmäler bekannter Persönlichkeiten: von Pontus de la Gardie, dem Heerführer der Schweden im Livländischen Krieg, von dem bekannten Admiral, dem Weltumsegler und Entdecker Adam Johann von Krusenstern; von dem schottischen Admiral Samuel Greigh, der für Katharina II. viele Siege errang und andere mehr. Es gibt zwei Familienlogen aus dem 18. Jh., eine der Familie von Patkul und eine der Familie von Manteuffel. Die vorhandene Ladegast-Orgel wurde in der Werkstatt des Berliner Meisters Sauer perfektioniert. Die Domkirche ist heute eine lutherische Kirche mit einer 600-köpfigen Gemeinde.

Die russisch-orthodoxe Alexander-Newski-Kathedrale (estn.: Aleksander Nevski katedraal) mit ihren weithin sichtbaren Zwiebeltürmen, 1894–1900 als Sinnbild der Russifizierung Estlands erbaut. Daher konnte sich die estnische Bevölkerung längere Zeit kaum über dieses dominate „fremde“ Bauwerk freuen, inzwischen ist sie ein weiterer touristischer Anziehungspunkt in der Altstadt.

Neustadt und Vororte

Am Stadtrand befindet sich das Schloss Katharinental (estn. Kadriorg). Revals deutscher Friedhof Ziegelskoppel (estn. Kopli) auf der gleichnamigen Halbinsel nördlich der Altstadt, Schauplatz einiger Erzählungen von Werner Bergengruen und der Friedhof der Grauen, also der estnischen Bevölkerung auf der Fischermai sind keine Sehenswürdigkeiten mehr. Beide wurden in den 1960er Jahren in Parks umgewandelt. Umfassungsmauern und Baumreihen lassen die frühere Nutzung noch erkennen, alle Grabsteine sind aber entfernt worden. Während in der Fischermai (Kalamaia) eine Inschrift an dem kürzlich restaurierten Eingangstor des Friedhofes wieder an die frühere Nutzung erinnert, lässt sich der Friedhof von Ziegelskoppel nur durch einen Vergleich alter und neuer Stadtpläne ausfindig machen.

Im Stadtteil Pirita nordöstlich des Stadtzentrums gibt es einen Jachthafen sowie einen ausgedehnten Sandstrand, der von einem Kiefernwald begrenzt wird. An warmen Sommertagen herrscht dort Partystimmung und der Strand ist deswegen oft sehr voll. Bei Joggern und Inlineskatern ist vor allem die Promenade zwischen Pirita und der Stadtmitte beliebt. Hier steht auch die eindrucksvolle Ruine der Zisterzienser-Abtei St. Brigitten, ein heute dachloses Kirchenschiff vom Ausmaß einer Hauptstadt-Kathedrale, zerstört durch russische Truppen im 16. Jahrhundert. Nebengebäude sind noch als Mauerreste zu erkennen.

Eine idyllische Abwechslung bietet dagegen die dem Festland vorgelagerte Insel Naissaar in der Tallinner Bucht.

Den besten Ausblick auf die Stadt und bei guten Sichtverhältnissen sogar bis zur finnischen Küste bietet der Fernsehturm (estn. Teletorn) mit seiner Aussichtsplattform und einem Restaurant, das derzeit allerdings wegen Sicherheitsmängeln geschlossen ist.

Wirtschaft und Infrastruktur

Wirtschaft

Tallinn ist die wirtschaftsstärkste Stadt in Estland. Ca. 60% des estnischen BIP stammen aus Unternehmen in Tallinn. Infolge der Auflösung der UdSSR ging Russland als wichtigster Handelspartner verloren. In der darauf folgenden Privatisierung richtete man die Wirtschaft nach skandinavischem Vorbild ein. Die niedrige Steuerlast und das liberale Wirtschaftsumfeld machen es für Unternehmen aktraktiv in Tallinn anzusiedeln. So findet man in Tallinn Unternehmen wie Nokia, Philips oder Ericsson. In Tallinn befindet sich der größte Bankensektor in den baltischen Staaten. Viele nordeuropäische Banken sind hier aufgrund der gut ausgebildeten Arbeitskräfte und der umfangreich ausgebauten Telekommunikationsstrukur ansässig. Zu nennen sind hier die SEB, Swedbank, Nordea oder Sampo.

Ziele für die Zukunft sind der Ausbau der Bildung- und Forschungsstätten und der Infrastruktur. Außerdem soll die Stadtattraktivität steigen. Das Stadtbild ist heute noch stark von den sowjetischen Einflüssen geprägt.

Verkehr

Tallinn ist ein bedeutender Ostsee-Fährhafen (Verbindungen nach Rostock, Helsinki, Stockholm, Åland und Sankt Petersburg). Der internationale Flughafen Tallinn-Lennart Meri ist nur vier Kilometer vom Stadtzentrum entfernt.

Tallinn liegt an der Europastraße 67 („Via Baltica“) und ist Estlands wichtigster Knotenpunkt des Straßenverkehrs. Das Eisenbahnnetz Estlands in russischer Breitspur ist bescheiden; im internationalen Personenfernverkehr gibt es nur je eine Verbindung nach Moskau und St. Petersburg. Der Verkehr in die anderen Städte Estlands und das benachbarte Lettland wird größtenteils mit Linienbussen abgewickelt. Projektiert ist der Bau der Hochgeschwindigkeitsbahn Rail Baltica.

Die Stadt selbst ist durch den öffentlichen Stadtverkehr mit vier Straßenbahnlinien, dem Oberleitungsbus Tallinn (acht Linien) sowie mehreren Buslinien gut erschlossen. Das nur 39 km lange Straßenbahnnetz ist eines der wenigen europäischen Schienennetze mit Kapspur (1067 mm).

Bildung

Die 1938 gegründete Estnische Akademie der Wissenschaften (Eesti Teaduste Akadeemia) befindet sich in Tallinn.

In der Stadt befinden sich unter anderem folgende Bildungseinrichtungen:

  • Universität Tallinn (TLÜ)
  • Technische Universität Tallinn (TTÜ)
  • Universität Tartu Rechtsinstitut der Universitas Tartuensis
  • Estnische Marineakademie
  • Estnische Musikakademie
  • Estnische Nationalbibliothek (RR)
  • Estnische Kunstakademie
  • Estnische Verteidigungsakademie
  • Estnisches Theologisches Institut der Estnischen Evangelisch-Lutherischen Kirche
  • Estonian Business School (EBS)
  • Deutsches Goethe-Institut Tallinn
  • International University Audentes (IUA)
  • Baltic Film and Media School (BFS)

Kultur

Tallinn wurde im November 2007 neben dem finnischen Turku zu einer der Kulturhauptstädte Europas 2011 ernannt.[8] Unter dem Motto „Geschichten von der Meeresküste“ werden 2011 zahlreiche kulturelle Veranstaltungen und Festivals stattfinden, darunter die „Tallinner Meerestage“, die die Stadt wieder dem Meer näherbringen sollen. Etwa ein Dutzend architektonischer Installationen sollen im Stadtraum errichtet werden.[9]

Theater

Die Nationaloper Estonia (Raahvusooper Estonia) hat ihren Sitz in einem 1947 eröffneten Gebäude, das als Nachfolger des im Krieg zerstörten Originalbaus von 1913 durch die Architekten Alar Kotli und Edgar Johan Kuusik entworfen wurde. Theateraufführungen gibt es im Tallinna Linnateater, das 1965 als Repertoiretheater gegründet wurde und über sieben Bühnen in einem mittelalterlichen Gebäudekomplex sowie eine Außenbühne verfügt.[10] Das Estnische Russische Theater (Eesti Vene Teater) hieß von seiner Gründung 1948 bis 2005 Nationales Russisches Schauspielhaus (Riikliku Vene Draamateater). Außerdem besteht das Estnische Schauspielhaus (Eesti Draamateater).

Museen

Das Estnische Kunstmuseum (Eesti Kunstimuuseum) ist das größte Kunstmuseum der baltischen Staaten und besteht aus mehreren einzelnen Museen, darunter den Sammlungen im vom finnischen Architekten Pekka Vapaavuori errichteten Gebäude des KUMU (Kumu kunstimuuseum) im Stadtteil Kadriorg. Es wurde 2006 eröffnet und hat eine Ausstellungsfläche von 24.000 Quadratmetern, auf denen neben Moderner Kunst auch estnische Malerei ab dem achtzehnten Jahrhundert ausgestellt wird. Das Museum wurde 2008 mit dem European Museum of the Year Award als „Europäisches Museum des Jahres“ ausgezeichnet. [11] Das Kadriorg-Kunstmuseum (Kadrioru kunstimuuseum) zeigt westeuropäische und russische Malerei und Skulpturen vom 16. bis 20. Jahrhundert, darunter im zugehörigen Mikkel-Museum (Mikkeli muuseum) die Sammlung Johannes Mikkels. Das Niguliste-Museum (Niguliste muuseum) befindet sich in der Nikolaikirche (Niguliste kirik) und ist mittelalterlicher Kunst gewidmet. Weiter zeigen das Adamson-Eric-Museum (Adamson-Ericu muuseum) Werke des Künstlers Adamson-Eric und das Kristjan-Raud-Hausmuseum (Kristjan Raua majamuuseum) Arbeiten Kristjan Rauds.

Musik

Tallinn ist Sitz des Eesti Riiklik Sümfooniaorkester, des Nationalen Symphonieorchesters Estlands. Der Eurovision Song Contest 2002 fand in Tallinn statt, nachdem Tanel Padar, Dave Benton und 2XL mit einem gemeinsamen Titel bei der Ausgabe 2001 für Estland gewonnen hatten.

Sport

Während der Olympischen Spiele 1980 in Moskau wurden die Segelwettbewerbe vor Tallinn ausgetragen. Einige Einrichtungen, wie die Linnahall, das olympische Hotel, die Post und auch das Segelsportzentrum im Stadtteil Pirita wurden für dieses Ereignis gebaut.

Zu den ehemaligen olympischen Anlagen in Pirita (zehn Busminuten vom Stadtzentrum Tallinn) gehört der Jachthafen mit guter Infrastruktur für Fahrtensegler.

Zu den erfolgreichsten Fußballvereinen nach der Unabhängigkeit zählen FC Flora Tallinn und FC Levadia Tallinn. Flora spielt in der 2001 eröffneten, 9.692 Zuschauer fassenden A. Le Coq Arena, die auch der Nationalmannschaft als Heimspielstätte dient. Levadias Kadrioru staadion wurde 1926 eröffnet und fasst 4.750 Zuschauer. Größtes Stadion ist das 1956 erbaute Kalevi Keskstaadion mit 12.000 Plätzen.

Die 2001 eröffnete Saku Suurhall ist eine auch für Sportveranstaltungen genutzte Halle mit 10.000 Plätzen.

Regelmäßige Veranstaltungen

Im Februar finden Tage der Barockmusik statt, im April das Jazzfestival Jazzkaar, im Juni Altstadt- und Johannisfest und ein Tanzfestival im August statt. Das FIlmfestival der Schwarzen Nächte wird im November und Dezember ausgetragen.

Kulinarische Spezialitäten und Gastronomie

Die Altstadt von Tallinn bietet viele Restaurants wie auch Biergärten an. Im Sommer kann man in den verkehrsfreien Gassen draußen essen.

Literatur

Bibliographien

  • LitDok Ostmitteleuropa (Herder-Institut Marburg)
  • Wissenschaftliche und literarische Werke
  • Andreas Fülberth: Tallinn – Riga – Kaunas. Ihr Ausbau zu modernen Hauptstädten 1920–1940. Böhlau, Köln/Weimar 2005, ISBN 3-412-12004-9.
  • Werner Bergengruen: Der Tod von Reval. Hamburg 1939, Arche, Zürich 2003, ISBN 3-7160-2324-8.
  • Jaan Kross: Das Leben des Balthasar Rüssow. Roman. DTV, München 1990, 1999, ISBN 3-423-12563-2.
  • Paul Johansen/Heinz von zur Mühlen: Deutsch und Undeutsch im mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Reval (= Ostmitteleuropa in Vergangenheit und Gegenwart 15), Böhlau, Köln/Wien 1973, ISBN 3-412-96172-8.

Einzelnachweise

  1. ↑ Zur Geschichte Revals bis zur Reformation im folgenden vgl. NOTTBECK, EUGEN VON / NEUMANN, WILHELM: Geschichte und Kunstdenkmäler der Stadt Reval, Bd. 1: Die Geschichte der Stadt Reval, Reval 1904, Nachdruck Hannover 1973, S. 1-60; JOHANSEN, PAUL / MÜHLEN, HEINZ VON ZUR: Deutsch und Undeutsch im mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Reval, Köln-Wien 1973, S. 28-85; MÜHLEN, HEINZ VON ZUR: Siedlungskontinuität und Rechtslage der Esten in Reval von der vordeutschen Zeit bis zum Spätmittelalter, in: Zeitschrift für Ostforschung ZfO 18 (1969), S. 630-647.
  2. ↑ Maschke, Erich (Hrsg.): Zur Geschichte der deutschen Kriegsgefangenen des zweiten Weltkrieges. Verlag Ernst und Werner Gieseking, Bielefeld 1962–1977.
  3. ↑ Zur Stadttopographie im folgenden vgl. NOTTBECK, EUGEN VON / NEUMANN, WILHELM: Geschichte und Kunstdenkmäler der Stadt Reval, Bd. 2: Die Kunstdenkmäler der Stadt, Reval 1904, Nachdruck Hannover 1973, S. 60–100; JOHANSEN, PAUL / MÜHLEN, HEINZ VON ZUR: Deutsch und Undeutsch im mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Reval, Köln-Wien 1973, S.56–125; zur Kirchenstruktur zusätzlich VÖÖBUS, ARTHUR: Studies in the History of the Estonian People with Reference to the Aspects of social Conditions, in particular, the Religions and spiritual Life and the educational Pursuit, Bd. 1, Stockholm 1969.
  4. ↑ Tallinner Stadtrat (Abgerufen am 1. Juni 2010)
  5. ↑ balticbusinessnews.com, 27. Oktober 2009 (Abgerufen am 1. Juni 2010)
  6. ↑ Talliner Stadtverwaltung (Abgerufen am 1. Juni 2010)
  7. ↑ UNESCO-Welterbeliste (Abgerufen am 29. Mai 2010)
  8. ↑ Pressemeldung der Europäischen Union, 15. November 2007 (Abgerufen am 1. Mai 2010)
  9. ↑ Tallinn 2011 (PDF-Datei; 1,9 MB) (Abgerufen am 1. Mai 2010)
  10. ↑ Tallinner Stadttheater (Abgerufen am 2. Mai 2010)
  11. ↑ Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19. Mai 2008
  12.  

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Berlin-Kölln  -  Berlin-Cölln  -  Cölln

Das auf einer Spreeinsel gelegene Cölln war eine der beiden Städte, die im Spätmittelalter zur Doppelstadt Berlin-Cölln zusammenwuchsen. Aus der Doppelstadt Berlin-Cölln entwickelte sich die heutige Stadt Berlin.

Bewohner und Wirtschaft

Ortsmittelpunkt von Cölln war der Petriplatz mit der durch den Krieg beschädigten und 1964 abgetragenen Petrikirche an der Gertraudenstraße und das Cöllnische Rathaus an der Brüderstraße. Die Kirche war nach Petrus, dem Apostel der Fischer (Lukas 5, 3–10), benannt worden, denn viele Bewohner Cöllns lebten überwiegend vom Fischfang. Im 18. Jahrhundert war ein Regiment zu Fuß bei den Bewohnern einquartiert (1806: No. 26). Die Verbreiterung und Vertiefung der Spree vor der Mühlendammfurt bot reiche Fischgründe. Auf der östlichen Seite der Spree in Berlin wohnten die Kauf- und Fuhrleute. Der Transport von Waren über den Mühlendamm, den einzigen natürlichen Spreeübergang in der Umgebung auf der Verbindung zwischen Frankfurt (Oder) und Magdeburg, brachte Handelszölle ein. Auf Berliner Seite war die Nikolaikirche der Ortsmittelpunkt. Nikolaus ist der Heilige der Kaufleute. Der Mühlendamm staute das Wasser, das die Mühlen antrieb. Die durch ihre Fuhr- und Kaufgeschäfte reicheren Berliner konnten sich bald den Bau einer zweiten Kirche, der Marienkirche, leisten.

Geschichte

1237 wurde Cölln erstmals urkundlich erwähnt, sieben Jahre vor der ersten urkundlichen Erwähnung Berlins, mit dem es sich 1307 zur Doppelstadt Berlin-Cölln mit einer gemeinsamen Verwaltung vereinigte. Die beiden Orte waren durch den Mühlendamm miteinander verbunden. Im gemeinsamen Magistrat waren die Berliner durch mehr Stimmen vertreten. Der Magistrat baute die Lange Brücke, die heutige Rathausbrücke. Die gemeinsame Politik der Doppelstadt führte 1308 zu einem ersten Bündnis mit anderen Städten in der Mark, darunter Frankfurt (Oder), Brandenburg an der Havel und Salzwedel, zur Wahrung ihrer Rechte gegenüber dem Landesherrn und zur Abwehr äußerer Gefahren.

1442 wurde die gemeinsame Stadtverwaltung von Berlin und Cölln durch Kurfürst Friedrich II. zur Durchsetzung eigener Machtansprüche wieder aufgehoben. Darüber hinaus wurde Cölln gezwungen, dem Kurfürsten für die Errichtung einer Burg das Gebiet abzutreten, auf dem später das Berliner Stadtschloss entstand.

Von 1658 bis 1683 ließ der Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg Cölln und Berlin mit Festungswerken nach Plänen von Johann Gregor Memhardt versehen, die weitgehend entlang der alten Stadtmauer von Berlin und Cölln angelegt wurden. Nur an einigen Stellen wurden die Stadttore nach außen verlegt. Teile des Festungswerkes, insbesondere die Bastionen, sind noch heute im Straßengrundriss der Stadt zu erkennen, beispielsweise am Hausvogteiplatz. Im Rahmen des Festungsbaus entstand am Südufer des Spreekanals, noch innerhalb der neuen Festungsmauer, die Cöllnische Vorstadt Neu-Cölln.

1710 wurden die Städte Berlin, Cölln, Friedrichswerder, Dorotheenstadt und Friedrichstadt zur königlichen Haupt- und Residenzstadt Berlin vereinigt. Zunehmend standen nun die Festungsmauern der städtischen Entwicklung im Wege, so dass diese ab 1734 geschleift wurden, damit Berlin mit seinen Vorstädten zusammenwachsen konnte. Die ganze Stadt wurde durch die Akzisemauer umgeben, von deren Verlauf heute noch Bezeichnungen von Straßen und Plätzen, insbesondere nach ehemaligen Stadttoren, zeugen.

Im Mittelalter hatte Cölln rund 1.400 Einwohner. Als Berliner Stadtteil umfasste Cölln die gesamte Spreeinsel und erreichte 1871 seine höchste Bevölkerungszahl mit 16.554 Einwohnern. 1910 betrug die Einwohnerzahl noch 6.895.[1] 1920 ging Cölln im neugebildeten Berliner Bezirk Mitte auf. Im Zweiten Weltkrieg erlitt Cölln schwerste Zerstörungen und ist heute nicht mehr als historischer Ortsteil erkennbar. Der Name Cölln oder Alt-Cölln wird im allgemeinen Sprachgebrauch nicht mehr als Ortsbezeichnung verwendet.

Historische Orte und Gebäude

  • Berliner Stadtschloss
  • Schloßplatz
  • Lustgarten
  • Berliner Dom
  • Museumsinsel mit
    • Bode-Museum
  • Alter Nationalgalerie
  • Pergamonmuseum
  • Neuem Museum
  • Altem Museum
  • Palast der Republik
  • Staatsratsgebäude
  • Alter Marstall
  • Petrikirche
  • Petriplatz
  • Brüderstraße
  • Nicolaihaus
  • Sperlingsgasse
  • Fischerinsel

Literatur

  • Ernst Fidicin: Die Gründung Berlins, Berlin 1840, (streng quellengenau, kritisiert Klöden als zu spekulativ)
  • Verein für die Geschichte Berlins (Hrg.): Projekt Alt-Cölln – Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Berlins, 105. Jahrgang, Heft 2, Berlin 2009

Einzelnachweise

  1. ↑ Friedrich Leyden: Gross-Berlin. Geographie der Weltstadt. Hirt, Breslau 1933 (darin: Entwicklung der Bevölkerungszahl in den historischen Stadtteilen von Alt-Berlin, S. 206)
  2.  

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Alt-Berlin

Als Alt-Berlin wird heute das Gebiet der historischen Stadt Berlin bezeichnet, die im Spätmittelalter mit der benachbarten Stadt Cölln zu einer Doppelstadt zusammenwuchs. Aus der Doppelstadt Berlin-Cölln entwickelte sich das heutige Berlin.

Lage

Das Gebiet des historischen Alt-Berlin liegt zwischen der Spree und dem gemauerten Stadtbahnviadukt, der in den 1880er-Jahren auf dem Verlauf der ehemaligen Stadtbefestigung errichtet wurde. Die benachbarten historischen Stadtteile sind Cölln und Neu-Cölln auf dem gegenüberliegenden Spreeufer sowie die drei historischen Vorstädte Alt-Berlins, die Spandauer Vorstadt, die Königsstadt, und die Stralauer Vorstadt.

Geschichte

Der Name Berlin geht vermutlich auf die altslawische Bezeichnung berl für „Sumpf“ zurück, vergleichbar mit dem tschechischen Bažina, sozusagen: Bažina w Barija („Der Sumpf der Bären“), die zu dieser Zeit hier noch beheimatet waren. Von den Niedersorben rund um Cottbus und Lübben wird Berlin heute noch Barliń genannt.

Die auf der Spreeinsel gelegene Stadt Cölln wurde 1237 erstmals urkundlich erwähnt, 1244 folgte dann die Erwähnung Berlins, das sich auf dem nördlichen Ufer der Spree befand. Die beiden Städte bekamen 1307 einen gemeinsamen Magistrat. Im Jahre 1442 wurde die gemeinsame Stadtverwaltung von Berlin und Kölln durch Kurfürst Friedrich II. wieder aufgehoben. Die fünf Städte Berlin, Cölln, Friedrichswerder, Dorotheenstadt und Friedrichstadt wurden 1710 endgültig zur Königlichen Haupt- und Residenzstadt Berlin vereinigt.

Bei der Bildung von Groß-Berlin im Jahre 1920 wurde Alt-Berlin in den neugebildeten Bezirk Mitte eingegliedert. Nach schweren Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg wurde Alt-Berlin völlig umgestaltet und erhielt unter weitgehender Aufgabe des historischen Stadtgrundrisses und nach dem Abriss der verbliebenen Bausubstanz in den 1960er- und 1970er-Jahren ein völlig neues Aussehen. Neben vielgeschossigen Wohn- und Geschäftshäusern wurde der Berliner Fernsehturm errichtet. In den 1980er-Jahren kam das in teilweise historisierender Bauform wiedererrichtete Nikolaiviertel hinzu.

Im Mittelalter hatte Alt-Berlin ca. 2600 Einwohner. Die Einwohnerzahl stieg auf 18.300 im Jahre 1747 und 35.000 im Jahre 1834. Bei der Volkszählung von 1910 wurden noch 10.844 Einwohner festgestellt.[1]

Stadtbild

Außer dem Roten Rathaus und der St. Marienkirche erinnert in dem vom Berliner Fernsehturm dominierten zentralen Bereich Alt-Berlins nichts mehr daran, dass man sich im historischen Stadtkern von Berlin befindet. Der bis zum Zweiten Weltkrieg eng bebaute Stadtraum zwischen der Spandauer Straße und der Stadtbahn ist nun als weiträumiger Fußgängerbereich mit einzelnen Baumgruppen, Blumenrabatten, einer Springbrunnenanlage am Fuße des Fernsehturms sowie dem hier wieder aufgestellten Neptunbrunnen gestaltet. Westlich der Spandauer Straße schließen sich das parkartige Marx-Engels-Forum sowie das Nikolaiviertel mit der Nikolaikirche an. Ansonsten wird das Terrain weitgehend durch vielgeschossige Wohn- und Geschäftshäuser in funktionaler Architektur der 1960er-Jahre geprägt, zu denen nach 1990 weitere Neubauten hinzu kamen. In den Randbereichen sind einzelne historische Gebäude, wie das des Landgerichts Berlin, das Alte Stadthaus am Molkenmarkt, die Heilig-Geist-Kapelle, die Ruine der Franziskanerklosterkirche und die barocke Parochialkirche als isolierte Solitäre erhalten. In der Littenstraße ist noch ein Rest der alten Stadtmauer erhalten.

Planungen und Aktuelles

Das vom ehemaligen Stadtbaudirektor Hans Stimmann im Auftrag der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung erarbeitete Planwerk Innenstadt sieht unter der Prämisse „Die Innenstadt als Wohnort“ die Wiederherstellung von Teilbereichen der innerstädtischen Stadtstruktur vor. Insbesondere sollen die Straßen und Plätze wieder erlebbar werden und die durch Verkehrsschneisen der 1960er-Jahre zerschnittenen Stadträume neu verbinden. In Alt-Berlin soll der Molkenmarkt durch eine angrenzende Bebauung wieder eingefasst werden. Dazu soll die Straßenführung geändert und durch eine dichtere Bebauung schmaler gestaltet werden.[2] Insbesondere die Verkehrsplanung und die Neubauten vor dem bisher platzdominierendem Alten Stadthaus sind dabei umstritten. Die geplante Straßenbahn soll, von der Leipziger Straße kommend, hier Richtung Spandauer Straße abbiegen.

Einzelnachweise

  1. ↑ Friedrich Leyden: Groß-Berlin. Geographie der Weltstadt. Hirt, Breslau 1933 (darin: Entwicklung der Bevölkerungszahl in den historischen Stadtteilen von Alt-Berlin, S. 206)
  2. ↑ Verkehrsplanung Molkenmarkt. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, 2003, abgerufen am 1. Juli 2008.
  3.  

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Geschichte Berlins

Die Geschichte Berlins beginnt nicht erst mit der ersten urkundlichen Erwähnung, sondern bereits mit der Vor- und Frühgeschichte des Berliner Raumes. Zeugnisse dieser frühen Phase der Besiedlung sind vor allem im Museum für Vor- und Frühgeschichte sowie als lebensechte Nachbildung im Museumsdorf Düppel zu sehen. Hier werden auch mittelalterliche handwerkliche Techniken vorgeführt.

Ursprünge

Ausklang der Weichseleiszeit

Funde von Feuersteinen und bearbeiteten Knochen lassen auf eine Besiedlung des Berliner Raums seit etwa 60.000 v. Chr. schließen. Zu dieser Zeit waren weite Teile Nord- und Ostdeutschlands von den Vergletscherungen der letzten Eiszeit bedeckt, die ungefähr von 110.000 bis 8.000 v. Chr. dauerte. Im Baruther Urstromtal, rund 75 Kilometer südlich Berlins, erreichte das Inlandeis vor ca. 20.000 Jahren seine maximale südliche Ausdehnung. Seit rund 19.000 Jahren ist der Berliner Raum, dessen Niederung zum Jungmoränenland der Weichseleiszeit zählt, wieder eisfrei. Vor rund 18.000 Jahren bildeten die abfließenden Schmelzwasser das Berliner Urstromtal als Teil der Frankfurter Staffel aus, das wie alle Urstromtäler im Untergrund aus mächtigen Schmelzwassersanden besteht. Die Spree nutzte das Urstromtal für ihren Lauf, im unteren Spreetal bildete sich stellenweise eine Tundra heraus. Westlich dominierten feuchte Niederungen und Moorgebiete das Erscheinungsbild des Tals.

Die Plateaus Barnim und Teltow bildeten sich parallel zum späteren Lauf der Spree. Mit dem Rückgang des Eises wurde Standwild wie Rehe, Hirsche, Elche und Wildschweine sesshaft und verdrängte die Rentiere. In der Folge begannen die Menschen, die von der Jagd lebten, feste Siedlungen zu errichten. Im 9. Jahrtausend v. Chr. siedelten an der Spree, Dahme und Bäke Jäger und Fischer, die Pfeilspitzen, Schaber und Feuersteinbeile hinterließen. Aus dem 7. Jahrtausend v. Chr. stammt eine Maske, die wahrscheinlich als Jagdzauber diente.

Germanen, Slawen und Gründung der Mark Brandenburg

Im 4. Jahrtausend v. Chr. bildeten sich Kulturen mit Ackerbau und Viehzucht, die handgefertigte Keramiken und Vorratsspeicher benutzten. Seit dem 6. Jahrhundert v. Chr. siedelten sich verstärkt Germanen an: in historischen Quellen tauchten für sie die Stammesbezeichnungen Semnonen (Teilstamm der Sweben) und Burgunden auf.

Im 4. und 5. Jahrhundert n. Chr. verließen große Teile der germanischen Stämme das Gebiet um Havel und Spree und wandern Richtung Oberrhein nach Schwaben. Im Berliner Raum nahm daher die Besiedlungsdichte ab, er blieb aber von germanischen Restgruppen besiedelt. Ab dem 6. Jahrhundert strömten Slawenstämme in die Lausitzer Gegend und um das Jahr 720 auch in den Berliner Raum. Sie übernahmen alte germanische Standorte und ließen sich ferner in bisher unbesiedelten Landstrichen nieder.

Die slawische Zeit ging 1157 mit der Gründung der Mark Brandenburg durch Albrecht den Bären zu Ende, nachdem der Askanier die Slawen – nach mehreren gescheiterten deutschen Versuchen in den Jahrhunderten zuvor – mit dem Fürsten Jaczo (Jaxa von Köpenick?) an der Spitze entscheidend schlagen konnte. Die Gründung der ersten Dörfer im Bereich der heutigen Großstadt Berlin (Groß-Berlin) fiel in den anschließenden Landesausbau der askanischen Markgrafen im Teltow, der durch eine geschickte Siedlungspolitik und eine kluge Einbeziehung der international agierenden geistlichen Orden der Zisterzienser (Kloster Lehnin) [1] und der Tempelritter (Komturhof Tempelhof) gekennzeichnet war.

Berlin entsteht

Auf den trockenen Flächen des sumpfigen Urstromtals zwischen dem Teltow und dem Barnim wurde eine Furt über die Spree besiedelt. Auf der rechten Uferseite entstand Alt-Berlin, auf einer Spreeinsel Cölln. Um diese Zeit wurden auch die Siedlungen auf dem späteren Stadtgebiet von Berlin erstmals urkundlich erwähnt: 1197 Spandau, 1209 Köpenick, 1237 Cölln und schließlich 1244 Berlin, davon waren Spandau und Köpenick bereits ältere slawische Gründungen. Die Urkunden mit den frühesten Erwähnungen Cöllns vom 28. Oktober 1237 und Berlins vom 26. Januar 1244 befinden sich im Domstiftsarchiv in Brandenburg an der Havel. Zu beachten ist dabei, dass der Brandenburger Vertrag vom 28. Oktober 1237, den u. a. der Pfarrer Symeon de Colonia bezeugt, nur in einer zu Merseburg am 28. Februar 1238 ausgestellten Urkunde überliefert ist. 1244 erscheint derselbe Symeon dann als Propst von Berlin. Spandau erhielt 1232 das Stadtrecht, Berlin bekam ebenfalls um diese Zeit das Stadtrecht. 1307 wurden dann Berlin und Cölln zusammengeschlossen. Die Doppelstadt Berlin-Cölln konnte sich wirtschaftlich insbesondere durch das von den gemeinsam regierenden Markgrafen Otto III. und Johann I. ausgestellte Privileg der Niederlage gegenüber den Städten Spandau und Köpenick durchsetzen.

Jüngere Forschungen haben ergeben, dass Cölln und Berlin sehr wahrscheinlich bereits im letzten Drittel des 12. Jahrhunderts gegründet wurden; für Cölln ist es inzwischen aufgrund zahlreicher Baumringdatierungen (Dendrochronologie) erwiesen. Archäologische Untersuchungen 1997–1999 stießen in der Breiten Straße 28 (Alt-Cölln) auf einen um 1200 wiederverwendeten Balken, der mit Hilfe der Baumringanalyse auf „um/nach 1171“ datiert werden konnte.[2] Im Jahre 2007 wurde bei Ausgrabungen auf dem Cöllner Petrikirchplatz in einem Erdkeller ein Eichenbalken gefunden, dessen Analyse ergab, dass der Baum um das Jahr 1212 gefällt worden war.[3] 1997 und 2008 wurden im Bereich des Schlossplatzes unter den Fundamenten des 1747 abgerissenen Dominikanerklosters Siedlungsreste gefunden. Das jüngste Datum hat ein Holzrest von 1198 (Waldkante); der gesamte Befund trägt Brandspuren. Dieser Siedlungsteil ist also offenbar nach 1198 nach einer Brandzerstörung aufgegeben worden, denn er wurde spätestens zu Beginn der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts von der ersten Cöllner Stadtmauer überbaut.[4]

Die Entwicklung und die gezielte Privilegierung des Ausbaus der Doppelstadt durch die beiden Markgrafen seit den 1230er-Jahren hing eng mit der Aufsiedlung der Hochflächen Teltow und Barnim zusammen, ausführlich geschildert in der Märkischen Fürstenchronik. Die askanischen Siedlungen auf dem nordwestlichen Teltow waren durch die sperrriegelartig gegründeten Templerdörfer um den Komturhof Tempelhof strategisch gegen die Wettinische Herrschaft auf dem Teltow mit Mittenwalde und Köpenick sowie dem sehr wahrscheinlich geplanten wettinischen Aufbau einer Herrschaft um Hönow (u. a. mit Hellersdorf) gesichert. Die Grenze zwischen der askanischen Mark und den wettinischen Besitzungen verlief zu dieser Zeit in Nord-Süd-Richtung mitten durch das heutige Berliner Stadtgebiet. Die Behauptung eines dazwischen liegenden Streifens der Erzbischöfe von Magdeburg wird überwiegend bestritten.[5] Die Spannungen mit den Wettinern entschieden sich im Teltow-Krieg zwischen 1239 und 1245 zugunsten der Askanier, der ihnen endgültig den gesamten Teltow und Barnim (abgesehen von Rüdersdorf) und damit das gesamte heutige Stadtgebiet einbrachte.

Mark Brandenburg von den Wittelsbachern bis zum Edikt von Potsdam

Nach dem Aussterben der märkischen Askanier 1320 übertrug der Wittelsbacher Kaiser Ludwig IV., ein Onkel des letzten Askaniers Heinrichs II., 1323 die Mark Brandenburg seinem ältesten Sohn Ludwig dem Brandenburger. Von Anfang an war die wittelsbachische Regierung über Brandenburg von starken Spannungen geprägt. 1325 erschlugen und verbrannten die Berliner und Cöllner Bürger Propst Nikolaus von Bernau, der als Parteigänger des Papstes gegen den Kaiser auftrat, daraufhin verhängte der Papst über Berlin das Interdikt.

1380 gab es einen Großbrand in Berlin. Dabei wurden unter anderem das Rathaus und fast alle Kirchen zerstört.

1415 wurde Friedrich I. Kurfürst der Mark Brandenburg und blieb dies bis 1440. Mitglieder der Familie Hohenzollern regierten bis 1918 in Berlin, erst als Markgrafen von Brandenburg, dann als Könige in und von Preußen und schließlich als Deutsche Kaiser. Die Einwohner Berlins haben diese Veränderung nicht immer begrüßt. 1448 revoltierten sie im „Berliner Unwillen“ gegen den Schlossneubau des Kurfürsten Friedrich II. Eisenzahn. Dieser Protest war jedoch nicht von Erfolg gekrönt und die Bevölkerung büßte viele ihrer politischen und ökonomischen Freiheiten ein. 1451 wurde Berlin dann Residenzstadt der brandenburgischen Markgrafen und Kurfürsten.

Als Berlin Wohnsitz der Hohenzollern wurde, musste es seinen Status als Hansestadt aufgeben. Die ökonomischen Aktivitäten verlagerten sich vom Handel auf die Produktion von Luxuswaren für den Hofadel. Die Bevölkerungszahl stieg im 16. Jahrhundert auf über zehntausend an.

1510 wurden 100 Juden beschuldigt, Hostien gestohlen und entweiht zu haben. 38 von ihnen wurden verbrannt, zwei wurden – nachdem sie zum Christentum konvertiert waren – geköpft, alle anderen Berliner Juden wurden ausgewiesen. Nachdem ihre Unschuld nach 30 Jahren nachgewiesen werden konnte, durften Juden – nach Zahlung einer Gebühr – wieder nach Berlin siedeln, wurden jedoch 1573 erneut, diesmal für hundert Jahre, vertrieben.

1539 führte Joachim II., Kurfürst von Brandenburg und Herzog von Preußen, die Reformation in Brandenburg ein und beschlagnahmte im Rahmen der Säkularisierung Besitzungen der Kirche. Das so erworbene Geld benutzte er für seine Großprojekte wie den Bau einer Straße, des Kurfürstendamms, zwischen seinem Jagdschloss im Grunewald und seinem Palast, dem Berliner Stadtschloss. 1567 entwickelte sich aus einem geplanten Schauspiel der dreitägige Knüppelkrieg zwischen Berlin und Spandau, bei dem sich die Spandauer nicht mit der Niederlage im Schauspiel abfinden wollten und letztendlich die Berliner verprügelten.

In der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts hatte der Dreißigjährige Krieg für Berlin schlimme Folgen: Ein Drittel der Häuser wurde beschädigt, die Bevölkerung halbierte sich. Friedrich Wilhelm, bekannt als der Große Kurfürst, übernahm 1640 die Regierungsgeschäfte von seinem Vater. Er startete eine Politik der Immigration und der religiösen Toleranz. Es entstanden mehrere Stadterweiterungen, und es wurden die Vorstädte Friedrichswerder, Dorotheenstadt und Friedrichstadt gegründet. 1671 wurde 50 aus Österreich vertriebenen jüdischen Familien ein Zuhause gegeben. Mit dem Edikt von Potsdam 1685 lud Friedrich Wilhelm die französischen Hugenotten nach Brandenburg ein. Über 15.000 Franzosen kamen, von denen sich 6.000 in Berlin niederließen. Um 1700 waren 20 Prozent der Berliner Einwohner Franzosen, und ihr kultureller Einfluss war groß. Viele Einwanderer kamen außerdem aus Böhmen, Polen und Salzburg. Friedrich Wilhelm baute außerdem eine Berufsarmee auf.

Das Preußische Königreich

1701 krönte Friedrich III. sich selbst zu Friedrich I. König in Preußen (nicht von Preußen, da er nicht das gesamte Preußen besaß). Friedrich I. war in erster Linie um das Repräsentative seines Staats bemüht. Er ließ das heutige Schloss Charlottenburg westlich der Stadt bauen, und auch das Berliner Schloss wurde bis 1707 zu einer Prunkresidenz erweitert. Auf Erlass Friedrich I. vom 18. Januar 1709 wurden die fünf bis dahin unabhängigen Städte Berlin, Cölln, Friedrichswerder, Dorotheenstadt und Friedrichstadt per 1. Januar 1710 zur Königlichen Haupt- und Residenzstadt Berlin vereinigt. Schon bald darauf entstanden vor den Toren der Stadt neue Vorstädte.

Friedrichs Sohn, Friedrich Wilhelm I., König in Preußen, ab 1713 an der Macht, war ein sparsamer Mann, der Preußen zu einer bedeutenden Militärmacht aufbaute. 1709 hatte Berlin 55.000 Einwohner, von denen 5.000 in der Armee dienten, 1755 waren es bereits 100.000 Einwohner bei 26.000 Soldaten. Außerdem ließ Friedrich Wilhelm eine hölzerne Mauer mit 14 Toren um die Stadt errichten, die als Akzisemauer bekannt wurde.

1740 kam Friedrich II., bekannt als Friedrich der Große, an die Macht. Friedrich II. wurde auch der Philosoph auf dem Thron genannt, da er unter anderem mit Voltaire korrespondierte. Unter ihm wurde die Stadt zum Zentrum der Aufklärung. Der bekannteste Berliner Philosoph der Zeit war Moses Mendelssohn. Unter der Regierung seines Nachfolgers Friedrich Wilhelm II. folgte die Stagnation. Friedrich Wilhelm II. war ein Gegner der Aufklärung, praktizierte Zensur und setzte auf Repressalien. Unter ihm wurde die Stadtmauer in Stein neu errichtet. Ende des 18. Jahrhunderts gab er ein neues Brandenburger Tor in Auftrag – das bekannte heutige Wahrzeichen der Stadt.

1806 nahmen die Franzosen Berlin ein. Am 27. Oktober 1806 ritt Napoléon Bonaparte vom Schloss Charlottenburg her kommend durch das Brandenburger Tor. Als Reaktion auf den offensichtlichen Zusammenbruch des altpreußischen Militärstaats nach der Schlacht von Jena und Auerstedt hielten allmählich demokratische Reformen Einzug. Durch Erlass der Preußischen Städteordnung am 19. November 1808 bekam (auch) Berlin eine Selbstverwaltung. Im Dezember 1808 rückten die letzten französischen Besatzungstruppen ab. Vom 18. bis 22. April 1809 fanden die ersten Wahlen zur Berliner Stadtverordnetenversammlung statt, durch die die schon vorhandene Institution des Magistrats eine parlamentarische Grundlage erhielt. Es waren allerdings nur gut situierte, männliche Bürger stimmberechtigt. Am 1. Mai 1809 wurde als erster Oberbürgermeister Leopold von Gerlach gewählt. 1810 wurde die Berliner Universität (heute Humboldt-Universität zu Berlin) gegründet, deren erster Rektor der Philosoph Johann Gottlieb Fichte wurde. Zwischen 1810 und 1811 erschien auch Berlins erste Tageszeitung, die von Heinrich von Kleist herausgegebenen Berliner Abendblätter. Seit 1812 galt für die Juden Berufsfreiheit. Die Niederlage der Franzosen 1814 bedeutete auch ein Ende weiterer Reformen.

In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts setzte die Industrielle Revolution ein, und die Einwohnerzahl der Stadt wuchs rasch von 200.000 auf 400.000 an, womit Berlin nach London, Paris und Sankt Petersburg zur viertgrößten Stadt Europas wurde. Die erste Eisenbahn in Preußen, die Berlin-Potsdamer Eisenbahn, nahm 1838 ihren Betrieb auf. Der Potsdamer Bahnhof setzt den Beginn der sich schnell entwickelnden Eisenbahnstadt Berlin.

Wie in anderen europäischen Städten war 1848 in Berlin ein Jahr der Revolution. Friedrich Wilhelm IV. konnte die Revolution, bei der es in Berlin zum sogenannten „Barrikadenaufstand“ kam, jedoch niederwerfen. Allerdings kam es auch danach weiterhin zu Unruhen. So wurde am 14. Juni 1848 das Zeughaus gestürmt und geplündert. In der Folge wurde die Selbstverwaltung der Stadt wieder eingeschränkt, indem die Einkommensgrenze, die zur Teilnahme an Wahlen berechtigte, angehoben wurde. Dies führte dazu, dass nur noch fünf Prozent der Bevölkerung wahlberechtigt war. Dieses System blieb bis 1918 in Kraft.

1861 wurde Wilhelm I. neuer König. Zu Beginn seiner Regentschaft gab es Hoffnung auf eine Liberalisierung. Wilhelm I. ernannte liberale Minister und ließ auch das Rote Rathaus erbauen. 1861 wurde das Stadtgebiet durch die Eingemeindung von Wedding und Moabit sowie Tempelhofer und Schöneberger Vorstadt erweitert.

Das weiterhin rapide Bevölkerungswachstum der Stadt führte in dieser Zeit zu großen Problemen. 1862 trat deshalb der Hobrecht-Plan in Kraft, der die Bebauung von Berlin und seines Umlandes in geordnete Bahnen lenken sollte. Der Bau von Wasserversorgung und Kanalisation unter maßgeblicher Beteiligung von Rudolf Virchow schuf wesentliche Voraussetzungen für die moderne Stadt.

Das Kaiserreich

Unter der Führung Preußens kam es nach Ende des Deutsch-Französischen Kriegs zur Kleindeutschen Lösung; 1871 wurde das Deutsche Reich gegründet, Wilhelm I. wurde Kaiser, Otto von Bismarck Reichskanzler und Berlin zur Hauptstadt des Reichs.

Berlin war inzwischen zu einer Industriestadt mit 800.000 Einwohnern angewachsen. Mit diesem Wachstum konnte die Infrastruktur jedoch nicht mithalten. 1873 begann man endlich mit dem Bau einer Kanalisation, der 1893 abgeschlossen war. Auf den ökonomischen Boom der Gründerzeit folgte der Gründerkrach, eine Wirtschaftskrise in der zweiten Hälfte der 1870er-Jahre. Die Stadtentwicklung blieb nach wie vor ein strittiges Thema. Am 1. Januar 1876 erhielt die Stadt Berlin per Vertrag vom Staat die Brücken und Straßen. 1882 beschränkte das sogenannte Kreuzbergerkenntnis die Baupolizei auf das Abwenden von Gefahren, untersagte ihr jedoch die Einflussnahme in ästhetischen Aspekten.

1884 begann der Bau des Reichstagsgebäudes, das zehn Jahre später am 5. Dezember 1894 fertiggestellt wurde.

1896 begann zur Bewältigung des stark angewachsenen Verkehrs die Konstruktion der U-Bahn und der Vorortstrecken der Eisenbahn. In den Siedlungen um das Stadtzentrum herum (Kreuzberg, Prenzlauer Berg, Friedrichshain und Wedding) im sogenannten Wilhelminischen Ring wurden Mietskasernen errichtet, um billigen Wohnraum für Arbeiter zu schaffen. Im Südwesten der Stadt entstanden ab 1850 großzügige und weit ausgedehnte Villenkolonien für das wohlhabende Bürgertum, weitere Villenviertel folgten im Westen gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Zwischen 1904 und 1908 beschäftigte sich die 51-teilige Buchreihe „Großstadt-Dokumente“ ausführlich mit Berlin. Eines der Hauptthemen des aufwändigsten Stadtforschungsprojektes im deutschsprachigen Raum dieser Zeit war der Vergleich des häufig als „moderne Retortenstadt“ betrachteten Berlins mit dem als traditions- und kulturreicher geltenden Wien.[6] 1909 eröffnet in Johannisthal der erste Motorflugplatz Deutschlands. Zur Koordinierung infrastruktureller Maßnahmen im rasant wachsenden Berliner Raum bildete sich 1911 der Zweckverband Groß-Berlin, aus dem 1920 der Zusammenschluss zu Groß-Berlin hervorging; bleibende Leistung des Verbandes ist der Abschluss des Dauerwaldvertrages.

Der Erste Weltkrieg führte zu Hunger in Berlin. Im Winter 1916/1917 waren 150.000 Menschen auf Hungerhilfe angewiesen, und Streiks brachen aus. Als 1918 der Krieg endete, dankte Wilhelm II. ab. Der Sozialdemokrat Philipp Scheidemann und der Kommunist Karl Liebknecht riefen beide nach der Novemberrevolution die Republik aus. In den nächsten Monaten fanden in Berlin zahlreiche Straßenkämpfe zwischen den unterschiedlichen Fraktionen statt.

Die Weimarer Republik

Im späten Dezember 1918 wurde die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) in Berlin gegründet. Im Januar 1919 versuchte sie im Spartakusaufstand, die Macht an sich zu reißen. Die Revolte scheiterte, und am 15. Januar 1919 töteten rechtsgerichtete Truppen Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht. Im März 1920 versuchte Wolfgang Kapp, Gründer der rechtsgerichteten Deutschen Vaterlandspartei, die Regierung zu stürzen. Die Berliner Garnisonstruppen schlugen sich auf seine Seite, und die Regierungsgebäude wurden besetzt. (Die Regierung der Weimarer Republik hatte Berlin bereits verlassen.) Durch einen Generalstreik konnte der Putsch jedoch verhindert werden. Am 1. Oktober 1920 wurde Groß-Berlin durch das Gesetz über die Bildung einer neuen Stadtgemeinde gegründet. Dabei wurde Alt-Berlin mit sieben weiteren Städten, nämlich (Charlottenburg, Köpenick, Lichtenberg, Neukölln, Schöneberg, Spandau und Wilmersdorf), 59 Landgemeinden und 27 Gutsbezirken zu einer Gemeinde verschmolzen. Groß-Berlin hatte damals 3.804.048 Einwohner.

1922 wurde Außenminister Walther Rathenau in Berlin ermordet. Die Stadt war schockiert: eine halbe Million Menschen kamen zu seiner Beerdigung.

Die ökonomische Situation war schlecht. Deutschland hatte durch den Friedensvertrag von Versailles hohe Reparationen zu zahlen. Die Regierung versuchte dieses Problem zu lösen, indem sie mehr Geld druckte. Zusammen mit der schwierigen Wirtschaftslage führte dies 1923 zu einer Hyperinflation, unter der besonders Arbeiter, Angestellte und Rentner zu leiden hatten. Ab 1924 besserte sich die Situation durch neue Vereinbarungen mit den Alliierten, amerikanische Hilfe und eine bessere Finanzpolitik. Die Hochzeit Berlins, die sogenannten „Goldenen Zwanziger“ begannen. Berlin wurde in dieser Zeit zur größten Industriestadt Europas. Personen wie der Architekt Walter Gropius, der Physiker Albert Einstein, der Maler George Grosz, Schriftsteller wie Arnold Zweig, Bertolt Brecht und Kurt Tucholsky und Schauspieler und Regisseure wie Marlene Dietrich, Friedrich Wilhelm Murnau und Fritz Lang machten Berlin zum kulturellen Zentrum Europas. Das Nachtleben dieser Zeit hat seinen bekanntesten Niederschlag in dem Film Cabaret gefunden.

1924 eröffnete der Flughafen Tempelhof. Im gleichen Jahr fand auch die erste Funkausstellung auf dem Messegelände statt. Berlin war der zweitgrößte Binnenhafen des Landes. Die ab 1924 nach und nach elektrifizierten Berliner Stadt-, Ring- und Vorortbahnen wurden 1930 unter dem Namen S-Bahn zusammengefasst. Diese Infrastruktur wurde zur Versorgung der über vier Millionen Berliner benötigt. 1926 wurde zum Auftakt der dritten Funkausstellung der Berliner Funkturm eingeweiht. Zwischen 1930 und 1933 führte der Verein für Raumschiffahrt, zu dem auch der spätere Ingenieur Wernher von Braun gehörte, auf dem Raketenflugplatz Berlin in Tegel erste Versuche mit Flüssigkeitsraketen durch.

Die kurze Zeit des Aufschwungs endete im Jahr 1929 mit der Weltwirtschaftskrise. In diesem Jahr gewann Adolf Hitlers NSDAP ihre ersten Sitze im Parlament der Stadt. Am 20. Juli 1932 wurde die preußische Regierung unter Otto Braun in Berlin durch einen Militärputsch, den sogenannten „Preußenschlag“ abgesetzt. Die Republik näherte sich ihrem Zusammenbruch unter dem Einfluss extremistischer Kräfte von links und rechts. Am 30. Januar 1933 wurde Hitler zum Reichskanzler ernannt.

Das Dritte Reich

Während der gesamten Zeit der Weimarer Republik war Berlin Hochburg der Sozialdemokraten gewesen; bis 1933 waren alle Versuche der NSDAP erfolglos, in der Reichshauptstadt Fuß zu fassen.

Am 27. Februar 1933 brannte der Reichstag. Dies wurde von der NSDAP genutzt, um die Grundrechte der Weimarer Verfassung faktisch außer Kraft zu setzen.

Um 1933 lebten etwa 160.000 Juden in Berlin: ein Drittel aller deutschen Juden, vier Prozent der Bevölkerung der Stadt. Ein Drittel davon waren arme Immigranten aus Osteuropa, die hauptsächlich im Scheunenviertel nahe dem Alexanderplatz lebten. Die Juden wurden von Anfang an vom Nazi-Regime verfolgt. Im März mussten alle jüdischen Ärzte das Krankenhaus Charité verlassen. In der ersten Aprilwoche inszenierten die Nazimachthaber den sogenannten „Judenboykott“, bei dem die übrige Bevölkerung vom Einkaufen in jüdischen Läden abgehalten werden sollte.

1936 wurden in Berlin die Olympischen Sommerspiele abgehalten. Die Nationalsozialisten nutzten die bereits vor 1933 an Berlin vergebenen Spiele zur Propaganda. Um die Selbstinszenierung als normaler Staat in der internationalen Öffentlichkeit nicht zu gefährden, wurde die ansonsten für jeden wahrnehmbare Diskriminierung und Verfolgung der jüdischen Bevölkerung reduziert. So wurden zum Beispiel die Schilder mit der Aufschrift „Für Juden verboten“ zeitweise entfernt. 1937 folgten dann im Rahmen der 700-Jahr-Feiern Berlins weitere Propagandaveranstaltungen der Nationalsozialisten.

In diese Zeit fallen auch die Planungen der Nationalsozialisten, Berlin zur Welthauptstadt Germania auszubauen. Die Pläne des Architekten Albert Speer sahen gigantische Zentralachsen in Berlin vor, an denen Monumentalbauten stehen sollten. Während die meisten Projekte nicht verwirklicht wurden, sind in Berlin Reste dieser Architektur noch heute zu finden.

Vom 9. bis 10. November 1938 brannten infolge der Reichspogromnacht die Synagogen, jüdische Geschäfte und Wohnungen wurden demoliert, viele Juden verhaftet. Um 1939 lebten noch rund 75.000 Juden in Berlin. Am 18. Oktober 1941 ging vom Bahnhof Grunewald der erste von insgesamt 63 Transporten mit Juden ins damalige Litzmannstadt ab. Der Holocaust begann. 50.000 Juden wurden in die Konzentrationslager verschleppt, wo die meisten ermordet wurden. Von historischer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang auch die 1942 im Ortsteil Wannsee abgehaltene Wannseekonferenz, auf der unter Leitung des Chefs des Reichssicherheitshauptamts Reinhard Heydrich die gesamtstaatliche Koordination des Holocaust beschlossen wurde. Über 1200 Juden überlebten in Berlin, indem sie sich versteckten.

30 Kilometer nordwestlich von Berlin, nahe Oranienburg, befand sich das Konzentrationslager Sachsenhausen, wo hauptsächlich politische Gegner und sowjetische Kriegsgefangene inhaftiert waren. Zehntausende starben dort. Sachsenhausen hatte Unterlager in der Nähe von Industriebetrieben, in denen die Gefangenen arbeiten mussten. Viele dieser Lager befanden sich in Berlin.

1939 begann der Zweite Weltkrieg, von dem Berlin anfangs wenig betroffen war. Die ersten britischen Fliegerangriffe auf Berlin fanden bereits 1940 statt, da sich die Stadt jedoch fast außerhalb der Reichweite der Bomber befand, waren die ersten Schäden noch relativ gering. Mit dem Eintritt der USA in den Krieg nahmen die Schäden jedoch größere Ausmaße an. Während die Briten weiterhin nachts Berlin ansteuerten, flogen die Amerikaner tagsüber, sodass das Bombardement quasi rund um die Uhr stattfand. Allein am 18. März 1945 griffen 1.250 amerikanische Bomber die Stadt an. Infolge der Bombardements starben schätzungsweise 20.000 Berliner, mehr als 1,5 Millionen wurden obdachlos. Teile der Innenstadt wurden komplett zerstört. Die äußeren Bezirke erlitten geringere Beschädigungen. Im Schnitt waren ein Fünftel (50 % in der Innenstadt) der Berliner Gebäude zerstört.

Zerstörung von Berliner Gebäuden im Zweiten Weltkrieg:

  • Grad der Zerstörung    Prozent   Verlust des Bauwertes
  •   
  • total                              11,6         100 %
  • schwer                           8,3           75 %
  • wiederherstellbar             9,7           30 %
  • leicht (bewohnbar)         69,4           10 %

Auch die Verkehrsinfrastruktur war größtenteils zerstört; die Versorgungslage war bis nach dem Ende des Krieges katastrophal. Insgesamt fielen 450.000 Tonnen Bomben auf Berlin. Ab dem 21. April 1945 eroberten sowjetische und polnische Verbände in der Schlacht um Berlin die Stadt. Hitler tötete sich am 30. April 1945 im Führerbunker unter der Reichskanzlei. Am 2. Mai kapitulierte die Stadt vor der Roten Armee, die nach letzten Straßenkämpfen in die Stadt einmarschierte.

Nach dem Kriegsende lag Berlin in Schutt und Asche: 28,5 Quadratkilometer des Stadtgebiets lagen in Trümmern, 600.000 Wohnungen waren total zerstört, 100.000 beschädigt, jedes zweite Kaufhaus war eine Ruine. Eine Million Einwohner Berlins waren seit Kriegsbeginn 1939 gefallen, gefangen oder geflohen.

Die geteilte Stadt

Auf der Konferenz von Jalta vom 2. bis 11. Februar 1945 beschlossen die Alliierten, Deutschland in vier Besatzungszonen und Berlin in vier Sektoren aufzuteilen, von denen jeder von einem der Alliierten, Großbritannien, Frankreich, den USA und der Sowjetunion, kontrolliert wurde. Dazu zogen sich die sowjetische Streitkräfte im Sommer 1945 aus den Westsektoren zurück, die sie nach der Schlacht um Berlin bis dahin besetzt hatten. Noch im Mai hatte die sowjetische Stadtkommandantur einen ersten Magistrat unter Arthur Werner und eine auf KPD-Mitglieder gestützte Stadtverwaltung eingesetzt. Trotz der Sektorenaufteilung wurde Berlin weiter von einer gemeinsamen alliierten Kommandantur verwaltet. Schon bald gab es sich verschärfende politische Konflikte zwischen den Westalliierten und der Sowjetunion.

Am 20. Oktober 1946 fand die erste Wahl zur Stadtverordnetenversammlung von Groß-Berlin in allen vier Besatzungszonen gemeinsam statt und endete mit einem deutlichen Sieg der SPD vor CDU und SED. Es folgten zunehmende Auseinandersetzungen in der Verwaltung und in der Stadtverordnetenversammlung.

Am 5. Dezember 1948 sollte eine erneute gemeinsame Wahl zur Stadtverordnetenversammlung von Groß-Berlin stattfinden, die jedoch nur in West-Berlin durchgeführt werden konnte, weil die sowjetische Besatzungsmacht sie in ihrem Sektor verboten hatten. Vielmehr hatte die SED-Fraktion am 30. November 1948 eine „Stadtverordnetenversammlung“ unter Teilnahme von hunderten angeblicher Abordnungen der Ost-Berliner Betriebe durchgeführt, auf der der rechtmäßig gewählte Magistrat für abgesetzt erklärt wurde und Friedrich Ebert (der Sohn des ehemaligen Reichspräsidenten) zum Oberbürgermeister „gewählt“ wurde.

Berlin-Blockade und Luftbrücke

Im Juni 1948 blockierten sowjetische Truppen sämtliche Straßen- und Schienenverbindungen durch die sowjetische Zone Richtung West-Berlin, in der Hoffnung, wieder die wirtschaftliche Kontrolle über die gesamte Stadt zu erlangen. Der in Ost-Berlin residierende Magistrat von Groß-Berlin verteilte an alle West-Berliner Lebensmittelkarten, die jedoch zumeist nicht in Anspruch genommen wurden. Die Blockade war mehr symbolischer Art und behinderte ausschließlich den Gütertransport aus Westdeutschland. Die West-Berliner jedoch fühlten sich in Anbetracht der politischen Verhältnisse um sie herum stärker dem westdeutschen Wirtschaftsraum zugehörig und verzichteten auf den Warenverkehr mit den östlichen Stadtbezirken und dem Umland.

Die Regierung der Vereinigten Staaten reagierte, indem sie die Luftbrücke einrichtete, bei der Nahrung, Heizstoffe und andere Versorgungsgüter in die Stadt eingeflogen wurden. Die Luftbrücke blieb bis September 1949 bestehen, obwohl die Blockade am 12. Mai 1949 aufgehoben wurde. Als Teil des Projektes erweiterten Ingenieure der US-Armee den Flughafen Tempelhof. Da die Piloten gelegentlich Süßigkeiten für Kinder bei der Landung aus dem Fenster warfen, wurden die Flugzeuge von den Berlinern Rosinenbomber genannt. Pakete mit Süßigkeiten wurden auch über Ost-Berlin abgeworfen.

Das Ziel der Sowjetunion, West-Berlin wirtschaftlich mit seinem Umland zu verzahnen und eine dauerhafte wirtschaftliche Loslösung zu verhindern, misslang gründlich. Mehr noch: Die West-Berliner Bevölkerung fühlte sich nach der Blockade politisch und wirtschaftlich noch stärker zu Westdeutschland zugehörig, als jemals zuvor. Nach der wirtschaftlichen Teilung war die politische Teilung somit nicht mehr aufzuhalten.

Berlin und die beiden deutschen Staate

Als am 23. Mai 1949 die Bundesrepublik Deutschland in den drei westlichen Besatzungszonen gegründet wurde, listete Artikel 23 des Grundgesetzes auch Groß-Berlin als Bundesland mit auf. Ähnlich verhielt es sich mit der am 7. Oktober 1949 gegründeten DDR. Die damalige Fassung der Verfassung der DDR beschreibt Deutschland als „unteilbare Republik“ in der es nur eine deutsche Staatsangehörigkeit gäbe und deren Hauptstadt Berlin sei. Gemeint war zweifellos das gesamte Groß-Berlin, das nach DDR-Sichtweise auf dem Gebiet der sowjetischen Besatzungszone lag und deren westliche Sektoren nur von den Westalliierten verwaltet wurden. Somit beanspruchten beide neu gegründeten Staaten Groß-Berlin komplett, ohne jedoch vor dem 3. Oktober 1990 jemals vollständige Verfügungsgewalt gehabt zu haben.

1950 trat in West-Berlin einseitig die Verfassung von Berlin in Kraft. Gemäß Artikel 2, Absatz 1 der Verfassung von Berlin war Berlin auch vor 1990 ein Land der Bundesrepublik Deutschland – also dem zu diesem Zeitpunkt als Westdeutschland politisch bezeichneten Teil Deutschlands – dieser Artikel konnte jedoch keine Wirkung entfalten, da er von den in Berlin maßgeblichen Alliierten zurückgestellt war. Am 3. Dezember 1950 folgte die erste Wahl zum Abgeordnetenhaus von Berlin, das seinerseits den Senat von Berlin wählte.

Der Aufstand vom 17. Juni in der DDR

Am 17. Juni 1953 begann eine Demonstration von anfänglich 60 Bauarbeitern, die später als Volksaufstand bekannt wurde. Am Beginn war es nur Protest über eine kürzlich von der DDR-Regierung beschlossene Arbeitsnormerhöhung. Ihren Ausgang nahm die Demonstration an der im Bau befindlichen Stalinallee (heute Karl-Marx-Allee). Als insbesondere der RIAS von der Demonstration berichtete, solidarisierten sich viele Ost-Berliner mit dem Protestzug und reihten sich ein. Unterstützung erhielten die Ost-Berliner, die zum Potsdamer Platz zogen, auch von Berlinern aus den Westbezirken. Auch in einigen Provinzen der DDR kam es infolge der Aufstände in Ost-Berlin zu Arbeitsniederlegungen und Demonstrationen.

Als der Aufstand außer Kontrolle zu geraten drohte, rief die Regierung der DDR sowjetische Truppen zu Hilfe. In der Folge kam es zu Straßenkämpfen, bei denen auf kaum bewaffnete Arbeiter scharf geschossen wurde. Während der Niederschlagung des Aufstandes wurden mindestens 153 Personen getötet. Die Beteiligung von West-Berliner Arbeitern, die Berichterstattung des RIAS, Angriffe auf Volkspolizisten und das Niederbrennen des Columbushauses nutzte die DDR-Regierung, um diesen Aufstand als konterrevolutionär und von West-Berlin gesteuert zu bezeichnen. Die unbeliebten Normerhöhungen wurden aber dennoch zurückgenommen und Kampfgruppen aus politisch besonders linientreuen Bürgern gegründet, um zukünftige Aufstände ohne sowjetische Soldaten niederschlagen zu können.

Mauerbau

Am 13. August 1961 begann die ostdeutsche Regierung mit dem Bau der Berliner Mauer, die die Trennung Berlins endgültig festigte. Der Plan zum Bau der Mauer in Berlin war ein Staatsgeheimnis der DDR-Regierung. Die Mauer sollte die Immigration der ostdeutschen Bevölkerung in den Westen verhindern, da die DDR wirtschaftlich und personell auszubluten drohte (sogenannte „Abstimmung mit den Füßen“).

Als die ersten Steinblöcke in den frühen Morgenstunden am Potsdamer Platz gelegt wurden, standen amerikanische Truppen mit scharfer Munition bereit, schauten dem Bau der Mauer jedoch nur zu. Zwar wurden die Westalliierten durch Gewährsleute über die Planung „drastischer Maßnahmen“ zur Abriegelung von West-Berlin informiert, vom konkreten Zeitpunkt und Ausmaß der Absperrung gaben sie sich öffentlich überrascht. Da ihre Zugangsrechte nach West-Berlin nicht beschnitten wurden, griffen sie nicht militärisch ein.

1963 besuchte US-Präsident Kennedy Berlin. Vor dem Rathaus Schöneberg hielt er eine Rede über die Mauer, in der er die historischen Worte sprach: „Ich bin ein Berliner“. Dies bedeutete den Berlinern in der demokratischen Insel inmitten der DDR viel, war jedoch in Anbetracht der amerikanischen Akzeptanz beim Bau der Mauer teilweise Symbolik. Für die Westalliierten und die DDR bedeutete der Mauerbau eine politische und militärische Stabilisierung, der Status quo von West-Berlin wurde im wahrsten Sinne des Wortes zementiert - die Sowjetunion gab ihre im Chruschtschow-Ultimatum noch 1958 formulierte Forderung nach einer entmilitarisierten, „freien“ Stadt West-Berlin auf.

1971 sicherte das Viermächteabkommen über Berlin die Erreichbarkeit West-Berlins und beendete die wirtschaftliche Bedrohung durch Schließung der Zufahrtsrouten. Ferner bekräftigten alle vier Mächte die gemeinsame Verantwortung für ganz Berlin und stellten klar, dass West-Berlin kein Bestandteil der Bundesrepublik sei und nicht von ihr regiert werden dürfe. Während die Sowjetunion den Vier-Mächte-Status jedoch nur auf West-Berlin bezog, unterstrichen die Westalliierten 1975 in einer Note an die Vereinten Nationen ihre Auffassung vom Viermächte-Status über Gesamt-Berlin.

Stadtentwicklung und Berlinpolitik

Der Westteil der Stadt wurde von der Bundesrepublik massiv subventioniert, auch um mit dem „Schaufenster des Westens“ propagandistische Wirkung in der DDR zu entfalten. Unternehmen erhielten massive Investitionszuschüsse. Die so genannte „Zitterprämie“, ein sechsprozentiger Lohnaufschlag, sollte den fortgesetzten Arbeitskräftemangel lindern. Auch in Ost-Berlin wurden rund 50 % des städtischen Haushalts aus der Staatskasse der DDR finanziert.

Der Kurfürstendamm im Westen und der Alexanderplatz im Osten wurden jeweils als neue repräsentative Zentren ausgebaut. Mit der Freien Universität Berlin wurde im Westteil 1948 eine eigene Universität gegründet. Weitere bedeutende Bauprojekte im Westen waren unter anderem die Kongresshalle, die anlässlich der Internationalen Bauausstellung Interbau 1957 entstandene Mustersiedlung Südliches Hansaviertel, das nach seinem Architekten benannte Corbusierhaus, die Stadtautobahn, die Berliner Philharmonie, die von Ludwig Mies van der Rohe stammende Neue Nationalgalerie, das Europa-Center-Berlin, das Internationale Congress Centrum (ICC), das neue Gebäude der Deutschen Oper oder die Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz (heute Staatsbibliothek zu Berlin, Haus Potsdamer Straße) nach Plänen des Architekten Hans Scharoun. Parallel dazu sind historische Gebäude aufwendig restauriert worden, so z. B. der Martin-Gropius-Bau oder anlässlich der 750-Jahr-Feier 1987 der Hamburger Bahnhof. Den Wohnungsbau kennzeichneten seit den 1960er-Jahren mehrere Großwohnraumsiedlungen wie die Gropiusstadt in Neukölln, das Märkische Viertel in Reinickendorf oder das Falkenhagener Feld in Spandau.

Im Osten begann in den 1970er-Jahren ein groß angelegtes Wohnungsbauprogramm, in dem ganze Stadtteile neu angelegt wurden, nachdem schon in den 1960er-Jahren insbesondere am Alexanderplatz repräsentative Neubauten errichtet worden waren (Kongresshalle, Haus des Lehrers) einschließlich des Fernsehturms. 1984 wurde Schinkels Schauspielhaus als Konzerthaus Berlin völlig renoviert wieder eröffnet.

Die „68er“ im Westteil

Ab 1968 wurde West-Berlin Zentrum der Studentenrevolten, die von der Freien Universität ausging, und die ihr Zentrum im Stadtteil Charlottenburg hatte. Ein weiterer Brennpunkt war die Zentrale der Springer-Verlage in der Kreuzberger Kochstraße. Es ging hier um einen gesellschaftlichen Konflikt, der die Bevölkerung spaltete. Studenten und Polizei standen sich oft gewalttätig gegenüber.

Ein Moment, der die Studentenbewegung aufrüttelte und aktivierte war der 2. Juni 1967, als der pazifistische Student Benno Ohnesorg in der Nähe der Deutschen Oper bei einer Demonstration gegen den Besuch des Schahs von Iran von dem Polizisten Karl-Heinz Kurras erschossen wurde.

Terroranschläge im Westteil

Ab Anfang der 1970er-Jahre entwickelte sich in West-Berlin eine Terroristenszene. Neben Personen aus der Rote Armee Fraktion war in West-Berlin auch die Bewegung 2. Juni aktiv, die sich nach dem Todesdatum von Benno Ohnesorg benannt hatte. Am 10. November 1974 wurde der Kammergerichtspräsident Günter von Drenkmann ermordet und 1975 dann der Vorsitzende der Berliner CDU, Peter Lorenz, von Terroristen entführt.

Hausbesetzerszene

Als Reaktion auf den Wohnungsmangel bei gleichzeitigem spekulationsbedingtem Leerstand entwickelte sich im östlichen Teil Kreuzbergs, dem alten Postbezirk SO 36, Ende der 1970er-Jahre eine vergleichsweise große und aktive Hausbesetzerbewegung. Im Juli 1981 erreichte die Anzahl der besetzen Häuser in Berlin mit 165 ihren Höhepunkt. Von diesen Besetzungen wurden 78 bis zum November 1984 durch den Abschluss von Miet-, Kauf- oder Pachtverträgen legalisiert, die Restlichen wurden geräumt.[7] Bereits im Dezember 1980 war es in Folge einer versuchten Besetzung zu schweren Zusammenstößen zwischen Hausbesetzern und der Polizei gekommen. (siehe: Schlacht am Fraenkelufer) Bei einer Demonstration gegen die Räumung von acht besetzten Häusern starb in der Potsdamer Straße der Demonstrant und Hausbesetzer Klaus-Jürgen Rattay, der in Folge eines Polizeieinsatzes unter einen Bus der BVG geraten war.

Eine neue Hausbesetzerbewegung entwickelte sich erst wieder im Rahmen der Wende 1989 in den Ost-Berliner Stadtteilen Friedrichshain und Prenzlauer Berg. Diese war insbesondere durch das passive Verhalten der Ost-Berliner Volkspolizei begünstigt. Dies änderte sich allerdings nachdem im Juli 1990 der Ost-Berliner Magistrat unter den Einfluss des Senats von West-Berlin geraten war. In der Folge kam es zu den schweren Straßenschlachten bei der Räumung der Mainzer Straße. Viele der Besetzungen wurden ähnlich wie bei der ersten Besetzungswelle legalisiert. Die letzten besetzen Häuser, die im Rahmen der Berliner Linie toleriert worden waren, ließ der Berliner Innensenator Jörg Schönbohm zwischen 1996 und 1998 räumen.

750-Jahr-Feier

Zwischen 1982 und 1986 wurden in Vorbereitung auf die umfangreichen 750-Jahr-Feiern von 1987 in beiden Teilen der Stadt zahlreiche Verschönerungen vorgenommen. Beispielsweise wurden in West-Berlin der Breitscheidplatz und der Rathenauplatz neu gestaltet. Im Ostteil wurde das Nikolaiviertel mit historischen Versatzstücken als „neue“ Altstadt gebaut. In Ost und West wurden auch die S- und U-Bahnhöfe im Innenstadtbereich saniert.

Die Jubiläumsfeier wurde auch durch Briefmarkenausgaben im Westteil (Deutsche Bundespost Berlin) und im Osten (Deutsche Post) gewürdigt. Im Westen erschien ein Block mit vier Marken sowie eine Einzelmarke. Im Osten acht Einzelmarken mit vier Motiven, sowie ein Block mit einer Marke.

Öffnung der Mauer

Bei den Feierlichkeiten zum vierzigsten Jahrestag der DDR in Ost-Berlin im Oktober 1989 hielt Ehrengast Michail Gorbatschow eine Rede, in der er andeutete, dass er eine restriktive Politik der DDR-Regierung in Bezug auf die Flüchtlinge, die zu diesem Zeitpunkt über die Grenzen von Ungarn und der Tschechoslowakei flüchteten, nicht zulassen würde. Am 9. November ließen die Grenztruppen am Übergang Bornholmer Straße nach einer missverstandenen Äußerung des Politbüromitgliedes Günter Schabowski auf einer Pressekonferenz die dort wartende Menge passieren. Die Grenztruppen nahmen an, dass das Politbüro eine Grenzöffnung beschlossen hatte, obwohl eigentlich keine feste Entscheidung getroffen worden war. Die DDR-Führung war nach dem Rücktritt des Parteichefs Erich Honecker im Oktober durcheinander geraten.

Viele Berliner erklommen die Mauer und tanzten auf der Mauer am Brandenburger Tor. Diesmal rollten keine sowjetischen Panzer durch Berlin. Die Mauer wurde nicht mehr geschlossen und wurde bald darauf abgerissen, wobei viele Berliner als sogenannte „Mauerspechte“ mit Hammer und Meißel Teile der Mauer als Souvenirs abschlugen.

Der Ost-Berliner Oberbürgermeister Tino Schwierzina und der West-Berliner Regierende Bürgermeister Walter Momper arbeiteten fortan in enger Absprache, um die große Menge an Aufgaben, die die bevorstehende Wiedervereinigung der Stadthälften aufwarf, in Angriff zu nehmen. Das Bürgermeistergespann wurde scherzhaft in den Medien als „Schwierzomper“ oder „Mompzina“ verballhornt, die beiden Stadtregierungen Senat (West) und Magistrat (Ost) wurden von Walter Momper bald als "Magi-Senat" tituliert.

Jüngere Stadtgeschichte

Laut Einigungsvertrag wurde Berlin mit der Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 zur Hauptstadt Deutschlands. Mit der Zustimmung zum Einigungsvertrag verzichteten die Alliierten auf ihre Kontrolle über Berlin, wodurch der umstrittene rechtliche Status Berlins geklärt und damit die sogenannte Berlin-Frage gelöst war. Am 2. Dezember 1990 fanden die ersten Wahlen zum Abgeordnetenhaus des wiedervereinigten Berlins statt. Der Sitz von Bundestag und Bundesregierung war allerdings immer noch Bonn. Erst nach einer kontroversen – auch von der Öffentlichkeit geführten – Debatte beschloss der Bundestag am 20. Juni 1991, dass die Hauptstadt Berlin auch Parlaments- und Regierungssitz wurde (Hauptstadtbeschluss).

Als erstes Verfassungsorgan der Bundesrepublik Deutschland verlegte zum 1. Januar 1994 der damalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker seinen Dienstsitz nach Berlin.

1996 scheiterte eine Volksabstimmung zur Zusammenlegung der Bundesländer Berlin und Brandenburg am Widerstand der Brandenburger Wähler.

Am 7. September 1999 nahm der Bundestag und am 29. September 2000 der Bundesrat seine Arbeit in Berlin auf.

Seit der Wiedervereinigung bereiten der Wegfall der meisten staatlichen Subventionen und seit 1997 zusätzlich der Berliner Bankenskandal der Stadt und dem Land Berlin enorme finanzielle und fiskalische Probleme, die die Handlungsfähigkeit der Stadtverwaltung einschränken. Berlin klagt derzeit beim Bundesverfassungsgericht wegen einer „extremen Haushaltsnotlage“, um eine Bundesergänzungszuweisung von 35 Milliarden Euro zum Schuldenabbau zu erhalten. Dies führte 2001 zu einem erfolgreichen Misstrauensvotum gegen den Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen. Nachfolger wurde Klaus Wowereit mit einem Senat aus SPD und den Grünen und der Tolerierung durch die PDS. Nach einer Neuwahl des Abgeordnetenhauses am 21. Oktober 2001 wurde nach dem Scheitern der Verhandlungen für eine Ampelkoalition ein Senat mit Unterstützung einer Rot-Roten Koalition gebildet.

Literatur

  • Bernd Stöver: Geschichte Berlins. München: C.H. Beck Wissen 2010, ISBN 9783406600678.
  • Michael Schwibbe, Huth P. et al: ZEIT REISE – 1200 Jahre Leben in Berlin. Berlin: Zeitreise Verlagsgesellschaft 2008, ISBN 978-3-00-024613-5
  • Christoph Wunnicke: Wandel, Stagnation, Aufbruch. Ost-Berlin im Jahr 1988, Berlin 2008, ISBN 978-3-934085-27-5
  • Gerd Heinrich: Kulturatlas Berlin – Ein Stadtschicksal in Karten und Texten, Berlin 2007, ISBN 978-3-000-21714-2
  • Angela M. Arnold, Gabriele von Griesheim: Trümmer, Bahnen und Bezirke. Ausführliche Darstellung zu den Zerstörungen Berlins nach dem Zweiten Weltkrieg, auch bezirksbezogen und der Berlin-Blockade. Eigenverlag 2002, ISBN 3-00-009839-9
  • Wolfgang Ribbe (Hrsg.): Geschichte Berlins (Veröffentlichungen der Historischen Kommission zu Berlin), 2 Bde., München 1987, 3. erweiterte und aktualisierte Auflage, Berlin 2002; Standardwerk anlässlich des 750-Jahre-Jubiläums
  • Wolfgang Fritze: Gründungsstadt Berlin. Die Anfänge von Berlin-Cölln als Forschungsproblem. Bearb, hrsg. von Winfried Schich, Berlin 2000.
  • Ingo Materna und Wolfgang Ribbe: Geschichte in Daten. Berlin München 1997
  • Autorenkollektiv: Chronik Berlin. Chronik Verlag, Gütersloh München 1997, ISBN 3-577-14444-0
  • Ernst Engelberg: Das Wilhelminische Berlin, Berlin 1997, Einleitung zum gleichnamigen Buch, hrsg. von Ruth Glatzer
  • Adriaan von Müller: Unter dem Pflaster Berlins, Ein archäologischer Streifzug. Argon Verlag 1995
  • Geschichte der Berliner Verwaltungsbezirke, hrsg. von Wolfgang Ribbe, Bd. 1ff., 1987ff.
  • Adriaan von Müller: Die Archäologie Berlins. Gustav Lübbe Verlag, 1986
  • Felix Escher: Berlin und sein Umland. Zur Genese der Berliner Stadtlandschaft bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts. Einzelveröffentlichungen der Historischen Kommission zu Berlin, Bd. 47, Berlin 1985
  • Harald Brost, Laurenz Demps: Berlin wird Weltstadt. Edition Leipzig, 1981
  • Adriaan von Müller: Jahrtausende unter dem Pflaster von Berlin. Edition Praeger, 1973

Einzelnachweise

  1. ↑ Der heutige südliche Berliner Ortsteil Zehlendorf, ferner das seinerzeit von Zehlendorf getrennte slawische Slatdorp mit dem Slatsee (Schlachtensee) gehörten vorübergehend zum Klosterbesitz Lehnin.
  2. ↑ Michael Hofmann/Frank Römer(Hrsg.): Vom Stabbohlenhaus zum Haus der Wirtschaft. Ausgrabungen in Alt-Cölln, Breite Str. 21–29 (= Beiträge zur Denkmalpflege in Berlin, H. 14), Berlin 1999.
  3. ↑ „Deutschland: Berlin älter als bisher angenommen“ bei Wikinews
  4. ↑ Zu 1997: Dressler, Torsten: Grabungen am Schlossplatz. In: Archäologie in Berlin und Brandenburg 1997, Stuttgart 1998, S. 82–85, zu 2008 ist in Vorbereitung der Grabungsbericht von Michael Malliaris in: Archäologie in Berlin und Brandenburg 2008.
  5. ↑ Ulrich Waack: Die frühen Herrschaftsverhältnisse im Berliner Raum. Eine neue Zwischenbilanz der Diskussion um die „Magdeburg-Hypothese“. In: Jahrbuch für brandenburgische Landesgeschichte 54 (2005) S. 7–38.
  6. ↑ Teil der Schriftenreihe der Forschungsgruppe „Metropolenforschung“, Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung
  7. ↑ Volker Rekittke & Klaus Martin Becker: Politische Aktionen gegen Wohnungsnot und Umstrukturierung und die HausbesetzerInnenbewegung in Düsseldorf von 1972 bis heute. 1.4.1 Häuserkämpfe in Berlin 1979–81, 17. November 1995
  8.  

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Flandern

Flandern (ndl.: Vlaanderen, frz.: la Flandre oder les Flandres) oder die Flämische Region (ndl.: „Vlaams Gewest”, frz.: Région flamande) bezeichnet den nördlichen Teil Belgiens mit seinen niederländischsprachigen Flamen. Die flämische Region in Belgien hat eine Fläche von etwa 13.522 km² und zählt etwa 6 Mio. Einwohner. Die Institutionen der Flämischen Region wurden mit denen der Flämischen Gemeinschaft zusammengelegt und haben ihren Sitz in der Hauptstadt Brüssel, die zum Zuständigkeitsbereich der belgischen (niederländisch-französischen) Gemeinschaft gehört. Die Flämische Region besteht aus den Provinzen Antwerpen, Ostflandern, Flämisch-Brabant, Limburg und Westflandern.

Bevölkerung

Amtssprache in Flandern und allgemein gebräuchliche Schriftsprache ist die niederländische Standardsprache. Gesprochen werden zum großen Teil niederländische Dialekte, die sich in Ostflämisch, Westflämisch, Brabantisch und Limburgisch unterteilen lassen, und andere flämische Sprachvarianten.

Vor allem in den flämischen Gemeinden in der Umgebung von Brüssel gibt es viele Bewohner mit Französisch als Muttersprache, denen in einem Teil dieser Gemeinden das gesetzliche Recht zum Gebrauch ihrer Muttersprache im Umgang auch mit den flämischen Behörden zugestanden wird.

Städte

Wichtige flämische Städte sind Antwerpen, Brügge, Gent, Löwen, Mecheln, Kortrijk und Ostende.

Geschichte

Die heutige belgische Region Flandern umfasst Teile der historischen Territorien Grafschaft Flandern, Herzogtum Brabant und Herzogtum Limburg.

Die Grafschaft Flandern reichte im Mittelalter bis weit in das heutige Frankreich hinein (Duinkerke / Dunkerque / Dünkirchen; Rijsel / Lille). Die Region um Dünkirchen gehört zwar zum traditionellen niederländischen Sprachgebiet, jedoch wurde seit der Französischen Revolution Französisch als einzige Amts- und Schulsprache den Bewohnern verordnet, so dass die niederländische Muttersprache in einem andauernden Sprachprozess zunehmend verdrängt wurde. Andere Gebiete des heutigen Französisch-Flanderns sind hingegen von alters her von einer französischsprachigen Bevölkerung (Waals-Vlaanderen) bewohnt.

Nach dem Tod des letzten burgundischen Herrschers Karl der Kühne in der Schlacht bei Nancy 1477 wurden seine Besitzungen zwischen dem habsburgischen Erzherzog Maximilian von Österreich, dem späteren Kaiser Maximilian I. und König Ludwig XI. von Frankreich aufgeteilt. Flandern kam dabei unter die Herrschaft der Habsburger und wurde Teil des Heiligen Römischen Reichs. Nach dem Tod Karls V. wurden die gesamten ehemaligen burgundischen Besitzungen einschließlich Flandern den spanischen Habsburgern zugesprochen. Diese versuchten mit Gewalt, den sich ausbreitenden Protestantismus zu unterdrücken. Deswegen, und auch wegen der Einschränkung der alten Freiheiten kam es zum Aufstand der niederländischen Provinzen gegen Spanien. Die Provinzen der Utrechter Union sagten sich 1579 von Spanien los und konnten ihre Unabhängigkeit im sogenannten Achtzigjährigen Krieg erkämpfen. Im Westfälischen Frieden 1648 wurde die Unabhängigkeit der (nördlichen) Niederlande international bestätigt, während Flandern mit den südlichen Provinzen unter spanischer Herrschaft verblieb. In den Kriegen mit Ludwig XIV. von Frankreich musste Spanien südliche Teile seiner Besitzungen an Frankreich abtreten (u. a. das Artois) und es bildete sich in etwa der heutige Grenzverlauf zwischen Belgien und Frankreich heraus. Nach dem Aussterben der spanischen Habsburger und dem Spanischen Erbfolgekrieg kam Flandern mit den anderen ehemals spanischen Provinzen im Frieden von Utrecht 1713 unter österreichisch-habsburgische Herrschaft und verblieb dort, bis es im Rahmen der Französischen Revolutionskriege 1794 von Frankreich erobert wurde. Auf dem Wiener Kongress 1815 wurde das Vereinigte Königreich der Niederlande geschaffen, das das heutige Belgien und die Niederlande umfasste. In der Belgischen Revolution von 1830 spaltete sich der Südteil jedoch ab und das Königreich Belgien wurde gegründet. Seitdem teilt Flandern die Geschichte Belgiens.

Im Ersten Weltkrieg verlief die deutsch-französisch/britische Front vier Jahre lang quer durch Flandern. Es war Schauplatz großer Schlachten (Erste, Zweite und Dritte Flandernschlacht). Der Stellungskrieg der Armeen im eigentlich neutralen Belgien zerstörte viele Dörfer und Städte dieser Region. Die Namen einiger kleiner flandrischer Ortschaften rufen noch Erinnerungen an das große Sterben hervor: Ypern, Passendale, Langemark. In zahlreichen Orten erinnern Denkmale und Soldatenfriedhöfe an den Schrecken.

Seit dem Zweiten Weltkrieg entwickelte sich in Flandern eine zunehmende Wirtschaftskraft und auch ein Selbstbewusstsein gegenüber dem früher dominierenden wallonischen Landesteil. Teilweise äußert sich dies in Sezessionsbestrebungen, die politisch durch die Partei Vlaams Belang artikuliert werden.

Religion

Während Flandern von 1482 bis zum ersten Koalitionskrieg 1794 praktisch unter dauerhafter habsburgischer und damit katholischer Vorherrschaft stand, sagten sich die nördlicher gelegenen und zum Protestantismus sich bekennenden niederländischen Provinzen von Habsburg los und gründeten 1581 die Republik der Sieben Vereinigten Niederlande, einen Vorläufer des heutigen niederländischen Staates. Bis heute sind Flamen überwiegend katholisch, die Niederländer hingegen überwiegend protestantisch, so dass zwischen den Niederlanden und dem nördlichen Teil Belgiens zwar keine Sprachgrenze, jedoch eine konfessionelle Grenze verläuft.

Wirtschaft

Im 19. Jahrhundert erfasste die industrielle Revolution, begünstigt durch erhebliche Kohlevorkommen, vor allem die südliche Nachbarregion Wallonie, während sich in Flandern nur Gent zu einem Industriezentrum entwickeln konnte. Anders als der von Kohle- und Stahlindustrie geprägte Süden Belgiens zog Gent jedoch in erster Linie textilverarbeitende Unternehmen an. Insgesamt profitierte Flandern traditionell stark von Handel und Seefahrt, jedoch sehr viel weniger von der beginnenden Industrialisierung als die Wallonie und wurde wirtschaftlich zunehmend abgehängt.

Mit dem Niedergang der wallonischen Schwerindustrie entwickelte sich Flandern in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zum wirtschaftlich führenden Teil Belgiens. Während die Wallonie sich heute mit den zahlreichen Problemen eines wirtschaftlichen Strukturwandels konfrontiert sieht, profitiert Flandern von einem starken Dienstleistungssektor und insbesondere von der Bedeutung des Antwerpener Hafens.

Im Vergleich zum Bruttoinlandsprodukt der EU, ausgedrückt in Kaufkraftstandards, erreicht Ostflandern 105,3 % und Westflandern 110,7 % des Durchschnitts der EU-27 (2006).[3]

Quellen

  1. ↑ Bevölkerung nach Gemeinden am 1. Januar 2008 (XLS)
  2. ↑ Bevölkerung nach Gemeinden am 1. Januar 2008 (XLS)
  3. ↑ Eurostat Jahrbuch der Regionen 2009: Kapitel 4: Bruttoinlandsprodukt (PDF; 5,4 MB) und (XLS; 134 KB); ISSN 1830-9690 (Registrierung bei Eurostat ist erforderlich).
  4.  

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Grafschaft Flandern

Die Grafschaft Flandern (niederländisch: Vlaanderen, französisch: Flandre) ist ein historisches Territorium auf dem Gebiet der heutigen Staaten Belgien, Frankreich und den Niederlanden. Bis 1477 war die Lehnshoheit geteilt: Der größere Teil gehörte zu Frankreich, der kleinere Teil rechts der Schelde zum Heiligen Römischen Reich (daher auch: „Reichsflandern“). Im Hochmittelalter entwickelte Flandern – getrieben vor allem von seinen Städten Lille, Douai, Ypern, Gent und Brügge – eine unvergleichliche wirtschaftliche Prosperität. Wachstumsfaktoren sind vor allem die Wollindustrie und der Handel. Dies bildete den Hintergrund für eine Blütezeit der gotischen Kunst – in der Scheldegotik konnten sich die von Frankreich kommenden gotischen Architekturprinzipien bereits früh durchsetzen.

Altertum und Frühmittelalter

Flandern war in ältester Zeit von belgischen Stämmen, Morinern, Atrebaten und Menapiern, bewohnt und gehörte nach deren Unterwerfung durch Caesar zu der römischen Provinz Belgica secunda. Nachdem das Land unter die Herrschaft der Franken gekommen war, bildete die Lys, ein Nebenfluss der Schelde, die Grenze zwischen Neustrien und Austrasien, und nach der Teilung von Verdun im Jahr 843 kam der nördliche und südwestliche Teil Flanderns, obschon vorzugsweise niederländischsprachig, zu Frankreich, der südöstliche aber, obschon vorzugsweise picardischsprachig, zum Heiligen Römischen Reich.

Entstehung der Grafschaft Flandern

Der Name Flandern kommt seit dem 7. Jahrhundert vor und umfasste ursprünglich nur das Gebiet von Brügge und Sluis (municipium flandrense), dessen Grafen den Namen Flandern gegen Ende des 9. Jahrhunderts auch über den nordfranzösischen Küstenstrich, den sie als Mark zur Beschützung gegen die Normannen erhielten, und später auch über einige angrenzende deutsche Besitzungen ausdehnten. Der erste jener Markgrafen war Balduin I., Eisenarm, ein französischer Ritter aus Laon, der die Tochter Kaiser Karls des Kahlen, Judith, entführte, aber dennoch 862 von ihm jene neugeschaffene Mark als Lehen erhielt und so den Grund zur Größe seines Hauses legte. Er starb 879.

10. bis 14. Jahrhundert

Der Sohn Balduins I., Balduin II., der Kahle (879–918), befestigte Brügge, Ypern und Saint-Omer gegen die Normannen.

Dessen Sohn Arnulf I. (918–966) bestimmte seinen Sohn Balduin III. (der die ersten Webereien in Flandern einführte) und nach dessen Tod seinen Enkel Arnulf II. (gestorben 989) zum Mitregenten. Des letzteren Sohn Balduin IV., Schönbart (989–1036), riss 1006 Valenciennes, eine Stadt des heiligen römischen Reiches, an sich, wurde deshalb von Kaiser Heinrich II. bekriegt, erhielt aber durch Vertrag 1007 Valenciennes, Stadt und Burggrafschaft Gent, Walcheren und die zeeländischen Inseln (das sogenannte Reichsflandern) von Kaiser Heinrich II. zu Lehen.

Sein Sohn Balduin V., der Fromme (1036–1067), führte zwischen 1045–1056 mehrere Kriege gegen Kaiser Heinrich III., welcher der Machterweiterung der Markgrafen Einhalt gebieten wollte. Balduin behauptete sich jedoch, besiegte die Friesen und vermehrte seine Besitzungen durch Erwerb der zum Herzogtum Niederlothringen gehörigen Gebiete zwischen der Schelde und Dender (die Markgrafschaft Ename, später Grafschaft Aalst genannt), Tournais und der Hoheit über das Reichsbistum Cambrai, dem die Grafschaft Flandern bis zur Gründung des neuen Bistums Arras in kirchlicher Hinsicht unterstellt war. Wegen seiner Rebellion gegen den deutschen Kaiser verlor er aber die Markgrafschaft Valenciennes 1045, seitdem Teil der Grafschaft Hennegau.

Nach seinem Tod erhielt sein jüngerer Sohn, Robert I., der Friese, die Länder an der Mündung des Rheins und der Waal und die seeländischen Inseln, während das französische Lehen (das Hauptland Flandern) an den Erstgeborenen, Balduin VI., den Guten (1067–1070), fielen.

Nach dessen frühen Tod kam es zu längeren Kämpfen um die Erbfolge zwischen Balduins Witwe Richilde von Egisheim, Gräfin von Hennegau, und Robert dem Friesen, die damit endeten, dass Robert Flandern erhielt, der Sohn Balduins VI., Balduin (I.), sich in den Hennegau zurückzog, während ein Teil von Friesland an Gottfried von Lothringen kam.

Roberts I. Sohn und Nachfolger Robert II. (1093–1111) beteiligte sich am ersten Kreuzzug und führte zahlreiche Kämpfe mit seinen Nachbarn und mit dem Kaiser. Sein Sohn Balduin VII., mit dem Beil (oder der Strenge), so genannt wegen der Strenge, mit der er Landfriedensbrecher bestrafte, starb 1119 kinderlos und hinterließ das Land seinem Vetter, dem dänischen Prinzen Karl I., dem Guten, dessen Mutter eine Tochter Roberts I. war, der jedoch wegen seiner Strenge in Handhabung der Gesetze 1127 zu Brügge ermordet wurde.

Der von den Ständen auf Betreiben Ludwigs VI. von Frankreich zum Grafen berufene Sohn Roberts von der Normandie, Wilhelm Clito, machte sich durch Willkür verhasst und verlor im Kampf gegen den von den Ständen berufenen Landgrafen Dietrich von Elsass, Seitenspross des alten flandrischen Hauses, Sohn Gertruds, der Tochter Roberts des Friesen, 1129 das Leben, worauf Dietrich das Elsass seinem jüngeren Bruder, Simeon, überließ, von Flandern Besitz nahm und einen Krieg gegen Hennegau führte. Er starb 1168. Der Mannesstamm erlosch schon mit seinem Sohn Philipp, der Vermandois gewann, dagegen später Artois 1180 als Mitgift seiner Nichte Isabella von Hennegau König Philipp August von Frankreich überließ. Philipp, der sich um die materielle Wohlfahrt von Flandern in Bezug auf Handel und Industrie Verdienste erworben hatte, starb 1191 vor St. Jean d’Acre an der Pest. Durch die Vermählung seiner Schwester und Erbin Margarete mit Balduin VIII. (gestorben 1195) von der hennegauischen Linie der alten flandrischen Grafen wurden Flandern und Hennegau wieder vereinigt.

Ihr Sohn Balduin IX., der Stifter des Lateinischen Kaiserreichs zu Konstantinopel, hinterließ 1205 zwei Erbtöchter, von denen die ältere, Johanna, Flandern, die jüngere, Margarete, genannt die Schwarze, die Grafschaft Hennegau erhielt.

Fast das ganze Jahrhundert hindurch dauerten Erb- und Thronstreitigkeiten, in die sich die Könige von Frankreich in eigennütziger Absicht einmischten (Flämischer Erbfolgekrieg). Nach Margaretes Tod im Jahr 1279 erhielt ihr Sohn Johann Hennegau, der andere, Guido von Dampierre, Flandern. Letzterer verband sich 1291 mit Adolf von Nassau (römisch-deutscher König seit 1292) und mit England gegen Philipp IV. den Schönen von Frankreich; doch vermittelte Papst Bonifatius VIII. 1295 den Frieden. König Philipp IV. von Frankreich fiel jedoch 1297 abermals in Flandern ein, eroberte den größten Teil des Landes, das er als französisches Lehen in Anspruch nahm, und nahm Guido und dessen Sohn Robert gefangen. Als Philipp IV. danach durch seinen Statthalter Jacques de Châtillon die Freiheiten der Flamen unterdrückte, erhoben sich diese unter dem Vorsteher der Wollweber von Brügge, Pieter de Coninck (Pierre le Roi), vernichteten die französisch gesinnte Partei der Leliaerts und besiegten das überlegene französische Heer in der Sporenschlacht bei Kortrijk (Courtrai) am 11. Juli 1302. Sie wurden dann zwar am 18. August 1304 bei Mons-en-Puelle zwischen Lille und Douai geschlagen, erlangten aber gleichwohl einen Frieden, wonach Guido gegen Abtretung einiger Städte nach Flandern zurückkehren sollte. Da derselbe aber schon 1305 starb, folgte ihm sein Sohn Robert.

Dessen Enkel und Nachfolger Ludwig II. (1322–1346), zugleich Herr von Nevers und Rethel, und somit der mächtigste unter allen Grafen von Flandern, gab 1336 durch seine Härte gegen die nach größerer Freiheit strebenden reichen und industriellen Städte Veranlassung zu dem allgemeinen Bürgeraufstand, den der kühne Genter Brauer Jakob van Artevelde mit englischer Unterstützung leitete. Zugleich wurde der Hass dadurch gesteigert, dass der Graf und der Adel sich an Frankreich, die Städte an England anschließen wollten. Aus seinem Land vertrieben, suchte Ludwig II. Hilfe bei Frankreich, konnte aber erst nach Arteveldes Tod (1345) zurückkehren und fiel 1346 in der Schlacht von Crécy. Unter seinem leichtsinnigen Sohn Ludwig III., genannt von Maele, empörten sich die Städte, namentlich Gent und Brügge, die reichsten und mächtigsten, von neuem. Ludwig III. belagerte vergebens Gent, schlug aber 1382 die Genter bei Roosebeke, wo auch deren Führer Philipp van Artevelde, der Sohn Jakobs, fiel. Mit englischer Hilfe trugen jedoch die Städter bei Dünkirchen einen Sieg über Ludwig III. davon, und 1384 kam durch Frankreichs Vermittlung ein Friede zustande.

Burgundische und habsburgische Herrschaft

Ludwig III. starb 1384 als der letzte Graf von Flandern aus dem Haus Dampierre. Durch die Vermählung seiner Erbtochter Margarete mit Philipp dem Kühnen aus dem Haus Burgund wurde das Land 1385 mit Burgund vereinigt und teilte seitdem die Schicksale dieses Reichs (siehe Burgundische Niederlande). Als nach dem Tod Karls des Kühnen von Burgund dessen Länder 1477 durch seine Erbtochter Maria von Burgund als Gemahlin des habsburger Thronfolgers und nachmaligen Kaisers Maximilian an das Haus Habsburg fielen, suchte die französische Krone vergeblich ihre alte Lehnshoheit über Flandern geltend zu machen. Im Frieden von Madrid 1526 musste Frankreich auf seine Oberlehnshoheit über Flandern verzichten. Bei der Kreiseinteilung des deutschen Reiches wurde Flandern fortan dem burgundischen Kreis zugeordnet.

Nachdem dieser dann jedoch an König Philipp II. und damit an die spanische Linie des Hauses Habsburg gekommen war, erlitt er bedeutende Schmälerungen. Die Generalstaaten behaupteten im Westfälischen Frieden 1648 das so genannte Holländisch-Flandern (Staatsflandern, das als Zeeuws Vlaanderen heute noch zu den Niederlanden gehört), wogegen Ludwig XIV. von Frankreich durch den Pyrenäenfrieden, den Ersten Aachener, den Nimwegener und den Utrechter Frieden beträchtliche Teile von Flandern gewinnen konnte (unter anderem Dünkirchen, Lille, Douai, Valenciennes und Cambrai). Gemäß des Utrechter und des Rastatter Friedensschlusses fielen die Reste der Spanischen Niederlande wieder an das Haus Österreich (Österreichische Niederlande).

Neuere Geschichte

1794 wurde ganz Flandern wie die übrigen österreichischen Niederlande der französischen Republik und später dem napoleonischen Kaiserreich einverleibt und bildete die Départements Lys (die jetzige Provinz Westflandern) und Escault (die Provinz Ostflandern). Der Wiener Kongress teilte die beiden Provinzen 1815 dem neugebildeten Königreich der Niederlande zu. Nach der Belgischen Revolution von 1830 kamen Ost- und Westflandern an das neu konstituierte Königreich Belgien. Im Ersten Weltkrieg 1914-1918 verlief die deutsch-französisch/britische Front quer durch Flandern. Durch den Stellungskrieg wurden viele Dörfer und Städte, unter anderem Passendale und Ypern, dieser Region des eigentlich neutralen Belgien zerstört. Heute gehören beide Provinzen zur belgischen Region Flandern, die französisch gewordenen Teile zur Region Nord-Pas de Calais.

Literatur

  • Heinrich Sproemberg: Die Entstehung der Grafschaft Flandern. Teil 1: Die ursprüngliche Grafschaft Flandern (864-892), Berlin 1935 (= Historische Studien. 282)

 

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La Rochelle

La Rochelle ist eine westfranzösische Hafenstadt und Hauptstadt des Départements Charente-Maritime Region Poitou-Charentes mit 76.848 Einwohnern (Stand: 1. Januar 2007). Sie ist auch die Partnerstadt von Lübeck.

Geographie

La Rochelle liegt am Atlantik im Golf von Biscaya, gegenüber der Île de Ré und ist ein wichtiges Schifffahrts-, Handels- und Fremdenverkehrszentrum. Die Entfernung zu Nantes im Norden beträgt ungefähr 150 km, zu Bordeaux im Süden 190 km und zu Paris im Nordosten 470 km.

Geschichte

Ursprünge

Im Gebiet um La Rochelle siedelten in der Antike die Santones, ein Stamm der Gallier, von denen die Gegend nahe Saintes, die Saintonge, ihren Namen erhielt. Die Besatzungsmacht der Römer entwickelten entlang der Atlantikküste den dort bislang unbekannten Anbau und die Erzeugung von Wein und die Herstellung von Salz. Sie belieferten damit ihr ganzes Reich. Zeugnisse dieser Epoche sind archäologische Ausgrabungen römischer Villen in Saint- Eloi und in Les Minimes, ferner die von Salzgärten mit Salinen.

Der Name La Rochelle heißt übersetzt „Kleiner Felsen“, bezogen auf ein erhöhtes Kalkfelsplateau im Gebiet der heutigen Stadt, auf dem sich im Zuge der Völkerwanderung (Ende 4. bis Mitte 6. Jahrhundert) von der Donau kommende Alanen niederließen und dauerhaft ansiedelten. An sie erinnert heute noch der Name der Landschaft Aunis im Hinterland von La Rochelle.

Entwicklung zum größten Hafen am Atlantik

Die Gründung der Stadt muss für das 10. Jahrhundert angenommen werden.

Relativ späte erste schriftliche Überlieferungen über die Zeit um 1140 sprechen von einer Zuwanderung von Colliberts, einer Gruppe entflohener Sklaven, die sich der Niederlassung der Alanen anschlossen und deren Entwicklung mit vorantrieben.

Zu ihnen stießen noch die kosmopolitischen Templer, deren Routen im 12. und 13. Jahrhundert auch nach La Rochelle führten. Unter ihrer Mitwirkung wurde der Hafen zum größten der Atlantikküste ausgebaut. Noch heute gibt es eine Straße Rue des Templiers, die nach den Templern benannt ist. (Die Rue du Temple und Cour du Temple weisen dagegen auf reformierte Kirchen hin, die auf Französisch temple heißen).

1137 machte Wilhelm X., Herzog von Aquitanien, den Hafen der Stadt zu einem freien Hafen. Für die spätere blühende Geschichte der Stadt zeichnete Eleonore von Aquitanien verantwortlich. Sie verlieh La Rochelle 1199 das freie Stadtrecht, verbunden mit einer bürgerlichen Selbstverwaltung und eigener Gerichtsbarkeit. Damals wurde zum ersten Mal in der französischen Geschichte für La Rochelle ein Bürgermeister benannt, und zwar Guillaume de Montmirail. In dessen Folge wurde jedes Jahr ein neuer Bürgermeister gewählt, aus den Reihen der mächtigsten Familien der Stadt.

Im Jahr 1224 wurde die Stadt von König Ludwig VIII. belagert und unterwarf sich anschließend.

Während des Hundertjährigen Krieges fand bei La Rochelle am 22. Juni 1372 eine Seeschlacht statt, zwischen einer kastilisch-französischen und einer englischen Flotte. Die Spanier und Franzosen hatten 60 Schiffe und die Engländer nur 40 unter ihrem Kommando. Sie verfügten auch über deutlich mehr Personal als die Engländer. Die Franzosen und die Spanier besiegten damals entscheidend die Engländer. Damit fiel die Kontrolle über den Kanal zum ersten Mal in die Hände Frankreichs, seit der Schlacht von 1340 von Sluys.

Bis zum 15. Jahrhundert behielt La Rochelle den größten Hafen Frankreichs an der atlantischen Küste. Gehandelt wurde hauptsächlich mit Wein und Salz.

In Zeiten der Religionskriege

Während der Renaissance nahm La Rochelle die Ideen der Reformation offen auf und hatte bereits vor 1540 zahlreiche Anhänger. Die Toleranz untereinander ließ am Anfang einen gemeinsamen Gebrauch der katholischen Kirchengebäude zu.

Von 1562 bis 1598 überzogen das Land die Verwüstungen der Religionskriege. 1565 wurden in La Rochelle dreißig katholische Priester erdrosselt und von der Tour de la Lanterne ins Meer gestoßen, was den offenen Kampf auslöste. Nicht lange danach wurde es zur Hauptstadt des Protestantismus in Frankreich.

Der große Gegenschlag der katholischen Liga begann mit dem „Massaker der Bartholomäusnacht“ am 24. August 1572, mit der Hinrichtung von Hugenottenanführern in Paris und den sich anschließenden furchtbaren Gemetzeln, die auf ganz Frankreich übergriffen.

1573 erfolgte die Belagerung des Hugenottenzentrums durch die königlich- katholisch Armee, unter dem Befehl des Herzogs von Anjou, dem späteren Heinrich III. Trotz sechsmonatiger intensiver Belagerung, unter Verwendung modernster Kriegstechniken auf beiden Seiten, hielten die Protestanten durch, und die Angreifer mussten ergebnislos aufgeben. Immerhin hatten 20.000 Mann auf der katholischen Seite ihr Leben gelassen. Vom Misserfolg gezwungen, musste die Krone den Hugenotten von La Rochelle noch 1573 die ungehinderte Ausübung ihrer Religion gestatten.

Mit dem Edikt von Nantes beendete Heinrich IV. 1598 die Religionskriege.

Erneute Belagerung von La Rochelle 1627–1628

Etwa 55 Jahre später geriet die Stadt wieder in Konflikte mit Ludwig XIII., dessen königliche Armee La Rochelle am 10. September 1627 erneut belagerte. Die Stadt hatte sich mit den Engländern verbündet, die bereits die Insel Ré besetzt hatten. In den Kämpfen standen sich zwei gleichermaßen sture Köpfe gegenüber, einerseits Kardinal Richelieu, Angehöriger des absolutistischen Königtums und andererseits Jean Guiton (1585–1654), ein fanatischer Admiral und neuer Bürgermeister von La Rochelle.

Die Blockade durch die Königlichen erfolgte nicht nur von Land, sondern auch von der Seeseite, auf der im Wasser ein riesiger 12 km langer Damm aufgeschüttet wurde, in den lange angespitzte Holzbalken in Richtung Stadt eingerammt waren. Soldaten der Artillerie besetzten den Damm. Die Versorgung und Verstärkung vom Meer aus, etwa von den Engländern, war damit abgeschnitten. Der Bürgermeister konnte die hungernde Bevölkerung der Stadt über mehr als ein Jahr zum Durchhalten bewegen.

Als die Wachen auf den Mauern vor Hunger tot umfielen, musste Guiton kapitulieren. Am 30. Oktober 1628 zog Richelieu und sein Heer in die Stadt ein, nach zwei Tagen gefolgt von König Ludwig XIII. In den Häusern fanden sie unzählige Leichen. Von den 28.000 ursprünglich eingeschlossenen Einwohnern hatten nur 5.000 überlebt, so auch Jean Guiton, der später in königliche Dienste eintrat.

Exodus der Hugenotten und die Kolonialzeit

Nach der Niederlage der Hugenotten von La Rochelle 1628 ging ihre Verfolgung im ganzen Land unerbittlich weiter, die mit der Rücknahme des Edikt von Nantes durch Ludwig XIV. ihren Höhepunkt erreichte. Viele Hugenotten flohen, wanderten aus und gründeten 1689 in Nordamerika die Stadt New Rochelle.

In der Kolonialzeit spielte La Rochelle im „atlantischen Dreieckshandel“ zwischen Afrika, Neufrankreich (Kanada und die Antillen) und dem Kernland Frankreich eine wichtige Rolle.

La Rochelle blieb weiterhin einer der größten Häfen Frankreichs. Dafür war vor allem der aufgekommene Sklavenhandel und die Entwicklung der überseeischen Beziehungen verantwortlich. Die beschädigten Wehranlagen wurden durch den bedeutenden Festungsarchitekten Vauban wiederhergestellt und modernisiert.

19. Jahrhundert

1864 war der Hafen von La Rochelle, im Bereich des „Bassin der Flotten“, hinter den Schleusen, der Standort für Tauchexperimente des ersten mechanisch betriebenen U-Boots der Welt, genannt Plongeur. Es wurde kommandiert von Marie-Joseph Camille Doré, geboren in La Rochelle.

Zweiter Weltkrieg

Im April 1941 begann die Organisation Todt im fünf Kilometer entfernten La Rochelle-La Pallice einen U-Boot-Bunker zu errichten, welcher noch heute zu besichtigen ist.

Die Stadt La Rochelle sowie die Hafenanlagen La Pallice blieben bis zum Tag der deutschen Gesamtkapitulation am 9. Mai 1945 in deutscher Hand. Im Rahmen eines Stillhalteabkommens zwischen dem deutschen Festungskommandanten Vizeadmiral Ernst Schirlitz und dem französischen Unterhändler Capitaine de Fregate Hubert Meyer wurde vereinbart, auf eine befohlene Zerstörung der Stadt- und Hafenanlagen zu verzichten, sofern die alliierten Truppen die in La Rochelle eingekesselten Deutschen nicht angreifen würden. Die sogenannte Konvention von La Rochelle führte letztlich dazu, dass Stadt- und Hafenanlagen von La Rochelle am 9. Mai 1945 unversehrt übergeben werden konnten, während andere Atlantikstädte wie z.B. Royan noch kurz vor Kriegsende im April völlig zerstört wurden.

Heute

Auch wenn heute in La Rochelle die internationale Schifffahrt kaum noch eine Rolle spielt, so ist er jedoch immer noch einer der bedeutenden Fischereihäfen des Landes. Seine Kapazität erreicht die vierte Stelle in Frankreich. Beim Umschlag von Handelsgütern, mit einem Bruttovolumen von etwa sechs Millionen Tonnen jährlich, nimmt er den achten Rang unter den französischen Häfen ein.

Sehenswürdigkeiten

Der alte Hafen

Das Hafenbecken des Vieux Port ist das Zentrum der Altstadt, und wird eingefasst von den Uferstraßen, im Norden vom Quai Duperre und im Westen von der Cours des Dames. Im Winkel der beiden Straßen erhebt sich die Statue des Admiral Duperre, 1775 in La Rochelle geboren, und Kommandant der französischen Flotte bei der Einnahme von Algier im Jahr 1830. Auf der Esplanade Cour des Dames wurden früher Sardinen verkauft und von den Fischern ihre Netze geflickt.

Tour St.-Nicolas

Der leicht geneigte zwischen 1317 und 1345 errichtete Turm weist die Merkmale einer Festung auf, und bildet zusammen mit dem gegenüberliegenden Tour de la Chaine das Wahrzeichen von La Rochelle. Er hat einen fünfeckigen Grundriss und ist 42 m hoch. An Stelle der fünf Ecken gibt es drei im Grundriss halbrunde Türme und einen rechteckigen und einen quadratischen höheren Turmanbau, eine Art Donjon. Alle Seiten sind mit Schießscharten und kleinen Fenstern ausgestattet. Der Turm diente lange als Gefängnis. Eine weit ausladende Zugangstreppe mit seitlichen Mauern, als Strebewerke ausgebildet, vom Boden bis zur Höhe der Treppenbrüstung reichend, erschließt den Hauptsaal, der von einem eleganten oktogonalen Kreuzrippengewölbe überdeckt wird. Die ins dicke Mauerwerk der Turmwände eingearbeiteten Treppen führen in den darüber liegenden zweiten Saal, von dort weiter zu noch anderen Räumen. Einer davon ist als Kapelle ausgestattet. Darüber liegt die erste mit Zinnen umschlossenen Dachterrasse und etwas aufwärts die zweite und höchste Terrasse auf dem Turmanbau, die von Brustwehren mit Schießscharten und Pecherkern eingeschlossen wird.

Tour de la Chaine

Der Name dieses Turms kommt von der großen Kette (frz.Chaine), die über Nacht mit dem Tour St.-Nicolas verbunden wurde, zur Blockierung der Hafenzufahrt. Am Fuß des Turms gibt es davon noch einen Rest. Der im 14. Jahrhundert erbaute Turm war überwiegend ein Pulvermagazin. Er wurde im 17. Jahrhundert teilweise abgetragen. Sein ursprünglicher Turmanbau, der in die Hafeneinfahrt hineinragte, wurde abgerissen um diese zu erweitern. Die vom Tour de la Chaine in Richtung Tour de la Lanterne verlaufende Befestigungsmauer, die sich im Mittelalter direkt aus dem Meer erhob, ist die einzige, die von Richelieu nicht zerstört wurde. Er dachte daran, dass sie ihm zum Schutz gegen die Angriffe der Engländer dienen konnte.

Tour de la Lanterne

Sein Name deutet auf seine Nutzung als Leuchtturm. Er wurde erst im 15. Jahrhundert errichtet. Die an seinem Fuß anschließenden sechs Meter dicken Festungsmauern kontrastieren zu der Eleganz des oktogonalen Turmhelms, dessen Rippen mit „Krabben“ verziert sind. Dort oben gibt es die Laterne, die als Leuchtfeuer gedient hat. In der oberen Turmspitze sind noch vier Räume übereinander angeordnet, auf deren Wände zahlreiche Graffiti der dort inhaftierten erhalten sind (17. und 18. Jahrhundert). Im unteren Teil des Turms befand sich der Saal der Wachen. Von einem vorspringenden Balkon erkennt man bei Ebbe die Fundamente des von Richelieu errichteten Damms, in Höhe von Fort Louis, hinter der Promenade.

Die Altstadt

Die Altstadt besitzt einen regelmäßigen Grundriss mit rechtwinklig zueinander verlaufenden Straßen, und hat die Charakteristik einer alten Handels- und Geschäftsstadt konserviert. Die sie heute noch in Teilen umschließenden Wehrmauern und Außenwerke (oder Ravelins) verraten die Handschrift von Vauban. Das Geschäftsviertel umschließt im Wesentlichen das Rathaus. Viele Arkadengänge und überdachte Passagen bieten bei jedem Wetter den flanierenden Passanten Schutz. Die ältesten Häuser bestehen aus Fachwerkkonstruktionen deren Holzständer und –riegel oft mit Schieferplatten geschützt sind.

Porte de la Grosse Horloge

Der Eingang zur Altstadt von der Hafenseite aus bildet der Uhrenturm mit Tordurchlass. Die den im Grundriss rechteckigen Turm in ganzer Höhe flankierenden Rundtürme werden von Seetrophäen verziert. Der gotische Torturm erhielt im 18. Jahrhundert nachträglich einen Aufbau, aus einem Glockenstuhl, auf beiden Seiten mit großen Uhrzifferblättern bestückt, und von einer Kuppel und einer Laterne gekrönt.

Hôtel de Ville

Wie sehr oft in Ortschaften mit protestantischer Geschichte, ist auch in La Rochelle nicht ein Sakralbau, sondern ein Profangebäude, hier das Rathaus, der besondere Glanzpunkt des Stadtzentrums, und dessen bedeutendstes Bauwerk. Bevor man das Rathausgebäude, das um die Wende vom 15. zu. 16. Jahrhundert erbaut worden ist, betrachten kann, muss man zunächst eine Barrikade überwinden, aus einer eher schlichten gotischen Festungsmauer, mit Wehrgang und auskragenden Pecherkern, auf der linken rechtwinkligen Mauerecke zusätzlich mit einem Belfried bewehrt. Sie umschließt einen geräumigen rechteckigen Innenhof, der über zwei gotisch gestalteten Tore betreten werden kann, das kleinere für Fußgänger, das größere für Fuhrwerke. Der schlanke, zylindrische Eckturm beginnt erst in Höhe der Mauerkrone und überragt das Rathaus weit, mit einem sich nach oben bis zur Spitze verjüngenden Turmhelm mit einer offenen Glockenstube. Im Hof erhebt sich die Hauptfassade des prächtigen Renaissancepalastes. Die Bauarbeiten erstreckten sich von der Grundsteinlegung 1544 bis zum Beginn des 17. Jahrhunderts. Der Einfluss der italienischen Renaissance ist unverkennbar. Das Erdgeschoss wird hofseitig von einer Arkadengalerie mit kannelierten Säulen begrenzt. Im ersten Obergeschoss kann man den ehemalige Arbeitsraum des Bürgermeisters Jean Guiton (sh. Geschichte) besuchen.

Weitere Sehenswürdigkeiten der Altstadt

  • Hôtel de la Bourse: 18. Jahrhundert, Sitz der Handelskammer, mit Arkadeninnenhof
  • Rue du Palais: Hauptstraße mit Arkaden und öffentlichen Gebäuden
  • Rue Chaudrier: einer der Verteidiger von La Rochelle; schönes altes Fachwerkhaus. In der Nr. 54 befindet sich das Café de la Paix, eine der ältesten und schönsten Brasserien Frankreichs (Monument historique!).
  • Maison Henri II.: 1555 für Huges de Pontard erbaut
  • Grande Rue des Merciers: Arkaden und Häuser des 16. und 17. Jahrhunderts, in mittelalterlichem Charakter, viele Fachwerkhäuser,
  • Palais de Justice: 1789 fertiggestellt, Renaissance
  • Cathedrale St.-Louis: teilweise über den Fundamenten der Kirche St.-Barthélemy erbaut
  • Rue de Minage: beidseitig von Arkaden gesäumt, sehr alte Häuser
  • Place du Marché: zwei Häuser aus dem 15. und 16. Jahrhundert

Museen der Altstadt

  • Musée d’Histoire naturelle: Naturkundemuseum, ehemaliger Wohnsitz des Gouverneurs
  • Musée du Nouveau Monde: im Hôtel Fleuriau, Handel zwischen La Rochelle und Amerika seit der Renaissance
  • Musée d’Orbigny Bernon: Geschichte von La Rochelle
  • Musée des Beaux-Arts: Kunstmuseum im bischöflichen Palast

La Ville en Bois

Die „Stadt aus Holz“ ist ein Viertel südlich des Vorhafens gegenüber dem Tour de Lanterne, mit einigen Museen.

  • Neptunéa: Musée maritime: Seefahrtsmuseum
  • Musée à Flot: kleine Flotte Schiffe verschiedener Größe mit dem Wetterschiff Franc I
  • Musée des Automates: elektronische Roboter

Port des Minimes

Der Port des Minimes ist der größte Jachthafen der Atlantikküste mit über 3200 Liegeplätzen für Kielboote, mit drei Tiefwasserbecken.

Aquarium

La Rochelle besitzt ein großes Aquarium, eines der schönsten Europas. Es verfügt über 65 Becken.

Wirtschaft

Schiffbau, Fisch- und chemische Industrie sind die wichtigsten Industriezweige der Stadt. Weiterhin ist der Tourismus eine wichtige Stütze der Wirtschaft.

Klima

Mittlere Temperatur von 5 °C im Januar, etwa 7 mm Regen.

Mittlere Temperatur von 24 °C im Juli, etwa 4 mm Regen.

Mittlere Sonnenscheindauer: 91 h im Januar, 302 h im Juli.

Maritimes Klima.

Verkehr

La Rochelle ist an das System der französischen Staatsbahn SNCF angeschlossen. Es gibt tägliche Verbindungen nach Montparnasse (ungefähr drei Stunden) und Bordeaux, aber auch regionale Verbindungen in die näher liegenden Städte.

Der Busverkehr wird in La Rochelle von der RTCR in einem sehr gut ausgebautem Netz von Buslinien durchgeführt. Auch eine Verbindung auf die Ile de Ré ist vorhanden.

Am Stadtrand gibt es einen Park & Ride-Parkplatz, von dem aus man in den Sommermonaten gratis ins Zentrum gelangt. Es gibt dort auch eine Servicestation für Wohnmobile (Wasserversorgung und Abwasserentsorgung).

Der Flughafen La Rochelle (Aéroport de La Rochelle – île de Ré) liegt 2,5 km nordwestlich des Stadtzentrums.

Sport

Bekanntester Sportverein der Stadt ist Atlantique Stade Rochelais, der Rugby Union spielt und in der höchsten Liga TOP 14 vertreten ist.

Filmstadt La Rochelle

  • Anfang der 1980er Jahre diente der Hafen von La Pallice als Drehort für den Film Das Boot von Wolfgang Petersen.
  • Ebenfalls zur selben Zeit wie für Das Boot wurde im Hafen von La Pallice für den erste Teil der Indiana-Jones-Trilogie von Steven Spielberg gedreht.
  • 1980 wurde der Film Der ungeratene Sohn von Regisseur Claude Sautet mit Patrick Dewaere und Brigitte Fossey gedreht.

Söhne und Töchter der Stadt

  • François de Beauharnais, Generalmajor
  • Jacques Nicolas Billaud-Varenne, Revolutionär; Haupturheber der Septembermassaker
  • Aimé Bonpland, Naturforscher
  • William Adolphe Bouguereau, Maler
  • Jean-Loup Jacques Marie Chrétien, französischer Raumfahrer, Kampf- und Testpilot
  • Victor Guy Duperré, Admiral
  • Jean-Baptiste Élissalde, Rugby-Union-Nationalspieler
  • René Antoine Ferchault de Réaumur, Wissenschaftler
  • Eugène Fromentin, Schriftsteller, Kunstkritiker und Maler
  • Louis Rattuit de Souches, kaiserlicher Feldherr
  • Melissa Lauren, Pornodarstellerin

Städtepartnerschaften

La Rochelle unterhält freundschaftliche Beziehungen mit folgenden sechs Gemeinden:[1]

  • New Rochelle, USA (seit 1910)
  • Lübeck, Deutschland (seit 1951)
  • Akkon, Israel (seit 1972)
  • Petrosawodsk, Russland (seit 1973)
  • Essaouira, Marokko (seit 1999)
  • Figueiró de Santiago, Portugal (seit 2003)

Quellen, Literatur

  • Michelin-Reiseführer ATLANTIKKÜSTE Poitou Vendée Charentes Pyrenäen. 2. Auflage 1998
  • Thorsten Droste: POITOU, Westfrankreich zwischen Poitiers und Angoulême – die Atlantikküste von der Loire bis zur Gironde. DUMONT Kunst-Reiseführer, Köln 1999

Einzelnachweise

  1. ↑ Homepage von La Rochelle, Abschnitt Jumelage (abgerufen am 1. April 2010)
  2.  

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Belagerung von La Rochelle (1573)

Die Belagerung von La Rochelle, angeordnet von König Karl IX. und befehligt vom Herzog von Anjou, dem späteren König Heinrich III., begann am 11. Februar 1573 und endete am 26. Juni des gleichen Jahres.

Die Bartholomäusnacht hatte den Protestanten einen schweren Schlag versetzt. Der König und seine Mutter Katharina von Medici wollten das auf der Gegenseite nun herrschende Chaos nutzen, um sie endgültig unter ihre Autorität zu zwingen. Ihr Ziel war La Rochelle, die Stadt an der Spitze des französischen Protestantismus, deren Fall einen Dominoeffekt bei den anderen protestantischen Städten erzeugen würde. Der König hoffte, durch Verhandlungen zum Ergebnis zu kommen, doch die Protestanten verweigerten die Unterwerfung, so dass die Belagerung beschlossen wurde.

Der Herzog von Anjou wurde außer von seinem Bruder François-Hercule noch von Heinrich von Navarra, dem späteren König Heinrich IV., und Henri I. de Bourbon, prince de Condé begleitet, die beide gerade erst zum Katholizismus konvertiert waren. Anjou kommandierte eine Armee von 5000 Infanteristen und 1000 Kavalleristen, darunter der gesamte katholische Adel des Landes: der Großmeister der Artillerie Armand de Gontaut-Biron, die Oberhäupter der katholischen Partei, Luigi Gonzaga, Henri I. de Lorraine, duc de Guise, Charles II. de Lorraine, duc de Mayenne, Claude de Lorraine, duc d’Aumale, Blaise de Montesquiou, seigneur de Montluc, aber auch Artus de Cossé-Brissac, Marschall von Frankreich, Henri de la Tour d'Auvergne, Villequier, Pierre de Bourdeille, seigneur de Brantôme, Albert de Gondi, duc de Retz und Filippo Strozzi.

La Rochelle hingegen war ohne tatsächlichen Militärbefehlshaber. François de La Noue arbeitete sowohl auf Rechnung der Protestanten als auch des Königs. Die Stadt war in den Händen der Bürger, die etwa 1300 Soldaten unter Waffen hatten. Englische Schiffe versorgten sie mit Nachschub, während Königin Elisabeth I. mit Frankreich verbündet war und offiziell die englischen Hilfslieferungen für La Rochelle verurteilte, sie aber tatsächlich unterstützte. Die Engländer konnten ungehindert die Reede anlaufen, entladen und wieder wegsegeln. Die Versuche, die Lücke zuzuschütten, scheiterten. Am 19. April gelang es jedoch, eine englische Flotte unter dem Kommando von Montgomery durch einen Kanonenhagel zur Umkehr zu zwingen.

An Land wurden von Februar bis Juni acht große Sturmangriffe auf die Mauern gestartet, Himmelfahrtskommandos, da kaum einer unverletzt von diesen Attacken zurückkehrte. Der Herzog von Anjou war mehrmals unter den Verletzten, Claude de Lorraine fiel am 3. März. Am 26. März starben 150 Belagerer bei einer vorzeitigen Explosion eines Geschosses, das über die Mauern geworfen werden sollte. Der Widerstand der Protestanten, das Scheitern der Sturmangriffe und Schwierigkeiten mit dem Proviant brachten die Belagerer zur Verzweiflung. Intrigen kamen im königlichen Lager auf, mit François-Hercule an der Spitze. Am 23. Mai kamen 6000 Truppen Schweizer Verstärkung an, aber der Generalangriff drei Tage später scheiterte ebenfalls. Am 28. Mai erfuhr Heinrich III. von seiner Wahl zum König von Polen.

Die Belagerung wurde am 26. Juni aufgegeben, ein Friedensvertrag am 6. Juli unterzeichnet.

 

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Belagerung von La Rochelle (1627–1628)

Die Belagerung von La Rochelle durch Truppen des französischen Königs Ludwig XIII. begann am 4. August 1627 und endete am 28. Oktober 1628 mit der Kapitulation der von Hugenotten bewohnten Stadt.

Hintergrund

Im 16. Jahrhundert strahlte die Reformation in Form einer calvinistisch geprägten Glaubenslehre auch auf Frankreich aus. Vor allem im Südwesten des französischen Königreichs nahmen viele Menschen den neuen Glauben an und wurden fortan als „Huguenots“ (Hugenotten) bezeichnet. Mehrere französische Adelsgeschlechter konvertierten zum Protestantismus, wodurch sich die Konflikte mit der Krone verschärften. 1562 brach der erste der insgesamt acht Hugenottenkriege aus, in denen auch La Rochelle umkämpft war.

Die am Golf von Biscaya gelegene Stadt La Rochelle war einer der wichtigsten Stützpunkte der Hugenotten. Der venezianische Ingenieur Scipione Vergano ließ 1569 die mittelalterlichen Mauern der Stadt mit zeitgemäßen Bastionen und Wällen ausbauen, wodurch La Rochelle zu einer der stärksten Festungen der Hugenotten wurde. Am 11. Februar 1573 begann ein Heer unter König Karl IX. mit der Belagerung von La Rochelle, die am 6. Juli desselben Jahres durch Verhandlungen beendet werden konnte. Die königlichen Truppen hatten 34.000 Kanonenkugeln auf die Stadt abgefeuert und acht erfolglose Sturmangriffe unternommen. Insgesamt wurden über 20.000 Belagerer getötet oder verwundet. Seitdem galt La Rochelle als nahezu uneinnehmbar.

Unter König Heinrich IV. fanden die Kriege ein Ende. Heinrich IV. war selbst ein Hugenotte, nahm aber 1593 den katholischen Glauben an. Mit dem Edikt von Nantes (1598) garantierte er den Hugenotten politische und religiöse Privilegien und gestand ihnen mehrere Sicherheitsplätze zu, in denen sie auf Staatskosten eigene Garnisonen unterhalten durften. Nach Heinrichs Ermordung 1610 wurde sein Sohn als Ludwig XIII. zum französischen König gekrönt. Ludwigs absolutistische Bestrebungen richteten sich unter anderem gegen die Sonderrechte der Hugenotten, was deren Widerstand provozierte. 1621 erhoben sich die Hugenotten, woraufhin Ludwig XIII. einen Feldzug gegen sie unternahm. Dabei scheiterte er an der Eroberung von Montauban und Montpellier und musste am 10. Oktober 1622 das Edikt von Nantes bestätigen. Die Befestigungsanlagen von La Rochelle und Montauban durften beibehalten werden.

1624 wurde Kardinal Richelieu zum neuen leitenden Minister unter Ludwig XIII. ernannt. Richelieu trat für die vollständige Beseitigung der politischen Sonderrechte der Hugenotten ein und übte dabei einen großen Einfluss auf König Ludwig aus. Ludwig verschärfte seine gegen die Hugenotten gerichtete Politik, was erneut zu Erhebungen führte. Unter Benjamin de Rohan stellten die Hugenotten im Januar 1625 Truppen in der Provinz Poitou auf. Diese besetzten die Île de Ré westlich von La Rochelle und setzten von dort aus nach Oléron über, wo sie die königliche Garnison besiegten. Benjamins älterer Bruder Henri II. de Rohan hatte währenddessen mit der Aushebung von Truppen in Languedoc begonnen. In dieser Situation richteten die Hugenotten Forderungen an den König. Ludwig XIII. erklärte sich zu einer Bestätigung des Edikts von Nantes bereit, verlangte aber im Gegenzug die Beschränkung der Befestigungsanlagen von La Rochelle auf die mittelalterliche Mauer und die Einsetzung eines königlichen Verwalters als oberste Autorität in der Stadt. Die Rohans lehnten dies ab und ersuchten ausländische Unterstützung.

Benjamin de Rohan begab sich in das protestantische England, um dort militärische Hilfe zu erbitten. Er nahm Kontakt zum Duke of Buckingham George Villiers auf, der mit dem englischen König Karl I. befreundet war. Villiers ließ eine Flotte mit 5000 Soldaten bemannen und begab sich mit Benjamin nach La Rochelle. Als sie am 25. Juli 1627 vor der Stadt eintrafen, entschieden sich Villiers zunächst für einen Angriff auf die Insel Ré, die bereits von königlichen Truppen besetzt worden war. Die englischen Soldaten gingen im Osten der Insel an Land und schlugen einen Angriff der Franzosen zurück, welche sich daraufhin in die Forts de la Prée in der Gemeine von La Flotte und Saint-Martin zurückzogen. Villiers ließ das Fort belagern, während unter den Bewohnern von La Rochelle Uneinigkeit darüber herrschte, wie man sich gegenüber den Engländern verhalten solle.

Verlauf

Am 4. August traf ein königliches Heer mit einer Stärke von 11.000 Mann unter dem Befehl des Herzogs von Angoulême vor La Rochelle ein. Angoulême legte den Bewohnern der Stadt die Kapitulation nahe, was bei diesen heftige Diskussionen auslöste. Die königlichen Truppen verhielten sich zunächst friedlich, doch gingen sie am 10. September dazu über, das westlich von La Rochelle befindliche Fort St. Louis auszubauen. Die Hugenotten betrachteten dies als Provokation und nahmen das Fort unter Geschützfeuer. Die königlichen Truppen erwiderten das Feuer. Angoulême ließ nun einen Ring aus Feldbefestigungen um die Stadt errichten und stellte seine Soldaten auf einen langwierigen Belagerungskampf ein. In La Rochelle war jeder männliche Erwachsene zur Verteidigung der Stadt aufgerufen. Bürgermeister Jean Guiton und Benjamin de Rohan übernahmen den Oberbefehl.

Am 7. Oktober gelang es den Mannschaften von 46 königlichen Transportschiffen, auf der Île de Ré an Land zu gehen und die Besatzung vom Fort St. Martin mit Lebensmitteln und Munition zu versorgen. Der Gouverneur der Insel und Oberbefehlshaber der französischen Truppen, Jean de Saint-Bonnet, Marquis de Toiras hatte es bereits in Betracht gezogen, wegen Nahrungsmangel zu kapitulieren. Am 12. Oktober traf Ludwig XIII. mit neuen Truppen vor La Rochelle ein. Das königliche Heer war nun auf eine Stärke von über 20.000 Soldaten angewachsen. Am 7. November befahl Villiers einen Sturmangriff auf das Fort St. Martin, der lediglich zur Eroberung des äußeren Walles führte. Villiers plante daraufhin den Rückzug nach England, doch setzten in der Nacht auf den 8. Oktober 4.000 französische Soldaten auf die Île de Ré über und griffen die Engländer am Morgen an. Die Besatzung des Forts nutzte dies zu einem Ausfall gegen Villiers' Truppen, unter denen ein Blutbad angerichtet wurde. Villiers gehörte zu den wenigen, denen die Flucht auf ein Schiff gelang.

Während des Winters ließ Ludwig XIII. weitere Verbände heranziehen, bis das Belagerungsheer im Januar 1628 über 30.000 Soldaten umfasste. Obwohl seit Beginn der Belagerung bereits mehrere Monate vergangen waren, verfügten die Verteidiger von La Rochelle über ausreichend Nahrung und Munition, da sie über den Seeweg von englischen Schiffen mit Nachschub versorgt wurden. Die Belagerer begannen deshalb in der Bucht von La Rochelle mit dem Bau eines Deiches, mit dem die Stadt vollständig von der Außenwelt abgeschnitten werden sollte. Auf dem Deich wurden Kanonen postiert, die man gegen die feindlichen Schiffe einsetzte. Von einem Überläufer erfuhr man auf königlicher Seite, dass ein unbewachter Zugang in die Stadt führe. Kardinal Richelieu brach in der Nacht auf den 13. März mit 5.000 Soldaten auf, um La Rochelle auf diesem Wege zu erstürmen. Seine Kundschafter verirrten sich jedoch in der Sumpflandschaft nördlich der Stadt, und entdeckten erst am Morgen den ungeschützten Zugang. Die Hugenotten wurden durch die Präsenz zahlreicher Gegner alarmiert und schlossen die Lücke in ihren Befestigungsanlagen.

Die Seeblockade zeigte bereits im Frühjahr 1628 Wirkung. In La Rochelle brach eine Hungersnot aus, der täglich mehrere Hundert Menschen zum Opfer fielen. Die Zahl der Überläufer vergrößerte sich, während auf Mitglieder des Stadtrats Anschläge unternommen wurden. An manchen Tagen wurde über die Hälfte einer Kompanie tot aufgefunden, welche die Nachtwache auf einem Wall übernommen hatte. Selbst Gras und Schuhsohlen wurden von den Hugenotten verzehrt. Mit dem Eintreffen eines Entsatzheeres unter Henri de Rohan konnten die Einwohner der Stadt nicht mehr rechnen. Bis zum 12. Oktober trafen mehrere englische Flotten vor der Stadt ein, die ausnahmslos von den Truppen des Königs abgewiesen wurden. Am 27. Oktober eröffnete Bürgermeister Jean Guiton Verhandlungen mit den Belagerern. Die Stadt kapitulierte am nächsten Tag, dem 28. Oktober.[1] Ludwig XIII. und Richelieu marschierten am 30. Oktober mit ihren Truppen in die Stadt ein. Guiton wurde aus Frankreich verbannt, während Benjamin de Rohan die Flucht nach England gelang.

Resultat

Etwa drei Viertel der Einwohner von La Rochelle waren verhungert. Ludwig XIII. hatte für die Belagerung die enorme Summe von 40 Millionen Livre aufgewendet. Die Befestigungsanlagen von La Rochelle wurden nach der Einnahme der Stadt geschleift. Durch die Auflösung sämtlicher Sicherheitsplätze fielen die Hugenotten als militärischer Machtfaktor weg, doch wurden ihre bisherigen religiösen Freiheiten 1629 im Gnadenedikt von Alès bestätigt. Dadurch wurde die innenpolitische Situation stabilisiert, so dass sich die französische Krone auf eine vor allem gegen Habsburg gerichtete Machtpolitik konzentrieren konnte. Unter Ludwig XIV. wurden 1685 mit dem Edikt von Fontainebleau die religiösen Freiheiten der Hugenotten beseitigt. Mehrere Hunderttausend Hugenotten flohen aus Frankreich.

Einzelnachweise

  1. ↑ Hugenotten. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bd. 8, Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1892, ‎ S. 770.
  2.  

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Lissabon

Lissabon (port. Lisboa) ist die Hauptstadt und die größte Stadt Portugals sowie des gleichnamigen Regierungsbezirkes und liegt an einer Bucht der Flussmündung des Tejo im äußersten Südwesten Europas an der Atlantikküste der Iberischen Halbinsel.

Der Handelshafen an der Tejo-Bucht wurde vor der römischen Herrschaft Alis Ubbo genannt. Lissabon erhielt zu Zeiten Julius Caesars unter dem Namen Felicitas Julia römische Stadtrechte. Nach der Verlegung des Königssitzes von Coimbra wurde die Stadt im Jahre 1256 unter König Afonso III. zur Hauptstadt des Königsreichs. Um 1500 erlebte Lissabon einen brillanten Aufstieg zu einer der glanzvollsten Handels- und Hafenstädte der damaligen Zeit. Ein großes Erdbeben besiegelte im Jahr 1755 den angefangenen wirtschaftlichen Niedergang der Stadt.

Als größte Stadt Portugals mit dem wichtigsten Hafen, dem Regierungssitz, den obersten Staats- und Regierungsbehörden, mehreren Universitäten und der Akademie der Wissenschaften ist Lissabon heute das politische, wirtschaftliche und kulturelle Zentrum des Landes.

Lissabon ist Sitz einiger Agenturen der Europäischen Union, darunter der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht und der Europäischen Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs. Auch die Gemeinschaft der portugiesischsprachigen Länder (CPLP) hat ihren Hauptsitz in Lissabon.

Geographie

Das Stadtgebiet von Lissabon entspricht auch dem Kreis und umfasst 84,7 km² Fläche mit 499.700 Einwohnern (Stand 2007)[1]. Im Einzugsgebiet der Stadt, genannte Grande Área Metropolitana de Lisboa, leben jedoch mit 2.808.414 (Stand 2007)[2] Einwohnern mehr als 25 % der portugiesischen Bevölkerung. Lissabons Metropolitangebiet erstreckt sich über Grande Lisboa, in der nördlichen Bank des Tejos, und Península de Setúbal im Süden.

Geographische Lage

Lissabon befindet sich auf der Iberischen Halbinsel. Die Stadt liegt an einer Bucht am nördlichen Ufer der Flussmündung des Tejos im äußersten Südwesten Europas an der Atlantikküste. Der sich kurz vor seiner Mündung ausbreitende Tejo verengt sich auf den letzten Kilometern bis zum Atlantik. Dort zieht sich die Stadt am Ufer entlang. Vom Ufer aus steigt sie stufenförmig an mehreren Hügeln empor. In Lissabon gibt es hohe Hügel und tiefe Taleinschnitte. Die höchste Erhebung im Stadtgebiet erreicht 226 Meter. Die Stadt hat sich lange Zeit nur am Tejo entlang entfaltet. Seit dem 20. Jahrhundert breitet sich die Hauptstadt beständig landeinwärts aus.

Geologie

Die Stadt liegt auf sieben Hügeln, die kleineren Anhöhen nicht mitgerechnet. Im Atlantik auf der Höhe von Cádiz verläuft in ost-westlicher Richtung eine tektonische Verwerfung, die so genannte Gloria-Blattverschiebung. Zwei weitere tektonische Besonderheiten, die Gorringe-Bank und die Marquês-de-Pombal-Verwerfung, liegen auf Höhe der portugiesischen Südküste. Erdbeben sind eine Folge des Zusammenstoßens der nordwärts driftenden afrikanischen Platte mit der iberischen Halbinsel (eurasischen Platte).[3] Des Weiteren deuten zahlreiche aktive Schlammvulkane im Golf von Cadiz auf fortwährende seismische Aktivitäten in der Region hin. Aufgrund der vergangenen Erdbeben wurden 2004 am Meeresboden Beobachtungspunkte angelegt. Sie sollen Temperatur- und Druckschwankungen messen, die auf Spannungen in der Erdkruste hindeuten, die sich in einem Erdbeben entladen können.

Klima

Die Klimaklassifikation nach Lauer und Frankenberg (1987) ordnet das Klima Portugals dem maritimen und semihumiden Klima der subtropischen Klimazone zu. Aufgrund seiner Lage direkt am Atlantik wird es vom Temperaturverhalten des Meeres geprägt: Nicht zu heiße Sommer und verhältnismäßig milde Winter. Die Temperaturen fallen nur selten unter 0 °C. Noch seltener sind Schneefälle zu verzeichnen.

Die Monate mit den höchsten Niederschlagswerten sind Oktober bis März. Entscheidend ist die Lage am kühlen Kanarenstrom, der in südlicher Richtung an der Küste Portugals entlangstreicht. Er bewirkt in der warmen Jahreszeit häufig Küstennebel. Im Winter liegt Lissabon im Einflussbereich atlantischer Tiefausläufer, die im Küstenbereich viel Regen bringen. Das jährliche Niederschlagsmittel beträgt 656 mm.

Etymologie

Es gibt unterschiedliche Erklärung zur Namensentstehung. Lissabon wurde von den Goten und Römern Olissipona bzw. Olisibona genannt[5] Die Volksetymologie sieht darin einen Zusammenhang mit dem Helden Odysseus.[6] Unter Julius Caesars hieß der zur Provinz Lusitania gehörende Ort Felicitas Julia. Andere leiten den Namen Lissabon von dem phönizischen Alis ubbo ab.[7] Eine weitere Theorie erklärt die Namenschöpfung mit den vorrömischen Namen des Flusses Tejo, „Lisse“ oder „Lucio“.

Stadtgliederung

Lissabon ist in 53 Stadtgemeinden (freguesias) aufgegliedert, die wiederum aus administrativen Gründen vier Bezirken (bairros) zugeordnet sind:

  • Ajuda (2. Bairro)
  • Alcântara (2. Bairro)
  • Alto do Pina (4. Bairro)
  • Alvalade (3. Bairro)
  • Ameixoeira (3. Bairro)
  • Anjos (1. Bairro)
  • Beato (4. Bairro)
  • Benfica (3. Bairro)
  • Campo Grande (3. Bairro)
  • Campolide (3. Bairro)
  • Carnide (3. Bairro)
  • Castelo (1. Bairro)
  • Charneca (3. Bairro)
  • Coração de Jesus (1. Bairro)
  • Encarnação (1. Bairro)
  • Graça (1. Bairro)
  • Lapa (2. Bairro)
  • Lumiar (3. Bairro)
  • Madalena (1. Bairro)
  • Mártires (1. Bairro)
  • Marvila (4. Bairro)
  • Mercês (1. Bairro)
  • Nossa Senhora de Fátima (3. Bairro)
  • Pena (1. Bairro)
  • Penha de França (4. Bairro)
  • Prazeres (2. Bairro)
  • Sacramento (1. Bairro)
  • Santa Catarina (1. Bairro)
  • Santa Engrácia (1. Bairro)
  • Santa Isabel (2. Bairro)
  • Santa Justa (1. Bairro)
  • Santa Maria de Belém (2. Bairro)
  • Santa Maria dos Olivais (4. Bairro)
  • Santiago (1. Bairro)
  • Santo Condestável (2. Bairro)
  • Santo Estêvão (1. Bairro)
  • Santos-o-Velho (2. Bairro)
  • São Cristóvão e São Lourenço (1. Bairro)
  • São Domingos de Benfica (3. Bairro)
  • São Francisco Xavier (2. Bairro)
  • São João (4. Bairro)
  • São João de Brito (3. Bairro)
  • São João de Deus (4. Bairro)
  • São Jorge de Arroios (4. Bairro)
  • São José (1. Bairro)
  • São Mamede (1. Bairro)
  • São Miguel (1. Bairro)
  • São Nicolau (1. Bairro)
  • São Paulo (1. Bairro)
  • São Sebastião da Pedreira (3. Bairro)
  • São Vicente de Fora (1. Bairro)
  • Sé (1. Bairro)
  • Socorro (1. Bairro)

Geschichte

Die Stadt wurde in ihrer Geschichte mehrfach von Erdbeben, Feuersbrünsten und Epidemien heimgesucht.

Anfänge bis zur Rückeroberung der Stadt

Die Phönizier gründeten ab 1200 v. Chr. in Portugal Kolonien. Diese und die Karthager sollen den Platz Alis Ubbo (dt. fröhliche Meeresbucht bzw. lustiger Meeresbusen) als einzigen großen Naturhafen an der iberischen Atlantikküste genutzt haben, archäologisch wurde dies bisher nicht bewiesen, hingegen wurden griechische Siedlungsspuren gefunden. Nach Plinius dem Älteren war Lissabon eine Gründung von Odysseus.

Unter römischer Herrschaft ab 205 v. Chr. hieß die Stadt zunächst Olisipo. Julius Caesar gelang es im Keltiberischen Krieg ab 60 v. Chr. von Lissabon aus, den letzten Widerstand der portugiesischen Stämme zu brechen. Unter Caesar erhielt die Ortschaft 48 v. Chr. die römischen Stadtrechte und war nachfolgend als Felicitas Julia ein größerer Ort in der Provinz Lusitania. Nach dem Zerfall des römischen Reiches kamen ab 400 n. Chr. germanische Stämme aus dem Norden auf die Iberische Halbinsel.[8] Während der Völkerwanderungszeit versuchten Alanen, Vandalen und Westgoten Lissabon zu besetzen. Im Jahr 585 n. Chr. begann die Herrschaft der Westgoten in der Stadt. Diese erneuerten wahrscheinlich die bereits vorhandene römische Festungsmauer.

719 wurde Lissabon von Mauren erobert und später Teil des Emirats von Córdoba. Danach erlebte die Stadt ihren ersten Aufschwung. Alfons II. siegte bei Lugo im Kampf gegen die Mauren, drang bis zum Tajo vor und eroberte 798 für kurze Zeit die Stadt.[9] Lissabon fiel jedoch danach wieder an die Mauren. Es entstand das Kalifat von Córdoba. Im Jahr 955 sandte Ordonho III de Leão im Kampf gegen die Muslime seine Armee bis nach Lissabon.[10]

1093 bekam Graf Raymond von Armous, ein jüngerer Sohn des Herzogs Wilhelm I. von Burgund die Herrschaft in Galicien übertragen. Von dort aus unternahm er Feldzüge gegen die Mauren. Dabei gelang ihm sogar, vorübergehend in Lissabon einzuziehen, nachdem der muslimische König von Badajoz, zu dem Lissabon gehörte, sich König Alfons unterworfen hatte.[11]

Beim Regierungsantritt von König Dom Alfonso Henriques wurde der Süden des Landes noch von Mauren gehalten. Im Jahr 1147 gelang die Belagerung von Lissabon (reconquista dt. Rückeroberung) durch die Christen. Die erfolgreiche Belagerung der Stadt durch ein Kreuzritterheer des Zweiten Kreuzzugs sicherte dem König die Grundlage für die Herrschaft über das gesamte Land. Gegen Ende des 12. Jahrhunderts erblickte der heilige Antonius von Padua, der zuweilen auch Antonius von Lissabon genannt wird, in Lissabon das Licht der Welt.

Hauptstadt des Königsreichs bis zur spanischen Besetzung

Afonso III. verlegte 1256 den Königssitz von Coimbra nach Lissabon. Die Stadt wurde damit zur Hauptstadt des Königsreichs. 1344 erschütterte ein Erdbeben die Stadt.[12] Die große Pest, der von September 1348 bis Anfang 1349 wahrscheinlich mehr als ein Drittel der Bevölkerung des Landes zum Opfer fielen, dezimierte auch radikal die Bevölkerung der portugiesischen Hauptstadt.

Ferdinand I. ließ nach seiner Thronbesteigung 1367 eine Stadtmauer errichten. Die Bauarbeiten an der Ringmauer waren um 1370 abgeschlossen. Im Frieden von Alcoutim verpflichtete sich Ferdinand I. unter anderem eine Tochter Heinrich II. zu heiraten. Er verliebte sich dann aber in die portugiesische Adlige, Leonore Teles de Menezes, und heiratete diese anstatt der kastilischen Prinzessin. Verärgert über den Vertragsbruch griff Heinrich II daraufhin Portugal an und plünderte im Jahr 1373 Lissabon. Zehn Jahre später war Lissabon Schauplatz der ersten bürgerlichen Revolution in Europa. Nach dem Tode Ferdinands I. übernahm zunächst dessen Witwe, Leonore Teles de Menezes, zusammen mit ihrem Liebhaber für sechs Wochen die Macht. Daraus erwachsende Spannungen und Auseinandersetzungen mündeten schließlich in die Krise bzw. Revolution von 1383. In Lissabon kam es zu einem Aufstand der Handwerkerzünfte. Gestützt auf große Teile des niederen Adels und auf das Bürgertum von Porto und Lissabon stellte sich der spätere König Johann I. an die Spitze des Aufstandes, tötete eigenhändig Leonores Liebhaber und zwang Lenore ins Exil nach Kastilien.

Unter der Herrschaft Manuels I. entwickelte sich Lissabon zu einem führenden Zentrum des Welthandels. Am 9. September 1499 wurde Vasco da Gama nach seiner ersten Indienreise ein triumphaler Empfang bereitet. 1503 kam es in Lissabon zur Gründung der Casa da Índia, deren Tätigkeit die Basis der portugiesische Wirtschafts- und Handelspolitik in den folgenden beiden Jahrhunderten bildete. Besonders in Lissabon wuchsen Handel und Gewerbe, was nicht unwesentlich der Ausbeutung der portugiesischen Kolonien in Afrika, Asien und Südamerika zu verdanken war. Bereits um 1500 sprach man von einer ersten Blüte Lissabons, die bis Mitte des 16. Jahrhunderts andauerte. Der Lissaboner Hafen war in der damaligen Zeit einer der größten der Erde.

1506 kam es zur Zeit der Herrschaft Manuel I. in der Stadt zu einem Pogrom gegen die getauften Juden, der hohe Opfer forderte, die Handels- und Finanzbeziehungen der Stadt nachhaltig schädigte und eine Auswanderungswelle in Gang setzte.[13] Die erste Volkszählung in Portugal wurde in der Zeit von 1527 bis 1532 durchgeführt. Lissabon zählte 13.010 Haushalte bzw. zwischen 50.000 und 65.000 Einwohner.[14] Die Stadt hatte sich zu einer europäischen Metropole entwickelt. 1531 wurde sie jedoch erneut von einem Erdbeben erschüttert. Dabei kam eine unbekannte Zahl von Einwohnern ums Leben. Die Schätzzahlen liegen zwischen 1.000 bis 30.000 Menschen.[15]

1536 wurde unter Johann III. die Inquisition eingeführt. Vier Jahre später fanden in Lissabon die ersten öffentlichen Vollstreckungen von Urteilen statt.[16] 1569 forderte eine Pestepidemie in Lissabon und Umgebung 60.000 Menschenleben.

Von der spanischen Besetzung bis zum großen Erdbeben

In einem Portugalfeldzug nahm 1580 der Herzog von Alba Lissabon in Besitz. Zwei Jahre später verstarb er in Lissabon als Portugiesischer Generalgouverneur. Vom Tag der Eroberung blieb Lissabon für die folgenden 60 Jahre von den Spaniern besetzt. Am 28. Mai 1588 liefen die ersten Schiffe der Spanischen Armada gegen England aus Lissabon aus. Der Aufbruch der Kriegsflotte mit 130 Schiffen zog sich bis zum 30. Mai hin. Die Schiffe waren mit etwa 27.000 Soldaten bemannt und mit über 2600 Kanonen bestückt.

Am 1. Dezember 1640 schlossen sich mehrere portugiesische Adlige zum Aufstand gegen die spanische Regierung zusammen. Frankreich, der große Widersacher der Habsburger und damit Spaniens, sah darin eine Chance, die Spanier zu schwächen und ermunterte den Herzog von Braganza zum Aufstand. In einem Handstreich wurde die spanische Statthalterin, die Herzogin von Mantua, in Lissabon gestürzt und das Oberhaupt der Familie Braganza, Herzog Johann II. am 15. Dezember 1640 als Johann IV. zum König von Portugal ausgerufen. 1668 beendete der Vertrag von Lissabon den Spanisch-Portugiesischen Krieg.

1696 leiteten Gold- und spätere Diamantenfunde in Brasilien eine zweite Blüte der portugiesischen Hauptstadt ein. Am 27. Dezember 1703 wurde der Methuenvertrag zwischen England und Portugal in Lissabon geschlossen. Das Abkommen band Portugal wirtschaftlich noch stärker an England.[17]

Am 1. November 1755 wurde Lissabon durch ein starkes Erdbeben zu zwei Dritteln zerstört. Nach heutigen Schätzungen hatte es die Stärke 8,7 bis 9,0. Zeitgenössische Quellen geben allein für Lissabon bis zu 60.000 Todesopfer an. Die Erschütterungen waren in ganz Europa und Nordafrika zu spüren. Planmäßig wiederaufgebaut wurde die Stadt von dem Markgrafen von Pombal. Besonders typisch für diesen Wiederaufbau ist die Baixa, die Unterstadt, mit ihren rechtwinklig angelegten Straßen im Bereich um die Rua Augusta. Neben den physischen Schäden, die das Erdbeben anrichtete, erschütterte es auch die aufklärerischen und theistischen Denkrichtungen vieler Philosophen, welche die Ursache dieser Naturkatastrophe nicht erkannten und ihren Optimismus aufgaben. Voltaire schrieb als Reaktion auf das Beben sein Poème sur le désastre de Lisbonne (1756).

Lissabon erhielt im Jahr 1780 seine erste Straßenbeleuchtung mit Öllaternen.[18] Das erste Postamt der Stadt eröffnet 1800. Im Jahr 1807 kam es zur Besetzung Portugals durch französische Truppen. Die Königsfamilie mitsamt dem Hofstaat floh deshalb nach Brasilien. Ende November 1807 verließen 36 Schiffe mit rund 15.000 Personen und der Aristokratie des Landes den Lissabonner Hafen. Prinzregent Johann VI. erreichte im März 1808 Brasilien. Rio de Janeiro wurde danach neuer Regierungssitz.[19]

In der Stadt brach 1811 Typhus aus. 1833 folgte dann Cholera. Daran starben innerhalb von 9 Monaten 13.522 Menschen.[20] Im Miguelistenkrieg wurde das von König Michael besetzte Lissabon am 24. Juli 1833 von Truppen Peter I. eingenommen.[21] Während der Septemberrevolution trafen am 9. September 1836 setembristische Abgeordnete aus Porto, an ihrer Spitze Manuel da Silva Passos, in der portugiesischen Hauptstadt ein. Sie wurden von der Bevölkerung Lissabons triumphal empfangen.

Im Jahre 1849 wurden die ersten Straßenlaternen mit Gas beleuchtet. Zwei Jahre später eröffnete die Eisenbahnlinie Lissabon–Carregado. Der Vertrag von Lissabon beschloss am 20. April 1859 die Aufteilung und den Austausch portugiesischer und niederländischer Besitzungen auf dem Solor- und Timorarchipel zwischen Portugal und den Niederlanden. 1873 erfolgte die Inbetriebnahme der Pferdebahn, genannt „O Americano“. Die ersten elektrischen Straßenlaternen wurden 1878 angeschlossen. Der Rossio-Bahnhof eröffnete offiziell am 11. Juni 1890.

Von der Ersten Portugiesischen Republik bis zur Gegenwart

Am 5. Oktober 1910 wurde auf dem Balkon des Rathauses die Erste Portugiesische Republik ausgerufen. König Emanuel II. floh daraufhin ins Exil nach England. Damit endete die 771-jährige Geschichte der portugiesischen Monarchie. Am 19. Oktober 1921 wurden in der Lissabonner Blutnacht bei einem Aufstand der Republikanischen Garden der Regierungschef António Joaquim Granjo und eine Reihe anderer Politiker getötet. Ein Militärputsch beendet im Jahr 1926 die Erste Portugiesische Republik. Acht Jahre später kam der Ministerpräsident und Diktator von Portugal António de Oliveira Salazar an die Macht. Er verkündete den Estado Novo, den „Neuen Staat“, eine konservativ-autoritäre Diktatur. In der Zeit des Estado Novo, von 1926 bis 1974, wuchs die Stadt weiter. Sie wurde zu Lasten des restlichen Landes ausgebaut.

Die Cristo-Rei Statue in Almada, die sich mit ausgebreiteten Armen der Stadt Lissabon zuwendet, wurde nach rund zehnjähriger Bautätigkeit am 17. Mai 1959 eingeweiht. Im Dezember 1959 eröffnet die erste Metro-Linie in Lissabon. 1966 wurde eine Hängebrücke über den Tejo nach Almada fertig gestellt, die der Golden-Gate-Brücke in San Francisco gleicht. Vor der Nelkenrevolution noch nach António de Oliveira Salazar benannt, heißt sie nun Ponte 25 de Abril (dt. Brücke des 25. April).

Ende April 1974 war Lissabon das Zentrum der Nelkenrevolution. Mit der Beendigung des Kolonialkriegs in Afrika 1975 kam es zu einer Fluchtwelle aus Angola und Mosambik insbesondere in den Großraum von Lissabon. 2005 lebten noch rund 100.000 Schwarzafrikaner im Umfeld der Metropole.[22] Ein Großbrand im Altstadtviertels Chiado zerstört 1988 diverse Gebäude. Im Jahr 1995 wurde Lissabon Kulturhauptstadt Europas. Zwei Jahre später verabschiedete der Europarat und die UNESCO in Lissabon eine neue gemeinsame allgemeine Hochschulkonvention die sogenannte „Lissabon-Konvention“.[23] 1998 wurde die insgesamt über 17 Kilometer lange Autobahn-Brücke Ponte Vasco da Gama über den Tejo anlässlich der Weltausstellung Expo 98 fertig gestellt.

Im März 2000 verabschiedeten die europäischen Staats- und Regierungschefs auf einem Sondergipfel die Lissabon-Strategie. Die Strategie hat das Ziel die EU bis 2010 zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensgestützten Wirtschaftsraum der Welt zu machen. Am 13. Dezember 2007 wurde unter portugiesischer Ratspräsidentschaft der Vertrag von Lissabon (auch EU-Grundlagenvertrag genannt) zwischen den 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union unterzeichnet.

Bevölkerung

Einwohnerentwicklung

Die Bevölkerung der eigentlichen Stadt beträgt 499.700, und die Einwohnerzahl für das Metropolitangebiet Lissabons beträgt 2.800.000 gemäß dem Instituto Nacional de Estatística (dt. Nationales Institut für Statistiken). Die Bevölkerungsdichte der Stadt selbst beträgt 6.658 Einwohner pro km². Im Jahr 2007 waren 13 % der Bevölkerung unter 15 Jahre alt und 24 % über 65 Jahre. Der nationale Durchschnitt lag bei den Personen über 65 Jahren bei 17%. Frauen stellen mit 54 % mehr als die Hälfte der Einwohner.[24]

In den letzten Jahren hat Lissabon einen dramatischen Bevölkerungsrückgang erlebt. Trotz des Zuzugs von 53.000 Menschen zwischen 1996 und 2001 verließen im Jahr 2001 für jeden neu nach Lissabon zugezogenen Bewohner zwei weitere die Stadt. Die Zuzügler sind vorrangig Familien, die dank ihrer finanziellen Mittel für die hohen Wohnraumkosten aufkommen können, vor allem junge Leute und Vertreter des Mittelstandes sind weggezogen. Der Tendenz zur Suburbanisierung, der in der Stadt zu beobachten ist, wird durch die sukzessive Verlagerung von Wohnraum in das Großstadtgebiet von Lissabon ausgeglichen, so dass Mobilitäts- und Transportprobleme jetzt ein kritischer Faktor im Alltag der Stadt und im Hinblick auf die Lebensqualität ihrer Bürger geworden sind.[25]

Einwohnerentwicklung von Lissabon (1801–2007)

  • Jahr         Einwohner
  • 1801         203.999
  • 1849         174.668
  • 1900         350.919
  • 1930         591.939
  • 1960         801.155
  • 1981         807.937
  • 1991         663.394
  • 2001         564.657
  • 2004         529.485
  • 2005         519.795
  • 2006         509.751
  • 2007         499.700

Religion

Die überwiegende Mehrheit der Lissaboner bekennt sich zum römisch-katholischen Glauben. Das erste Bistum Lissabon wurde bereits im 4. Jahrhundert gegründet. Als die Stadt von den Mauren erobert wurde, existierte es als zum Teil vakantes Titularbistum der römisch-katholischen Kirche weiter. Daneben gibt es Hinweise auf namentlich nicht bekannte mozarabische Bischöfe von Lissabon. Nach der Zurückeroberung durch Alfons I. lebte es als römisch-katholisches Bistum unter seinem Bischof, dem Normannen Gilbert von Hastings (Bischof von 1147 bis 1166), wieder auf. Das Patriarchat von Lissabon wurde im Jahr 1716 errichtet.

Bürgermeister

Im Mai 2007 waren vorgezogene Kommunalwahlen nötig, weil der damalige Lissabonner Bürgermeister Carmona Rodrigues aufgrund einer Korruptionsaffäre zurücktreten musste. In der Wahl am 15. Juli 2007 wählten die Lissabonner António Luís Santos da Costa[28]mit einer einfachen Mehrheit von 29,54 Prozent zum Bürgermeister der portugiesischen Hauptstadt. Die Wahlbeteiligung lag bei 37,39 Prozent.

Wappen

Den Wappenschild von Lissabon ziert ein Segelschiff mit zwei Raben. Die Abbildung bezieht sich auf eine Legende. Angeblich wurde der Leichnam des Stadtheiligen Vicente de Saragoça in einem führerlosen Boot begleitet von zwei Raben an der Algarveküste, am Cabo de São Vicente, angetrieben. Von diesem Ort wurde der Leichnam nach Lissabon gebracht und dort beigesetzt.[29] Oberhalb des Schildes befindet sich eine Burg. Das Bauwerk wird mit fünf Türmen dargestellt. Umrahmt wird das Schild von einer Kette und einem Band. Der Wahlspruch in dem Band lautet: MUI NOBRE E SEMPRE LEAL CIDADE DE LISBOA (dt. Sehr edel und stets treuergebene Stadt Lissabon).

Partnerstädte

Lissabon unterhält Städtepartnerschaften mit folgenden Städten[30]:

  • Bissau, Guinea-Bissau
  • Brasília, Brasilien
  • Budapest, Ungarn
  • Cacheu, Guinea-Bissau
  • Dili, Osttimor
  • Guimarães, Portugal
  • Luanda, Angola
  • Macao, China
  • Madrid, Spanien
  • Maputo, Mosambik
  • Malakka, Malaysia
  • Montreal, Kanada
  • Paris, Frankreich
  • Praia, Kap Verde
  • Rabat, Marokko
  • Rio de Janeiro, Brasilien
  • Salvador da Bahia, Brasilien
  • São Paulo, Brasilien
  • São Tomé, São Tomé und Príncipe
  • Zagreb, Kroatien
  • Tunis, Tunesien

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Stadtbild

Das heutige Stadtbild von Lissabon geht vornehmlich auf Baumaßnahmen ab dem 18. Jahrhundert zurück. Das Zentrum von Lissabon ist die Baixa. Die Altstadt besticht durch ihre Fliesenfassaden und mittelalterlichen, engen Gassen. In den Innenstadtvierteln prägen auch Bausubstanzprobleme das Stadtbild. 1994 wurde die Gesamtzahl der Gebäude in Lissabon mit 62.041 angegeben. Davon stammten 30,73 % der Gebäude aus der Zeit vor 1919 und 21,37 % aus der Zeit zwischen 1919 und 1945. Nach Erhebungen des Zentrums für territoriale Studien der Stadt Lissabon aus dem Jahr 1992 fielen die veranschlagten Renovierungskosten des bestehenden Wohnraums mit einem Drittel auf die Gebäude zwischen 1850 und 1930.[31]

UNESCO-Welterbe

Im Jahre 1983 wurden der Torre de Belém und das Mosteiro dos Jerónimos von der Unesco zum Weltkulturerbe erklärt.[32] Der Torre de Belém, der im gleichnamigen Stadtteil an der Tejomündung liegt, ist eines der bekanntesten Wahrzeichen Lissabons. Der Wachturm wurde während der napoleonischen Invasion zerstört und 1846 rekonstruiert. Neben dem nahegelegenen Mosteiro dos Jerónimos gehört er zu den wenigen herausragenden Bauwerken des „manuelinischen Stils“, die das Erdbeben von Lissabon überstanden haben. Das Mosteiro dos Jerónimos (dt. Hieronymus-Kloster) liegt im Stadtteil Belém. Neben den Königsgräbern befindet sich hier auch die Grabstätte des bekannten Seefahrers Vasco da Gama. Das Kloster gilt als bedeutendster Bau der Manuelinik, einer portugiesischen Variante der Spätgotik, die auch einige Elemente der Renaissance enthält.

Bauwerke

Zu den sehenswerten Bauwerken Lissabons gehört das Kloster São Vicente de Fora. Es wurde 1147 als Augustinerkloster von Alfons I. außerhalb der Stadtmauern gegründet und dem heiligen Vinzenz von Saragossa gewidmet. Unter Philipp II. erhielten die Kirche und das Kloster das heutige Aussehen. In der Kirche wurden viele Familienmitglieder der portugiesischen Königsfamilie aus dem Haus Braganza begraben.

Das Castelo de São Jorge, eine Festungsanlage mit integrierter Burgruine, wurde jahrhundertelang als Königsburg genutzt. In einem Turm der Burg, dem Torre do Tombo, befand sich die königliche Urkundensammlung. Die Burg wurde 1755 beim großen Erdbeben weitgehend zerstört. Nach umfangreichen Renovierungsarbeiten ist die Anlage wieder in einem guten Zustand.

Die Hauptkirche der Stadt Lissabon und die Kathedrale des Patriarchats von Lissabon ist die Catedral Sé Patriarcal. Die Bauarbeiten an der älteste Kirche der Stadt begannen im Jahr 1147. Ein Erdbeben beschädigte 1344 das Bauwerk. Im Jahr 1380 wurde die westliche Fassade im Stil der Romanik errichtet.

Im 17. Jahrhundert errichtete man die große Barockkirche Igreja de Santa Engrácia (dt. Kirche der heiligen Engrácia). Die Kirche konnte erst im 20. Jahrhundert vollendet werden. Sie wurde nie als Gotteshaus genutzt und dient heute als Panteão Nacional (dt. Nationales Pantheon). Im dem Bauwerk wurden einige Staatspräsidenten und Schriftsteller begraben. Zudem befinden sich dort noch einige Kenotaphen für „Helden der portugiesischen Geschichte“.

Das Convento do Carmo ist ein in den Jahren 1389 bis 1423 von Nuno Álvares Pereira errichtetes Kloster des Karmeliter-Ordens. Die Karmeliter-Kirche galt als ein Prachtexemplar der Lissabonner Gotik. Durch das Erdbeben von 1755 wurde das Kloster stark zerstört. Heute sind nur noch die Ruinen zu besichtigen.

Das Aqueduto das Águas Livres hat eine Länge von 19 km und erstreckt sich von Queluz über Caneças bis zum Mãe d'Água das Amoreiras.[33] Dieser Aquädukt gehört zu den weltweit größten Bauten dieser Art. Am imposantesten ist das Aquädukt im Alcântara-Tal. Die Bogenbrücke hat eine Gesamtlänge von 941 m. Gestützt wird die 66 m hohe Brücke von 109 Bögen.[34]

Der Elevador de Santa Justa, auch Elevador do Carmo genannt, ist ein 45 Meter hoher Personenaufzug, der im Stadtzentrum von Lissabon den Stadtteil Baixa mit dem höhergelegenen Stadtteil Chiado verbindet. Im allgemeinen Sprachgebrauch werden manchmal auch die drei straßenbahnähnlichen Lissabonner Standseilbahnen fälschlicherweise Elevador genannt.

Der Palácio de São Bento war anfangs ein Benediktiner-Kloster. Es wurde im Jahre 1598 errichtet. Die Benediktiner-Mönche lebten bis zum Jahre 1820 in dem Kloster. 1834 zog das portugiesische Parlament in das Bauwerk ein. Im hinteren Teil des Gebäudes befindet sich der Sitz des Premierministers.

Der portugiesische Außenminister ist im Palácio das Necessidades dem ehemaligen königlichen Palast aus dem 18. Jahrhundert untergebracht. Der Palast wurde unter der Regentschaft Königin Maria II. zur offiziellen Residenz der königlichen Familie. Nach der Ausrufung der Republik am 5. Oktober 1910 wurde das Bauwerk zum Sitz des Außenministeriums bestimmt.

António José Dias da Silva, ein portugiesische Architekt, entwarf die Praça de Touros do Campo Pequeno (dt. Stierkampfarena) am Campo Pequeno. Die Arena wurde zwischen 1890 und 1892 errichtet, nachdem die ehemalige Lissabonner Stierkampfarena am Campo de Santana, die zwischen 1831 und 1891 in Funktion war, abgerissen wurde.

Das Entdeckerdenkmal Padrão dos Descobrimentos steht im Stadtteil Bélem am Ufer des Flusses Tejo. Es wurde 1960 unter dem Salazar-Regime erstellt, genau 500 Jahre nach dem Tode von Heinrich dem Seefahrer und soll die alten Zeiten der Seefahrernation Portugal glorifizieren. Dargestellt ist der Bug einer Karavelle auf dem, angeführt von Heinrich dem Seefahrer, weitere bedeutende Personen aus dem Zeitalter der Entdeckungen dargestellt sind. Der 54 Meter hohe Turm, seitlich mit stilisierten Segeln versehen, versinnbildlicht den Mast der Karavelle.

Der Torre Vasco da Gama ist ein 145 Meter hoher Aussichtsturm in Stahlfachwerkbauweise, der 1998 für die Weltausstellung erbaut wurde. Nach Plänen des portugiesischen Architekten Nuno Leónidas soll der Vasco-da-Gama-Turm in ein Luxushotel mit 178 Zimmern in 20 Stockwerken umgewandelt werden. Der Umbau dazu hat im Oktober 2007 begonnen. In dem Bereich des ehemalige Ausstellungsgelände der Expo 98 steht ebenfalls das Oceanário de Lisboa. Es ist das zweitgrößte Ozeanarium weltweit und befindet sich dort im Park der Nationen.

Expo 98

Die Weltausstellung Expo 98 fand vom 22. Mai bis zum 30. September 1998 in Lissabon statt. Sie war die erste in Portugal und die zweite auf der Iberischen Halbinsel und stand unter dem Motto „Os oceanos: um património para o futuro“, zu Deutsch „Die Ozeane: Ein Erbe für die Zukunft“. An der Expo nahmen 143 Länder und 14 internationale Organisationen teil. Während der 132 Öffnungstagen besuchten 10,12 Millionen Menschen die 340 Hektar[35]große Weltausstellung. Heute wird das populäre Ausstellungsgelände unter dem Namen Parque das Nações vermarktet.[36]

Parks

Der Parque Florestal de Monsanto ist der größte Park Lissabons. Er liegt im Westen der Stadt und umfasst 800 Hektar. Angelegt wurde er erst in den 1930er Jahren.[37] Der größte Park in der Innenstadt ist dagegen der Parque Eduardo VII. Er befindet sich in der Stadtgemeinde São Sebastião da Pedreira. Namensgeber des Parks war der britische König Eduard VII., der 1903 Portugal besuchte. Drittgrößter Park der Stadt ist der Jardim da Estrela aus dem Jahr 1852. Er befindet sich gegenüber der Basilika da Estrela. Offiziell heißt er heute Jardim Guerra Junqueiro, im Volksmund wird er aber weiter Jardim da Estrela genannt.[38] Der Jardim do Campo Grande, zu deutsch „Garten des großen Feldes“, ist ein über 12,5 Hektar großer Park in der Stadtgemeinde Campo Grande.

Straßen, Orte

Die Avenida da Liberdade ist eine am Vorbild der Pariser Avenue des Champs-Elysées orientierte Prachtstraße in Lissabon. Sie verbindet die nach dem Erdbeben von 1755 angelegte Baixa (Unterstadt) mit den höher gelegenen Stadtvierteln im Norden und fand ab Beginn des 20. Jahrhunderts in den Avenidas Novas ihre Fortsetzung. Ein erstes Teilstück der Avenida wurde 1882 zum 100. Jahrestag des Todestages des Marques de Pombal und des ihm gewidmeten Rundplatzes eingeweiht.

Mit Miradouro bezeichnet man im Portugiesischen allgemeinen einen Aussichtspunkt. Die Miradouros zählen zu den schönsten Plätzen der Stadt. Diese liegen auf den Erhebungen ringsum und geben einen wundervollen Blick auf die Altstadt oder den Tejo frei.

Das Bairro Alto (Oberstadt) ist ein Stadtteil von Lissabon, der sich oberhalb des Geschäftsviertels Baixa befindet. Es ist vor allem wegen seines Nachtlebens bekannt. Zu den ältesten und bekanntesten Cafés der Stadt gehört das A Brasileira. Das Café im Chiado-Viertel wurde am 19. November 1905 von Adriano Telles gegründet. Es war ein beliebter Treffpunkt von Intellektuellen. Dort verkehrten unter anderem der portugiesischen Dichter Fernando Pessoa und Schriftsteller der Aquilino Ribeiro. Seit 1988 steht vor dem Café ein Bronzestatue Pessoas.[39]

Museen

In Lissabon gibt es zahlreiche Museen. Das Museu Nacional de Arte Antiga (dt. Nationalmuseum für alte Kunst) gehört zu den bedeutendsten Kunstmuseen Portugals. Ein bedeutender Schwerpunkt der Sammlung sind Werke portugiesischer Künstler. Es besitzt unter anderem Werke von Hieronymus Bosch, Albrecht Dürer, Pieter Brueghel der Jüngere, Piero della Francesca, Hans Holbein der Ältere und Raffael. Zwischen 1964 und 1969 entstand das Gebäude des Museu Calouste Gulbenkian. Die Dauerausstellung des Museums umfasst ein breites Spektrum an Kunstobjekten aus allen Epochen.1984 wurde es um das Museum für Moderne Kunst erweitert. Zu den wohl bekanntesten Exponaten des Museums zählen die Werke von Rembrandt ("Portrait eines alten Mannes"), Monet ("Stillleben mit Melone") und Manet ("Die Seifenblasen"). Im Stadtteil Belém liegt das Museu da Marinha (dt. Marinemuseum). Es befindet sich in einem Teil des Westflügels vom Mosteiro dos Jerónimos, zusammen mit dem Museu Nacional de Arqueologia. Das Museu de Etnologia (dt. ethnologische Museum) besitzt Artefakte aus der ganzen Welt. Größtenteils stammen sie aus den ehemaligen Kolonien. 1904 wurde das Museu Nacional dos Coches (dt. Kutschenmuseum) auf Initiative von Königin Amalia eröffnet. Es beherbergt eine beträchtliche Kutschensammlung. Die älteste ausgestellte Kutsche stammt von dem spanischen Philipp II. aus dem 16. Jahrhundert.[40] Das von dem Industriellen und Kunstsammler José Berardo im Jahr 2007 eröffnete Museu Colecção Berardo ist im Centro Cultural de Belém untergebracht. Der Kunstsammler hat dem Museum eine beachtliche Sammlung moderner und zeitgenössische Kunst des 20. Jahrhunderts aus Europa und Übersee zur Verfügung gestellt.

Theater

1854 gab es in Lissabon sechs Theater. Aktuell gibt es neben den staatlichen Theatern einige unabhängige Festspielhäuser, die ein reiches Aufführungsprogramm bieten. Das Teatro Nacional Dona Maria II (dt. Nationaltheater Dona Maria) ist das älteste Theater von Lissabon und liegt am Lissabonner Rossio Platz. Das Teatro Aberto befindet sich in der Nähe von der Praça de Espanha. Das Klassische Theater Teatro da Trindade findet man im Stadtteil Chiado. Dort befindet sich ebenfalls die Lissaboner Oper Teatro Nacional de São Carlos. Direkt neben der Oper liegt das städtische Theater Teatro Municipal de São Luis. In dem Teatro Politeama, im Stil der 20er Jahre, kommen überwiegend Erfolgsmusicals zur Aufführung. Die Balletttruppe Companhia Nacional de Bailado CBN zog nach der Expo in das Teatro Camões ein. Dort gastieren auch andere Ballettensembels.[41] Weitere Theater sind das das Teatro da Cornucópia, das Teatro da Comuna, das Teatro Municipal Maria Matos, das Teatro Taborda, das Teatro Tívoli, das Teatro São Luiz und das Teatro Villaret sowie das Teatro Vasco Santana.

Musik

Eine der traditionellen Musikarten in Lissabon ist der Fado, meist mit wehmütiger Grundstimmung gesungen und von einer normalen und einer portugiesischen Gitarre (Guitarra) begleitet. Fado wird für Touristen abendlich in Kneipen der Stadtviertel Bairro Alto und Alfama dargeboten. Mit dem Fado verbindet sich zweifelsfrei der Name der populärsten Fado-Sängerin Portugals, Amália Rodrigues. Als würdige Nachfolgerin der 1999 verstorbenen Künstlerin gilt derzeit für viele Portugiesen die Sängerin Mariza. Seinen Ursprung hat der Fado in den Armenvierteln von Lissabon, wo er zunächst in den anrüchigen Kneipen im Stadtteil Mouraria auftauchte. Ob er sich ursprünglich aus den Gesängen der portugiesischen Seeleute entwickelte, oder aus brasilianischen Musikrichtungen wie Lundum oder Modinha entstand, ist aus heutiger Sicht nicht mehr festzustellen.

Regelmäßige Veranstaltungen

Seit 1984 treffen sich Jazz-Freunde jährlich beim internationalen Jazzfestival Jazz em Agosto der Gulbenkian-Stiftung in der portugiesischen Hauptstadt. Das Rockmusik-Festival Rock in Rio fand 2006 und 2008 in Lissabon statt. Folgende portugiesischen Filmfestivals finden jedes Jahr in Lissabon statt:

  • DocLisboa – Internationales Dokumentarfilmfestival
  • Festival des schwulen und lesbischen Kinos (Festival de Cinema Gay e Lésbico de Lisboa)
  • IndieLisboa – Internationales Festival über Independent Kino (Festival internacional de cinema independente)

Naherholung

Die traditionsreichen Seebäder Cascais und Estoril liegen in der Umgebung von Lissabon. Estoril gilt als Rückzugsort der reichen Oberschicht Lissabons und liegt am Rand der Estremadura. Berühmt wurde der Ort wegen seines Casinos. Bei Estoril befindet sich auch das Autódromo, eine Rennstrecke, auf der jährlich der Große Preis von Portugal für Motorräder ausgetragen wird. Die Nachbarstadt Cascais liegt an einer sandigen Bucht des Atlantiks, etwa 25 Kilometer westlich von Lissabon. Ab 1870 verbrachte die königliche Familie regelmäßig den Sommer in Cascais, wodurch der Ort auch den Adel und gehobene Bürgerschichten anzog. Der Ort verfügt über einen Yachthafen mit etwa 600 Liegeplätzen. Das Naturreservat Serra da Arrábida in der Region Lisboa e Vale do Tejo erstreckt sich westlich von Setúbal an der vom Meer abgewandten Küsten. Dort gibt es eine Reihe von seltenen Pflanzen und Tieren. Der Naturpark erstreckt sich mit einer Fläche von 10821 ha auf einem bis zu 8 km breitem und 22 km langem Streifen entlang der Küste. Seine Begrenzung bilden die Städte und Dörfer Sesimbra und Santana im Westen, Azeitão und Quinta do Anjo im Norden sowie Palmela und Setúbal im Osten.

Kulinarische Spezialitäten

In den zahllosen Gaststätten und Restaurants und Lokalitäten werden Speisen aus internationaler und einheimischer Küche serviert. Es gibt jedoch nur wenige originären Lissabonner Spezialitäten, die nicht auch anderswo angeboten werden. Die Portugiesische Küche basiert auf deftigen und traditionell zubereitete Gerichte unter Verwendung von Fleisch, Fisch, Gemüse, Reis, Bohnen und Kartoffeln. Der Stockfisch ist Spezialität und Nationalgericht Portugals. Unzählige Rezepte gibt es auch für den gesalzenen und getrockneten Kabeljau. Beliebt sind ebenfalls Sardinen, gegrillt als Sardinhas assadas, außerdem Tintenfische, Langusten, Krebse, Tunfisch, Schwertfisch, Aal, Garnelen und weitere Meerestiere. Typisch ist auch Ameijoas na cataplana, ein Muscheleintopf mit Schweinefleisch, Speck und Zwiebeln. Neben Rindfleisch wird in Portugal häufig auch Ziegenfleisch (Cabrito) und Lammfleisch (Borrego) gegessen. International bekannt ist der portugiesische Portwein, ein Likörwein, der vor allem zu Desserts getrunken wird. Zu den Spezialitäten gehört ferner das Pastel de Nata oder Pastel de Belém. Das Puddingtörtchen – bestehend aus Kuchen- oder Blätterteig, gefüllt mit cremigem Vanillepudding und bestäubt mit Zimt und Puderzucker – wurde vermutlich bereits vor dem 18. Jahrhundert von Mönchen des Hieronymus-Kloster in dem Lissabonner Stadtteil Belém hergestellt. Nach der Säkularisierung der Klöster beschlossen die Mönche im Jahr 1837, Delikatessen zu produzieren, welche an die Lissabonner verkauft werden sollten. Heute besuchen viele Einheimische und Touristen die große Caféterie der dortigen Fabrik, um die Pastéis zu erwerben. Das Originalrezept kennen nur wenige Pâtissier.[42]

Sport

Lissabon besitzt diverse sportliche Einrichtungen. Das Estádio da Luz und das José-Alvalade-Stadion sind die größten Stadien in der Stadt. Lissabon war im Laufe ihrer Geschichte immer wieder Austragungsort von Welt- und Europameisterschaften.

Welt-, Europa- und nationale Meisterschaften

In Lissabon fanden die Fechtweltmeisterschaft 1947, die Junioren-Fußballweltmeisterschaft 1991, die Kurzbahneuropameisterschaften 1999, die Leichtathletik-Hallenweltmeisterschaft 2001, die UCI-Straßen-Weltmeisterschaften 2001, die Fechtweltmeisterschaft 2002, die Handball-Weltmeisterschaft der Herren 2003 sowie die Fußball-Europameisterschaft 2004 statt.

In der Zeit von 1938 bis 1945 fand der Portugiesische Fußballpokal jährlich in Lissabon statt. Die Portugiesischen Meisterschaften im Badminton werden seit 1956 in der Hauptstadt ausgetragen.

Fußball

Der Lissabonner Fußballclub Sporting Clube de Portugal (dt. Sporting Lissabon) war der Gewinner des Europapokals der Pokalsieger 1964. Die Fußballmannschaft von Sporting trägt ihre Heimspiele im José-Alvalade-Stadion aus. Das Stadion mit 52.000 Plätzen war Austragungsort der Fußball-Europameisterschaft 2004. Das von der UEFA mit fünf Sternen ausgezeichnete Stadion liegt direkt neben der alten Anlage.

Der Fußballclub Sport Lisboa e Benfica (dt. Benfica Lissabon) ist mit 165.000 Mitgliedern der größte Verein der Welt nach den Mitgliederzahlen. Der Austragungsort der Heimspiele ist das Estádio da Luz. Das Stadion mit einem Fassungsvermögen von 65.000 Zuschauerplätzen war der Austragungsort des Finales der Europameisterschaft 2004. Für das Turnier wurde das Stadion komplett neu gebaut. Es war Austragungsort von drei Gruppenspielen, einem Viertelfinale und dem Endspiel der Fußball-Europameisterschaft 2004.

Das Estádio do Restelo ist das Fußballstadion des Clubs Belenenses Lissabon und befindet sich im Stadtteil Belém. Das Stadion wurde offiziell am 23. September 1956 eingeweiht und fasst rund 32.500 Zuschauer.

Sonstige Sportarten

In der Basketball-Liga UZO spielen die Lissabonner Vereine SL Benfica und União Lisboa. Der Lissabon-Halbmarathon (pt. Meia Maratona de Lisboa) ist einer der größten und sportlich bedeutendsten Halbmarathons weltweit. Er findet seit 1991 in Lissabon statt, in der Regel im März. Der erste Transeuropalauf fand vom 19. April bis 21. Juni 2003 statt und führte in 64 Tagesetappen ohne Ruhetag von Lissabon nach Moskau. Ende Dezember 2005 begann die bekannte Rallye Dakar (vormals Paris-Dakar) zum ersten mal in der Hauptstadt Portugals.

Wirtschaft und Infrastruktur

Wirtschaft

Der Raum Lissabon ist das wohlhabendste Gebiet in Portugal, dessen Bruttoinlandsprodukt über dem europäischen Durchschnitt liegt (Lissabon erzeugt 45 % des portugiesischen BIP). Im Großraum Lissabon sind 1.300.500 Menschen erwerbstätig. Die Arbeitslosenquote in der Stadt lag im Jahr 2004 bei 8 %.[43] Lissabons Wirtschaft beruht in erster Linie auf der Dienstleistungsindustrie. Der Lissabonner Seehafen hat als Schnittstellen des Land-, und Seeverkehrs, als maritimes Dienstleistungszentrum und als Industriestandort eine große wirtschaftliche Bedeutung. In der Lissabonner Metropolregion ist besonders das Südufer des Tejo stark industrialisiert. 7 der 10 größten börsennotierten Unternehmen in Portugal haben ihren Sitz in Lissabon. Dazu gehören unter anderem die Unternehmen Energias de Portugal, Portugal Telecom und Jerónimo Martins. Die Lissabonner Börse ist mit den Börsen in Amsterdam, Brüssel und Paris Teil der „Mehrländerbörse“ Euronext.

Straßenverkehr

Durch die Lage am Tejo war Lissabon lange Zeit vom Süden aus nur durch Fährverkehr direkt aus zu erreichen. Die erste Brücke wurde 1951 nördlich der Stadt an einem Flussengpunkt in Vila Franca de Xira im Norden gebaut. Die Ponte 25 de Abril (1013 m Spannweite und 2287 m Länge) wurde 1966 fertiggestellt und verband erstmals Lissabon mit Almada auf der Tejo-Südseite. Seit 1999 besteht unterhalb der Autofahrbahn auch eine Eisenbahnverbindung. Die A2 führt dann weiter ins östliche Landesinnere bzw. nach Madrid/Spanien. Mit der Ponte Vasco da Gama, einer der längsten Schrägseilbrücken der Welt und der längsten Brücke in Europa, gibt es seit 1998 eine direkte Autobahnverbindung (A12/IP1) über die Bucht zwischen Moscavide/Sacavém auf der rechten und Montijo/Alcochete, bzw. Setúbal mit seinen Industrien auf der linken Seite des Tejo.

Nördlich geht mit der Autobahn A8 eine Verbindung nach Leiria und die A1 führt an der Küste entlang bis nach Porto, dem zweitwichtigsten Zentrum des Landes.

Flughafen

Der Internationale Flughafen Lissabon-Portela liegt 6 km nördlich vom Zentrum und in der Verlängerung der Autobahn A12. Seit geraumer Zeit wird über die Lage eines neuen Flughafens in Lissabon diskutiert. Am 10. Januar 2008 verkündete der Premier José Sócrates, dass dieser auf dem Militärgelände Campo de Tiro Alcochete nördlich von Alcochete entstehen soll. Die portugiesischen Fluggesellschaften TAP Portugal, White Airways, Portugália Airlines und EuroAtlantic Airways haben ihren Sitz in Lissabon.

ÖPNV

Der ÖPNV wird hauptsächlich von den beiden Unternehmen Carris (Companhia dos Carris de Ferro de Lisboa) und der Metropolitano de Lisboa übernommen. Die Carris bedient über 100 Buslinien und nicht zuletzt mehrere Straßenbahnen. Der Verkehr wird teilweise mit historischen Wagen (pt. Eléctricos) unternommen. Zudem betreibt sie in der Stadt vier Elevadores (dt. Aufzüge), drei Standseilbahnen und einen senkrecht fahrenden Aufzug, den Elevador de Santa Justa. Die drei Standseilbahnen wurden gegen Ende des 19. Jahrhunderts gebaut, als in Lissabon damit begonnen wurde, die seit 1873 verkehrende Pferdestraßenbahn ab 1890 durch Kabelstraßenbahnen und später durch elektrische Straßenbahnen zu ersetzen. Die Metro Lissabon umfasst vier Linien, die teilweise über das Stadtgebiet hinaus führen. Das inzwischen 38 Kilometer lange U-Bahnnetz wird kontinuierlich ausgebaut.

Schiene

Die portugiesische Hauptstadt ist, neben Porto, der Hauptknotenpunkt des portugiesischen Schienennetzes. Vier Eisenbahnstrecken laufen auf Lissabon zu, die, verbunden durch die Ringstrecke Linha de Cintura, an verschiedenen Bahnhöfen im Lissabonner Stadtgebiet enden. Der wichtigste Bahnhof ist der Bahnhof Santa Apolónia an der Linha do Norte, dort enden alle internationalen Züge aus Spanien und Frankreich sowie der Großteil der nationalen Hochgeschwindigkeitszüge Alfa Pendular. Des Weiteren liegt im Nordosten Lissabons der Bahnhof Oriente, der zukünftig, mit dem Bau des normalspurigen Hochgeschwindigkeitsnetzes RAVE, zum neuen Hauptbahnhof der Stadt avancieren soll. Für den Vorortverkehr verbleiben unter anderem noch die beiden Kopfbahnhöfe Cais do Sodré (Strecke nach Cascais) und Rossio (Strecke nach Sintra) sowie die an der Linha de Cintura gelegenen Bahnhöfe Sete Rios und Entrecampos. Hier beginnt auch die Linie auf die Südseite des Tejo nach Setúbal, die vom privaten Eisenbahnunternehmen Fertagus betrieben wird.[44]

Fährverkehr

Es existieren mehrere Fährverbindungen über den Tejo nach Barreiro, Cacilhas, Montijo, Porto Brandão, Seixal und Trafaria. Ablegestellen auf der rechten Tejoseite sind: Belem, Cais do Sodré und Terreiro do Paço. Betreiber aller Linien ist inzwischen die Transtejo & Soflusa, Markenzeichen sind die blau-weißen Katamaranfähren, die mit 30 Knoten die Überfahrt auf dem Tejo auf ein Drittel verkürzt haben.

Hafen

Der Lissabonner Hafen zieht sich auf einer Länge von über 10 km an der Uferlinie der Stadt entlang. Außerdem gibt es noch zahlreiche Anlagen auf der Tejo-Südseite in Trafaria, Porto Brandão, Almada, Seixal, Barreiro und Montijo, die zum Porto de Lisboa gehören und von der Hafenverwaltung APL betrieben werden, auch wenn sie außerhalb des eigentlichen Stadtgebiets liegen. Diese Anlagen haben sich auf Getreide und Öl spezialisiert. Auf der Nordseite im Stadtgebiet Lissabons werden dagegen vor allem Container umgeschlagen. Hier gibt es auch direkte Anschlüsse an das Zugnetz in Alcântara und Santa Apolónia, wo die beiden großen Containerterminals der Stadt liegen. Die größten und tiefsten Docks liegen dabei in Alcântara. Insgesamt umschließen die Docks des Lissabonner Hafens eine Wasserfläche von 430.000 m². Kreuzfahrtschiffe legen häufig in Lissabon an, um einen Stopp auf dem Weg von Nordeuropa ins Mittelmeer, auf die Kanaren oder nach Südamerika zu machen. Für sie gibt es drei Anleger an der Gare Marítima de Alcântara, der Rocha do Conde de Óbidos sowie in Santa Apolónia. Für Privat-Yachten stehen vier Anlegestellen mit der Doca de Alcântara, Doca de Santo Amaro und der Doca de Belém e Doca do Bom Sucesso zur Verfügung. Insgesamt haben hier etwa 1.100 Schiffe Platz.[45]

Bildung und Wissenschaft

Lissabon ist neben Coimbra die wichtigste Universitätsstadt in Portugal und hat mehrere Universitäten. Die Universität Lissabon wurde 1288 gegründet und 1290 vom Papst bestätigt.[46] Sie gehört zu den ältesten Universitäten in Europa, wurde aber erst nach mehr als 400-jähriger Pause 1911 neu gegründet, indem medizinische und pharmazeutische Einrichtungen, eine polytechnische Hochschule und literaturwissenschaftliche Institute umorganisiert wurden. Als größte Klinik gehört das Universitätskrankenhaus Hospital de Santa Maria mit 1500 Betten zu ihr. Seit 1991 befindet sich der Torre do Tombo (portugiesisches Nationalarchiv) in einem modernen Gebäude auf dem Campus der Universität. Die Sternwarte Lissabon (pt. Observatório Astronómico de Lisboa) wurde 1992 der Universität Lissabon angeschlossen und im Jahr 1995 in die naturwissenschaftliche Fakultät integriert. Eine der größten Universitäten Portugals ist die 1931 gegründete Technische Universität Lissabon mit über 20.000 Studenten und sieben Fakultäten. Die 1973 gegründete Neue Universität Lissabon als dritte staatliche Universität ist mittlerweile auf über 14.000 Studenten gewachsen und bietet ein klassisches Lehrspektrum an. Eine Privat-Universität der katholischen Kirche ist die 1968 gegründete Katholische Universität Portugal. Die Universität Lusíada Lissabon von 1986 und die Internationale Universität Lissabon von 1984 sowie die Atlantik-Universität Lissabon, die Autonome Universität Lissabon, die Universität Lusófona Lissabon und die Moderne Universität Lissabon sind Privat-Universitäten. Die Deutsche Schule Lissabon ist die älteste deutsche Schule der Iberischen Halbinsel und die zweitälteste aller deutschen Auslandsschulen. Sie wurde 1848 von einem evangelischen Pfarrer der deutschen Gemeinde in Lissabon ins Leben gerufen. Die Schule musste während des Ersten Weltkriegs im Jahre 1916 zwangsweise schließen. Ihrer Wiedereröffnung erfolgte 1922. Am Ende des Zweiten Weltkriegs endete erneut der Schulbetrieb. Dieser wurde nach Neueröffnung am 20. Oktober 1952 wieder aufgenommen.[47]

Persönlichkeiten

Söhne und Töchter der Stadt

Lissabon war Geburtsort zahlreicher bekannter Persönlichkeiten. Dazu gehören der Präsident der Europäischen Kommission Durão Barroso, der ehemalige Ministerpräsident und Staatspräsident Mário Soares, der Franziskaner Antonius von Padua, der Afrikaforscher und Gouverneur von Angola Hernandogildo Augusto de Brito Capello sowie Papst Johannes XXI.

Literatur

  • Johannes Beck: Lissabon, Erlangen 2009, ISBN 978-3-89953-459-7.
  • Johannes Beck: Lissabon und Umgebung, Erlangen 2009, ISBN 978-3-89953-458-0.
  • Walther L. Bernecker, Horst Pietschmann: Geschichte Portugals – Vom Spätmittelalter bis zur Gegenwart, C. H. Beck, 2001, ISBN 3-406-44756-2.
  • Claus-Günter Frank: Lissabon – Entdeckungen in Portugals Metropole. Tübingen 2005, ISBN 3-937667-68-7.
  • Horst Günther: Das Erdbeben von Lissabon und die Erschütterung des aufgeklärten Europa, Fischer, Frankfurt, 2005, ISBN 3-596-16854-6.
  • Lydia Hohenberger, Jürgen Strohmaier: Lissabon, DuMont, 2005, ISBN 3-7701-6063-0.
  • Annette Hüller, Lissabon, Marco Polo, 2008, ISBN 3-8297-0475-5.
  • Gerhard Lauer, Thorsten Unger: Das Erdbeben von Lissabon und der Katastrophendiskurs im 18. Jahrhundert, Wallstein, 2008, ISBN 3-8353-0267-1.
  • Susanne Lipps, Heidrun Reinhard: Lissabon, Polyglott-Verlag, 2009, ISBN 978-3-493-55908-8.
  • Sara Lier: Immigranten in Lissabon, Vdm Verlag Dr. Müller, 2008, ISBN 3-8364-7226-0.
  • Eva Missler: Lissabon, Baedeker, 2005, ISBN 3-8297-1058-5.
  • A. H. de Oliveira Marques: Geschichte Portugals und des portugiesischen Weltreichs, Stuttgart: Kröner, 2001, 713 S., ISBN 3-520-38501-5.
  • José Saramago: Geschichte der Belagerung von Lissabon, Rowohlt, Reinbek, 1992, ISBN 3-498-06249-2.
  • Sabine Scholl: Lissabon, Artemis & Winkler, 2009, ISBN 3-538-07281-7.

Einzelnachweise

  1. ↑ Statistical Yearbook of the Lisboa Region – 2007, S. 31 (PDF)
  2. ↑ Statistical Yearbook of the Lisboa Region – 2007, S. 61 (PDF)
  3. ↑ Uni Bremen angerufen am 23. Juni 2009
  4. ↑ xxx abgerufen am 6. Juni 2009
  5. ↑ Johann Jakob Egli: Nomina geographica – Sprach- und Sacherklärung von 42000 geographischen Namen aller Erdräume, S. 544, Georg Olms Verlag, 1973, ISBN 3-487-04571-0.
  6. ↑ Hugo Kastner: Von Aachen bis Zypern – Geografische Namen und ihre Herkunft, S. 186, Schlütersche, 2007, ISBN 3-89994-124-1.
  7. ↑ Meyers Konversations-Lexikon: Lissabon, 1888.
  8. ↑ Eva Missler: Lissabon, S. 25.
  9. ↑ Mittelalter-genealogie.de, Alfons 2 abgerufen am 6. Juni 2009
  10. ↑ Portugal-Info.net abgerufen am 6. Juni 2009
  11. ↑ Walther L. Bernecker, Horst Pietschmann: Geschichte Portugals – Vom Spätmittelalter bis zur Gegenwart, S. 10, 11.
  12. ↑ Looking for Earthquake Sources in the Lisbon Area, 13th European Meeting of Environmental and Engineering Geophysics, Istanbul, Turkey, 3.–5. September 2007 (PDF)
  13. ↑ Walther L. Bernecker, Horst Pietschmann: Geschichte Portugals – Vom Spätmittelalter bis zur Gegenwart, S. 36.
  14. ↑ A. H. de Oliveira Marques: Geschichte Portugals, S. 105 f.
  15. ↑ Eva Missler: Lissabon, S. 28.
  16. ↑ Eva Missler: Lissabon, S. 29.
  17. ↑ Josef Kulischer: Allgemeine Wirtschaftsgeschichte des Mittelalters und der Neuzeit, S. 221, Oldenbourg, 6. Auflage, 1988, ISBN 978-3-486-41976-4.
  18. ↑ Julius von Minutoli: Portugal und seine Colonien, S. 240.
  19. ↑ Walther L. Bernecker, Horst Pietschmann: Geschichte Portugals – Vom Spätmittelalter bis zur Gegenwart, S. 72.
  20. ↑ Julius von Minutoli: Portugal und seine Colonien, S. 305.
  21. ↑ Walther L. Bernecker, Horst Pietschmann: Geschichte Portugals – Vom Spätmittelalter bis zur Gegenwart, S. 83.
  22. ↑ Heidrun Reinhard: Lissabon, S. 14, Polyglott, 2005, ISBN 3-493-56908-4.
  23. ↑ Hochschule Darmstadt abgerufen am 6. Juni 2009
  24. ↑ Diário de Notícias 2007 abgerufen am 9. Juli 2009
  25. ↑ Bericht zum Fallstudiengebiet Lissabon, Gebiet Ameixoeira-Galinheiras, TU-Dresden, 2006 (PDF) abgerufen am 6. Juni 2009
  26. ↑ Wolfgang Ismayr: Die politischen Systeme Westeuropas, S. 809, VS Verlag, 2009, ISBN 3-531-16464-3.
  27. ↑ Markttest.com abgerufen am 22. Juni 2009
  28. ↑ Cm-lisboa.pt Bürgermeister und Stadtrat abgerufen am 6. Juni 2009
  29. ↑ Eva Missler: Lissabon, S. 21.
  30. ↑ Cm-lisboa.pt – Homepage von Lissabon (pt) abgerufen am 6. Juni 2009
  31. ↑ Anja Bothe: Vergleich des portugiesischen und deutschen Bauplanungs- und Sanierungsrechts im Hinblick auf die Zielsetzung einer sozial ausgeglichenen Wohnraumversorgung- Erfahrungen in den Metropolen Lissabon und Berlin, S. 227.LIT Verlag, 2004, ISBN 3-8258-7144-4.
  32. ↑ xxx abgerufen am 29. Juni 2009
  33. ↑ Eva Missler: Lissabon, S. 154.
  34. ↑ Structurae.de abgerufen am 19. Juni 2009
  35. ↑ Lydia Hohenberger, Jürgen Strohmaier: Lissabon, S. 132.
  36. ↑ Portaldasnacoes.pt (engl.) abgerufen am 6. Juni 2009
  37. ↑ Johannes Beck: Lissabon und Umgebung, S. 319, Michael Müller Verlag, 2009, ISBN 978-3-89953-458-0.
  38. ↑ Johannes Beck: Lissabon, S. 175, Michael Müller Verlag, 2009, ISBN 978-3-89953-459-7.
  39. ↑ A Brasileira abgerufen am 7. Juli 2009 (pt.)
  40. ↑ museudoscoches-ipmuseus.pt abgerufen am 1. Juli 2009
  41. ↑ Annette Hüller, Lissabon, S. 78.
  42. ↑ Pasteisdebelem.pt abgerufen am 5. Juli 2009
  43. ↑ Lissabon.org abgerufen am 6. Juni 2009
  44. ↑ Johannes Beck: Lissabon und Umgebung, S. 122–124, Michael Müller Verlag, 2009, ISBN 978-3-89953-458-0.
  45. ↑ Lissabon-Umgebung.de abgerufen am 17. September 2009
  46. ↑ Walter Rüegg, Asa Briggs: Geschichte der Universität in Europa – Mittelalter, S. 64, C. H. Beck, 1993, ISBN 978-3-406-36952-0.
  47. ↑ Deutsche Schule Lissabon abgerufen am 19. Juni 2009
  48. xxx – Entsprechend unserer Statuten werden uns unbekannte Webadressen nicht veröffentlicht. Für eine weiterführende Recherche gehen Sie bitte auf die entsprechende Wikipediaseite. Mehr Informationen lesen Sie auf unserer Impressumseite. Anmerkung der u~m~d~h~T: Wir machen darauf aufmerksam, daß politische Passagen im Zuge unserer Statuten stark gekürzt, bzw. nicht übernommen wurden.

     

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Laredo (Spanien)

Laredo ist eine Stadt in Spanien. Sie hat 12.591 Einwohner (Stand: 1. Januar 2009) und eine Fläche von 13 km².

Laredo liegt an wohl einer der schönsten Buchten in Kantabrien. Laredo ist 44 km von Santander und 52 km von Bilbao entfernt und ist durch seine günstige Lage ein wichtiger touristischer Anziehungspunkt für viele Spanier, Madrilenen, aber auch Basken.

Die Strandpromenade von Laredo umfasst 4 km und ist der längste Strand von Kantabrien und wurde mit der Bandera Azul, der blauen Flagge ausgezeichnet, welches beste Wasserqualität und Sauberkeit des Strandes belegt.

Laredo besitzt eine sehr eindrucksvolle historische Altstadt aus dem 16. Jahrhundert.

Das wichtigste Fest des Jahres ist die Batalla de Flores im August. Ein Umzug von mit Blumen geschmückten Wagen, der fast an einen Karnevalsumzug erinnert.

Einzelnachweise

  1. ↑ Population Figures referring to 01/01/2009. Bevölkerungsstatistiken des Instituto Nacional de Estadística.
  2.  

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Bermeo  -  Berméo

Bermeo ist eine Stadt mit 16.932 Einwohnern (2005) im spanischen Baskenland.

Sie liegt direkt an der Atlantikküste, etwa 25 km nordöstlich von Bilbao, in der nordspanischen Provinz Bizkaia.

Der Küstenort verfügt über einen wichtigen Fischereihafen.

 

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Asturien

Asturien (spanisch Asturias bzw. offiziell Principado de Asturias, d. h. Fürstentum Asturien, asturisch Asturies bzw. Principáu d'Asturies) ist eine Autonome Gemeinschaft im Nordwesten Spaniens. Das Territorium der Autonomen Gemeinschaft ist identisch mit dem der Provinz Asturien (früher Provinz Oviedo). Die Hauptstadt ist Oviedo mit 224.005 Einwohnern (Stand: 1. Januar 2009).

Geographie

Asturien erstreckt sich zwischen dem Kantabrischen Meer im Norden und dem Kantabrischen Gebirge im Süden. Politisch grenzt es im Westen an Galicien, im Süden an Kastilien-León und im Osten an Kantabrien. Die Küste nennt sich Costa Verde; hier befinden sich einige der schönsten Strände Spaniens.

In der ganzen Region herrscht ozeanisches Klima, das sich stark vom heißen und trockenen Klima in Zentral- und Südspanien unterscheidet. Das Landschaftsbild Asturiens ist daher von wesentlich mehr Grün bestimmt (España Verde, das „grüne Spanien“). Das Kantabrische Gebirge wirkt dabei als Klimascheide zum zentralspanischen Tafelland.

Bevölkerung

Die Bevölkerung konzentriert sich in den Tälern des zentralen Landesteiles sowie an der Küste mit ihren urbanen Zentren Gijón und Avilés, während die Mittel- und Hochgebirgsregionen nur dünn besiedelt sind.

Sprachen

Neben der Amtssprache Spanisch wird in Asturien auch das Asturische sowie in den westlichen Randgebieten längs der Grenze zu Galicien das Galicische gesprochen.

Städte

Die größten Städte Asturiens sind die Hafenstadt Gijón (asturisch Xixón) mit 277.554 Einwohnern, die Hauptstadt Oviedo (asturisch Uviéu) mit 224.005 Einwohnern und die Industriestadt Avilés mit 84.242 Einwohnern.

Größte Gemeinden

  • Gemeinde                         Einwohner[2]
  •                                         (1. Januar 2009)
  •   
  • Gijón                                 277.554
  • Oviedo                               224.005
  • Avilés                                  84.242
  • •Siero                                  51.181
  • Langreo                               45.565
  • Mieres                                 44.070
  • Castrillón                             22.894
  • San Martin del Rey Aurelio    18.729
  • Corvera de Asturias              15.955
  • Cangas del Narcea                14.589
  • Llanes                                 14.013
  • Navia                                    9.190
  • Ribadesella                            6.296

Geschichte

In der Region gibt es Höhlen mit steinzeitlichen Malereien, vor allem Tierdarstellungen, die mehr als 15.000 Jahre alt sind. Es wurden etwa 700 Dolmen gefunden. Die meisten haben die Jahrtausende nicht unversehrt überstanden, obwohl sie von Mámoas bedeckt waren.

Die ersten festen Siedlungen werden den Iberern zugerechnet. Die Region bot Bodenschätze, insbesondere Gold, zu deren Förderung von der so genannten Castrokultur umwallte Orte gegründet wurden. Diese waren über lange Zeit (>1000 Jahre) bevölkert und werden heute ausgegraben.

Etwa 800 v. Chr. wurde die Region von keltischen Stämmen besiedelt. Diese errichteten befestigte Siedlungen wie das Castro de Coaña. Sie dürften ihren Lebensunterhalt unter anderem auch als Hirten bestritten haben.

Ca. 25–19 v. Chr. wurde die Region ins Römische Reich eingegliedert. Doch die Asturer waren ebenso wie andere einheimische Völker rebellisch, was als Grund für die relative späte Integration in den römischen Herrschaftsbereich angesehen werden kann. Nach dessen Zerfall wurde Asturien im 5. Jahrhundert Teil des Westgotenreichs. Nach der Eroberung der Iberischen Halbinsel durch die Muslime (711-719) begann von Asturien aus der Widerstand der Christen, den der vornehme Gote Pelayo (Pelagius) († 737) organisierte. Er wurde von seinen Anhängern zum König (oder Fürsten) gewählt und soll im Jahr 722 eine Streitmacht des für die Region zuständigen muslimischen Statthalters in der legendären Schlacht von Covadonga besiegt haben. Dieser Erfolg wird als der Ausgangspunkt der Reconquista betrachtet. Aus Pelayos Machtbereich entstand das Königreich Asturien, das infolge der Expansion Richtung Süden 924 Teil des Königreiches León wurde. 1230 wurde es mit Kastilien vereinigt. Der spanische Thronfolger trägt seit 1388 den Titel „Fürst von Asturien“ (Príncipe de Asturias).

Im 19. Jahrhundert wurde Asturien zusammen mit dem Baskenland Zentrum der Industrialisierung Spaniens (v. a. Bergbau und Schwerindustrie). Es war auch eine der Ursprungsregionen der spanischen Arbeiterbewegung.

Im Oktober 1934 fand in den Bergbaugebieten Asturiens die „revolución de octubre“ (Oktoberrevolution) oder „revolución minera“ (Bergarbeiterrevolution) statt, die von den Truppen der damals von rechten Parteien dominierten Regierung der Republik niedergeschlagen wurde. Die Leitung der Militäraktion gegen die streikenden Bergarbeiter hatte der spätere Diktator Franco, der zwei Jahre später den Bürgerkrieg lostreten sollte.

Im Spanischen Bürgerkrieg war Asturien ein Zentrum des republikanischen Widerstandes. Es war jedoch geographisch vom Hauptteil der republikanischen Zone isoliert und konnte im Sommer 1937 von Francos Truppen erobert werden.

Ihr heutiges Autonomiestatut erhielt die Region am 11. Januar 1982.

Politische Gliederung

Asturien gliedert sich administrativ in 78 Concejos (dt. Räte, Städte und Gemeinden nach dem Muster der Municipios im übrigen Spanien), die nach dem Autonomiestatut zu Comarcas (entspricht in etwa Regierungsbezirken oder Landkreisen) zusammengefasst werden können, was aber bisher nicht vollständig geschehen ist. Vom Standpunkt der Judikative aus gesehen sind die 78 Concejos in 18 Gerichtsbezirke unterteilt.

Wirtschaft

Asturien ist eine der Industrieregionen Spaniens, insbesondere aufgrund des vorherrschenden Bergbaus und der Schwerindustrie. Da diese Branchen eher zu den schrumpfenden gehören, befindet sich Asturien seit den 1970er Jahren in einem Strukturwandel. In den letzten vier Jahrzehnten lag die Wirtschaftswachstumsrate Asturiens hinter der anderer spanischer Gebiete zurück.

Die Landwirtschaft spielt in Asturien eine größere Rolle, da aufgrund des feuchten Klimas und mäßiger Temperaturen Agrarprodukte produziert werden können, die in anderen Regionen Spaniens nur mit höherem Aufwand angebaut werden können. Daneben gibt es (hauptsächlich inländischen) Tourismus.

Das Bruttoinlandsprodukt der Region erreichte im Jahr 2006 gemessen in Kaufkraftstandards 94% des Durchschnitts der Europäischen Union (EU-27).[3]

Industrie

Die traditionell vorherrschenden Industriezweige Asturiens waren Steinkohlen- und Erzbergbau. Da die weitere Förderung von Rohstoffen mit mehr Aufwand verbunden ist und die geförderten Rohstoffe aufgrund von billiger Konkurrenz aus dem Ausland unrentabler geworden sind, nimmt der Bergbau seit den 1990er Jahren kontinuierlich ab. Zwischen Gijón und Avilés gibt es Schwerindustrie, wobei die Betriebe nicht zuletzt als Folge des rückläufigen Bergbaus von einer Schließungswelle betroffen sind.

Die Regionalregierung versucht, durch die gezielte Ansiedlung moderner Unternehmen eine Wirtschaftskrise abzuwenden, wodurch eine abnehmende Zahl von Arbeitsplätzen allerdings nicht aufzuhalten ist. Gerade ehemalige Bergleute haben große Schwierigkeiten, in der Region wieder Arbeit zu finden. Die Medien berichten von einer realen Arbeitslosenquote zwischen 30% und 40%.

Landwirtschaft

Asturien ist die Milchkammer Spaniens; von der Küste bis zu den Picos de Europa werden vor allem Milchkühe gehalten. Ein durchschnittlicher Milchviehbetrieb hat 10 bis 15 Milchkühe, Großbetriebe sind in dem hügeligen und kleinstrukturierten Gebieten selten. Ackerbau wird vornehmlich als Maisanbau zur Silierung und Winterfütterung der Kühe betrieben. Getreideanbau findet kaum statt, ebenso wenig gibt es nennenswerten Weinbau. Eine Spezialität Asturiens ist der Sidra, ein preisgünstiger Apfelwein.

In Asturien finden sich überall noch traditionelle quadratischen Hórreos, das sind Getreide-, Obst- und Kartoffelspeicher, die zum Schutz gegen Nagetiere auf Pfählen stehen. Die meisten Hórreos sind aus Holz gebaut. Im Westen Asturiens gibt es allerdings auch längliche Speicher aus Steinmaterialien.

Der Wald besteht heute zum Großteil aus Eukalyptus-Monokulturen. Das schnellwachsende und hochwertige Holz hat den Nachteil, dass der Waldboden ausgelaugt wird. Zudem steigt bei dem stark ölhaltigen Eukalyptusholz die Gefahr von Waldbränden sehr stark.

Quellen

  • ↑ Quelle: http://www.xxx
  • ↑ Population Figures referring to 01/01/2009. Bevölkerungsstatistiken des Instituto Nacional de Estadística.
  • ↑ http://www.xxx
  • xxx – Entsprechend unserer Statuten werden uns unbekannte Webadressen nicht veröffentlicht. Für eine weiterführende Recherche gehen Sie bitte auf die entsprechende Wikipediaseite. Mehr Informationen lesen Sie auf unserer Impressumseite. Anmerkung der u~m~d~h~T: Wir machen darauf aufmerksam, daß politische Passagen im Zuge unserer Statuten stark gekürzt, bzw. nicht übernommen wurden.

     

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Honfleur

Honfleur ist eine Hafenstadt mit 8163 Einwohnern (Stand 1. Januar 2007) im Département Calvados, Basse-Normandie, Frankreich. Sie liegt an der Mündung der Seine in den Ärmelkanal.

Geschichte

Die Stadt, die schon im 11. Jahrhundert urkundlich erwähnt wird, war jahrhundertelang ein relativ unbedeutender Hafen im Vergleich mit Harfleur auf dem anderen Ufer der Seinemündung. Mit der Zeit hat sich das Städtchen mit seinen pittoresken, schmalen und sechs Stockwerke hohen Häusern und der Lieutenance (dem Rest einer Befestigungsanlage) am Vieux Bassin (Altes Hafenbecken) aus dem 17. Jahrhundert zu einem der reizvollsten Orte der Normandie und vielbesuchten touristischen Anziehungspunkt entwickelt.

Im 19. Jahrhundert wurde Honfleur zum Zentrum künstlerischer Aktivitäten. Eugène Boudin, der Maler der Küstenlandschaften, wurde 1814 hier geboren. Das Musée Eugène Boudin ist ihm gewidmet und dokumentiert die malerische Atmosphäre der Stadt und der Seine-Mündung. Maler wie Courbet, Sisley, Jongkind, Claude Monet, Pissarro, Renoir und Cézanne kamen nach Honfleur und trafen sich oft in der Ferme St-Siméon, einem Bauernhof, der als eine der Geburtsstätten des Impressionismus gilt und heute ein stilvolles Hotel ist.

Sehenswürdigkeiten

Auch heute noch stehen die Maler am Kai von Honfleur, und in den Greniers à Sel, zwei Lagerhäusern, die 1670 östlich des Vieux Bassin in l’Enclos, der im 13. Jahrhundert errichteten Verteidigungsanlage der Stadt zum Zweck der Salzlagerung erbaut wurden, werden Ausstellungen zeitgenössischer Künstler organisiert.

Auch der Komponist Erik Satie ist ein Kind der Stadt. Von seiner Musik kann man sich in Les Maisons Satie inspirieren lassen.

Ein Meisterwerk der Ingenieurbaukunst ist die 1995 eingeweihte Pont de Normandie, die Honfleur und Le Havre (Dpt. Seine-Maritime) verbindet, eine der längsten Brücken Europas.

Persönlichkeiten

Söhne und Töchter der Stadt

  • Alphonse Allais (1854-1905), Schriftsteller und Humorist
  • Ernest Henri Besnier (1831-1909), Dermatologe und ärztlicher Direktor des Hôpital St. Louis in Paris
  • Eugène Boudin (1824-1898), französischer Maler, Vorreiter des Impressionismus
  • Erik Satie (1866-1925), französischer Komponist und Pianist.

Persönlichkeiten, die vor Ort gewirkt haben

  • Charles Baudelaire (1821-1867), Schriftsteller, wohnte 1859 sechs Monate lang in Honfleur und schrieb dort La danse macabre (Totentanz), La chevelure (das Haar), und Chant d'automne (Herbstgesang).[1]

Partnerstädte

Die englische Partnerstadt von Honfleur ist Sandwich in Kent. Seit dem 16. Juni 2006 besteht eine Städtepartnerschaft mit Wörth am Main.

Einzelnachweise

  1. ↑ Yves Lecouturier: Célèbres de Normandie. Orep Editions, 2007, ISBN 978-2-915762-13-6, S. 11. (französisch)
  2.  

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Setúbal

(Weitergeleitet von Setubal)

Setúbal ist eine Stadt in Portugal. Sie liegt auf der Halbinsel Península de Setúbal und gehört landschaftlich zu Estremadura.

Geschichte

Die ersten Siedler dieser Küstenregion waren Kelten und von Süden kommende Phönizier, die wahrscheinlich mit Booten aus ihren Gebieten hierher kamen. Zeugen der keltischen Besiedelung dieser Zeit sind in der ganzen Gegend verstreute Kult- und Grabstätten. Unter den Römern (von 100 v. Chr bis 400 n. Chr.) gab es starke Aktivitäten der Fischverarbeitung im Bereich Setúbal. Dies zeigen insbesondere die Ausgrabungen der römischen Siedlung Cetóbriga auf der gegenüberliegenden Halbinsel Troia, wo es noch gut erhaltene Hafenanlagen und Fischverarbeitungsstätten zu besichtigen gibt. Nach den Römern kamen um 410 n. Chr. die Germanen in das Gebiet des heutigen Portugals gefolgt von den Westgoten um 600 n. Chr. Troia nahm in dieser Zeit an Bedeutung ab, weil sich die Dünen dort ständig über den Ort legten. Andere Orte der Umgebung, wie Azeitão, wegen der hohen Fruchtbarkeit oder Alcácer do Sal, wegen des geschützt liegenden Hafens, nahmen unter den Arabern an Bedeutung zu.

Um das Jahr 700 herum wurden große Teile der iberischen Halbinsel durch die Mauren erobert, die im Bereich von Setúbal bis ins 12. Jahrhundert hinein herrschten. Einige Grundmauern der Altstadt gehen auf diese Zeit zurück. Nach der Rückeroberung des Gebiets durch die Christen und der Ausrufung des portugiesischen Königreichs, wurde in Palmela der Orden des Schwertes von Santiago eingerichtet. Auch Setúbal erhielt sein erstes Stadtrecht in einer „Carta Foral“ von D. Paio Peres, dem Abt des Ordens aus Palmela. Die Stadt Setúbal selbst wurde 1227 unter König Alfons II. mit Hilfe eines Kreuzfahrerheeres des Fünften Kreuzzugs, das auf dem Weg nach Palästina in Portugal überwinterte, erobert.

1343 begann man damit, Setúbal mit einer geschlossenen Stadtmauer zu umgeben, von der noch heute Reste übrig geblieben sind, die das große Erdbeben von 1755 überstanden haben. Mehr und mehr entwickelte sich Setúbal zu einem wichtigen portugiesischen Hafen, von dem unter anderem viele der portugiesischen Entdeckungsreisen ausgingen. Die Entdeckungen brachten der Stadt großen Reichtum unter dem König D. Afonso V und später unter Heinrich dem Seefahrer. Im 15. Jahrhundert konstruierten die Franziskaner den Convento de Jesus in Setúbal, womit die Stadt auch zu einem kirchlichen Zentrum heranwuchs. Ab 1487 wurde eine Wasserleitung nach Setúbal durch König D. João II hergestellt, die zu weiterem Anwachsen der Stadtbevölkerung führte. Im Jahr 1522 ließ der damalige König D. Filipe II das Fort S. Filipe bauen, welches noch heute existiert.

Auch in dieser Zeit begann man damit den Muskateller in dem mittelmeerähnlichen Klima von Setúbals Umgebung hauptsächlich auf Kalkboden zu pflanzen. Das ausgeglichene Klima und die reizvolle Landschaft lockten den Lissabonner Adel an, der hier im 16., 17. und 18. Jahrhundert seine Paläste und Landhäuser bauen ließ. Mittlerweile hatte sich Lissabon über den Tejo gestreckt, und bis heute kriechen die Vororte entlang der Schnellstraße immer weiter in Richtung Setúbal.

Zu Beginn des 18. Jahrhunderts wurde S. Francisco Xavier zum Schutzheiligen der Stadt gewählt. 1755 vernichtete das große Erdbeben mit Tsunami viele Häuser in Setúbal und der gesamten tiefer liegenden Umgebung. Setúbal bekam das Stadtrecht im Jahre 1860. Das 19. Jahrhundert brachte Setúbal weitere Ausdehnung und machte es zu einem industriellen Zentrum des Landes. Auch die 1863 fertig gestellte Eisenbahnverbindung zwischen Barreiro und Setúbal trug weiter zur Industrialisierung bei.

1926 wurde Setúbal zur Distrikthauptstadt ernannt und 1975 zum Sitz der Diözese.

Seit 1995 findet hier das 1985 gegründete internationale Filmfestival Festróia statt.

  •                                        Bevölkerungsentwicklung in Setúbal (1801–2004)
  •   
  • 1801       1849      1900       1930       1960      1981        1991        2001         2004         2008
  • 15442     15060     35990     50456     56344     98366     103634     113934     120117     124555

Historische Bauwerke

  • Burg von São Filipe
  • Fort von Santiago do Outão
  • Fort von Albarquel
  • Convento de Jesus

Naturreservat Serra da Arrábida

Die Serra da Arrábida erstreckt sich westlich von Setúbal an der vom Meer abgewandten Küsten. Es gibt hier eine Reihe von seltenen Pflanzen und Tieren, die teilweise nur dort vorkommen. Deshalb wurde das Gebiet unter Schutz gestellt. Der Naturpark erstreckt sich mit einer Fläche von 10821 ha auf einem bis zu 8 km breitem und 22 km langem Streifen entlang der Küste. Seine Begrenzung bilden die Städte und Dörfer Sesimbra und Santana im Westen, Azeitão und Quinta do Anjo im Norden sowie Palmela und Setúbal im Osten. Nach der landschaftlichen Gliederung gehört das Gebiet zur Estremadura. Heute ist es in den Verwaltungsbezirk des Distrikts Setúbal eingegliedert und nimmt Teile der Bezirke Setúbal, Palmela und Sesimbra ein. Allerdings haben verheerende Waldbrände in den letzten Jahren den Bestand der Waldfläche stark dezimiert.Diese werden oft mit Brandstiftung und Bodenspekulation in Verbindung gebracht.

Allgemein gültige Definitionen und Einheitlichkeit der Schutzbegriffe wie Naturpark, Naturschutzgebiet, etc. gibt es in Portugal nicht. Für jedes Schutzgebiet sind die jeweiligen Vorschriften einzeln festgelegt. Das Gebiet des Parque Natural da Arrábida wurde in verschiedene Schutzzonen aufgeteilt. Den stärksten Schutz genießen die Reservas Integrais (ähnlich einem deutschen Naturschutzgebiet). Hier sind keinerlei menschliche Aktivitäten geduldet, das Betreten ist nur mit Genehmigung der Parkverwaltung zu wissenschaftlichen Zwecken gestattet. Es gibt drei Reservas Integrais, die die großen Waldgebiete umfassen (Mata do Solitário, Mata Coberta, Mata do Vidal).

Einen geringeren Schutzstatus haben die Reservas Naturais Parciais. Dazu gehören Gebiete, die aufgrund ihrer Vegetation (Reserva Botânica), der Geologie (Reserva Geológica) oder der Fauna (Reserva Zoológica) besonders geschützt werden. Diese Gebiete umfassen weitgehend die restlichen Flächen der Serra da Arrábida und der Serra do Risco. In diesen Gebieten ist jegliche Zerstörung und Beeinträchtigung von Tieren, Pflanzen, Böden, Gesteinsformationen oder kulturhistorischen Bauten ebenso untersagt wie landwirtschaftliche, forstwirtschaftliche oder industrielle Nutzung. Ausgenommen sind u. a. „unverzichtbare Arbeiten“, unter die wohl die Zementfabrik Secil bei Outão mit ausgedehnten Steinbrüchen und die großen Steinbruchanlagen bei Pedreiras (Serra do Risco) fallen.

Verwaltung

Setúbal ist Sitz eines gleichnamigen Kreises. Die Nachbarkreise sind (im Uhrzeigersinn im Norden beginnend): Palmela, Sesimbra, Alcácer do Sal, Grândola sowie der Atlantische Ozean. Setúbal fungiert ebenfalls als Distrikthauptstadt, die den Verwaltungssitz und Gerichtsstand für die o. g. Kreise stellt.

Die folgenden Gemeinden (freguesias) liegen im Kreis Setúbal:

  • Gâmbia - Pontes - Alto da Guerra
  • Nossa Senhora da Anunciada (Setúbal)
  • Sado
  • Santa Maria da Graça (Setúbal)
  • São Julião (Setúbal)
  • São Lourenço
  • São Sebastião (Setúbal)
  • São Simão

Partnerstädte

Setúbal unterhält Städtepartnerschaften mit folgenden Städten:

  • Beauvais (Frankreich)
  • Leiria (Portugal)
  • Debrecen (Ungarn)
  • Pau (Frankreich)
  • Porto Seguro (Brasilien)
  • Tordesillas (Spanien)
  • Safi (Marokko)
  • Quelimane (Mozambique)

Kooperationen

Setúbal unterhält Kooperationen mit folgenden Städten:

  • Bobigny[1] (Frankreich)
  • Tarrafal[1] (Kapverdische Inseln)
  • Frohnleiten[2] (Österreich)
  • Jastrzębie Zdrój[2] (Polen)
  • Landsberg am Lech[2] (Deutschland)
  • Gioia del Colle[2] (Italien)
  • Šiauliai[2] (Litauen)

Söhne und Töchter der Stadt

  • José Mourinho (* 1963), Fußballtrainer
  • Luísa Rosa de Aguiar Todi, Opern-Sängerin
  • Manoel Maria de Barbosa du Bocage (1765–1805), bedeutender portugiesischer Dichter des 18. Jahrhunderts
  • Teresa Villa-Lobos (Künstlername Sabrina; * 1983), Sängerin
  • Nuno Frechaut (* 1977), portugiesischer Fußballspieler
  • Luís Buchinho, Modedesigner

Einzelnachweise

  1. ↑ a b [1], portugiesisch, auf mun-setubal.pt, aufgerufen am 19. April 2010
  2. ↑ a b c d e Schulprojekt Comenius auf schlossbergschule.de, aufgerufen am 18. April 2010
  3.  

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Kastilien

Kastilien (spanisch Castilla) ist eine auf der zentralen Hochebene Spaniens gelegene Landschaft, deren Bezeichnung auf das gleichnamige mittelalterliche Königreich zurückgeht.

Sie umfasst die heutigen Autonomen Regionen Castilla-La Mancha, Madrid und den größten Teil von Castilla y León. Das kastilische Scheidegebirge unmittelbar nördlich von Madrid teilt die Landschaft in das nördliche Altkastilien und das südliche Neukastilien, das auch die Mancha (von arabisch ‏المنشرة‎ al-manschara, „flaches Land“') umfasst. Da Kastilien heute aber keine eigene politische oder Verwaltungs-Einheit mehr darstellt, ist der genaue territoriale Umfang nicht trennscharf abzugrenzen.

Nach dieser Landschaft wird die spanische Sprache vor allem zur Abgrenzung von den anderen in Spanien gesprochenen Sprachen häufig als castellano (Kastilisch) bezeichnet.

Begriffsgeschichte

Der Begriff hat seinen Ursprung in der zur Mitte des 9. Jahrhunderts im Osten des Königreichs León begründeten Grafschaft Kastilien. Zunächst handelte es sich um ein relativ kleines Gebiet am Oberlauf des Ebro. Vor allem im Zuge der Reconquista vergrößerte sich die Grafschaft bis zu Beginn des 11. Jahrhunderts stetig. Gleichzeitig löste sie sich immer mehr vom Königreich León und war ab ca. 950 praktisch von diesem unabhängig.

1037 erobert Graf Ferdinand von Kastilien das Königreich León und wird zu dessen König gekrönt, womit León und Kastilien wieder vereint wurden. Für die kurzen Zeiträume 1065-1072 und 1175-1230 war Kastilien, jetzt aber als Königreich Kastilien, wieder vom Königreich León getrennt, bevor 1230 die nunmehr endgültige Vereinigung zu Kastilien-León erfolgte. Dieses Reich wird häufig als "Krone von Kastilien" oder einfach Kastilien bezeichnet (ähnlich wie umgangssprachlich von Holland oder England geredet wird, obwohl die Niederlande oder das Vereinigte Königreich gemeint sind). Es erwirbt im weiteren Verlauf der Reconquista umfangreiche Gebiete und umfasst bei deren Abschluss (1492) den Norden, die Mitte und den Süden der Iberischen Halbinsel. Im Westen grenzt es an Portugal und im Osten an die Gebiete der Krone von Aragón und Navarra.

Auch nach der Einigung Spaniens durch die Katholischen Könige behalten die Reichsteile der Krone von Kastilien, der Krone von Aragón und Navarra ihre eigenen Rechtsordnungen und Institutionen. Zunächst handelt es sich um eine reine Personalunion. Erst Anfang des 18. Jahrhunderts verwandeln die Bourbonen Spanien in einen Zentralstaat und erstrecken das kastilische Rechts- und Verwaltungssystem weitgehend auch auf die anderen Reichsteile.

1833 wurde Spanien in Provinzen gegliedert (diese Provinzeinteilung besteht heute noch weitestgehend unverändert fort). Dabei wurden die Provinzen zu "historischen Regionen" zusammengefasst. Zwei von diesen führten die Bezeichnung Kastilien im Namen:

  • Altkastilien (Castilla la Vieja): Santander (heute: Kantabrien), Valladolid, Palencia, Burgos, Logroño (heute: La Rioja), Ávila, Segovia, Soria
  • Neukastilien (Castilla la Nueva): Madrid, Guadalajara, Toledo, Ciudad Real, Cuenca

Allerdings hatten die "historischen Regionen" keinerlei eigene Kompetenzen oder Institutionen, sie dienten allein der begrifflichen Zusammenfassung verschiedener Provinzen.

Bei dieser Gliederung bleibt es bis 1975, wobei während der Franco-Diktatur (1936/39-1975) Regionalisierungsbestrebungen rigide unterdrückt wurden. In der Phase des Übergangs zur Demokratie (transición) war daher auch das Thema der Regionalisierung eine der drängendsten und am meisten umstrittenen Fragen. Bei der Beratung der zukünftigen Verfassung verständigte man sich hierzu auf einen Minimalkompromiss, der lediglich einen sehr weiten Rahmen für die spätere Bildung "Autonomer Gemeinschaften" (auf Grundlage der bestehenden Provinzen) und deren Kompetenzen vorsah.

Das Ergebnis des Konstituierungsprozesses der Autonomen Gemeinschaften in den kastilischen Gebieten ergab folgendes Bild:

  • Die Randprovinzen Santander und Logroño, die zur "historischen Region" Altkastilien gehört hatten, bildeten als Kantabrien bzw. La Rioja eigene uniprovinziale Autonome Gemeinschaften.
  • Die restlichen Provinzen Altkastiliens bildeten gemeinsam mit den Provinzen der "historischen Region" León (León, Zamora, Salamanca) die Autonome Gemeinschaft Kastilien-León (Castilla y León).
  • Die Provinz Madrid, die historisch und geographisch zu Neukastilien zu zählen ist, bildete ebenfalls eine eigene uniprovinziale Autonome Gemeinschaft.
  • Die restlichen Provinzien der "historischen Region" Neukastilien bildeten zusammen mit der Provinz Albacete die Autonome Gemeinschaft Kastilien-La Mancha.

Spätestens seit 1833 besteht damit Kastilien als eigene politische bzw. Verwaltungs-Einheit nicht mehr. Kastilien ist daher heute nur noch die Bezeichnung für eine Landschaft, deren territoriale Ausdehnung je nach Sichtweise unterschiedlich definiert wird, was insbesondere für folgende Gebiete gilt:

  • Die heutigen Autonomen Gemeinschaften Kantabrien und La Rioja waren historisch Teile des Königreichs Kastilien. Geographisch liegen sie allerdings jenseits der die Meseta umgebenden Randgebirge (Kantabrien am Atlantik, La Rioja im Ebrobecken).
  • Die Provinzen León, Zamora und Salamanca (vereinzelt zusätzlich auch Valladolid und Palencia) werden teilweise als eine von Kastilien zu unterscheidende Landschaft León angesehen. Aus historischer Sicht spricht dafür, dass diese Gebiete immer zum Königreich León (bzw. zum Teilkönigreich León innerhalb der Krone Kastilien) und nie zum eigentlichen Königreich Kastilien gehörten, und auch der südliche Teil des ehemaligen Königreichs León, die Extremadura, begrifflich nicht unter "Kastilien" gefasst wird. Landschaftlich allerdings gehen Kastilien und León in der nördlichen Meseta ununterscheidbar ineinander über.
  • Bis zur Errichtung der Provinz Albacete im Jahre 1833 hatte ihr Gebiet jeweils etwa zur Hälfte zum Teilkönigreich Toledo (Neukastilien) und zum Teilkönigreich Murcia gehört. 1833 war sie der "historischen Region" Murcia zugeordnet worden. Heute gehört sie der Autonomen Gemeinschaft Kastilien-La Mancha an.

Geschichte

Kastilien, das Gebiet des oberen Ebro, hieß bis um 800 Bardulien (nach dem Stamm der dort lebenden Bardulier). Der Name Kastilien ist erstmals in einer lateinischen Urkunde aus dem Jahr 800 bezeugt, wo von einer Kirche in territorio Castelle („im Burgenland“) die Rede ist. Diesen Namen verdankte die Region den vielen Kastellen (lateinisch castella, spanisch castillos), die dort zum Schutz vor Angriffen der Araber errichtet worden waren. Das Land wurde im 8. und 9. Jahrhundert von den Königen von Asturien und später dessen Nachfolgereich León im Kampf gegen die Araber erobert. Sie ließen es durch einheimische Grafen verwalten. Die Grafen von Burgos erhoben sich um 925 gegen den König von León und bauten das Gebiet zu einer selbständigen Herrschaft aus, zunächst als Bündnispartner des Kalifen von Córdoba.

Ferdinand González wird im 10. Jahrhundert als erster Graf von Kastilien. Durch Aufstände gegen die Könige Ramiro II. (931-950), Ordoño III. (950-957) und Sancho I. (957-966) suchte er die Unabhängigkeit seines Landes von León zu erreichen, obwohl vergeblich.

Sein Sohn García Fernandez herrschte auch bis zum Jahr 1000 fast selbstständig. Dessen Sohn und Nachfolger Sancho hinterließ die Herrschaft seinem Sohn, dem Grafen García und nach dessen Ermordung 1026 ging sie auf Sanchos Schwiegersohn, den König Sancho Mayor von Navarra über, bei dessen Tod im Jahr 1035 sein Sohn Ferdinand Kastilien erbte.

Dieser besiegte am Río Carrión 1037 seinen Schwager, den König Bermudo III. von León, der in der Schlacht fiel und vereinigte hierauf ganz León mit seiner bisherigen Herrschaft zum Königreich Kastilien, das unter Ferdinands Fürsorge und verständiger Regierung immer mehr zu Glück und Macht emporstieg. Er schlug in der Schlacht von Atapuerta 1054 einen Angriff seines neidischen Bruders Garcias von Navarra zurück; vereinigte das navarresische Gebiet auf dem rechten Ebroufer mit Kastilien und erweiterte durch glückliche Kämpfe mit den Arabern die Grenzen seines Reichs beträchtlich nach Süden.

Bei seinem Tode 1067 teilte er sein Reich unter seine drei Söhne, von denen Sancho II. Kastilien, Alfons León und Asturien sowie García Galicien erhielt. Indes Sancho II. (1067-1072) vertrieb seine Brüder; nach feigem Meuchelmord (nicht bewiesen) bemächtigte sich sein Bruder Alfons VI. (1072-1109) des Reichs und teilte sich 1076 mit Aragonien in das Königreich Navarra. Er regierte mit Weisheit und Kraft und führte siegreiche Kriege gegen die Mauren im Zuge der Reconquista (Rückeroberung). In der unglücklichen Schlacht bei Ucles verlor er 1080 seinen einzigen Sohn Sancho. Unter ihm wurde das römisch-hierarchische Kirchensystem auch in Kastilien begründet.

Seine Tochter Urraca (1109–1126 Königin v. León-Castilla) war Thronfolgerin. Sie vermählte sich auf Wunsch des Vaters mit Alfons I. von Aragonien, doch gereichte die Vereinigung beider Reiche zu einem Königreich Hispanien keinem zum Segen. Nach einem blutigen Bürgerkrieg, aus dem Portugal 1139 als unabhängige Nation hervortritt, trennten sich die Königreiche wieder. Dank der Hilfe des kastilischen Adels konnte die „Königin von Spanien“, Urraca, ihrem Sohn Alfons VII. Raimundez das Königreich erhalten.

Kastilien mit León und Galicien wurde das Gebiet Alfons VII. (1127-1157), welcher den Titel eines „Kaisers von Spanien“ annahm und tapfer gegen die Araber focht. Unter seinen Söhnen und Nachfolgern wurde das kastilische Reich zerrissen, indem León, Galicien, Asturien und Navarra sich unabhängig machten.

In Kastilien folgte auf Alfons VII. Alfons VIII., der Edle (1157-1214). Dieser hinterließ die Krone seinem elfjährigen Sohn Heinrich I., der jedoch schon 1217 tödlich verunglückte.

Nun brachen wieder heftige Bürgerkriege aus, bis 1230 durch einen Vertrag Ferdinand III., Sohn von Heinrichs Schwester Berengaria und dem König Alfons IX. von León, als König von Kastilien und León anerkannt und dabei festgesetzt wurde, dass beide Staaten in Zukunft ein einziges, unteilbares Reich bilden, die Erbfolge auf den ältesten Sohn und in Ermangelung männlicher Erben auf die weibliche Linie übergehen sollte. Ferdinand III., der Heilige (1230-1252), war ein ebenso weiser Regent wie tapferer Feldherr; er eroberte 1236 Córdoba, 1248 Sevilla und brachte das Land bis zur Südküste unter kastilische Herrschaft, ja sogar Granada in Lehnsabhängigkeit von Kastilien.

Ihm folgte 1252-1284 sein ältester Sohn, Alfons X., der Weise, der mit großer Freigebigkeit Künste und Wissenschaften unterstützte. Er bedrückte aber das Land mit neuen Steuern und erregte dadurch, dass er die Söhne seines erstgeborenen Sohns Ferdinand vom Thron ausschloss und seinen zweiten Sohn Sancho zum Nachfolger bestimmte, einen Thronstreit, an dem sich namentlich Frankreich beteiligte und der Kastiliens Macht bedeutend schwächte, das Volk verwilderte und den Adel zu Trotz und Überhebung verleitete. Unter Sancho IV. (1284-1295) brach bereits eine Empörung der mächtigen Edelleute aus. Gegen den minderjährigen Ferdinand IV. (1295-1312), dessen legitime Geburt angezweifelt wurde, erhoben sich mehrere Prätendenten und auch die Nachbarreiche suchten sich auf Kosten Kastiliens zu vergrößern; aber seine Mutter María de Molina, welche die Regentschaft führte, wusste diese Gefahren durch Weisheit und Standhaftigkeit zu überwinden. Neue Streitigkeiten brachen aus, als nach Ferdinands plötzlichem Tode die Krone an dessen zweijährigen Sohn Alfons XI. (1312-1350) fiel; das Reich wurde durch diese inneren Kämpfe völlig zerrüttet.

Erst 1335 gelang es Alfons, durch Grausamkeit und Hinterlist, der Empörungen Herr zu werden und durch die Bewilligung der Alcavala (einer Steuer) eine unabhängige Stellung zu gewinnen. Er eroberte darauf 1344 Algeciras und starb bei der Belagerung von Gibraltar 1350.

Ihm folgte Peter der Grausame (1350-1369), der durch seine Greueltaten eine Erhebung seines Halbbruders Heinrich von Trastámara veranlasste und 1369 von diesem bei Montiel geschlagen und getötet wurde.

Heinrich II. (1369-1379) behauptete den Thron gegen Peters Schwiegersohn Johann von Lancaster (John of Gaunt) und erwarb Vizcaya.

Sein Sohn Johann I. (1379–1390) führte Krieg mit Portugal und England um den Besitz seines Throns, einigte sich aber 1387 im Vertrag von Bayonne mit dem Haus Lancaster und 1389 mit Portugal. Ihm folgte der elfjährige Heinrich III. (1390–1406), dessen Minderjährigkeit Streitigkeiten über die Reichsverwaltung veranlasste, die das Land furchtbar zerrütteten. Da erklärte sich der junge 14-jährige König 1393 für mündig, vermählte sich mit Katharine von Lancaster und führte die Regierung selbst und dies mit großer Energie. Unter ihm wurden 1402 die Kanarischen Inseln neuentdeckt.

Durch die Heirat von Isabella I. von Kastilien und Fernando II. von Aragón, der Katholischen Könige, im Jahr 1469 wurde Kastilien mit Aragon in Personalunion vereinigt, was den spanischen Einigungsprozess weiter vorantrieb. Beide Reich wurden aber weiterhin getrennt voneinander verwaltet, so war ausschließlich Isabella berechtigt in kastilischen Angelegenheiten zu urteilen. Erst als Karl I. (ab 1519 als Karl V. auch römisch-deutscher Kaiser) 1516 von seines Großvater Ferdinand die Krone Aragon erbte wurden die beiden Reiche auch politisch vereint. In wirtschaftlicher Hinsicht standen die Königreiche aber weiter Rücken an Rücken: Aragón war mehr auf das Mittelmeer ausgerichtet, während für Kastilien bereits der Atlantische Ozean eine größere Bedeutung besaß. Die Entdeckung und Eroberung Amerikas ab 1492 erfolgte daher im Namen der Krone von Kastilien - theoretisch waren die Untertanen der Krone von Aragón in Spanisch-Amerika Ausländer.

Herrscher von Kastilien

Grafen von Kastilien (Haus Kastilien)

  • Paterna, Señora de Castilla; ∞ 842 Ramiro I., König von Asturien (Haus Kantabrien)
  • Rodrigo, † 873, wohl deren Sohn, 852/872 Conde de Castilla
  • Diego Rodríguez Porcelos, † 885, dessen Sohn, 873 bis wohl 885 Conde de Castilla
  • Nuño Núñez el de Castrojeriz, 899/900 Conde de Castilla, wohl ein Schwager von Diego Rodríguez (Haus Kastilien)
  • Gonzalo Téllez, † vor 929, 903 Conde de Castilla, wohl Schwager von Gonzalo Fernández (siehe unten)
  • Gonzalo Fernández de Lara, † 932, Schwiegersohn und Neffe von Nuño Núñez el de Castrojeriz, † 932, 910 Conde de Castilla
  • Nuño Núñez el de Roa, Sohn von Nuño Núñez el de Castrojeriz, 914/915 Conde de Castilla
  • Gonzalo Fernández de Lara, † 932, 916 (erneut) Conde de Castilla
  • Fernando Ansúrez, 916/920 Conde de Castilla, Schwiegersohn von Munio Fernández (siehe unten)
  • Fernando Diaz, † wohl 923, Sohn von Diego Rodríguez, 917/923 Conde de Castilla
  • Munio Fernández de Amaya, † nach 932, desse Bruder, 921/927 Conde de Castilla(um 925 spalten sich die Grafen vom Königreich León ab)
  • Gonzalo Fernández de Lara, † 932, 930/932 erneut Conde de Castilla
  • Fernando Ansúrez, 927/930 (erneut) Conde de Castilla
  • Fernán González, Sohn von Gonzalo Fernández, 929 Conde de Lara, 932/970 Conde de Castilla
  • García Fernández, † 995, dessen Sohn, 970/995 Conde de Castilla
  • Sancho García, † 1017, dessen Sohn, 995/1017 Conde de Castilla
  • García II. Sánchez, † ermordet 1029, dessen Sohn, 1026/29 Conde de Castilla
  • Nach seiner Ermordung fällt Kastilien an den Ehemann seiner Schwester Munia Mayor
  • Sancho el Mayor, † 1035, König von Navarra, Graf von Kastilien (Haus Jiménez)
  • Ferdinand (Fernando) I., † 1065, dessen Sohn, 1029/35 Conde de Castilla, 1035/65 König von Kastilien, 1037/65 König von León

Könige von Kastilien

Haus Jiménez

  • Name                                   Herrschaftsbeginn         Herrschaftsende             Anmerkung
  • Ferdinand I., der Große            4. September 1037         27. Dezember 1065          erster König von Kastilien, zudem König von León
  • Sancho II., der Starke            27. Dezember 1065           6. Oktober 1072             Sohn von Ferdinand I., ab 12. Januar 1072 auch König von León
  • Alfons VI., der Tapfere            6. Oktober 1072             30. Juni 1109                  Sohn von Ferdinand I., Bruder von Sancho II., zudem König von León
  • Urraca                                  30. Juni 1109                    8. März 1126                 Tochter von Ferdinand I., zudem Königin von León

Haus Burgund-Ivrea

  • Name                                   Herrschaftsbeginn         Herrschaftsende             Anmerkung
  • Alfons VII., der Kaiser            10. März 1126                21. August 1157              Sohn von Urraca, zudem König von León
  • Sancho III., der Ersehnte        21. August 1157              31. August 1158              Sohn von Alfons VII.
  • Alfons VIII., der Edle             31. August 1158                6. Oktober 1214            Sohn von Sancho III.
  • Heinrich I.                              6. Oktober 1214               6. Juni 1217                  Sohn von Alfons VIII.
  • Berenguela die Große               6. Juni 1217                   30. August 1217              Tochter von Alfons VIII., freiwillige Abdankung
  • Ferdinand III., der Heilige       30. August 1217              30. Mai 1252                   Sohn von Bernguela, seit 1230 König von León

Könige von Kastilien und León

  • Name                                   Herrschaftsbeginn         Herrschaftsende             Anmerkung
  • Ferdinand III., der Heilige       30. August 1217              30. Mai 1252                   Sohn von Bernguela, seit 1230 König von León
  • Alfons X., der Weise              30. Mai 1252                    4. April 1284                  Sohn von Ferdinand III., zudem römischer König
  • Sancho IV., der Tapfere           4. April 1284                 25. April 1295                  Sohn von Alfons X.
  • Ferdinand IV., der Gerufene    25. April 1295                  7. September 1312          Sohn von Sancho IV.
  • Alfons XI., der Rächer             7. September 1312         26. März 1350                 Sohn von Ferdinand IV.
  • Peter I., der Grausame           26. März 1350                 23. März 1369                 Sohn von Alfons XI.

Haus Trastámara

  • Name                                   Herrschaftsbeginn         Herrschaftsende           Anmerkung
  • Heinrich II., der Bastard         12. März 1369                 29. Mai 1379                  unehelicher Sohn von Alfons XI.
  • Johann I.                              29. Mai 1379                     9. Oktober 1390           Sohn von Heinrich II.
  • Heinrich III., der Kränkliche     9. Oktober 1390             25. Oktober 1406           Sohn von Johann I.
  • Johann II.                             25. Oktober 1406             21. Juli 1454                  Sohn von Heinrich III.
  • Heinrich IV., der Impotente     21. Juli 1454                   14. Dezember 1474         Sohn von Johann II.
  • Isabella I., die Katholische       14. Dezember 1474          26. November 1504       Tochter von Johann II. herrschte zusammen mit ihrem Ehemann Ferdinand V.; war zugleich Königin von Aragonien
  • Ferdinand V., der Katholische  14. Dezember 1474          26. November 1504       herrschte zusammen mit seiner Ehefrau Isabella I.; war zugleich König von Aragonien
  • Johanna I., die Wahnsinnige    26. November 1504         12. April 1555           Tochter von Isabella I. und Ferdinand V. regierte bis 1506 mit ihrem Ehemann Phillip I.; danach Amtsunfähigkeit; ab 1516 auch Königin von Aragonien
  • Phillip I., der Schöne              26. November 1504         25. September 1506         regierte bis 1506 mit seiner Ehefrau Johanna I.
  • Ferdinand V., der Katholische  25. September 1506         23. Januar 1516              Vater von Johanna I., hatte die Regentschaft für seine Tochter inne
  • Karl I.                                   23. Januar 1516               16. Januar 1556              Sohn von Johanna I. und Phillip I. regierte zusammen bzw. mit seiner amtsunfähgen Mutter; war gleichzeitig König von Aragonien

Zitat

Kastilien hat Spanien gemacht, und Kastilien vernichtet es. - José Ortega y Gasset (Aufbau und Zerfall Spaniens, 1921)

     

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Brügge

Brügge (niederl.: Brugge, franz.: Bruges) ist die Hauptstadt und mit etwa 117.000 Einwohnern die größte Stadt der Provinz Westflandern in Belgien. Außerdem ist Brügge Bischofssitz der katholischen Kirche für das Bistum Brügge.

Der mittelalterliche Stadtkern wurde im Jahr 2000 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt. Im Jahr 2002 war Brügge Europäische Kulturhauptstadt.

Brügge beherbergt das renommierte Europakolleg (College of Europe) und verfügt über einen wichtigen Seehafen im Teilort Zeebrügge.

Toponomastik

Woher der Name Brugge (Brügge) stammt, ist nicht exakt bekannt. Möglicherweise ist es eine Verballhornung des keltischen Namens für den inzwischen kanalisierten Fluss Reie, der durch Brügge strömte und in der Nordsee mündete. Reie stammt vom keltischen Wort Rogia, das „Heiliges Wasser“ bedeutet; die Kelten sahen Flüsse und Brunnen als göttliche Wesen an. Durch Evolution könnte der Name des Flusses Rogia oder Ryggia zum Namen der Stadt geworden sein, Bryggia.

Er ist auch möglich, dass es in späteren Jahrhunderten eine Kontamination mit dem altnordischen Wort bryggja gegeben hat, das „Landungsbrücke“ oder „Kai“ bedeutet. Seit dem Jahre 800 gab es auf Grund des Handels über die Nordsee und wegen der Invasionen der Normannen viele Kontakte mit Skandinavien. Die Bezeichnung Brugge zeigt Ähnlichkeit mit Bryggen, dem historische Hafen von Bergen, der genau wie Brügge seit dem 14. Jahrhundert zu einer wichtigen Stadt der Hanse geworden war.

Weniger wahrscheinlich ist ein Ursprung aus dem Wort brug (Brücke). Sprachwissenschaftlich hätte der Name dann eher Brigge lauten müssen (zum Vergleich mit dem Englischen bridge, dem Altenglischen brycg, dem Friesischen brigge oder bregge und dem Gallischen briva). Ein Ursprung aus dem Wort burcht (Burg) scheint auch unwahrscheinlich; zum Vergleich mit Oudenburg und Aardenburg, die wie Brügge auf einem wichtigem Handelsweg lagen und aus einer römischen Siedlung entstanden sind.[1]

Geschichte

Bereits im 2. und 3. Jahrhundert befand sich auf dem Grundgebiet von Brügge eine gallo-römische Siedlung. Die Bewohner dieser Siedlung waren nicht nur Landwirte, sondern auch Händler, die Kontakte mit England und mit dem Rest von Gallien unterhielten. In der Mitte des 9. Jahrhunderts baute Balduin Eisenarm die Festung am heutigen Burgplatz aus, zum Schutz vor Angriffen der Normannen. Brügge erhielt 1128 das Stadtrecht.

Zur Zeit der Hanse

1134 riss eine Sturmflut eine Fahrrinne in die Meeresbucht Zwin, so dass die Stadt danach direkten Zugang zur Nordsee hatte. Brügge konnte am internationalen Handel partizipieren, der die Wollproduzenten Englands mit den Weinproduzenten der Gascogne und den flandrischen Tuchmachern verband.

Die Stadt erhielt 1200 das Recht, einen eigenen jährlichen Markt abzuhalten. Bald kamen auch Händler vom Rhein und, als die Hanse zu expandieren begann, auch Kaufleute aus Lübeck und Hamburg in die Stadt. 1253 wurden ihnen von Gräfin Margarete von Flandern spezielle Privilegien wie niedrigere Zölle zugesichert. Die Hanse errichtete in Brügge – neben dem Stalhof in London und der Bryggen in Bergen – eines von drei Kontoren an der Nordsee, wobei Brügge als messeähnlicher Standort die größten Umsätze erzielte und so die Hanse mit Märkten außerhalb ihres eigenen Gebiets verband. Das Zentrum dieses Kontors, das Haus der Osterlinge, ist in Resten noch vorhanden.

Im 13. Jahrhundert gehörten neben der Hanse Händler aus Genua, Venedig und Florenz ebenso wie aus Süddeutschland, Kastilien, Portugal oder Schottland zu den regelmäßigen Besuchern der Stadt. Im Haus der Kaufmannsfamilie Van der Beurse entstand das erste „Börsengebäude“; die Bezeichnung Börse soll auf diesen Familiennamen zurückgehen. 1302 stärkt der für Flandern positive Ausgang der Sporenschlacht das bürgerliche Selbstverständnis der Städte Flanderns, auch in Brügge.

Der 1337 ausbrechende und bis 1457 andauernde Hundertjährige Krieg hatte aus der Sicht Flanderns vor allem einen wirtschaftlichen Hintergrund: den Kampf der großen Mächte um die Tuchindustrie Flanderns rund um den Weltmarkt in Brügge.

Ab dem 16. Jahrhundert

Im 15. Jahrhundert wurde Brügge von burgundischen Herzögen regiert, die die Stadt kulturell, architektonisch und wirtschaftlich zu hoher Blüte brachten. Gegen Ende des Mittelalters war Brügge die reichste Stadt Nordeuropas. Zum Ende des 15. Jahrhunderts versandete der Zwin und schnitt der Stadt damit den direkten Zugang zum Meer ab, woraufhin sich auch der burgundische Hof aus der Stadt zurückzog. Kaiser Maximilian I. beschränkte die Rechte der Stadt, die führende Position der Stadt in Flandern wurde an Antwerpen abgegeben.

Die Stadt verarmte und kam von 1524 bis 1713 unter spanische Herrschaft. Die Hugenottenkriege trugen weiter zum Verfall bei. In der Stadt herrschte über Jahrhunderte Stillstand; nacheinander herrschten hier das Kaiserhaus Habsburg (1713 bis 1795), Frankreich (1795 bis 1815) und die Niederlande (bis 1830) über Brügge. Danach wurde Flandern und damit Brügge ein Teil des neuen Königreiches Belgien. An der im 19. Jahrhundert aufkommenden Industrialisierung hatte die Stadt praktisch keinen Anteil.

Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts erhielt Brügge einige Aufmerksamkeit als Kulturstadt, als der Schriftsteller Georges Rodenbach die Stadt in seinem Roman Bruges la Morte beschrieb. Als 1907 ein Anschluss an den Seehafen Zeebrügge geschaffen wurde, erhielt Brügge neue wirtschaftliche Perspektiven. Seit 1949 beherbergt Brügge das Europakolleg (College of Europe) als renommierte Europa-Hochschule, 1960 wurde die Stadt mit dem Europapreis für ihre hervorragenden Bemühungen um den europäischen Integrationsgedanken ausgezeichnet. Heute profitiert Brügge von dem jahrhundertelangen Stillstand, da der mittelalterliche Stadtkern unverbaut erhalten geblieben ist und die Grundlage für den Tourismus bildet.

Stadtteile

  • Innenstadt Brügge, Sint-Pieters und Sint-Jozef (I)
  • Koolkerke (II)
  • Sint-Andries (III)
  • Sint-Michiels (IV)
  • Assebroek (V)
  • Sint-Kruis (VI)
  • Dudzele (VII)
  • Lissewege, Zeebrügge und Zwankendamme (VIII)

Tourismus und Sehenswürdigkeiten

Die mittelalterliche Altstadt, die von Wallanlagen, auf denen sich Windmühlen befinden, und Kanälen umgeben ist, ist sehr gut erhalten, da sie nie durch Kriege oder großflächige Brände zerstört wurde. Die Stadt ist sowohl auf gepflasterten Straßen als auch per Bootstour erkundbar.

Die Kanäle, die die Stadt durchziehen, nennen die Einheimischen Reien, nach dem im Mittelalter vollständig kanalisierten Flüsschen Reie. Sie dienten dem Warentransport zum Zwin.

Einige der Sehenswürdigkeiten sind:

  • Sint-Salvator-Kathedrale
  • Liebfrauenkirche mit der Madonna von Michelangelo
  • Beginenhof
  • Tuchhallen und Belfried
  • Rathaus
  • Heilig-Blut-Basilika
  • Altes Sankt-Jans-Spital, das erste städtische Krankenhaus der Neuzeit
  • Die vier übriggeblieben alten Stadttore: Gentpoort, Kruispoort, Smedenpoort und Ezelpoort
  • Marktplatz (Grote Markt)

Kunst und Kultur

Museen

Die städtische Museen in Brügge sind unterteilt in die Kategorien „Schöne Künste“ (vom 15. bis zum 21. Jahrhundert), „Bruggemuseum“ (Sammelname für elf historische Museen) und „Hospitaalmuseum“ (Hospitalmuseen).

Die drei Museen der Schönen Künste sind das Groeningemuseum (mit der Kollektion der flämischen Primitiven und Gemälden und Skulpturen der Renaissance, des Barock, des Klassizismus und des Expressionismus), das Arentshaus und Forum+ (im Concertgebouw), eine Plattform der zeitgenössischen Kunst.

Bruggemuseum enthält das Archäologie-Museum, den Gentpoort, den Belfried, das Rathaus, das Brügger Freiamt, das Gruuthusemuseum, die Liebfrauenkirche, das Heimatmuseum, die Koelewei-Mühle, die Sint-Janshuis-Mühle und das Guido-Gezelle-Museum.

Die zwei Hospitalmuseen sind das Alte Sankt-Jans-Spital mit dem Memling in Sint-Jan - Hospital Museum (unter anderem mit Werken von Hans Memling) und „Unserer Lieben Frau zur Potterie“.

Privatmuseen in Brügge sind das Beginenhaus, das Brauereimuseum, das Diamantmuseum, das Schokoladenmuseum Choco-Story, das Englische Kloster, das Pommes-Frites-Museum, die Heilig-Blut-Basilika, der Hof Bladelin, die Jerusalemskirche, das Lampenmuseum Lumina Domestica, Museum-Gallery Xpo: Salvador Dalí, das Spitzenzentrum, die St.-Georgs-Schützengilde, die St.-Sebastian-Schützengilde, die St.-Salvator-Kathedrale, die St.-Trudo-Abtei, die Sternwarte Beisbroek und das Kloster Ter Doest in Lissewege.

Theater und Konzertsäle

Brügge hat verschiedene Theater und Konzertsäle. Die wichtigsten sind das für Brügge 2002 – Europäische Kulturhauptstadt neugebaute Concertgebouw („Konzertgebäude“), die Stadsschouwburg, Biekorf, De Dijk, De Werf, der Magdalenazaal, Het Entrepot und der Joseph Ryelandtzaal.

Kinos

Die drei Kinos in Brügge sind Cinema Lumière für nicht-kommerzielle Filme, Cinema Liberty, ein kleines kommerzielles Kino, und das große Komplex von Kinepolis in Sint-Michiels.

Verkehr, Wirtschaft und Bildung

Verkehr

  • Brügge ist durch die Autobahnen A10/E 40 Brüssel-Ostende, A18/E 40 Brügge-Frankreich, A10/E 403 Brügge-Doornik und N49/E 34 Antwerpen-Brügge/Zeebrügge/Knokke-Heist erschlossen.
  • Der Hauptbahnhof von Brügge liegt an den Eisenbahnlinien Brüssel-Ostende (Strecke 50A), Brügge-Kortrijk (Strecke 66) und Brügge-Blankenberge (Strecke 51); weitere Strecken führen nördlich nach Zeebrügge (Strecke 51A) und nordöstlich nach Knokke-Heist (Strecke 51B). Zwischen 1863 und 1959 gab es auch eine weitere Verbindung (Strecke 58) nach Eeklo. Rund um die Uhr gibt es unter anderem mehrere IC-Verbindungen in andere wichtige Städte Belgiens. Der Hauptbahnhof ist auch ein Stopp für den Thalys Paris-Brüssel-Ostende.
  • Mit Gent, Ostende und Sluis ist es über den Kanal Gent-Brügge, Brügge-Ostende und Brügge-Sluis verbunden, und mit Zeebrügge, an der Nordsee, über dem 12 km langen, für Seeschiffe befahrbaren Boudewijnkanal.
  • Der nächstgelegene Flughafen ist der Internationale Flughafen Ostende-Brügge in Ostende, ungefähr 25 km vom Zentrum von Brügge.
  • Der öffentliche Stadtverkehr in Brügge besteht aus einem umfangreichen Busnetz. Betreiber ist die Gesellschaft De Lijn.

Hafen

Der Hafen von Brügge-Zeebrügge gilt als einer der modernsten und wichtigsten in Europa. Seine Hauptvorteile sind seine geographische Lage an der Nordsee mit der Straße von Dover, die Nähe zu England und sein Zugang mit großen Wassertiefen.

Bildung

In Brügge befindet sich unter anderem das renommierte Europakolleg, ein unabhängiges postgraduales Hochschulinstitut für europäische Studien.

Sport

Fußball

Erste Division:

  • FC Brügge
  • Cercle Brügge

Beide spielen im Jan-Breydel-Stadion (30.000 Sitzplätze) in Sint-Andries. Jedoch gibt es Pläne ein neues Stadion mit 45.000 Sitzplätzen zu bauen in der Nähe der Kreuzung der Europastraßen E40 und E403.

Im Jahr 2000 war Brügge eine der acht Gastgeberstädte der Fußball-Europameisterschaft.

Fahrradrennen

In Brügge befindet sich der Startpunkt für die Flandern-Rundfahrt.

Brügge in den Medien

Film und Fernsehen

Filme, die (überwiegend) in Brügge spielen (Auswahl):

  • Geschichte einer Nonne, Regie Fred Zinnemann, USA, 1959
  • Herz aus Schokolade, Regie Oliver Dommenget, Deutschland, 2008
  • Brügge sehen… und sterben?, Regie Martin McDonagh, Irland, Vereinigtes Königreich, 2008
  • Aspe (Fernsehserie), belgische Krimiserie, seit 2004

Literatur

  • Georges Rodenbach: Das tote Brügge, Reclam, Ditzingen 1986, ISBN 3-15-005194-0.
  • Die Kriminalromane des belgischen Schriftstellers Pieter Aspe, die in Brügge spielen.

Persönlichkeiten

Söhne und Töchter der Stadt

  • Pieter Aspe, Kriminalschriftsteller
  • Pierre Basin, Sänger
  • Arsène Becuwe, Komponist und Dirigent
  • Arnold von Bruck, österreichischer Komponist
  • Peter Candid, Maler und Grafiker
  • Eugène Charles Catalan, Mathematiker
  • Hugo Claus, Schriftsteller
  • Albert Van Coile, Fußballspieler
  • Jean Cordier, Priester, Sänger, Botschafter der Medicis in Brügge
  • Octave Delepierre, Schriftsteller
  • Paul Devaux, Politiker
  • Edgar Everaert, Fußballspieler und Gründer des Club Unión
  • Guido Gezelle, Dichter des 19. Jahrhunderts
  • Franciscus Gomarus, reformierter Theologe
  • Eugène Goossens, Dirigent
  • Jens Keukeleire, Radrennfahrer
  • Nicolas Lombaerts, Fußballspieler
  • Henri Milne Edwards, französischer Naturforscher
  • Joseph-Denis Odevaere, Maler
  • Tony Parker, französischer Basketballspieler
  • Philipp I. (Kastilien), erster spanischer König aus dem Hause Habsburg
  • Joseph Ryelandt, Komponist und Direktor des Konservatoriums
  • Simon Stevin, niederländisch-belgischer Mathematiker, Physiker und Ingenieur
  • James Vanlandschoot, Radrennfahrer

Persönlichkeiten, die vor Ort gewirkt haben

  • Gilles Binchois, Komponist, Dichter und Kleriker
  • Antoine Busnoys, französischer Komponist, Sänger, Dichter und Kleriker
  • William Caxton, der erste englische Buchdrucker
  • Petrus Christus, niederländischer Maler
  • Gerard David, altniederländischer Maler
  • Guy Duijck, belgischer Komponist, Professor und Dirigent
  • Franky Van Der Elst, Fußballspieler
  • Jan van Eyck, Vertreter der altniederländischen Malerei
  • Gilles Joye, Theologe, Dichter, Sänger und Komponist
  • Hans Memling, deutscher Maler der niederländischen Schule
  • Jacob Obrecht, flämischer Komponist und Sänger sowie Kleriker der Renaissance
  • Werner Quintens, belgischer römisch-katholischer Priester
  • Jacek Saryusz-Wolski, 1997 bis 1999 Vizerektor des Europakollegs in Brügge
  • Guy Thys, belgischer Fußballtrainer
  • Johan Vandewalle, Orientalist
  • Hildebrand Veckinchusen, Kaufmann der Hansezeit
  • Gaspar van Weerbeke, Komponist und Sänger
  • Joseph H. H. Weiler, Professor für Internationales Recht und Europarecht am Europakolleg in Brügge

Städtepartnerschaften

  • Burgos (Spanien), 2007

Fußnoten

  1. ↑ Brugge, stad met vele gezichten - Andries Van den Abeele
  2.  

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Hansekontor in Brügge

Das Hansekontor in Brügge war das wirtschaftlich bedeutsamste der vier Kontore der Hanse. Das Kontor führte ein Siegel mit dem doppelköpfigen Reichsadler, das ihm im Jahr 1486 von Kaiser Friedrich III. verliehen worden war. Das Hansekontor in Brügge war eine völkerrechtlich anerkannte Interessenvertretung der Hanse. Sie hatte eine eigene Jurisdiktion. Die in Brügge tätigen Kaufleute aus Hansestädten waren Zwangsmitglieder. Das Hansekontor in Brügge hatte die Stellung einer auswärtigen Handelskammer der Hanse in Brügge mit konsularischen Befugnissen.

Geschichte

Entstehungsvoraussetzungen

Die Hanse etablierte handelspolitisch die als juristische Person rechtlich selbstständigen Kontore an einigen wichtigen Handelsplätzen im Ausland, an denen dort erworbene Handelsprivilegien und die Interessen der dort tätigen Hansekaufleute des besonderen Schutzes bedurften. Die Stadt Brügge war um 1200 Messeplatz geworden und lag im Zentrum der flandrischen Tuchherstellung. Aufgrund einer Sturmflut im Jahr 1134 hatte sie durch den Zwin in Verbindung mit dem Reie einen Zugang zur Nordsee erhalten, der sie und ihren 1180 gegründeten Vorhafen im Städtchen Damme für die Koggen von der Nordsee her erreichbar machte. In den Jahren 1252 und 1253 privilegierte Gräfin Margarete II. von Flandern nach Verhandlungen mit dem Lübecker Ratsherren Hermann Hoyer und dem Hamburger Ratsherrn Jordan die deutschen Kaufleute aus Lübeck, Hamburg, Aachen, Köln, Dortmund, Münster und Soest. Der Schnittpunkt des internationalen Handels und die Messe in Brügge machten das Kontor in Brügge zu dem wirtschaftlich wichtigsten der deutschen Kaufleute. Diese wurden hier Osterlinge genannt, weil sie alle aus Städten kamen, die östlich von Brügge und Flandern lagen. Brügge bot seewärts die Verbindung zu London mit dem Stalhof als weiterem Kontor, aber auch den Handel mit Frankreichs Süden (Baiensalz, Wein) und der Iberischen Halbinsel. Landseitig war die Verbindung zum oberdeutschen Handel mit den Städten Süddeutschlands und Oberitaliens (Südfrüchte als Trockenfrüchte, Gewürze) gegeben. Die Kaufleute der Hansestädte Westfalens und des Rheinlandes, mit den Städten des wendischen Quartiers der Hanse an der südlichen Ostseeküste aus der Ostsiedlung oft familiär eng verbunden, lagen im direkten Hinterland dieses flandrischen Messeplatzes.

Die Handelssperre von 1280

Bereits in den Jahren 1280-82 galt es im Spannungsverhältnis zwischen dem Grafen Guido I. von Flandern und der Stadt Brügge taktierend die Privilegien zu bewahren und nach Möglichkeit auszuweiten. Die Stadt Brügge schränkte über Behinderungen und Schikanen nicht nur die deutschen Kaufleute, sondern auch die aus Südfrankreich und Spanien kommenden in ihren Handlungsspielräumen ein, in Verkennung ihrer wirtschaftlichen Bedeutung für den Standort.

Nach schriftlicher Rückversicherung bei den hauptsächlich betroffenen Städten beschloss daher der Rat der Stadt Lübeck zu handeln und entsandte den Ratsherrn Johann van Doway nach Flandern und Brügge. Die Stadt Brügge und ihr sog. Stapel wurden mit einem Handelsboykott belegt. Das Kontor verlegte seinen Sitz 1280 von Brügge nach Aardenburg. Die Folgen waren für Brügge desaströs, und 1282 konnte das Kontor schließlich nach Bestätigung der alten Privilegien nach Brügge zurückkehren.

Johann van Doway als einer der frühen Außenpolitiker der Hansestädte setzte damit vor Ort erfolgreich die in den nächsten Jahrhunderten noch perfektionierten Mittel hansischer Handelspolitik ein: zunächst Verhandlung mit allererster Priorität und dem Druckmittel des Boykotts, dann Wirtschaftsblockade und zuletzt den Seekrieg als Kaperkrieg. Damit unterschieden sich die Handelskriege der Hanse auch in ihren Mitteln deutlich von denen der Territorialfürsten, da sie nicht auf Landgewinn, sondern ausschließlich um geldwerte Privilegien und Kompensationen geführt wurden. Fremdes Territorium wurde hingegen ausschließlich nur „in Pfand genommen", um Kompensationen zu sichern, die nicht sofort geleistet werden konnten.

Die Bedeutung des Flandernhandels wird auch dadurch unterstrichen, dass der Lübecker Ratskanzler Albert von Bardewik 1299 die Vorschriften des Lübecker Seerechts für die Flandernfahrt gesondert schriftlich niederlegte.

Der zweite Flandernboykott

Der zweite Boykott Flanderns durch die Hanse erfolgte in den Jahren 1358-60 unter der Leitung des Lübecker Ratsherrn Bernhard Oldenborch und führte zum gleichen Ergebnis; die Privilegien wurden erneut gesichert und die Hanse für die entgangenen Gewinne entschädigt. Diplomatisch hatten die Hanseaten sich 1358 von Herzog Albrecht I. von Bayern, der zugleich Graf von Holland war, neue Privilegien für den Stapelplatz Dordrecht erteilen lassen. Das reichte, um 1360 die Geschäfte in Brügge in gewohnter Weise fortsetzen zu können, nachdem die alten Privilegien dort (nach dem Urteil der Hansesyndici) durch Graf Ludwig II. von Flandern rechtsfest bestätigt worden waren.

Die Handelssperren des Jahres 1388

Ein dritter Flandernboykott der Stadt Brügge wurde vom Hansetag des Jahres 1388 (zeitgleich mit weiteren Handelssperren gegen England und Russland) beschlossen, nachdem ein Auszug des Kontors zuvor 1378 von den örtlichen Behörden verhindert, die deutschen Kaufleute eingekerkert und ihre Handelsware beschlagnahmt wurde. Dieser Boykott war nicht so unmittelbar effektiv wie die beiden vorangegangenen. In Flandern waren Weberaufstände ausgebrochen, Philipp van Artevelde hatte im nachbarlichen Gent die Macht übernommen und die politischen Verhältnisse in der Grafschaft Flandern konnten erst 1382 in der Schlacht bei Roosebeke wieder stabilisiert werden. Gleichzeitig fehlte im Hansischen Lager der Rückhalt der preußischen Städte und die Hochmeister des Deutschen Ordens Winrich von Kniprode und Konrad Zöllner von Rotenstein hielten offen zu der Stadt Brügge und Flandern und damit gegen die sog. Wendischen Städte um Lübeck (siehe unten), was die interne Meinungsfindung und die diplomatischen Verhandlungen des Lübecker Bürgermeisters Simon Swerting mit den Flamen erschwerte. Die Verhandlungen mit Philipp dem Kühnen nach Beginn des Boykotts zogen sich vier Jahre hin, bis dieser die Privilegien erneut bestätigte und eine Einigung über die Höhe der an die Hanse zu zahlenden Abfindung erzielt werden konnte. Mit Zahlung der ersten Abfindungsrate kehrte das Kontor 1392 von Dordrecht nach Brügge zurück. Die Diplomatie der Hanse hatte ein letztes Mal über die Niederlande gesiegt.

Niedergang Brügges im 15. Jahrhundert

Nach längerer Zeit des Friedens, wenn auch nicht ohne Beschwerden der hanseatischen Kaufleute, spitzten sich die Verhältnisse nach dem Frieden von Arras (1435) wieder zu. Im Hafen von Sluis am Zwin wurden etwa 80 Deutsche von der einheimischen Bevölkerung erschlagen. Bereits 1425 hatte man wegen der Erfolglosigkeit einer diplomatischen Mission des Lübecker Bürgermeisters Jordan Pleskow einen erneuten Auszug des Kontors geplant, aber wegen der Auseinandersetzungen mit Dänemark davon Abstand genommen. Die Mordtat führte 1436 zur umgehenden Verlegung des Kontors nach Antwerpen, die zu einem vierten, bis 1438 andauernden Boykott führte. Er wurde erst durch eine Schadensersatzzahlung von 8000 Pfund Groschen abgebrochen. Mit dem Haus der Osterlinge erwarb das Hansekontor in Brügge erst im Jahr 1442 ein Gebäude in Brügge, dieses wurde im Jahr 1478 durch einen geräumigeren Neubau am Osterlingenplein ersetzt. Es blieb jedoch weiterhin bei den Versammlungen im Karmeliterkloster, dessen Kirche die Kirche der hansischen Kaufleute in Brügge war. Dort wurden 1474 auch die Urkunden des Friedensvertrages von Utrecht zwischen Hanse und England durch den Ältermann Johann Durkop getauscht[1].

Mit der zunehmenden Versandung des Seezugangs Zwin im 15. Jahrhundert sank die Bedeutung der Stadt Brügge als Handelsplatz. Nun beschloss der Hansetag 1442 - wohl auch gegen die mit den Umlandfahrern im Ostseeraum aufkommenden englische Konkurrenz -, dass nur in Brügge erworbene Tuche gehandelt werden durften. Aber bereits 1486 wurde die Zahl der Ältermänner des Brügger Kontors reduziert, und 1520 wurde das Kontor an die sandfreie Schelde nach Antwerpen verlegt, wo Mitte des Jahrhunderts unter dem Syndikus Heinrich Sudermann durch den Architekten Cornelis Floris II. noch einmal ein großes Haus der Osterlinge errichtet wurde. Das hielt den Niedergang des Kontors in dieser unruhigen Zeit aber nicht auf.

Strukturelle Unterschiede zu den anderen drei Kontoren

Im Gegensatz zu den anderen drei Kontoren der Hanse, dem Peterhof in Nowgorod, der Tyske Bryggen in Bergen und dem Stalhof in London wohnten und arbeiteten die Hansekaufleute in Brüggen nicht von der ortsansässigen Bevölkerung Brügges isoliert in einem eigenen umfriedeten Bezirk, sondern in sozialem Kontakt mit den Bürgern der Stadt. Zwar hatte 1252 der Wunsch der deutschen Kaufleute nach Errichtung einer eigenen umfriedeten Siedlung Neudamme unweit Dammes am Zwin bestanden, diese exterritoriale Lösung war jedoch von Gräfin Margarete abgelehnt worden. Brügge war jedoch der einzige Kontorsitz, an dem auch der Grunderwerb oder die Pacht von Häusern in der Stadt für einzelne ausländische Kaufleute statthaft war. Insofern hatte das Kontor in Brügge (im Gegensatz zu den drei anderen) zunächst kein eigenes Gebäude. Es nutzte für seine Versammlungen traditionell den Remter des Karmeliterklosters der Stadt. Dies wird auch damit erklärt, das die große Anzahl der deutschen Kaufleute in der Stadt, die zeitweilig 1.000 überstieg, die Unterbringung in einem abgeschlossenen Komplex schlichtweg unmöglich machte.

Insofern war auch die Kontorordnung zwar der in allen anderen Kontoren dem Grunde nach ähnlich. Auch in Brügge wurde das Kontor durch gewählte Älterleute vertreten. Aber es bestand kein Anlass zu derart rigiden Regelungen, wie sie in Nowgorod für den Peterhof in der sog. Nowgoroder Schra niedergelegt wurden. Die schriftliche Fassung erfolgte, soweit überliefert, auch wesentlich später[2].

In Anbetracht der Bedeutung des Handelsplatzes Brügge für so gut wie alle Städte der Hanse trat in Brügge eine besondere Rivalität der Hansestädte um Einfluss auf die Leitung der Angelegenheiten des Kontors auf. Hieraus resultiert die vom Kontor Brügge ausgehende spätere Aufteilung der Hanse zunächst in Drittel, später in Quartiere („Wendisches Viertel“), in denen die Interessen bestimmter Städtegruppen „gebündelt“ wurden.

Eines hatten jedoch alle Kontore gemeinsam, das Grundproblem des auf ausbedungenen Privilegien beruhenden Handels der Hanse insgesamt: Die Privilegien mussten sowohl gegen den ortsansässigen Handel wie die sich entwickelnden internationalen Märkte verteidigt werden. In dieser Verteidigung erworbener Rechte waren die Kontore selbst nur die Speerspitze vor Ort und auf den Rückhalt und die Einigkeit bei der Unterstützung gemeinsamer Interessen der in der Hanse selbst nur lose zusammengeschlossenen Hansestädte angewiesen.

Hansekaufleute in Brügge

Die Ausbildung eines Hansekaufmannes bedingte in jungen Jahren Auslandsreisen und längere Auslandsaufenthalte in den Kontoren und Faktoreien der Hanse. Der mehrjährige Aufenthalt im größten Kontor Brügge bot Karrierechancen: wer hier zum Ältermann des Kontors gewählt wurde und sich als solcher bewährte, stieg auch später bei Rückkehr in seine Heimatstadt meist an deren Spitze als Ratsherr und Bürgermeister auf. Als gutes Beispiel mag in diesem Zusammenhang der Lübecker Bürgermeister Hinrich Castorp gelten.

Das Leben und Wirtschaften der Hansekaufleute in Brügge wird deutlich anhand des fast vollständigen Briefwechsels des Hildebrand Veckinchusen (1370-1426) in der Edition von Wilhelm Stieda[3], einer der wichtigsten Quellen zur Beurteilung und Erforschung hansischer Wirtschaftsgeschichte des Spätmittelalters, gleichzeitig ein gut dokumentiertes Beispiel für das nahe beieinanderliegen von Aufstieg und Fall eines Kaufmannsschicksals jener Zeit.

Akten und Archiv des Kontors

Das Aktenarchiv samt den Abschriften der Hanserezesse des Brügger Kontors wurde 1594 von Antwerpen nach Köln als nächst gelegener Hansestadt verbracht und befindet sich heute im Historischen Archiv der Stadt Köln.[4]

Anmerkungen

  1. ↑ Schubert: Die Kontore, S.23
  2. ↑ Abdruck der Neufestsetzung der Statuten (1374) bei Philippe Dollinger: Die Hanse im Quellenanhang
  3. ↑  Hildebrand Veckinchusen, Briefwechsel eines deutschen Kaufmanns im 15. Jahrhundert, Leipzig 1921
  4. ↑ Joachim Deeters: Hansische Rezesse. Eine quellenkundliche Untersuchung anhand der Überlieferung im Historischen Archiv der Stadt Köln. in: Hammel-Kiesow (Hrsg.): Das Gedächtnis der Hansestadt Lübeck, Lübeck, Schmidt-Römhild 2005, S.427-446 (429ff) -mit Bestandssignaturen im Anhang- ISBN 3-7950-5555-5

Literatur

  • Albert von Bardewik: Specinem juris publici Lubecensis, quo pacta conventa et privilegia, quibus Lubecae per omnem propemodum Europam circa inhumanum jus naufragii (Strandes Recht) est prospectum, ex authenticis recensuit ... qui etiam mantissae loco Jus maritimum Lubecense antiquissimum / Ab Alberto de Bardewic a. 1299 compositum ex membranis edidit Jo. Carolus Henricus Dreyer (Hrsg.), Bützow ohne Jahresangabe
  • Philippe Dollinger: Die Hanse, Stuttgart 1998, ISBN 3-520-37105-7
  • Ernst Schubert: Novgorod, Brügge, Bergen und London: Die Kontore der Hanse in Concilium medii aevi 5, 2002 (S.1-50), auch als pdf [1]
  • Mike Burkhardt: Die Ordnungen der vier Hansekontore Bergen, Brügge, London und Novgorod, in: Graßmann, Antjekathrin (Hg.), Das Hansische Kontor zu Bergen und die Lübecker Bergenfahrer. International Workshop Lübeck 2003 (= Veröffentlichungen zur Geschichte der Hansestadt Lübeck. Herausgegeben vom Archiv der Hansestadt, Reihe B, Band 41), Lübeck 2005, S. 58-77.
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Herzogtum Schleswig

Das Herzogtum Schleswig (dänisch: Hertugdømmet Slesvig) existierte bis 1864. Hauptstadt war die Stadt Schleswig. Vorläufer des Herzogtums war im frühen Mittelalter das Jarltum Südjütland (Sønderjylland).

Geografie

Die Fläche des historischen Herzogtums Schleswig umfasste rund 9.200 km². Im Süden waren Eider und Levensau die Grenze zu Dithmarschen und Holstein; die Insel Fehmarn gehörte zu Schleswig. Die Eider-Grenze wurde bereits im 11. Jahrhundert von Adam von Bremen erwähnt. Im Norden bildete der Kongeå (deutsch Königsau) die Grenze zum übrigen Jütland. Im Westen befindet sich die Nordsee, im Osten die Ostsee.

Das Gebiet des Herzogtums in den Grenzen von 1864 teilt sich heute auf in den Landesteil Schleswig auf deutscher Seite, bestehend aus den Kreisen Nordfriesland, Schleswig-Flensburg, dem Nordteil des Kreises Rendsburg-Eckernförde und der Stadt Flensburg sowie Nordschleswig auf dänischer Seite, das bis 31. Dezember 2006 deckungsgleich mit dem Sønderjyllands Amt war, jetzt aber in der Region Syddanmark aufgegangen ist.

Bis 1864 gehörten dem Herzogtum noch sieben Kirchspiele südlich von Kolding, ein zwischen Königsau und Ribe (deutsch: Ripen) gelegener Landstrich und die Insel Ærø an. Nach der Übergabe Schleswigs an Preußen gelangten diese ausschließlich dänisch bevölkerten Gebiete im Tausch gegen die königlich dänischen Enklaven an der Westküste Schleswigs an das Königreich Dänemark. Im 13. und 14. Jahrhunderts gehörten den schleswigschen Herzögen auch Langeland sowie Gebiete auf dem südlichen Fünen.

Siedlungsgeschichte und Bevölkerung

Das Gebiet Schleswigs war zur Völkerwanderungszeit vor allem von westgermanischen Angeln besiedelt. Nachdem große Teile der Angeln zusammen mit den in Nørrejylland siedelnden germanischen Jüten[1] und den südlich Schleswigs siedelnden Sachsen im 4. und 5. Jahrhundert (insbesondere wohl um das Jahr 350)[2] zu den Britischen Inseln auswanderten, drangen von den Inseln zwischen Schweden und Jütland nordgermanische Dänen, deren ursprüngliche Heimat wahrscheinlich Schonen (im heutigen Südschweden) war, in das nun bevölkerungsarme Nordjütland ein und vermischten sich mit den Resten der Jüten und Angeln. Etwa zeitgleich mit dem Ende der dänischen Einwanderung siedelten ab dem 8. Jahrhundert Friesen an der Westküste, um sich der Expansion des Frankenreiches zu entziehen. Der Landstrich zwischen den Linien Eckernförde–Treene und Eider–Levensau war damals kaum besiedelt, von dichtem Wald bedeckt und wurde erst im hohen Mittelalter von aus Süden kommenden sächsischen Kolonisten besiedelt .[3] Im späten Mittelalter holten die Schleswiger Herzöge holländische, flämische und westfälische Kolonisten ins Land Quelle?, im 18. Jahrhundert im Rahmen der Kolonisation der Moor- und Heidelandschaft der schleswigschen Geest Kolonisten aus Württemberg, Schwaben, Hessen und der Pfalz.

Heute leben in beiden Teilen Schleswigs – im dänischen Norden und im deutschen Süden – Minderheiten der jeweils anderen Seite, deren Rechte durch die „Bonn-Kopenhagener Erklärungen“ von 1955 geregelt werden: Über die Zugehörigkeit kann jeder Einwohner selbst frei entscheiden.

Sprachen

Im Hochmittelalter war die Sprache Schleswigs bis an die Schlei und die Eckernförder Bucht nach der Einwanderung der Dänen zunächst das Alt- bzw. Mitteldänische bzw. Südjütisch (dialektal: Synnejysk, dänisch Sønderjysk), das aus Verschmelzung des Jütischen mit dem Dänischen hervorgegangen war Quelle?, seit dem 14. Jahrhundert verbreitete sich dann zunehmend Mittelniederdeutsch, zuerst vor allem in den Städten und dann in der adligen Oberschicht, in den darauffolgenden Jahrhunderten auch in den ländlichen Gebieten. Im frühen 19. Jahrhundert wurde Niederdeutsch schließlich Umgangssprache in Angeln, in den 1930er Jahren auch in fast allen der letzten wenigen dänisch-südjütischen Sprachinseln der Schleswigschen Geest (z.B. das Viöler Dänisch), sodass das südliche Schleswig ungefähr bis zur heutigen Grenze niederdeutsch- (als Schleswigsch) bzw. deutschsprachig geworden war.

Hochdeutsch hatte sich im Süden Schleswigs vor allem seit der Reformation im Zuge der Verwendung der Lutherbibel langsam ausgebreitet. In der Mitte des 17. Jahrhunderts verdrängte es das Niederdeutsche als Kirchen- und Schulsprache, während Sønderjysk, Niederdeutsch und Nordfriesisch weiterhin die Sprache des Volks blieben. Die Bevölkerung im ländlichen Raum des heutigen Nordschleswig sprach auch im 19. Jahrhundert noch weitgehend Südjütisch, während die Städte auch Nordschleswigs bis zum 19. Jahrhundert mehrheitlich deutschsprachig geworden waren. Nach der Grenzziehung von 1920 ging hier Südjütisch zugunsten des Reichsdänischen (Hochdänisch) zurück, ein Prozess, der sich nach dem Zweiten Weltkrieg beschleunigte.

Heute gibt es auf beiden Seiten der Grenze nationale Minderheiten. Beide Minderheiten pflegen ihre Sprache mit einem Netz von Kindergärten und Schulen, die zu von jeweils beiden nationalen Bildungssystemen anerkannten Abschlüssen führen. Auf deutscher Seite leben über 10.000 dänische Muttersprachler,[4] die überwiegend die Variante Sydslesvigdansk sprechen, auf dänischer Seite etwa 15.000–25.000 deutsche Muttersprachler Quelle?. Ein kleiner Teil von ihnen spricht auch noch das Nordschleswiger Platt des Schleswigsch. Für die Zugehörigkeit zur deutschen bzw. dänischen Minderheit spielt die Sprache seit 1955 zumindest formal keine Rolle, entscheidend ist die Selbstzuordnung.

Der Dänische Schulverein für Südschleswig trägt zwei Gymnasien in Flensburg und Schleswig, ein Schülerwohnheim in Flensburg sowie 47 weitere Schulen mit zusammen 5.612 Schülern (Stand 2007)[5] und 55 Kindergärten, die 2000 von etwa 1.800 Kindern besucht wurden. In allen Institutionen wird mit Ausnahme des Faches Deutsch ausschließlich auf Dänisch unterrichtet. Die Dänische Zentralbibliothek für Südschleswig betreibt fünf dänische Bibliotheken.

Zur Pflege deutscher Sprache und Kultur betreibt der Schul- und Sprachverein für Nordschleswig ein Gymnasium in Apenrade, 15 weitere allgemeinbildende Schulen mit zusammen 1.350 Schülern und 24 Kindergärten mit 600 Kindern. In allen Bildungseinrichtungen wird ausschließlich auf Deutsch unterrichtet. Der Verband Deutscher Büchereien in Nordschleswig betreibt fünf deutsche Bibliotheken.

An der Westküste Schleswigs wurde seit dem 8. Jahrhundert Nordfriesisch gesprochen. Seit dem 17. Jahrhundert setzte sich jedoch Niederdeutsch auf Eiderstedt, Nordstrand, Pellworm und den Halligen durch und verbreitete sich zunehmend auf dem friesischen Festland. Heute beherrschen noch etwa 10.000 Nordfriesen Friesisch, vor allem auf den Inseln Amrum, Föhr, Sylt und Helgoland sowie in der Gegend von Risum-Lindholm.

Geschichte

Übersicht

Das Jarltum Schleswig bildete sich im Hochmittelalter innerhalb Dänemarks als Lehen heraus. Im 12. und 13. Jahrhundert nahmen die Jarle nach deutschem Vorbild den Herzogtitel an und behaupteten zunehmend ihre Autonomie gegenüber dem dänischen Königshaus. Nach dem Aussterben des Abelgeschlechts im 14. Jahrhundert gelang es den Schauenburgern, die erbliche Belehnung mit dem Herzogtum Schleswig zu erhalten. Die dynastische Verflechtung zwischen dem Herzogtum Schleswig, der Grafschaft Holstein und dem Königreich Dänemark sollte von da an 500 Jahre lang die Geschichte bestimmen.

Entstehung des Herzogtums

Nach der Unterwerfung der Sachsen durch Karl den Großen wurden das Frankenreich und Dänemark zu Nachbarn. Karl der Große und der Dänenkönig Gudfred vereinbarten 808 als Grenze die Eider, die daraufhin über ein Jahrhundert unangetastet festlag.

Unter den Kolonisationsbestrebungen des sächsischen Königs Heinrich I. wurde 934 das Gebiet zwischen Eider und Schlei mit der Stadt Schleswig erobert und diente den Kaisern des Heiligen Römischen Reichs Otto I., Otto II., Otto III., Heinrich II. und Konrad II. unter dem Namen Mark Schleswig (auch Dänische Mark) als Grenzmark.

Nachdem Kaiser Konrad II. bei seiner Heirat mit der Tochter Knuts des Großen von England, Dänemark, Schottland und Norwegen diesem Teile von Norddeutschland überlassen hatte, fiel 1025 die Mark Schleswig wieder an Dänemark und die Eidergrenze wurde erneut zur Grenze zwischen dem Heiligen Römischen Reich und Dänemark.

Die Könige von Dänemark setzten auf ihrer Seite der Grenze Statthalter ein, die zunächst den Titel Jarl führten. Dieses Amt wurde vorzugsweise an Mitglieder der Königsfamilie vergeben. Der letzte Jarl Schleswigs, der sich nach deutschem Vorbild Herzog nannte, war von 1119 bis 1130 Knud Laward. Der Schleswiger Herzog und Königssohn Abel ließ 1250 seinen Bruder Erik IV. ermorden und wurde an dessen Statt selber König von Dänemark. Unter seinen Söhnen spaltete sich die herzogliche Dynastie vom dänischen Königshaus ab.

Dynastische Auseinandersetzungen

Die Schauenburger Grafen, die seit dem frühen 12. Jahrhundert mit dem zum Heiligen Römischen Reich gehörenden benachbarten Holstein belehnt waren, unterstützten die Selbständigkeitsbestrebungen Schleswigs. Graf Gerhard III. von Holstein nötigte 1326 Waldemar III. von Dänemark zur Constitutio Valdemariana, die eine gemeinsame Regierung von Dänemark und Schleswig verbot. Nach dem Aussterben des Schleswiger Herzogsgeschlechts 1386 erzwangen die Schauenburger ihre erbliche Belehnung mit dem Herzogtum Schleswig durch das dänische Königshaus und der holsteinische Adel begann verstärkt, Besitz in Schleswig zu erwerben und die Kolonisierung voranzutreiben.

Als das Schauenburger Geschlecht 1459 mit dem Tod Adolfs VIII. ausstarb, war dem Adel in beiden Territorien daran gelegen, dass in beiden Gebieten weiterhin derselbe Herrscher regieren solle. Darum wählten sie König Christian I. von Dänemark, Norwegen und Schweden aus dem Hause Oldenburg, einen Neffen Adolfs VIII., zum Landesherrn. Im Vertrag von Ripen (Ribe) 1460 – der Wahlkapitulation Christians I. – stand unter anderem, dass se bliwen tosamende up ewig ungedelt. Obwohl dieser weit hinten in der Urkunde stehende Paragraf im zeitgenössischen Kontext nichts mit einer territorialen Unteilbarkeit zu tun hat,[6] wurde op ewig ungedeelt das Leitmotto der schleswig-holsteinischen Bewegung des 19. Jahrhundert, die eine Loslösung vom dänischen Gesamtstaat anstrebte.

Zerteilungen ab 1544

1544 wurden die Herzogtümer Schleswig und Holstein in drei Gebiete geteilt, die in etwa gleiche Steuerkraft hatten. Diese hingen jeweils räumlich nicht zusammen. Eines dieser Gebiete, als königlich dänischer Anteil bezeichnet, gehörte Christian III., dem König von Dänemark und Norwegen. Dessen zwei Halbbrüder, Johann II., Begründer der Nebenlinie Schleswig-Holstein-Hadersleben, und Adolf I., Begründer der Nebenlinie Schleswig-Holstein-Gottorf, erhielten jeweils eines der anderen beiden Gebiete.

Als 1580 Johann II. starb und mit ihm die Nebenlinie Schleswig-Holstein-Hadersleben endete, wurde das ihm 1544 zugeteilte Gebiet zur Hälfte dem König zugeschlagen und zur anderen Hälfte seinem Bruder Adolf I.

Im Jahr 1564 kam es zu einer weiteren Landesteilung, denn König Friedrich II. von Dänemark, der Sohn Christians III., trat seinem Bruder Johann (genannt „Johann der Jüngere“, der das Schloss Glücksburg 1582-87 errichten ließ) ein Drittel seines Anteils an Schlössern, Ämtern und Städten ab, eine "Subdivision", wodurch Johann der Jüngere Sonderburg, Arroe, Plön und Ahrensbök erhielt. Nach dem Tod seines Sohnes Alexander (1622–1627) teilte sich diese Sonderburger Linie des Hauses Oldenburg einerseits in die Linie des Erstgeborenen (Ernst Günther, 1627–1689), der zum Begründer des herzoglichen Hauses Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg wurde; Nachfahre dieses Ernst Günther war beispielsweise der in der Zeit von 1863 bis 1866 besonders bekannt gewordene Herzog Friedrich (Christian August) von Augustenburg (1829–1888) (genannt „Friedrich VIII.“). Andererseits entstand durch die Erbteilung von 1627 die jüngere Linie des „Hauses Sonderburg“ unter ihrem Begründer Herzog August Philip (1627–1675), die den Namen Schleswig-Holstein-Sonderburg-Beck (später: Sonderburg-Glücksburg) trug.

Um mehr Unabhängigkeit von der Krone zu gewinnen, suchte die herzogliche Linie Gottorf die Allianz zu Schweden. Im Großen Nordischen Krieg besetzte daraufhin Dänemark 1713 den herzoglichen Anteil Schleswigs. Von da an war Schleswig wieder vereinigt in königlich dänischer Hand. Im Frieden von Frederiksborg wurde die Annexion 1720 als rechtmäßig bestätigt und 1721 erfolgte auf Schloss Gottorf die Huldigung des dänischen Königs durch den Ritterstand. Zu einer Einigung des Herzogtums Holstein kam es erst 1773, als die herzogliche Linie nach Erlangung des russischen Zarenthrons zugunsten Dänemarks auf ihre holsteinischen Herrschaftsrechte verzichtete.

Nationale Auseinandersetzungen

Mit Aufkommen der nationalen Bewegungen entstand zum einen die Bestrebung des dänischen Bevölkerungsteils, das selbständige Herzogtum Schleswig vollständig in das dänische Königreich zu integrieren und Holstein an Deutschland abzutreten, zum anderen die Bestrebung der deutschen Bevölkerungsmehrheit in Schleswig-Holstein, die in eine Nationalbewegung mündete, zur Vereinigung der beiden Herzogtümer innerhalb eines deutschen Bundesstaates und somit der Loslösung von der dänischen Krone. Einige Schleswig-Holsteiner forderten auch, die Augustenburger Linie wieder als Herzöge einzusetzen.

Erste Gedanken, Schleswig anhand einer Sprachgrenze zu teilen, wurden schon 1830 entwickelt, doch hatte der Teilungsgedanke auf keiner Seite einen größeren Rückhalt, da sich die Mehrheit gesinnungsübergreifend als Schleswiger sah. Schleswig war zweimal Anlass für Konflikte im 19. Jahrhundert: 1848 protestierten die deutschen Liberalen gegen das Einbeziehen Schleswigs in eine gesamtdänische Verfassung, da Schleswig staatsrechtlich nicht zum Königreich Dänemark gehörte, und forderten darüber hinaus die Aufnahme Schleswigs in den Deutschen Bund bzw. in einen geplanten Deutschen Nationalstaat, während die dänischen Liberalen die Integration des Herzogtums ins Königreich Dänemark forderten (Eiderdänen). Nachdem sich die den aufständischen Schleswig-Holsteinischen Truppen zur Hilfe geeilten Truppen des Deutschen Bundes unter Führung Preußens auf internationalen Druck hin aus Jütland zurückgezogen hatten, unterlagen die Schleswig-Holsteiner 1851 den Dänen. In der Folgezeit verschärfte die dänische Krone ihre Politik der Danisierung (u. a. Sprachreskripte für Mittelschleswig), so dass der Wunsch der mehrheitlich deutschgesinnten Schleswiger[7] nach einer Loslösung von Dänemark weiter virulent war.

1864–1867 – Von Dänemark zu Preußen

Als das Königreich Dänemark schließlich in seiner Novemberverfassung das Londoner Protokoll brach, kam es zum Deutsch-Dänischen Krieg von 1864 zwischen Dänemark und den Verbündeten Preußen und Österreich. Im Wiener Frieden musste Dänemark am 30. Oktober 1864 Schleswig, Holstein und Lauenburg an Preußen und Österreich abtreten, die es zunächst gemeinsam als Kondominium verwalteten. Die gemeinsame Verwaltung endete faktisch mit der Gasteiner Konvention 1865. Nach dem Deutschen Krieg 1866 fielen Schleswig und Holstein endgültig an Preußen; mit Lauenburg war Preußen bereits seit 1865 in Personalunion vereint. 1867 erfolgte die Vereinigung zur preußischen Provinz Schleswig-Holstein, der 1876 auch Lauenburg als Kreis Herzogtum Lauenburg einverleibt wurde.

Der Prager Frieden von 1866 enthielt auf Intervention Napoleon III. in Artikel 5 einen Volksabstimmungsvorbehalt für das nördliche Schleswig. Die faktisch Dänemark begünstigende Klausel wurde allerdings von Preußen und Österreich 1878 einvernehmlich annulliert. Im Optantenvertrag von 1907 erkannte schließlich auch Dänemark die Grenze von 1864 de facto an.

In der dänischgesinnten Bevölkerung Nordschleswigs blieb der Wunsch nach einem Anschluss an Dänemark stets lebendig, wobei allmählich auch einstige Gegner einer Teilung des Herzogtums diese notfalls für opportun hielten. In den 1880er Jahre begann sich die dänische Minderheit in Schleswig zu organisieren. 1901 forderte der dänische Historiker H. V. Clausen die Abtretung des nördlichen Schleswigs an Dänemark. Die von ihm vorgeschlagene Teilungslinie, die sogenannte Clausen-Linie, verlief nördlich von Tondern gen Flensburg, ließ die Zugehörigkeit der Stadt selbst allerdings offen. Gegen Ende des Ersten Weltkrieges, zwei Wochen nach dem Waffenstillstandsangebot des Deutschen Reiches, forderte Hans Peter Hanssen, seit 1896 Abgeordneter des preußischen Landtags und seit 1905 des Reichstags, erfolglos im deutschen Reichstag die Wiederaufnahme und Anwendung der 1878 annullierten Abstimmungsklausel.

1918–1920 – Teilung Schleswigs

Im Ersten Weltkrieg war Dänemark neutral. Als sich schon vor dem Waffenstillstand vom 11. November 1918 abzeichnete, dass dennoch die dänischen Forderungen in den Friedensvertrag eingehen würden, organisierte sich auch der deutsche Bevölkerungsteil.

Aufgrund des Drucks der Entente wurden im Versailler Vertrag Volksabstimmungen in Schleswig vorgesehen, die Anfang 1920 unter der Regie der CIS (Commission Internationale de Surveillance du Plébiscite Slesvig), die in dieser Zeit auch kommissarisch das Hoheitsrecht über Schleswig ausübte, im nördlichen und mittleren Teil durchgeführt wurden. Die Kommission bestand aus dem Franzosen Paul Claudel, dem Engländer Charles Marling, und – auf Wunsch der Alliierten – je einem Vertreter der im Ersten Weltkrieg neutralen Länder Schweden und Norwegen. Berater der CIS waren für Dänemark H. P. Hanssen, der inzwischen dänischer Ministerpräsident war, und für Deutschland Emilio Böhme. Dabei konnte die Ziehung der Grenzen für die Abstimmungszonen sowie die Festlegung jeweils unterschiedlicher Abstimmungsmodalitäten für die Zonen (en bloc im Norden, gemeindeweise in Süden) von Dänemark durchgesetzt werden. Auf Wunsch dänischer Nationalisten, die Schleswig bis zur Eider zu gewinnen hofften, wurde zeitweise sogar eine dritte Abstimmungszone bestimmt, doch rückte die damalige sozialliberal-sozialdemokratische Mehrheit im dänischen Folketing von dieser Forderung aber wieder ab.

In der nördlichen Abstimmungszone I (Nordschleswig) wurde am 10. Januar abgestimmt. Hier gab es bei 91,5 % Wahlbeteiligung rund 75.000 Stimmen (74,2 %) für Dänemark und 25.000 Stimmen (25,8 %) für Deutschland. Die En Bloc-Abstimmung führte dazu, dass neben den mehrheitlich für Deutschland votierenden Städten Apenrade (dänisch: Åbenrå) und Sonderburg (dänisch: Sønderborg) in einem ansonsten geschlossen mehrheitlich dänisch stimmenden Umland auch die Stadt Tondern (dänisch: Tønder), der Flecken Tingleff (dänisch: Tinglev) und der sie umgebende Landstrich, allesamt mit zwischen 77 % und 88 % mehrheitlich für den Verbleib bei Deutschland stimmend, an Dänemark fielen.

In Zone II (Mittelschleswig) wurde am 24. Februar gemeindeweise abgestimmt. Bei 90,75% Wahlbeteiligung gab es 52.000 Stimmen (80,2 %) für Deutschland und 13.000 Stimmen (19,8%) für Dänemark, dabei kam es in lediglich drei Gemeinden auf Föhr zu einer dänischen Mehrheit, so dass Mittelschleswig geschlossen bei Deutschland verblieb.

Schon am 11. Januar, dem Tag nach der Abstimmung in Zone I, wurde vom deutschen Sachverständigen Johannes Tiedje eine etwas weiter nördlich verlaufende Grenze, die sog. Tiedje-Linie vorgeschlagen, die zu in etwa gleich großen Minderheiten beiderseits der Grenze geführt hätte.

Die endgültige Entscheidung über den Grenzverlauf fiel im Mai 1920 in Paris. Die Siegermächte und Dänemark lehnten den Gegenvorschlag Tiedjes ab, so dass die Clausen-Linie zur bis heute gültigen Grenze zwischen Deutschland und Dänemark wurde. Das nunmehr verkleinerte Schleswig blieb Teil der preußischen Provinz Schleswig-Holstein und gehört seit 1946 zum deutschen Land Schleswig-Holstein.

Literatur

  • Robert Bohn: Geschichte Schleswig-Holsteins. München 2006 (Verlag C.H. Beck), ISBN 3-406-50891-X
  • Troels Fink: Geschichte des schleswigschen Grenzlandes. Munksgaard, København 1958.
  • Reimer Hansen: Was bedeutet „op ewig ungedeelt“? Das Ripener Privileg von 1460 im deutsch-dänischen Nationalkonflikt des 19. Jahrhunderts. In: Grenzfriedenshefte 4, 1996, S. 215–232. ISSN 1867-1853
  • Paul von Hedemann-Heespen: Die Herzogtümer Schleswig-Holstein und die Neuzeit, Walter G. Mühlau, Kiel 1926 (zum Thema „Augustenburg“ S. 712-733, Kap. 95 und 96)
  • Carsten Jahnke: „dat se bliven ewich tosamende ungedelt“. Neue Überlegungen zu einem alten Schlagwort. In: ZSHG, Bd. 128, 2003, ISBN 3-529-02328-0
  • Jörg Johannsen-Reichert (geb. Johannsen): Der Erbfolgestreit um die Herzogtümer Schleswig und Holstein im 19. Jahrhundert – Eine Untersuchung zu den Sukzessionsansprüchen der Herzöge von Sonderburg-Augustenburg auf Schleswig und Holstein. Shaker, Aachen 1999, ISBN 978-3-8265-4724-9
  • Ulrich Lange (Hrsg.): Geschichte Schleswig-Holsteins.Wachholtz, Neumünster 2003, ISBN 3-529-02440-6
  • Ulrich Lange, Henrik Becker-Christensen (Hrsg.): Geschichte Schleswigs. Vom frühen Mittelalter bis 1920. Institut for Grænseregionsforskning, Aabenraa 1998, ISBN 87-90163-74-5
  • Lorenz Rerup: Slesvig og Holsten efter 1830. Politikens Danmarkshistorie, København 1982.
  • Gerret L. Schlaber: Hertugdømmet Slesvigs forvaltning. Administrative strukturer og retspleje mellem Ejderen og Kongeåen ca. 1460-1864. Studieafdelingen ved Dansk Centralbibliotek for Sydslesvig, Flensborg 2007, ISBN 978-87-89178-65-3
  • Hans Schultz Hansen u. a.: Sønderjyllands Historie. Bd. 1. Historisk Samfund for Sønderjylland. Aabenraa 2008, ISBN 978-87-7406-109-0
  • Horst Windmann: Schleswig als Territorium. Grundzüge der Verfassungsentwicklung im Herzogtum Schleswig von den Anfängen bis zum Aussterben des Abelschen Hauses 1375. Wachholtz, Neumünster 1954.
  • Jann Markus Witt, Heiko Vosgerau (Hrsg.): Schleswig-Holstein von den Ursprüngen bis zur Gegenwart. Eine Landesgeschichte. Convent, Hamburg 2002, ISBN 3-934613-39-X

Einzelnachweise

  1. ↑ Meyers Neues Lexikon (Mannheim 1979) und Meyers Enzyklopädisches Lexikon (Mannheim 1975) definierten die Jüten noch als nordgermanisch, während der Atlas zur Universalgeschichte von Oldenbourg/Westermann die Jüten als westgermanisch beschreibt; der Brockhaus (Mannheim 2006), die Encyclopædia Britannica (Chicago 2005), das Duden-Lexikon (1980) und das dtv-Lexikon (München 1971) beschreiben die Jüten allgemeiner als germanischen Stamm in Jütland
  2. ↑ Gesellschaft für schleswig-holsteinische Geschichte über Angelsachsen. Geschichte-s-h.de. Abgerufen am 5. Juni 2010.
  3. ↑ Henning Unverhau: Untersuchungen zur historischen Entwicklung des Landes zwischen Schlei und Eider im Mittelalter, Neumünster 1990
  4. ↑ Dänisches Kulturinstitut Bonn. Dankultur.de. Abgerufen am 5. Juni 2010.
  5. ↑ Dänischer Schulverein für Südschleswig. Skoleforeningen.org. Abgerufen am 5. Juni 2010.
  6. ↑ Vgl. Jahnke 2003
  7. ↑ Universität Hannover (PDF). Abgerufen am 5. Juni 2010.
  8.  

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Lübeck

Die Hansestadt Lübeck[2] (plattdeutsch: Lübeck, Lübeek, dänisch: Lybæk; Adjektiv: lübsch, lübisch, seit spätestens dem 19. Jahrhundert auch lübeckisch) ist eine kreisfreie Stadt im Norden Deutschlands und im Südosten Schleswig-Holsteins an der Ostsee (Lübecker Bucht). Sie hat nach der Landeshauptstadt Kiel die meisten Einwohner und ist eines der vier Oberzentren des Landes. Flächenmäßig ist sie die größte Stadt in Schleswig-Holstein. Die mittelalterliche Lübecker Altstadt ist Teil des UNESCO-Welterbes. Die nächstgelegenen großen Städte sind Hamburg etwa 65 Kilometer südwestlich, Kiel etwa 78 Kilometer nordwestlich und Schwerin etwa 68 Kilometer südöstlich. Lübeck grenzt unmittelbar an die Europäische Metropolregion Hamburg an. Lübeck wird auch „Stadt der Sieben Türme“ und „Tor zum Norden“ genannt.

Die Stadt liegt in der Norddeutschen Tiefebene an der unteren Trave, einem schiffbaren Fluss, der etwa 17 Kilometer von der Altstadt entfernt im Stadtteil Travemünde in die Ostsee mündet. Die Altstadt liegt auf einem Hügel, der einen Werder zwischen den Wasserläufen der Trave und der Wakenitz bildet. Ferner durchzieht der Elbe-Lübeck-Kanal das Stadtgebiet von Krummesse bis zur Trave. Die umgebende Landschaft gehört zum Ostholsteiner Hügelland und ist geprägt von der Weichseleiszeit (Pleistozän). Die geografische Lage an der Trave, die kurz vor Travemünde den Baltischen Höhenrücken durchbricht, begünstigte die Entwicklung der Stadt als Ostseehafen und begründete ihren rasanten Aufstieg zum nordeuropäischen Machtzentrum des Mittelalters.

Stadtgliederung

Das Stadtgebiet Lübecks ist seit der Neustrukturierung durch Bürgerschaftsbeschluss vom 28. September 1972 amtlich in zehn Stadtteile eingeteilt. Diese wiederum sind in insgesamt 35 Stadtbezirke gegliedert. Die zehn Stadtteile mit ihren amtlichen Nummern und den Einwohnerzahlen der Stadtteile:

  • 01 Innenstadt (etwa 12.000 Einwohner)
  • 02 St. Jürgen (etwa 40.000 Einwohner)
  • 03 Moisling (etwa 10.000 Einwohner)
  • 04 Buntekuh (etwa 10.000 Einwohner)
  • 05 St. Lorenz-Süd (etwa 12.000 Einwohner)
  • 06 St. Lorenz-Nord (etwa 40.000 Einwohner)
  • 07 St. Gertrud (etwa 40.000 Einwohner)
  • 08 Schlutup (etwa 6.000 Einwohner)
  • 09 Kücknitz (etwa 20.000 Einwohner)
  • 10 Travemünde (etwa 15.000 Einwohner)

Andere Bezeichnungen von Stadtteilen wie Hochschulstadtteil, Ringstedtensiedlung, Edelsteinsiedlung oder Planetensiedlung entsprechen nicht der Verwaltungsgliederung.

Die Lübecker Stadtteile haben im Laufe der Zeit jeweils ihr eigenes Bild entwickeln können.

01: Die Innenstadt ist das touristische Kernstück Lübecks, der älteste und flächenmäßig kleinste Stadtteil. Die Innenstadt liegt hauptsächlich auf der Altstadtinsel zwischen Trave und Wakenitz, die in etwa eine Ausdehnung von zwei Kilometer von Nord nach Süd und einen Kilometer von West nach Ost hat. Einige wesentliche Gebäude, die zur Innenstadt gerechnet werden, liegen auf umliegenden kleineren Inseln, wie etwa das Holstentor, das am Fuß der so genannten Wallhalbinsel liegt. Um die Innenstadt zu verlassen, muss jeweils eine Brücke im alten Befestigungsgürtel um die Stadt (Wallanlagen) überquert werden. Die Neustädte schließen sich nicht wie in den meisten anderen Städten unmittelbar an die mittelalterliche Altstadt an. Die nördliche Wallhalbinsel, auf der sich zurzeit die Media Docks und einige Lagerhallen des Hafens befinden, soll in den nächsten Jahren zu einer Hafen City ähnlich dem Projekt in Hamburg ausgebaut werden.

05/06: Westlich des Holstentors liegen die beiden Vorstädte St. Lorenz-Nord und St. Lorenz-Süd, die durch die Bahnstrecke getrennt werden. Namengebend ist die Kirche St. Lorenz am Steinrader Weg, die auf die Kapelle eines Pestfriedhofs aus dem 16. Jahrhundert zurückgeht. Hier wurde Mitte bis Ende des 19. Jahrhunderts eine Vorstadt für die Unter- und Mittelschicht errichtet, in der sich schon bald eine entwickelte Arbeiterkultur etablierte. In der Meierstraße in St. Lorenz-Süd wurde 1913 Willy Brandt geboren. An der Lutherkirche in St. Lorenz-Süd arbeitete Karl Friedrich Stellbrink, einer der Lübecker Märtyrer im Nationalsozialismus. Auch heute dominieren Geschosswohnungen und Industriebetriebe (Drägerwerk) die beiden Stadtteile. Es gibt nur wenige Grünanlagen.

03/04: Jenseits der Bahngleise in St. Lorenz-Süd folgen dann die beiden Stadtteile Buntekuh und Moisling, die durch Wohnblocks aus den 1960er Jahren geprägt sind. In Buntekuh befinden sich ebenfalls weitläufige Gewerbegebiete entlang der A 1. Moisling blickt im Unterschied zu Buntekuh auf eine jahrhundertealte Geschichte zurück. Bereits im 17. Jahrhundert gab es hier eine damals noch zu Dänemark gehörende Siedlung, die vor allem von Juden bewohnt war. Auch heute findet sich hier noch ein jüdischer Friedhof. Der Stadtteil Buntekuh verdankt seinen Namen einem bäuerlichen Gut, das hier bis Ende der 1950er Jahre existierte. Das Gut wiederum wurde nach der Hansekogge „Bunte Kuh“ benannt, die 1401 den Angriff auf den Seeräuber Klaus Störtebeker führte.

02: Im Süden der Altstadt und auf der Wakenitzhalbinsel auch den östlichen Altstadtrand umfassend liegt der mit Abstand flächengrößte Stadtteil St. Jürgen, der im nördlichen Teil durch gründerzeitliche Villenviertel, dann südlich des St.-Jürgen-Rings eher durch Wohnblocks der 1950er bis 1970er Jahre geprägt ist. Im Süden läuft St. Jürgen mit einem breiten Grüngürtel voller Felder und Wiesen in die lauenburgische Landschaft aus. Im Osten wird der Stadtteil von der Wakenitz begrenzt, wo in den Auen aufgrund der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze ein reichhaltiges Naturschutzgebiet entstanden ist. In St. Jürgen liegen die beiden größten Hochschulen Lübecks, die Universität und die Fachhochschule. St. Jürgen war ursprünglich eine Vorstadt mit Gärtnereien und Weiden. Heute sind nur noch vier Gärtnereien vorhanden, denn die Grünflächen wurden größtenteils bebaut. Wichtigste Neubauprojekte sind der Hochschulstadtteil, der als gemischtes Wohn- und Geschäftsviertel angelegt wurde, und das Neubaugebiet Bornkamp.

Im äußersten Süden Lübecks schließen sich mehrere dörfliche Stadtteile an wie Vorrade, Beidendorf, Wulfsdorf und Blankensee mit dem Flughafen, die noch zum Gebiet von St. Jürgen gehören. Außergewöhnlich ist der Grenzverlauf im Dorf Krummesse. Hier gehören die alten Bauernhöfe mit ihren Hufen abwechselnd zu Lübeck und zum Herzogtum Lauenburg, so dass die territoriale Zugehörigkeit einem Flickenteppich ähnelt.

07: St. Gertrud im Norden der Altstadt ist ebenso wie St. Jürgen direkt in Altstadtnähe durch klassizistische Sommerhäuser und Gründerzeitvillen rund um den Stadtpark und die Wakenitz geprägt. Weiter im Osten folgen modernere Wohnviertel für alle sozialen Schichten. An der Trave findet sich das sehenswerte Fischerdorf Gothmund mit einigen reetgedeckten Fischerkaten. Hier liegt auch der Lübecker Stadtwald Lauerholz, in dem sich die Grenze zur ehemaligen DDR nachvollziehen lässt.

08: Jenseits des Stadtwaldes Lauerholz liegt der kleine Stadtteil Schlutup, der durch seinen an der Trave gelegenen Fischereihafen geprägt ist. Er wandelt sich zu einem modernen Papierumschlaghafen. In Schlutup befand sich vor der Wende der nördlichste Grenzübergang zwischen der Bundesrepublik und der DDR: die Transitstrecke nach Rostock und Sassnitz im Zuge der B 105.

09: Nördlich der Trave liegt Kücknitz, das alte Industrieviertel von Lübeck. Hier wurde bis in die 80er Jahre bei den Metallhüttenwerken Roheisen sowie Koks, Zement und Kupfer hergestellt. Daran erinnert noch das Museum für Arbeiterkultur in der Geschichtswerkstatt Herrenwyk. In Kücknitz liegt ein wichtiger Teil des Lübecker Hafens, der unter anderem aus einem neu erbauten Containerterminal besteht. Die Flenderwerft, die traditionsreiche Werft des Stadtteils, meldete im Jahr 2002 Insolvenz an. Seit 2006 befindet sich auf dem ehemaligen Werftgelände der Seeland Kai der Lübecker Hafengesellschaft sowie ein Fährterminal der Lehmann-Gruppe.

10: An der Mündung der Trave liegt schließlich Travemünde, das bereits im 14. Jahrhundert von Lübeck erworben wurde und seit 1801 als Seebad anerkannt ist. Hier lockt ein breiter Sandstrand sowohl am eigentlichen Ortskern als auch auf der Priwallhalbinsel, die zu Vor-Wende-Zeiten nur per Fähre erreicht werden konnte, weil sie am Ende von der DDR begrenzt wurde. Südlich der Priwallhalbinsel, der Ostsee abgewandt, liegt die Pötenitzer Wiek, eine große Bucht der Trave, die aufgrund ihrer Grenznähe als artenreiches Gebiet konserviert werden konnte. In Travemünde liegt der Skandinavienkai, der größte Ostseefährhafen Deutschlands. Von dort fahren Fähren in viele Ostseehäfen wie Trelleborg, Helsinki und Klaipėda.

Nachbargemeinden

Folgende Gemeinden, die mit Ausnahme von drei Gemeinden, die in Mecklenburg-Vorpommern liegen, alle zu Schleswig-Holstein gehören, grenzen an die Stadt Lübeck:

  • Landkreis Nordwestmecklenburg in Mecklenburg-Vorpommern: Stadt Dassow (Ortsteil Pötenitz), Selmsdorf und Lüdersdorf (alle Amt Schönberger Land)
  • Kreis Herzogtum Lauenburg: Groß Grönau und Groß Sarau (beide Amt Lauenburgische Seen), Klempau, Krummesse, Rondeshagen und Bliestorf (alle Amt Berkenthin) sowie Groß Schenkenberg (Amt Sandesneben)
  • Kreis Stormarn: Klein Wesenberg, Wesenberg, Hamberge, Badendorf, Heilshoop und Mönkhagen (alle Amt Nordstormarn)
  • Kreis Ostholstein: Stockelsdorf (amtsfreie Gemeinde), Bad Schwartau (amtsfreie Stadt) sowie Ratekau und Timmendorfer Strand (beides amtsfreie Gemeinden)

Die Kreise Herzogtum Lauenburg und Stormarn gehören bereits zur Europäischen Metropolregion Hamburg. Lübeck als Oberzentrum bildet aus Sicht der Raumordnung mit Stockelsdorf, Bad Schwartau, Ratekau und Groß Grönau eine Agglomeration, auch in den mecklenburgischen Nachbargemeinden entwickelt sich durch das Fördergefälle ein Speckgürtel. Mit der Gemeinde Krummesse bestehen in Deutschland einmalige, bizarre Grenzverhältnisse; die Gemeinde Krummesse hat hierdurch bedingt die längste Gemeindegrenze Deutschlands bezogen auf ihr Gemeindegebiet. In den Gemeinden der Agglomeration wohnen in etwa weitere 70.000 Einwohner, so dass der Ballungsraum Lübeck etwa 283.000 Einwohner hat.

Geschichte

Frühe Geschichte

Der etwa zur Zeit Karls des Großen (748–814) von Slawen gegründete Ort Liubice („die Liebliche“) gilt als Namensgeber des heutigen Lübeck. Seit dem 10. Jahrhundert war Liubice neben Oldenburg in Holstein die wichtigste Siedlung der Abodriten. Wahrscheinlich war Liubice bereits in dieser Zeit burgartig befestigt. Nach der dendrochronologisch auf das Jahr 819 bestimmten Gründung der Burg [4] wurde Liubice erstmals um das Jahr 1076 von Adam von Bremen [5] erwähnt. In der heutigen Lage auf dem Hügel Buku, wurde die Stadt Lübeck 1143 durch Adolf II., Graf von Schauenburg und Holstein als erste deutsche Hafenstadt an der Ostsee neu gegründet, nachdem sie 1127 niedergebrannt worden war. 1150 wurde von Heinrich das Bistum Oldenburg nach Lübeck verlegt.

Die Zeit der Hanse

1160 erhielt Lübeck das Soester Stadtrecht. Dieser Zeitpunkt wird heute von Historikern als der Beginn der Kaufmannshanse (im Gegensatz zur späteren Städtehanse) angesehen. Wichtigstes Argument für diese Position stellt dabei das Artlenburger Privileg von 1161 dar, in dem Lübecker Kaufleute den bisher im Ostseehandel dominierenden gotländischen Kaufleuten rechtlich gleichgestellt werden sollten. Kurz darauf erlangte Lübeck im Juni 1226 von Kaiser Friedrich II. mit dem Reichsfreiheitsbrief die Reichsfreiheit, wurde also reichsunmittelbare Stadt.

Nachdem 1361 Wisby, der erste Hauptort der Hanse, vom dänischen König Waldemar IV. Atterdag erobert worden war, wurde Lübeck zum neuen Hauptort der Hanse (auch Königin der Hanse genannt), die sich im 13. Jahrhundert zur Städtehanse gewandelt hatte. Lübeck entwickelte sich in Folge zur zeitweise wichtigsten Handelsstadt im nördlichen Europa. Es entstand der Verband der wendischen Städte unter Lübecks Führung. Kaiser Ludwig der Bayer verlieh Lübeck 1340 das Goldmünzrecht. 1356 fand der erste allgemeine Hansetag in Lübeck statt. Mit dem Frieden von Stralsund erreichte Lübeck den Höhepunkt seiner Macht im Ostseeraum. Im 14. Jahrhundert war Lübeck neben Köln und Magdeburg eine der größten Städte des Reiches.

Lübecks Rolle als führende Handelsmacht in der Ostsee wurde in den ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts zunehmend durch niederländische Kaufleute gefährdet, die unter Umgehung der Lübecker Stapels direkt die Städte im östlichen Teil der Ostsee ansteuerten. Nachdem Friedrich I. nicht bereit war, Lübeck als Lohn für seine Hilfe bei der Gefangennahme Christian II. 1532 die Sundschlösser zu überlassen, versuchte Jürgen Wullenwever mit militärischen Mitteln, die alte Vormachtstellung im Ostseeraum wiederherzustellen und die Grafenfehde zu Gunsten Lübecks zu beeinflussen. Zur Finanzierung seiner militärischen Abenteuer ließ er unter anderem den Kirchenschatz einschmelzen. Doch er scheiterte dramatisch, musste 1535 die Stadt verlassen, wurde vom Erzbischof von Bremen gefangen genommen und 1537 hingerichtet. Damit war Lübecks Zeit als „Königin der Hanse“ endgültig vorüber. Und auch die Bedeutung der Hanse schwand.

Im Dreißigjährigen Krieg gelang es Lübeck, neutral zu bleiben. 1629 wurde hier der Friede von Lübeck zwischen den kaiserlichen Truppen und König Christian IV. von Dänemark geschlossen. Im Zuge der Vorbereitungen für einen umfassenden Friedenskongress während der Verhandlungen über die Hamburger Präliminarien 1641 waren auch die beiden Städte Hamburg und Lübeck als Kongressorte im Gespräch. An den Verhandlungen und dem Abschluss des Westfälischen Friedens waren die Hansestädte durch den späteren Lübecker Bürgermeister David Gloxin vertreten. Der letzte Hansetag fand 1669 in Lübeck statt. Die drei Städte Lübeck, Hamburg und Bremen wurden zu Sachwaltern der Hanse und ihres Restvermögens eingesetzt.

Der Siebenjährige Krieg verlief dank der diplomatischen Beziehungen des Lübecker Stadtkommandanten Graf Chasot ohne größeren Schaden für die Stadt. Mit dem Reichsdeputationshauptschluss 1803 blieb Lübeck noch reichsunmittelbare Stadt, um dann mit Fortfall des Heiligen Römischen Reiches 1806 ein souveräner deutscher Staat zu werden. Von 1811 bis 1813 fand sich Lübeck in Folge der für Blücher vernichtenden Schlacht bei Lübeck wider Willen vorübergehend als Teil des französischen Kaiserreiches wieder.

1815 wurde Lübeck auf dem Wiener Kongress als Freie und Hansestadt Lübeck völkerrechtlich souveränes Mitglied des Deutschen Bundes. Gesandtschaften und Konsulate wurden zumeist gemeinsam mit den beiden Schwesterstädten Bremen und Hamburg in wichtigen Haupt- und Hafenstädten unterhalten. Die hanseatischen Ministerresidenten wie Vincent Rumpff in Paris oder James Colquhoun in London, zugleich auch der letzte hanseatische Stalhofmeister verhandelten die völkerrechtlichen Verträge mit den wichtigsten Handelspartnern. Das Postwesen betrieb jede Stadt für sich. Die Stadt wurde durch ihre Erneuerungsbewegung Jung-Lübeck und den Germanistentag des Jahres 1847 zu einem wichtigen Symbolort des Vormärz, überstand aber aufgrund der weitvorangeschrittenen Vorbereitung einer neuen Verfassung das Revolutionsjahr 1848 ohne größere Unruhen.

Neuzeit und Moderne

Lübeck trat 1866 dem Norddeutschen Bund sowie 1868 dem Zollverein bei und wurde 1871 Gliedstaat des Deutschen Reiches; damit endet die seit 1806 bestehende völkerrechtliche Souveränität Lübecks. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts setzte die Industrialisierung ein. Die Bevölkerungszahl wuchs rapide und die Vorstädte breiteten sich mit Aufhebung der Torsperre im Jahr 1864 aus. 1895 wurde die Deutsch-Nordische Handels- und Industrie-Ausstellung in Lübeck abgehalten, für die Bürger des kleinen Stadtstaates „ihre Weltausstellung“.

Anno 1897 bekam die Stadt ihr Infanterie-Regiment „Lübeck“ (3. Hanseatisches) Nr. 162. Im ersten Weltkrieg wurde es u. a. in der Schlacht an der Somme, der Siegfriedstellung und der Frühjahrsoffensive von 1918 eingesetzt.

Der Zusammenbruch des Kaiserreichs 1918 führte in Lübeck zwar als nächster Stadt nach Kiel zu einem Matrosenaufstand, jedoch in Lübeck als einzigem Staat des Deutschen Reiches nicht zu revolutionären Verwerfungen durch die Novemberrevolution. Bürgermeister Emil Ferdinand Fehling und alle Senatoren blieben im Amt, aber bereits im gleichen Jahr kam es zu einem neuen, zeitgemäßen Wahlrecht des Staates und im Mai 1920 zu einer neuen, ersten demokratischen Verfassung im modernen Sinne.

Hitler hat nie in Lübeck gesprochen. Die SPD hatte sämtliche Versammlungsräume in der Stadt für den Zeitraum des geplanten Wahlkampfauftrittes, geplant war die Veranstaltung in Lübeck für den 6. November 1932, angemietet. Da die Partei in die Waldhalle nach Bad Schwartau auswich, unterbrach ein SPD-Mann die Stromzufuhr und die Partei war gezwungen, ihre Veranstaltung im Dunkeln abzuhalten. Der Groll bewegte Adolf Hitler dann dazu, dass die Freie und Hansestadt Lübeck als Vergeltung 1937 ihre Eigenstaatlichkeit verlor. Diese Legende wird bei touristischen Führungen in der Stadt erzählt. Um eine möglichst große Menge zu erreichen, fanden die Veranstaltungen der NSDAP jedoch unter freiem Himmel statt. Der Lübecker Marktplatz war, bedingt durch Brunnen, Baumreihe und Kaak, der NSDAP zu klein, der Alternativort, der Buniamshof lag ihr zu weit abseits, ergo fiel die Wahl auf den Sportplatz des Riesebuschs in Bad Schwartau, wo die Veranstaltung am 26. Oktober 1932 stattfand.[6][7] Des Weiteren ist zu bedenken, dass die NSDAP zu jenem Zeitpunkt bereits die zweitstärkste Fraktion (nach der SPD) im Lübecker Senat stellte.[8]

Im März 1933 setzte die NSDAP in Lübeck die Gleichschaltung verbunden mit dem Rücktritt des SPD-Bürgermeisters Paul Löwigt und den weiteren sozialdemokratischen Senatoren durch und die demokratischen Verfassungsprinzipien außer Kraft; Friedrich Hildebrandt, der Reichsstatthalter für Mecklenburg und Lübeck, ernannte zum 30. Mai seinen Stellvertreter, Otto-Heinrich Drechsler, zum Bürgermeister. Die Auseinandersetzung der Nationalsozialisten mit den demokratischen Parteien führte zur Verhaftung von Julius Leber am 1. Februar 1933. Herbert Frahm (alias Willy Brandt) konnte sich der Verfolgung nur durch seine Flucht nach Skandinavien entziehen. Durch das Groß-Hamburg-Gesetz verlor Lübeck 1937 seine 711 Jahre alte territoriale Eigenständigkeit und wurde Teil der preußischen Provinz Schleswig-Holstein.[9] In der Nacht zum Palmsonntag vom 28. März auf den 29. März 1942 erfolgte der Luftangriff auf Lübeck. Lübeck wurde damit zur ersten deutschen Großstadt, die im Rahmen der kurz zuvor erlassenen britischen Area Bombing Directive bombardiert wurde. Das Zielgebiet bildete die dichtbewohnte mittelalterliche Altstadt. Bei der Bombardierung wurden insgesamt 320 Menschen getötet und 1.044 Gebäude zerstört oder beschädigt, unter ihnen die Marienkirche, die Petrikirche und der Dom. Britische Truppen besetzten am 2. Mai 1945 Lübeck. Die Zerstörung Lübecks wurde durch den deutschen Generalmajor Kurt Lottner vermieden, indem er die bereits angebrachten Sprengsätze an den Brücken und Kaimauern entfernen ließ.[10]

Nach 1945 vergrößerte sich Lübecks Einwohnerzahl durch Zuzug von Flüchtlingen aus den deutschen Ostgebieten erheblich. Es wurde Bestandteil des von den Alliierten gebildeten Bundeslandes Schleswig-Holstein, genoss aber im kulturpolitischen Bereich wie in der Denkmalpflege einen Ausnahmestatus kommunaler Zuständigkeit. Die deutsche Teilung trennte Lübeck zwar vom mecklenburgischen Teil seines Hinterlandes, verschaffte aber andererseits seinem Fährhafen Travemünde eine bevorzugte Stellung im Fährverkehr zwischen Westeuropa und den Ostseeländern Schweden und Finnland. Seit der deutschen Wiedervereinigung ist Lübeck wieder Oberzentrum auch für das westliche Mecklenburg.

Am 18. Januar 1996 starben bei einem Brandanschlag auf eine Asylbewerberunterkunft in der Hafenstraße zehn Menschen, 30 wurden schwer, 20 leicht verletzt. Die Tat konnte bis heute nicht aufgeklärt werden.

Bevölkerung

Einwohnerentwicklung

Im Jahre 1911 überschritt die Einwohnerzahl der Stadt die Grenze von 100.000, wodurch sie zur Großstadt wurde. Bis 1945 verdoppelte sich diese Zahl auf 219.000. Im Jahre 1968 erreichte die Bevölkerungszahl der Stadt mit 243.121 ihren historischen Höchststand. Zukunftsforscher sagen für die weitere Entwicklung bis 2020 einen Einwohnerverlust von circa fünf bis sechs Prozent voraus. Im Gegensatz dazu gab es zum Jahresende 2008 einen Anstieg der Zahl der Einwohner auf 213.385.[11]

Religionen

Mission

Mit dem Wiederaufbau der Stadt verlegte Heinrich der Löwe 1160 den Bischofssitz aus Oldenburg (Holstein) hierher und stiftete den Dom als Bischofskirche. Die persönliche Residenz des Bischofs blieb in Eutin, das dadurch später zum Zentrum des Fürstbistums Lübeck wurde.

Reformation und Lutheraner

Ab 1524 hielt die Reformation Einzug in der Stadt (erste evangelische Predigt), und 1530/31 führte der Rat der Stadt eine neue Kirchenordnung von Johannes Bugenhagen ein. Danach war Lübeck über viele Jahre eine protestantische Stadt, die sich 1577 bei Abfassung der Konkordienformel aktiv für den orthodoxen Lutherismus, veröffentlicht 1580 im Konkordienbuch, entschied, was zu einer Abgrenzung von den umliegenden Gebieten Holsteins führen und großen Einfluss auf die weitere Entwicklung des Geisteslebens in der Stadt haben sollte. Als Freie Reichsstadt hatte in Lübeck der Senat das landesherrliche Kirchenregiment inne und konnte die kirchlichen Angelegenheiten selbst regeln. Die Verwaltung der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Lübeck erfolgte durch das Konsistorium, das jedoch eher ein kirchliches Gericht als eine Behörde war, sowie durch das Geistliche Ministerium, an dessen Spitze bis 1796 ein Superintendent, dann ein Senior stand. 1921 erhielt die Landeskirche eine neue Verfassung. 1933 fanden in Lübeck Kirchenwahlen statt, die eine Mehrheit für die faschistischen Deutschen Christen erbrachte. Eine Opposition mit dem Ansatz eines Kirchenkampfes formierte sich erst im Laufe des Jahres 1934. Diese Anhänger der Bekennenden Kirche um Axel Werner Kühl erkannten den neugewählten Bischof Erwin Balzer nicht an. 1937 wurde zwischen den beiden widerstreitenden Bekenntnissen ein Kompromiss erzielt, der jeder Seite die Koexistenz bis zum Kriegsende ermöglichte. 1948 wurde die Lübecker Kirche Gründungsmitglied der EKD. 1977 schloss sie sich der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche an und wurde Sitz des Sprengels Holstein-Lübeck dieser neuen Landeskirche. Die Kirchengemeinden der Stadt gehören zum Kirchenkreis Lübeck. Mit Elisabeth Haseloff erhielt Lübeck 1958 die erste Pastorin Deutschlands; Bärbel Wartenberg-Potter wurde 2001 dritte Bischöfin in Deutschland.

Evangelische Freikirchen

Bereits 1532 siedelten sich in Lübeck Täufer an, die im 16. und 17. Jahrhundert eine mennonitische Gemeinde (Vereenigte vlaamse Doopsgesinde Gemejnte tot Lübeck) bildeten. Die Gemeinde bestand zu Beginn vor allem aus niederländischen Glaubensflüchtlingen. Auch Menno Simons hatte mit der Mennokate eine letzte Wirkungsstätte in der Nähe der Stadt gefunden. Die Mennonitengemeinde konnte jedoch nicht offen in Erscheinung treten, da sie nicht vom Rat der Stadt toleriert wurde,[12] außerdem war ihr das Begräbnis in Lübeck verboten, sie bestattete ihre Toten auf der Südseite des außerhalb der Hansestadt befindlichen Friedhofes in Hamberge.[13] Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es wieder Mennoniten in Lübeck, die sich 1950 zu einer neuen Gemeinde zusammen schlossen. Die Gemeinde ist heute der Arbeitsgemeinschaft Mennonitischer Gemeinden angeschlossen.

Ab etwa 1849 finden sich in Lübeck Baptisten, die jedoch erst 1921 eine eigene Gemeinde gründeten. Inzwischen existieren vier Gemeinden mit insgesamt 500 Mitgliedern. Die Gemeinden sind dem Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden angeschlossen. Die Straße vor der baptistischen Friedenskirche wurde 1992 in Erinnerung an die ersten Lübecker Täufer in Täuferstraße umbenannt.[14] Die Methodisten begannen 1929 mit der Mission in Lübeck und besitzen heute zwei Kirchengebäude im Stadtgebiet.[15]

Inzwischen gibt es auch eine Reihe weiterer evangelischer Freikirchen wie die Freie evangelische Gemeinde, die Heilsarmee, die Siebenten-Tags-Adventisten oder pfingstlerische Gemeinden wie die Agape-, Arche-, Ecclesia- oder Salem-Gemeinde. Diese sind dem Bund Freikirchlicher Pfingstgemeinden (Agape und Ecclesia), dem Mülheimer Verband (Arche) oder der Gemeinde Gottes (Salem) angeschlossen.

Evangelisch Reformierte

1666 entstand in Lübeck eine reformierte Gemeinde; hinzu kam 1689 eine französisch-reformierte Gemeinde, die sich aus zugewanderten Hugenotten rekrutierte. Beide Gemeinden vereinigten sich 1781 zur „Evangelisch-Reformierten Kirchengemeinde Lübeck“, welche 1926 der Evangelisch-reformierten Landeskirche der Provinz Hannover beitrat. Das bedeutende klassizistische Gebäude der Reformierten Kirche in der Königstraße wurde 1826 in Betrieb genommen.

Katholiken nach der Reformation

Im 19. Jahrhundert zogen auch wieder Katholiken in die Stadt. 1849 erhielten sie eine erste Rechtsordnung und 1888 wurde die erste katholische Kirche Lübecks, die Herz-Jesu-Kirche – heute Propsteikirche Herz-Jesu – gebaut. Weitere katholische Gemeinden wurden im 20. Jahrhundert gegründet. Sie gehörten zunächst zum „Apostolischen Vikariat der Nordischen Missionen“ und ab 1930 aufgrund des Preußischen Konkordates von 1929 zum Bistum Osnabrück. Aus den nördlichen Gebieten dieses Bistums entstand 1993 das neue Erzbistum Hamburg, zu dem die Stadt Lübeck nunmehr gehört. Offiziell errichtet wurde das Erzbistum Hamburg allerdings erst am 7. Januar 1995. Die Pfarrgemeinden der Stadt Lübeck gehören innerhalb der Erzdiözese Hamburg zum Dekanat Lübeck.

Juden in Moisling und Lübeck

Die ersten jüdischen Familien, die sich 1656 im Dorf Moisling – außerhalb der Lübecker Landwehr gelegen – niederließen, waren vor den Pogromen des ukrainischen Kosakenaufstandes (1648–1657) unter Hetman Bohdan Chmelnyzkyj aus dem multinationalen Großreich Polen-Litauen geflohen. Der Eigentümer von Dorf und Gut Moisling, der Lübecker Bürgermeister Gotthard von Höveln (1603–1671), der die aschkenasischen Juden aus ökonomischen Erwägungen ansiedelte, stieß damit auf starken Widerstand bei Rat und Bürgerschaft, die bis dahin eine jüdische Ansiedlung sowohl im Lübecker Stadt- als auch Landgebiet verhindert hatten.

Nach einer Eskalation des Streits unterstellte von Höveln sein Dorf 1667 königlich-dänischer Territorialhoheit. Der Erbe, sein Schwiegersohn von Wickede, erlangte 1686 und 1697 auf Grund königlicher Konzessionen das Niederlassungsrecht für Juden in Moisling und deren unbeschränkte Handels- und Verkehrsfreiheit im dänischen Gesamtstaat. Doch die holsteinischen Landjuden bedurften, um den täglichen Lebensunterhalt zu bestreiten, für ihre Handelstätigkeit des Lübecker Marktes. Der aber blieb ihnen bis 1852 weitgehend verschlossen.

Zwischen 1702 und 1762 gehörte das Dorf gottorfischen beziehungsweise dänischen Eigentümern. Die autonome jüdische Zivil- und Zeremonialgerichtsbarkeit des Unterrabbinats Moisling stand dem Altonaer Oberrabbiner zu. 1762 wurde das Dorf lübeckisches Privateigentum, so dass die Stadt ihre antijüdische Politik kontinuierlich durchzusetzen vermochte. Per Staatsvertrag zwischen Dänemark und Lübeck gelangte 1806 die Landeshoheit über Moisling an die Reichsstadt, wodurch die nunmehr 300 rechtlosen Landjuden Lübecker Staatsangehörige wurden; deren ungeregelter Rechtsstatus blieb bis 1848 unverändert.

Die in der napoleonischen Phase (1811–1813) oktroyierte bürgerliche Gleichstellung der Juden hatte zur Folge, dass die Hälfte der Moislinger jüdischen Gemeinde nach Lübeck zog, wo 1812 erstmals eine Synagoge eingeweiht wurde. 1814, nach dem Fall Napoleons und dem Rückzug der französischen Truppen, widerrief der Senat die Gleichstellung. Nach jahrelangen gerichtlichen Auseinandersetzungen wurden die Juden 1824 aus dem Stadtgebiet vertrieben und kehrten nach Moisling zurück.

Im abseitigen Moislinger Zwangsghetto ernährten sich die kontinuierlich verarmenden Juden hauptsächlich vom Hausierhandel in benachbarten Territorien. Die traditionell gesetzestreue Moislinger Gemeinde stellte 1825 einen altfrommen polnischen Rabbiner auf Lebenszeit an, konnte 1827 eine neue Synagoge weihen und 1837 eine Elementarschule einrichten. In der internen Auseinandersetzung um die Reform des Judentums obsiegten die Traditionalisten. Das Recht, sich in Lübeck niederzulassen, erlangten die Juden 1848 im Laufe der Märzrevolution. Die ökonomisch-soziale Emanzipation bekräftigte abschließend und unwiderrufen ein 1852 verkündetes Gesetz, ebenso wie die Zulässigkeit einer interkonfessionellen Eheschließung (Mischehe).[16] Nachdem 1850 eine Synagoge eröffnet worden war, wurde 1880 während des Rabbinats von Salomon Carlebach (1845–1919) eine weitere, neu erbaute Synagoge in der Lübecker St.-Annen-Straße fertiggestellt. Carlebach begründete die Rabbinerdynastie Carlebach, die in Deutschland, Großbritannien, den USA und Israel vertreten ist.

Die jüdische Bevölkerung in Lübeck stieg von 522 im Jahre 1857 auf 700 im Jahre 1913 und sank nach der nationalsozialistischen Machtergreifung bis 1937 auf 250. Die letzten 85 Juden wurden 1941-42 ins Ghetto Riga deportiert. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde kurzfristig eine neue Gemeinde gegründet, deren Mitgliederanzahl sich 1948 auf 250 Personen belief, bis 1952 jedoch wieder auf 30 sank. Seit den Neunzigerjahren sind zahlreiche jüdische Kontingentflüchtlinge aus der ehemaligen Sowjetunion hinzugekommen.

Sonstige Religionsgemeinschaften

  • Neuapostolische Kirche: Seit dem Jahr 1901 ist die Neuapostolische Kirche in Lübeck ansässig.
  • Orthodoxe Kirchen: Es bestehen eine russisch-orthodoxe und eine griechisch-orthodoxe Gemeinde, beide nutzten lange Jahre die Katharinenkirche für ihre Gottesdienste. Eine Seitenkapelle der Kirche ist dem Heiligen Prokop von Lübeck geweiht.
  • Islam: Der Islam ist insbesondere aufgrund der zahlreichen türkischen Mitbürger in all seinen Facetten mit lebendigen Gemeinden und zahlreichen Bethäusern vertreten.

Lübecker Märtyrer

Von besonderer Bedeutung für die Ökumene in Lübeck ist das Gedenken an die Lübecker Märtyrer. Die drei katholischen Priester Johannes Prassek, Hermann Lange und Eduard Müller sowie der evangelische Pastor Karl Friedrich Stellbrink wurden 1942 verhaftet, vom nationalsozialistischen Volksgerichtshof 1943 wegen „Rundfunkverbrechen, landesverräterischer Feindbegünstigung und Zersetzung der Wehrkraft“ zum Tode verurteilt und am 10. November 1943 in Hamburg durch Enthaupten hingerichtet.

Friedhöfe

  • Ehrenfriedhof
  • Vorwerker Friedhof (1906) von Erwin Barth

Politik

Bürgermeister

Die Leitung der Stadt Lübeck oblag über Jahrhunderte dem Rat der Stadt mit dem oder den Bürgermeistern an der Spitze. Anfang des 19. Jahrhunderts wurde der Rat mit Senat bezeichnet. Dieser hatte 16 Senatoren und vier Bürgermeister, wobei die beiden ältesten sich im Vorsitz jährlich ablösten. Ab 1848 gab es nur noch zwei Bürgermeister. Sie waren lediglich Vorsitzende des Senats, nicht aber „Staatsoberhaupt“ der Freien Hansestadt Lübeck. Neben dem Senat gab es die „Bürgerschaft“ als „Parlament“. 1933 wurde die Bürgerschaft aufgelöst und der Senat verkleinert. Vorsitzender war fortan der „Oberbürgermeister“.

Am 1. April 1937 wurde Lübeck im Zuge des Groß-Hamburg-Gesetzes in die preußische Provinz Schleswig-Holstein eingegliedert, verlor damit seine staatliche Unabhängigkeit, also seine territoriale Souveränität. 1956 lehnte das Bundesverfassungsgericht eine Beschwerde der Vaterstädtischen Vereinigung Lübeck, die einen Volksentscheid über die Wiedererlangung der Souveränität erreichen wollte, im sogenannten Lübeck-Urteil ab.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Schleswig-Holstein Teil der britischen Besatzungszone. Die Militärregierung führte 1946 eine zweigleisige Verwaltungsspitze ein. Danach gab es zunächst einen Bürgermeister als Vorsitzenden der „Bürgerschaft“ und daneben einen Oberstadtdirektor als Leiter der Verwaltung. Auf die erst seit 1933 geführte Amtsbezeichnung Oberbürgermeister für den Vorsitzenden der Bürgerschaft wurde verzichtet, weil der Titel Bürgermeister in Lübeck eine lange Tradition hat. Die schleswig-holsteinische Gemeindeordnung von 1950 übertrug den Titel „Bürgermeister“ dem Leiter der Verwaltung und führte für den Vorsitzenden der Bürgerschaft wie bei allen größeren Städten Schleswig-Holsteins die neue Bezeichnung Stadtpräsident ein. Lübecker Bürgermeister ist seit 2000 Bernd Saxe von der SPD; Stadtpräsidentin ist seit 2008 Gabriele Schopenhauer von der SPD.

Bei der Bürgermeisterwahl (amtliches Endergebnis in Klammern) am 4. September 2005 traf Sozialdemokrat Bernd Saxe (47,2 %) auf vier konkurrierende Herausforderer. Der Herausforderer der CDU war Michael Koch (24,0 %). Zudem stellten sich noch Susanne Hilbrecht von Bündnis 90/Die Grünen (4,6 %) sowie die parteilosen Bewerber Gabriele Meißel (3,7 %) und Raimund Mildner (20,5 %) zur Wahl. Da im ersten Wahlgang eine absolute Mehrheit der abgegebenen Stimmen nötig ist, um die Wahl zu gewinnen, traten am 18. September 2005 Bernd Saxe und Michael Koch zur Stichwahl um das Amt des Bürgermeisters an. Aus dieser ging der Amtsinhaber Bernd Saxe mit 62 % der Stimmen als Sieger hervor.

Bürgerschaft

Im Mai 2008 wurde die Bürgerschaft im Rahmen der Kommunalwahlen Schleswig-Holstein 2008 neu gewählt. Die CDU und die SPD mussten herbe Verluste verkraften, die SPD wurde jedoch nach dem Debakel von 2003 wieder stärkste Fraktion. Drittstärkste Kraft wurde Die Linke, gefolgt von den Grünen, der Bürgerinitiative Bürger für Lübeck, der FDP und der alternativen Wählerliste BUNT. Aufgrund von Überhangmandaten der SPD und Ausgleichsmandaten hat die Bürgerschaft 60 Mitglieder in sechs Fraktionen und zusätzlich eine fraktionslose Abgeordnete.

Wappen

Blasonierung: „In Gold ein rot bewehrter schwarzer Doppeladler mit einem von Silber und Rot geteilten Brustschild. Im großen Wappen halten zwei goldene Löwen den Schild; auf diesem ein Helm mit einköpfigem schwarzem Adler als Zier und silbern-roten Decken.“[17]

Das Lübecker Wappen stammt aus dem Jahre 1450 und ist damit das älteste Stadtwappen Schleswig-Holsteins. Bei dem Doppeladler handelt es sich um den „Reichsadler“ als Symbol der ehemaligen Reichsfreiheit der Stadt Lübeck, welche die Stadt bis 1937 genoss, als sie durch das Groß-Hamburg-Gesetz der preußischen Provinz Schleswig-Holstein eingegliedert wurde.

Flagge

Blasonierung: „Von Weiß und Rot geteilt. Im weißen Feld unmittelbar neben der Stange ein schwarzer, rotbewehrter Doppeladler mit weiß-rot geteiltem Herzschild auf der Brust.“[17]

Die Stadtfarben sind wie bei allen Hanseflaggen Weiß-Rot.

Städtepartnerschaften

  • Kotka (Finnland), seit 1969
  • Wismar (Deutschland, Mecklenburg-Vorpommern), seit 1987
  • La Rochelle (Frankreich), seit 1988, Freundschaftsvertrag bereits seit 1980
  • Klaipėda/Memel (Litauen), seit 1990
  • Visby (Schweden), seit 1999

Freundschafts- und Kooperationsverträge bestehen mit:

  • Venedig (Italien), seit 1979
  • Kawasaki (Japan), seit 1992
  • Bergen (Norwegen), seit 1996
  • Shaoxing (China), seit 2003

Darüber hinaus unterhält Lübeck freundschaftliche Beziehungen mit mehr als 100 anderen europäischen Städten, die regelmäßig an den Hansetagen der Neuzeit teilnehmen.

Wirtschaft und Infrastruktur

Hafen

Der Lübecker Hafen ist der größte deutsche Ostseehafen. Er verbindet Lübeck mit Skandinavien, Russland und dem Baltikum. Zahlreiche Fährlinien verbinden die Lübecker Häfen mit dem gesamten Ostseeraum. Im Jahr 2007 wurde 32,6 Millionen Tonnen Waren umgeschlagen und über 350.000 Passagiere abgefertigt.

Der Skandinavienkai im Stadtteil Travemünde ist mit etwa 100 regelmäßigen Abfahrten pro Woche der größte Fährhafen Deutschlands: Passagiere und Fracht werden von hier aus nach Schweden, Finnland und ins Baltikum befördert.

Der Nordlandkai ist Umschlaghafen für Papier, Trailer, Container und Neufahrzeuge. Die Reedereien Finnlines und Transfennica sind stark am Nordlandkai vertreten. Die Translumi-Line unterhält Verbindungen nach Kemi und Oulu (Finnland) und transportiert überwiegend SECU-Boxen, die wetterunabhängiges Löschen und Laden von Papiererzeugnissen ermöglichen. Gelegentlich machen am ATR-Getreidesilo größere Überseeschiffe fest, die Getreide für Fernost oder Südostasien laden.

Der „Konstinkai“ war Hauskai der Transfennica-Reederei, die rollende Ladung und Papier von/zu finnischen Häfen befördert. Nach einer Umstrukturierung wird der stadtnahe Terminal jetzt wieder für Papier- und Holzumschlag genutzt. Außerdem gibt es zwei Abfahrten pro Woche nach Russland.

Der Seelandkai ist neuer „Hauskai“ der Transfennica-Reederei. Er wurde 2006 in Betrieb genommen und verfügt unter anderem über zwei Containerbrücken.

Seit 1994 in Betrieb ist der Schlutupkai, an dem hauptsächlich Papier und Zellulose aus Schweden angelandet wird.

Unmittelbar südlich vom Konstinkai ist der Burgtorkai, der früher als Kreuzfahrtterminal diente. Durch die neue Travequerung Nordtangente können große Schiffe den Burgtorkai nicht mehr anlaufen.

In privater Hand sind die Lehmannkais I–III der Lübecker Firma Hans Lehmann KG, die Anfang 2004 das Gelände der ehemaligen Flender-Werft dazu gekauft hat, um drei oder vier RoRo-Anleger zu bauen. Sie will mit dem Partner DFDS weitere Fährlinien in den russischen und baltischen Raum akquirieren. Ein ähnliches Ziel verfolgt die städtische Lübecker Hafengesellschaft (LHG) mit den Flächen am danebenliegenden Seelandkai. Zwischen Seelandkai und Lehmannkai I betrieb die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) durch ihre damalige Tochter Combisped bis Sommer 2009 das moderne Containerterminal-Lübeck (CTL) mit Containerbrücken zur Bahn-Verladung in Richtung der Containerterminals im Hamburger Hafen. Zum 1.Mai 2010 übernimmt das Gelände ebenfalls die Hans Lehmann KG, die den Terminal zukünftig als CTL Cargo-Terminal Lehmann betreiben will. Die Containerbrücken werden demnächst abgebaut, da Lehmann diese nicht mit übernommen hat.

Am Ostpreußenkai vor der Travemünder Hafenpromenade „Vorderreihe“ legen Kreuzfahrtschiffe und Großsegler an.

Die stadtnahen Häfen Hansekai und Roddenkoppelkai werden heutzutage kaum noch für die gewerbliche Seeschifffahrt genutzt. Am Roddenkoppelkai legt mehrmals monatlich ein Holztransporter an, der Hansekai dient allenfalls Binnenschiffen oder Kurzzeit-Aufliegern als Liegeplatz.

Elbe-Lübeck-Kanal

Der Elbe-Lübeck-Kanal ist für Lübecks Hafenwirtschaft nur von untergeordneter Bedeutung, weil er seit Jahrzehnten nicht modernisiert wurde, so dass er wohl noch für den Freizeitverkehr, nicht aber mehr für heutigen Frachtverkehr attraktiv ist.

Museumshafen Lübeck

Direkt vor der Lübecker Altstadt im eigentlichen Hansahafen an der Untertrave ist der Museumshafen Lübeck beheimatet. Viele alte Lastensegler der Ostsee haben hier ihre Liegeplätze und sind im Museumshafen zu Lübeck e.V. organisiert. Da viele Schiffe noch seetüchtig sind und regelmäßig auslaufen, ist der Hafen im Winter besser als im Sommer gefüllt.

Der Lübecker Hafen beherbergt zudem weitere traditionelle Schiffe wie das Feuerschiff Fehmarnbelt, die Kraweel Lisa von Lübeck und den Gaffelschoner Krik Vig.

Unternehmen

Früher in Lübeck ansässige Schwerindustrie ist nahezu verschwunden. Von 1905 bis 1981 bestand in Lübeck ein großes Hüttenwerk, das Hochofenwerk Lübeck. Auch der einst bedeutende Schiffbau (Flender-Werke, Orenstein & Koppel) wurde ein Opfer des Strukturwandels. Im Spezialmaschinenbau ist die Firma Nordischer Maschinenbau Rud. Baader als Hersteller von Fischverarbeitungsmaschinen bekannt.

In Lübeck haben einige Branchen eine besondere Tradition, so die Medizintechnik, begünstigt auch durch die Universität zu Lübeck. Größter Arbeitgeber in diesem Bereich ist die Drägerwerk AG, von der unter anderem Narkose- und Atemschutzgeräte hergestellt werden. Ein weiteres bedeutendes medizintechnisches Unternehmen ist Euroimmun, ein Hersteller von Laborkits zur Antikörperdiagnostik.

Größter Arbeitgeber mit Sitz in Lübeck ist die Bockholdt Gruppe mit mehr als 4300 Arbeitnehmern. Bockholdt ist einer der großen deutschen Systemdienstleister in den Bereichen Gebäudeservice und Industrieservice.

Eine andere wichtige Branche ist die Lebensmittelindustrie, so zum Beispiel Niederegger, der bekannteste Hersteller von Lübecker Marzipan, außerdem der Suppenhersteller Campbell's Germany, der die Erasco-Gruppe übernommen hat, und der größte deutsche Fischkonservenhersteller Hawesta. Im Bereich des Hafens hat sich der Cerealienhersteller H. & J. Brüggen niedergelassen. Nur knapp außerhalb der Stadtgrenze befinden sich die Schwartauer Werke, auf deren Marmeladengläsern die Lübecker Kirchtürme abgebildet sind. Die Konditorei Junge ist unter ihrem Label Stadtbäckerei Junge bekannt.

Lübecker Bier wurde seit dem 15. Jahrhundert vornehmlich in den Ostseeraum exportiert. Die größte Brauerei war die Brauerei Lück, die 1988 geschlossen wurde.

Weitere in der Stadt ansässige Unternehmen sind die Firmengruppe Possehl, die in verschiedenen Branchen tätig ist, die Lübecker Hafengesellschaft, die Lübecker Nachrichten und die Greater Union Filmpalast GmbH. Außerdem erwähnenswert sind die Firmen Schmidt-Römhild (Deutschlands ältestes Verlagshaus seit 1579) sowie Carl Tesdorpf, Deutschlands ältestes Weinhandelshaus seit 1678, beide in der Mengstraße in der Altstadt ansässig. Der Schöning-Verlag ist der Marktführer für Ansichtskarten in Deutschland. Der Finanzdienstleister Dr. Klein & Co. AG, ursprünglich ein Vermittler von Kommunalfinanzierungen ist Marktführer in der Vermittlung von Immobilienfinanzierungen an den Endverbraucher und die NEUE LÜBECKER e.G., Norddeutschlands größte Wohnungsbaugenossenschaft, vermietet Wohnungen sowohl in Lübeck als auch überregional.

Wirtschaftsförderung

Die Wirtschaftsförderung hat in Lübeck hanseatische Tradition und wird teilweise kommunal sowie auf Landesebene aber auch privatwirtschaftlich gelenkt. Dieser Dualismus ist für Existenzgründer, denen mehrere Gründerzentren zur Auswahl und im Wettbewerb untereinander zur Verfügung stehen von Vorteil. Technologiezentren bestehen in Herrenwyk, den Media Docks, im Haus der Kaufmannschaft und im neuen Hochschulstadtteil. Das unmittelbare Umland Lübecks in Mecklenburg im Fördergebiet bietet vor dem Hintergrund der exzellenten Infrastruktur die weitere konkurrierende Möglichkeit interessanter Kombinationen von Lebensqualität und Fördermitteln. Das Fördergefälle zwischen den Kommunen der Region führt politisch allerdings zu der einen oder anderen Missstimmung. Richtungweisend ist das erste Ländergrenzen überschreitende Förderprogramm Region Aktiv Lübecker Bucht.

Einzelhandel

Von überregionaler Bedeutung ist die Innenstadt, wo sich das Gros der Lübecker Einzelhändler angesiedelt hat.

Die Fußgängerzone erstreckt sich hauptsächlich über die Breite Straße zwischen Pfaffenstraße und Markt mit einigen sie kreuzenden Rippenstraßen.[18] Der Einkaufsbereich für Fußgänger erweitert sich durch den angrenzenden Markt, der lange Zeit fast eine kommerzielle Brache an zentraler Stelle war. Hier wurde Anfang 2005 ein Neubau mit einem großen Modekaufhaus eröffnet, der architektonisch umstritten war. Auch am Übergang von der Breiten Straße zur Sandstraße erweitert die König Passage den Einkaufsbereich für Fußgänger. Sie ist eine relativ gut ausgestattete Ladenpassage.

Neben der Breiten Straße haben sich in der parallel verlaufenden Königstraße sowie in der Verlängerung der Breiten Straße, der Sandstraße, die meisten Einzelhändler niedergelassen. An dieser Stelle finden sich auch Kaufhäuser und größere Modegeschäfte. An der Stelle des ehemaligen Kaufhauses Haerder, das 2007 abgebrochen wurde, entstand in kurzer Bauzeit das Einkaufszentrum Haerder-Center, das im Oktober 2008 eröffnet wurde.

Weitere Geschäftsstraßen in der Innenstadt sind die Holstenstraße, die Wahmstraße, die Mühlenstraße, die Große Burgstraße und die Untertrave. Besonders hervorzuheben sind aber die Verlängerungen der Fußgängerzone in der Fleischhauer- und noch mehr in der Hüxstraße. In diesen Seitenstraßen befindet sich ein einzigartiges Ensemble kleiner Läden, Restaurants und Galerien, hauptsächlich in mittelalterlichen Giebelhäusern. Ein innenstadtnahes Gewerbegebiet befindet sich in der Kanalstraße.

Derzeit besitzt Lübeck mehrere Einkaufszentren. Der Citti-Park in Buntekuh ist das größte davon in unmittelbarer Nähe zur A 1. Neu entstanden sind das Mönkhof Karree im Hochschulstadtteil, die Linden-Arcaden direkt neben dem Hauptbahnhof sowie das Haerder-Center im Zentrum.

Klassische Gewerbegebiete gibt es ebenfalls in Buntekuh/St. Lorenz nahe der A 1 (Gewerbegebiete Herrenholz, Grapengießerstraße, Roggenhorst), in St. Jürgen nahe der A 20 (Gewerbegebiet Geniner Straße) und in St. Gertrud (Gewerbegebiet Gleisdreieck, Glashüttenweg/An der Hülshorst).

Auf dem derzeitigen Villeroy&Boch-Firmengelände an der Autobahnausfahrt Lübeck-Dänischburg entsteht bis zum Jahre 2012 ein Wohn-Fachmarktzentrum mit insgesamt 60.000 m² Verkaufsfläche. Hier soll ein IKEA-Möbelhaus, ein Einkaufszentrum mit überwiegend skandinavischen Marken, ein Outlet-Store von Villeroy&Boch sowie ein Baumarkt entstehen.

Verkehr

Straßenanbindung

Durch das westliche Stadtgebiet führt die Bundesautobahn 1 Hamburg–Fehmarn, die als so genannte „Vogelfluglinie“ und E 47 weiter über den Fehmarnbelt (Fähre) nach Kopenhagen und über die Öresundverbindung nach Malmö in Schweden führt, also ein Bindeglied zwischen der Metropolregion Hamburg und der Öresundregion darstellt. An dieser Autobahn befinden sich die Abfahrten Lübeck-Moisling und Lübeck-Zentrum. Im Norden der Stadt zweigt beim Autobahndreieck Bad Schwartau die Stadtautobahn A 226 in Richtung Lübeck-Travemünde und Fährhafen Skandinavienkai ab.

Seit 2001 ist der Lübecker Süden über die Anschlussstelle Lübeck-Genin an die Ostseeautobahn A 20 angeschlossen. Die neue Anschlussstelle Lübeck-Süd für den Flughafen Lübeck-Blankensee wurde mit der neuen B 207 erstellt und verkürzt die Anfahrt von außerhalb erheblich. Die A 20 ist seit dem 7. Dezember 2005 von Lübeck durch Mecklenburg-Vorpommern bis zur polnischen Grenze bei Pomellen durchgängig befahrbar. Durch die neue Autobahnumgehung im Zuge der A 20 ist für Lübeck eine erhebliche Entlastung des Stadtzentrums wie der B 75/B 104 im Bereich Siems/Schlutup/Selmsdorf eingetreten. Im Westen Lübecks soll die A 20 einmal nördlich und westlich um Hamburg herum führen und nördlich von Rotenburg an die A 1 (Bremen–Hamburg) angeschlossen werden. Die A 20 wird dann bei Bad Segeberg die A 21 nach Kiel kreuzen, so dass irgendwann einmal auch die beiden größten Städte des Landes durch eine Autobahn auf kurzem Wege verbunden sein werden. Nach Beendigung der Bauarbeiten am Autobahnkreuz Lübeck in Richtung Bad Segeberg wurde der 15,7 km lange Straßenabschnitt zwischen Lübeck und Geschendorf am 28. Juli 2009 in Betrieb genommen und führt zu weiteren Entlastungen im westlichen Stadtgebiet und in Stockelsdorf. Weitere wichtige Maßnahmen im Bereich der Verkehrsinfrastruktur sind der mautpflichtige Herrentunnel (Eröffnet am 26. August 2005) und die neue Travequerung der Eric-Warburg-Brücke im Zuge der Nordtangente sowie die Kreisstraße K 13 zwischen Lübeck und Stockelsdorf.

Eisenbahn

In Lübeck betreibt die Deutsche Bahn folgende Bahnhöfe und Haltepunkte:

  • Lübeck Hauptbahnhof
  • Lübeck-St. Jürgen
  • Lübeck-Kücknitz
  • Lübeck-Travemünde Skandinavienkai
  • Lübeck-Travemünde Hafen
  • Lübeck-Travemünde Strand
  • Lübeck Flughafen

Die Einrichtung des folgenden Haltepunktes befindet sich im Planungsstadium[19]:

  • Lübeck-Hochschulstadtteil (Baubeginn 2011)[20]

Von Seiten der Politik und Presse wurde mehrfach gefordert, auf den Lübecker Bahngleisen eine S-Bahn einzurichten. Dies wurde in der aktuellen Streckenausschreibung für das Bahnnetz Ost als Option festgehalten. Ein Gutachten macht den Einstieg in das S-Bahn-System von den Passagierzahlen des Flughafens Blankensee abhängig. Der Haltepunkt Lübeck-Flughafen wurde hierfür bereits mit Bauvorleistungen errichtet.

Der Lübecker Hauptbahnhof ist seit dem 1. Oktober 2008 an das elektrische Streckennetz der Deutschen Bahn angebunden; das seit Jahren bestehende Elektrifizierungsprojekt wurde, nach mehreren Investitionsstopps – nicht zuletzt wegen des Mautdesasters, nun fertig gestellt. Die offizielle Eröffnung der Elektrifizierung fand am 14. Dezember 2008 statt.

Fernzugverbindungen bestehen auf der Vogelfluglinie Richtung Kopenhagen durch die Danske Statsbaner (DSB). Bis vor einigen Jahren bestehende Fernverbindungen in östliche Richtungen wurden eingestellt oder werden nunmehr an Lübeck vorbei geführt. Seit dem Fahrplanwechsel am 9. Dezember 2007 ist Lübeck an das deutsche ICE-Netz angeschlossen: spezielle Diesel-ICE binden Lübeck dabei über Hamburg nach Berlin an, in anderer Richtung fahren sie auf der Vogelfluglinie bis Kopenhagen. Diese Verbindung wird den Eurocity langfristig ersetzen. Außerdem fährt jeden Freitag ein durchgehender Intercity nach Passau über Köln und Frankfurt am Main, während der Sommermonate auch an den Wochenenden, dann aber nur bis Frankfurt. Weitere Fernverbindungen nach Abschluss der Elektrifizierungsarbeiten wurden von der DB-Führung bereits in Aussicht gestellt. So verkehrt seit Dezember 2008 täglich ein ICE-Paar zwischen Lübeck und München über Hannover, Kassel und Würzburg.

Regionalzüge der DB Regio fahren nach Hamburg, Lüneburg (auch Halt in Lübeck Flughafen), Bad Kleinen (auch Halt in Lübeck-Sankt Jürgen), Kiel, Neustadt in Holstein, Puttgarden und Lübeck-Travemünde Strand (mit Halt in Lübeck-Kücknitz, Lübeck-Travemünde Skandinavienkai und Lübeck-Travemünde Hafen). Für Fahrten an die Westküste Schleswig-Holsteins ist Umsteigen in Hamburg bzw. Kiel notwendig, was meist mit längeren Wartezeiten verbunden ist. Die Strecke Hamburg–Lübeck ist in Schleswig-Holstein die Strecke mit der höchsten Frequenz; die öffentliche Ausschreibung wurde durch die nun beschlossene Elektrifizierung auf Eis gelegt. Die schnellste und auch durchgehende Verbindung zwischen Hamburg und Travemünde bestand vor dem Zweiten Weltkrieg durch die Lübeck-Büchener Eisenbahn und später die Reichsbahn.

Auf der Strecke von Lübeck nach Hamburg wurden Diesellokomotiven der Baureihe 218, seit Sommer 2006 in Kombination mit Doppelstockwagen, genutzt. Diese Diesellokomotiven werden nun durch E-Loks ersetzt. Auf anderen Strecken fahren u.a. Dieseltriebwagen der Baureihe 628.

Von 1945 bis 1990 war Lübeck Grenzbahnhof zur SBZ bzw. DDR. Täglich fuhren ein bis zwei Interzonenzüge Richtung Bad Kleinen–Rostock.

Öffentlicher Personennahverkehr

Die Straßenbahn Lübeck wurde 1959 stillgelegt. Eine Reaktivierung als Stadtbahn ist immer wieder im Gespräch. Besonders die Grünen setzten sich hierfür ein, da das System „Bus“ aufgrund der sehr starken Auslastung nicht mehr erweiterbar sei. Im städtischen Haushalt für das Jahr 2010 sind 120.000 Euro für eine Machbarkeitsstudie zur Einführung einer Stadtbahn eingeplant.[21] Von vielen Anwohnern wird bemängelt, dass die derzeit eingesetzten Busse nicht unbedingt in ihrer Dimension dem Weltkulturerbe angepasst sind. Auch ist zunehmend umstritten, ob wirklich jede Buslinie als Durchmesserlinie quer durch die mittelalterliche Altstadt geführt werden muss oder ob nicht Ringlinien um die Altstadt herum sinnvoller seien. Hauptbetreiber ist die Stadtverkehr Lübeck GmbH (SL).

Es gilt daher in Lübeck und einigen umliegenden Gemeinden weiterhin der Tarif der Tarifgemeinschaft Lübeck (TGL), die von der SL, der Deutsche Bahn AG und der Lübeck-Travemünder Verkehrsgesellschaft mbH (LVG) geschlossen wurde. Zum Gebiet der TGL gehören neben Buslinien der SL und LVG auch alle Bahnhöfe beziehungsweise -halte im Lübecker Stadtgebiet.

Auf dem Linienplan des Stadtverkehr werden die Buslinien, die die Altstadt durchfahren, zur besseren Orientierung farblich gekennzeichnet. Die grünen Linien (2, 6, 7, 9, 16, 17, 19) fahren vom Holstentorplatz über den Kohlmarkt zur Stadthalle (Mühlentor). Die blauen Linien (1, 11, 21, 31, 34) nehmen vom Holstentorplatz den Weg über die Königstraße zum Gustav-Radbruch-Platz am Burgtor (in der Gegenrichtung über die Beckergrube und den Schüsselbuden). Die roten Linien (nur noch 4, 32) durchqueren die Altstadt von Nord nach Süd vom Gustav-Radbruch-Platz bis zur Stadthalle. Die gelben Linien (3, 12) nehmen schließlich den Weg über die Beckergrube zum Holstentorplatz. Die restlichen Linien (5, 10, 30, 40) fahren auf unterschiedlichen Wegen durch die Altstadt.

Die überwiegend signalroten Busse der Lübeck-Travemünder Verkehrsgesellschaft (LVG) verbinden ZOB und Altstadt mit den nördlichen Stadtteilen Kücknitz (Linie 31, 32, 34) und Travemünde (Linie 30 und 40 bis Strandbahnhof). Der Einsatz der populären Doppeldeckerbusse wurde jedoch am 31. Dezember 2007 beendet, da die Fahrzeuge zu alt waren und neue Fahrzeuge für die Fahrt durch das Burgtor zu hoch sind.

Der Busbetrieb Dahmetal bedient mit ihren Buslinien 902 die Strecke Lübeck–Großhansdorf, 906 Lübeck–Ahrensburg, 907 Lübeck–Rondeshagen und 930 Kronsforde–Klempau.

Lübeck ist in das von der Autokraft GmbH betriebene schleswig-holsteinische Regionalbus-Liniennetz eingebunden.

In Travemünde fährt die Priwallfähre – außerhalb der Tarifgemeinschaft – zwischen der Stadt und der Halbinsel Priwall.

Flughafen

Lübeck verfügt im Süden des Stadtgebiets über den Regionalflughafen Lübeck-Blankensee. Der Flughafen wird seit 2000 von der irischen Fluggesellschaft Ryanair als Flughafen „Hamburg-Lübeck“ angeflogen und verbindet die Region seitdem mit London-Stansted. Inzwischen bietet Ryanair weitere Flüge nach Bergamo, Stockholm-Skavsta, Pisa, Dublin, Palma de Mallorca und Girona bei Barcelona. Die erste innerdeutsche Verbindung besteht seit Herbst 2008 mit dem Flughafen Frankfurt-Hahn. Angekündigt sind zudem Flüge nach Alghero (Sardinien) und Alicante. Zudem ist seit 2006 die osteuropäische Billigfluglinie Wizz Air mit Flügen nach Danzig in Blankensee vertreten. Der Lübecker Flughafen ist neben dem Flughafen Sylt der einzigen Verkehrsflughafen in Schleswig-Holstein und wird auch deshalb von der Landesregierung beim weiteren Ausbau unterstützt.

Energie

Die örtliche Energieversorgung mit Elektrizität aber auch die Gasversorgung in der Stadt liegt in Händen der Stadtwerke Lübeck GmbH. Das Kraftwerk Siems sollte von der E.ON nach dem Abriss eigentlich neu errichtet werden, die E.ON hat sich an diese Versprechungen und Zusagen jedoch nicht gehalten. Lübeck ist Ausgangspunkt des langen Hochspannungs-Seekabels „Baltic Cable“, einer 450-kV-HVDC-Leitung nach Schweden.

Siehe auch: Gasversorgung Lübeck, Stromversorgung Lübeck

Kommunikation

Die teilprivatisierte Stadtwerke Lübeck GmbH bietet örtlich mit Trave-DSL einen Internetzugang an (als eines der wenigen Unternehmen in Deutschland im Line-Sharing-Verfahren, d. h. ggf. auch ohne zusätzlichen Telefonanschluss). Als weitere regionale Anbieter treten Hansenet und Versatel (ehemalige KomTel) auf. Anschlüsse von Arcor sind auch möglich. In wenigen Bereichen Lübecks ist DSL derzeit nicht verfügbar. Kabel Deutschland bietet in der Hansestadt Internet über den Kabelanschluss an. Ferner installiert die Telekom derzeit ein VDSL-Netz.

Lübecker Erfindungen

  • Lübecker Hütchen
  • Lübecker Marzipan

Medien

Als Tageszeitung erscheinen in Lübeck die Lübecker Nachrichten in gedruckter und Online-Ausgabe sowie die Online-Tageszeitung HL-live.de. Der Ostsee-Verlag, eine Tochterfirma der Lübecker Nachrichten GmbH, gibt zweimal wöchentlich das Anzeigenblatt Wochenspiegel heraus. Die Lübecker Stadtzeitung erscheint einmal wöchentlich und wird kostenlos an alle Haushalte ausgegeben. Herausgeberin ist die Hansestadt Lübeck. Redaktion, Verlag und Druck liegt in Händen der Linus Wittich Druck + Verlag Lübeck GmbH. In der Stadtzeitung erschienen die Amtlichen Bekanntmachungen der Stadt.[22]

Bedeutende Zeitung in Lübeck war bis 1933 der 1894 gegründete sozialdemokratische Lübecker Volksbote, dessen Chefredakteur von 1921 bis 1933 Julius Leber war. Für die Zeitung schrieb Willy Brandt als Schüler. Zwischen 1942 und 1945 erschien die NSDAP-Zeitung Lübecker Zeitung. Die nach Ende des Zweiten Weltkriegs von der britischen Besatzungsregierung gegründete Lübecker Post sowie die sozialdemokratische Tageszeitung Lübecker Freie Presse und ihr Nachfolger Lübecker Morgen stellten ihr Erscheinen ein. Auch die in Lübeck herausgegebene Nordwoche, eine Wochenzeitung für Schleswig-Holstein, existiert nicht mehr.

Der Sender Offener Kanal Lübeck hat sein Studio in einem mit der Musik- und Kunstschule geteilten Gebäude („Alte Post“) in der Kanalstraße.

Die Stadt ist Sitz eines Regionalstudios des NDR, das Beiträge für die Hörfunkwellen und das Fernsehprogramm produziert.

Neben den Programmen des NDR und des Offenen Kanals sind auch der Deutschlandfunk und Deutschlandradio Kultur sowie die privaten Rundfunkveranstalter R.SH, delta radio, Radio NORA und Klassik Radio, ferner auch alle landesweiten Sender aus Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg und Niedersachsen zu empfangen.

Öffentliche Einrichtungen

Folgende Behörden beziehungsweise Körperschaften haben ihren Sitz in Lübeck:

  • Handwerkskammer Lübeck
  • IHK zu Lübeck
  • Wasser- und Schifffahrtsamt Lübeck
  • Deutsche Rentenversicherung Nord
  • BKK Hansestadt Lübeck
  • Landgericht Lübeck im Gerichtshaus
  • Amtsgericht Lübeck
  • Sozialgericht Lübeck
  • Arbeitsgericht Lübeck
  • Finanzamt
  • Amt für ländliche Räume
  • eine Filiale der Deutschen Bundesbank, ehemals Landeszentralbank (Anmerkung der u~m~d~h~T: Stand 2010)
  • Landesamt für soziale Dienste, ehemals Versorgungsamt

Bildung und Wissenschaft

Hochschulen

In Lübeck gibt es vier staatliche Hochschulen. Die Universität zu Lübeck (UZL), damals noch Medizinische Hochschule zu Lübeck, wurde 1973 als Nachfolgerin der II. Medizinischen Fakultät gegründet, welche seit 1964 eine Fakultät der Universität Kiel war. Anfang der 1980er Jahre wurde das Vorklinikum eröffnet, seitdem ist ein vollständiges Studium der Medizin in Lübeck möglich. 1993 wurde der Studiengang Informatik eingerichtet, inzwischen gibt es noch die Bachelor-/Masterstudiengänge Molecular Life Science, Mathematik in Medizin und Lebenswissenschaften - Computational Life Science und seit dem Wintersemester 2007 Medizinische Ingenieurwissenschaft sowie den in Kooperation mit der International School of New Media angebotenen Masterstudiengang Digital Media. Im Rahmen der Exzellenzinitiative der Bundesregierung wurde 2007 die Graduate School for Computing in Medicine and Life Sciences gegründet. Diese Graduiertenschule bildet Doktoranden auf dem Gebiet der Informatik in der Medizin und in den Lebenswissenschaften aus. Die Landesregierung Schlesig-Holsteins will den Medizinstudiengang zum 1. Okober 2011 einstellen. Das Vorhaben stößt auf Widerstand in Politik, Wissenschaft und Organisationen.[23][24][25]

Der Campus der Universität liegt mit dem der Fachhochschule im Stadtteil St. Jürgen.

Die Fachhochschule Lübeck (FHL) wurde 1969 als Staatliche Fachhochschule für Technik und Seefahrt durch Zusammenschluss mehrerer Vorgängereinrichtungen gegründet. Hier werden heutzutage hauptsächlich Studiengänge aus dem Bereich Technik, Ingenieurwesen und angewandte Naturwissenschaften angeboten. In Zusammenarbeit mit der Universität werden hier beispielsweise auch Medizintechniker ausgebildet.

Die Musikhochschule Lübeck entstand 1973 aus einem bereits 1891 gegründeten privaten Konservatorium. Als einzige der Lübecker Hochschulen befindet sie sich im Bereich der Innenstadt. Die Musikhochschule hat in vielen Ländern der Welt einen ausgezeichneten Ruf, so dass Studenten aus über 30 Nationen der Welt hier studieren.

Die Fachhochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung – Fachbereich Bundespolizei wurde 1978 gegründet. Der Hauptsitz dieser Fachhochschule befindet sich in Brühl (Rheinland).

Als privaten Hochschule ist noch die International School of New Media (ISNM) in den Media Docks am Ende der Wallhalbinsel untergebracht. Diese ehemaligen Kaianlagen wurden außer für die Unterbringung der ISNM auch für Firmengründungen des Neuen Marktes restauriert. Sie bieten einen hervorragenden Ausblick auf die Altstadt.

Schulen

In Lübeck bestehen drei Integrierte Gesamtschulen: die Geschwister-Prenski-Gesamtschule am Burgtor, die Baltic-Gesamtschule in Lübeck-Buntekuh und die Willy-Brandt-Schule-Schlutup. Mehrere der Lübecker Gymnasien befinden sich direkt in der Innenstadt. In zwei umgebauten Klöstern befinden sich das Katharineum zu Lübeck mit Schwerpunkt im altsprachlichen Bereich sowie das Johanneum zu Lübeck als Gymnasium mit Musikzweig; ebenfalls im Bereich der Altstadt liegen die Ernestinenschule und die Oberschule zum Dom, die bis Anfang der 1980er Jahre als reine Mädchen- beziehungsweise Jungenschule konzipiert waren. Die Hanse-Schule für Wirtschaft und Verwaltung ist ein Berufsbildungszentrum in der Innenstadt. Weitere, nicht in der Innenstadt liegende Gymnasien sind die Friedrich-List-Schule (ein Fachgymnasium mit wirtschaftlichem Zweig), die Thomas-Mann-Schule, ein neusprachliches Gymnasium und Europaschule, das Carl-Jacob-Burckhardt-Gymnasium, das Trave-Gymnasium im Stadtteil Kücknitz und das Fachgymnasium (Technischer Zweig) in der Gewerbeschule III. Die Dorothea-Schlözer-Schule umfasst neben dem Fachgymnasium die Fachschule für Sozialpädagogik auch Ausbildungsgänge für Pflegeberufe und Hauswirtschaft.Darüber hinaus gibt es einige Fachschulen, Berufsschulen (die im Jahr 2005 als Emil-Possehl-Schule zusammengefasst wurden), Berufsfachschulen, Berufsvorbereitungsschulen und eine Freie Waldorfschule. Außerdem befindet sich neben dem Gelände der Fachhochschule die Akademie für Hörgeräteakustik.

Sonstige Bildungseinrichtungen

In Lübeck besteht seit 1999 der Verbund Weiterbildung in Lübeck, in dem sich auf freiwilliger Basis Einrichtungen der beruflichen, allgemeinen und politischen Bildung zusammengeschlossen haben. Mit über 70 Einrichtungen ist es das größte regionale Weiterbildungsnetzwerk in Schleswig-Holstein. Moderiert von der neutralen Wirtschaftsförderung LÜBECK GmbH informiert der Verbund neutral und objektiv Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen über die Weiterbildungsmöglichkeiten in der Region. Neben den weiter unten genannten Theatern und Museen besteht noch die Volkshochschule Lübeck. Die Volkshochschule hat zwei eigene Standorte, einen in der Innenstadt und einen in Sankt-Lorenz-Nord und nutzt für die zahlreichen Kurse auch Räume in anderen öffentlichen Schulen. Die Sternwarte Lübeck bietet öffentliche Himmelsbeobachtungen und astronomische Vorträge an. Die Stadtbibliothek ist gleichzeitig öffentliche Bücherei und wissenschaftliche Bibliothek. Sie bietet in ihren Räumen in der Hundestraße sowie in einigen Außenstellen ein reichhaltiges Angebot an Fachbüchern und Trivialliteratur und hat in ihren Archiven auch einige Schätze. Die städtischen Urkundensammlungen seit dem Mittelalter und viele Dokumente der Hansezeit verwahrt das Archiv der Hansestadt Lübeck. Die Werkkunstschule Lübeck ist eine Schule für Kommunikationsdesign. Die Wirtschaftsakademie Schleswig-Holstein ist mit einer Niederlassung vertreten.

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Weltkulturerbe Lübecker Altstadt

Am 14. Dezember 1987 wurden die erhaltenen Teile des mittelalterlichen Stadtkerns auf der Altstadtinsel von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt. Damit wurde erstmals in Nordeuropa eine ganze Altstadt als Weltkulturerbe anerkannt. Ausschlaggebend waren dabei der exemplarische Charakter der Altstadt für die mittelalterliche Stadtentwicklung im Ostseeraum, die markante Stadtsilhouette mit den sieben Türmen der fünf Hauptkirchen und die geschlossen erhaltene vorindustrielle Bausubstanz. Hinzu kam als weitere schützenswerte Besonderheit der für die archäologische Erforschung des mittelalterlichen Städtewesens außerordentlich ergiebige Untergrund.

Der von der UNESCO geschützte Bereich bezieht die wichtigsten Bauwerke Lübecks ein: den Baukomplex des Rathauses, das Burgkloster, den Koberg – ein vollständig erhaltenes Viertel des späten 13. Jahrhundert – mit Jakobikirche, Heiligen-Geist-Hospital und den Baublöcken zwischen Glockengießer- und Aegidienstraße, das Viertel der Patrizierhäuser des 15. und 16. Jahrhundert zwischen Petrikirche und Dom, das Holstentor und die Salzspeicher am linken Traveufer.

Lübeck bewarb sich um den Titel „Europäische Kulturhauptstadt 2010“, schied jedoch in der Vorrunde aus. 2008 bewarb sich Lübeck als Stadt der Wissenschaft im Wettbewerb mit Konstanz und Oldenburg.

Musik

Die Lübecker Altstadt-Kirchen sind mit ihrer Vielfalt an barocken wie modernen Orgeln für Konzerte gut geeignet, sie haben seit der Norddeutschen Orgelschule den Ruf als Musikstadt maßgeblich begründet. Die Abendmusiken sind seit der Zeit Dietrich Buxtehudes legendär. Im Sommer macht das in Lübeck ansässige Schleswig-Holstein Musik Festival in ganz Schleswig-Holstein auch Dorfkirchen, Gutshäuser und -scheunen zu Konzertsälen. Weitere Konzerthallen und Veranstaltungsräume sind die moderne Musik- und Kongresshalle Lübeck, kurz MuK genannt, das Kolosseum der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit, die Konzertsäle der Musikhochschule Lübeck einschließlich der Holstentorhalle, das treibsand und das VeB, in der Alternative Lübeck, kurz „Walli“ genannt, das Rider's Café in Buntekuh, der Werkhof und die Schuppen 6 und 9.

Theater

Das Theater Lübeck ist in einem Jugendstil-Gebäude in der Beckergrube untergebracht und wurde Mitte der 1990er Jahre renoviert. Im Großen Haus finden hauptsächlich Operndarbietungen statt, unterstützt von den Lübecker Philharmonikern. Hier haben Hermann Abendroth, Wilhelm Furtwängler und Christoph von Dohnányi den Ausgangspunkt ihrer Karrieren gelegt. In den Kammerspielen werden Dramen und Komödien sämtlicher Stilrichtungen dargeboten. Im Bereich Kinderoper kooperiert das Theater mit der Taschenoper Lübeck.[26]. Daneben gibt es eine für die Größe der Stadt bemerkenswerte Anzahl unabhängiger Theater, unter denen besonders das Lübecker Marionetten-Theater Fritz Fey, das theater combinale, das theater partout, das Volks- und Komödientheater Geisler, das THEATER Haus Lübeck, das Theaterschiff Lübeck, das Lübecker Unterwassermarionettentheater und das ULKNUDEL e. V. sowie die Lübecker Sommeroperette als jährlich stattfindende Open-Air-Veranstaltungsreihe hervorzuheben sind.

Kino

Lübeck ist Stammsitz der Cinestar-Kinos, die mit den Lichtspielen Hoffnung in der Hüxtertorallee die Basis ihres Konzerns legten. Dieses traditionsreiche Kino steht nach einem Brand Ende Dezember 2004 noch vor der notwendigen Renovierung und galt bis dahin als das schönste Kino Lübecks. Das Kino ist im September 2009 als Veranstaltungssaal unter dem Namen "Eventhaus Hoffnung" wiedereröffnet worden. Mitte der 1990er Jahre wurde in der Stadthalle nach dem Vorbild der Multiplex-Kinos ein Kinopalast mit sieben Sälen eingerichtet, nachdem Cinestar bereits in einigen ostdeutschen Städten solche Kinos erbauen ließ. Hier laufen heute vor allem Filme des Mainstream-Kinos. 2005 und 2007 wurde die Stadthalle renoviert und unter anderem auch neu bestuhlt. Es gibt nur noch ein weiteres kommerzielles Kino, das ebenfalls zur Cinestar-Gruppe gehört: das Filmhaus. Nach einer Renovierung zeigt es jetzt hauptsächlich anspruchsvollere Filme und Lesungen.

Das Kommunale Kino in der Mengstraße, ein kleiner Vorführungsraum mit einem kleinen, ausgewählten Filmangebot, das auch selten Gezeigtes abdeckt und dafür schon mit mehreren Preisen ausgezeichnet wurde, ist das einzige Kino, das nicht der Cinestar-Gruppe gehört. Seit Sommer 2007 führt der Förderkreis Kommunales Kino Lübeck e. V. die Geschäfte des ehemals städtischen Kinos.

Jedes Jahr im Herbst steht Lübeck im Zeichen der Nordischen Filmtage. Auf diesem Filmfestival werden an fünf Tagen Filme aus Skandinavien, dem Baltikum und Schleswig-Holstein gezeigt. Spielort ist vor allem die Stadthalle, während an diesen Tagen das Mainstream-Kino im Filmhaus läuft.

Museen

Für viele Interessengebiete kann man Lübecks reichhaltige Museen besichtigen. Im St. Annen-Museum mit der neuen Kunsthalle St. Annen befindet sich eine großartige Sammlung mittelalterlicher Sakralkunst. Weitere Kunstsammlungen sind im Behnhaus und Drägerhaus mit einem international bedeutsamen Schwerpunkt für die Nazarenische Kunst und sowie im Kulturforum Burgkloster. Die Stadtgeschichte Lübecks wird im Holstentor-Museum dargestellt. In der Nähe des Doms befinden sich das Museum für Natur und Umwelt sowie die im mittelalterlichen Zeughaus gelegene Völkerkundesammlung, welche 2007 aus Geldmangel geschlossen wurde. Ebenfalls in der Altstadt kann man das Lübecker Theaterfigurenmuseum am Kolk besichtigen, Literaturinteressierten sind das Buddenbrookhaus und das Günter-Grass-Haus zu empfehlen. Als Gedenkstätte für den in Lübeck geborenen Friedensnobelpreisträger Willy Brandt wurde 2007 das Willy-Brandt-Haus Lübeck eröffnet. Im Marzipansalon im Café Niederegger kann man alles über das „weiße Gold“ erfahren. Außerhalb der Altstadt gibt es die Geschichtswerkstatt Herrenwyk in Kücknitz. Am 12. Juli 2005 öffnete im Burgkloster das Lübecker Museum für Archäologie. Die Leitung der städtischen Museen obliegt seit dem 1. Januar 2006 der Kulturstiftung Hansestadt Lübeck.

Als maritime Stadt verfügt Lübeck darüber hinaus über den Museumshafen Lübeck am nordwestlichen Altstadt-Ufer.

An die Geschichte der Stadt während der Teilung Deutschlands erinnert die Grenz-Dokumentationsstätte Lübeck-Schlutup. Sie befindet sich in einem ehemaligen Zollhaus des bis 1989 nördlichsten Grenzübergangs zur DDR im Stadtteil Schlutup. Eine weitere Ausstellung über die ehemalige innerdeutsche Grenze befindet sich in der Bundespolizeiakademie.

Literatur

Lübeck sieht einen deutlichen Schwerpunkt des kulturellen Lebens in der Auseinandersetzung mit der dort geschaffenen Literatur der Brüder Thomas Mann und Heinrich Mann, die als Zentrum das Buddenbrookhaus in der Mengstraße neben der Lübecker Marienkirche gefunden hat. Es ist benannt nach Thomas Manns Roman Buddenbrooks, der in Lübeck spielt. Dieser Gesellschaftsroman behandelt den Verfall einer reichen Kaufmannsfamilie; Thomas Mann erhielt für dieses Buch den Nobelpreis für Literatur. Die Hansestadt verleiht alle drei Jahre den Thomas-Mann-Preis. Weitere berühmte Autoren aus Lübeck sind Emanuel Geibel, Gustav Falke, Otto Anthes und Erich Mühsam. Günter Grass, ebenfalls Literaturnobelpreisträger, lebte lange in Lübeck. Heute wohnt er in der Nähe der Stadt. In Lübeck selbst befindet sich das Günter-Grass-Haus mit dem überwiegenden Teil seiner literarischen und künstlerischen Originalwerke. Lübeck ist Sitz der Erich-Mühsam-Gesellschaft, die den Erich-Mühsam-Preis verleiht. Die Schriftsteller Theodor Storm und Werner Bergengruen waren Schüler des Katharineums.

Ludwig Ewers´ 1926 erschienener umfangreicher Lübeck-Roman Die Großvaterstadt[27] wurde einst viel gelesen. Seine Protagonisten leben in derselben Zeit wie die Buddenbrooks, allerdings auf einer anderen sozialen Ebene. Es werden zum Teil die gleichen Ereignisse berichtet, wie beispielsweise das Ereignis in der Königsstraße – Senator Buddenbrook im Haus, Kaufmann Normann draußen. Der dritte Lübeck-Roman zu jener Zeit ist der, im Vergleich zu dem Ewers' oder Manns, komplett fiktive Roman Ida Boy-Eds Ein königlicher Kaufmann. Zuvor war Lübeck durch das Werk Ein Ruf von der Trave[28] des zu jener Zeit in München lebenden Lübeckers Emanuel Geibel Ort einer Romanhandlung geworden.

Josef Maria Stachelmann, ein Historiker und Protagonist in Christian v. Ditfurths derzeit fünf Kriminalromanen, ist in der Lübecker Altstadt an dem einzig fiktivem Ort der Stadt seit 2004 ansässig.

Bauwerke

Das Weltkulturerbe auf der Altstadtinsel besteht aus weit über tausend Gebäuden, die als Denkmäler in die Denkmalliste eingetragen sind. Insofern kann hier nur ein Ausschnitt der wichtigsten erwähnt werden. Das Weltkulturerbe ist jedoch die Gesamtheit des erhaltenen Teils der mittelalterlichen Stadt.

Die sieben Türme

Das Bild der Altstadt wird geprägt durch die sieben Kirchtürme (daher die Bezeichnung „Stadt der sieben Türme“), die den fünf großen Altstadtkirchen zuzuordnen sind. In der westlichen Stadtsilhouette, mit der verschiedentlich als Logo geworben wird, sind dies die in Nord-Süd-Reihenfolge (das heißt von links nach rechts) gezählten Türme von:

  • Jakobikirche im Norden der Altstadt
  • Marienkirche mit zwei Westtürmen im Zentrum rückseitig des Rathauses
  • Petrikirche in Sichtweite des Holstentores nahe der Westzufahrt zur Altstadt
  • Aegidienkirche
  • Dom mit zwei Westtürmen im südlichen Altstadtabschluss

Der noch romanisch begründete Dom ist in Lübeck nur die zweitgrößte mittelalterliche Kirche, hat jedoch mit 130 Metern die größte Länge. Er befindet sich eher abgelegen am südlichen Ende der Altstadtinsel in einer ruhigen Umgebung, die noch die alte Domfreiheit erahnen lässt. In der Lage der beiden Kirchen zueinander spiegelt sich der Konflikt zwischen der Lübecker Bürgerschaft und dem Lübecker Bischof wider, der dazu führte, dass die Lübecker Bischöfe ihre Residenz nach Eutin verlegten. Im Unterschied zur Marienkirche ist der Dom seit der Wiederherstellung im Inneren eher nüchtern weiß gestaltet. Hier kann man aber beispielsweise das Triumphkreuz des berühmten Holzschnitzers Bernt Notke bewundern. Ganz in der Nähe, in der Parade, befindet sich die Propsteikirche Herz Jesu, welche 1891 erbaut wurde.

Die 100 Meter lange gotische Marienkirche war die Hauptpfarrkirche des Rates und der Bürgerschaft. Sie steht in prominenter Lage in der Nähe des Marktes direkt hinter dem Rathaus. Die Marienkirche ist heute die drittgrößte Kirche Deutschlands und gilt als Mutterkirche der Backsteingotik. Sie beeindruckt nicht nur durch ihre äußere, sondern auch durch ihre innere Größe. Auch wenn im Zweiten Weltkrieg wesentliche Kunstschätze im Inneren zerstört wurden, wirkt sie heute doch besonders durch das fast 40 Meter hohe Mittelschiff mit reichhaltigen Deckenmalereien eindrucksvoll.

Wie auch Dom und Marienkirche, so wurde auch die Petrikirche im Zweiten Weltkrieg erheblich zerstört und erst als letzte wieder aufgebaut. Ebenfalls in Sichtweite des Marktes gelegen, war sie früher die Stammkirche der Fischer und Binnenschiffer. Heute hat sie keine eigene Gemeinde mehr und wird als Ausstellungs- und Veranstaltungsraum genutzt. Unter anderem ist sie seit 2004 Universitätskirche und wird von den Lübecker Hochschulen für Feierlichkeiten verwendet. Auf ihrem Turm befindet sich eine Aussichtsplattform, von der man bei schönem Wetter bis nach Travemünde und tief ins Mecklenburgische sehen kann. Die Jakobikirche liegt am anderen großen Platz Lübecks, dem Koberg. Die Kirche war die Stammkirche der Seeschiffer und liegt gegenüber der berühmten Schiffergesellschaft, dem Zunfthaus der Kapitäne und heute bekanntesten Restaurant Lübecks mit vielen Schiffsmodellen an der Decke. Ihr Turm besticht durch die vier kugeligen Verzierungen an der Basis des Turmhelms. Die Jakobikirche wurde im Krieg nicht zerstört und bietet daher heute noch das über die Jahrhundert gewachsene Erscheinungsbild. In einer Seitenkapelle steht ein Rettungsboot des 1957 gesunkenen Segelschulschiffes Pamir.

Die Aegidienkirche ist die kleinste der fünf großen Altstadtkirchen und die einzige im Ostteil der Altstadt, dem Wohnviertel der Handwerker und kleinen Leute. Auch sie wurde im Krieg nicht zerstört. Ihr Innenraum konnte daher sein Erscheinungsbild erhalten.

Weitere Sakralbauten

Die Katharinenkirche ist eine ehemalige Franziskaner-Klosterkirche des Katharinenklosters. Sie hat keinen Turm und trägt daher nicht zum klassischen Stadtpanorama bei. Ihr Inneres ist aber dennoch überaus sehenswert und gilt als ein Höhepunkt backsteingotischer Architektur. Sie schließt direkt an das Gymnasium Katharineum an und wird heute als Ausstellungsraum genutzt. In ihrer Westfassade finden sich Nischen-Figuren der Bildhauer Ernst Barlach und Gerhard Marcks.

Weitere Sakralbauten des Mittelalters sind das Burgkloster und das St.-Annen-Kloster. Das Burgkloster, ein ehemaliges Dominikaner-Kloster, wurde zum Dank für den Sieg gegen Dänemark in der Schlacht bei Bornhöved (1227) gegründet. Doch von seinem mittelalterlichen Bau sind nur wenige Überreste erhalten geblieben, die durch ein neugotisches Gebäude aus dem späten 19. Jahrhundert ergänzt worden. Dieser Gebäudekomplex hat im Laufe der Zeit unterschiedliche Aufgaben gehabt, war beispielsweise zur Zeit des Nationalsozialismus Gerichtsgebäude und somit Schauplatz einiger Prozesse gegen Regimegegner. Heute befindet sich hier unter anderem ein archäologisches Museum.

Das St.-Annen-Kloster in der Nähe der Aegidienkirche beherbergt heute ein umfangreiches Museum mit unterschiedlichen Themenschwerpunkten. So finden sich bedeutende sakrale Kunstwerke wie eine der größten Sammlungen mittelalterlicher Flügelaltäre und Statuen, dann ein Überblick über Lübecker und Hanseatische Wohnkultur vom Mittelalter bis ins frühe 20. Jahrhundert, schließlich im neuen Anbau, der Lübecker Kunsthalle St. Annen, eine Sammlung zeitgenössischer Kunst.

Am Koberg liegt gegenüber der Jakobikirche das Heiligen-Geist-Hospital. Dieses Gebäude ist ein gutes Beispiel für die Formen der Wohltätigkeit in der mittelalterlichen Gesellschaft. Um auch den Armen, Kranken und Alten einen Platz zu bieten, ließen wohlhabende Bürger dieses Gebäude errichten und stifteten regelmäßig für ihren Unterhalt. Bis in die 1970er Jahre hinein wurde die große Halle mit den heute noch zu besichtigenden, im 19. Jahrhundert errichteten Kabäuschen mit je etwa 3 Quadratmeter Wohnfläche als Altenheim verwendet. Um die Weihnachtszeit findet hier einer der bekanntesten Weihnachtsmärkte Norddeutschlands statt. Unweit des Heiligen-Geist-Hospitals befindet sich die turmlose und im Stil des Klassizismus konzipierte Reformierte Kirche.

Rathaus

Direkt neben der Marienkirche befindet sich von jeher das Herz der Stadt, der Markt mit dem Rathaus. Das Rathaus ist im Unterschied zu anderen bedeutenden Rathäusern nicht in einem Stil erbaut, sondern man sieht auch heute noch deutlich, dass es seit dem 12. Jahrhundert immer wieder ergänzt wurde. Hier finden sich heute Baustile von der Gotik über die Renaissance bis hin zur Moderne der 1950er-Jahre. Dem Rathaus schließt sich entlang der Breiten Straße das von der Backsteinrenaissance überformte Kanzleigebäude an, dessen Arkaden 2005 renoviert und geöffnet wurden, um die Fußgängerzone der Breiten Straße auch durch Geschäfte auf dieser Seite attraktiver zu gestalten. Der Rest des Lübecker Marktes wurde im II. Weltkrieg zerstört. Die Gestaltung des Marktes ist seitdem bis zuletzt immer wieder Punkt lebhafter Diskussionen gewesen. Der Kaak, der mittelalterliche Pranger, dessen Untergeschoss Butterverkaufsstände enthielten, wurde 1952 abgebrochen und 1986/1987 unter Verwendung gotischer Bauteile verändert wiedererrichtet.

Stadttore

Lübeck hatte bis ins 19. Jahrhundert noch vier Toranlagen; heute findet man nur noch zwei Überreste von ihnen. Das Holstentor ist als Wahrzeichen der Stadt sicher deutschlandweit am berühmtesten. Es wird aber schon seit langem vom Verkehr nur noch umfahren und steht auf einem kleinen, parkähnlichen Platz. Im Inneren befindet sich ein Museum zur Stadtgeschichte. Das andere erhaltene Stadttor ist das Burgtor. Es ist in die Überreste der Befestigungsanlagen am nördlichen Stadtrand integriert und muss auch heute noch von jedem durchfahren oder -laufen werden, der sich der Altstadt von Norden her nähert. Es geht direkt über in den Gebäudekomplex des Burgklosters. Das Mühlentor unweit der heutigen Mühlentor-Brücke über den Elbe-Lübeck-Kanal und das Hüxtertor wurden abgerissen, bevor das Geschichtsbewusstsein in Lübeck durchgriff.

Museen und Bürgerhäuser

Einige bedeutende Bürgerhäuser in der Innenstadt werden heutzutage als Museen verwendet. So bietet das klassizistische Ensemble aus Behnhaus und Drägerhaus in der oberen Königstraße heute Raum für ein Kunstmuseum. Im Buddenbrookhaus befindet sich heute das Heinrich-und-Thomas-Mann-Zentrum. In der Glockengießerstraße findet man seit einigen Jahren schließlich das Günter-Grass-Zentrum.

Die Kaufmannschaft zu Lübeck besitzt im Haus der Kaufmannschaft zwei der schönsten und bedeutsamsten geschnitzten Inneneinrichtungen der Renaissance. Ihr gehört auch das Schabbelhaus in der Mengstraße, das als Restaurant zugänglich ist.

Am Koberg befindet sich neben sehr gut erhaltenen, meist klassizistischen Gebäuden das 1535 errichtete Versammlungshaus der Schiffergesellschaft, in dessen originaler Inneneinrichtung sich heute ein Restaurant befindet.

Die spätromanische Löwen-Apotheke in der Königstraße gilt als der älteste Profanbau Lübecks.

Ein unter Denkmalschutz stehendes ehemaliges Kontorhaus ist der expressionistische Handelshof aus dem Jahr 1924 am Bahnhofsvorplatz.

Gänge und Höfe

Die Gänge und Höfe, für die Lübeck bekannt ist, sind eher aus Platznot in den Hinterhöfen der Wohnhäuser entstandene Wohnquartiere, die früher für die Ärmsten der Armen errichtet wurden, heute aber begehrter Wohnraum sind. Die größten und schönsten Höfe sind sicherlich der Füchtingshof und der Glandorpshof in der Glockengießerstraße. Es gibt in der Lübecker Altstadt circa 85 kleine Gänge.

Vorstädte

Wer mehrere Tage in Lübeck verbringt, sollte sich neben der Altstadt auch die Vorstädte ruhig genauer anschauen. Jenseits der idyllischen Wallanlagen finden sich in St. Gertrud und St. Jürgen sehenswerte Villenviertel mit klassizistischen und aus der Gründerzeit stammenden Villen. Besonders hervorstechend sind hier die Eschenburg-Villa in St. Gertrud an der Travemünder Allee und die Lindesche Villa des dänischen Architekten Lillie in St. Jürgen an der Ratzeburger Allee, die heute als Standesamt genutzt wird. Nur wenige Meter von der Linde-Villa befindet sich außerdem die St. Jürgen-Kapelle aus dem 17. Jahrhundert als Zeichen dafür, dass auch schon vor der Industrialisierung außerhalb der Lübecker Stadtmauern gesiedelt wurde. An der Wakenitz in St. Jürgen liegt auch die Lübecker Wasserkunst mit den neugotischen Wasserturm. In St. Gertrud befindet sich außerdem das Fischerdorf Gothmund am Ufer der Trave, ebenfalls ein beliebtes Ausflugsziel, das durch sein geschlossenes Ensemble von Reetdachhäusern besticht.

Travemünde

Fast 20 Kilometer von der Innenstadt schließlich ist das Ostsee-Bad Travemünde zu finden, das drittälteste Seebad Deutschlands. Hier kann man die Altstadt mit ihren kleinen Häusern besichtigen, die Vorderreihe mit den Wohnhäusern der Kapitänswitwen, die Bäderarchitektur vergangener Jahrhunderte bewundern (Casino, Kurhaus) oder hinterfragen (Maritim-Hotel). Zudem befindet sich in Travemünde der älteste Leuchtturm Deutschlands, der nicht mehr in Betrieb ist, aber besichtigt werden kann.

Denkmale und Skulpturen im öffentlichen Raum

Lübeck hat eine Vielzahl bedeutende Standdenkmale und Skulpturen im öffentlichen Raum. Dazu gehören die Löwen von Christian Daniel Rauch vor dem Holstentor, Löwen von Fritz Behn auf der Burgtorbrücke am Rande des Burgfelds sowie die Replik des Braunschweiger Löwen am Dom.

Zu einer Reihe weiterer Werke Behns im Stadtgebiet gehören die Antilope vor dem Holstentor sowie der Panter im Schulgarten an der Wakenitz. Die Bürgergärten sind ein kleiner Skulpturengarten in der Altstadt zwischen Heiligen-Geist-Hospital und Behnhaus.

An der Fassade der Katharinenkirche ist die Gemeinschaft der Heiligen von Ernst Barlach und Gerhard Marcks angebracht. Eine Gruppe von Allegorien von Dietrich Jürgen Boy steht auf der Puppenbrücke vor dem Holstentor. Am Koberg befindet sich zwischen dem Heiligen-Geist-Hospital und der Jakobikirche das Geibel-Denkmal von Hermann Volz. Aus den 1990er Jahren stammt die Gruppe von sechs Offenen Stelen aus Eiche von Jan Jastram, die als Leihgabe der Possehl-Stiftung vor dem Gerichtshaus aufgestellt wurde.

Als Exponate der documenta 9 in Kassel wurde die Gruppe von Tonskulpturen Fremde des Bildhauers Thomas Schütte bekannt. Einige dieser Skulpturen befinden sich jetzt als Possehl-Stiftung auf dem Dach der Musik- und Kongresshalle.

In der Grünanlage am Lindenplatz ist Kaiser Wilhelm I. nach einem Modell des Bildhauers Louis Tuaillon zu Pferde dargestellt. Es war das letzte Reiterstandbild, das dem Kaiser in Deutschland errichtet wurde. Ihm gegenüber steht das Standbild des ehemaligen Reichskanzlers Otto von Bismarck von Emil Hundrieser.

Am Rande des Burgfelds steht auf einer Grünfläche der Nachguss der Mädchengruppe von Karl Geiser, die der Lübecker Ehrenbürger Rodolfo Groth stiftete. Sie war ursprünglich für den Markt im Zentrum gedacht.

Der Stadtteil Moisling verfügt mit der Edelstahl-Wandplastik am Haus für alle von Günter Ferdinand Ris über eine Arbeit eines documenta-Teilnehmers.

Hauptartikel zur Kunst im Öffentlichen Raum sind Erinnerungs- und Denkmale in Lübeck und Skulpturen und Objekte in Lübeck.

Lübecker Stiftungskultur

Seit dem Mittelalter hat das Stiften in Lübeck Tradition. Ursprünglich wollten sich begüterte Kaufleute so ihr Seelenheil sichern. Das Heiligen-Geist-Hospital ist heute wohl die älteste bestehende Stiftung in Lübeck. Viele der Lübecker Gänge und Höfe beruhen auf Stiftungen Lübecker Kaufleute. Ohne das Engagement der in Lübeck ansässigen großen und kleinen Stiftungen wäre das reichhaltige Kulturleben der Stadt nicht denkbar und der Erhalt des Kulturerbes nicht darstellbar. Die Kulturstiftung Hansestadt Lübeck betreut die Lübecker Museumslandschaft. Lübecks älteste Bürgerinitiative, die

  • Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit

ist auch Treuhänderin für eine Vielzahl kleinerer Stiftungen.

Weitere wichtige gemeinnützige Stiftungen in Lübeck sind die

  • Parcham’sche Stiftung,
  • Possehl-Stiftung,
  • Dräger-Stiftung,
  • Gemeinnützige Sparkassenstiftung zu Lübeck und die
  • Edith-Fröhnert-Stiftung.

Lübeck ist bis heute die Stadt mit der größten „Stiftungsdichte“ Schleswig-Holsteins.[29]

Tourismus, Freizeit und Erholung

Tourismus

Lübeck kennt im Bereich der Altstadt den Städtetourismus, der sich in den letzten Jahren bedingt durch die Entwicklung des Flughafens mit seinen preiswerten innereuropäischen Linienverbindungen im bundesweiten Trend überdurchschnittlich entwickelt hat. Zielgruppen im Ausland sind die Ostsee-Anrainerstaaten, Italien und England. In diesem Bereich ist Lübeck der wichtigste Faktor im Tourismus in Schleswig-Holstein. Daneben bietet das Seebad Travemünde an der Lübecker Bucht alle Möglichkeiten eines modernen Ostseebades. Neben den Stadtführungen bieten Ausflugsboote auch eine Umrundung der Altstadtinsel an. Eine Besonderheit sind Stadtführungen in den Abendstunden, geführt von einem Nachtwächter.

Freizeit und Erholung im Stadtgebiet

Wasser, Grünflächen und ausgedehnte Wälder bestimmen das Stadtgebiet Lübecks, das zu den größten kommunalen Waldbesitzern Deutschlands gehört. Die Gewässer von Trave, Wakenitz und Elbe-Lübeck-Kanal sind landseitig von Wanderwegen erschlossen und größtenteils mit den großzügigen und ausgedehnten Parkanlagen verbunden. Mit dem Freibad an der Falkenwiese von 1899 am Westufer der Wakenitz hat die Stadt Lübeck ein unter Denkmalschutz stehendes Flussschwimmbad. Auf der Trave verkehren Ausflugsschiffe zwischen Lübeck und Travemünde und auf der Wakenitz bis nach Rothenhusen mit Anschlussmöglichkeit über den Ratzeburger See nach Ratzeburg in den Naturpark Lauenburgische Seen (östlich des Sees: Biosphärenreservat Schaalsee). Die Stadtwälder wie das Lauerholz und die Naturschutzgebiete an Wakenitz und Trave (Lagune im Schellbruch, Dummersdorfer Ufer mit dem Bodendenkmal der mittelalterlichen Burg an der Stülper Huk) in unmittelbarer Nähe zum Stadtgebiet wie das Nebeneinander von Seebad und mittelalterlichem Weltkulturerbe im gemeinsamen Geist hanseatischer Tradition machen einen wichtigen Teil der Lebensqualitäten und des Freizeitwertes der Stadt aus. Der Travelauf mit den anliegenden Naturschutzgebieten wurde als FFH-Gebiet an die Europäische Union gemeldet.

Insbesondere in den Wäldern in und um Lübeck finden sich etliche Hünengräber aus der Steinzeit, unter anderem im Stadtgebiet in den Forsten von Blankensee und Waldhusen. Durch den Wald von Waldhusen führt als Rundweg ein archäologischer Wanderweg.[30] Bei Pöppendorf ist eine der größten und besterhaltenen Burganlagen aus der Zeit der Wenden zu besichtigen. Diese Ringburg ist eine slawische Fluchtburg und hat einen Durchmesser von rund 100 Metern bei einer äußeren Wallhöhe von 8 bis 12 Metern.

Freizeit und Erholung in der näheren Umgebung der Stadt

Auch die nähere Umgebung der Stadt bietet eine Vielzahl von Freizeit- und Erholungsmöglichkeiten: neben den Seebädern an der Lübecker Bucht die Seen und Wälder der Holsteinischen Schweiz um die Residenzstadt Eutin (mit den Carl Maria von Weber-Festspielen auf der Freilichtbühne im Schlosspark direkt am Eutiner See), den Klützer Winkel und die Hansestadt Wismar auf der Mecklenburger Seite der Lübecker Bucht, den Naturpark Lauenburgische Seen mit der Inselstadt Ratzeburg und der Stadt Mölln an der Alten Salzstraße, und nicht zuletzt den Sachsenwald.

Im Rahmen des Bundesmodellprogramms „Regionen Aktiv – Land gestaltet Zukunft“ hat der Bereich Umwelt der Hansestadt Lübeck gemeinsam mit der „Regionalpartnerschaft Lübecker Bucht e. V.“ den Erholungsführer „Lübeck Natürlich! Naturnahe Erholung in der Region Lübeck“ herausgegeben. Aufgrund des Erfolges der ersten Auflage 2004/2005 wurde jetzt eine zweite Ausgabe 2006/2007 mit neuen Themenschwerpunkten und Ausflugszielen verausgabt.[31]

Auch die Städte des Umlands bieten eigene Attraktionen, wie zum Beispiel Bad Segeberg mit den Karl-May-Festspielen. Größter Freizeitpark ist der Hansa-Park in Sierksdorf.

Regelmäßige Veranstaltungen

  • Januar: Kringelhöge
  • Februar/Dezember: Marzipan-Show im Lübecker Marzipan-Speicher
  • Februar: HanseBike
  • Mai: Handel und Hanse
  • Mai: Lübecker Ruderregatta an der Wakenitz
  • Juli: Drachenbootrennen auf dem Kanal
  • Juli: Lübecker Volks- und Erinnerungsfest, auf dem Volksfestplatz (Lübeck)
  • Juli: Travemünder Woche
  • Juli: Sommerfest der Hüxstraße (wechselnde Länderschwerpunkte)
  • Juli/August: Schleswig-Holstein Musik Festival
  • Juli-September: Sand World (2003–2007)
  • August: Duckstein Festival, früher Traveuferfest
  • August: Christopher Street Day
  • September: alle zwei Jahre Altstadtfest
  • November: Nordische Filmtage Lübeck
  • Dezember: Ice World (2003–2006)
  • Dezember: Lübecker Weihnachtsmarkt
  • Dezember: Mittelaltermarkt
  • Dezember: Eisarsch-Regatta

Bräuche

  • Mai: In der Nacht zum ersten Mai findet gegen Mitternacht das alljährliche Mai-Singen unter den Arkaden des Rathauses statt. Junge und alte Sänger begrüßen dabei mitten in der Nacht den Mai mit dem Lied Der Mai ist gekommen des Lübecker Dichters Emanuel Geibel, das von Justus Wilhelm Lyra vertont wurde. Die Veranstaltung ist nicht organisiert und wird nicht kommerziell ausgenutzt. Es handelt sich eher um eine – vielleicht auch lokalpatriotische – Zusammenkunft Lübecker Familien. Der Initiator war nach dem Ersten Weltkrieg Otto Anthes mit seinem „Eulen“-Tisch.[32]

Kulinarische Spezialitäten

Beinahe schon weltweite Berühmtheit hat das Lübecker Marzipan, das seit dem späten Mittelalter in Lübeck hergestellt wird. Bekannte aktuelle Hersteller sind Niederegger, der Lübecker Marzipan-Speicher und Erasmi & Carstens. Eine ebenso süße Leckerei ist der Plettenpudding, der in den Buddenbrooks Erwähnung findet: eine aus mehreren Schichten bestehende Süßspeise. In den Buddenbrooks findet auch der Lübecker National Erwähnung: ein deftiger Gemüseeintopf mit Spargel, Möhren und Rindfleisch. Der Lübecker National ist ein typisches Beispiel dafür, dass die Lübecker Küche in ihren regionalen, norddeutschen Eigenarten mehr einer frugalen Variante der Hamburger entspricht als der Schleswig-Holsteiner Küche. Beim Lübecker Rotspon handelt es sich um Rotwein, der früher auf Fahrten nach Bordeaux als Ballast auf dem Rückweg mitgeführt wurde, bis man merkte, dass durch die Lagerung im Meeresklima der Wein eine besondere Note erhielt. Analog dazu gibt es heute auch den Wittspon, der aus Weißwein hergestellt wird. Traditionelle Weinhändler in Lübeck sind Carl Tesdorpf und von Melle, hier kann man auch den Rotspon erwerben, den es ähnlich wie anderen Rotwein in unterschiedlichen Qualitätsstufen gibt.

Eines von drei Sternerestaurants in Lübeck ist das Restaurant Wullenwever von Roy Petermann; die beiden weiteren sind Hotelrestaurants in Travemünde.

Vereine

Der 1919 gegründete VfB Lübeck ist der bekannteste Sportverein der Stadt. Seine erste Herren-Fußballmannschaft spielt zurzeit in der Regionalliga Nord. Sein Heimstadion ist das Stadion an der Lohmühle. Größter Erfolg war der zweimalige Einzug in die Zweite Fußballbundesliga 1996 beziehungsweise 2003, sowie das Erreichen des Halbfinales im DFB-Pokal in der Saison 2003/04. Die erste Fußballmannschaft des FC Phönix Lübeck spielte in den 1960er Jahren in der höchsten Spielklasse. Zu den größeren Sportvereinen gehört auch der TSV Siems. Der Lübecker Schachverein von 1873 war von 2001 bis 2003 Deutscher Meister und 2001 und 2002 Deutscher Pokalsieger. Neben der Waldjugend gibt es auch mehrere Pfadfindergruppen, darunter der Bund freier Pfadfinder mit dem Stamm der Freibeuter und der Bund der Pfadfinderinnen und Pfadfinder e. V.. Mit den Lübeck Cougars ist die Hansestadt auch in der GFL 2, der zweiten Bundesliga im American Football, vertreten.

Literatur

  • Heinrich Christian Zietz: Ansichten der freien Hansestadt Lübeck und ihrer Umgebungen. Mit 16 Kupfern. Friedrich Wilmans, Frankfurt M 1822, Weiland, Lübeck 1978 (Repr.).
  • Otto Grautoff: Lübeck. Stätten der Kultur. Bd 9. Klinkhardt & Biermann, Leipzig 1908.
  • Fritz Endres (Hrsg.): Geschichte der freien und Hansestadt Lübeck. Otto Quitzow, Lübeck 1926, Weidlich, Frankfurt M 1981 (Repr.), ISBN 3-8035-1120-8
  • Erich Keyser (Hrsg.): Deutsches Städtebuch. Handbuch städtischer Geschichte. Bd 1. Nordostdeutschland. Im Auftrag der Konferenz der landesgeschichtlichen Kommissionen Deutschlands mit der Unterstützung des Deutschen Gemeindetages. Kohlhammer, Stuttgart 1939.
  • Abram Enns: Kunst und Bürgertum – Die kontroversen zwanziger Jahre in Lübeck. Christians – Weiland, Hamburg – Lübeck 1978, ISBN 3-7672-0571-8
  • Lübeck 1226 – Reichsfreiheit und frühe Stadt. Scheffler, Lübeck 1976.
  • Gerhard Schneider: Gefährdung und Verlust der Eigenstaatlichkeit der Freien und Hansestadt Lübeck und seine Folgen. Schmidt-Römhild, Lübeck 1986, ISBN 3-7950-0452-7
  • Antjekathrin Graßmann (Hrsg.): Lübeckische Geschichte. Schmidt-Römhild, Lübeck 1989, ISBN 3-7950-3203-2
  • Ernst Deecke: Lübische Geschichten und Sagen. Schmidt-Römhild, Lübeck 1973
  • Peter Guttkuhn: Kleine deutsch-jüdische Geschichte in Lübeck. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Lübeck 2004. ISBN 978-3-7950-7005-2
  • Heinz Stoob: Stadtmappe Lübeck. in: Deutscher Städteatlas. Bd 3. Teilband 6. Acta Collegii Historiae Urbanae Societatis Historicorum Internationalis. Serie C. Im Auftrag des Kuratoriums für vergleichende Städtegeschichte e. V. und mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft, hrsg. von Heinz Stoob, Wilfried Ehbrecht, Jürgen Lafrenz und Peter Johannek. Dortmund-Altenbeken 1984, ISBN 3-89115-006-7
  • Lübeck-Lexikon. Die Hansestadt von A bis Z. Hrsg. von Antjekathrin Graßmann. Schmidt-Römhild, Lübeck 2006, ISBN 3-7950-7777-X
  • Manfred Finke: UNESCO-Weltkulturerbe Altstadt von Lübeck. Stadtdenkmal der Hansezeit. Wachholtz-Verlag, Neumünster 2006, ISBN 978-3-529-01335-5.
  • Stefanie Rüther: Prestige und Herrschaft. Zur Repräsentation der Lübecker Ratsherren in Mittelalter und Früher Neuzeit (Norm und Struktur 16). Böhlau, Köln (u. a.) 2003.
  • Uwe Albrecht (Hrsg.): Corpus der mittelalterlichen Holzskulptur und Tafelmalerei in Schleswig-Holstein. Band 2: Hansestadt Lübeck. Die Kirchen der Stadt, Verlag Ludwig, Kiel 2009, ISBN 978-3-933598-76-9
  • Verein für Lübeckische Geschichte und Alterthumskunde (Hrsg.): Siegel des Mittelalters. 5.–10. Heft (Siegel des Mittelalters aus den Archiven der Stadt Lübeck, Volumes 5-10 in der Google Buchsuche).

Anmerkungen

  1. ↑ Statistikamt Nord: Bevölkerung der Gemeinden in Schleswig-Holstein am 31. Dezember 2008 (PDF-Datei; 539 kB) (Hilfe dazu)
  2. ↑ Der Name ist slawischen Ursprungs und wurde im Verlauf der Jahrhunderte umgedeutet und umgeformt (siehe dazu im Einzelnen Wolfgang Laur: Historisches Ortsnamenlexikon von Schleswig-Holstein, 2. Aufl., Neumünster 1992, S. 437). Auf mittelalterliche Namensformen geht die regionale Aussprache mit langem geschlossenen e zurück, also, vgl. Dehnungs-c; neueren Ursprungs ist die bühnendeutsche Aussprache.
  3. ↑ Geoklima 2.1
  4. ↑ Antjekathrin Graßmann: Lübeckische Geschichte. Schmidt-Römhild, Lübeck 1997. ISBN 3-7950-3215-6
  5. ↑ Adam von Bremen: la:Gesta Hammaburgensis Ecclesiae Pontificum. Hahn, Hannover 1993. ISBN 3-7752-5288-6
  6. ↑ Gerhard Schneider: Gefährdung und Verlust der Eigenstaatlichkeit der Freien und Hansestadt Lübeck und seine Folgen; Veröffentlichungen zur Geschichte der Hansestadt Lübeck, Reihe B Band 14,Verlag Schmidt-Römhild, 1986, ISBN 3-7950-0452-7
  7. ↑ Manfred Bannow-Lindtke: bad Schwartau unterm Hakenkreuz; Albers & Range, Bad Schwartau 1993
  8. ↑ Lübeckisches Adressbuch, Verlag Max Schmidt
  9. ↑ Gerhard Schneider: Gefährdung und Verlust der Eigenstaatlichkeit der freien und Hansestadt Lübeck und seine Folgen, Verlag Schmidt-Römhild zu Lübeck 1986, ISBN 3-7950-0452-7
  10. ↑ 1945: Wie Lübeck dem Endkampf entging. In: Lübecker Nachrichten vom 8. Mai 2010, S. 3.
  11. ↑ Statistik Hansestadt Lübeck (pdf)
  12. ↑ Dr. Robert Dollinger: Geschichte der Mennoniten in Schleswig-Holstein, Hamburg und Lübeck. In: Quellen und Forschungen zur Geschichte Schleswig-Holsteins, Band 17, Neumünster 1930
  13. ↑ Dr. Werner Neugebauer: Schönes Holstein, Lübeck 1967, Seite 97
  14. ↑ EFG Lübeck, Geschichte
  15. ↑ Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Lübeck über die Lübecker Methodisten
  16. ↑ Peter Guttkuhn: Kleine deutsch-jüdische Geschichte in Lübeck. Schmidt-Römhild, Lübeck 2004. ISBN 3-7950-7005-8
  17. ↑ a b Kommunale Wappenrolle Schleswig-Holstein : kreisfreie Stadt Lübeck. Landesarchiv Schleswig-Holstein, abgerufen am 27. April 2010.
  18. ↑ Josephine von Zastrow: Wird die Hüxstraße zur Fußgängerzone? In: Lübecker Nachrichten vom 18. Dezember 2008, S. 15
  19. ↑ Landesweiter Nahverkehrsplan für den Schienenpersonennahverkehr in Schleswig-Holstein (pdf, 10 MB)
  20. ↑ http://www.xxx
  21. ↑ http://www.xxx
  22. ↑ Lübecker Stadtzeitung
  23. ↑ Quirin Schiermeier: German states wield the axe. In naturenews [1]
  24. ↑ Frank Pergande: Die Angst, eine Zukunftsbranche zu verlieren In: FAZ.Net vom 24. Juni 2010
  25. ↑ Lübeck-kämpft.de
  26. ↑ Taschenoper Lübeck
  27. ↑ Ludwig Ewers: Die Großvaterstadt (1926); Dräger Druck, 3. Auflage, 1980, ISBN 978-3-925402-09-8
  28. ↑ Emanuel Geibel: Ein Ruf von der Trave (1844)
  29. ↑ Städteranking 2009
  30. ↑ Rad- und Wanderkarte Dassow-Travemünde. Verlag Grünes Herz, Ilmenau/Thüringen, 3. aktualisierte Auflage 2006
  31. ↑ Ursula Kühn: Lübeck Natürlich. Lübeck 2004
  32. ↑ Bernd Gatermann und Peter Guttkuhn: „Zur Eule“. Erinnerungen an eine Lübecker Künstlerkneipe. In: Der Wagen. 1986, S. 176–183. ISSN 0933-484 X.

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Geschichte der Hansestadt Lübeck

Chronologische Übersicht

  • 819 Erste slawische Burganlage von Alt-Lübeck am Zusammenfluss von Trave und Schwartau.
  • 1072 Der Name „Liubice“ wird in der Chronik des Geschichtsschreibers Adam von Bremen genannt.
  • 1138 Zerstörung Alt-Lübecks, innerslawische Machtkämpfe.
  • 1143 Graf Adolf II. von Schauenburg gründet die deutsche Stadt Lübeck auf der Halbinsel zwischen Trave und Wakenitz als bescheidene kaufmännische Siedlung neben einer slawischen Niederlassung.
  • 1159 Graf Adolf II. überläßt den Hügel Buku (heutige Lübecker Innenstadt) Herzog Heinrich dem Löwen, der Lübeck dort ein zweites Mal entstehen lässt.
  • 1226 Die norddeutschen Fürsten und Städte können die dänische Vorherrschaft abschütteln, Kaiser Friedrich II. erteilt Lübeck das Reichsfreiheitsprivileg. Lübeck wird Freie Reichstadt, soll auf ewig dem Reichsoberhaupt unterstehen. Die Bestimmung bleibt 711 Jahre, bis 1937, in Kraft.
  • 1227 Norddeutsche Fürsten und Städte, darunter Lübeck, besiegen in der Schlacht bei Bornhöved den Fürsten Waldemar endgültig. Zum Dank wird in Lübeck das Dominikanerkloster an der Stelle der ehemaligen königlichen Burg gegründet (Burgkloster).
  • 1358 Erster Hansetag in Lübeck. Der Ausdruck „Städte von der deutschen Hanse“ wird erstmals urkundlich belegt. Die Hanse als Organisationsform ist allmählich, nicht durch einen Gründungsakt, entstanden.
  • 1367–1370 Zweiter siegreicher Krieg gegen König Waldemar, abgeschlossen durch den Frieden von Stralsund und Sicherung der hansischen Privilegien und Wirtschaftsinteressen im Norden.
  • 1563–1570 Nordischer siebenjähriger Krieg (Lübeck mit Dänemark gegen Schweden), letzter ehrenvoller, aber erfolgloser Seekrieg der Stadt, beendet durch den Frieden von Stettin
  • 1669 Neun Städte der Hanse treten in Lübeck zum letzten Mal zusammen. Lübeck, Hamburg und Bremen bleiben bis ins 20. Jahrhundert als Freie und Hansestädte die Erben.
  • 1810 Gewaltsame Angliederung an das französische Reich, Lübecker Franzosenzeit
  • 1813 Übergabe der Stadt an Kronprinz Bernadotte aus Schweden (Alliierter)
  • 1815 Lübeck wird Mitglied des deutschen Bundes.
  • 1866 Eintritt in den Norddeutschen Bund.
  • 1871 Die Freie und Hansestadt Lübeck wird Gliedstaat des Reiches.
  • 1897 Im Zuge der Heeresververmehrung erhält Lübeck sein eigenes, das 3. Hanseatische, Regiment
  • 1911 Lübeck wird Großstadt
  • 1933 Absetzung des Senates, Abschaffung der Bürgerschaft, Regierung durch Bevollmächtigten der NSDAP. Gemeinsamer „Reichsstatthalter“ für Lübeck und Mecklenburg mit Sitz in Schwerin.
  • 1937 Abschaffung der Reichsfreiheit Lübecks, Eingliederung in die preußische Provinz Schleswig-Holstein.
  • 1942 Am 28. März werden große Teile der Altstadt durch Bomben vernichtet.
  • 1945 Lübeck wird kampflos von britischen Truppen besetzt.
  • 1987 Die UNESCO erklärt Lübeck zum Weltkulturerbe – das erste Kulturdenkmal dieser Art in der Bundesrepublik.
  • 1993 Lübeck feiert 850 Jahre Hansestadt Lübeck

Die Geschichte Lübecks lässt sich bis 700 n. Chr. zurückverfolgen, als die Siedlung Liubice gegründet wurde. Das Mittelalter war geprägt von der Hanse.

Von einer ersten Besiedlung nach der Weichseleiszeit künden heute noch zahlreiche Hünengräber der Jungsteinzeit im Stadtgebiet und der näheren Umgebung wie das Pöppendorfer Großsteingrab im Waldhusener Forst und das Großsteingrab Blankensee.

Frühe Besiedlung und Herkunft des Stadtnamens

Im Osten Holsteins begann die slawische Besiedelung ab zirka 700 nach Christus, nachdem vorherige germanische Bewohner nach Westen abgewandert waren. Der etwa zur Zeit Karls des Großen (748–814) entstandene Ort Liubice („die Liebliche“ [1]) lag nördlich der Lübecker Altstadtinsel zwischen der heutigen Teerhofinsel und der Mündung der Schwartau in die Trave. Als wichtiges Bodendenkmal wurde er durch eingehende Ausgrabungen untersucht. In diese Zeit gehört auch der Pöppendorfer Ringwall. Seit dem 10. Jahrhundert war Liubice neben Oldenburg in Holstein (Starigard) die wichtigste Siedlung der Abodriten. Das in der Mecklenburg und Liubice sesshafte Geschlecht der Nakoniden lag mit den Liutizen in ständigen kriegerischen Auseinandersetzungen. Wahrscheinlich war Liubice bereits in dieser Zeit burgartig befestigt. Nach der dendrochronologisch auf das Jahr 819 bestimmten Gründung der Burg [2] wurde Liubice erstmals um das Jahr 1076 von Adam von Bremen [3] erwähnt, der auch von der Steinigung des Ansverus im Jahr 1066 bei Einhaus berichtet. Im Jahr 1093 übernahm der christliche Nakonide Heinrich die Herrschaft über die Abodriten und machte Liubice zu seiner Residenz. Nach seinem Tod im Jahr 1127 wurde der Ort von den Ranen niedergebrannt.

Deutsche Kolonisation und Lübecker Burg

In der heutigen Lage auf dem Hügel Buku, Standort einer ehemaligen wendischen Burg zwischen Trave und Wakenitz, wurde die Stadt Lübeck 1143 durch Adolf II., Graf von Schauenburg und Holstein als erste deutsche Hafenstadt an der Ostsee neu gegründet. Er legte hier die erste für Lübeck dokumentarisch aufgeführte Burg, einen Holz-Erde-Wall, an, welche 1147 von Helmold von Bosau [4] erwähnt wurde. Mittels Grabungen aus der Neuzeit konnte ein Brunnen für die Zeit um 1155 bestimmt werden. Die Burganlage musste Adolf 1158 an Heinrich den Löwen abtreten, als er durch seine Einmischung in die dänischen Thronstreitigkeiten dessen Unzufriedenheit erregt hatte. 1150 verlegte Heinrich das Bistum Oldenburg nach Lübeck an die Marienkirche. Nach Heinrichs Sturz wurde die Burg von 1181 bis 1189 kaiserlich, anschließend bis 1192 dann wieder herzoglich-sächsisch. Für den kurzen Zeitraum von 1192 bis 1201 ist sie wieder in gräflich-holsteinischem Besitz gewesen und wurde 1217 von König Waldemar II von Dänemark übernommen. Nach dessen Niederlage in der Schlacht bei Bornhöved (1227) wurde an ihrer Stelle das Burgkloster errichtet, in das Dominikanermönche einzogen.[5][6].

Die Zeit der Hanse bis zum Frieden von Stralsund

Anfänge

Nach einem Brand 1157 wurde Lübeck von Heinrich dem Löwen wiederaufgebaut, der hierfür seine Stadt Bardowick aufgab. 1160 erhielt Lübeck das Soester Stadtrecht. Dieser Zeitpunkt wird heute von Historikern [7] als der Beginn der Kaufmannshanse (im Gegensatz zur späteren Städtehanse) angesehen. Wichtigstes Argument für diese Position stellt dabei das Artlenburger Privileg von 1161 dar, in dem Lübecker Kaufleute den bisher im Ostseehandel dominierenden gotländischen Kaufleuten rechtlich gleichgestellt werden sollten. In dieser Zeit begann durch Helmold von Bosau und seinen Nachfolger Arnold von Lübeck [8] mit der Chronica Slavorum die umfassende schriftliche Überlieferung des Zeitgeschehens in Nordostdeutschland.[9] Das Barbarossa-Privileg von 1188 sicherte der Neugründung den territorialen Bestand und die Handelsmöglichkeiten.

Die der Stadt von Heinrich dem Löwen mitgegebene Ratsverfassung beruhte auf einem Stadtrat von 24 Ratsherren, der sich aus den Zusammenschlüssen der Kaufleute selbst durch Zuwahl ergänzte und aus seiner Mitte bis zu vier Bürgermeister wählte. So konnten nur die wirtschaftlich stärksten Kaufmannsfamilien in den Rat gelangen, es durfte allerdings nur jeweils ein Mitglied einer Familie im Rat sein, nie zwei gleichzeitig. Dieses Modell der Verfassung blieb bis zum 19. Jahrhundert weitgehend erhalten. Damit war die Grundlage für den ausschließlich an den Interessen der Fernhandelskaufleute ausgerichteten rasanten Aufstieg Lübecks zur Handelsmacht in Nordeuropa von der inneren Struktur gelegt. Um 1200 nahm der Hafen und die Schifffahrt weiter Aufschwung: Lübeck wurde der Auswanderungshafen für die Ostkolonisation des Deutschen Ordens in Livland, die unter dem Hochmeister Hermann von Salza ihren Höhepunkt erreichte (Goldene Bulle von Rimini vom März 1226).

Kurz darauf erlangte Lübeck im Juni 1226 von Kaiser Friedrich II. mit dem Reichsfreiheitsbrief die Reichsfreiheit und wurde reichsunmittelbare Stadt. Die Stadt nahm durch ihre günstige geografische Lage und den neuen Schiffstyp Hansekogge, die ein Vielfaches an Frachtgut im Vergleich zu früheren Schiffstypen befördern konnte, rasch Aufschwung. Die Bedrohung der Eigenständigkeit durch die dänische Machtausdehnung unter Waldemar II. wurde in der Schlacht bei Bornhöved erfolgreich abgewehrt. In der Folge des Einfalls des lüneburgischen Herzogs Otto (1301) ging die Stadt dazu über eine Landwehr zu errichten.

Lübeck als Königin der Hanse

Nachdem 1361 Wisby, der erste Hauptort der Hanse, vom dänischen König Waldemar IV. Atterdag erobert worden war, wurde Lübeck zum neuen Hauptort der Hanse (auch Königin der Hanse genannt), die sich im 13. Jahrhundert zur Städtehanse gewandelt hatte. Lübeck entwickelte sich in Folge zur zeitweise wichtigsten Handelsstadt im nördlichen Europa. Es entstand der Verband der wendischen Städte unter Lübecks Führung. Kaiser Ludwig der Bayer verlieh Lübeck 1340 das Goldmünzrecht. 1356 fand der erste allgemeine Hansetag in Lübeck statt. Die ständigen Auseinandersetzungen mit Dänemark unter König Waldemar IV. führten nach der Niederlage der Hanseatischen Flotte unter dem Befehl des Lübecker Bürgermeisters Johann Wittenborg im Öresund zu dem für die Hansestädte ungünstigen Frieden von Vordingborg (1365) und im Jahr 1367 zur Bildung der Kölner Konföderation. 1369 fiel jedoch die dänische Festung Helsingborg nach der hansischen Belagerung unter Bruno von Warendorp. Mit dem Frieden von Stralsund erreichte Lübeck den Höhepunkt seiner Macht im Ostseeraum.

Durch die Gründung des Wendischen Münzvereins 1379 wurde die lübische Mark zur Leitwährung im Ostseehandel. Kaiser Karl IV. besuchte als erster römisch-deutscher König seit Friedrich I. 1375 die Stadt.

1380 kam es um zu inneren Unruhen, den sogenannten Knochenhaueraufständen. Die vom Rat ausgeschlossenen Handwerker und kleinen Kaufleute, die durch immer wieder erhöhte Steuern und finanzielle Einbußen den kostspieligen Krieg gegen Dänemark mitgetragen hatten, forderten unter der Führung der Knochenhauer mehr Freiheiten für die Ämter und Mitspracherecht im Rat. Nach einer Machtdemonstration des Rats kam es zu einem Kompromiss, der jedoch nicht lange hielt: 1384 nutzte Hinrik Paternostermaker, ein mit seinen Geschäften unzufriedener Kaufmann, den nach wie vor gärenden Unmut in den Ämtern zu einer Verschwörung gegen den Rat. Der Anschlag wurde verraten und blutig niedergeschlagen.

Im 14. Jahrhundert war Lübeck neben Köln und Magdeburg eine der größten Städte des Reiches. Das Lübecker Stadtrecht (lübisches Recht), welches aus dem Soester Stadtrecht hervorgegangen war, galt in vielen Hansestädten, vor allem im Ostseeraum, und der Lübecker Rat war als Oberhof Appellationsinstanz für alle Hansestädte des Lübecker Rechtskreises.

Hamburg und Lübeck arbeiteten eng zusammen: Während Hamburg insbesondere den Nordseeraum und Westeuropa abdeckte, orientierte sich der Seeverkehr Lübecks nach Skandinavien und in den Ostseeraum vom Bergener Kontor Bryggen bis nach Nowgorod (Peterhof). Politisch ist der Einfluss Lübecks auch im Hansekontor in Brügge und im Londoner Stalhof von herausragender Bedeutung für die Entwicklung des hansischen Handels gewesen. Der Handelsverkehr zwischen den beiden Hansestädten wurde vorwiegend über Land, beispielsweise über die Alte Salzstraße, durchgeführt, aber auch per Binnenschiff durch den Stecknitz-Kanal, über den auch das Salz aus Lüneburg, eines der wichtigsten Exportgüter Lübecks in Richtung Norden und Osten, transportiert wurde. Das Salz wurde im Ostseeraum benötigt, um Fisch zu konservieren. Der Hering war im Mittelalter im Binnenland eine beliebte Fastenspeise.

Zum Schutz der Handelsinteressen der Hanse und zum Schutz gegen Seeräuber wie die Vitalienbrüder, statteten lübecker Kaufleute eine bedeutende Anzahl Orlogschiffe (Kriegsschiffe) aus.

Die Hansezeit nach dem Frieden von Stralsund bis zur Reformation

Auch der Beginn des 15. Jahrhunderts war von 1408–1415 durch innere Unruhen geprägt. In deren Verlauf kam es zur zeitweisen Absetzung des Rates. So geriet Lübeck 1410 vorübergehend in Reichsacht. Durch die Chroniken dieser Zeit aufgezeichnet durch die Lesemeister Detmar und Hermann Korner besteht zusammen mit den Urkundensammlungen für diese Zeit bereits eine herausragende Quellenlage und Geschichtsschreibung.

Der Vertrag von Perleberg führte 1420 unter Mithilfe Hamburgs zu einer Beordnung des Verhältnisses zu den Herzögen von Sachsen-Lauenburg. Fortan wurden Bergedorf und die Vierlande bis ins 19. Jahrhundert gemeinsam verwaltet.

Die Einführung des Sundzolls 1429 für die Durchfahrt durch den Öresund durch König Erik VII. führte zu einer erneuten Eskalation zwischen den Hansestädten und Dänemark, die 1435 mit dem Frieden von Vordingborg mit einer Bestätigung der Privilegien der Hanse beigelegt wurde. Gleichwohl mussten die Hansestädte schon bald mit dem Frieden von Kopenhagen - das Ende der Hansisch-niederländische Krieg - die aufkommende niederländische Konkurrenz in der Ostsee hinnehmen.

Die ständigen Einschränkungen der Privilegien der Hanse am Londoner Stalhof führen 1470 zur Kriegserklärung der wendischen und preußischen Städte der Hanse gegen England. Der Seekrieg wird als Kaperkrieg geführt und für die Hanse durch den Frieden von Utrecht (1474) durch den Bürgermeister Hinrich Castorp erfolgreich abgeschlossen.

Der Ostseehandel der Lübecker in dieser Zeit wurde nicht nur von Salz, Heringen aus Schonen und Stockfisch aus Nordnorwegen geprägt. Nordeuropa wurde von hier aus mit Waren des täglichen Bedarfs versorgt. Auch Kunstgegenstände wie die Werke des Malers und Bildhauers Bernt Notke und dessen Zeitgenossen Hermen Rode finden sich, ebenso wie in Lübeck hergestellte Flügelaltäre im gesamten Ostseeraum.

Die Handelsbeziehungen der Hanse förderten auch den Absatz von Büchern. Mit dem Aufkommen des Buchdrucks wurde Lübeck Ende des 15. Jahrhunderts durch Drucker wie Lucas Brandis und seinen Bruder Matthäus, Johann Snell, Bartholomäus Ghotan (der 1488 mit dem Missale Aboense das erste für Finnland gedruckte Buch herstellte), Steffen Arndes (Niederdeutsche Bibel, 1494) und später Johann Balhorn zum Druck- und Buchvertriebszentrum des Ostseeraums. Die von Hans van Ghetelen 1498 herausgegebene niederdeutsche Übersetzung des Reynke de vos (Reineke der Fuchs) war in Deutschland und Skandinavien zu der Zeit nach heutiger Diktion ein trivialer Bestseller. In Deutschland übertraf Lübeck im Markt für Druckerzeugnisse in mittelniederdeutscher Sprache die Stadt Köln, da diese durch den prägenden Katholizismus den Markt nicht in der geforderten Art und Weise bedienen konnte.[10]

1500 wurde Lübeck Teil des Niedersächsischen Reichskreises.

Die Fehden mit Dänemark nahmen nach 1509 aufgrund der Hegemonialpolitik des dänischen Königs Christian II. wieder zu, wurden aber zunächst im Frieden von Malmö (1512) durch den Bürgermeister Thomas von Wickede beigelegt. Sie loderten jedoch bald wieder auf. Lübeck verhalf Gustav I. Wasa 1523 auf den schwedischen Thron, König Christian II. wurde unter Mitwirkung des Bürgermeisters von Wickede abgesetzt und Friedrich I. zum neuen König von Dänemark gekrönt; im Gegenzug wurde die Insel Bornholm von 1525 an für fünfzig Jahre lübisch. Für Dänemark endete hiermit die Zeit der Kalmarer Union.

Die Zeit von etwa 1522 bis 1530 war geprägt durch das Vordringen der Reformation. 1531 berief der Rat Johannes Bugenhagen, um das Gemeinwesen (Kirche, Schule, Sozialfürsorge) im reformatorischen Sinn neu zu ordnen. Seine Der Keyserliken Stadt Lübeck christlike Ordeninge erschien im Mai 1531; Ende des Jahres zwang der Rat das Domkapitel in einem Vertrag zum Verzicht auf das Kirchenvermögen in der Stadt. Erster Superintendent und Rektor der neu gegründeten Lateinschule Katharineum wurde Hermann Bonnus.

Im selben Jahr führte der Eintritt Lübecks in den Schmalkaldischen Bund dazu, dass die katholischen Bürgermeister Nikolaus Brömse und Hermann Plönnies die Stadt verließen. In den darauf folgenden Unruhen gelang es Jürgen Wullenwever, den Rat mit seinen Anhängern zu besetzen. Nach seinem Scheitern und Brömses Rückkehr trat Lübeck wieder aus dem Bund aus.

Lübecks Rolle als führende Handelsmacht in der Ostsee wurde in den ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts zunehmend durch niederländische Kaufleute gefährdet, die unter Umgehung der Lübecker Stapels direkt die Städte im östlichen Teil der Ostsee ansteuerten. Nachdem Friedrich I. nicht bereit war, Lübeck als Lohn für seine Hilfe bei der Gefangennahme Christian II. 1532 die Sundschlösser zu überlassen, versuchte Jürgen Wullenwever mit militärischen Mitteln, die alte Vormachtstellung im Ostseeraum wiederherzustellen und die Grafenfehde zu Gunsten Lübecks zu beeinflussen. Zur Finanzierung seiner militärischen Abenteuer ließ er unter anderem den Kirchenschatz einschmelzen. Doch er scheiterte dramatisch, musste 1535 die Stadt verlassen, wurde vom Erzbischof von Bremen gefangen genommen und 1537 hingerichtet. Damit war Lübecks Zeit als „Königin der Hanse“ endgültig vorüber. Und auch die Bedeutung der Hanse schwand.

In kultureller Hinsicht führte die Reformation zu einem Abbruch der künstlerischen Produktivität der Stadt, da die Auftraggeber für sakrale Kunstwerke dem Zeitgeist entsprechend fehlten. Allein der Terrakottabildhauer Statius von Düren, der Maler Hans Kemmer und die Familie des Bildschnitzer Tönnies Evers d. Ä. bereicherten noch die Renaissance in Norddeutschland. Ihnen folgen als Künstler der Übergangszeit der Bildschnitzer Tönnies Evers d. J. und der Maler Johannes Willinges nach.

Nordische Kriege, Dreißigjähriger Krieg und Niedergang der Hanse

Im Zuge des Dreikronenkrieges zwischen Dänemark und Schweden, bei dem die Hansestädte den dänischen König unterstützten, erreichte Lübeck als einzige Macht seine Kriegsziele, da der Frieden von Stettin von 1570 der Stadt die Narva-Fahrt garantierte. Allerdings offenbarte sich auch die von nun an eingeschränkte Machtposition der Stadtstaaten im Verhältnis zu den Flächenstaaten.

1615 erhielt Lübeck mit der Lübecker Stadtbefestigung ein modernes Befestigungsanlagensystem nach niederländischer Manier. Die Anlagen wurden von Johann von Ryswyck und Johan van Valckenburgh entworfen, der auch für die Befestigungen von Hamburg, Bremen und Ulm verantwortlich war. Im Gegensatz zu dem ungefähr gleichzeitig entstehenden Hamburger Bastionsring sowie den Anlagen in Braunschweig und Bremen verzichtete man in Lübeck im Hinblick auf die topografische Situation der Stadt auf eine vollständige Umwallung der Stadt. Die Fertigstellung erfolgte ab 1634 durch den niederländischen Festungsbauer Johann von Brüssel.

Im Dreißigjährigen Krieg gelang es Lübeck, neutral zu bleiben. 1629 wurde hier der Friede von Lübeck zwischen den kaiserlichen Truppen und König Christian IV. von Dänemark geschlossen. Im Zuge der Vorbereitungen für einen umfassenden Friedenskongress während der Verhandlungen über die Hamburger Präliminarien 1641 waren auch die beiden Städte Hamburg und Lübeck als Kongressorte im Gespräch. An den Verhandlungen und dem Abschluss des Westfälischen Friedens waren die Hansestädte durch den späteren Lübecker Bürgermeister David Gloxin vertreten.

Wirtschaftlich profitierte die Stadt zu Anfang des Krieges zunächst durch ihre offen kaiserliche Haltung, so dass noch Wallenstein bei seinem Zug gegen Dänemark die finanziellen Transaktionen über Lübeck abwickeln ließ. Mit dem Kriegseintritt Schwedens übernahm zunehmend Hamburg die Abwicklung der notwendigen Finanzaktionen und wurde zum wichtigsten Umschlagsplatz für Waffen, Salpeter und andere kriegsnotwendige Materialien im Norden.

Wenn Lübeck auch nicht unmittelbar von den Kriegsereignissen betroffen war, so führte die gleichzeitig stattfindende Umorientierung der europäischen Handelsströme nach Westen und das zunehmende Eindringen niederländischer Schiffe in die Ostsee zu einem erheblichen Bedeutungsverlust für den Lübecker Fernhandel. Dies vermochte auch der ab 1665 verstärkt aufgenommene, aber durchaus risikoreiche Walfang nicht zu ändern.

Der letzte Hansetag fand 1669 in Lübeck statt. Die drei Städte Lübeck, Hamburg und Bremen wurden zu Sachwaltern der Hanse und ihres Restvermögens eingesetzt.

Auch innenpolitisch steht das Jahr 1669 für einen Umbruch. Mit der Kassarezess genannten Verfassungsreform räumten die Patrizierfamilien dem Bürgertum der Stadt widerwillig erweiterte Mitspracherechte, insbesondere bei der Kasse, dem Finanzhaushalt, ein. Der Kassarezess war die einzige wesentliche Änderung der Verfassung von den Anfängen der Stadt bis zur ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Gleichwohl verfiel die Stadt – ob des gewonnenen status quo – in eine orthodox-konservative Denkweise, die bis zum 20. Jahrhundert anhielt. In diese Zeit vor der Aufklärung fällt das Wirken des voraufklärerischen Polyhistors und Hauptpastors an St. Marien Jacob von Melle. In dieser Zeit importiert der Kaufmann Thomas Fredenhagen die Bildhauerkunst eines Thomas Quellinus aus den Niederlanden. Lübecker Künstler wie die Gebrüder Kneller hingegen verlassen die Stadt, die ihnen mit ihrem geistigen Klima nicht genügend Entwicklungsmöglichkeiten bietet.

Von der Aufklärung zur Moderne

Der Siebenjährige Krieg verlief dank der diplomatischen Beziehungen des Lübecker Stadtkommandanten Graf Chasot ohne größeren Schaden für die Stadt. Gegen Ende des 18. Jahrhundert entstanden auch in Lübeck aufgeklärte Salons wie um Deutschlands erste promovierte Philosophin Dorothea Schlözer, die mit dem Ratsherrn und späteren Bürgermeister Mattheus Rodde verheiratet war. In Lübeck wirkte um dieser Zeit der Maler Johann Jacob Tischbein. Vor den Toren der Stadt entstand mit der Stockelsdorfer Fayencemanufaktur eine über die Grenzen Norddeutschlands hinaus anerkannte Werkstatt. Der bürgerliche Geist der Zeit führte zur Gründung der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit, die seither einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf das kulturelle Leben der Stadt nimmt.

Lübeck unter französischer Herrschaft

Mit dem Reichsdeputationshauptschluss 1803 blieb Lübeck noch reichsunmittelbare Stadt, um dann mit Fortfall des Heiligen Römischen Reiches 1806 ein souveräner deutscher Staat zu werden. Allerdings erfolgte am 6. November 1806 in Folge der für Blücher vernichtenden Schlacht bei Lübeck im Rahmen des vierten Koalitionskrieges die Besetzung der neutralen Stadt durch die Truppen Napoleons unter Bernadotte verbunden mit der den Handel lähmenden Durchsetzung der Kontinentalsperre. Von 1811 bis 1813 fand sich Lübeck wider Willen vorübergehend als Teil des französischen Kaiserreiches wieder; es wurde bonne ville de l'Empire français und Arrondissement im Département des Bouches de l'Elbe; die Stadt wurde zeitweilig von einem Maire und einem Munizipalrat regiert.

Die wirtschaftlichen Folgen der Ausblutung durch die Besatzung waren für die Stadt bis zur Mitte des Jahrhunderts spürbar. Ab 1829 gab es auf Initiative von Karl von Schlözer und finanziert durch Ludwig Stieglitz eine regelmäßige Dampfschiffahrtslinie nach St. Petersburg.

Deutscher Bund

1815 wurde Lübeck auf dem Wiener Kongress als Freie und Hansestadt Lübeck völkerrechtlich souveränes Mitglied des Deutschen Bundes. Gesandtschaften und Konsulate wurden zumeist gemeinsam mit den beiden Schwesterstädten Bremen und Hamburg in wichtigen Haupt- und Hafenstädten unterhalten. Die hanseatischen Ministerresidenten wie Vincent Rumpff in Paris oder James Colquhoun in London, zugleich auch der letzte hanseatische Stalhofmeister verhandelten die völkerrechtlichen Verträge mit den wichtigsten Handelspartnern. Das Postwesen betrieb jede Stadt für sich.

Der Kunsthistoriker Karl Friedrich von Rumohr bewirkte mit seiner Veröffentlichung Altertümer des transalbingischen Sachsen 1813 den Anstoß zum Erhalt der Lübecker Denkmäler und Kulturgüter. Seine Gedanken wurde von dem Zeichenlehrer Carl Julius Milde in Lübeck tatkräftig umgesetzt und bilden heute den Grundbestand der Museen für Kulturgeschichte der Hansestadt.

1835 stiftete der Senat die Medaille Bene Merenti für herausragende Dienste um und in Lübeck. Sie ist bis heute die bedeutendste Auszeichnung der Hansestadt. Die Stadt wurde durch ihre Erneuerungsbewegung Jung-Lübeck und den Germanistentag des Jahres 1847 zu einem wichtigen Symbolort des Vormärz, überstand aber aufgrund der weitvorangeschrittenen Vorbereitung einer neuen Verfassung das Revolutionsjahr 1848 ohne größere Unruhen.

In der Frankfurter Nationalversammlung 1848 wurde Lübeck durch den Abgeordneten Ernst Deecke vertreten.

Norddeutscher Bund und Deutsches Kaiserreich

Lübeck trat 1866 dem Norddeutschen Bund sowie 1868 dem Zollverein bei und wurde 1871 Gliedstaat des Deutschen Reiches; damit endet die seit 1806 bestehende völkerrechtliche Souveränität Lübecks. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts setzte die Industrialisierung ein. Die Bevölkerungszahl wuchs rapide und die Vorstädte breiteten sich mit Aufhebung der Torsperre im Jahr 1864 aus.

1895 wurde die Deutsch-Nordische Handels- und Industrie-Ausstellung in Lübeck abgehalten, für die Bürger des kleinen Stadtstaates „ihre Weltausstellung“.

20. Jahrhundert

Der Zusammenbruch des Kaiserreichs 1918 führte in Lübeck zwar als nächster Stadt nach Kiel zu einem Matrosenaufstand, jedoch in Lübeck als einzigem Staat des Deutschen Reiches nicht zu revolutionären Verwerfungen durch die Novemberrevolution. Bürgermeister Emil Ferdinand Fehling und alle Senatoren blieben im Amt, aber bereits im gleichen Jahr kam es zu einem neuen, zeitgemäßen Wahlrecht des Staates und im Mai 1920 zu einer neuen, ersten demokratischen Verfassung im modernen Sinne. Die Gemeinsamkeit der Hanse endete in diesem Jahr insofern, als die Freien Städte nunmehr keine gemeinsame, sondern fortan jeweils eigenständige Vertretungen beim Reich unterhielten. Ansonsten wurde Lübeck von den Unruhen der frühen Weimarer Republik kaum betroffen. Wie vielerorts in Deutschland nahmen in den 20er Jahren auch in Lübeck Kunst und Kultur einen Aufschwung auch wenn die bemerkenswerte Kunstsammlung des Lübecker Mäzens Max Linde der Inflation zum Opfer fiel. Der Museumsdirektor Carl Georg Heise förderte viele Künstler wie Asmus Jessen, Hans Peters, Leopold Thieme, Karl Gatermann d.Ä. und Erich Dummer. Der Grafiker Alfred Mahlau änderte den Außenauftritt der Stadt prägend und gestaltete Marken wie Niederegger und Schwartauer Werke.[11] 1926 feierte die Stadt mit einem großen Fest und einem großen kostümierten Festumzug die 700-jährige Wiederkehr der Reichsfreiheit.

Im Bereich des Schulwesens gehörte Lübeck unter dem Direktor der Oberschule zum Dom und späteren Landesschulrat Sebald Schwarz bis zur Gleichschaltung 1933 zu den fortschrittlichen Ländern im Deutschen Reich.

Nach dem folgenschweren Lübecker Impfunglück 1930 erregte der anschließende Calmette-Prozess international Aufsehen und schrieb im Ergebnis Rechtsgeschichte.

Im März 1933 setzte die NSDAP in Lübeck die Gleichschaltung verbunden mit dem Rücktritt des SPD-Bürgermeisters Paul Löwigt und den weiteren sozialdemokratischen Senatoren durch und die demokratischen Verfassungsprinzipien außer Kraft; Friedrich Hildebrandt, der Reichsstatthalter für Mecklenburg und Lübeck, ernannte zum 30. Mai seinen Stellvertreter, Otto-Heinrich Drechsler, zum Bürgermeister. Die Auseinandersetzung der Nationalsozialisten mit den demokratischen Parteien führte zur Verhaftung von Julius Leber am 1. Februar 1933. Herbert Frahm (Willy Brandt) konnte sich der Verfolgung nur durch seine Flucht nach Skandinavien entziehen.

Die Lübecker Bücherverbrennung fand am 26. Mai 1933 auf dem Buniamshof statt.[12]

Durch das Groß-Hamburg-Gesetz verlor Lübeck 1937 seine 711 Jahre alte territoriale Eigenständigkeit und wurde Teil der preußischen Provinz Schleswig-Holstein.[13] Vorangegangen war ein Tauziehen zwischen dem nationalsozialistischen Gauleiter von Schleswig-Holstein (Hinrich Lohse) und dem von Mecklenburg (Friedrich Hildebrandt), dem Lübeck von 1933 bis 1937 unterstellt war. Die Vaterstädtische Vereinigung Lübeck von 1949 versuchte nach Kriegsende ein Volksbegehren über die Wiederherstellung der Unabhängigkeit Lübecks zu initiieren, welches jedoch vom Bundesinnenminister abgelehnt wurde. In der gegen die Ablehnung erhobenen Beschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht unterlag der Verein im Lübeck-Urteil 1956 endgültig.

Im September 1941 wurden 605 Insassen der Heilanstalt Strecknitz auf Veranlassung der Nationalsozialisten abgeholt und ermordet (Aktion T4).

Von den in Lübeck lebenden Juden waren bis 1939 über die Hälfte ausgewandert oder auf Binnenwanderung gegangen, die 203 verbliebenen wurden teils am 6. Dezember 1941 mit einem Transport von 90 Personen in das Konzentrationslager Jungfernhof bei Riga verbracht, die letzten Transporte gingen 1942/43 in das Ghetto Theresienstadt. Nur drei Personen überlebten Deportation und Lager.

„In der Nacht zum Palmsonntag“ vom 28. März auf den 29. März 1942 erfolgte der Luftangriff auf Lübeck. Lübeck wurde damit zur ersten deutschen Großstadt, die im Rahmen der kurz zuvor erlassenen britischen Area Bombing Directive angegriffen wurde. Das Zielgebiet bildete die dichtbewohnte mittelalterliche Altstadt. Bei dem Angriff wurden insgesamt 320 Menschen getötet und 1.044 Gebäude zerstört oder beschädigt, unter ihnen die Marienkirche, die Petrikirche und der Dom.

Der Schweizer Diplomat und Präsident des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz Carl Jacob Burckhardt erreichte 1944, dass der Lübecker Hafen zum Umschlaghafen für Schiffe des Roten Kreuzes wurde und die Stadt somit vor weiteren Bombardierungen geschützt werden konnte. Hierfür wurde ihm die Ehrenbürgerschaft der Stadt zuteil. Außerdem trägt das 1957 neu gegründete naturwissenschaftliche und neusprachliche Carl-Jacob-Burckhardt-Gymnasium in der Ziegelstraße seinen Namen.

Am 23. April 1945 traf Heinrich Himmler in Lübeck den schwedischen Grafen Folke Bernadotte, dem er ein Waffenstillstandsangebot unterbreitet. Präsident Harry S. Truman lehnte das Angebot ab. Die British Army besetzte Lübeck am 2. Mai 1945 fast kampflos, 42 Deutsche kamen ums Leben, weil die Briten eine Gegenwehr vermuteten, die nicht gegeben war.

Am 3. Mai 1945 ereignete sich in der Lübecker Bucht ein besonders tragisches Schiffsunglück, als alliierte Flieger drei Schiffe, darunter die Cap Arcona versenkten, auf denen die SS KZ-Häftlinge eingepfercht hatte. Etwa 7.000 bis 8.000 Menschen kamen dabei ums Leben.

Weltweites Aufsehen erregte im September 1947 die Internierung der Emigranten der Exodus durch die Britische Regierung in einem Lager in Pöppendorf.

Nach 1945 vergrößerte sich Lübecks Einwohnerzahl durch Zuzug von Flüchtlingen aus den deutschen Ostgebieten erheblich. Es wurde Bestandteil des von den Alliierten gebildeten Bundeslandes Schleswig-Holstein, genoss aber im kulturpolitischen Bereich wie in der Denkmalpflege einen Ausnahmestatus kommunaler Zuständigkeit. Bis 1989 blieb Lübeck Grenzstadt an der innerdeutschen Grenze mit einer gesamten Grenzlänge von etwa 44 Kilometer. In Schlutup befand sich dabei der nördlichste innerdeutsche Grenzübergang. Relikte des Kalten Krieges finden sich als vorbereitete Sperren (hier Stecksperren) bei der Possehlbrücke oder am Burgtorteller. Die deutsche Teilung trennte Lübeck zwar vom mecklenburgischen Teil seines Hinterlandes, verschaffte aber andererseits seinem Fährhafen Travemünde eine bevorzugte Stellung im Fährverkehr zwischen Westeuropa und den Ostseeländern Schweden und Finnland. Seit der deutschen Wiedervereinigung ist Lübeck wieder Oberzentrum auch für das westliche Mecklenburg.

Am 18. Januar 1996 starben bei einem Brandanschlag auf eine Asylbewerberunterkunft in der Hafenstraße zehn Menschen, 30 werden schwer, 20 leicht verletzt. Die Tat konnte bis heute nicht aufgeklärt werden.

Eingemeindungen und Gebietsänderungen

Wie die meisten ehemaligen Freien Reichsstädte konnte auch Lübeck im Laufe der Geschichte neben dem eigentlichen Stadtgebiet umliegende Dörfer und Städte (etwa Travemünde im Jahre 1329) erwerben. Das Staatsgebiet der Freien Reichsstadt Lübeck bestand daher bis 1937 aus dem eigentlichen Stadtgebiet und dem so genannten Landgebiet, also einer Vielzahl von Landgemeinden, die zum Teil auch als Exklave außerhalb des sonst geschlossenen Gebiets lagen. Die Gemeinden des Landgebiets hatten eine eigene Verwaltung beziehungsweise die Bewohner dieser Orte des Landgebietes des Lübschen Staates (des Niederstadtgebietes unter Verwaltung des Niederstadtprokurators) hatten andere Rechte als die der eigentlichen Stadt. Auch die Gerichtsbarkeit war eine andere, nämlich die des Niedergerichts, das in der Gerichtslaube auf dem Koberg Recht sprach. Das Landgebiet war in folgende Teilgebiete eingeteilt: „Vor dem Burgtor“, „Vor dem Holstentor“, „Vor dem Mühlentor“ und „Gebiet außerhalb der Landwehr (inklusive Exklaven)“. Für das Bewaffnungswesen war das gesamte Staatsgebiet Lübecks in fünf Bezirke eingeteilt: Holstentor-, Mühlentor-, Burgtor-, Ritzerauer und Travemünder Bezirk. 1804 vergrößerte sich das Landgebiet erheblich, als der Senat durch einen Vergleich mit dem Herzog von Oldenburg das durch den Reichsdeputationshauptschluss säkularisierte Stiftsland des Domkapitels und den Landbesitz des St. Johannisklosters aufteilte. In der Mitte des 19. Jahrhunderts setzten sich für die Vorstädte, also die Gebiete vor den Stadttoren, eigene Bezeichnungen durch: St. Jürgen, St. Gertrud, St. Lorenz. 1861 wurden die Grenzen der Vorstädte offiziell festgelegt. Später wurden die Vorstädte um Gebiete der angrenzenden Landgemeinden vergrößert. Die erste größere Eingemeindung wurde 1913 vollzogen, als Travemünde und 11 Landgemeinden mit der Stadt Lübeck vereinigt wurden. Das Stadtgebiet umfasste danach zunächst noch zwei getrennte Teile. Dazwischen lagen mehrere Landgemeinden. 1935 wurden jedoch beide Teile des Stadtgebiets durch die Eingliederung weiterer Landgemeinden geschlossen. Die Landgemeinden außerhalb des geschlossenen Gebiets (Exklaven) blieben zunächst noch bei Lübeck. Sie wurden 1937 mit dem Groß-Hamburg-Gesetz, als die Stadt Teil der Provinz Schleswig-Holstein wurde, vollständig von Lübeck abgetrennt und den benachbarten Landkreisen zugeordnet.

Im Einzelnen wurden die Landgemeinden des Staates Lübeck wie folgt in die Stadt Lübeck eingegliedert:

  • 1903: ein Teil der Landgemeinde Vorwerk
  • am 1. April 1913: (die eingegliederten Gemeinden waren danach „Vorstädte“)
    • Stadt Travemünde und Landgemeinde Gneversdorf: Sie bildeten fortan den Stadtteil Kurort und Seebad Travemünde
    • Landgemeinde Siems: Sie bildete mit dem Gebiet der Trave von der Mündung der Schwartau abwärts bis zum Durchstich bei der Herrenfähre den Stadtteil Siems-Dänischburg
    • Landgemeinden Kücknitz (zum Teil, der Rest kam zur Landgemeinde Pöppendorf) und Herrenwyk sowie kleinere umliegende Gebiete: Sie bildeten den Stadtteil Kücknitz-Herrenwyk
    • Landgemeinden Krempelsdorf, Vorwerk, Moisling und Genin: Sie wurden jeweils eigenständige Stadtteile
    • Landgemeinde Schlutup: Sie bildete mit umliegenden Gebieten den Stadtteil Schlutup.
    • Landgemeinden Gothmund und Israelsdorf (zum Teil, der Rest kam zur Landgemeinde Wesloe): Sie gehörten fortan zur Vorstadt St. Gertrud
  • am 12. September 1921: Landgemeinden Schönböcken und Wesloe
  • am 1. April 1927: Landgemeinde Strecknitz (nördlicher Teil)
  • am 12. März 1932: Rest der Landgemeinde Strecknitz (sie wurde Teil von St. Jürgen)
  • am 1. Mai 1935: die eingegliederten Landgemeinden wurden danach zu äußeren Vorstädten
    • Landgemeinden: Beidendorf, Blankensee, Brodten, Dummersdorf, Ivendorf, Kronsforde, Krummesse, Moorgarten, Niederbüssau, Niendorf, Oberbüssau, Pöppendorf, Reecke, Rönnau, Teutendorf, Vorrade und Wulfsdorf.

Literatur

  • Fritz Endres (Hrsg.): Geschichte der freien und Hansestadt Lübeck. Otto Quitzow, Lübeck 1926, Weidlich, Frankfurt M 1981 (Repr.), ISBN 3-8035-1120-8
  • Erich Keyser (Hrsg.): Deutsches Städtebuch. Handbuch städtischer Geschichte. Bd 1. Nordostdeutschland. Im Auftrag der Konferenz der landesgeschichtlichen Kommissionen Deutschlands mit der Unterstützung des Deutschen Gemeindetages. Kohlhammer, Stuttgart 1939.
  • Abram Enns: Kunst und Bürgertum – Die kontroversen zwanziger Jahre in Lübeck. Christians – Weiland, Hamburg – Lübeck 1978, ISBN 3-7672-0571-8
  • Lübeck 1226 – Reichsfreiheit und frühe Stadt. Scheffler, Lübeck 1976.
  • Gerhard Schneider: Gefährdung und Verlust der Eigenstaatlichkeit der Freien und Hansestadt Lübeck und seine Folgen. Schmidt-Römhild, Lübeck 1986, ISBN 3-7950-0452-7
  • Antjekathrin Graßmann (Hrsg.): Lübeckische Geschichte. Schmidt-Römhild, Lübeck 1989, 4. Aufl. 2008. ISBN 978-3-7950-1280-9

Einzelnachweise

  1. ↑ Die zweite Silbe „-beck“ hat hier also nichts mit der sonst in Norddeutschland üblichen Herkunft „bäke“ = „Bach“ zu tun.
  2. ↑ Antjekathrin Graßmann: Lübeckische Geschichte. Schmidt-Römhild, Lübeck 1997. ISBN 3-7950-3215-6
  3. ↑ Adam von Bremen: la:Gesta Hammaburgensis Ecclesiae Pontificum. Hahn, Hannover 1993. ISBN 3-7752-5288-6
  4. ↑ Helmold von Bosau: Chronica Slavorum. Neu übertragen und erläutert von Heinz Stoob. In: Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters. Wiss. Buchgesellschaft, Darmstadt 19.1963. ISSN 0067-0650
  5. ↑ C.-H. Seebach: 800 Jahre Burgen, Schlösser und Herrenhäuser in Schleswig-Holstein. Karl Wachholtz Verlag, Neumünster 1988. ISBN 3-529-02675-1
  6. ↑ G. P. Fehring: Die Burg in Lübeck. in: Lübecker Schriften für Archäologie und Kulturgeschichte. Habelt, Bonn 6.1982. ISSN 0721-3735
  7. ↑ Für alle: Philippe Dollinger: Die Hanse. Kröner, Stuttgart 1998. ISBN 3-520-37105-7
  8. ↑ Arnold von Lübeck: Chronica Slavorum. Neu übertragen und erläutert von Heinz Stoob. In: Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters. Wiss. Buchgesellschaft, Darmstadt 19.1963. ISSN 0067-0650
  9. ↑ Quellenausschnitte zur ma. Geschichte Lübecks
  10. ↑ Philippe Dollinger: Die Hanse. ebda.
  11. ↑ Abraham B. Enns: Kunst und Bürgertum. Weiland, Lübeck 1978. ISBN 3-7672-0571-8
  12. ↑ Schaufenster-Ausstellung in der Hüxstraße in Lübeck
  13. ↑ Gerhard Schneider: Gefährdung und Verlust der Eigenstaatlichkeit der freien und Hansestadt Lübeck und seine Folgen, Verlag Schmidt-Römhild zu Lübeck 1986, ISBN 3-7950-0452-7
  14.  

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Lübecker Wappen

Die Hansestadt Lübeck führte lange zwei verschiedene Wappen, die sich auch als Doppelwappen finden: Eines mit dem Reichsadler als Symbol der Reichsfreiheit (welche die Stadt von 1226 bis 1937 genoss) und eines mit den hanseatischen Farben Silber über Rot geteilt, den sogenannten lübischen Schild.[1]

Entstehung

Die Herkunft des lübischen Schildes ist nicht sicher belegt; wahrscheinlich ist aber, dass dies von der Hanseflagge abgeleitet ist, wie das erste Mal auf einem Schiffssiegel aus dem Jahr 1230 belegt ist. Die wehende Fahne am Mast, so wird angenommen, stellt bereits die Farben Rot und Weiß dar.

Dies ist gleichzeitig auch der älteste Hinweis auf ein eigenes Hoheitszeichen der Stadt. Der Reichsadler tritt etwas später auf. Erste Belege sind Münzen vom Anfang des 14. Jahrhunderts. Die Farben des Schildes kommen mit großer Wahrscheinlichkeit nicht von den Grafen von Holstein, sondern vom Reichswappen. Schließlich finden sie sich gemeinsam auf Dokumenten.

Wappen der Freien Reichsstadt

Um 1450 schließlich wurden dann die beiden Wappen zusammengeführt. Der Reichsadler trug darauf das Hansewappen als Brustschild. Von den heute geführten ist es damit das älteste Wappen Schleswig-Holsteins.

Das Wappen im Kaiserreich Frankreich

Das Lübecker Wappen der Jahre 1811 bis 1813 führte die Stadt Lübeck während ihrer Zugehörigkeit zum Kaiserreich Frankreich. Nach der Eingliederung Lübecks in das Kaiserreich Frankreich am 1. Januar 1811 erhielt die Stadt ein neues Wappen, welches das bisherige Lübecker Wappen ersetzen und die nunmehrige Stellung Lübecks als Gemeinwesen innerhalb des französischen Staates unterstreichen sollte. In diesem Wappen, entworfen vom Conseil du Sceau, lag der traditionelle weiß-rote Wappenschild auf einem Paar schwarzer Adlerflügel, die eine rudimentäre Übernahme des bisherigen Lübecker Doppeladlers darstellten. Die Kombination aus Flügeln und Wappen lag auf einem silbernen (weißen) Schild.

Da Lübeck zugleich mit seiner Eingliederung nach Frankreich den Status einer Bonne Ville de l’Empire, also einer nominell bevorzugten Stadt des Reiches, erhalten hatte, wurde dem Schild ein Element hinzugefügt, das für sämtliche Bonnes Villes verpflichtend war: Ein rotes Schildhaupt, in dem sich drei goldene kaiserliche Bienen befanden.

Das Wappen wurde der Lübeck durch einen am 13. Juni 1811 von Napoléon Bonaparte unterzeichneten Wappenbrief verliehen und von der Stadt bis 1813 geführt. Nach der Befreiung von der französischen Herrschaft und der Wiederherstellung der Eigenständigkeit als Stadtstaat wurde das traditionelle Wappen wieder eingeführt.

Wappen der Stadtgemeinde

Das Groß-Hamburg-Gesetz von 1937 beendete die Reichsfreiheit der Stadt, indem es sie dem Land Preußen eingliederte und sie so ein Teil von Schleswig-Holsteins wurde. Es gestattete aber gleichzeitig auch, das alte Wappen weiter zu führen.

Literatur

  • Antjekathrin Graßmann (Hrsg.): Lübeckische Geschichte. Schmidt-Römhild, 1989.

Einzelnachweise

  1. ↑ Als Abbildung z. B. auf dem Stich von Matthäus Merian: Lübeck 1641 Abgebildet sind sie außerdem Lübecker Rathaus und am Holstentor.
  2.  

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Rostock

Die Hansestadt Rostock ist eine norddeutsche Stadt an der Ostsee. Die kreisfreie Stadt erhielt im Jahr 1218 das Lübische Stadtrecht.

Rostock zieht sich etwa 20 Kilometer am Lauf der Warnow bis zur Ostsee entlang. Der größte bebaute Teil Rostocks befindet sich auf der westlichen Seite der Warnow. Der östliche Teil der Stadt wird durch Gewerbestandorte und das Waldgebiet der Rostocker Heide geprägt.

Rostock hat heute etwa 200.000 Einwohner und ist von Einwohnerzahl und Fläche die größte Stadt des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Rostock hat einen für Passagierverkehr und Güterumschlag wichtigen Ostseehafen und einen der größten Kreuzfahrthäfen Deutschlands. Kulturell wie wirtschaftlich gilt es als die wichtigste Stadt im Land. Geprägt ist es durch die Lage am Meer, den Hafen, die Hanse und deren Backsteingotik sowie die Universität Rostock, die 1419 gegründet wurde.

Rostock liegt im Landesteil Mecklenburg und gehörte bis 1918 zum Großherzogtum, dann zum Freistaat Mecklenburg-Schwerin. Die Stadt ist eines der vier Oberzentren des Landes. Wirtschaftlich dominiert neben Schiffbau und Schifffahrt, dem Tourismus und Servicesektor deutlich die Universität als größter Arbeitgeber der Stadt.

Geografie

Rostock liegt ziemlich genau in der nördlichen Mitte Mecklenburg-Vorpommerns. Das Stadtgebiet erstreckt sich beiderseits des Unterlaufs der Warnow, die als Unterwarnow vom Rostocker Stadtzentrum bis zur etwa 16 km entfernten Küste schiffbar ist. Vor der Mündung in die Ostsee beim Ortsteil Warnemünde weitet sich die Unterwarnow in Richtung Osten zum Breitling aus. Hier befindet sich der Rostocker Seehafen. Der Südosten und das westliche Warnowufer, die von fruchtbaren Grundmoränenflächen bedeckt werden, sind dicht besiedelt, während der Nordosten durch ländliche Ortsteile und den ca. 6000 ha großen Küstenwald Rostocker Heide geprägt wird.

Rostocks größte Ausdehnung von Nord nach Süd beträgt 21,6 km und von Ost nach West 19,4 km. Die Länge der Stadtgrenze (ohne Küste) beträgt 97,9 km. Rostocks Küste selbst hat eine Länge von 18,5 km. Die Warnow im Stadtgebiet erstreckt sich über 16 km weit. Der höchste Punkt in der Stadt mit etwa 49 m ü. NN liegt im Ortsteil Biestow (Biestow-Ausbau, Friedrichshöhe), der niedrigste mit etwa 1,5 m unter NN im Ortsteil Warnemünde (Diedrichshäger Moor).

Die Geografie der Altstadt, aber auch die der Gegend um Warnemünde haben sich im Laufe der Zeit sichtbar verändert. Wo heute Am Strande eine Hauptverkehrsstraße verläuft, war früher wirklich Strand, und lange Brücken führten in das schiffbare Wasser. Um die Stadt verlief außerdem lange ein Wassergraben zum Schutz, der – nutzlos geworden – im Zuge der Entfestigung und des Ausbaus des Stadthafens korrigiert wurde. (Auf alten Fotos und Abbildungen sind noch die heute nicht mehr vorhandenen Brücken vor dem Petritor und vor dem Kröpeliner Tor zu sehen.) Dabei wurde neben dem Fischer-Hafen der Haedge-Hafen mit dem Kohlenkai – heute Haedge-Halbinsel – gebaut.

Darüber hinaus ist auch der Abfluss der Warnow in Warnemünde verändert worden. War es früher der Alte Strom, ist es heute der Neue Strom, der auch deutlich ausgebaut wurde. Auch der Breitling wurde mit der Anlage großer Hafenbecken verändert.

Klima

Die durchschnittliche Lufttemperatur beträgt 8,4 °C, im Jahresmittel fallen 591 mm Niederschlag.

Geschichte

Namensgeschichte

Die Kyzziner, welche zum slawischen Stammesverband der Wilzen gehörten und bereits um 600 dort Siedlungen gehabt haben müssen, nannten in ihrer Sprache das Auseinanderfließen der Warnow rastokŭ und gaben der Stadt somit ihren Namen.[3] Dieser altpolabische Name lässt sich übersetzen in auseinander für roz und Fluss für tok, also der Fluss, der auseinander fließt oder sich hier gabelt.[4]

Der Name der Stadt hat sich im Laufe der Jahrhunderte nur leicht verändert, darauf lässt sich unter anderem aus historischen Texten schließen. Auf relevante Unterschiede in der Aussprache lässt sich aus diesen jedoch nicht sicher schließen. Um 1165 wurde zuerst Rozstoc erwähnt. Die Burg wurde 1171 Urbs Rozstoc, das Castrum 1182 Rostoch genannt. Weitere Varianten finden sich seit 1189: Rotstoc und Rotstoch, 1218 folgte Rozstoc, dann 1219 Roztoc und ab 1240 Rostok. Um 1366 hieß es schließlich Roztock. Dort wo die Warnow, früher Varnowa, welche durch die Stadt fließt, in die Ostsee mündet, liegt folgerichtig Warnemünde. Varna bzw. varn bedeutet Krähe, bzw. Rabe.

Mittelalter

Die Geschichte um die Gründung Rostocks und die Geschichte um die Gründung des mecklenburgischen Herrschergeschlechts gingen miteinander einher und bedingten einander. Schon lange vor der Neugründung der Stadt Rostock siedelten Stämme, bereits seit ca. 600 die zu dem ‚sagenhaften‘ Volk der Wilzen gehörenden Kessiner in dem Gebiet um die Warnow. In der Zeit der Stadtgründung fanden Auseinandersetzungen vor allem zwischen dem Reich der Sachsen und dem der Abodriten statt, auch die Dänen waren in diesen Konflikt stark involviert. 1159–1185 fanden so regelmäßig Flottenzüge des dänischen Königs Waldemar I., dem Sohn Knud Lavards (1096–1131), gegen die Wenden statt, welche die süddänischen Inseln bedrohten. Als erster wirklicher Beleg Rostocks gilt aber der Bericht des Saxo Grammaticus in dessen 16-bändiger Geschichte Dänemarks, den Taten der Dänen (gesta danorum). 1161, so berichtete er, zerstörten die mit den Sachsen verbündeten Dänen unter Waldemar I. die slawische Fürstenburg Rostock (urbs roztoc). Nach dieser Zerstörung wurde die Siedlung mit einem Handelswik wieder aufgebaut. Noch im 12. Jahrhundert hatten sich Handwerker und Kaufleute dort niedergelassen. Ein früher Beleg ist 1189 die Existenz einer Burg, eines Marktes und einer St.-Clemens-Kirche mit deutschem Priester.

Um 1200, als die Siedlung in den Warnowniederungen zu klein geworden war, wurde auf einer Anhöhe auf der benachbarten, gegenüberliegenden Seite der Warnow, Rostocks ältester Stadtkern neu und nach Lübischem Vorbild gegründet. Der Alte Markt entstand damals um die Petrikirche herum und so existierten zwei erste Rostocker Siedlungen nebeneinander.

Rostock wurde schnell zum eigentlichen Kernstück Mecklenburgs. 1214 rang Waldemar II. Kaiser Friedrich II. die Lehnshoheit über das Land ab. 1218 dann ist die Siedlung um die Petrikirche erstmals schriftlich bezeugt: In einer ersten überlieferten Urkunde vom 24. Juni 1218 bestätigt Heinrich Borwin I., der Fürst von Mecklenburg und Herr über Rostock, das Lübische Stadtrecht. Um die historisch gewachsene Eigenständigkeit Rostocks gegenüber den mecklenburgischen Fürsten zu betonen und nachzuweisen, wurde dieses Datum über die Jahrhunderte und zuweilen bis heute als der eigentliche Geburtstag der Stadt im Bewusstsein verfestigt.[5] Darauf bildeten sich die beiden weiteren Teilstädte in Rostock. In der Mittelstadt am Neuen Markt wurde 1230 mit dem ersten Bau der Marienkirche begonnen, wo 1232 die zweite Siedlung (später Mittelstadt) bezeugt ist, von 1252 existiert ein erster Beleg der Neustadt um die heute zerstörte Jakobikirche. Um 1240 bzw. 1256 kamen die Bettelorden der Franziskaner bzw. der Dominikaner in die Stadt (sie erbauten Katharinenkonvent bzw. Johanniskonvent).[6]

1251 erhielt Rostock vom dänischen König Abel die gleichen Handelsprivilegien wie zuvor schon Lübeck und 1252, die dritte Rostocker Teilstadt war wahrscheinlich schon gegründet, wurde die Stadtrechtbestätigung von 1218 wiederholt, in der nun auch die Zollfreiheit in der Herrschaft Rostock bestätigt wurde, was die Grundlage bildete für die städtische Machtstellung.

Als sich 1257 die Ratsherren der Städte Lübeck, Rostock und Wismar über wirtschaftliche und politische Fragen berieten, bestand Rostock noch aus diesen drei voneinander getrennten Teilstädten, die sich erst 1265 vereinigten. Darauf wurde der Neue Markt zum Zentrum der Stadt und zum Schutz eine Stadtmauer gebaut, die ca. 1 km² umschloss, ein Gebiet, das bis in das 19. Jahrhundert nicht nach außen wuchs.

Die hanseatische Tradition der Stadt ist bis heute deutlich spürbar. In bewusster Anlehnung daran trägt Rostock seit 1990 auch wieder den Titel Hansestadt. Begonnen hatte sie damit, als 1283 Lübeck, Wismar, Rostock, Stralsund, Greifswald, Stettin, Demmin, Anklam und einige Fürsten das Rostocker Landfriedensbündnis schlossen und somit das Wendische Quartier begründeten. Vierzig Jahre später, 1323, wurde von Rostock das kleine Fischerdorf Warnemünde den Dänen abgekauft. 1325 erwarb die Stadt mit dem Münzrecht das Recht, eine eigene Münze, die Mark Rostocker Pfennige, zu prägen. Darüber hinaus erwarb Rostock 1358 die volle Gerichtsbarkeit. So wurde Rostock zu einem der bedeutendsten Mitglieder der Hanse, der Hafen war längst der wichtigste des Landes. Zeichen der Bedeutung der Stadt war vor allem, dass 1419 mit der Universität Rostock eine der ältesten Universitäten Nordeuropas gegründet wurde. Von Papst Martin V. wurde die Gründung einer theologischen Fakultät aber noch untersagt.

War Rostock auch bis zum letzten Hansetag 1669 Mitglied der Hanse, begann mit dem Erstarken der landesfürstlichen Macht über die Städte auch ihr Ende. An Rostock ist das sehr deutlich zu sehen. 1484 erklärte Papst Innozenz VIII. die Jakobikirche in einer Bulle zum Domstift. Dass sich die Rostocker zunächst dagegen verwahrten, führte zu einer von 1486 bis 1491 andauernden Domfehde, nach der die Schweriner Herzöge Buße forderten und höhere Abgaben sowie Soldaten für das mecklenburgische Heer verlangten.

Darüber hinaus wurde Rostock vom Bischof von Ratzeburg 1487 mit dem Kirchenbann belegt, was bedeutete, dass die Universität die Stadt verlassen musste. Erst 1488 erlaubte der Papst die Rückkehr.

Nachdem um 1520 die reformatorischen Lehren Martin Luthers nach Rostock kamen, setzte sich die Reformation relativ schnell durch. Schon im April 1531 entschied der Rat der Stadt über die Verbindlichkeit der reformatorischen Lehre in Gottesdiensten.

1565 kam es zu weiteren Auseinandersetzungen mit Schwerin, die weitgehende Folgen hatten. Unter anderem ging es dabei um die Einführung einer Bierakzise zugunsten der Herzöge. Johann Albrecht I. zog mit 500 Reitern gegen die Stadt, nachdem Rostock ihm den formalen Huldigungseid verweigerte und ließ die Stadtmauer schleifen um eine Festung bauen zu lassen. Erst der Erste Rostocker Erbvertrag vom 21. September 1573, in dem den Landesfürsten die Erbherrschaft über die Stadt für Jahrhunderte garantiert wurde, Rostock sich also auf lange Zeit band, und sie außerdem als höchste Richter anerkannt wurden, beendete den Konflikt. Die Bürger schleiften im folgenden Frühjahr die Festung. Von 1575 bis 1577 erfolgte dann der Wiederaufbau der Stadtmauer, sowie des Lagebuschturms und des Steintors im Stil der Niederländischen Renaissance. Die Inschrift sit intra te concordia et publica felicitas, die noch heute auf dem Tor zu lesen ist, bezieht sich direkt auf den Konflikt mit dem Herzog. 1584 kam es schließlich zum Zweiten Rostocker Erbvertrag, der eine weitere Abgabe früherer Privilegien nach sich zog. Mit den Erbverträgen wurde gleichzeitig die Hoffnung Rostocks darauf zunichtegemacht, wie Lübeck bereits 1226, die Reichsunmittelbarkeit zu erlangen.

16. bis 18. Jahrhundert

Während des Dreißigjährigen Krieges (1618–1648), der das endgültige Ende der Hanse herbeiführte, litt Rostock stark unter den ständig wechselnden Besetzungen und Plünderungen. Im Zentrum langfristiger Konflikte stand dabei der Schwedenzoll, der in Warnemünde vom Schwedenkönig Gustaf Adolf erhoben wurde. Wallenstein war es, der Rostock befestigte, um von dort aus die Eroberung Pommerns zu unternehmen, verlor die Stadt aber 1631 an die Schweden. Erst nach Ende des Dreißigjährigen Krieges, 1648, zogen diese sich aus Warnemünde zurück, bezogen aber noch bis 1654 den Zoll. Rostock war in dieser Zeit völlig verarmt.

Waren die Konflikte mit Schweden nicht genug, sorgte spätestens der Brand am 11. August 1677 dafür, dass ein Drittel der Stadt vernichtet wurde, also etwa 700 von zuvor 2000 Häusern, und Rostock völlig in die politische und wirtschaftliche Bedeutungslosigkeit geriet. Die Einwohnerzahl sank so in der Zeit von 1594 bis 1677 von einst 14.800 auf 5000 ab.

Das Ende des Dreißigjährigen Krieges bedeutete für Rostock nicht das Ende des andauernden Verfalls von Macht und Stärke. Der Nordische Krieg und der Siebenjährige Krieg zeichneten die Stadt weiter. Darüber hinaus nutzten die Fürsten die Schwäche Rostocks aus und sicherten in dieser Zeit langfristig mit den Landesherrlichen Erbverträgen von 1755 und 1788 ihre Macht.

Erst Ende des 18. Jahrhunderts begann langsam der Wiederaufstieg der Hansestadt. Allerdings wurde Mecklenburg 1806 von den Franzosen besetzt, Rostock musste sich den Bedingungen der Kontinentalsperre beugen und Rostocker Bürger mussten in der napoleonischen Armee dienen. Ein anderer Rostocker allerdings, Gebhard Leberecht von Blücher, kämpfte während der Befreiungskriege auf der Seite der Allianz und war entscheidend an der Schlacht bei Waterloo beteiligt, in der Napoleon geschlagen werden konnte.

19. Jahrhundert und Gründerzeit

Das 19. Jahrhundert brachte dann der Stadt mit der umfassenden Industrialisierung neuen Reichtum, was sich in vielen Gebäuden und Anlagen dieser Zeit heute noch deutlich zeigt. Um 1830 begannen die Rostocker auch außerhalb der Stadtmauergrenzen zu bauen. Villen- und Arbeiterviertel entstanden. Um die gleiche Zeit entwickelte sich auch Warnemünde zu einem der bedeutendsten Seekurorte in Deutschland.

1852 wurde der erste deutsche Schraubendampfer fertiggestellt, und 1870 erhielt die Universität ihr heutiges Hauptgebäude. 1850 wurde die Schiffswerft und Maschinenfabrik von Wilhelm Zeltz und Albrecht Tischbein gegründet, aus der 1890 als erster industrieller Großbetrieb Mecklenburgs die Actien-Gesellschaft „Neptun“ Schiffswerft und Maschinenfabrik in Rostock hervorging. Die Bevölkerungszahl stieg in den folgenden Jahrzehnten um fast 80.000 auf 121.000 Einwohner. Auch Industrien wie die Chemischen Fabriken des Friedrich Witte sowie Landmaschinenbau, Bauwesen und die Entwicklung Rostocks zum Verwaltungs- und Bankenstandort trugen dazu bei, der Stadt zu einem seit langem ungekannten Aufstieg zu verhelfen.

Seit 1868 nach dem Beitritt Mecklenburg-Schwerins zum Norddeutschen Bund durften sich wieder Juden in der Stadt niederlassen. Schnell bildete sich eine jüdische Gemeinde, die sich 1870 einen Friedhof am Rande des Alten Friedhofs, dem heutigen Lindenpark, einrichtete.

Die schnelle Industrialisierung brachte aber nicht nur Gutes. Spätestens mit dem Ersten Weltkrieg kam es zu viel Armut unter den Arbeitern, die sich in Unruhen äußerten und in der Forderung nach einem Ende des Krieges sowie der Beseitigung der halbfeudalen Verhältnisse in Mecklenburg. So waren es vor allem die Rostocker, die für die Demokratisierung und den Sturz des Großherzogs im Land verantwortlich waren. Die erste demokratische Verfassung Rostocks war es schließlich, welche den Landesherrlichen Erbvergleich von 1788, der die Stadt über Jahrhunderte an einer freien Entwicklung hinderte, außer Kraft setzte.

Neuere Geschichte

Im Jahre 1902 weihte die Jüdische Gemeinde für die etwa 280 Mitglieder eine Synagoge in der Augustenstraße 101 ein.

In den 1920er Jahren siedelte sich mit dem Flugzeugbau eine neue Industrie an: in Warnemünde entstanden 1921 die Arado Flugzeugwerke; im Jahr darauf die Heinkel-Werke. In Zusammenarbeit mit dem Ingenieur Hans Joachim Pabst von Ohain entwickelte Ernst Heinkel mit der He 178 das weltweit erste Strahlflugzeug, das am 27. August 1939 vom Werksflughafen Rostock-Marienehe aus seinen Jungfernflug machte.

In der Vorbereitung des Zweiten Weltkriegs wurde Rostock als Industriestandort in die allgemeine Aufrüstung eingebunden. Bei den großen Firmen waren später mehrere Tausend Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene oder sogenannte „Ostarbeiter" verpflichtet.

Wie in anderen Städten des Deutschen Reiches kam es auch in Rostock in der Nacht vom 9. zum 10. November 1938 zu den antisemitischen Ausschreitungen der Reichspogromnacht, in deren Verlauf die Rostocker Synagoge von den Nationalsozialisten niedergebrannt wurde. Schon vorher waren unter dem Druck viele Juden ausgewandert, einige hatten Selbstmord begangen wie der Zahnmediziner Prof. Hans Moral. Jüdischer Besitz wurde „arisiert“. Im Holocaust wurden auch aus Rostock Menschen deportiert und getötet, die meisten im Juli und November 1942. Seit 2001 erinnern Gedenkplatten, so genannte Stolpersteine an jüdische Opfer der Shoa.

Der Heinkel-Flugzeugbau wurde ab 1932 zum größten Industriebetrieb Mecklenburgs und zusammen mit den Arado-Werken und der Neptunwerft waren Rostock und Warnemünde Zentren der Rüstungsindustrie des Deutschen Reiches. Diese Entwicklung hatte allerdings auch zur Folge, dass im Zweiten Weltkrieg die Stadt zu einem bevorzugten Ziel von Luftangriffen der britischen Royal Air Force (RAF) und den amerikanischen United States Army Air Forces (USAAF) wurde.

Ende April 1942 wurde Rostock – nach dem Luftangriff auf Lübeck – Ziel des zweiten britischen Flächenbombardements auf eine deutsche Großstadt. Vom 23. bis zum 27. April flog die RAF jeweils nachts mit insgesamt 460 Bombern schwere Angriffe gegen die Arado- und Heinkelwerke sowie besonders gegen das Stadtzentrum (75 % der Bombenlast). Neben Sprengbomben warfen sie auch massenhaft Brandbomben. „Die Brandbombe erwies sich in Rostock als das fürchterlichste Mittel der Stadtzerstörung“.[7] Mehr als die Hälfte der historischen Bausubstanz wurde vernichtet, das alte Rostock existierte zu großen Teilen nicht mehr. Ende 1942 war Rostock eine der am schwersten zerstörten Städte im Deutschen Reich. Reichsstatthalter Hildebrandt erklärte in der Zeit vom 25. April bis zum 4. Juni 1942 für das Gebiet der Seestadt Rostock und die angrenzenden Kreise den Ausnahmezustand. 30.000 bis 40.000 Menschen waren obdachlos geworden, 135.000 bis 150.000 aus Rostock geflohen. Die Zahl der Todesopfer lag bei 200.[7][8] Nach der Intensität der Angriffe wahrscheinlicher ist die Zahl von 617 Bombenopfern.[9]

Zum Ende des Krieges waren von vormals 10.535 Wohnhäusern in der Stadt 2611 vollständig zerstört, weitere 6735 beschädigt. Insgesamt wurden von 1941 bis 1945 von der RAF 990 t und von den USAAF 1950 t Bomben auf Rostock und Warnemünde abgeworfen. Für die Amerikaner hatten die Flugzeugwerke Priorität. [10]

Kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs Rostock besetzte die Rote Armee nahezu kampflos am 1. Mai 1945 Rostock, nicht zuletzt weil sich die Führung der örtlichen NSDAP zu dem Zeitpunkt bereits auf der Flucht befand. Die weitgehend zerstörten Flugzeugwerke fielen als Reparationen an die Sowjetunion. Die Neptun-Werft wurde wieder aufgebaut und in Warnemünde entstand 1945/46 die Warnowwerft. Beide Werften führten anfangs fast ausschließlich Reparationsaufträge durch.

Durch Kriegsheimkehrer und den Zustrom Vertriebener stieg die Einwohnerzahl bis 1950 wieder auf den Vorkriegsstand. Rostock gehörte zur Sowjetischen Besatzungszone und seit 1949 zur DDR.

Zu den Opfern der diktatorischen Politik der sowjetischen Besatzungsmacht und der SED gehörte der Student Arno Esch, der als führender Funktionär in der LDP Opposition betrieb und 1949 verhaftet wurde. Sowjetische Gerichte verurteilten ihn zum Tode, die Hinrichtung erfolgte 1951 in Moskau.

Der Aufstand des 17. Juni 1953 löste auf der Rostocker Werft Streiks und weitergehende politische Forderungen aus. Sowjetische Truppen und Volkspolizei dämmten die Bewegung gewaltsam ein. Seit 1959 residierte die Bezirksdienststelle der Stasi, die größte aller 15 Bezirke und zuständig für die ganze Ostseeküste, in einem großen Komplex in der August-Bebel-Straße. Dort wurden bis 1989 mehr als 4800 Menschen inhaftiert, die meisten aus politischen Gründen.[11]

Nach dem Krieg begann der Wiederaufbau der zerstörten Stadt. Viele Gebäude – wie das Stadttheater – waren nicht mehr zu retten; andere, wie die Jakobikirche oder das Petritor, hätten durchaus gerettet werden können.

1952 wurde Rostock durch die Verwaltungsreform Bezirksstadt des gleichnamigen Bezirks (siehe: Bezirk Rostock). Die Stadt entwickelte sich zum Schiffbau- und Schifffahrtszentrum des Landes und erlangte auch hierdurch eine wachsende Bedeutung innerhalb der DDR. Neben den Werften entstanden 1949 das Dieselmotorenwerk, 1950 das spätere Fischkombinat und 1952 die Deutsche Seereederei Rostock (DSR). Infolge des Krieges und der deutschen Teilung verfügte die DDR über keinen bedeutenden Seehafen. So entstand zwischen 1957 und 1960 der Überseehafen Rostock. Auch die Hochschullandschaft folgte der maritimen Ausrichtung.

Der wirtschaftliche Aufschwung ließ viele Menschen aus anderen Teilen der DDR nach Rostock strömen. Bis 1988 wuchs die Stadt auf über 250.000 Einwohner. Es entstanden um das Zentrum von Rostock zwischen 1960 bis 1989 die folgenden Großwohnsiedlungen meist in Plattenbauweise: Dierkow (7.530 Wohnungen), Evershagen (8.732 Wohnungen), Groß Klein (8.200 Wohnungen), Lichtenhagen (6.925 Wohnungen), Lütten Klein (10.631 Wohnungen), Reutershagen (9.772 Wohnungen), Schmarl (4.908 Wohnungen), Südstadt (7.917 Wohnungen) und Toitenwinkel (6.549 Wohnungen).

Die politische Wende 1989 ermöglichte auch in Rostock große Veränderungen. Im Frühherbst 1989 versammelten sich mehr und mehr Bürger der Stadt zu den bald wöchentlich stattfindenden Donnerstags-Demonstrationen. Der Rostocker Pastor Joachim Gauck leitete die Mahngottesdienste in der St. Marienkirche, an die sich die Demonstrationen anschlossen. Mit dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland 1990 erlebte die Stadt wichtige Veränderungen. Am deutlichsten war jedoch zunächst ein Bevölkerungsrückgang um ungefähr 50.000 Einwohner durch Abwanderung in andere Teile Deutschlands, Geburtenrückgang und Umzüge in den Speckgürtel um die Stadt. Diese Tendenz kam erst 15 Jahre später zum Stillstand. Gleichzeitig verloren viele Menschen in der Stadt, wie in der ganzen Region, ihre Arbeitsplätze, neue konnten aufgrund fehlender wirtschaftlicher Strukturen nicht schnell genug entstehen. Dennoch blieb Rostock das wichtigste wirtschaftliche Zentrum Mecklenburg-Vorpommerns.

Ab 1991 wurde der historische Stadtkern u. a. im Rahmen der Städtebauförderung gründlich saniert. Gebäude, die vor dem Verfall standen, wurden gerettet, ein behutsamer Rückbau und Stadtumbau in den Plattenbaugebieten wurde zusammen mit Verbesserungen des Wohnumfelds begonnen, um einem Leerstand von Wohnungen entgegenzuwirken. Die Infrastruktur wurde erneuert und als ein sichtbares Zeichen für den Neuanfang erhielt St. Petri seinen neu errichteten Turmhelm, der teilweise aus Spendengeldern finanziert worden ist.

Ein gesellschaftlicher Tiefpunkt waren im August 1992 ausländerfeindliche Übergriffe im Stadtteil Lichtenhagen, welche das Bild der Stadt noch Jahre danach in der Öffentlichkeit prägten. Eine Antwort von Rostocker Einwohnern darauf war die Gründung der bis heute sehr aktiven Initiative „Bunt statt Braun“.

Rostock richtete 2003 die Internationale Gartenschau (IGA) aus. Im selben Jahr wurde auch der Warnowtunnel eröffnet. Die gemeinsame Bewerbung mit Leipzig um die Austragung der Olympischen Sommerspiele 2012 aber misslang schon in der internationalen Vorauswahl durch das IOC am 18. Mai 2004. Zu einer stärkeren Identifizierung mit der Stadt tragen auch bis heute weitere umfangreiche Renovierungen der historischen Bausubstanz in Rostock bei und nicht zuletzt Veranstaltungen wie die Hanse Sail.

Diese Jahre sind neben einer gewissen wirtschaftlichen Konsolidierung allerdings ebenso geprägt von emotionalen Auseinandersetzungen mit der Politik des Landes und des Bundes um Kürzungen der Finanzierung vor allem im Bildungswesen sowie in der Kultur. Die Universität ist so beispielsweise gezwungen, die traditionelle juristische Fakultät zu schließen. Rostock selbst ist verschuldet und kämpft um seine Verwaltungsautonomie. Daher werden einige umfangreiche strukturelle Reformen in der Stadt, aber auch der Verwaltung des Landes Mecklenburg-Vorpommern unternommen, die zu mehr Effizienz führen sollen. Mit der geplanten Kreisreform Mecklenburg-Vorpommern 2011 soll Rostock seine Kreisfreiheit behalten, wobei der umliegende Landkreis Bad Doberan mit dem Landkreis Güstrow zum neuen Landkreis Mittleres Mecklenburg vereinigt wird.

In den Blickpunkt der internationalen Öffentlichkeit geriet Rostock Anfang Juni 2007 mit dem Weltwirtschaftsgipfel der G8 im nordwestlich gelegenen Seebad Heiligendamm. Ein großer Teil der Begleitveranstaltungen fand in Rostock statt, so der Alternativgipfel und zahlreiche Demonstrationen. Am Rande der internationalen Demonstration am 2. Juni kam es zu Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und Globalisierungskritikern, bei denen nach offiziellen Angaben rund 1.000 Personen verletzt wurden, vorwiegend durch Steinwürfe und den Einsatz von Wasserwerfern.[12]

Gesellschaft und Politik

Stadtverwaltung und Bürgermeister

An der Spitze der Stadt stand seit dem 13. Jahrhundert der Rat mit zunächst 10, später 24 Ratsherren. Den Vorsitz hatte der Proconsules beziehungsweise Bürgermeister. Im 19. Jahrhundert gab es sogar 3 Bürgermeister. Ab 1925 tragen die Bürgermeister den Titel Oberbürgermeister (Liste der Rostocker Bürgermeister). Dieser wurde über Jahrhunderte vom Rat der Stadt gewählt. Seit 2002 wird er direkt vom Volk gewählt.

Als Vertretung der Bürger gibt es eine Stadtvertretung, die in Rostock die Bezeichnung Bürgerschaft trägt (in anderen Städten heißt dieses Gremium auch Gemeinderat, Stadtverordnetenversammlung oder Rat der Stadt). Die Mitglieder der Bürgerschaft werden von den Bürgern der Stadt auf 5 Jahre gewählt. Nach dem Wegfall der Fünf-Prozent-Hürde zur Kommunalwahl am 13. Juni 2004 wurden die Mehrheitsverhältnisse in der Rostocker Bürgerschaft unübersichtlich. Die Bürgerschaft besteht derzeit aus 53 Abgeordneten; nach der Bürgerschaftswahl 2009 stellt Die Linke 13, die SPD 10, die CDU 9, Bündnis 90/Die Grünen 5, die FDP und FÜR Rostock – pro OB jeweils 4, der Rostocker Bund 3, die NPD 2 und sonstige 3 (AUFBRUCH 09, GRAUE und SAV). Vorsitzender ist der Präsident der Bürgerschaft. Dieses zusätzliche repräsentative Amt in der Stadt wurde 1990 neben dem Amt des Oberbürgermeisters durch das „Gesetz über die Selbstverwaltung der Gemeinden und Landkreise in der DDR“ durch die damalige Volkskammer der DDR eingeführt. Es wurde zunächst hauptamtlich wahrgenommen. Seit der Änderung der Kommunalverfassung 1994 wird es nur noch ehrenamtlich ausgeführt. Der Präsident der Bürgerschaft leitet die Sitzungen, bereitet diese vor und vertritt die Bürgerschaft nach außen. Er repräsentiert zusammen mit dem Oberbürgermeister die Stadt.

Zum Oberbürgermeister der Hansestadt Rostock wurde am 27. Februar 2005 Roland Methling (parteilos) im ersten Wahlgang mit absoluter Mehrheit gewählt.

Wappen, Flagge und Logo

Rostock führte in seiner Geschichte drei verschiedene Wappen. Das Signum, Secretum und Sigillum. Das Signum, welches seit 1367 als Siegelstempel nachweisbar ist, entstand zuletzt und ist bis heute das Wappen der Hansestadt.

Das Wappen wurde am 10. April 1858 von Friedrich Franz II., Großherzog von Mecklenburg-Schwerin festgelegt und unter der Nr. 9 der Wappenrolle von Mecklenburg-Vorpommern registriert.

Blasonierung: „Geteilt; oben in Blau ein schreitender, rot gezungter goldener Greif; unten geteilt von Silber über Rot.“

Das Wappen wurde 1939 von dem Berliner Prof. Hans Schweitzer neu gezeichnet.

In Blau ein schreitender goldener Greif ist das herrschaftliche Zeichen der Rostocker Fürsten. Darunter Silber und Rot sind die Farben der Hanse.

Die Stadtflagge besteht aus drei waagerechten Streifen. Der obere Streifen zeigt die Farbe Blau. Er nimmt die Hälfte der Flaggenhöhe ein und ist mit einem zum Liek gewendeten, schreitenden goldenen (gelben) Greifen mit aufgeworfenem Schweif und ausgeschlagener roter Zunge belegt. Der mittlere Streifen zeigt die Farbe Silber (Weiß), der untere Streifen die Farbe Rot. Die beiden unteren Streifen nehmen je ein Viertel der Höhe ein. Die Höhe des Flaggentuchs verhält sich zur Länge wie 3:5.

Im Laufe der Geschichte hat sich die Stadtflagge mehrmals verändert. In der heutigen Form wurde sie zuletzt in der Hauptsatzung von 1991 vom Rat der Stadt festgelegt. Der Greif ist ein typisches Wappentier für die wendische Region, mit Greifswald wurde selbst eine Stadt nach ihm benannt. Der Greif ist das Schutztier. Mit seinen Krallen hält es Feinde fern. Das Wappen ist in Rostock nicht nur auf Flaggen, Häusern und Haltestellen zu sehen, sondern auch auf Kanaldeckeln, Gartenzäunen, Brücken sowie an Schiffen und Restaurants.

Stadtgliederung

Das Stadtgebiet Rostocks ist in 31 Ortsteile gegliedert. Mehrere Ortsteile sind insgesamt in acht Ortsamtsbereiche zusammen gefasst, für die jeweils ein Ortsamt zuständig ist. Hier werden Einwohnerangelegenheiten (z. B. Meldungen) bearbeitet.

Alle Ortsteile der Stadt sind zu insgesamt 19 Ortsteilvertretungen zusammen gefasst. Diese Gremien heißen Ortsbeiräte und werden von der Bürgerschaft der Stadt Rostock nach jeder Kommunalwahl neu bestimmt. Ihre Mitgliederzahl schwankt je nach Größe ihres Zuständigkeitsbereichs zwischen 9 und 13. Die Ortsbeiräte sind zu wichtigen Angelegenheiten in ihren Ortsteilen zu hören und sind vor allem beratend tätig. Eine endgültige Entscheidungskompetenz hat jedoch nur die Bürgerschaft der Gesamtstadt.

Rostocker Ortsämter und Stadtteile im Detail

Die 8 Ortsamtsbereiche mit ihren zugehörigen Orts- und Stadtteilen

Ortsamt      Stadtteile/Ortsteile

  1. Seebad Warnemünde, Diedrichshagen, Markgrafenheide (Waldsiedlung), Hohe Düne (An der See, Yachthafen), Hinrichshagen (Erich-Weinert-Siedlung, Wallensteinslager), Wiethagen (Meyers Hausstelle), Torfbrücke
  2. Lichtenhagen (Klein Lichtenhagen, Ostseewelle, Möhlenkamp, Siedlung Grabower Str.), Groß Klein (Lütten Klein-Dorf, Dänenberg, Groß Klein-Dorf)
  3. Lütten Klein
  4. Evershagen (Evershagen-Süd, Evershagen-Dorf, Obstplantage, Schutow), Schmarl (Marienehe, Schmarl-Dorf)
  5. Reutershagen (Reutershagen I, Reutershagen II, Komponistenviertel, Vorweden, Schutow), Hansaviertel, Gartenstadt
  6. Kröpeliner-Tor-Vorstadt (Bramow), Stadtmitte (Steintor-Vorstadt, Nördliche Altstadt, Östliche Altstadt), Brinckmansdorf (Alt Bartelsdorf, Riekdahl, Osthafen, Weißes Kreuz, Waldeslust, Kassebohm)
  7. Südstadt, Biestow
  8. Dierkow-Neu (Dierkower Höhe), Dierkow-Ost, Dierkow-West, Toitenwinkel, Gehlsdorf (Langenort), Hinrichsdorf, Krummendorf (Oldendorf, Warnowrande), Nienhagen, Peez, Stuthof, Jürgeshof

Nachbargemeinden

In dem Bereich, in dem die Hansestadt nicht an die Ostsee grenzt, ist sie vollständig vom Landkreis Bad Doberan umgeben. Seit den 1990er Jahren ist so durch neu entstandene Siedlungen und Gewerbegebiete eine Agglomeration entstanden, also ein Gebiet, das administratorisch nicht zu der Stadt selbst zählt, jedoch geografisch.

Bei den Nachbargemeinden Rostocks handelt es sich um die folgenden: im Nordosten die amtsfreie Gemeinde Graal-Müritz, im Osten das Amt Rostocker Heide (mit den Gemeinden Gelbensande, Rövershagen, Mönchhagen und Bentwisch), im Südosten das Amt Carbäk (mit Broderstorf und Roggentin), im Süden die amtsfreie Gemeinde Dummerstorf. Im Süden bis in den Nordwesten grenzt Rostock an das Amt Warnow-West (mit den Gemeinden Papendorf, Kritzmow, Lambrechtshagen, sowie Elmenhorst/Lichtenhagen), unterbrochen nur von einer kurzen Angrenzung an das Amt Bad Doberan-Land mit der Gemeinde Admannshagen-Bargeshagen.

Eingemeindungen

Nach der Gründung der Stadt und der Vereinigung der Stadtteile erwarb Rostock im 13. Jahrhundert die große Rostocker Heide sowie einige nahe gelegene Dörfer und Gutsstellen (Bartelsdorf, Bentwisch, Broderstorf, Kassebohm, Kessin, Rövershagen, Riekdahl, Stuthof, Willershagen und Gragetopshof).

Die meisten dieser Orte wurden jedoch später wieder als eigenständige Gemeinden geführt und erst im 20. Jahrhundert wieder dem Stadtgebiet Rostocks angeschlossen (vergleiche unten: Rostocker Eingemeindungen im Detail). Im 14. Jahrhundert erwarb die Stadt das Dorf Warnemünde und erhielt so den Zugang zum Meer. Bis in das 20. Jahrhundert hinein war Warnemünde eine Rostocker Exklave. Ein geschlossenes Stadtgebiet besteht seit 1934.

Man kann somit drei Stufen der Stadtentwicklung festhalten: Die erste im 13. und 14. Jahrhundert, die zweite nach der Industrialisierung, also seit der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und die dritte nach dem Zweiten Weltkrieg (siehe Grafik).

 

  •                                          Rostocker Eingemeindungen im Detail
  •                    Die Stufen der Eingemeindungen von Orten in die Hansestadt Rostock
  •           Jahr                           Orte

  • 25. März 1252             Rostocker Heide
  • 1323                          Warnemünde1
  • 1. Januar 1913            Dierkow
  • 14. Juli 1919               Barnstorf, Bartelsdorf, Bramow, Brinckmansdorf, Dalwitzhof, Damerow, Kassebohm, Riekdahl
  • 9. Dezember 1924       Hinrichshagen, Markgrafenheide, Meyers Hausstelle, Schnatermann, Torfbrücke, Waldhaus, Wiethagen
  • 1. April 1930               Kloster zum Heiligen Kreuz
  • 8. März 1934              Diedrichshagen, Gehlsdorf, Groß Klein, Lütten Klein, Marienehe, Schmarl, Schutow
  • 1. Juli 1950                 Biestow, Evershagen, Krummendorf, Peez, Petersdorf, Stuthof, Toitenwinkel
  • 1. Januar 1960            Hinrichsdorf, Nienhagen
  • 10. September 1978     Jürgeshof

1 Bereits 1264 wurde ein „Rostocker Warnemünde“, ein Seehafen beim heutigen Hohe Düne, dem städtischen Recht unterstellt.

     

Neugliederung der Landkreise

Gemäß einer Entscheidung des Landtags von Mecklenburg-Vorpommern vom 5. April 2006 sollte es ab dem 1. Oktober 2009 einen Großkreis Mittleres Mecklenburg-Rostock mit der Kreisstadt Rostock geben.[13] Dieser Großkreis sollte die bisherigen Landkreise Bad Doberan und Güstrow sowie die bisher kreisfreie Stadt Rostock umfassen. Nach dem Urteil des Landesverfassungsgerichtes vom 26. Juli 2007 kann das Reformgesetz in der bisher geplanten Form als mit der Verfassung des Landes unvereinbar nicht umgesetzt werden.[14]

Einwohnerentwicklung

Da Rostock lange Zeit nicht über seine Grenzen hinauswuchs, blieb die Einwohnerzahl vom Mittelalter bis in das 19. Jahrhundert konstant bei maximal 11.000–14.000 Personen. Erst mit der Industrialisierung begann diese schnell zu wachsen und überschritt bereits 1935 die Grenze von 100.000, wodurch Rostock zur Großstadt wurde. Bis 1940 stieg die Bevölkerungszahl dann auf 129.500. Auf Grund der Ereignisse um den Zweiten Weltkrieg sank diese bis Mai 1945 um etwa die Hälfte auf 68.928, stieg dann aber schnell an mit der Zuwanderung deutscher Vertriebener aus den Ostprovinzen.

Im Jahre 1971 wurde die Grenze von 200.000 Einwohnern überschritten. 1988 erreichte die Bevölkerungszahl mit rund 254.000 ihren historischen Höchststand. Seit der Wende in der DDR verlor die Stadt wegen hoher Arbeitslosigkeit, des Wegzugs vieler Einwohner in das Umland und des Geburtenrückgangs 22 Prozent ihrer Bewohner (55.000 Personen). Am 30. Juni 2007 betrug die „Amtliche Einwohnerzahl“ für Rostock nach Fortschreibung des Statistischen Landesamtes Mecklenburg-Vorpommern 199.751 (nur Hauptwohnsitze und nach Abgleich mit den anderen Landesämtern). Am 31. Dezember 2007 ist die Bevölkerung Rostocks mit 200.413 Menschen erstmals wieder auf über 200.000 angestiegen.

Religionen

Heidentum und Christianisierung

Waren die Wenden noch „Heiden“, die sich gegen die gewaltsame Christianisierung wehrten, wurde das Christentum unter dem politischen Einfluss von Heinrich dem Löwen spätestens mit Pribislaw in Mecklenburg und somit auch der Region um Rostock eingeführt.

Das Verhältnis von Stadt und Kirche war nicht frei von Spannungen und Differenzen. So führte ein Kirchenbann des Papstes gegenüber der Universität zum kurzzeitigen Auszug der Universität aus der Stadt.

Reformation

Nachdem 1525 vom Kaplan der Petrikirche, Joachim Slüter, ein niederdeutsches Gesangbuch mit lutherischen Liedern für „werkleute“ herausgegeben wurde, begann in Rostock die lutherische Reformation, die Slüter bis 1531 durchsetzte. Nachdem er 1532 starb, wurde der Prozess von seinem Nachfolger, Johann Oldendorp, fortgesetzt. Zeitgleich setzte sich die Reformation auch in den anderen Hansestädten durch, die zum bürgerlichen Zentrum dieser Konfession wurden. Spätestens 1534 wurde darauf der Katholizismus stark unterdrückt und die Katholiken als „Papisten“ beschimpft. Rostock bekam einen eigenen Superintendenten und ein eigenes Geistliches Ministerium.

In der Folgezeit blieb der evangelische Glaube die vorherrschende Religion in der Stadt.

Im 19. Jahrhundert zogen dann wieder Katholiken in die Stadt. Sie gründeten 1872 die erste Pfarrgemeinde seit der Reformation. Seit 1909 gab es erstmals auch wieder eine katholische Kirche in Rostock, die Christuskirche am Schröderplatz. Die Gemeinde gehörte – wie ganz Mecklenburg – zunächst zum Apostolischen Vikariat der Nordischen Missionen, dessen Jurisdiktion dauernd mit dem Bischofsstuhle zu Osnabrück verbunden war. 1930 wurde das Gebiet offiziell Teil des Bistums Osnabrück (Dekanat Mecklenburg). 1941 wurde das Dekanat Mecklenburg in einen westlichen, einen mittleren und einen östlichen Konferenzbezirk aufgeteilt. Durch die Grenzziehung nach dem Zweiten Weltkrieg wurde es immer schwieriger für den Osnabrücker Bischof, seine Amtsgeschäfte in Mecklenburg wahrzunehmen. So entstand 1946 das Bischöfliche Kommissariat Schwerin, aus dem 1973 das Bischöfliche Amt Schwerin mit einem Weihbischof als „residierenden Bischof“ hervorging. Im Jahre 1971 wurde die Christuskirche trotz Protest gesprengt. Ein Neubau im Häktweg wurde als Ersatz errichtet.

Religion heute

Heute gehören die evangelisch-lutherischen Kirchengemeinden der Stadt zu den Propsteien Rostock-Nord, Rostock-Ost und Rostock-Süd innerhalb des Kirchenkreises Rostock der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs.

Seit 1995 gehören die Rostocker Katholiken zum neugegründeten Erzbistum Hamburg. Die Pfarrgemeinden der Stadt Rostock sind Teil des Dekanats Rostock des Erzbischöflichen Amtes Schwerin innerhalb des Erzbistums.

Es gibt in Rostock Freikirchen, darunter zwei Evangelisch-Freikirchliche Gemeinden (Baptisten und Brüdergemeinde), die Evangelisch-methodistische Kirche St. Michaelis, eine Gemeinde der Gemeinschaft der Siebenten-Tags-Adventisten, das „Christliche Zentrum“ (Bund Freikirchlicher Pfingstgemeinden) und das charismatische „Gospelzentrum“. Ferner gibt es die Landeskirchliche Gemeinschaft und die Christengemeinschaft. Die Neuapostolische Kirche ist mit zwei Gemeinden vertreten. Die Gemeinde mit der größeren Mitgliederzahl befindet sich seit 1965 in der Kröpeliner-Tor-Vorstadt. Die andere Gemeinde befindet sich in Warnemünde im Wiesenweg. Die Russisch-Orthodoxe Kirche ist mit der Kirchengemeinde der Seligen Xenia von St. Petersburg vertreten. Die Gemeinde der Berliner Diözese befindet sich seit 2000 in der Thünenstraße.

Heute gibt es wieder eine Jüdische Gemeinde in Rostock. Diese hat über 700 Mitglieder[15] und ist seit kurzem auch in Besitz eines neuen Gemeindezentrums mit Synagoge. Betreut wird die Gemeinde durch den Landesrabbiner William Wolff.

In Rostock leben einige hundert Muslime. Es gibt eine Moschee in der Erich-Schlesinger-Straße, deren Trägerverein der Islamische Bund in Rostock e. V. ist.

Vor allem durch die antikirchliche Haltung der DDR-Regierung in den Jahrzehnten zwischen zweitem Weltkrieg und deutscher Wiedervereinigung ist heute die Mehrheit der Rostocker konfessionslos.

Städtepartnerschaften

Rostock unterhält innerhalb der Europäischen Union Städtepartnerschaften mit Stettin in Polen seit 1957, Turku in Finnland seit 1959, Warna in Bulgarien seit 1966, Dünkirchen in Frankreich seit 1960, Riga in Lettland seit 1961, Bremen in Deutschland seit 1987, Antwerpen in Belgien seit 1963, Århus in Dänemark seit 1964 und Göteborg in Schweden seit 1965.

Außerhalb der Europäischen Union gibt es Städtepartnerschaften mit Bergen in Norwegen seit 1965, Raleigh in den USA seit 2001, Rijeka in Kroatien seit 1966 und Dalian in der Volksrepublik China seit 1988.

Rostock ist Teil der internationalen Städtegemeinschaft Neue Hanse und Mitglied im Konvent der Bürgermeister/innen.

Wirtschaft und Infrastruktur

In der Hansestadt sowie der nächsten Umgebung angesiedelt sind, abgesehen von vielen kleineren Unternehmen, die Universität Rostock, Werftindustrie, Reedereien, Biotechnologie, Nahrungsmittelindustrie und IT- und Softwareunternehmen.

Verkehr

Hafen

Der Überseehafen ist – gemessen am jährlichen Güterumschlag – nach dem in Lübeck der zweitgrößte deutsche Ostseehafen. Beim Passagierverkehr ist dieser Hafen Verkehrsknotenpunkt für Reisen nach Gedser (Dänemark), Trelleborg (Schweden), Ventspils (Lettland) und nach Finnland, Estland und Russland. Nach Puttgarden ist Rostock der deutsche Ostseehafen mit der zweithöchsten Zahl an Reisenden (ca. 2 Mio. Passagiere).

Nach Kriegsende wurde der in der Stadt befindliche stark zerstörte Hafen in mehrjähriger Arbeit wieder instand gesetzt. Das Wirtschaftswachstum der DDR und der Aufbau einer großen staatlichen Handelsflotte erforderten den Bau eines neuen, leistungsfähigen Hochseehafens, der außerhalb der bebauten Stadt am Breitling 1960 in Betrieb genommen wurde. Dazu wurde in Warnemünde ein neuer Zugang zur Ostsee gebaggert. Um an die Bedürfnisse der DDR- und Ostblock-Wirtschaft angepasst zu sein, wurde der Überseehafen ständig aus- und umgebaut und erreichte 1989 mit über zwanzig Millionen Tonnen Umschlag – überwiegend Massenschüttgütern – sein bis dahin bestes Ergebnis.

Mit der deutschen Einheit begann der mühevolle Weg, den ausschließlich auf DDR-Bedürfnisse ausgelegten Hafen so umzugestalten, dass er einen akzeptablen Platz im Ensemble der deutschen Häfen finden konnte. In den vergangenen 15 Jahren hat der Überseehafen sein Erscheinungsbild und sein Leistungsangebot deshalb stark verändert. Aufgrund des modernen Ölhafens, der Anlagen für den Getreide-, Kohle-, Düngemittel- und Zementumschlag und des Terminals für den Export von Zucker, Holz, Schrott und Stückgütern ist er nach wie vor ein universaler Umschlagplatz.

Rostock ist aktuell der größte deutsche Kreuzfahrthafen, bedingt vor allem durch den guten Anschluss an den Raum Berlin als Touristenziel und das 2005 eröffnete moderne „Cruise Center“ in Warnemünde.

Öffentlicher Personennahverkehr

1881 begann in Rostock die Geschichte des öffentlichen Nahverkehrs. Die erste Pferdebahn mit Waggons auf Schienen, die von der Mecklenburgischen Straßen-Eisenbahn Actien Gesellschaft betrieben wurde, ging in Betrieb. Bereits zu Anfang gab es drei verschiedene Linien. Ab 1904 nahm die erste elektrische Straßenbahn unter der Rostocker Straßenbahn AG ihren Betrieb auf. 1951 wird die RSAG zum VEB Nahverkehr Rostock, 39 Jahre später wieder zur RSAG umbenannt.

Der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) wird unter anderem durch die S-Bahn Rostock der Deutschen Bahn sowie durch Straßenbahnen und Omnibusse der Rostocker Straßenbahn AG (RSAG) bedient. Rostock hat sechs Straßenbahnlinien, 22 Stadtbuslinien und zwei Nachtbuslinien. Daneben gibt es zwei Fährlinien über die Warnow und Regionalbuslinien in das Umland. Sie werden innerhalb des Verkehrsverbundes Warnow (VVW) angeboten, der 1997 gegründet wurde.

Seit 2006 gab es Planungen, durch eine Verknüpfung von Schienenstrecken der Straßenbahn, Regionalbahn und S-Bahn ein Stadtbahnsystem herzustellen. Kritiker befürchten hohe finanzielle Risiken für die Stadt und haben Zweifel an der Wirtschaftlichkeit und Sinnhaftigkeit. Deshalb sprach sich Oberbürgermeister Roland Methling im November 2007 gegen dieses Konzept aus.[16]

Eisenbahn

Der größte und wichtigste Bahnhof der Stadt ist der Rostocker Hauptbahnhof. Weitere Bahnhöfe sind der Bahnhof Warnemünde, sowie der Bahnhof Seehafen Nord.

Im Fernverkehr ist Rostock seit Juni 2007 per ICE (Rostock–Berlin–München) erreichbar. Intercity-Züge verbinden Rostock mit Hamburg und Westdeutschland, der einmal täglich verkehrende InterConnex mit Berlin und Leipzig. Die mehrere Jahre bestehende Nachtzug-Verbindung nach München bzw. Köln und Dortmund wurde im Oktober 2007 eingestellt. Im Regionalverkehr ist Rostock mit acht Linien gut an die umliegenden Städte angebunden.

Straßen

Rostock liegt an den Autobahnen 19 (Rostock – Autobahndreieck Wittstock (Dosse) – Berlin) und 20 (Stettin–Stralsund–Rostock–Lübeck), die sich im Autobahnkreuz Rostock kreuzen, und den Bundesstraßen 103, 105 und 110. Die Autobahnen und die Bundesstraßen 103 und 105 bilden zusammen mit dem Warnowtunnel einen Schnellstraßenring in und um Rostock.

Der Warnowtunnel wurde 2003 als Verbindung der westlich und östlich der Unterwarnow gelegenen Stadtteile zwischen Schmarl und Oldendorf eröffnet. An seinem östlichen Ende beginnt die A 19, das Westende ist mit der Schnellstraße vom Rostocker Zentrum nach Warnemünde verbunden. Der Tunnel ist der erste privat finanzierte und mautpflichtige Straßentunnel Deutschlands. Ging man in den Planungen zunächst von 22.000 Durchfahrten pro Tag aus, hat sich die Verkehrsbelegung heute bei rund 12.000 Durchfahrten eingepegelt. Damit konnten sich die Erwartungen bisher bei weitem nicht erfüllen. Als Konsequenz daraus wurde das Finanzierungsmodell nachträglich angepasst.

Von 1998 bis 2007 wurde auch das innerstädtische Straßennetz mit dem Neu- und Ausbau der Arnold-Bernhard-Straße und der August-Bebel-Straße sowie der Verbindung vom Schröderplatz zum Warnowufer grundlegend neu gestaltet. Parallel dazu wurden die früher verkehrsreichen Plätze Neuer Markt und Doberaner Platz für den Autoverkehr gesperrt.

Flugverkehr

Etwa 25 km südöstlich befindet sich der Flughafen Rostock-Laage. Air Berlin bietet Linienflüge nach Mallorca und Rhodos an. Germanwings bedient die Strecke Köln/Bonn–Rostock und Stuttgart-Rostock. Zur Sommersaison fliegt außerdem die Lufthansa nach München. Die German Sky Airlines fliegen via Frankfurt a. M. nach Antalya, einen Direktflug gibt es bei Sun Express. Die Helvetic Airways fliegen Zürich an. Ein weiteres beliebtes Reiseziel ist Kreta, erreichbar mit der Viking Hellas. Weitere Charterflieger binden Rostock an verschiedene Ziele in Europa an.

Ansässige Unternehmen

Traditionell ist Rostock Handels- und Industriestadt. Der Schiffbau und die Fischverarbeitung Rostocks verloren nach der Wiedervereinigung an Bedeutung, zahlreiche Beschäftigte verloren ihre Arbeit. Die Rostocker Werften (Neptun-Werft, Warnow-Werft) blieben erhalten und weitere Industriebetriebe wurden angesiedelt (Liebherr, Caterpillar) andere neu gegründet (Nordex, DOT Dünnschicht-Oberflächen-Technik, EADS RST Rostock-System-Technik GmbH ).

Von überregionaler Bedeutung sind auch die DSR-Gruppe und die deutsch-dänische Fährreederei Scandlines, die ihren deutschen Unternehmenssitz in Rostock hat. Zu den ansässigen Reedereien zählt auch die Kreuzfahrtreederei AIDA Cruises.[17] AIDA Cruises ist mit der AIDA-Flotte größter Arbeitgeber im Tourismusbereich in der Hansestadt.

Ein ebenfalls überregional bekanntes Unternehmen ist die Rostocker Brauerei GmbH, die die mit der DLG-Goldmedaille-2006 ausgezeichneten Biermarke Rostocker Pilsener braut und bundesweit vermarktet.

Heute gewinnt der Dienstleistungssektor in der Stadt zunehmend an Bedeutung. Vor allem sind das Callcenter, die sich wegen der dialektarmen, hochdeutschen Sprache und des guten Angebots von Arbeitskräften ansiedeln.

Der größte Arbeitgeber der Stadt ist heute die Rostocker Universität.

Medien

Das erste periodisch erscheinende Nachrichtenblatt in Rostock, der Auszug der Neuesten Zeitungen erschien ab 1711. 1846 wurde daraus die Rostocker Zeitung, die Zeitung des liberalen Bürgertums der Stadt. Lange auflagenstärkste Zeitung des Landes war der 1881 gegründete Rostocker Anzeiger.

Im 20. Jahrhundert spiegelten die Zeitungen vorwiegend die politischen Gruppen wider. In der ersten Hälfte des Jahrhunderts findet sich im linken politischen Spektrum die sozialdemokratische Mecklenburgische Volkszeitung und die kommunistische Volkswacht, im rechten die völkische Mecklenburger Warte und der nationalsozialistische Niederdeutsche Beobachter. Zur Zeit der DDR wurde die Medienlandschaft vom Staat bestimmt und so erschien als Organ der SED die Volkszeitung, die ab 1946 Landeszeitung und dann 1953 Ostsee-Zeitung heißen sollte. Für die CDU erschien der Demokrat, für die LDPD die Norddeutsche Zeitung, und für die NDPD die Norddeutschen Neuesten Nachrichten

In Rostock erscheinen heute als Tageszeitung die Ostsee-Zeitung (OZ), die Norddeutsche Neueste Nachrichten (NNN) sowie das Boulevardblatt Bild in der Regionalausgabe Mecklenburg-Vorpommerns. Des Weiteren erscheinen diverse Anzeigenblätter, wie der Hanse-Anzeiger, der Rostocker Blitz, der Warnow-Kurier, die NNNplus und der Rostocker Sonntag. Als Monatspublikationen erscheinen regelmäßig das 0381-Stadt & Kulturmagazin, die Szene, das Stadt- und Szenemagazin Piste, der o.k. Ostseekalender und HRO Live.

Die Stadt ist Sitz eines Regionalstudios des NDR, das Beiträge für den Hörfunk und das Fernsehprogramm produziert.

In der Hansestadt sind die Deutsche Presse-Agentur GmbH dpa und die ddp-Nachrichtenagentur ansässig.

Rostock bietet den Fernsehzuschauern zwei regionale Fernsehsender. Zum einen den Privatsender mit Videotext tv.rostock und den Bürgerfernsehsender rok-tv (Rostocker Offener Kanal).

Im Sommer 2005 ging Radio Lohro, ein nicht kommerzielles Stadtradio für die Region Rostock, auf Sendung. Ebenfalls aus der Hansestadt sendet der landesweite Privatsender Ostseewelle. Der ebenfalls private Radiosender Antenne MV besaß über zehn Jahre in Rostock ein Regionalstudio, das im Frühjahr 2007 aus Kostengründen geschlossen wurde.

Wichtigster Senderstandort ist der Fernmeldeturm Rostock.

     

    Rostocker Zeitungen im Detail

    Auswahl von Zeitungen, die in Rostock erschienen[18]

  • Zeitung                                                                    Erscheinungszeitraum
  • Etwas von gelehrten Rostockschen Sachen                 1737–1748
  • Rostocksche Nachrichten und Anzeigen                      1752–1850
  • Auszug der Neuesten Zeitungen                                 1762–1845
  • Gemeinnützige Aufsätze                                            1765–1799
  • Rostocker Zeitung                                                    1846–1920
  • Rostocker Anzeiger                                                  1881–1945
  • Warnemünder Badeanzeiger                                       1894–1938
  • Warnemünder Zeitung                                              1907–1940 (lückenhaft)
  • Mecklenburgische Volkszeitung                                 1910–1933, 1990
  • Mecklenburger Warte                                               1907–1933
  • Volkswacht, Welttribüne, Arbeiterzeitung                    1921–1925 (lückenhaft)
  • Rostocker Nachrichten                                             1930–1932
  • Niederdeutscher Beobachter                                      1933–1945
  • Völkischer Beobachter                                              1935–1942
  • Volkszeitung, Landeszeitung, Ostsee-Zeitung               ab 1945
  • Demokrat                                                                1947–1991
  • Norddeutsche Zeitung                                               1947–1991
  • Norddeutsche Neueste Nachrichten                            ab 1953
  • Kulturspiegel                                                            ab 1953 (lückenhaft)
  • Plattform                                                                 1989–1990
  • Bürgerrat                                                                 1989–1990
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Öffentliche Einrichtungen

Rostock war nie die politische Hauptstadt des Landes. Trotzdem wurde es häufig wegen seiner politischen und wirtschaftlichen Bedeutsamkeit als diese bezeichnet. Noch heute zeigt sich das zum Beispiel an den Institutionen und Einrichtungen sowie Körperschaften des öffentlichen Rechts, die ihren Sitz in Rostock haben. Dazu zählen: Landgericht Rostock, Oberlandesgericht Rostock, Arbeitsgericht Rostock, Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Sozialgericht Rostock, Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (Rostock hat einen der beiden Sitze dieses Amtes; der weitere gleichberechtigte Sitz befindet sich in Hamburg), Max-Planck-Institut für demografische Forschung, Leibniz-Institut für Ostseeforschung, Marineamt, Stützpunkt Hohe Düne mit Schnellbootflottille, Korvettengeschwader und Sportfördergruppe der Deutschen Marine, Bundespolizeiamt Rostock, Ärztekammer Mecklenburg-Vorpommern, Handwerkskammer Ostmecklenburg-Vorpommern, IHK Rostock, Oberfinanzdirektion des Bundes, eine Filiale der Bundesbank, Bundesforschungsamt für Fischerei, Bundesvermögensamt Rostock, Wasserschutzpolizeidirektion Mecklenburg-Vorpommern, Landesamt für Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern, Landesamt für Straßenbau und Verkehr Mecklenburg-Vorpommern, Landesgesundheitsamt Mecklenburg-Vorpommern, Landesinstitut für Schule und Ausbildung Mecklenburg-Vorpommern, Landesprüfungsamt für Bautechnik Mecklenburg-Vorpommern, Landesversorgungsamt Mecklenburg-Vorpommern, Lehrerprüfungsamt Mecklenburg-Vorpommern, Staatliches Amt für Umwelt und Natur Rostock, Staatliches Schulamt Rostock, Amt für Raumordnung und Landesplanung Mittleres Mecklenburg und schließlich der Deutsche Wetterdienst.

Bildung und Forschung

Universität Rostock

Die mit Abstand größte und wichtigste Bildungseinrichtung der Stadt ist die Universität Rostock: Gegründet 1419 gehört sie nach der Universität von St Andrews in Schottland (1413) zu den ältesten Universitäten Nordeuropas, und nach Prag (1348), Heidelberg (1386), Köln (1388), Erfurt (1392) und Leipzig (1409) zu den ältesten deutschen Universitäten.[19] Die seit ihrer Gründung ununterbrochene Lehrtätigkeit macht die Rostocker Universität sogar zur drittältesten deutschen Hochschule. Die Gründungsfakultäten sind die juristische, die philosophische und die medizinische Fakultät, Theologie gehörte noch nicht dazu. Diese wurde erst im Jahre 1432 gestiftet und vervollständigte so die Universität. Nach kurzer Zeit erhielt sie den Beinamen „Leuchte des Nordens“. Die einzelnen Fakultäten und Institutionen sind in den letzten Jahren auf vier Standorte konzentriert worden. Nachdem 1950 auf Betreiben der SED-Regierung die Juristische Fakultät geschlossen worden war, konnte sie im Herbst 1989 neu eröffnet werden. Mittlerweile besteht die Hochschule aus neun Fakultäten: Agrar- und Umweltwissenschaftliche Fakultät, Informations- und Elektrotechnische Fakultät, Juristische Fakultät, Medizinische Fakultät, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät, Maschinenbau- Schiffstechnische Fakultät, Philosophische Fakultät, Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät sowie die Theologische Fakultät. Die Universität Rostock ist mit ca. 14.700 Studenten (WS 2009/10) die größte Hochschule Mecklenburg-Vorpommerns.

Hochschule für Musik und Theater

Diese erst 1994 gegründete Hochschule ist eine der jüngsten ihrer Art in ganz Deutschland. Sie fühlt sich stark mit entsprechenden Einrichtungen in Vilnius, Riga und Tallinn verbunden und kooperiert auch mit den Hochschulen in Krakau, Danzig und Posen. Es gibt einige Zusammenarbeit mit der staatlichen Universität Rostock, beispielsweise in Form von gemeinsamen Kursen für Studenten der Uni Rostock und der HMT. Gemeinsam mit der Otto-Falckenberg Schule München und der Ernst-Busch Schule Berlin gehört sie zu den drei besten staatlichen Schauspielschulen Deutschlands und genießt einen erstklassigen Ruf. Im Jahre 2001 erhielt sie einen beachtenswerten Neubau auf den Ruinen des vormaligen Katharinenstifts.

Hochschule Wismar

Der Fachbereich Seefahrt der Hochschule Wismar mit seinem modernen Maritimen Simulationszentrum ist in Warnemünde ansässig.

Sonstige Bildungs- und Forschungseinrichtungen

Weitere Bildungseinrichtungen Rostocks sind das Max-Planck-Institut für demografische Forschung, als Institute der Fraunhofer-Gesellschaft: das Institut für Graphische Datenverarbeitung, sowie das Institut für Produktionstechnik und Automatisierung Stuttgart, Außenstelle Rostock. Außerdem zu nennen ist der Forschungsverbund Mecklenburg-Vorpommern e. V. (Staatlich anerkannte Einrichtung der Weiterbildung in Rostock-Warnemünde) und das Leibniz-Institut für Katalyse, das am 1. Januar 2006 aus dem Zusammenschluss des Instituts für Organische Katalyseforschung und des Instituts für Angewandte Chemie Berlin-Adlershof hervorgegangen ist.

In Rostock gibt es ein umfassendes Angebot an allgemeinbildenden und beruflichen Schulen. Hierzu zählen insgesamt 23 Grundschulen, 6 regionale Schulen, 8 Gesamtschulen, 11 Gymnasien, 10 Förderschulen, 6 Berufsschulen und 7 sonstige Schulen und Nebenstellen, wozu z. B. eine Kunstschule, eine Sternwarte und eine Zooschule zählen. Rostock hat vier umfangreich ausgestattete Bibliotheken mit hohen Nutzer- und Ausleihzahlen.

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Musikausbildung

Artikel: HMT Rostock

Für die musikalische Ausbildung von Kindern und Jugendlichen gibt es das Konservatorium und die Freie Musikschule Carl Orff. Hier findet Unterricht von der musikalischen Früherziehung bis zum Einzel- und Ensembleunterricht der verschiedensten Instrumente, Gesang und Tanz statt. Daneben existieren weitere, private Musikschulen. An der Hochschule für Musik und Theater studieren ca. 500 Studenten. In der Hochschule ist der Kammerchor Ars’ Nova zu Hause.

Klassische Musik

Das wichtigste Orchester der Stadt ist die Norddeutsche Philharmonie am Volkstheater Rostock. Neben der Mitwirkung an den musikalischen Oper-, Operetten-, Musical- und Ballettaufführungen werden auch die regelmäßig stattfindenden Philharmonischen Konzerte gut besucht. Am Volkstheater ist auch die Rostocker Singakademie, eine aus Berufssängern und Laien bestehende Chorvereinigung tätig.

Tragende Säulen der Aufführungen von klassischer Musik in Rostock sind die Kantoreien der St.-Johannis-Kirche, der Marienkirche und der Kirche Warnemünde. Die verschiedenen Chöre dieser Kantoreien bestreiten neben der musikalischen Begleitung der Gottesdienste eine rege Konzerttätigkeit mit Aufführungen von Kantaten, Motetten und Oratorien teilweise in Begleitung international namhafter Solisten und Orchester.

Die Hochschule für Musik und Theater mit ihren Studenten bereichert die klassische Konzertszene in Rostock. Seit 1991 finden im ganzen Land jährlich im Sommer die Festspiele Mecklenburg-Vorpommern als ein Festival klassischer Musik statt. Zu den Spielorten in Rostock gehört auch die alte Schiffbauhalle der Neptun-Werft.

Jazz

Mit der Pasternack Big Band ist in Rostock eine der wenigen noch existierenden Bigbands in Norddeutschland beheimatet. Es gibt weiterhin kleinere aktive und ambitionierte Jazz-Ensembles und Bands, wie Swing for Fun, The Marching Saints, die Breitling-Stompers, Ipanema und Fritzings Dixie Crew, die unterschiedliche Genres und Stilistiken bedienen und sich harmonisch in die Jazz-Szene Norddeutschlands einfügen. Die Reihe Jazzdiskurs stellt regelmäßig bekannte und unbekannte Formationen und Solisten aus allen Stilrichtungen des Jazz vor, im Bogarts Jazz Club (ansässig in der Kneipe und Kleinkunstbühne "Ursprung") gibt es Blues und Rock, Dixieland, Bebop oder Modern Jazz mit Infos über Interpreten, Komponisten, Arrangeure und das Musikgeschäft. Der Jazzclub Rostock e. V. wirkt auf eine Entwicklung der Jazzmusik in Rostock und Umgebung hin. Dazu wird Jazz im öffentlichen Bewusstsein gefördert und Jazzinteressierten ein Forum gegeben. Jährlich findet in Rostock ein fünftägiger Jazz-Workshop für traditionellen Jazz, Mainstream, modernen Jazz, zeitgenössischen Jazz und Blues statt.

Literatur

Das Literaturhaus Rostock, das vom gemeinnützigen Trägerverein Literaturförderkreis Kuhtor e. V. geführt wird, bietet Literatur- und Kulturinteressierten ein weitgefächertes Programm an Veranstaltungen im kulturellen Bereich. Neben dem Literaturhaus Leipzig ist es das einzige ostdeutsche Literaturhaus im Netzwerk deutschsprachiger Literaturhäuser (Deutschland, Österreich, Schweiz).

Einen Einblick in die Hinterlassenschaft des Rostocker Schriftstellers Walter Kempowski gibt das Kempowski-Archiv-Rostock. Es ist geplant eine Sammlung von Archivgegenständen dauerhaft auszustellen und somit der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Dem Autoren, Dramatiker, Maler und Filmemacher Peter Weiss und seinem Wirken in der Hansestadt trägt das Peter-Weiss-Haus Rechnung. Nahezu alle Weiss-Stücke erlebten Ihre ostdeutsche Erstaufführung am Volkstheater Rostock unter Hanns Anselm Perten. Weiss formulierte selbst, das Rostocker Theater wäre für ihn das, was für Brecht das Berliner Ensemble gewesen sei. Mit Sitz im unter Denkmalschutz stehenden ehemaligen Haus der Deutsch-Sowjetischen Freundschaft beherbergt das Haus u. a. das Literaturhaus Rostock und eine Forschungs-Mediathek über Werk und Wirkung des Universalkünstlers in den Genres Film, Ton und Literatur. Das Haus richtet jährlich die Peter-Weiss-Woche aus und arbeitet unter anderem mit der Internationalen Peter Weiss-Gesellschaft zusammen.

Am 26. Februar 2010 wurde in Rostock auf Initiative zahlreicher Wissenschaftler der Johnson-Forschung mit Unterstützung der Universität und der Stadt Rostock die Uwe-Johnson-Gesellschaft gegründet.

Theater

Die Theaterkultur der Stadt reicht weit in die Vergangenheit. Der nachweislich älteste gedruckte Theaterzettel Deutschlands von 1520 stammt aus Rostock. Bei diesem handelt es sich um eine Ankündigung für das Fest zu Ehren der Medelidinge Marie, welches in Rostock immer an dem Sonntag nach dem 15. Juli (im Jahre 1520 war es demnach der 22. Juli) gefeiert wurde.

Dabei waren es bis in das 19. Jahrhundert hinein vornehmlich wandernde Schauspielergruppen, die sich der Rostocker Bürger annahmen. Die Spielorte wechselten vom mittelalterlichen Marktplatz über das Ballhaus im 17. zum Comödienhaus im 18. Jahrhundert, ehe 1786 das alte Stadttheater entstand, welches durch einen Brand 1880 zerstört wurde. Es konnte jedoch schon 1895 ein größeres, schöneres Theater südöstlich des Steintors eingeweiht werden. H. Seeling hatte es als monumentalen neobarocken Putzbau mit mehreren Rängen im Zuschauerraum errichtet. Noch 1938 wurde es umgestaltet. Dann war diesem Gebäude kein langes Leben mehr beschieden, es wurde im April 1942 bei den britischen Luftangriffen auf Rostock zerstört. An seiner Stelle wurde der Neubaukomplex "Ostsee-Druck" errichtet. Schon lange wird über einen Theater-Neubau diskutiert. In den 1970er Jahren sollte einer am Schröderplatz entstehen, über den Wallgraben reichen und die Teufelskuhle dabei als Freilichtbühne einbeziehen. Ein Großes Haus sollte dann 1000, ein Kleines 400 Plätze haben, über deren Auslastbarkeit damals bereits spekuliert wurde. Die Pläne wurden gestrichen, da solch ein Bau nicht finanzierbar war. Also erhielt das vorhandene Provisorium einen einfachen Anbau für ein Theatercafé (bald Ballettsaal) und die Eingangshalle; Zuschauerraum und Foyer konnten dadurch ebenfalls erweitert werden. Bereits 1954 wurde in einem ehemaligen Hotel in der Eselföterstraße das Kleine Haus mit 193 Plätzen geschaffen, 1960 das Intime Theater am Glatten Aal (67 Plätze), 1965 das Theater für Prozesse im ehemaligen Haus der Armee, 1968 in Warnemünde die Kleine Komödie (94 Plätze). Später wurde dann in der Kunsthalle das Studio 74 eingerichtet und in einer Baracke das Theater am Kehrwieder (bald Probehaus der Philharmonie). In der zweiten Etage des Großen Hauses entstand das Ateliertheater. Aber auch Freilufttheater entstanden: Im Garten des Klosters zum Heiligen Kreuz und die Sommerbühne am Meer im Kurhausgarten Warnemünde.[20]

Die Rostocker Theatergeschichte hat von Persönlichkeiten wie Conrad Ekhof, Schönemann, Hagen und Hanns Anselm Perten gelebt, die Rostock zu seinem kulturellen Höhepunkt im 20. Jahrhundert führten und zum „Bayreuth des Nordens“ machten, da besonders die Aufführung von Wagner-Opern gepflegt wurde. Trotz wachsendem finanziellen und politischen Druck ist das Theater noch mit einem kompletten Tanztheater-, Musiktheater- und Schauspielensemble ausgestattet. Spielstätten sind heute das Große Haus (Doberaner Straße 134/135), das Theater im Stadthafen (Warnowufer 65) und die Kleine Komödie Warnemünde (Rostocker Str. 8). Integraler Bestandteil des Volkstheaters ist darüber hinaus die Norddeutsche Philharmonie Rostock. Das A-Orchester ist der größte Klangkörper des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Regelmäßige finden Konzerte nicht nur im Großen Haus, sondern auch im Barocksaal und der Nikolaikirche statt.

Neben dem städtischen Volkstheater bereichert auch die 1991 gegründete freie Compagnie de Comédie in der Bühne 602 (Warnowufer 55) die Rostocker Theaterlandschaft mit Musical, Schauspiel, Komödie, Konzerten und Märchen. In jeder Spielzeit werden durch das kleine Team, das durch die Hansestadt Rostock, das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur MV, das Arbeitsamt Rostock und das Sozialministerium MV gefördert wird, bis zu sieben Neuproduktionen aufgeführt.

Seit fast 90 Jahren gibt es die Niederdeutsche Bühne Rostock, die in der Bühne 602 und im Theater im Stadthafen mit regelmäßig zwei Premieren pro Spielzeit auftritt.

Das jüdische Theater Mechaje ist seit 1997/1998 Bestandteil der Rostocker Theaterlebens.

Museen

Die Museumslandschaft Rostocks ist nicht sehr reich, dafür gibt es aber einige interessante Höhepunkte. So die Kunsthalle Rostock, in der im vorigen Jahr eine Ausstellung mit Werken von Christo und Jeanne-Claude zu sehen war, die Kulturhistorischen Museen im Kloster zum Heiligen Kreuz und dem Kröpeliner Tor mit einer Dauerausstellung zur Rostocker Stadtbefestigung und Societät Rostock maritim e. V. (ehemals Schiffbaumuseum). Ein darüber hinaus wichtiges Museum ist die Dokumentations- und Gedenkstätte der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik. Auch sehr interessant sind das Heimatmuseum Warnemünde, das Schiffbau- und Schifffahrtsmuseum auf dem Traditionsschiff in Rostock-Schmarl, auf dem neben der Schiffbaugeschichte auch maritime Spezialthemen zu besichtigen sind und das depot12, die verkehrsgeschichtliche Ausstellung der RSAG und der Rostocker Nahverkehrsfreunde.

Der Eintritt für einige Rostocker Museen ist frei. Diese nehmen freiwillige Eintrittsspenden entgegen.[21]

Bauwerke

Rostocks Altstadt wird von gotischen Backsteingebäuden aus der Zeit der Hanse geprägt. Dazu zählt die alte Rostocker Stadtbefestigung, von der heute noch Teile erhalten sind, vor allem im Süden mit Wieckhäusern und einem Stück des Walls, der durch Wallenstein zur Zeit des Dreißigjährigen Kriegs errichtet wurde. Weiter östlich in der Mauer zwischen Steintor, dem einstigen Haupttor und dem Kuhtor, dem ältesten Gebäude Rostocks überhaupt, steht der Lagebuschturm als letzter von vier Wehrtürmen. Im Osten der Altstadt befindet sich ein langes Stück Mauer in der Nähe der Petrikirche, im Nordwesten steht darüber hinaus noch ein Teil der Fischerbastion mit einigen historischen Kanonen. Viele Tore, die in die Mauer integriert waren, existieren heute nicht mehr. Die meisten abgerissenen Tore wurden im Zuge der Entfestigung der Stadt im 19. Jahrhundert abgetragen, das im Zweiten Weltkrieg ausgebrannte Petritor wurde als Verkehrshindernis 1960 niedergelegt. Aber wichtige Tore, wie das Steintor, Kröpeliner Tor und Mönchentor sind noch immer zu sehen und wurden vollständig saniert.

Innerhalb der Stadtmauern befinden sich drei von einstmals vier monumentalen Stadtkirchen und eine Klosterkirche, mit deren Bau im 13. Jh. begonnen wurde: Die größte ist die gotische Marienkirche im Stadtzentrum, daneben findet man in der sogenannten Östlichen Altstadt die frühgotische Nikolaikirche sowie die St. Petri-Kirche am Alten Markt, deren Umgebung die Keimzelle Rostocks darstellt. Ferner ist die Klosterkirche des Klosters zum Heiligen Kreuz im westlichen Stadtzentrum erwähnenswert. Außerhalb der Stadtmauern befinden sich die Heiligen-Geist-Kirche in der Kröpeliner-Tor-Vorstadt und die Evangelische Kirche in Warnemünde.

Bedeutende Profanbauten sind das gotische Rostocker Rathaus aus dem 13. und 14. Jh. mit einer nachträglich angefügten, barocken Fassade von 1727, das Hausbaumhaus (spätgotisches Kaufmannshaus), das Standesamt und Stadtarchiv, das Ratschow-Haus (heute Stadtbibliothek), das Krahnstöverhaus in der Großen Wasserstraße und das neugotische Ständehaus. Auch findet man insbesondere in der Kröpeliner Straße zahlreiche im Kern mittelalterliche und in der Fassade barock oder klassizistisch überformte Bürgerhäuser, die heute zumeist als Geschäftshäuser dienen. Ebenso erwähnenswert ist der Leuchtturm in Warnemünde, welcher als das Wahrzeichen dieses Stadtteils gilt. Ein anderes interessantes Gebäude ist das Universitäts-Hauptgebäude am Universitätsplatz, aber auch zahlreiche Speicher, wie der Wittespeicher oder die Speicher auf der Speicherhalbinsel im Stadthafen.

Zu den zahlreichen Bauten aus der Zeit der Industrialisierung zählt der denkmalgeschützte Wasserturm von 1903.

In den 1920er und 1930er Jahren entstanden als bedeutende Einzelbauwerke des Neuen Bauens das Kurhaus Warnemünde und das Lyzeum mit Oberlyzeum, das heutige Innerstädtische Gymnasium. Die Architekten waren Walter Butzek und Gustav Wilhelm Berringer. Das Lyzeum erhielt auf Druck der Nationalsozialisten ein „zeitgemäßes“ Steildach. Mit der Rekonstruktion 2008 wurde die Schule wieder entsprechend ihrer ursprünglich geplanten Form mit einem Flachdach versehen.

Von 1953 bis 1959 wurde mit dem besonderen Wohlwollen Walter Ulbrichts unter Leitung des jungen Chefarchitekten der Stadt Joachim Näther die Lange Straße als Magistrale neu aufgebaut, die eins der Wahrzeichen Rostocks geworden ist.

Zwischen 1966 und 1972 wurden von Ulrich Müther mit verschiedenen Rostocker Architekten stadtbildprägende Hyparschalen – Bauwerke errichtet. Das bekannteste ist der Teepott in Warnemünde, weiterhin das Kosmos in der Südstadt, die Mehrzweckhalle in Lütten Klein und der Neubau der katholischen Kirche am Borenweg. Weitere Experimentalbauten Müthers entstanden für die Ostseemesse auf dem Messegelände Schutow. Hier ist eine ehemalige Messehalle erhalten geblieben.

Ende der 1990er Jahre entstand unter Leitung von Gerkan, Marg und Partner hinter der Gründerzeitfassade des ehemaligen Hotels „Rostocker Hof“ eine der innerstädtischen Einkaufspassagen in Rostock. Das gleiche Architekturbüro zeichnete auch für das städtebauliche Konzept und die Bauten der IGA 2003, unter anderen mit der Messehalle und dem Messeturm, verantwortlich. Ein weiteres international tätiges Architektenteam, das Büro des dänischen Architekten Henning Larsen entwarf die sachlich-moderne Gebäude des Max-Planck-Instituts am Stadthafen, das 2001 fertiggestellt wurde, und der Universitätsbibliothek in der Südstadt (2004). 2005 entstand im Stadtzentrum der postmoderne Bau der Deutschen Med vom deutsch-amerikanischen Architekten Helmut Jahn.

Verlorene Bauwerke

1566 war es ein politischer Streit mit Herzog Johann Albrecht I., der zu einem Abriss des Steintors und der Stadtmauer bis zum Kuhtor führte. Aus den Steinen ließ er sich eine Befestigung vor der Stadt bauen. 1575-77 allerdings wurden nach der Einigung das Tor, jetzt im niederländischen Renaissancestil, sowie die Mauer aus den Steinen der geschleiften Festung wieder aufgebaut. 1677 war es ein großer Brand, der ein Drittel der Stadt vernichtete. Aber auch Stürme trugen zu einer Vernichtung von wichtigem Baugut bei, wie 1718, als vor allem die historische gotische Ratslaube am Rathaus zusammenbrach. Zu sehen ist sie noch auf der Vicke-Schorler-Rolle. Ersetzt wurde sie dann später durch einen einfachen barocken Vorbau des 18. Jahrhunderts, der die alte gotische Schauwand aus dem 13. Jahrhundert fast vollständig bedeckt.

In der öffentlichen Wahrnehmung fast vergessen ist der Zwinger, der als Wehrturm vor dem Steintor stand. Dieser wurde 1849 von preußischen Pionieren wegen angeblicher Baufälligkeit gesprengt.

1938 wurde die Synagoge von Rostock zerstört.

Rostock verlor viele wichtige historische Bauten durch die Bombardierungen im Zweiten Weltkrieg. Vernichtet oder schwer beschädigt wurden monumentale Sakralbauten, Teile der Befestigungsanlagen, Tortürme, Platzbebauungen (Neuer Markt, Am Schild, Alter Markt, Hopfenmarkt) und ganze Straßenzüge mit stadtbildprägenden, denkmalgeschützten, mittelalterlichen und barocken Giebelhäusern, das neogotische Hauptpostamt, Medizinische Institutsgebäude im Stil der Neorenaissance, das neobarocke Stadttheater und eine Reihe von Schulgebäuden, darunter die klassizistische Friedrich-Franz-Schule von 1844.[22] 40 Prozent des Wohnraumes in Rostock ging durch die Bombenangriffe verloren.

Auch nach dem Krieg wurde keine Rücksicht auf die historische Bausubstanz genommen. Die Jakobikirche, 1942 schwer getroffen, wurde 1960 endgültig abgerissen. Heute erinnert eine Grünanlage an den Ort, an dem sie gestanden hat. In den Boden gelassene Markierungen zeigen unter anderem die Stelle der alten Portale. Ebenfalls wurde das im Krieg lediglich teilweise zerstörte Rostocker Stadttheater am Steintor abgerissen. An dessen Stelle kam ein funktionales Gebäude, Sitz von Ostseedruck und Ostsee-Zeitung. Des Weiteren wurden nach dem Krieg die neogotischen Anbauten am Kröpeliner Tor, die um 1840 errichtet worden waren, obgleich unbeschädigt, abgerissen.

Das Petritor und die Petrikirche wurden ebenfalls im Zweiten Weltkrieg von Bomben getroffen (am 27. April 1942). Während die Kirche erhalten blieb und ihr nach der Wiedervereinigung 1994 ein neuer Turmhelm aufgesetzt wurde, wurden das Petritor und Teile der Stadtmauer am 27. Mai 1960 vollständig abgerissen. Ein Verein bemüht sich heute darum, die Mittel für den Wiederaufbau des Tores zu beschaffen. Ebenfalls im Krieg zerstört wurde die Nikolaikirche, die aber ab 1974 und verstärkt nach der Wende rekonstruiert wurde.

Einige größere Wunden hinterließen auch die Versuche, Rostock zu einer sozialistischen Großstadt auszubauen. Zum einen wurde in den 1950er Jahren die Lange Straße verbreitert und die noch erhaltene Bausubstanz durch Neubauten ersetzt. Der Verlängerung der Langen Straße fiel der Stadtmauerabschnitt zwischen Kröpeliner Tor und Fischerbastion zum Opfer.

Ende der 1960er Jahre entstand der Plan, die Südstadt über eine Tangente mit der Innenstadt und darüber hinaus über eine Brücke über die Warnow mit Gehlsdorf zu verbinden. Dieses Konzept wurde nur teilweise realisiert, z. B. mit dem Südring bis Höhe Schröderplatz und den Hochhäusern am Vögenteichplatz. Den vorbereitenden Maßnahmen fiel 1971 auch die neugotische, katholische Christuskirche auf dem Schröderplatz zum Opfer.

Die Rostocker Sieben

Die Zahl Sieben spielte im Rostocker Stadtbild eine große Rolle. Es gibt sieben Wahrzeichen der Stadt, die Rostocker Kennewohrn:

  • niederdeutsch
  • Söben Toern to Sint Marien Kark,
  • Söben Straten bi den groten Mark,
  • Söben Doern, so da gaen to Lande,
  • Söben Kopmannsbrüggen bi dem Strande,
  • Söben Toern, so up dat Rathus stan,
  • Söben Klocken, so dakliken slan,
  • Söben Linnenböm up den Rosengoern:
  • Dat syn de Rostocker Kennewohrn.
  • hochdeutsch
  • Sieben Türme der St. Marien Kirche,
  • Sieben Straßen bei dem großen Markt,
  • Sieben Tore, die in das Land führen,
  • Sieben Kaufmannsbrücken bei dem Strand,
  • Sieben Türme, die auf dem Rathaus stehen,
  • Sieben Glocken [der 7 Kirchen], die zugleich schlagen,
  • Sieben Lindenbäume im Rosengarten:
  • Das sind die Rostocker Wahrzeichen.

1596 ist dieses Gedicht das erste Mal in der Chronik des Peter Lindeberg erschienen und wurde seit dem in verschiedenen Fassungen, selbst von John Brinckman, überliefert. Obwohl heute mit Ausnahme der sieben Türme auf dem Rathaus keines der Kennewohrn mehr vollständig erhalten ist, muss davon ausgegangen werden, dass das Gedicht mit einem großen Maß dichterischer Freiheit entstanden ist. So waren es zum Beispiel zwölf Kaufmannsbrücken am Strande und acht Straßen, die vom Markt führten.

Der Rosengarten des Gedichts ist ein anderer als der heutige Rosengarten, der zwischen Steintor und Wallanlagen entlang der Wallstraße zu finden ist. Dieser Rosengarten wurde erst 1868 eingerichtet.

Veranstaltungen

Viele regelmäßige Veranstaltungen finden in Rostock statt. Neben dem größten Weihnachtsmarkt in Norddeutschland wird auch jedes Jahr die Hanse-Sail als Höhepunkt der Veranstaltungen ausgerichtet. Diese steht auch in der Tradition der Internationalen Ostseewoche, deren Hauptveranstalter Rostock von 1958 bis 1975 war.

Im Januar findet der Kabarettistenwettbewerb der Rostocker Koggenzieher statt, dann ab Ende März bis in den Juni der Bücherfrühling an der Warnow, der viele Lesungen und Ausstellungen bietet, seit April 2004 außerdem die halbjährlich stattfindende Literaturshow Prosanova im MAU Club, im April und Oktober ist Rostocker Kulturwoche, dann im Mai/Juni zu Pfingsten der traditionelle Rostocker Pfingstmarkt. Auch im Mai: Das Stadtteilfest der Kröpeliner-Tor-Vorstadt Blaumachen und das Kurzfilmfestival FiSh. Im Juni ist Ostseejazz-Festival, im Juli dann der Rostocker Sommer mit Musik, Folklore, Literatur und am Strand die Veranstaltungsreihe Sommer der Kulturen, darüber hinaus auch Warnemünder Woche und der Rostocker Christopher Street Day (die größte Schwulen- und Lesbenparade des Landes). Die Hanse Sail ist im August in Rostock, im September finden schließlich das Boulevardfest und das Rostocker Hafenfest statt, bevor das Veranstaltungsjahr mit dem Rostocker Weihnachtsmarkt im November/Dezember und den großen Silvesterfeuerwerken im Stadthafen und Warnemünde endet.

Im Jahr 2018 wird Rostock voraussichtlich den Hansetag der Neuen Hanse ausrichten. Ein Thema dafür steht noch nicht fest.

Sonstige Sehenswürdigkeiten

Weitere Sehenswürdigkeiten, für die ein Besuch der Stadt lohnt, sind der Botanische Garten der Universität, das Messegelände und der Messepark der ehemaligen IGA, die Rostocker Heide mit dem Gespensterwald, aber nicht zuletzt auch der Rostocker Zoo.

Im Stadtteil Warnemünde bietet sich neben dem Strand an Interessantem vor allem die lange Westmole, der Teepott, der Leuchtturm und die Straße Am Strom. Im Heimatmuseum in der Alexandrinenstraße ist die Geschichte der Fischerei und Seefahrt dargestellt.

Sport

Der Fußball-Club Hansa Rostock gehört – bildlich gesprochen – zu den sportlichen Leuchttürmen der Stadt und des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Immer wieder schaffte der F.C. Hansa Rostock in der Vergangenheit den Wiederaufstieg aus der zweiten in die erste Bundesliga, zuletzt in der Saison 2006/07, konnte 2008 die Erstklassigkeit allerdings nicht in die nächste Saison tragen. In der Saison 2009/10 stieg Hansa aus der 2. Liga in die 3. Liga ab.

Der Handball-Club HC Empor Rostock wurde zehn Mal DDR-Meister und 1982 Europameister für Vereinsmannschaften. Der Club zählt zu den traditionsreichsten Handballvereinen in Deutschland. Die Männer-Mannschaft um Trainer Lars Rabenhorst spielt in der 2. Bundesliga Nord. Bei den Damen spielt das Team der Rostock Dolphins in der Saison 2008/2009 nach einjähriger Abstinenz ebenfalls wieder in der 2. Bundesliga Nord. Der SV Pädagogik Rostock spielt in der Oberliga Mecklenburg-Vorpommern.

Die Hockeyherren der HSG Uni Rostock sind in der Saison 2008/2009 Landesmeister Mecklenburg-Vorpommerns geworden und kämpften am 14. März 2009 und 15. März 2009 um den Aufstieg in die Regionalliga Ost.

Die Ringer der Kampfgemeinschaft PSV Rostock/SV Warnemünde ringen bereits mehrere Jahre in der Nordstaffel, die Inline-Hockey-Männer der Rostocker Nasenbären haben den Aufstieg 2007 geschafft, genauso wie die Judo-Frauen des PSV Rostock. Des Weiteren ist mit dem TSC Rostock 1957 der beste Tauchsportclub Deutschlands in der Hansestadt zu Hause.

Neben den Empor-Handballern sind drei weitere Zweitliga-Teams in Rostock aktiv: die Volleyball-Männer des SV Warnemünde, die Wasserball-Männer der HSG Warnemünde und die Unterwasserrugbyspieler UWR 071 Rostock.

Ein Zuschauermagnet sind auch die Begegnungen der „Piranhas“ des Rostocker Eishockey-Clubs. Die Mannschaft ist nach der Saison 2006/2007 in die Oberliga aufgestiegen. Auf immer größeres Interesse stoßen die Partien der Männer vom EBC Rostock im Basketball, die in der Saison 2009/2010 erstmals die Spielklasse der 1.Regionalliga Nord halten konnten. Neben den Rostock Griffins im Football oder der Dierkower Elche im Rugby eine weitere interessante Sportart in der Hansestadt. Mit der Mannschaft „Endzonis“ hat eine neue Sportart, das Ultimate Frisbee erfolgreich in Rostock Einzug gehalten. Der 1. LAV Rostock ist der bedeutendste Leichtathletikverein der Stadt und einer der wichtigsten in Norddeutschland. Zahlreiche erfolgreiche Sportler waren oder sind beim 1. LAV aktiv, zum Beispiel die Marathon-Europameisterin 2006 Ulrike Maisch.

Rostock ist auch ein Zentrum für Schwimmer und Wasserspringer. Bei den Schwimmern konnten vor allem im Langstreckenbereich bereits zahlreiche Erfolge erschwommen werden, wie zuletzt von Britta Kamrau-Corestein, die 2007 in Melbourne erneut einen Weltmeistertitel auf der 25-km-Distanz gewann.

Neben den klassischen Sportarten bietet sich Rostock wegen seiner exponierten Lage auch sehr für Segeln oder Rudern an und gilt als das beste Segelrevier der deutschen Ostseeküste.

Ehrungen

Die Hansestadt vergibt an Persönlichkeiten, die sich um die Stadt verdient gemacht haben, seit 1990 folgende Ehrungen[23]:

  • die Verleihung des Ehrenbürgerrechtes (Liste der Ehrenbürger von Rostock)
  • die Eintragung in das Ehrenbuch der Hansestadt Rostock,
  • den Kulturpreis der Hansestadt Rostock,
  • den Unternehmerpreis der Hansestadt Rostock,
  • den Umweltpreis der Hansestadt Rostock „Joe Duty“[24] und
  • den Sozialpreis der Hansestadt Rostock.

Literatur

  • Hans Bernitt: Zur Geschichte der Stadt Rostock. Rostock 1956.
  • Friedrich Barnewitz: Geschichte des Hafenorts Warnemünde. Godewind Verlag, 2005, ISBN 978-3-938347-08-9. (Bearbeitete Neuauflage der Originalausgabe von 1925)
  • Beiträge zur Geschichte der Stadt Rostock.
    • Hrsg. v. Verein für Rostocks Altertümer. Band 1–22. Rostock 1895–1941.
    • Neue Folge. Hrsg. v. Stadtarchiv Rostock und dem Kulturhistorischen Museum der Stadt Rostock. Heft 1–9. Rostock 1981–1989.
    • Hrsg. v. Verein für Rostocker Geschichte e. V.
  • Timon Hoppe: Rostock. Urbane Kulturlandschaft. BoD, 2008, ISBN 978-3-8370-1994-0.
  • Karl Friedrich Olechnowitz: Rostock von der Stadtrechtsbestätigung im Jahre 1218 bis zur bürgerlich-demokratischen Revolution von 1848/1849. Rostock 1968.
  • Saxo Grammaticus: Gesta Danorum. Mythen und Legenden des berühmten mittelalterlichen Geschichtsschreibers Saxo Grammaticus. Übersetzt, nacherzählt und kommentiert von Hans-Jürgen Hube. Marix, Wiesbaden 2004, ISBN 3-937715-41-X.
  • Saxo Grammaticus: Gesta Danorum. Lateinischer Volltext auf der Website der dänischen Königlichen Bibliothek
  • Karsten Schröder: In deinen Mauern herrsche Eintracht und allgemeines Wohlergehen. Rostock 2002, ISBN 3-929544-68-7.
  • Horst Witt: Rostock. Leipzig 1973.
  • Horst Witt (Hrsg.): Die wahrhaftige ›Abcontrafactur‹ der See- und Hansestadt Rostock des Krämers Vicke Schorler. Rostock 1989, ISBN 3-356-00175-2.

Einzelnachweise

  1. ↑ Mecklenburg-Vorpommern Statistisches Amt - Bevölkerungsentwicklung der Kreise und Gemeinden 2009 (PDF; 522 KB) (Hilfe dazu)
  2. ↑ DWD: Mittelwerte der Periode 1961 bis 1990
  3. ↑ Paul Kühnel: Die slavischen Ortsnamen in Meklenburg. In: Jahrbücher des Vereins für Mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde. Band 46, 1881, S. 122
  4. ↑ Ernst Eichler und Werner Mühlmer: Die Namen der Städte in Mecklenburg-Vorpommern. Ingo Koch Verlag, Rostock 2002, ISBN 3-935319-23-1
  5. ↑ Vgl. u. a.: Paul Meyer: Die Rostocker Stadtverfassung bis zur Ausbildung der bürgerlichen Selbstverwaltung (um 1325). Dissertation. Schwerin i. M. 1929, S. 5 ff.
  6. ↑ Vgl. Ingo Ulpts: Die Bettelorden in Mecklenburg (Saxonia Franciscana 6) Werl 1995, S. 34–43, 80–86.
  7. ↑ a b Olaf Groehler: Bombenkrieg gegen Deutschland. Akademie-Verlag, Berlin 1990. ISBN 3-05-000612-9. S. 48–59
  8. ↑ Vgl. Karsten Schröder und Ingo Koch (Hg.): Rostocker Chronik: Ein Streifzug durch das 20. Jahrhundert in Bildern und zeitgenössischen Pressestimmen. Rostock 1999, S. 178.
  9. ↑ H.-W. Bohl:Bomben auf Rostock. Konrad-Reich-Verlag. ISBN 3-86167-071-2
  10. ↑ Olaf Groehler: Bombenkrieg gegen Deutschland. Akademie-Verlag, Berlin 1990. ISBN 3-05-000612-9. S. 59 und 449
  11. ↑ Anne Kaminsky (Hg.): Orte des Erinnerns. Gedenkzeichen, Gedenkstätten und Museen zur Diktatur in SBZ und DDR. Bonn 2007, S. 263–266
  12. ↑ Fotogalerien: Rostocker-Zeitung.de, FAZ.net
  13. ↑ Vgl.: Karte der ursprünglich für 2009 geplanten Kreisgebietsreform
  14. ↑ Urteil des Landesverfassungsgerichtes vom 26. Juli 2007
  15. ↑ Zentralrat der Juden in Deutschland
  16. ↑ Rostocker Stadtbahn Meldung MVregio
  17. ↑ „Am Hauptsitz von AIDA Cruises in Rostock sind die Abteilungen Operations, Newbuildings, Marketing, Sales sowie Administration, Finance und Human Resources angesiedelt.“ Quelle: [1]. AIDA Cruises (bis 2004 Seetours) ist ein Unternehmen der Carnival Corporation&PLC und firmiert als Tochter der italienischen Reederei Costa Crociere S.p.A (Quellen: [2], [3], [4])
  18. ↑ Webseite der Stadt zu den Zeitungen in Rostock
  19. ↑ Walter Leisering (Hrsg.): Putzger Historischer Weltatlas. 101. Auflage, Berlin 1990, S. 54.
  20. ↑ Dr. Robert Rosentreter: Zur Geschichte der Rostocker Theaterbau-Visionen: Verhinderter Palast am Wall. In: Hanse ANZEIGER. 31. Januar 2007, S. 2.
  21. ↑ Städtische Museen und museale Einrichtungen: Webseite der Hansestadt Rostock
  22. ↑ Arno Krause: Rostock (Stadtkreis Rostock). In: Götz Eckardt (Hrsg.): Schicksale deutscher Baudenkmale im zweiten Weltkrieg. Henschel-Verlag, Berlin 1978. Band 1, S. 57–75
  23. ↑ Die Listen der geehrten Persönlichkeiten befinden sich auf der Webseite der Hansestadt Rostock
  24. ↑ Flyer Umweltpreis »Joe Duty« der Hansestadt Rostock
  25.  

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Geschichte Rostocks

Die Geschichte Rostocks ist stark von der geografischen Lage der Stadt an der Unterwarnow nahe der Mündung in die Ostsee geprägt. Um 1165 als Rozstoc erstmals erwähnt, war bereits früher dort ein slawischer Handelsplatz in ein überregionales Seehandelsnetz eingebunden. Ab dem späten 12. Jahrhundert entwickelte sich eine deutsche Siedlung, der 1218 das lübische Stadtrecht bestätigt wurde und die rasch wuchs, so dass bald drei selbstständige Teilstädte existierten, die sich in den Jahren 1262 bis 1265 vereinigten. Rostock wurde zum Zentrum der Herrschaft Rostock und war seit Mitte des 13. Jahrhunderts Mitglied der Hanse. Während der Blüte der Hansestadt, die ihren Höhepunkt im 15. Jahrhundert erreichte, wurden repräsentative Profan- und Kirchenbauten im Stil der Backsteingotik errichtet und 1419 die Universität gegründet. Als mecklenburgische Landesstadt, der nie der Schritt zur Freien Stadt gelang, ist die Geschichte Rostocks von einem ständigen Gegen- und Miteinander mit den mecklenburgischen Herzögen geprägt. Dabei standen vor allem die wirtschaftlichen Interessen der Stadt den politischen und militärischen der Landesherren gegenüber. 1531 führte der Rat der Stadt offiziell die Reformation ein.

Mit dem Niedergang der Hanse, dem Dreißigjährigen Krieg und einem Stadtbrand im Jahre 1677 sank Rostock in die Rolle einer Provinzstadt zurück, blieb jedoch das geistige und wirtschaftliche Zentrum Mecklenburgs. Die Industrialisierung setzte in Rostock relativ spät ein. In der Zeit des Nationalsozialismus wurden Rostock und Warnemünde ab Mitte der 1930er Jahre mit den Heinkel- und Arado Flugzeugwerken zu Zentren der Rüstungsindustrie und in dieser Folge auch erste Ziele des Luftkriegs im Zweiten Weltkrieg, der die Stadt schwer in Mitleidenschaft zog. In der DDR war Rostock Bezirksstadt und wurde systematisch ausgebaut. Seit der Deutschen Wiedervereinigung ist Rostock mit über 200.000 Einwohnern größte Stadt des Bundeslandes Mecklenburg-Vorpommern und als eines der vier Oberzentren des Landes mehr als doppelt so groß wie die Landeshauptstadt Schwerin.

Mittelalter

Vorgeschichte

Die Vorgeschichte Mecklenburgs ist bis zur Mitte des ersten Jahrtausends unserer Zeit durch germanische Besiedlung geprägt. Im Zuge der Völkerwanderung wanderten etwa ab dem 6. und 7. Jahrhundert slawische Stämme in den südlichen Ostseeraum, das Gebiet um die Unterwarnow bevölkerten die Kessiner. Rechts der Warnow, zwischen dem heutigen Dierkow und Gehlsdorf, sind ab dem 8. Jahrhundert Handwerker- und Handelsplätze archäologisch belegt. Neben zahlreichen Funden handwerklicher Erzeugnisse hat man Reste von Block- und Flechtwerkhäusern gefunden, die bis zu acht Metern lang und ähnlich breit waren.[1] Aus Skandinavien sowie dem fränkischen Raum und der Eifel stammende Gegenstände beweisen, dass die Dierkower Siedlung ein (See-)Handelsort von überregionaler Bedeutung gewesen sein muss.[2]

Slawische Fürstenburg und Heinrich der Löwe

Spätestens im 12. Jahrhundert existierte in den Niederungen des rechten Warnowufers eine slawische Fürstenburg der zum Stamm der Liutizen gehörenden Kessiner mit einer frühstädtischen Marksiedlung. Noch in Quellen des 13. Jahrhunderts wurde dieser Handwerker- und Handelsplatz als Wendische Wik bezeichnet.

Die wohl früheste überlieferte Erwähnung Rostocks findet sich in der isländischen Knýtlinga-Saga, in der von der Landung Knuts des Großen (994/995–1035) bei Raudstokk berichtet wird, womit allerdings auch die Odermündung gemeint sein könnte. Als erster sicherer Beleg Rostocks gilt die Chronik Gesta Danorum des Dänen Saxo Grammaticus (um 1200).[3] Andere frühe Chroniken sind die Slawenchroniken von Helmold von Bosau (um 1170) und von Arnold von Lübeck (um 1210).

Saxo Grammaticus berichtet, wie 1160 der Abodritenfürst Niklot im Abwehrkampf gegen den Sachsenherzog Heinrich den Löwen südlich von Rostock bei der Burg Werle fiel. Niklots Söhne Pribislaw und Wertislaw wurden zeitweise aus dem Abodritenland vertrieben. Im folgenden Jahr zerstörte der mit den Sachsen verbündete dänische König Waldemar I. die slawische Fürstenburg Rostock (urbs roztoc).

1167 unterwarf sich Pribislaw Heinrich dem Löwen und wurde daraufhin von ihm mit einem großen Teil Westmecklenburgs belehnt, jedoch ohne die Grafschaft Schwerin. So konnte er einen beträchtlichen Teil der Herrschaft seines Vaters zurück erlangen und errichtete um 1170 die Burgen Mecklenburg, Ilow und Rostock neu. Allmählich entwickelte sich Rostock zu einem zweiten Schwerpunkt des Landes Mecklenburg neben der nahegelegenen Burg Kessin. Nach einer gemeinsamen Pilgerfahrt von Heinrich und Pribislaw 1172 nach Jerusalem vermählte Heinrich eine seiner Töchter mit Pribislaws Sohn Borwin I. (1178–1227). Während Pribislaw seine Herrschaft durch ein hohes Maß an Weitsicht sicherte, entwickelte sich später zwischen seinem Sohn Borwin I. und Nikolaus I., dem Sohn Wertislaws, ein Konflikt um die Herrschaftsnachfolge, die bis zum offenen Krieg führte. Ein Siegel aus dieser Zeit zeigt Nikolaus als Fürsten von Rostock (nicolaus de roztoc), als reitenden Krieger mit Schwert.

Deutsche Siedlung und Stadtwerdung

Nachdem 1160/61 die Fürstenburg Rostock zerstört worden war, wurden die Burg und ein Handwerkerwiek wahrscheinlich rechts der Warnow wieder aufgebaut. Noch im 12. Jahrhundert hatten sich aber auch auf dem hochgelegenen linken Warnowufer Handwerker und Kaufleute niedergelassen, darunter Holsteiner, Sachsen, Westfalen, Dänen und Slawen. Diese Siedlung auf dem Hügel um die spätere Petrikirche und den Alten Markt bildete den Ausgangspunkt der Stadtwerdung Rostocks. Die erste urkundliche Erwähnung Rostocks stammt aus dem Jahr 1189, als Nikolaus den Mönchen des 1186 gegründeten Klosters Doberan Zollfreiheit auf dem Rostocker Markt gewährte. Die Erwähnung einer Clemens-Kirche mit deutschem Priester weist dabei auf die Christianisierung der Siedlung hin.[5]

Nach der Bestätigung des lübischen Stadtrechts durch Heinrich Borwin I. vom 24. Juni 1218 folgte eine Erweiterung der Siedlung nach Süden mit der Nikolaikirche als Mittelpunkt. 1232 wird die Marienkirche erstmals urkundlich als Pfarrkirche einer selbstständigen Siedlung erwähnt,[6] die sich westlich, jenseits eines Warnowzuflusses („Grube“), an die ältere Stadt anschloss und über einen eigenen Markt und ein Rathaus verfügte. Nach einer neuerlichen Ausdehnung in Richtung Westen über die „Faule Grube“ als weitere natürliche Begrenzung entstand um 1252 die Neustadt als vierte eigenständige Siedlung, deren Mittelpunkt die Jakobikirche war. In den Jahren 1262 bis 1265 vereinigten sich schließlich die Stadtzellen. Der mittlere Siedlungskern wurde zum Verwaltungszentrum der Stadt, in dem der Stadtrat und das Gericht ihren Sitz hatten und das Rathaus nach Lübecker Vorbild erbaut wurde.

Während die „Wendische Wyk“ ihren Niedergang erlebte und Fürst Nikolaus das Kind seinen Besitz rechts der Warnow 1286 an die Stadt verkaufte, die an der aufgelassenen Burgstelle eine Ziegelei einrichtete,[7] wuchs der städtische Bereich auf der linken Warnowseite bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts so rasant an, dass der beanspruchte Raum bis in das frühe 19. Jahrhundert nicht mehr erweitert werden musste. Auch die beiden Stadtbrände von 1250 und 1265 konnten diesen Aufschwung nicht bremsen. Gestärkt wurde die Stellung Rostocks durch den Erwerb von Rechten, wie das Fischereirecht auf der Unterwarnow, und den Kauf der Rostocker Heide, die als riesiger Stadtforst den enormen Holzbedarf deckte und Platz für die umfängliche Schweinemast Rostocks bot.

Gleichzeitig entwickelte sich die Stadt zum Zentrum der Herrschaft Rostock. Die Straßennamen „Amberg“ an der Petrikirche und „Burgwall“ bei der Marienkirche scheinen darauf hinzuweisen, dass befestigte landesherrliche Höfe in der Stadt angelegt wurden. Die dänische Lehnshoheit über Mecklenburg, die Waldemar II. 1214 Kaiser Friedrich II. abgerungen hatte, endete 1227 nach der Schlacht bei Bornhöved und dem Tod Heinrich Borwins II. 1229 wurde das Land durch die mecklenburgische Hauptlandesteilung unter dessen Söhnen aufgeteilt und Heinrich Borwin III. wurde Territorialherr über die Herrschaft Rostock.

Der rasche Aufstieg Rostocks zur bedeutendsten Stadt Mecklenburgs ging im 13. Jahrhundert mit dem Schwinden der Landes- und Stadtherrschaft der Herren von Rostock einher, während gleichzeitig im Deutschen Reich die Macht des Königs zur Zeit des Interregnums 1254–1273 auf einem Tiefpunkt angelangt war. Der Vogt verlor zunehmend an Einfluss gegenüber dem Stadtrat, der aus einem exklusiven Kreis ratsfähiger Geschlechter der wohlhabenden Kaufmannschaft gebildet wurde. Ab 1289 sind Bürgermeister nachweisbar.

Während die Burgwälle der landesherrlichen Burgen in und um Rostock abgetragen wurden, errichtete Rostock eine sieben Meter hohe und bis zu einem Meter breite steinerne Stadtmauer, die eine Fläche von ungefähr 1 km² umschloss. In drei Metern Höhe konnten, falls erforderlich, hölzerne Wehrgänge angelegt werden. Zur Stadtbefestigung gehörten 22 Stadttore, von denen heute noch das Steintor, das Kröpeliner Tor, das Mönchentor und das Kuhtor existieren. Wie sehr Rostock auf den Seehandel ausgerichtet war, ist daran zu erkennen, dass mehr als die Hälfte der Stadttore auf die Hafenanlagen an der Unterwarnow führte.

Hansestadt

Mit dem Erwerb des Seehafens bei Warnemünde (Hohe Düne) 1264 und der Hundsburg bei Schmarl 1278 erlangte Rostock den angestrebten freien Zugang zur zwölf Kilometer entfernten Ostsee. Bereits 1251 hatte Rostock vom dänischen König Abel die gleichen Handelsprivilegien wie zuvor schon Lübeck erhalten, und noch bevor sich die drei Siedlungen zu einer Stadt vereinigt hatten, schloss Rostock 1259 ein Bündnis mit den Ratsherren der Städte Lübeck und Wismar. Der Rostocker Landfrieden 1283 zwischen Lübeck, Wismar, Rostock, Stralsund, Greifswald, Stettin, Demmin und Anklam gegen einige Fürsten, wie den Markgrafen von Brandenburg, markiert den Beginn des Wendischen Quartiers innerhalb der Hanse.

1323 hatten die Bemühungen, das Städtchen (oppidum) Warnemünde ganz zu erwerben, endlich Erfolg. 1325 erhielt die Stadt das Münzrecht von Heinrich II. und wurde zeitweilig Mitglied des Wendischen Münzvereins. Darüber hinaus erlangte Rostock 1358 die volle Gerichtsbarkeit. Damit stand Rostock an der Schwelle zur freien Stadt, der letzte Schritt dazu sollte jedoch nie gelingen. Die Hansestadt war auf dem Gipfel ihrer Autonomie und ihrer sowohl wirtschaftlichen als auch kulturellen Blüte angelangt, zumal die innerstädtischen Auseinandersetzungen zwischen den Erhebungen von 1314 und 1408 ruhten und die Herzöge von Mecklenburg dieser Zeit Förderer der Stadt waren. Mit etwa 14 000 Einwohnern um 1410 wurde Rostock in Norddeutschland nur von Lübeck, Hamburg und Bremen übertroffen.[8]

Von erheblicher Bedeutung für den hanseatischen Handel Rostocks waren die Rigafahrer und der Heringshandel der Schonenfahrer auf der Schonischen Messe auf der Halbinsel Skanör-Falsterbo in Schonen, wo Rostock eine eigene Vitte unterhielt. Hinsichtlich des Handels mit Norwegen konzentrierten sich die Rostocker Wieckfahrer im Gegensatz zu den Lübecker Bergenfahrern weniger auf das Kontor Bryggen in Bergen, als vielmehr auf die Kontrolle der Niederlassungen (Faktoreien) in Oslo und Tønsberg. Große Bedeutung hatte daneben anfangs die Gotlandfahrt nach Visby, weniger ausgeprägt waren dagegen die Verbindungen zum Hansekontor in Brügge und dem Londoner Stalhof im Westen sowie dem Peterhof in Nowgorod im Osten. Das einzige eigene Produkt, das Rostock in beträchtlichem Umfang ausführte, war Bier.

An allen bedeutsamen Unternehmungen der Hanse, wie dem ersten und zweiten Krieg mit Dänemark, war Rostock maßgeblich beteiligt. Mitunter handelte die Stadt aber auch gegen die Politik der Hanse, etwa als sie nach 1376 aus Gefolgschaftspflicht gegen das mecklenburgische Herzogshaus gemeinsam mit Wismar die Vitalienbrüder im Kaperkrieg gegen Dänemark unterstütze. 1390 öffneten die beiden mecklenburgischen Hansestädte sogar die eigenen Häfen für „alle, die das Reich Dänemark schädigen wollen“.[9] 1393 schreckten die „Rostocker und Wismarer Vitalienbrüder“, offensichtlich unter der Führung mecklenburgischer Adliger, nicht einmal davor zurück, die norwegische Stadt Bergen zu überfallen, scheinen dabei aber das Hansekontor verschont zu haben.[10]

Unter den wendischen Städten, dem Kern der Hanse, nahm Rostock neben Stralsund die Rolle der bedeutendsten Stadt hinter Lübeck ein. Häufig fanden Hansetage an der Warnow statt, und Rostocker Ratsherren übernahmen oft wichtige diplomatische Missionen für die Hanse. Besonders der langjährige Bürgermeister Arnold Kröpelin († um 1394) tat sich hier hervor. Wenngleich Rostock des Öfteren zwischen den Interessen der Hanse und Rücksichtnahme auf den mecklenburgischen Fürsten lavieren musste, nahm die Stadt bis zum letzten Hansetag 1669 eine führende Rolle in dem Städtebündnis ein.

Krisen, Auseinandersetzungen und Unruhen

Seit Ende des 13. Jahrhunderts führte die soziale Ausdifferenzierung der Stadt zu Krisen und Machtkämpfen zwischen den Patrizierfamilien und der übrigen Stadtbevölkerung. Im 15. und 16. Jahrhundert kam es wiederholt zu Unruhen und Aufständen gegen den Stadtrat. Wiederkehrende Forderungen waren die Zusammenfassung der Forderungen und Rechte der Bürgerschaft in „Bürgerbriefen“ und Einfluss der Handwerker auf die Zusammensetzung des Rates. Die erste gedruckte Rostocker Stadtchronik von Peter Lindenberg berichtete Ende des 16. Jahrhunderts von sechs großen „Tumulten“. Die Schwäche der Herren von Rostock weckte zudem das Interesse der benachbarten Fürsten an der blühenden Stadt.

Zu ersten innerstädtischen Auseinandersetzungen, in deren Folge die üblicherweise lebenslang amtierenden Ratsherren abgesetzt und durch neue aus dem gleichen Kreis ratsfähiger Familien ersetzt wurden, kam es 1286/87. Schwerer waren die Aufstände der Bürgerschaft gegen den Rat zwischen 1298 und 1314. Durch Kriegshandlungen des letzten Herrn von Rostock, Nikolaus, genannt „das Kind“, gegen den Markgrafen von Brandenburg und andere Fürsten wurde auch die Stadt in Mitleidenschaft gezogen, in der die aufgebrachte Bürgerschaft einige Ratsherren vertrieb. Nikolaus sah sich nunmehr gezwungen, sein Land unter den Schutz und die Lehensherrschaft des Königs Erich von Dänemark zu stellen. Die Stadt verweigerte sich jedoch dem König, der die Machtprobe durch Sperrung der Ostseezufahrt für sich zu entscheiden versuchte. Die Rostocker erstürmten eine Doppelturmanlage in Warnemünde, verbrannten diese und errichteten – unter anderem mit Steinen des dafür abgerissenen Turms der Petrikirche – selbst einen gewaltigen Turm, der 1312 nach langer Belagerung wiederum fiel. Als der Stadtrat zu kapitulieren bereit war, brach ein von den Handwerkern ausgelöster Aufstand los. Einige Ratsherren wurden getötet, andere verbannt. In dieser Situation gelang Heinrich II., dem „Löwen von Mecklenburg“ 1314 die Einnahme Rostocks. Noch im gleichen Jahr starb Nikolaus das Kind, und die Herrschaft Rostock fiel als dänisches Lehen an Heinrich. Nach dem Tod sowohl König Erichs als auch des Markgrafen Waldemar von Brandenburgs vereinigten er und sein Sohn Albrecht II. das Land Mecklenburg allmählich wieder und förderten Rostock als ihre wichtigste Stadt.

Nach weiteren Aufständen in den Jahren 1408/16 und 1427/39 kam es 1487 bis 1491 zur „Rostocker Domfehde“. Anlass war die Einrichtung eines gemeinhin als „Dom“ bezeichneten Kollegiatstiftes an der Jakobikirche, mit der Herzog Magnus II. die Finanzierung der Universität und seine Machtposition innerhalb der Stadt sichern wollte. Am Tag der Weihe des Stifts, dem 12. Januar 1487, wurde der eben eingesetzte Stiftspropst Thomas Rode auf offener Straße brutal umgebracht, die anwesenden Fürsten mussten aus der Stadt fliehen. Erst 1491 endete der von Handwerkern getragene Aufstand mit der Hinrichtung des Anführers Hans Runge und drei weiterer Aufständischer.

Universität und Wissenschaft

Sichtbares Zeichen der Bedeutung Rostocks war 1419 die Gründung der Universität – der ältesten Universität Nordeuropas. Damit hatte Rostock im gesamten Hanseraum für zwei Jahrhunderte eine führende Rolle in der Wissenschaft erlangt. Sowohl die Landesherren Johann IV. bzw. Heinrich IV., die gemeinsam mit dem Bischof von Schwerin Papst Martin V. um die Genehmigung einer Universitätsgründung ersuchten, als auch der Stadtrat, der die finanzielle Grundlage bereitstellte, verfolgten mit der Gründung das Ziel, ihre jeweilige Machtposition zu festigen, waren aber auf gegenseitige Unterstützung angewiesen. Wie zu dieser Zeit üblich, wurden zunächst nur die Artistenfakultät, Jura und Medizin eingerichtet. 1433 folgte mit der Theologie die angesehenste der klassischen Vier Fakultäten. Nach der Verhängung von Bann und Interdikt über die Stadt verließ die Universität von 1437 bis 1443 Rostock in Richtung Greifswald, wo 1456 offiziell eine eigene Universität gegründet wurde. Spätere Spannungen zwischen Stadt bzw. Landesherren und Universität hatten zwei weitere Auszüge 1487 nach Wismar und Lübeck und 1760 nach Bützow zur Folge.[11]

Bereits 1476 wurde eine erste Buchdruckerei von den Brüdern vom Gemeinsamen Leben im Michaeliskloster gegründet. Zur Blüte kam das Druckwesen unter Ludwig Dietz, der unter anderem 1518 eine niederdeutsche Ausgabe des Narrenschiffs von Sebastian Brant herausbrachte.

An allen vier Pfarrkirchen gab es Schulen, von denen die Lateinschule der Marienkirche die bedeutendste war. Seit 1260 ist eine Apotheke in Rostock nachweisbar. Die Marienkirche verfügte 1379 über die berühmte Astronomische Uhr, deren Werk noch heute funktioniert.

Kirchen und Klöster

Als Kirche der Mittelstadt entwickelte sich St. Marien zur Haupt- und Ratskirche Rostocks, deren Kirchenpatronat jedoch beim Landesherrn lag. Der für Rostock zuständige Bischof hatte seinen Sitz in Schwerin. Neben den vier Pfarrkirchen gab es verschiedene Klöster in Rostock: Um 1240 bzw. 1256 waren die Bettelorden der Franziskaner und der Dominikaner in die Stadt gekommen und hatten das Katharinen- und das Johanniskloster erbaut.[12] 1283 starb die dänische Königin Margarete Sambiria im Zisterzienserkloster zum Heiligen Kreuz, dessen Stiftung man ihr zuschrieb. Darüber hinaus entstanden das Heilig-Geist- und das St.-Georg-Hospital als Stiftungen. Sowohl die Klöster als auch die Hospitäler verfügten als mächtige Grundherrschaft über zahlreiche Dörfer im Umland.

Im 14. und 15. Jahrhundert kamen das sogenannte Michaeliskloster der Brüder vom gemeinsamen Leben, das Kartäuserkloster Marienehe außerhalb der Stadt, das Gertrudenhospital vor dem Kröpeliner Tor sowie einige andere Stiftungen hinzu.

In geringer Zahl sind seit der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts Juden in Rostock nachweisbar. In der Zeit des Schwarzen Todes um 1350 wurden diese nach angeblichen Brunnenvergiftungen aus der Stadt vertrieben.

Frühe Neuzeit

Reformation

Die Reformation ging in Rostock von der Petrikirche in der ärmlichen östlichen Altstadt aus, an der Joachim Slüter seit 1523 als Kaplan wirkte. Von hier setzten sich die Lehren Martin Luthers vergleichsweise langsam durch, da die Altkirche mit dem Rat, der Universität, dem Kollegiatstift von St. Jakobi, dem Dominikanerkloster St. Johanni und dem Herzog von Mecklenburg-Güstrow, Albrecht VII. starke Gegenkräfte mobilisieren konnte. Landesherrliche Unterstützung erhielt Slüter dagegen von Albrechts Bruder Heinrich V., dem Herzog von Mecklenburg-Schwerin. Slüter hielt seine Predigten in niederdeutscher Sprache und zog solche Massen an, dass er unter freiem Himmel predigen musste, weil der Kirchenraum die Zuhörer nicht mehr fasste. Auch ein 1525 bei Ludwig Dietz erschienenes Gesangbuch hatte er in der Volkssprache verfasst. Neben Slüter wirkten der Stadtsyndikus und Universitätsprofessor Johann Oldendorp und während eines kurzen Aufenthalts Ulrich von Hutten entscheidend an der Durchsetzung der Reformation mit.

Überraschend änderte der Rat jedoch im April 1531 seine Haltung und erklärte die reformatorische Lehre in allen vier Hauptpfarrkirchen für verbindlich. Bereits ein Jahr später verstarb Slüter. Sein früher Tod schürte den Verdacht, von Papisten ermordet worden zu sein. Auch nach der Ratsordnung von 1531 blieben die Universität sowie die Klöster zum Heiligen Kreuz, St. Johanni und die Kartause in Marienehe der alten Lehre treu. Erst im Juni 1549 setzte Johann Albrecht I. auf dem Sternberger Landtag den lutherischen Glauben für alle Landstände durch und löste 1552 fast sämtliche mecklenburgischen Klöster auf. In Rostock widersetzte sich das Nonnenkloster zum Heiligen Kreuz noch lange der Reformation, bis es zum Damenstift der stadtbürgerlichen Oberschicht umgewandelt wurde. Die Kartause Marienehe wurde 1552 gewaltsam aufgehoben.

Die 1534 vom Rat aufgelöste Schule der Brüder vom Gemeinsamen Leben im Michaeliskloster war ein Jahr später auf der Basis des lutherischen Glaubens wieder erlaubt worden. 1580 wurde in den Räumen des Johannisklosters die Große Stadtschule eingerichtet, die unter der Leitung von Nathan Chyträus aufblühte.

Auseinandersetzungen um die bürgerliche Repräsentation

Während der Grafenfehde 1534 kam es in verschiedenen Hansestädten, so auch in Rostock, erneut zu Unruhen. Wie 1427/28 wurde von der antirätlichen Opposition ein Bürgerrat eingerichtet, der sich aus 64 Kaufleuten und Handwerkern zusammensetzte und vom Stadtrat anerkannt werden musste. Als der Krieg 1535 mit einer Niederlage gegen Dänemark endete, wurden die alten Verhältnisse ohne nennenswerte Gegenwehr wieder hergestellt, in Zukunft sollte der Rat sich aber in allen strittigen Fällen Bürgerausschüssen gegenüber sehen. Das Verhältnis zwischen der Stadt und den mecklenburgischen Herzögen war seit der Grafenfehde zunehmend gestört, da die Ambitionen Albrechts VII. auf die dänische Krone mit der Niederlage katastrophal geendet und das Land hoch verschuldet hatten. Bereits 1523 hatten sich die Landstände zusammengeschlossen und traten den Landesherren selbstbewusst gegenüber. Dabei nahm Rostock als finanzstärkste Stadt des Herzogtums mit ihrem riesigen Grundbesitz im Umland eine führende Rolle in der Landständischen Union ein. Besonders die Universität war häufig Gegenstand der Auseinandersetzung zwischen Stadt und Landesherrn.

1562 bis 1565 wurde ein Sechzigerrat dem Stadtrat gleichberechtigt zur Seite gestellt und trotzte diesem erneut einen Bürgerbrief ab. Am 28. Oktober 1565 hielt der mit dem Rat verbündete Johann Albrecht I. mit bewaffneten Kräften Einzug in Rostock, nachdem die Stadt ihm den formalen Huldigungseid verweigert hatte. Er löste die Sechziger auf und vernichtete den Bürgerbrief. Anfang 1566 marschierte auch sein zuvor mit dem Sechzigerrat verbündeter Bruder Ulrich ein. Die beiden Landesherren einigten sich, rissen das Steintor und die südliche Stadtmauer nieder und errichteten im heutigen Rosengarten eine Festung vor der Stadt. Erst mit den Rostocker Erbvertägen von 1573 (Erster Rostocker Erbvertrag) und 1584 wurde der schwelende Konflikt zwischen Stadt und Landesherrn beigelegt. Rostock erkannte insbesondere hinsichtlich der Gerichtsbarkeit und der Steuerzahlung die landesherrliche Oberhoheit des Herzogs an. Rostocks Bemühungen, die Reichsunmittelbarkeit zu erlangen, waren damit endgültig gescheitert, das Steintor konnte jedoch wieder aufgebaut und die herzogliche Festung geschleift werden.

1583/84 wurde neben dem weiterhin von ratsfähigen Patriziern gestellten Rat ein neuer Bürgerausschuss eingerichtet, das Hundertmännerkollegium, das sich aus 40 Brauherren, 20 weiteren Kaufleuten und 40 Handwerkern zusammensetzte. Als Hauptausschuss der Hundertmänner wurde Ende des 16. Jahrhunderts ein Sechzehnerrat eingeführt. Nach mehreren Jahrhunderten voller Unruhen war mit dem Hundertmännerkollegium erstmals langfristig eine innere Befriedung der Stadt erreicht. Anders als bei früheren Bürgerausschüssen gelang es den Landesherren kaum noch, den Rat und das Kollegium gegeneinander auszuspielen, wenngleich die Zusammenarbeit beider Gremien nicht immer spannungsfrei verlief.

Spätblüte des hansischen Rostock um 1600

Rund 14 000 Einwohner, gut 800 Giebelhäuser und etwa 250 bis 300 Brauhäuser waren Ende des 16. Jahrhunderts Ausdruck eines Wohlstands, der selbst die mittelalterliche Blütezeit übertraf.[13] Zahlreiche mecklenburgische Adelsfamilien hatten Residenzen in Rostock oder wohnten ganz in der Stadt und wurden mitunter Ratsherren und sogar Bürgermeister. Rostock, dessen Wirtschaft völlig vom Seehandel und dem Brauwesen bestimmt war, zog zahlreiche Zuzügler aus ganz Norddeutschland an. Besonders angesehen waren die Universitätsprofessoren, zunehmenden Einfluss erlangten aber auch diejenigen Bürger, die an der Universität studiert hatten. Besonders der juristisch ausgebildete Stadtsyndikus spielte neben dem Bürgermeister eine immer größere Rolle.

Ärmere Bevölkerungsteile lebten in über 1000, meist in Fachwerkbauweise oder als Bretterverschläge errichteten Buden, die unterste soziale Schicht in ebenso vielen Kellern.[14] Auch zwischen den Stadtteilen gab es ein soziales Gefälle: In der Mittelstadt war die Dichte der Steinhäuser am größten, gefolgt von der Neustadt, in der Altstadt existierten die meisten Buden. Innerhalb der Teilstädte waren wiederum die Marktplätze die bevorzugten Wohngegenden, während an der Peripherie die ärmeren Schichten wohnten.

Das geistige und politische Zentrum bildete die Achse zwischen Rathaus und Neuem Markt sowie der Universität am Hopfenmarkt, die durch die Blutstraße miteinander verbunden waren. Die Marien- und die Jakobikirche lagen jeweils unweit der beiden Märkte.

Dreißigjähriger Krieg

Während des Dreißigjährigen Krieges (1618–1648), der unwiderruflich das Ende der Hanse herbeiführte, wurde Rostock besetzt, litt aber weit weniger als andere mecklenburgische Städte und besonders die Dörfer. Zunächst war Mecklenburg kaum vom Krieg betroffen und mehr mit neuen Streitigkeiten des herzoglichen Brüderpaares Adolf Friedrich I. und Johann Albrecht II. beschäftigt, die 1621 zur zweiten mecklenburgischen Hauptlandesteilung in die Herzogtümer Schwerin und Güstrow führten. Mit dem Kriegseintritt Dänemarks griff der Krieg jedoch auf Norddeutschland über, und da Rostocks Bierexport vor allem nach Skandinavien ging, war die Stadt besonders betroffen. 1627 erreichten die Kriegshandlungen Mecklenburg, so dass Rostock seine Neutralität nicht länger bewahren konnte. Bis 1628 vermochte sich die reiche Stadt, die ab 1624 durch den niederländischen Festungsbaumeister Johan van Valckenburgh aufgefestet worden war, noch mit der enormen Summe von 140.000 Reichstalern von kaiserlichen Besetzungen freikaufen, doch als Wallenstein nach der Absetzung der beiden Herzöge im Januar für seine Verdienste von Kaiser Ferdinand II. das Herzogtum Mecklenburg und das Bistum Schwerin sowie den Titel „General des Baltischen und ozeanischen Meeres“ erhielt, zwang er Rostock durch das bewährte Mittel einer Blockade Warnemündes in die Knie.

Wie schon früher bei drohenden Kriegshandlungen zeigte sich der Rat relativ schnell bereit einzulenken, während die seit 1625 zur militärischen Verteidigung in 13 Fahnen organisierte Bürgerschaft zum Widerstand entschlossen war. Schließlich gelang es dem Rat, relativ glimpfliche Kapitulationsbedingungen auszuhandeln.[15] Rostock wurde von einem 1000 Mann starken Heer besetzt und zur Garnisonsstadt Wallensteins, in Warnemünde wurde eine Schanze angelegt, um den Hafen behaupten zu können. Damit war ganz Mecklenburg in Wallensteins Hand, und es brachen vorübergehend ruhige Zeiten für die Stadt an. Da Wallenstein bemüht war, negative Kriegsauswirkungen von seinem Herzogtum möglichst fernzuhalten, konnte Rostock sogar von der neuen Situation profitieren. Als Gustav II. Adolf von Schweden im Juli 1630 in Pommern landete, spitzte sich die Lage auch in Rostock zu. Zur Katastrophe wäre es beinahe gekommen, als der Jurist Jacob Vahrmeyer am 1. Februar 1631 den kaiserlichen Stadtkommandanten ermordete, doch dem Theologieprofessor und Rektor der Universität Johann Quistorp gelang es, durch diplomatisches Geschick die Rache des Militärs abzuwenden.

Am 16. Oktober 1631 endete die kaiserliche Belagerung für Rostock und die „Schwedenzeit“ begann. Gustav Adolf setzte die angestammten mecklenburgischen Herzöge wieder ein. Für Rostock blieb auch dieser Machtwechsel ohne größere Folgen, so erlebte etwa die Universität trotz der unruhigen Zeiten eine Blüte. Waren das Land und die Dörfer Mecklenburgs Gewalt und Plünderungen der Soldateska wehrlos ausgesetzt, boten die Rostocker Stadtmauern vielen Flüchtlingen Schutz. Der Seehandel Rostocks ging allerdings drastisch zurück. Am schwersten traf die Stadt ein von den mecklenburgischen Herzögen den Schweden zugebilligter Zoll vor Warnemünde.

Einen Wendepunkt markierte die vernichtende Niederlage der Schweden in der Schlacht bei Nördlingen. Die Kaiserlichen errangen immer mehr Siege, und am 30. Mai 1635 kam es zum Frieden von Prag. Mecklenburg konnte sich in der Folge aus dem Bündnis lösen, was in den Jahren von 1635 bis 1638 eine Verschlechterung der Lage in Rostock darstellte. Verhandlungen über den Warnemünder Zoll wurden zunächst ausgesetzt, dann aber wurde er verdoppelt, um so weitere Zahlungen von Rostock zu erzwingen. 1637/38 mussten die Schweden in Mecklenburg vor dem kaiserlichen General Matthias Gallas in Richtung Pommern zurückweichen. Die Rostocker ersuchten sowohl diesen Feldherrn als auch den Kaiser, der Rostock unter seinen Schutz nahm, um die Eroberung der Schanze und die Übergabe zur Demolierung. Sie wurde am 11. März 1638 von den Sachsen unter Graf Vitzthum, der dabei sein Leben verlor, eingenommen. Die Lage für Rostock hatte sich dabei aber nur weiter verschlechtert. Nachdem die Schweden den Ort Warnemünde verloren hatten, erhoben sie ihren Zoll von Schiffen aus, die vor Warnemünde lagen. In der Schanze residierte nun der kaiserliche Kommandant und verlangte dort eine eigene Abgabe. Erst als die Dänen unter Christian IV. eingriffen, eigene Schiffe vor die Warnowmündung legten und so jede Zolleinnahme verhinderten, mussten die Schweden abziehen und war der Zoll somit vorübergehend aufgehoben.

Schwedische Versuche, die Schanze zurückzuerobern, konnten in der Nacht vom 20. auf den 21. Oktober 1638 von den Kaiserlichen abgewehrt werden. Die Rostocker begannen die Schanze zu schleifen, um ein Festsetzen der Schweden in Zukunft zu erschweren, doch diese zogen am 26. Oktober wieder in die Schanze ein. Sie wurde instand gesetzt und verstärkt, der Zoll in alter Höhe wieder aufgenommen.[16] Erst mit dem Ende des Dreißigjährigen Krieges zogen sich die Schweden 1648 auch aus Warnemünde zurück, erhoben aber weiterhin Zoll.

Niedergang und der Stadtbrand von 1677

Im Vergleich mit den an Schweden gefallenen Städten Stralsund, Wismar und Greifswald hatte Rostock nach dem Westfälischen Frieden 1648 schlechtere Verbindungen für den Handel mit Skandinavien. Der Schwedenzoll, Satisfaktionszahlungen Mecklenburgs an die schwedische Krone und der Zusammenbruch des hansischen Handelsnetzes – der Hansetag von 1669 war der letzte des alten Handelsbündnisses – hatten Rostock treffen, aber nicht ruinieren können.

In diese Phase der Stagnation fiel eine plötzliche Katastrophe mit Langzeitwirkung: Am 11. August 1677 brach von einem Backhaus in der Altstadt ausgehend ein verheerender Stadtbrand aus, der, von ungünstigen Winden ausgeweitet, zwei Tage anhielt, bis es endlich zu regnen begann. Fast die gesamte Altstadt und ein beträchtlicher Teil der nördlichen Mittelstadt fielen den Flammen zum Opfer. Insgesamt war ein Drittel sämtlicher Gebäude der Stadt zerstört worden – etwa 700 Häuser und Buden.[17] Besonders schwer wog, dass das Zentrum des Rostocker Brauwesens in den zum Hafen führenden Straßen zerstört worden war. Die Zahl der Brauhäuser sank von knapp 200 auf unter 100, die Einwohnerzahl, die Ende des 16. Jahrhunderts 14 000 betragen hatte, ging auf 5000 zurück.[18]

Nordischer Krieg und Siebenjähriger Krieg

Der Große Nordische Krieg 1700–1721 brachte eine weitere Verschlechterung der Handelsverbindungen mit sich und führte zu Plünderungen durch dänische und schwedische Truppen. Auch der Siebenjährige Krieg zeichnete die Stadt, die von 1758 bis 1762 brandenburgisch besetzt war. Darüber hinaus nutzten die absolutistischen Fürsten die Schwäche Rostocks aus und sicherten sich in dieser Zeit langfristig mit den Landesherrlichen Erbverträgen von 1755 und 1788 ihre Macht. Seit 1702 zeitweise Residenz der Herzöge, war Rostock endgültig zu einer mecklenburgischen Landstadt geworden.

Die Universität versank im 18. Jahrhundert in die Bedeutungslosigkeit und hatte zudem noch mit einer von 1760 bis 1789 bestehenden herzoglichen Universität im benachbarten Bützow zu konkurrieren, die Friedrich von Mecklenburg-Schwerin dort gegründet hatte.

Erst Ende des 18. Jahrhunderts begann langsam der Wiederaufstieg Rostocks. Der Seehandel blühte mit Getreidetransporten wieder auf. Vor allem trug dazu die Blockade Großbritanniens durch das revolutionäre Frankreich bei, da sich die Rostocker damit den von der französischen Konkurrenz verlassenen britischen Markt erschließen konnten. Im Stadtbild wurden endlich die letzten Baulücken geschlossen, die seit dem Stadtbrand als Brachen leergestanden hatten. Auch kulturell blühte Rostock wieder auf: 1786 wurde ein Theaterbau errichtet, seit 1711 erschien die Rostocker Zeitung, und seit 1784 wirkte die aufklärerische „Societät“.

Trotz des Aufschwungs kam es in den 1790er Jahren zu einer Reihe von Unruhen durch die Handwerker, ausgelöst vor allem durch Teuerungen bei Lebensmitteln. Die bekannteste dieser Auseinandersetzungen mit Plünderungen und Zerstörungen im Oktober 1800 wurde als „Rostocker Butterkrieg“ bekannt.

19. Jahrhundert

Franzosenzeit und Befreiungskriege

Beide mecklenburgischen Herzogtümer nahmen zunächst nicht an den Koalitionskriegen gegen Frankreich teil, sondern zahlten lediglich Kontingentsersatzzahlungen an Preußen. Nach der Schlacht bei Jena und Auerstedt zogen erst flüchtende preußische Soldaten, dann die französische Armee plündernd und zerstörend durch das Land. Am 29. November 1806 wurde Mecklenburg von dem französischen General Michaud besetzt, Rostock musste Einquartierungen, Erniedrigungen, Restriktionen und Kontributionszahlungen über sich ergehen lassen. Besonders die Kontinentalsperre gegen England traf die Seehandelsstadt hart. Erst als Mecklenburg am 22. März 1808 dem Rheinbund beitrat räumten die französischen Besatzungstruppen das Herzogtum und Rostocks Seehandel erfuhr eine Wiederbelebung, wenn er auch weitgehend auf den Ostseeraum beschränkt blieb. Schon am 17. August 1810 kehrten die Franzosen jedoch nach Rostock zurück und mit ihnen die Einschränkungen des öffentlichen und privaten Lebens der Rostocker Bürger. Als die französische Armee 1812 zum Russlandfeldzug aufbrach, führte sie ein Kontingent von etwa 2.000 mecklenburgischen Soldaten mit sich. Nach der Niederlage der Grande Armée in Russland verließen am 26. März 1813 die letzten Soldaten der französischen Garnison Rostock.

Als erste deutsche Staaten verließen die beiden mecklenburgischen Herzogtümer am 25. März 1813 den Rheinbund und riefen ihre Untertanen zu den Waffen. Mehrere hundert Rostocker Bürger nahmen in der regulären mecklenburgischen Armee oder in Freikorps an den Befreiungskriegen teil. Zu den herausragenden Persönlichkeiten der Befreiungskriege gehörte der in Toitenwinkel geborene preußische Generalfeldmarschall Blücher, der entscheidend an der Schlacht von Waterloo beteiligt war, in der Napoleon geschlagen werden konnte.

Biedermeier, Vormärz, 1848er-Revolution und Restauration

Im 18. und 19. Jahrhundert kam Rostock in den Ruf einer soliden aber behäbigen Provinzstadt, in der neue Entwicklungen langsam und mit Verzögerungen eintraten. Das Bürgertum gestaltete das gesellschaftliche Leben zunehmend selbstbewusst und gründete nach dem „Geselligkeitsverein“ (Societät, 1784) die „Philharmonische Gesellschaft“ (1819) und den „Rostocker Kunstverein“ (1841), die Turnbewegung erhielt 1827 einen Platz an der Wallstraße. Zum bürgerlichen Selbstbewusstsein trug – neben ihrem wirtschaftlichen Erfolg – auch die Einführung der allgemeinen Schulpflicht 1845 und der Ausbau des Bildungswesens bei.

Die mecklenburgische bürgerlich-liberale Opposition der Märzrevolution gegen den politisch von adligen Gutsbesitzern dominierten Ständestaat sammelte sich um die Redaktion der Mecklenburgischen Blätter, die von Anfang 1847 bis zu Beginn des Jahres 1848 vom Universitätsprofessor Karl Türk in Rostock herausgegeben wurden. Daneben war die 1711 gegründete Rostocker Zeitung Sprachrohr der Liberalen. In den untersten Schichten der Gesellschaft führten Verelendung, Arbeitslosigkeit und Missernten zu einer unruhigen Stimmung, die in Rostock – anders als in anderen deutschen Städten – von dem im November 1848 gegründeten Arbeiterverein jedoch nicht radikalisiert wurde.

Am 9. März 1848 diskutierten eintausend Rostocker Bürger im Hotel „Sonne“ am Neuen Markt die liberalen Forderungen nach einer Demokratisierung des bestehenden politischen und wirtschaftlichen Systems und verabschiedeten eine Petition, die sechs Tage später in schärferer Form wiederholt wurde. Am 2. April wurde das Rostocker Reformkomitee in Güstrow von 173 Delegierten aller mecklenburgischen Reformvereine zu ihrem Zentralkomitee bestimmt. Am 26. April trat auf Druck der revolutionären Kräfte ein außerordentlicher Landtag in Schwerin zusammen, der Wahlen für den 3. Oktober durchsetzte. 14 Rostocker Abgeordnete nahmen am 31. Oktober an der konstituierenden Sitzung des neuen Landtags teil. Abgeordneter für Rostock in der Frankfurter Nationalversammlung war Johann Friedrich Martin Kierulff. Auch innerhalb der Stadt wurde das alte Ratssystem demokratisch reformiert. Bei den Ratswahlen am 29. Januar 1849 erzielten vier Handwerker die besten Ergebnisse, erst dahinter folgten Advokaten und Kaufleute. Unter den 48 Abgeordneten der Stadtverordnetenversammlung befanden sich erstmals auch drei Handwerksgesellen und zwei Arbeiter. Nach 30 Monaten setzte der Großherzog von Mecklenburg-Schwerin jedoch das alte Hundertmännergremium wieder ein, die Landesverfassung wurde abgeschafft, gegen die Presse mit Zensur und Ausweisung kritischer Redakteure vorgegangen. Im Frühjahr 1853 wurden schließlich 14 Rostocker Demokraten wegen Hochverrats zu langen Zuchthausstrafen verurteilt, darunter Karl Türk, Julius und Moritz Wiggers. Bis 1918 galten die politischen Verhältnisse in Mecklenburg als die Rückständigsten in ganz Deutschland.

Industrialisierung

Der Seehandel Rostocks wuchs im 19. Jahrhundert stetig an und blieb die wirtschaftliche Triebfeder der Stadt. Mitte des 19. Jahrhunderts verfügte Rostock über die größte Handelsflotte im Ostseeraum, deren Schiffe zumeist in heimischen Werften gebaut wurden. Das Ausfuhrvolumen des Getreidehandels erreichte 1845 erstmals 50.000 Tonnen.[19]

Die dennoch leeren Stadtkassen entschieden über den Abriss zahlreicher alter Gebäudekomplexe: So gab der Rat in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts unter anderem die mächtige fünfschiffige Kirche des Heiligen-Geist-Hospitals und das ehemalige Dominikanerkloster St. Johannis zum Abriss frei. Seit 1830 begann Rostock erstmals über das Gebiet der mittelalterlichen Stadtmauergrenzen hinauszuwachsen, deshalb wurden auch große Teile der Stadtbefestigung abgetragen. Die Wälle und Gräben aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges wurden eingeebnet und zur Wallstraße. Fast alle Straßen wurden gepflastert und mit Bürgersteigen versehen, außerhalb der Stadt Chausseen als Überlandstraßen ausgebaut.

Anschluss an das deutsche Eisenbahnnetz erhielt Rostock 1850 mit der Verbindung nach Bützow-Kleinen, 1859 war dann über Güstrow und Neubrandenburg die Verbindung an die Strecke Stralsund-Neubrandenburg-Berlin hergestellt und seit 1870 führte eine Strecke von Hamburg nach Stettin. Die positiven Impulse wurden jedoch deutlich von den Einbußen überlagert, die der Rostocker Hafen durch die Schiene zu verzeichnen hatte.

Der Zunftzwang hemmte bis 1869 die Effektivität der Wirtschaft erheblich. Vor allem die Tabak- und Zigarrenhäuser der Stadt entwickelten im Manufaktur- oder Verlagssystem Ansätze industrieller Produktion, erfolgreich waren darüber hinaus besonders die Brennereien wie Krahnstöver, Lorenz oder Lehment. Erst die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts brachte der Stadt mit der Gewerbefreiheit und der umfassenden Industrialisierung einen neuen Reichtum. Der erste deutsche Schraubendampfer wurde 1852 auf der Schiffswerft und Maschinenfabrik von Wilhelm Zeltz und Albrecht Tischbein fertiggestellt. Aus dem Unternehmen entstand 1890 als erster industrieller Großbetrieb Mecklenburgs die Actien-Gesellschaft „Neptun“ Schiffswerft und Maschinenfabrik in Rostock[20], die heutige Neptun Werft GmbH. Andere wachsende Wirtschaftszweige waren die chemische Industrie, vor allem die Fabriken des Friedrich Witte, der Landmaschinenbau sowie das Bauwesen und Dienstleistungsunternehmen.

Warnemünde entwickelte sich in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts zu einem der bedeutendsten Seekurorte in Deutschland. 1834 wurden dort die ersten Bäder errichtet, die für Damen und Herren noch getrennt waren. Dieser Bäderstandort entwickelte sich vor allem durch die günstigen Verkehrsverbindungen mit dem Zug nach Berlin und der Fähre nach Gedser weiter.

Kaiserreich

Die beiden mecklenburgischen Großherzogtümer waren am 21. August 1866 dem Norddeutschen Bund beigetreten und 1869 wurde Mecklenburg Mitglied des Deutschen Zollvereins. Als letzte deutsche Städte hatten Rostock und Wismar 1864 das Münzrecht aufgegeben. Auch das Rostocker Bürgerrecht hörte auf zu existieren und erstmals seit 1350 konnten sich wieder Juden in der Stadt ansiedeln. Mit der Reichsgründung 1871 begann auch in Rostock der dynamische Entwicklungsprozess der Gründerzeit, allerdings blieb Rostock in seiner Entwicklung hinter den meisten deutschen Städten vergleichbarer Größe zurück.

Die Industrialisierung sorgte dafür, dass Rostock um etwa 1.000 Einwohner pro Jahr wuchs. Hatte die Stadt 1806 noch 12.756 Einwohner, waren es 1900 54.713,[21] so dass die Stadt in westliche Richtung um das Arbeiterviertel Kröpeliner-Tor-Vorstadt und südlich um das Villenviertel der Steintor-Vorstadt erweitert wurde. Bebauungspläne lagen für die bis dahin wild wachsenden Vorstädte erst seit den späten 1880er Jahren vor. Mit der Heiligen-Geist-Kirche in der westlichen Vorstadt entstand in den Jahren 1905 bis 1908 der erste Rostocker Kirchenbau seit dem Mittelalter. Die rasante Wirtschafts- und Einwohnerentwicklung zwang in allen Bereichen zur umfassenden Modernisierung der Infrastruktur der Stadt.

Politisch blieb die Wahl des Rates auf eine relativ kleine Gruppe von Bürgern beschränkt. Das Reichstagsmandat des Wahlbezirks Rostock/Bad Doberan fiel regelmäßig wechselnd an Vertreter der Nationalliberalen Partei (NLP) und der Deutschen Fortschrittspartei. Unter der Arbeiterschaft war 1872 eine Ortsgruppe des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins gegründet worden und die Sozialdemokratie gewann zunehmend an politischem Gewicht. 1890 wurde erstmals der 1. Mai gefeiert und 1898-1906 sowie ab 1912 hatte Joseph Herzfeld das Reichstagsmandat für den fünften mecklenburgischen Wahlkreis inne. Seit 1892 verfügte die SPD mit der Mecklenburgischen Volkszeitung über eine eigene Zeitung. Die Rostocker Zeitung blieb die Stimme der Liberalen, der Rostocker Anzeiger war seit 1881 die Zeitung der bürgerlichen Kreise und bestimmte bald die Medienlandschaft Mecklenburgs.

Massenhaft entstanden Vereine, die auf nahezu allen Feldern des öffentlichen Lebens aktiv waren. Um kulturelle Angelegenheiten bemühten sich besonders der Rostocker Kunstverein von 1841 und der Verein für Rostocker Altertümer von 1883. In großer Zahl wurden Gesangs- und Sportvereine gegründet. Von öffentlicher Seite wurde das Kulturleben maßgeblich durch das Theater geprägt, das auch Musiktheater und Orchester einschloss.

20. Jahrhundert

Erster Weltkrieg und Novemberrevolution

Während des Ersten Weltkriegs gingen Rohstoffe und Lebensmittel zu einem großen Teil an die Front, so dass mit jedem Monat Not und Entbehrungen zunahmen, Krankheiten wie Typhus waren die Folge des Mangels. Der gesamte Landstrich nördlich der Bahnstrecke Wismar-Rostock-Ribnitz wurde zum militärischen Sondergebiet erklärt, so dass auch das Betreten Warnemündes nur noch mit einem speziellen Ausweis möglich war. Ab 1917 kam es trotz drastischer Strafandrohungen zu Unruhen und Streiks. Im November wurden in der politisierten Atmosphäre innerhalb nur weniger Tage Ortsgruppen der Deutschen Vaterlandspartei, des Liberalen Vereins, der Fortschrittlichen Volkspartei, aus der ein Jahr später die sehr einflussreiche Deutsche Demokratische Partei hervorging, und die Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands (USPD), von der sich später die Kommunistische Partei Deutschlands abspaltete, mit zum Teil mehreren hundert Mitgliedern, gegründet. Am 30. Januar 1918 fand im Gewerkschaftshaus „Philharmonie“ eine Frauenkundgebung für den Frieden statt.

Zwei Tage nachdem Marineeinheiten am 3. November 1918 in Kiel Kriegsschiffe in ihre Gewalt gebracht hatten, liefen Torpedoboote mit roter Flagge und Kieler Matrosen an Bord in Warnemünde ein. Schon einen Tag später gründeten 1.500 Matrosen, Infanteristen und Landsturmleute einen Soldatenrat, dem sich die Arbeiter der Neptunwerft, der Munitionsfabrik Dolberg und anderer Betriebe solidarisch erklärten und am 7. November einen Arbeiterrat bildeten. Am 14. November dankte der mecklenburgische Großherzog ab, auf den öffentlichen Gebäuden Rostocks wehten nun rote Fahnen. In Mecklenburg dominierte klar die reformerische Richtung der SPD, die eine parlamentarische Demokratie anstrebte und Gewalt ablehnte. Radikale Kräfte der USPD und des Spartakusbundes, die die Novemberrevolution mit Räterepublik und Klassenkampf fortsetzen wollten, konnten sich dagegen nicht durchsetzen.

Ende Dezember 1918 fanden Kommunalwahlen sowie Wahlen zum Verfassungsgebenden Landtag und zur Weimarer Nationalversammlung statt. Auch für die Stadt wurde – erstmals in allgemeiner, gleicher und geheimer Wahl sowie mit aktivem und passivem Frauenstimmrecht – eine verfassungsgebende Versammlung gewählt. Stärkste Kraft der Bürgervertretung wurde die SPD mit 31 Mandaten vor der DDP (23), der DVP (10) und der USDP (2). Mit den Umwälzungen im Deutschen Reich und im neuen Freistaat Mecklenburg verloren die Städte endgültig ihre politische Souveränität.

Weimarer Republik

Die Zeit der Weimarer Republik war auch in Rostock von wirtschaftlichen Krisen, Massenarbeitslosigkeit, Inflation und einer Zersplitterung der politischen Parteien geprägt, Demonstrationen und Streiks waren an der Tagesordnung. Impulse für die Wirtschaft konnte vor allem der Flugzeugbau in Warnemünde mit den beiden Anfang der 1920er Jahre gegründeten Unternehmen von Heinkel und Arado geben. Mit dem Flugplatz Hohe Düne, der als Seeflug GmbH getarnten Pilotenausbildungsstätte der Marine, einer privaten Fliegerschule und einer Nachtpost-Fluglinie von Junkers & Co. war der Ort zum Zentrum der Flugzeugindustrie geworden.

Wichtigstes Industrieunternehmen blieb die Neptun-Werft. Die Zahl der Rostocker Dampfer erreichte 1921 mit 18 Schiffen ihren Tiefstand.[22] 1933 arbeiteten 51,75 % der Berufstätigen im Bereich Handel und Verkehr.[23] Die Verarbeitende Industrie und der Hafen stellten sich ganz auf den Export von Landwirtschaftserzeugnissen ein.

Um der allgemeinen Wohnungsnot zu begegnen, wurde die Kröpeliner-Tor-Vorstadt erweitert und vor den Toren der Stadt entstanden fünf neue Siedlungen: Die Gartenstadt, Stadtweide, Reutershagen, Brinckmansdorf und der Ausbau des Industriegebietes Bramow mit Wohnhäusern. Um 1928 wurden mit dem Hansaviertel und anderen Vierteln weitere Wohnsiedlungen erschlossen.

Dem Kapp-Putsch 1920, der in Mecklenburg von Generalmajor Paul von Lettow-Vorbeck geleitet wurde, waren die Arbeiterparteien mit einer Arbeiterwehr und Generalstreik begegnet. Unterstützt wurden sie dabei von der DDP. Etwa ab dem Krisenjahr 1923 radikalisierte sich sowohl das linke wie das rechte politische Spektrum. Seit Dezember 1922 war die Deutschvölkische Freiheitspartei zum Sammelbecken rechtsradikaler Kräfte in Mecklenburg geworden, die in Rostock das Parteiblatt Mecklenburger Warte herausgab.

Getarnt als Nationalsozialistische Vereinigung entstand am 5. März 1924 in Rostock die erste Ortsgruppe der NSDAP Mecklenburgs. Aus wahltaktischen Gründen schlossen sie sich zunächst der DVFrP an, seit Anfang 1925 erfolgte dann der Aufbau einer eigenständigen Parteiorganisation. Im November 1930 zog die NSDAP mit 16 Abgeordneten als zweitstärkste Fraktion nach der SPD in die Bürgervertretung ein. Im Januar des darauffolgenden Jahres konnten die Nationalsozialisten einen ersten und im Oktober bereits einen zweiten Stadtrat in den Rat wählen lassen. Bei den Landtagswahlen im Juni 1932 entfielen in Rostock 40,33 % der abgegebenen Stimmen auf die Nationalsozialisten. Die Kreisleitung sorgte für entsprechende Propaganda, deren Höhepunkte zwei Wahlveranstaltungen mit Adolf Hitler als Redner darstellten. In der Folgezeit verstärkte sich aggressiv und demonstrativ die Präsenz der Nationalsozialisten auf Rostocks Straßen. Kurz darauf kamen erste Verhaftungen und Hausdurchsuchungen dazu, um aktiv politische Gegner einzuschüchtern. Besonders aus den Reihen der SA kam es zu Ausschreitungen und willkürlichen Übergriffen jenseits aller gesetzlichen Grundlagen.

Zeit des Nationalsozialismus

Am Vorabend der Reichstagswahl 1933 wurden 21 Rostocker Kommunisten in „Schutzhaft“ genommen. Zwar durften alle Parteien zur Wahl antreten, doch schränkten Presseverbot, Hausdurchsuchungen sowie Demonstrations- und Kundgebungsverbote den Wahlkampf der Linksgruppierungen erheblich ein. Die NSDAP wurde in Rostock mit 35,5 % stärkste Partei, jedoch erst im Verband mit der deutschnationalen Kampffront Schwarz-Weiß-Rot (20,3 %) meinte eine Mehrheit von rund 56 % der Rostocker Wähler sich mit dem nationalsozialistisch-konservativen Kabinett unter Hitler arrangieren zu können. Bei dieser letzten, schon nicht mehr freien Wahl, konnte die SPD mit 30,8 % ihr Ergebnis vom November halten, die KPD erzielte 8,7 % der Stimmen.

Mit der Gleichschaltung der Länder mit dem Reich wurden sämtliche KPD-Mandate aufgehoben und die Stadtverordnetenversammlung auf der Grundlage der jüngsten Reichstagswahlergebnisse neu zusammengesetzt. Da einige bürgerliche Parteien die Wahlinszenierung über die Besetzung der zugewiesenen Mandate boykottierten und die DVP und der Christlich-Soziale Volksdienst ihre Mandate auf die NSDAP übertrugen, setzte sich der neue Stadtrat aus 15 Abgeordneten der NSDAP, 12 der SPD und 8 der Kampffront Schwarz-Weiß-Rot zusammen.

Auf Grund des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums wurden 31 Ämter mit politisch zuverlässigen Personen neu besetzt. Besonders betroffen war die Feuerwehr, aus deren Dienst 14 Sympathisanten der SPD oder KPD entfernt wurden. Aus dem Polizeidienst wurden fünf Beamte entlassen. Da es der NSDAP an geeigneten Verwaltungsfachleuten mangelte, erhöhte sich die Zahl der Betroffenen bis November 1939 nur auf 39. Aus dem gleichen Grund konnte der konservative Oberbürgermeister Dr. Robert Grabow zunächst nicht ersetzt werden, bis Walter Volgmann im April 1935 sein Amt übernahm. Gleichzeitig beseitigte die Deutsche Gemeindeordnung die Stadtverordnetenversammlung als kommunales Entscheidungsorgan.

Am 16. März wurden alle sozialdemokratischen Verbände Mecklenburgs sowie diesen nahestehende Einrichtungen und Vereine verboten, vier Tage später mehrere Funktionäre verhaftet. Inhaftierungen prominenter Gewerkschaftsführer folgten am 2. Mai. Nach dem reichsweiten Verbot der SPD am 22. Juni 1933 bestand der Stadtrat ausschließlich aus Nationalsozialisten. Die deutschlandweit organisierte Bücherverbrennung der Werke bürgerlich-humanistischer, marxistischer und jüdischer Autoren am 10. Mai 1933 fand in Rostock auf dem Vögenteichplatz statt. Vor der Universität stand ein sogenannter Schandpfahl, an dem Studenten Beispiele angeblich zersetzender Literatur angeschlagen hatten.

Der Auftakt zum „Judenboykott“ erfolgte in Rostock bereits am 30. März 1933 mit der Postierung von SA-Leuten vor jüdischen Geschäften und setzte sich am Folgetag mit einer Großkundgebung auf der Reiferbahn fort. Der Boykott von insgesamt 57 Rostocker Geschäften, Arztpraxen und Anwaltskanzleien wurde mit Einschüchterung und Gewalt durchgesetzt. Im Jahre 1938 erreichte die Judenverfolgung eine neue Dimension. Maßnahmen wie erhöhte Steuerforderungen und Löschung aus dem Handelsregister, zwangen jüdische Geschäftsinhaber zur Aufgabe ihrer Unternehmen. Die Verdrängung jüdischer Unternehmen fand Mitte 1939 ihren Abschluss. In Rostock wurden im Rahmen der „Polenaktion“ am 28. Oktober 1938 insgesamt 37 Juden verhaftet und nach Polen abgeschoben. Im Zuge des von den Nationalsozialisten entfesselten Pogroms brannte am 10. November 1938 die Synagoge in der Augustenstraße. Dem Brandanschlag folgte unmittelbar eine Welle der Gewalt. SA- und SS-Trupps besetzten Häuser, Wohnungen und Geschäfte, zerstörten Einrichtungsgegenstände und tyrannisierten jüdische Bürger. 64 von der Gestapo verhaftete Juden wurden in die Strafanstalt Altstrelitz eingewiesen, wo sie erschwerten Haftbedingungen ausgesetzt waren. Die Auswanderung der restlichen Juden unterstützte der Vorsitzende der jüdischen Gemeinde Arnold Bernhard mit den Erträgen aus dem Zwangsverkauf des Synagogengrundstücks.

Bis Ende der 1930er Jahre stabilisierten sich die Lebensverhältnisse. Die militärische Aufrüstung brachte Rostock und Warnemünde als wichtigen Standorten der Rüstungsindustrie einen deutlichen wirtschaftlichen Aufschwung. Das am 3. Dezember 1934 eingeweihte und ursprünglich für 2.100 Arbeitskräfte geplante Stammwerk der Firma Heinkel beschäftigte 1941 etwa 15.000 Arbeiter und Angestellte, die Zahl der Beschäftigten im Flugzeugwerk Arado in Warnemünde war von 100 im Jahr 1933 auf 3.500 in den Jahren 1937/38 angewachsen.[24] Die Neptunwerft, die 1933 lediglich 90 Arbeitskräfte beschäftigte und kurz vor dem Ruin gestanden hatte, bot 1938 wieder 1.800 Arbeitsplätze.[25]

1935 hatte Rostock erstmals 100.000 Einwohner und konnte sich damit Großstadt nennen, im Mai 1939 lag die Einwohnerzahl bereits bei 121.192.[26] Um auf diesen enormen Zuwachs zu reagieren, förderte die Stadt insbesondere mit Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen den Wohnungs- und Straßenbau. Die Stadterweiterung erfolgte in erster Linie Richtung Westen, wo auch die Heinkel-Werke angesiedelt waren. Außerhalb der Stadt entstanden die Siedlungen Dierkow und Reutershagen.

Zweiter Weltkrieg

Der durch Rekrutierungen verursachte Personalmangel in den Rüstungsbetrieben wurde durch Dienstverpflichtungen der einheimischen Bevölkerung und durch ausländische Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene kompensiert, von denen im Oktober 1943 etwa 14.500 unter katastrophalen Bedingungen in 19 Lagern lebten. Noch schlimmer waren die Verhältnisse für rund 2.000 Häftlinge aus dem Konzentrationslager Ravensbrück, die in den Heinkel-Werken zum Einsatz kamen. [27]

Als Zentrum der Rüstungsindustrie des Dritten Reichs wurde Rostock schon 1940 Ziel von Luftangriffen der Royal Air Force. Besonders schwere Flächenbombardements mit Brandbomben im Rahmen der Area bombing directive trafen die Stadt in den Nächten vom 23. auf den 24. und vom 26. auf den 27. April 1942, bei denen gleichermaßen die Rüstungsbetriebe und die Innenstadt das Ziel waren. Die Heinkel- und die Arado-Werke sowie eine U-Boot-Werft wurden schwer getroffen. In der mittelalterlichen Innenstadt brannten die Nikolaikirche, die Jakobikirche und die Petrikirche mit nahezu der gesamten Ausstattung der drei Gotteshäuser aus. Desgleichen blieben vom Steintor, dem Kuhtor und dem Petritor lediglich die Umfassungsmauern erhalten. An administrativen Gebäuden wurden u. a. das Landratsamt, das Amts- und das Oberlandesgericht, das Post- und Telegrafenamt, das Stadttheater, ferner zwei Klinken, acht Schulen sowie Versorgungseinrichtungen wie das Gas- und Wasserwerk zerstört bzw. schwer beschädigt. Ganze Straßenzüge, insbesondere nördlich und nordöstlich des Neuen Marktes bis zur Grubenstraße, aber auch an vielen anderen Ecken der Innenstadt, wurden ausgelöscht. [28] Allein bei den vier Angriffen im April 1942 kamen 221 Menschen ums Leben, 30.000–40.000 wurden obdachlos.[29] Zu diesem Zeitpunkt war Rostock die am schwersten zerstörte Stadt Deutschlands. Besonders betroffen war die historische Innenstadt. Am Ende des Krieges waren hier von den 10.535 Wohnhäusern 2.611 vollständig zerstört, weitere 6.735 beschädigt.[30] Das waren 47,7 % der Wohnungen und 42,2 % der wirtschaftlich genutzten Gebäude.

Gegen Regime- und Kriegsgegner wurde mit äußerster Härte vorgegangen: Allein 1942 endeten von 78 Sondergerichtsverfahren 19 mit der Todesstrafe. Ebenso verfiel der Todesstrafe, wer sich nach herrenlosen Gegenständen bückte, also "plünderte". Von den bei Kriegsbeginn noch 70 in Rostock lebenden Juden, die jetzt keine Möglichkeit mehr hatten, Deutschland zu verlassen, überlebten nur 14. Die meisten waren 1942 und 1943 in die Konzentrationslager Auschwitz und Theresienstadt deportiert und dort ermordet worden.

Im Frühjahr 1945 wurde Rostock von fliehenden Wehrmachtsangehörigen und westwärts ziehenden Flüchtlingstrecks überflutet und am 1. Mai 1945 durch die Rote Armee nahezu kampflos besetzt. Zuvor flohen auch viele Rostocker, etliche NSDAP-Funktionäre begingen Selbstmord, darunter Oberbürgermeister Volgmann, sein Stellvertreter Dr. Grabow, NS-Kreisleiter Dettmann und der Polizeichef Dr. Sommer.

DDR

Bei Kriegsende waren nur noch 69.000 Menschen in Rostock verblieben. Durch Kriegsheimkehrer und den Zustrom Vertriebener, von denen Rostock in den ersten Jahren nach dem Krieg 33.000 aufnahm, stieg die Einwohnerzahl bis 1950 jedoch wieder auf den Vorkriegsstand.[31] Die Überreste der weitgehend zerstörten Flugzeugwerke fielen als Reparationen an die Sowjetunion. Die Neptun-Werft wurde wieder aufgebaut und in Warnemünde entstand 1945/46 die Warnowwerft. Beide Werften führten anfangs fast ausschließlich Reparationsaufträge durch. Viele Gebäude, darunter das Stadttheater, waren nach den Kriegszerstörungen nicht mehr zu retten, andere, wie die Jakobikirche und das Petritor, wurden aus ideologischen oder städteplanerischen Motiven abgerissen. 1949 begann man mit dem Wiederaufbau des nahezu vollständig zerstörten Stadtgebiets zwischen Marienkirche und Grubenstraße, wobei die historischen Straßenzüge nur teilweise rekonstruiert wurden.

Mit der Langen Straße in der Innenstadt und einem Neubaugebiet in Reutershagen im Stil des sozialistischen Klassizismus wurden ab 1953 die ersten Prestigeprojekte des Wiederaufbaus in Angriff genommen.

Bei der ersten freien Wahl in der Sowjetischen Besatzungszone, der Kommunalwahl am 15. September 1946, erhielt die SED 48,87 %, die LDPD 27,7 %, die CDU 20,5 % und der Frauenausschuss 1,98 % der Stimmen. Wie wenig kommunale Selbstverwaltung gegenüber der beherrschenden Stellung der sowjetischen Militäradministration und den Machtansprüchen der Kommunisten möglich war, zeigt die Verhaftung des Rostocker Oberbürgermeisters Albert Schulz, der zwar der SED angehörte, aber der SPD entstammte und die Zwangsvereinigung mit der KPD ablehnte. Ideologische und ökonomische Repressionen wie die Einrichtung der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) oder die besonders Warnemünde treffende Aktion Rose sowie die massenhafte Flucht in den Westen führten zu Unzufriedenheit, die auch in Rostock am 17. Juni 1953 in Streiks und Demonstrationen der Arbeiter mündete.

Seit 1952 war Rostock durch die Verwaltungsreform Bezirksstadt. Die Stadt wurde systematisch aufgewertet, etwa mit der ab 1955 ausgerichteten Ostseewoche, die nach der Leipziger Messe die wichtigste Großveranstaltung der DDR mit internationalem Akzent wurde. Um auch im Fußball erstklassig zu sein, wurde 1954 kurzerhand aus dem kleinen sächsischen Ort Lauter der dortige Erstligaverein an die Warnow delegiert und dort zum heutigen Fußballbundesligisten Hansa Rostock.

In den Folgejahren entwickelte sich die Stadt zum Schiffbau- und Schifffahrtszentrum der DDR und erlangte nicht zuletzt dadurch eine wachsende Bedeutung innerhalb der DDR. Neben den Werften entstanden 1949 das Dieselmotorenwerk, 1950 das spätere Fischkombinat und 1952 die Deutsche Seereederei Rostock (DSR). Infolge des Krieges und der deutschen Teilung verfügte die DDR zunächst über keinen bedeutenden Seehafen und musste auf Hamburg und Stettin ausweichen. So entstand zwischen 1957 und 1960 der Überseehafen Rostock. Auch die Hochschullandschaft folgte der maritimen Ausrichtung: Die Universität eröffnete 1951 einen Fachbereich für Schiffbau, später eine Technische Fakultät. Die Ingenieurschule für Schiffbautechnik Warnemünde wurde mit der Seefahrtschule Wustrow zusammengeschlossen.

Der wirtschaftliche Aufschwung ließ viele Zuwanderer nach Rostock strömen. Bis 1988 wuchs die Stadt auf über 250.000 Einwohner an. Auf der grünen Wiese entstanden im Nordwesten, im Nordosten und im Süden immer mehr der neuen Stadtteile in industrieller Plattenbauweise. Zuerst baute man auf Arealen, die planerisch bereits in den 1930er Jahren für den Wohnungsbau vorgesehen waren. In den Jahren von 1959 bis 1965 entstanden so die Ortsteile Reutershagen mit 9.772 Wohnungen und die Südstadt mit 7.917 Wohnungen. Danach folgte eine Ausweisung von Baugebieten, die nicht mehr direkt an das innere Stadtgebiet angrenzten. Im Nordwesten, zwischen dem bebauten Stadtgebiet Rostocks und Warnemünde, entstanden in den Jahren 1965 bis 1974 die Großwohnsiedlungen Lütten Klein mit 10.631 Wohnungen und Evershagen mit 8.732 Wohnungen), es folgten 1974 bis 1976 Lichtenhagen mit 6.925 Wohnungen, 1976 bis 1979 Schmarl mit 4.908 Wohnungen und Groß Klein mit 8.200 Wohnungen in den Jahren 1979 bis 1983. Um den Schwerpunkt der Stadtentwicklung mehr in die Mitte Rostocks zurückzuführen, wurden die nächsten Gebiete im Nordosten der Stadt geplant. Von 1983 bis 1989 entstanden so die Siedlungen Dierkow mit 7.530 Wohnungen und Toitenwinkel mit 6.549 Wohnungen. Insgesamt wurden in der Zeit der industriellen Bauweise 54.000 Wohnungen gebaut, in der mehr als die Hälfte aller Rostocker lebten. [32] [33]

Jedoch konnte die Entwicklung der Infrastruktur und von Freizeit- und Einkaufsmöglichkeiten kaum mithalten. Außerdem wurden viele Altbauten in der Innenstadt dem Verfall preisgegeben. Die nördliche Altstadt, wo die Kriegsschäden nur dürftig repariert worden waren, wurde Anfang der 1980er Jahre nahezu komplett abgerissen und einige Jahre später durch Plattenbauten ersetzt. Immerhin wurden dabei Elemente norddeutscher Giebelbauweise berücksichtigt.[34]

Unzureichende Investitionen führten, wie vielerorts in der DDR, auch in Rostock zu einer sichtbaren Stagnation der Wirtschaft und zu Versorgungslücken. Fehlende politische Freiheiten und Einflussmöglichkeiten ließen die Unzufriedenheit weiter wachsen. Dennoch erreichten die 1989 aufkeimenden Demonstrationen – im Gegensatz zum Süden der Republik – erst relativ spät eine größere Öffentlichkeit. Während der Umbruchszeit 1989 waren die Rostocker Kirchen Anlaufstellen oppositioneller Kräfte, die sich in der Marienkirche zu Mahngottesdiensten unter der Leitung von Pastor Joachim Gauck versammelten. Die erste Donnerstagsdemonstration fand am 19. Oktober statt. Ende November wurde dann auch in Rostock ein Runder Tisch gebildet, um aktiv den politischen Umbruch mitzugestalten.

Deutsche Einheit

Mit der politischen Wende 1989 und der Deutschen Wiedervereinigung 1990 erlebte die Stadt wichtige Veränderungen. Am deutlichsten war jedoch zunächst ein starker Bevölkerungsrückgang um ungefähr 50.000 Einwohner, der erst knapp 15 Jahre später zum Stillstand kam. Gleichzeitig verloren viele Menschen, wie in der ganzen Region, Arbeitsplätze und neue konnten aufgrund fehlender wirtschaftlicher Strukturen nicht schnell genug entstehen.

Als ein Tiefpunkt dieser Zeit müssen die ausländerfeindlichen Ausschreitungen von Lichtenhagen im August 1992 gewertet werden, die das Bild der Stadt noch Jahre danach in der Öffentlichkeit prägten. Eine gesellschaftliche Antwort Rostocks darauf war die Initiative „Bunt statt Braun“.

Seit 1990 wurde und wird viel an der Stadt gebaut: Der Historische Stadtkern wurde unter anderm aus Mitteln der Städtebauförderung und dem Programm zum Städtbaulichen Denkmalschutz gründlich saniert. Gebäude, die vor dem Verfall standen, wurden gerettet. Die Infrastruktur wurde erneuert und als ein wichtiges, sichtbares Zeichen für den Neuanfang erhielt St. Petri seinen neu errichteten Turmhelm, der mit Städtebauförderungsmitteln, Mitteln der Kirche und aus Spendengeldern vieler Rostocker Bürger finanziert worden ist. Ein behutsamer Umbau und Rückbau in den Plattenbaugebieten (vor allem in den Ortsteilen Dierkow, Toitenwinkel, Evershagen, Groß-Klein und Schmarl) wurde zusammen mit Verbesserungen des Wohnumfelds im Rahmen der Programme „Aufwertung“, „Stadtumbau-Ost“ und „Die Soziale Stadt“ durchgeführt, um unter anderem einem Leerstand von Wohnungen entgegenzuwirken.

Die 1990er Jahre waren von einer wirtschaftlichen Konsolidierung, aber auch von emotionalen Auseinandersetzungen mit der Politik des Landes und des Bundes um Kürzungen der Finanzierung vor allem im Bildungswesen und in der Kultur geprägt. So war die Universität gezwungen, traditionsreiche Fakultäten zu schließen. Die Stadt ist hoch verschuldet und kämpft um ihre Verwaltungsautonomie. Daher wurden einige umfangreiche strukturelle Reformen in der Stadt, aber auch der Verwaltung des Landes Mecklenburg-Vorpommern unternommen, die zu mehr Effizienz führen sollen. Dieser Prozess ist noch nicht abgeschlossen.

Eine wichtige Rolle für die stärkere Identifizierung der Bevölkerung mit ihrer Stadt hat die maritime Großveranstaltung Hanse Sail. Als bedeutendes Segelrevier wurde Warnemünde durch die gemeinsame Bewerbung mit Leipzig um die Austragung der Olympischen Sommerspiele 2012 aufgewertet, auch wenn die Kandidatur misslang. 2003 richtete Rostock die Internationale Gartenschau (IGA) aus.

In den Blickpunkt der internationalen Öffentlichkeit geriet Rostock Anfang Juni 2007 mit dem Weltwirtschaftsgipfel der G8 im westlich gelegenen Seebad Heiligendamm. Ein großer Teil der Begleitveranstaltungen fand in Rostock statt, so der Alternativgipfel und zahlreiche Demonstrationen. Am Rande der Auftaktdemonstration am 2. Juni kam es zu Ausschreitungen radikaler Autonomer des Schwarzen Blocks, bei denen nach offiziellen Angaben rund 1.000 Personen verletzt wurden, vorwiegend durch Steinwürfe und den Einsatz von Wasserwerfern.[35]

Literatur

  • Karsten Schröder: In deinen Mauern herrsche Eintracht und allgemeines Wohlergehen. Eine Geschichte der Stadt Rostock von ihren Ursprüngen bis zum Jahr 1990. Rostock, Ingo Koch Verlag, 2003, ISBN 3-929544-68-7
  • Landeskundlich-historisches Lexikon Mecklenburg-Vorpommern. Herausgegeben von der Geschichtswerkstatt Rostock e.V.; Redaktion: Thomas Gallien. Rostock, Hinstorff, 2007, ISBN 3-356-01092-1
  • Ernst Münch, Ralf Mulsow: Das alte Rostock und seine Straßen. Rostock, Redieck & Schade 2006. ISBN 3-934116-57-4
  • Ernst Münch, Wolf Karge, Hartmut Schmied: Die Geschichte Mecklenburgs. Rostock, Hinstorff, 2004, ISBN 3-356-01039-5
  • Helge bei der Wieden, Roderich Schmidt: Handbuch der historischen Stätten Deutschlands, Band 12: Mecklenburg, Pommern.Stuttgart, Kröner, 1996, ISBN 978-3-520-31501-4
  • Meklenburgisches Urkundenbuch. Herausgegeben von dem Verein für Meklenburgische Geschichte und Alterthumskunde. 24 Bände. Schwerin u.a. 1863–1913. (Nachtragsbände 1936 und 1977)
  • Walter Kempowski: Deutsche Chronik. Neun Romane, 1971–1984. [In den autobiografisch geprägten Romanen verarbeitete Kempowski die Rostocker Stadtgeschichte des 19. und vor allem des 20. Jahrhunderts literarisch.]
  • Frank Betker: "Einsicht in die Notwendigkeit!". Kommunale Stadtplanung in der DDR und nach der Wende (1945-1994), Beiträge zur Stadtgeschichte und Urbanisierungsforschung Bd. 3, Stuttgart 2005 (mit Fallstudie Rostock und Halle/Saale). ISBN 3-515-08734-6

Fußnoten

  1. ↑ Dieter Warnke: Rostock – Petribleiche. Eine slawische Fürstenburg des 12. Jahrhunderts. In: Archäologie des Mittelalters und Bauforschung im Hanseraum, hrsg. v. Manfred Gläser. Rostock, Konrad Reich Verlag 1993 (Schriften des Kulturhistorischen Museums in Rostock), S. 155–160.
  2. ↑ Dörte Bluhm: Rostock – Meine Stadt. Rostock, WIRO 2005, S. 2ff.
  3. ↑ Vgl. Saxo Grammaticus: Gesta Danorum. Mythen und Legenden des berühmten mittelalterlichen Geschichtsschreibers Saxo Grammaticus. Übersetzt, nacherzählt und kommentiert von Hans-Jürgen Hube. Wiesbaden: Marix-Verlag 2004. ISBN 3-937715-41-X. Siehe auch: Gesta Danorum im lateinischen Volltext auf der Homepage der dänischen Königlichen Bibliothek
  4. ↑ A.F.Lorenz wies später darauf hin, es sei unwahrscheinlich, dass es zum Beispiel eine dreifache Erweiterung der Grenze der Mittelstadt gegeben hat und auch, dass Koßfelder- und Krämerstraße durch die Stadtgrenze geschnitten wurden (Vgl. Zur Geschichte der Rostocker Stadtbefestigung. In: Beiträge zur Geschichte der Stadt Rostock, Bd. 20, 1935)
  5. ↑ K. Schröder: In deinen Mauern herrsche Eintracht und allgemeines Wohlergehen. S. 14f.
  6. ↑ G. Baier, Die Marienkirche zu Rostock. Berlin, Union-Verlag 1988, S. 2.
  7. ↑ Ortwin Pelc: Rostock um 1200. Von der slawischen Burg zur deutschen Stadt. In: Rostock im Ostseeraum in Mittelalter und früher Neuzeit. Universität Rostock, Fachbereich Geschichte. Rostock 1994, S. 21. ISBN 3-86009-093-3.
  8. ↑ Vgl. Handbuch der historischen Stätten Deutschlands. Mecklenburg, Pommern. S. 99.
  9. ↑ Matthias Puhle: Die Vitalienbrüder. Frankfurt a. M./New York, ²1994, S. 36f.
  10. ↑ Matthias Puhle: Die Vitalienbrüder. Frankfurt a. M./New York, ²1994, S. 52ff.
  11. ↑ Vgl. u.a.: Schröder, Karsten: In deinen Mauern herrsche Eintracht und allgemeines Wohlergehen. Kap.: Eine Universität der Hanse, S. 47f. Rostock: Konrad Reich 2001. ISBN 3-86167-102-6
  12. ↑ Vgl. Ulpts, Ingo: Die Bettelorden in Mecklenburg (Saxonia Franciscana 6) Werl 1995, 34-43/80-86.
  13. ↑ K. Schröder: In deinen Mauern herrsche Eintracht und allgemeines Wohlergehen. S. 80f.
  14. ↑ K. Schröder: In deinen Mauern herrsche Eintracht und allgemeines Wohlergehen. S. 81.
  15. ↑  Kapitulation der Stadt Rostock vor Wallenstein. Rostock 1628.
  16. ↑ Vgl.: Alexander Pries: Der schwedische Zoll in Warnemünde in den Jahren 1632–1654. Inaugural-Dissertation. Wismar 1914.
  17. ↑ Zahlen nach K. Schröder: In deinen Mauern herrsche Eintracht und allgemeines Wohlergehen. S. 94f.
  18. ↑ Handbuch der historischen Stätten Deutschlands. Mecklenburg, Pommern. S. 102.
  19. ↑ Angaben nach K. Schröder: In deinen Mauern herrsche Eintracht und allgemeines Wohlergehen. S. 119f.
  20. ↑ Neptun-Aktie von 1927
  21. ↑ Vgl. Einwohnerentwicklung von Rostock (mit Angabe der Quellen).
  22. ↑ K. Schröder: In deinen Mauern herrsche Eintracht und allgemeines Wohlergehen. S. 181.
  23. ↑ K. Schröder: In deinen Mauern herrsche Eintracht und allgemeines Wohlergehen. S. 190.
  24. ↑ K. Schröder: In deinen Mauern herrsche Eintracht und allgemeines Wohlergehen. S. 223f.
  25. ↑ K. Schröder: In deinen Mauern herrsche Eintracht und allgemeines Wohlergehen. S. 225.
  26. ↑ Vgl. Einwohnerentwicklung von Rostock (mit Angabe der Quellen).
  27. ↑ Angaben nach K. Schröder: In deinen Mauern herrsche Eintracht und allgemeines Wohlergehen. S. 248.
  28. ↑ Campaign Diary des Royal Airforce Bomber Command (Auflistung der eingesetzten und verlorenen Flugzeuge sowie Darstellung der geplanten und erreichten Ziele): April 1942 und Mai 1942
  29. ↑ Angaben nach K. Schröder: In deinen Mauern herrsche Eintracht und allgemeines Wohlergehen. S. 249.
  30. ↑ Angaben nach K. Schröder: In deinen Mauern herrsche Eintracht und allgemeines Wohlergehen. S. 255.
  31. ↑ K. Schröder: In deinen Mauern herrsche Eintracht und allgemeines Wohlergehen. S. 255ff.
  32. ↑ K. Schröder: In deinen Mauern herrsche Eintracht und allgemeines Wohlergehen. S. 291
  33. ↑ Zur Organisationen und zu den Institutionen der Stadtplanung in Rostock von 1945 bis zu den ersten Jahren nach der Wende vgl. das Fallbeispiel Rostock in: Frank Betker: "Einsicht in die Notwendigkeit!" Kommunale Stadtplanung in der DDR und nach der Wende (1945-1994), Stuttgart 2005, vor allem die Teile III, IV und V
  34. ↑ Zur Stadtplanung für die Nördliche Altstadt, zum Bau des Fünfgiebelhauses am Uni-Platz sowie zu den Konflikten um die Stadterneuerung in den 80er Jahren in Rostock und Halle/Saale siehe Frank Betker: "Einsicht in die Notwendigkeit!" Kommunale Stadtplanung in der DDR und nach der Wende (1945-1994), Stuttgart 2005, S. 311-340
  35. ↑ Fotogalerien: www.xxx, www.xxx

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Universität Rostock

Die Universität Rostock wurde 1419 gegründet. Sie ist die drittälteste Hochschule auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland und die älteste Universität im Ostseeraum. Im Wintersemester 2009/10 sind etwa 15.138 Studenten immatrikuliert und 301 Professorenstellen vorhanden. Die Mehrheit der 70 Studiengänge in zehn Fakultäten wird mit Master- und Bachelorabschlüssen angeboten. Im Jahr 2009 kamen 59,3% der Studierenden der Uni Rostock aus dem Bundesland Mecklenburg-Vorpommern.[3]

Geschichte

Entstehung

Die Universität Rostock wurde 1419 von den Herzögen Johann IV. und Albrecht V. von Mecklenburg und dem Rat der Hansestadt Rostock als erste Universität in Norddeutschland und dem gesamten Ostseeraum gegründet, zunächst ohne theologische Fakultät, aber mit päpstlicher Bulle (Gründungsurkunde von Papst Martin V. vom 13. Februar 1419). Die feierliche Eröffnung der Universitas Rostochiensis war am 12. November 1419. Wegen häretischer Strömungen blieb die Universität aber bis 1433 ohne die übliche theologische Fakultät.

Anfangs bestand sie daher aus einer juristischen und einer medizinischen Fakultät sowie der Facultas artium (heute die philosophische Fakultät), 1433 kam nunmehr eine theologische Fakultät hinzu.

Frühe Neuzeit

Im 15. Jahrhundert war die Universität Rostock mit 400 bis 500 Studenten besonders aus Holland, Skandinavien und dem Baltikum eine der größten Universitäten in Deutschland. Infolge politischer Wirren musste die Universität auf kirchlichen Druck und unter der Vorgabe eines Interdikts durch das Basler Konzil im Jahre 1437 nach Greifswald umziehen. Dieser Status dauerte bis 1443 an, obwohl bereits 1440 das Interdikt aufgehoben worden war. 1487 bis 1488 (nach anderen Aussagen bis 1492) befand sich der Sitz der Universität in der Hansestadt Lübeck.

Einige Zeit später als die Stadt Rostock wurde die Universität 1542 protestantisch. 1760 wurde sie in eine rätliche Universität in Rostock und eine fürstliche Universität in Bützow geteilt und 1789 wiedervereinigt. Humanismus und Luthertum waren bestimmend für die Universität, die in Folge des Dreißigjährigen Krieges zu einer Hochschule für Landeskinder verkümmerte.

Beim Universitätsjubiläum im Jahre 1600 wurde die Theaterkomödie Cornelius Relegatus (lat. “der von der Universität verwiesene Cornelius”), auch „der verbummelte Cornelius“, von Albert Wichgreve (um 1575-1619) uraufgeführt, die auf satirische Weise die unrühmliche Laufbahn eines gescheiterten Studenten des 16. Jahrhunderts schildert und für lange Zeit die Ansichten der Öffentlichkeit vom Leben eines Bummelstudenten prägte. Gleichzeitig ist das Stück ein Dokument der akademischen Sitten und Gebräuche des ausgehenden 16. Jahrhunderts. Das Stück erzielte einen enormen Publikumserfolg mit außergewöhnlicher Langzeitwirkung.

Eine der wichtigsten Einrichtungen für die Studenten und Mitarbeiter ist die bereits 1569 gegründete Universitätsbibliothek, die aus drei Bereichsbibliotheken, 10 Fachbibliotheken, dem Universitätsarchiv, der Kustodie und dem Patent- und Normenzentrum besteht. Sie hat heute einen Bestand von rund 2,2 Mio. Bänden. Sie besitzt außerdem einen umfangreichen Altbestand, der auch ca. 2.800 Handschriften und Autographen, 650 Inkunabeln und 14 Nachlässe enthält.

Die Universität Rinteln, die Universität Rostock und die Universität Wittenberg („Leucorea“) waren führende gutachterliche Universitäten während der Hexenprozesse. Die Spruchpraxis an den allgemeinen deutschen juristischen Fakultäten war recht unterschiedlich. Die juristischen Fakultäten der Universitäten Helmstedt („Academia Julia“) und Rinteln galten als „hardliner“ in Sachen Hexenverfolgung.

19. Jahrhundert

Nachdem die Universität 1827 durch Vertrag von der Stadt auf das Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin übergegangen war, wurde Ende des 19. Jahrhunderts durch einen großzügigen Ausbau wieder der Anschluss an die anderen deutschen Universitäten erreicht. Das Hauptgebäude wurde 1866 bis 1870 vom Schweriner Hofbaurat Hermann Willebrand im Stil der Neorenaissance entworfen.

Die erste akademische Einrichtung, die sich in Deutschland mit Germanistik befasste, ist das 1858 in Rostock gegründete „Deutsch-Philologische Seminar“ (heute Institut für Germanistik).

20. Jahrhundert

Die Universität blieb jedoch zahlenmäßig eine kleine Hochschule mit 1700 Studenten im Jahre 1930.

Anlässlich der Fünfhundertjahrfeier der Universität Rostock am 12. November 1919 erhielten Albert Einstein und Max Planck die Ehrendoktorwürde. Die Universität ehrte die "gewaltige Arbeit seines Geistes, durch die er die Begriffe von Raum und Zeit, von Schwerkraft und Materie von Grund aus erneuert hat" und ernannte ihn "ehrenhalber zum Doktor der Medizin". Da das Physikalische Institut das Kontingent an Ehrenpromotionen zur Fünfhundertjahrfeier bereits ausgeschöpft hatte, erfolgte die Ehrung durch die Medizinische Fakultät. Die einzige in Deutschland an Einstein verliehene Ehrendoktorwürde wurde ihm auch während der NS-Zeit nicht aberkannt.[4]

Durch die nationalsozialistische Herrschaft ab 1933 verloren mehrere Gelehrte ihre Stellung: David Katz, Hans Moral u.a.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Universität am 24. Februar 1946 wiedereröffnet. Bis Juli 1963 hatte die Hochschule auch eine Arbeiter- und Bauernfakultät „Ernst Thälmann“. Die juristische Fakultät bestand nur von 1946 bis 1951. 1950 wurde eine landwirtschaftliche Fakultät eröffnet, 1951 ein Fachbereich für Schiffbau, der ab 1963 Technische Fakultät hieß. Damit erweiterte sie als erste klassische Universität in Deutschland ihr Profil um eine technische Fakultät. 1952 wurde eine Fakultät für Luftfahrtwesen gegründet, die jedoch ein Jahr später nach Dresden verlegt wurde. 1963 kam noch eine Ingenieurökonomische Fakultät hinzu. Für das ab 1951 obligatorische marxistisch-leninistische Grundlagenstudium der Studenten aller Fachrichtungen, später auch der wissenschaftlichen Mitarbeiter, gab es ein "Gesellschaftswissenschaftliches Institut", das 1960 in Institut für Marxismus-Leninismus umbenannt und 1969 zur "Sektion für Marxismus-Leninismus" umstrukturiert wurde.

1976 wurde die Universität Rostock „Universitas Rostochiensis“ in „Wilhelm-Pieck-Universität“ umbenannt. 1990 wurde die Rückbenennung vorgenommen.

Im Jahre 1970 wurde das älteste deutsche Studentenkabarett ROhrSTOCK in Rostock gegründet, welches bis heute existiert.

Seit 1992 werden an der Universität Rostock auch aufbauende Fernstudiengänge angeboten. Diese werden zusammen mit der Umgestaltung im Rahmen des Bologna-Prozesses im Zentrum für Qualitätssicherung organisiert. Zur Verbesserung von Lehre und Forschung ist die Universität am Verbund Norddeutscher Universitäten beteiligt.

Die Universität heute

Forschung

Mit der Gründung einer Interdisziplinären Fakultät im Oktober 2007 will sich die Universität Rostock zukünftig in Forschung und Lehre drei interdisziplinären Profillinien zuwenden:

Die Profillinie Science and Technology of Life, Light and Matter verbindet Natur- und Ingenieurwissenschaften sowie Medizin; neue Materialien und deren Interaktion mit Licht spielen dabei eine bedeutende Rolle.

Maritime Systems setzt sich insbesondere mit Küstensystemen auseinander, die land- und wasserseitig im Mittelpunkt des Interesses stehen. Aspekte der Agrar- und Umweltwissenschaften sowie der Natur- und Ingenieurwissenschaften werden darin einfließen.

Aging Science and Humanities beschäftigt sich mit den Themen der älter werdenden Gesellschaft; dabei werden soziale und medizinische Aspekte sowie biologische Ursachen untersucht.

Die Interdisziplinäre Fakultät ist zentrale Schnittstelle für die Wissenschaftler aller anderen neun Fakultäten. An ihr sind die Profillinien in sogenannten „Departments“ organisiert sind und können von den verschiedenen fachlichen Zweigen gemeinsam untersucht und bearbeitet werden.

Studiengänge

Derzeit gibt es an der Rostocker Universität 70 Studienrichtungen. Die Studiengänge Human- und Zahnmedizin, Rechtswissenschaften sowie Lehramt schließen mit dem Staatsexamen ab. Anwärter des Lehramtes können zwischen 20 Unterrichtsfächern für vier verschiedene Schultypen wählen. Die Mehrheit der weiteren Studiengänge wird bereits mit Master- und Bachelorabschlüssen angeboten. Kontinuierlich sind neue Umstellungen in Planung: Zum Wintersemester 2007/08 wurde u. a. der Bachelorstudiengang Mathematik eingeführt, ab 2008 soll der entsprechende Masterstudiengang folgen. An einigen Fakultäten, beispielsweise der Agrar- und Umweltwissenschaftlichen Fakultät oder der Fakultät für Informatik und Elektrotechnik, sind bereits alle Studiengänge umgestellt. Im Bereich der auf ein internationales Klientel ausgerichteten Studiengänge gibt es derzeit einen englischsprachigen Master-Studiengang an der Fakultät für Informatik und Elektrotechnik: Computational Engineering.

Daneben bietet die Universität Rostock drei Fernstudiengänge mit Masterabschluss an: Umweltschutz, Umwelt und Bildung sowie Medien und Bildung.

Die Agrar- und Umweltwissenschaftliche Fakultät verfügt mit ihrem Studiengang Agrarökologie über den ersten deutschen Studiengang, welcher auf die Gestaltung, Nutzung und Entwicklung des ländlichen Raumes als Ganzes orientiert ist.

An der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät ist der Studiengang zur Atmosphärenphysik und physikalischer Ozeanographie ein bundesweites Unikat.

Die Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät bietet einen Studienabschluss in Demographie über ein wesentliches Alleinstellungsmerkmal: nur in Rostock kann man einen Diplom- oder Masterabschluss in diesem Fach erlangen. [5]

Weiterbildung

Seit 1991 bietet die Universität Rostock für Berufstätige Weiterbildungsangebote auf Hochschulniveau an. Interessierte können aus einem breiten Angebot praxisnaher Weiterbildung wählen: von drei berufsbegleitenden Masterstudiengängen bis hin zu über 43 mehrmonatigen Weiterbildungskursen mit Zertifikatsabschluss.[6]

Berufsbegleitende Masterstudiengänge:

  • Umweltschutz (M.Sc.) – 4 Semester, berufsbegleitend, akkreditiert bis 2011
  • Umwelt & Bildung (M.A.) – 4 Semester, berufsbegleitend, akkreditiert bis 2011
  • Medien & Bildung (M.A.) – 4 Semester, berufsbegleitend, akkreditiert bis 2011

Zertifikatskurse aus folgenden Wissensbereichen:

  • Marketing & Management
  • Kommunikation
  • Medienbildung
  • Umweltbildung
  • Umweltschutz

Mediengestütztes Juniorstudium

Die Universität Rostock bietet für Schüler der gymnasialen Oberstufe die Möglichkeit an, ein Frühstudium (Juniorstudium) in unterschiedlichsten Fächern zu absolvieren. Während klassische Ansätze zum Juniorstudium häufig zeitlich mit dem Schulunterricht kollidieren, wird für das Angebot der Universität Rostock ein Blended Learning Konzept (E-Learning) genutzt.

Die Rolle für die Rostocker Wirtschaft

2006 wurden über 700 Wissenschaftlerstellen aus Drittmitteln für Forschungsprojekte oder Graduiertenkollegs finanziert. Daneben gingen bisher mehrere hundert Unternehmensgründungen aus den Fakultäten hervor. In den vergangenen Jahren wurden etwa 90 Erfindungsmeldungen und 19 internationale Patentanmeldungen eingereicht. Die Wirtschafts- und Sozialwissenschaften unterstützen in Forschung und Lehre besonders kleine und mittlere Unternehmen in den Bereichen Tourismus und Logistik. Die bundesweit einmaligen ökologisch ausgerichteten Agrar- und Umweltwissenschaften fokussieren auf Produktivität und Entwicklungsfähigkeit des ländlichen Raums.

Weitere Angebote

Die Universitätsbibliothek ist die größte Bibliothek Mecklenburg-Vorpommerns. 2007 wurde die Mensa bundesweit erneut als zweitbeste ausgezeichnete. Die Hauptmensa wurde 1999 neu errichtet. 2003 gewann sie den Mensawettbewerb der Zeitschrift UNICUM[7], 2006 wurde sie zum zweiten Mal bundesweit Zweiter[8]. Der mit 150 Kursen vertretene Hochschulsport wurde 2006 in einer Studie des Centrums für Hochschulentwicklung deutschlandweit in der Spitzengruppe bewertet.

Fakultäten und Einrichtungen

Heute bieten die zehn Fakultäten der Universität Rostock Mitarbeitern und Studenten ein breites Fächerspektrum und ermöglichen den Wissenschaftlern gleichzeitig den Zugang zu vielen Forschungsthemen:

  • Agrar- und Umweltwissenschaftliche Fakultät
  • Fakultät für Informatik und Elektrotechnik
  • Fakultät für Maschinenbau und Schiffstechnik
  • Juristische Fakultät
  • Mathematisch Naturwissenschaftliche Fakultät
  • Medizinische Fakultät und Universitätsklinikum
  • Philosophische Fakultät
  • Theologische Fakultät
  • Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät
  • Interdisziplinäre Fakultät

Zentrale Einrichtungen:

  • Zentrum für Qualitätssicherung in Studium und Weiterbildung (ZQS)
  • Zentrum für Lehrerbildung und Bildungsforschung (ZLB)

Darüber hinaus haben sich in und um Rostock zahlreiche Forschungsinstitute angesiedelt, unter anderem:

  • Leibniz-Institut für Katalyse (An-Institut)
  • Leibniz-Institut für Ostseeforschung in Warnemünde (An-Institut)
  • Leibniz-Institut für Atmosphärenphysik in Kühlungsborn (An-Institut)
  • Forschungsinstitut für die Biologie landwirtschaftlicher Nutztiere in Dummerstorf bei Rostock
  • Max-Planck-Institut für demografische Forschung
  • Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung (IGD)

Partner-Universitäten

Die Universität Rostock kooperiert derzeit mit 52 Hochschulen in 25 Ländern. Ein Schwerpunkt der internationalen Zusammenarbeit ist der Ostseeraum mit den skandinavischen Ländern, Russland, Polen und den baltischen Staaten. Im Rahmen des Erasmus-Programms kooperiert die Universität Rostock mit 175 Hochschulen in den 27 EU-Ländern, Norwegen, Liechtenstein, Island und der Türkei. Die Kooperation mit Partnereinrichtungen im Ausland erfolgt sowohl auf der Basis gemeinsamer Forschungsvorhaben, als auch auf dem Gebiet der Lehre. So sind nicht nur der Studentenaustausch, Gastlehrtätigkeit, die gemeinsame Betreuung von Diplomanden und Doktoranden, von Projektarbeiten und Praktika Bestandteil der Partnerschaften, sondern auch die Diskussion konzeptioneller und organisatorischer Fragen der Studienreform im Rahmen des Bologna-Prozesses sowie der fachliche Austausch bei der Lehrplangestaltung und in Vorbereitung der Einführung neuer und zukünftig auch gemeinsamer Studiengänge.

Bekannte Persönlichkeiten

  • Konrad Gesselen (1409-1459), Astronom, Mathematiker, Pfarrer, lehrte in Rostock und Thorn
  • Ulrich von Hutten (1488-1523), Humanist, verfasste 1509 in Rostock sein erstes bedeutendes Werk (Zwei Bücher Klagelieder gegen Vater und Sohn Lötz)
  • Levinus Battus (?-1591), Mediziner
  • David Chyträus (1530-1600), Theologe, Bildungspolitiker und Historiker, ab 1561 Professor der Theologie
  • Tycho Brahe (1546-1601), Astronom und Astrologe, studierte in Rostock
  • Axel Oxenstierna (1583-1654), Schwedischer Kanzler, studierte 1599 in Rostock
  • Joachim Jungius (1587-1657), Mathematiker, Physiker und Philosoph, Professor für Mathematik in Rostock von 1624 bis 1628
  • Johann Christopher Jauch (1669-1725), Superintendent zu Lüneburg, Dichter barocker Gedichte und Liedtexte
  • Oluf Gerhard Tychsen (1734-1815), Orientalist, Mitbegründer der arabischen Paläographie, ab 1789 Oberbibliothekar
  • Samuel Gottlieb Vogel (1750-1837) Arzt, Professor für Medizin in Rostock seit 1789, Initiator des ersten deutschen Seebades in Heiligendamm
  • Franz Christian Lorenz Karsten (1751-1829), Ökonom und Agrarwissenschaftler
  • Heinrich Friedrich Link (1767-1850), Naturwissenschaftler, Professor der Chemie, Zoologie und Botanik von 1792 bis 1811
  • Leopold von Plessen (1769-1837), Diplomat, Minister, Geheimeraths- und Regierungspräsident (1836) Mecklenburg-Schwerins,[9] bedeutender Vertreter der Mindermächtigen auf dem Wiener Kongress, Verleihung der jur. Ehrendoktorwürde der Universität Rostock anlässlich der 400-Jahr Feier 1819
  • Johann Heinrich von Thünen (1783-1850), Wirtschaftswissenschaftler und Sozialreformer, Verleihung der phil. Ehrendoktorwürde der Universität Rostock 1830[10]
  • Ferdinand Kämmerer (1784–1841) Jurist, ab 1816 ordentlicher Professor
  • Carl Friedrich von Both (1789-1875), Jurist und von 1836 bis 1870 Vizekanzler der Universität Rostock
  • Fritz Reuter (1810-1874), niederdeutscher Schriftsteller, Verleihung der Ehrendoktorwürde der Universität Rostock 1863, Aufnahme des Jura-Studiums an der Universität Rostock 1831
  • John Brinckman (1814-1870), niederdeutscher Schriftsteller, Jura-Studium an der Universität Rostock 1834 bis 1838
  • Heinrich Schliemann (1822-1890), Archäologe, Promotion in Rostock zum Dr. phil. 1869; Namenspatron des Heinrich-Schliemann-Instituts für Altertumswissenschaften in der Philosophischen Fakultät
  • August Zillmer (1831-1893) Versicherungsmathematiker, promovierte an der Universität Rostock
  • Rudolf Berlin (1833-97), Mediziner, Professor für Augenheilkunde, Dekan und Rektor
  • Hermann Roesler (1834-1894) Ökonom und Jurist, 1861-1878 Professor für Staatswissenschaft, anschließend Berater der japanischen Regierung bei der Reform des Rechtssystems nach europäischen Vorbildern
  • Adolf von Wilbrandt (1837-1911), deutscher Schriftsteller und Direktor des Wiener Burgtheaters (1881-1887).
  • Albrecht Kossel (1853-1927), Mediziner und Physiologe, promovierte 1878 an der Universität Rostock, späterer Nobelpreisträger für Physiologie oder Medizin (1910)
  • Oscar Langendorff (1853-1908), Physiologe, ordentlicher Professor und Direktor des Physiologischen Instituts von 1892 bis 1908
  • Eugen Geinitz (1854-1925), Geologe und Mineraloge, Professor für Mineralogie und Geologie und Direktor des Mineralogisch-geologischen Institutes
  • Richard Wossidlo (1859-1939), Ethnologe, Studium der Klassischen Philologie an der Universität Rostock
  • Rudolf Steiner (1861-1925), Begründer der Anthroposophie, Promotion zum Dr. phil. in Rostock 1891
  • Felix Genzmer (1878-1959), Jurist und Skandinavist, Übersetzer der Lieder-Edda, ordentlicher Professor für Öffentliches Recht von 1920 bis 1922
  • Gustav Mie (1868-1957), Physiker, Physik-Studium an der Universität Rostock 1886 bis 1889
  • Moritz Schlick (1882-1936), Philosoph, Habilitation 1911, Dozententätigkeit von 1911 bis 1921, später Initiator des Wiener Kreises; Moritz-Schlick-Forschungsstelle am Institut für Philosophie in der Philosophischen Fakultät
  • Viktor Schilling (1883-1960), Arzt, Mitbegründer der Hämatologie, Klinikleiter des Universitätsklinikums
  • David Katz (1884-1953), Psychologe, 1919-1933 erst ao., dann o. Professor, wegen seiner jüdischen Herkunft von den Nationalsozialisten in den Ruhestand versetzt; gemeinsam mit seiner Frau Namenspatron des Instituts für Pädagogische Psychologie Rosa und David Katz in der Philosophischen Fakultät
  • Hans Moral (1885-1933), ab 1920 erst außerordentlicher, dann ordentlicher Professor der Zahnmedizin von internationaler Bedeutung, nahm sich nach der Entlassung auf Grund seiner jüdischen Abstammung das Leben; Gedenktafel im Foyer des Hauptgebäudes
  • Karl von Frisch (1886-1980), Zoologe, späterer Nobelpreisträger für Physiologie oder Medizin (1973), ord. Professor für Zoologie von 1921 bis 1923
  • Otto Stern (1888-1969), Physiker, Professor für Experimentalphysik von 1921 bis 1923, Nobelpreis für Physik 1943
  • Erich Kästner (1899-1974), Schriftsteller, Germanistik-Studium an der Universität Rostock 1921
  • Kurt von Fritz (1900–1985), klassischer Philologe, Professor für Gräzistik von 1933 bis 1935
  • Walter Hallstein (1901-1982), Politiker und Jurist, Professor für Privat- und Gesellschaftsrecht von 1930 bis 1941, später Staatssekretär im Bundeskanzleramt und im Auswärtigen Amt sowie Präsident der Kommission der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft
  • Pascual Jordan (1902-1980), Physiker, Mitbegründer der Quantenmechanik, außerordentlicher, später ordentlicher Professor für Physik von 1929 bis 1944
  • Eugen Gerstenmaier (1906-1986), ev. Theologe und Politiker, Mitglied des Kreisauer Kreises, später Präsident des Deutschen Bundestages, Promotion an der Theologischen Fakultät 1935
  • Fritz Mertsch (1906-1971), Statistiker, studierte und promovierte zum Dr. rer. pol.
  • Ernst Augustin (*1927), Schriftsteller, Medizin-Studium an der Universität Rostock 1947 bis 1950
  • Arno Esch (1928-1951), Student der Rechtswissenschaft, aktives Mitglied der LDP, als erklärter Gegner des Kommunismus zum Tode verurteilt; Gedenktafel im Foyer des Hauptgebäudes
  • Walter Kempowski (1929-2007), Schriftsteller, Honorarprofessor für Neuere Literatur- und Kulturgeschichte (nach 2003)
  • Heino Falcke (*1929), ev. Theologe, als Propst von Erfurt profilierter kritischer Kirchenvertreter in der DDR; Promotion und Habilitation an der Theologischen Fakultät
  • Hans Apel (*1932), Politiker, ehem. Bundesminister der Finanzen, später der Verteidigung, seit 1993 Honorarprofessor für Finanzpolitik an der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät
  • Uwe Johnson (1934-1984), Schriftsteller, Germanistik-Studium an der Universität Rostock 1952 bis 1956
  • Joachim Gauck (*1940), Pfarrer, ehem. Bundesbeauftragter für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der DDR, Theologiestudium in Rostock, Ehrendoktor der Theologischen Fakultät
  • Rainer Ortleb (*1944), Informatiker und Politiker, 1984 Dozent, ab 1989 Professor für Informationsverarbeitungssysteme, 1991-1994 Bundesminister für Bildung und Wissenschaft

Literatur

  • Beiträge zur Geschichte der Wilhelm-Pieck-Universität Rostock Rostock 1981ff.
  • Geschichtliche Bibliographie von Mecklenburg von W. Heeß, Rostock 1944
  • Die Universität Rostock im 15. und 16. Jh. von Otto Krabbe, Rostock 1854, Nachdruck Aalen 1970
  • Die Matrikel der Universität Rostock 1419-1789 von Ernst Schäfer, Adolph Hofmeister (Hrsg.), 7 Bde, Rostock 1889-1922
  • Die Fünfhundertjahrfeier der Universität Rostock 1419-1919 von Gustav Herbig und Hermann Reincke-Bloch, Rostock 1920
  • Geschichte der Universität Rostock 1419-1969 (Festschrift zur Fünfhundertfünfzig-Jahr-Feier), 2 Bde., Rostock 1969
  • Universität Rostock von Paul Kretschmann, Köln-Wien 1969
  • Mögen viele Lehrmeinungen um die eine Wahrheit ringen. 575 Jahre Universität Rostock. Rostock 1994.

Einzelnachweise

  1. ↑ Statistisches Amt Mecklenburg-Vorpommern, Personal an Hochschulen in MV 2008, Seite 6 (PDF)
  2. ↑ UniRostock in Zahlen (PDF)
  3. ↑ Zahlen und Fakten der Uni Rostock (2009)
  4. ↑ Rostock erinnert an Albert Einsteins Ehrendoktor - Die Welt
  5. ↑ Universität Rostock - Hochschulinformationsportal Mecklenburg-Vorpommern
  6. ↑ Weiterbildungsprogramm - Universität Rostock
  7. ↑ Die besten Mensen 2003 - xxx
  8. ↑ Die besten Mensen 2006 - xxx
  9. ↑ A. Bartsch "Jahresbericht des Vereins für meklenburgische Geschichte und Alterthumskunde", Schwerin 1836, Seite 59,
  10. ↑ Thünengesellschaft e. V.

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Rostocker Stadtbrand von 1677

Der Rostocker Stadtbrand oder auch Große Stadtbrand des Jahres 1677 war eine Feuerkatastrophe, durch welche rund ein Drittel der mittelalterlichen Bausubstanz insbesondere im Osten und Norden des historischen Stadtkerns der Hansestadt Rostock vernichtet wurde. Dieser Stadtbrand war neben den britischen Luftangriffen Ende April 1942 eine der beiden Katastrophen der Rostocker Stadtgeschichte, die das ursprüngliche Stadtbild Rostocks als spätmittelalterlicher Kaufmannstadt für immer veränderten.

Verlauf

Stadtbrände traten in der Gründungsphase der Stadt im 13. Jahrhundert, also der zunächst nacheinander und unabhängig voneinander verlaufenden Entwicklung der drei Teilstädte Alt-, Mittel- und Neustadt, gehäuft auf, da die ersten Häuser reetgedeckte Holzbauten waren. Als viele Nachfolgebauten aus Stein ausgeführt wurden, sank das Feuerrisiko. Dennoch bestand im mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Rostock stets eine große Brandgefahr. Gründe dafür waren die enge Bebauung und die schmalen Gassen, da die Stadtmauer Grenzen der Besiedlung gesetzt hatte. Ferner befanden sich in den Speichern und Lagern der Stadt große Mengen brennbarer Waren, zum Beispiel Getreide oder Holz. Außerdem mussten zahlreiche Gewerbe wie die Schmieden oder die Backhäuser mit Feuer hantieren. Daher hatte bereits die Feuerordnung als Teil der Rostocker Polizeiordnung vom April 1576, neben Angehörigen anderer Gewerbe, insbesondere den Bäckern eingeschärft, morgens und abends auf Feuer und Licht sorgfältig zu achten.

Am Sonnabend dem 11. August 1677 brach bei dem Bäcker Joachim Schulze in der Altschmiedestraße, Ecke Große Goldstraße, ein Feuer aus, das schnell auf die Nachbargebäude übergriff. Gefördert durch einen trocken-heißen Südostwind breitete sich das Feuer in Nordwestrichtung aus, sodass bald nahezu das gesamte Stadtgebiet zwischen Petri- und Nikolaikirche in Flammen stand. Die beiden Gotteshäuser wurden zwar von dem Inferno verschont, die Klosterkirche des ehemaligen Katharinenklosters hingegen wurde zerstört.

Da die Altstadt, das Gebiet zwischen der Grube, der heutigen Grubenstraße und der östlichen Stadtmauer, allseits von Wasser umgeben war, hoffte man, dass sich das Feuer auf dieses Stadtgebiet beschränken würde. Allerdings griff es über die Brücken, die die Grube überspannten, auf die nördliche Mittelstadt über. Dort wurden das Stadtgebiet nördlich des Vogelsangs und östlich des Rathauses schwer verwüstet.

Das Feuer konnte erst am Folgetag, dem 12. August, unter Kontrolle gebracht und so die Gefahr für Marienkirche und Rathaus abgewendet werden. Einsetzender Regen half, die letzten Brandnester zu löschen. Bis dahin hatte sich der Brand bis zum Wokrentertor ausbreiten können.

Die Kunde über den Brand hat sich in ganz Europa verbreitet.

Schäden

Von 2000 registrierten Häusern gingen durch das Feuer ca. 700 verloren, der größte Teil in der Alt- und nördlichen Mittelstadt. Hinzu kam eine große Anzahl von Wohnkellern, welche den ärmeren Stadtbewohnern, insbesondere in der weniger begüterten Altstadt, als Obdach dienten. In den zum Stadthafen führenden Straßen der nördlichen Mittelstadt wurden wertvolle gotische Giebelhäuser, die zumeist als Brauhäuser dienten, vernichtet. Dadurch wurde auch das Brauwesen, welches ein Rückgrat der Rostocker Wirtschaft darstellte, schwer getroffen.

Einordnung in die Stadtgeschichte

Der Große Stadtbrand markiert das endgültige Ende Rostocks als selbstbewusste Kaufmannstadt im Verbund der Hanse, deren letzter Hansetag 1669 in Lübeck stattfand. Der Stadtbrand war das offensichtliche Zeichen des Niedergangs der Stadt, welcher durch den Bedeutungsverlust als Handelsplatz und die Wirren des Dreißigjährigen Krieges eintrat. Zudem geriet die Stadt mehr und mehr unter die Kontrolle der mecklenburgischen Landesherrschaft und des Königreichs Schweden. Die Bevölkerung sank von 15.000 Menschen im Jahr 1600 auf nur noch 5.000. Wegen des allgemeinen wirtschaftlichen Niedergangs wurden die brachliegenden Grundstücke erst in einem sehr langen Zeitraum, teilweise bis zu 100 Jahre, wieder mit Häusern bebaut, nunmehr im Stil des Barock. Wegen dieses Stadtbrandes und der noch verheerenderen Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg hat sich in Rostock, verglichen mit Lübeck, Wismar oder Stralsund, nur relativ wenig mittelalterliche Bausubstanz erhalten.

Literatur

  • Hans Bernitt: Zur Geschichte der Stadt Rostock, Hinstorff Verlag Rostock 1956, Nachdruck 2001 ISBN 3-935171-40-4
  • Karsten Schröder (Hrsg.): In deinen Mauern herrsche Eintracht und allgemeines Wohlergehen, Ingo Koch Verlag, Rostock 2003 ISBN 3-929544-68-7

 

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Rostocker Wappen

Die Hansestadt Rostock hatte in seiner Geschichte je drei verschiedene Wappen. Das heutige Wappen stammt als Siegel aus dem Jahr 1367. Das Wappen in seiner heutigen Form wurde allerdings erst am 10. April 1858 durch Großherzog Friedrich Franz II. eindeutig festgelegt. Bis zu dem Zeitpunkt hatten lange verschiedene Wappen, welche von den Siegeln entlehnt worden waren, miteinander konkurriert.

Sigillum, Signum, Secretum

Rostock führte in seiner Geschichte drei Wappen: Das Sigillum, das Signum und das Secretum. Ersteres war seit 1257 das Stadtsiegel Rostocks und zeigt einen gekrönten Stierkopf, später das Wappen Mecklenburgs. Das Secretum, das Wappen, welches nur den Greifen zeigt, ist erstmals 1307 belegt. Diesen Namen hat es aufgrund seiner sicheren Aufbewahrung. Das heute gültige Wappen,[1] das Signum, ist 1367 als Siegelstempel entstanden.[2]

Rostock hatte sich zu der Zeit gegen Übergriffe des dänischen Königs Waldemar IV. Atterdag und dem mit ihm verbündeten König Norwegens zu wehren. Nachdem am 19. November 1367 die Kölner Konföderation und damit auch ein Kriegsbündnis begründet wurde, musste die Finanzierung des Krieges gesichert werden. Die Konföderierten einigten sich auf ein Pfundgeld, eine Steuer also auf die Schiffe und deren Waren. Um diese Hafenabgabe zu quittieren, schufen die Rostocker jenes Siegel. In dem Krieg im folgenden Jahr wurde Dänemark vernichtend geschlagen.

Die Gestaltung des Wappens ist eine Zusammenführung zweier einst eigenständigen heraldischen Symbole. Rot und Silber im Rostocker Wappen sind die Farben der Hanse. Der goldene Greif auf blauem Grund stammt von dem Wappen der Fürsten über dem Land Rostock. Noch heute findet er sich darum in dieser Form in den Wappen einiger Städte der Region, zu der heute der Landkreis Bad Doberan und Teile des Landkreises Nordvorpommern gehören und die von den Rostocker Fürsten früh auch als das Rostocker Land bezeichnet wurden.

Das Signum findet sich in verschiedenen Formen. So zum Beispiel gleich in einer Quelle in drei Varianten, nämlich der Vicke-Schorler-Rolle. Ein Wappen ohne Greif, also nur der Teilung in rot-weiß-blau (als großes Wappen neben Sigillum und Secretum), dann einer Version, welche der heute bekannten gleicht (auf dem Rathaus) und letztlich einer dritten, sehr unüblichen, auf seiner Darstellung des Steintors, in der rot und weiß nicht horizontal, sondern vertikal angeordnet sind. Die Gestaltung des Signums erinnert außerdem an die Aufteilung der Rostocker Hanseflagge, welche die Handelsschiffe der Stadt führen durften.

Der Rostocker Greif

Der Greif diente seit dem als mythisches Schutztier der Stadt. Eine Verwandtschaft mit dem roten Pommerngreif ist nicht belegt. Er geht, wie erwähnt, auf das Wappentier der Fürsten von Rostock zurück und findet sich in verschiedenen Darstellungen. Ist er allein auf dem Wappen, wie viele Gebäude ihn wiedergeben, üblicherweise aufgerichtet und steigend, auf einem oder beiden Hinterbeinen stehend. Auf dem Signum über rot und weiß aus gestalterischen Gründen auf drei oder vier Beinen stehend. Die ausgestreckten Krallen sind symbolisch zu deuten als Drohgeste, bzw. Wehrhaftigkeit. Auf Gebäuden ist der Rostocker Greif außerdem als Schildträger zu sehen.

Anmerkungen

  1. ↑ Die Beschreibung des offiziellen Wappens findet sich in der Hauptsatzung der Hansestadt Rostock in Art. 1 Abs. 2, worin es heißt: »Das Stadtwappen ist ein geteilter Schild; oben in Blau ein schreitender goldener Greif mit aufgeworfenem Schweif und ausgeschlagener roter Zunge; unten von Silber über Rot geteilt«. Quelle: rostock.de
  2. ↑ Abb. von 1598 mit den drei Wappen auch hier und hier, außerdem auf der Schorler-Rolle

 

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Rostocker Flaggen

Die Hansestadt Rostock hatte in ihrer Geschichte drei verschiedene offizielle Stadtflaggen. Die heutige Flagge aus dem Jahr 1936 ist eine Nachahmung des Wappenmotivs. Darüber hinaus führte es zur Zeit der Hanse auch ein eigenes (rot-weiß-rotes) Hansebanner auf seinen Schiffen.

In ihrer heutigen Gestalt als Entsprechung des Rostocker Wappens wurde die Rostocker Stadtflagge erst 1936 eingeführt und 1946 nach dem Zweiten Weltkrieg, sowie 1991 nach der Deutschen Wiedervereinigung, bestätigt.

Die Geschichte der Rostocker Flagge

Obgleich Rostock weder freie Reichsstadt, noch von Mecklenburg unabhängig war, führten die Handelsschiffe der Stadt spätestens seit der Zeit der Hanse eine eigene Flagge. Dieses Recht ging vermutlich einher mit dem Privileg des freien Zugangs zur See, welches bei den Fürsten erwirkt werden konnte.

Der erste erhaltene Beleg für eine eigene Rostocker Flagge geht zurück auf das Jahr 1418. Auf der Website der Hansestadt wird erläutert: „Damals wurden Ausgaben für 44 Ellen roter, blauer und weißer Leinwand zur Herstellung einer Flagge für eine Snike, ein hansisches Handelsschiff, bei den Pfundzollherren abgerechnet.“[1] Die Gestalt dieser Flagge, also vor allem die Folge der Farben, so wird vermutet, geschah in Anlehnung an das Rostocker Wappen. Daher ist interessant, dass gerade für das Symbol der Rostocker Schiffe die gleiche Gewichtung des hanseatischen und des fürstlichen Teils in der Breite der Streifen wohl aufgegeben wurde zugunsten gleichbreiter Streifen, Rot-Silber damit also noch immer unter dem fürstlichen Blau, doch in seinem Gewicht selbstbewusst darüber stand.

Unwahrscheinlich ist darüber hinaus, dass Rostock eine eigene Flagge vor dem Jahr 1323 führte, als es Warnemünde erwarb und sich so erst den Zugang zur Ostsee dauerhaft sicherte. Die Rostocker Tricolore wird in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts auch zur Seeflagge Mecklenburgs. Schon vorher nutzte auch Bad Doberan sie als seine Stadtflagge.

Spätestens 1737 erscheint eine neue Flagge in Rostock mit einem roten Greifen, steigend oder schreitend, auf gelbem Grund. Berichtet wird aber auch von einem weißen Greifen auf rotem Grund. 1803 beschließt der Rat der Stadt diese in der Variante des schwarzen Greifen auf gelbem Grund zur Flagge der Stadt zu machen. Es heißt, um die Verwechselung mit französischen Schiffen Napoleons zu vermeiden, die in dieser Zeit von dessen Gegnern gejagt worden sind.

In Kombination mit der neuen Stadtflagge wird die Mecklenburgische Seeflagge dann um 1834 von Rostocker Schiffen benutzt.

Rostocker Flaggen heute

Erhalten hat sich die goldene Flagge mit schwarzem Greifen nur in den Vereinsstandern einiger Segelclubs Rostocks. Zu nennen sind da der Mecklenburgische Yachtclub e. V.,[2] der Rostocker Yachtclub e. V.,[3] sowie der Akademische Segler-Verein zu Rostock e. V.[4]

Die alte Rostocker Tricolore findet sich als Zitat wieder in der Flagge der Hanse Sail.

Obwohl das Wappen in der ganzen Stadt präsent ist, ist die eigentliche Stadtflagge dort kaum zu finden – lediglich vor einigen Hotels, an manchen Schiffen und in Kleingärten. Auch das Rathaus flaggt nicht mit ihr.

Flaggen im Sport

Literatur

  • Znamierowski, Alfred: Flaggen-Enzyklopädie: Nationalflaggen, Banner, Standarten. Bielefeld 2001. ISBN 3768812510, S. 13, 19, 21.

Einzelnachweise

  1. ↑ Wappen, Flagge und Logo; auf der Webseite der Hansestadt Rostock
  2. ↑ xxx.de – Mecklenburgischer Yachtclub e. V.
  3. ↑ xxx.de – Rostocker Yachtclub e. V.
  4. ↑ xxx.de – Akademischer Segler-Verein zu Rostock e. V.

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Hafen Rostock

Der Hafen Rostock (international auch Rostock Port) ist einer der größten deutschen Häfen an der Ostsee, er liegt an der Unterwarnow auf dem Gebiet der Stadt Rostock. Eigentümer der Hafeninfrastruktur ist die Hafen-Entwicklungsgesellschaft Rostock mbH, ein Gemeinschaftsunternehmen des Bundeslandes Mecklenburg-Vorpommern und der Hansestadt Rostock. Der Hafenbetrieb wird durch die Seehafen Rostock Umschlagsgesellschaft mbH, die sich in privatem Besitz befindet, und weitere Unternehmen durchgeführt.

Zum Hafen Rostock gehören der Überseehafen und der Kreuzfahrthafen in Warnemünde.

Hafenanlagen

Am Ostufer der Unterwarnow und am Südufer des Breitlings befinden sich die ausgedehnten Anlagen des Rostocker Überseehafens. Der Hafen verfügt über drei Hafenbecken, die Warnowpier mit dem Fährterminal, von dem Fährschiffe nach Dänemark (Gedser), Schweden (Trelleborg), Finnland (Helsinki; Hanko), Estland (Tallinn) und Lettland (Ventspils) verkehren und einen Ölsteg für Tankschiffe. Insgesamt stehen 47 Liegeplätze unterschiedlicher Abmessungen zur Verfügung. Hier können Schiffe mit bis zu 250 m Länge, 40 m Breite und 13,0 m Tiefgang anlegen. Es gibt einen eigenen Hafenbahnhof und einen direkten Autobahnanschluss an die A 19. Mit der PCK Raffinerie in Schwedt und dem mitteldeutschen Chemiestandort Böhlen ist der Hafen durch Pipelines verbunden.

Am Neuen Strom / Seekanal in Warnemünde befindet sich der Passagierkai mit dem Kreuzfahrthafen Warnemünde Cruise Port. Dieser Hafen bietet acht Liegeplätze unterschiedlicher Größe und kann von Kreuzfahrtschiffen bis zu einer Länge von 355 m und einem Tiefgang von 8,53 m angelaufen werden.

Der Stadthafen, der in früheren Jahrhunderten der Haupthafen Rostocks war, spielt heute für den Hafenumschlag keine Rolle mehr, er wird hauptsächlich von Ausflugsschiffen, der Sportschifffahrt (City-Bootshafen Rostock und Museumshafen im Haedgehafen) und vom lokalen Schiffsverkehr genutzt. Den Stadthafen können Schiffe bis 6,4 m Tiefgang anlaufen. Auf der Silohalbinsel des Stadthafens befindet sich die Unternehmenszentrale der Deutschen Seereederei.

Im Stadtteil Marienehe liegt der Rostocker Fracht- und Fischereihafen, der von Schiffen bis 180 m Länge und 8,0 m Tiefgang angelaufen werden kann.

Am Südufer des Breitlings ist der Werkshafen (Chemiehafen) von Yara International gelegen, der von Tankern bis 8,45 m Tiefgang genutzt werden kann. Von dort verläuft eine Pipeline zum YARA-Werk Rostock.

Am Westufer der Unterwarnow befinden sich zwischen Marienehe und Groß Klein die Hafenanlagen Müsingkai (max. 5,8 m Tiefgang, Schüttgutumschlag), MAB-Kai (max. 5,79 m Tiefgang, Schrottumschlag) und Maritimes Gewerbegebiet Groß Klein (max. 6,4 m Tiefgang).

In Warnemünde gibt es die Werfthäfen der Neptun- und Aker Warnowwerft sowie den traditionellen Hafen der Kutterfischer im Alten Strom.

Am Anleger Schmarl liegt das Traditionsschiff Typ Frieden. Dieses Schiff ist Heimstatt des Rostocker Schiffbau- und Schiffahrtsmuseums und selbst größtes Ausstellungsstück. Als MS Dresden 1956/57 auf der Warnowwerft Warnemünde gebaut, gehörte es zur ersten Serie von 10.000 tdw-Schiffen, die in der DDR auf Kiel gelegt wurden. Das Typschiff dieser Serie war das MS Frieden. Zum Museum gehören neben dem Traditionsschiff der Dampfschlepper Saturn, das Betonschiff Capella und der Schwimmkran Langer Heinrich.

Geschichte

Die Geschichte des Rostocker Hafens reicht bis ins Mittelalter zurück, vor allem zu Zeiten der Hanse war der Hafen ein wichtiger Drehpunkt des Handels mit Skandinavien und dem Baltikum. Der Hafen verlor mit dem Niedergang der Hanse an Bedeutung. Die mit der Entdeckung Amerikas und des Seewegs nach Indien verbundene Verlagerung des (Welt)-Handels auf den Bereich des Mittelmeers und des Atlantik führte zum Niedergang des Hafens. Nach einer kurzen Blüte bedingt durch Getreideexporte Mitte des 19. Jahrhunderts hatte er nur noch lokale Bedeutung.

An der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert setzte ein bescheidener Hafenausbau ein. Unter der Federführung des Stadt- und Hafenbaudirektors Kerner wurde der Hafen nach Westen erweitert, der Kohlenkai und der Haedgehafen gebaut. Der Hafen erhielt den ersten modernen Hafenkran und Kranbrücken für den Kohleumschlag. Gleichzeitig wurde im Zuge des Aufbaus der Fährverbindung von Warnemünde nach Gedser die Zufahrt zum Rostocker Hafen erheblich verbessert. In Warnemünde entstand der Neue Strom als breitere und vor allem besser befahrbare Einfahrt zum Rostocker Hafen. Die Fahrwasser im Hafen wurden auf 4,1 m bis 6,7 m vertieft, so dass die damals in der Ostseefahrt üblichen Schiffe den Hafen nun problemlos anlaufen konnten. In den Jahren bis zum Ersten Weltkrieg entstanden westlich des Haedgehafens die Kaianlagen an der Eschenbrücke und am Kehrwieder. Das Neue Land im Osten des Hafens wurde als Ausbaugebiet für den Holzhafen vorgesehen und auf dem östlichen Ufer der Unterwarnow das Erweiterungsgebiet Osthafen vorbereitet. Der Kriegsausbruch im August 1914 beendete zunächst alle Erweiterungpläne.

In den Jahren vor dem Zweiten Weltkrieg brachte der Aufbau der Flugzeugindustrie auch dem Hafen einen, wenn auch kleinen Aufschwung. Im Zuge des Reichsspeicherprogramms der NS-Regierung wurden in den 1930er Jahren moderne Getreidesilos und eine neue Ölmühle auf der Silohalbinsel gebaut. Während des Krieges wurde bei den Luftangriffen der Alliierten, die primär der Flugzeugindustrie und den Wohngebieten der Stadt Rostock galten, auch der Hafen getroffen und beschädigt.

Durch die Teilung Deutschlands ergab sich die Notwendigkeit, an der Ostseeküste der DDR einen Hochseehafen zu bauen. Nach Prüfung mehrerer Varianten fiel die Entscheidung für den Überseehafen Rostock. Der neue Hafen wurde am 30. April 1960 eröffnet und vom VEB Seehafen Rostock betrieben. Der Hafen wurde Heimathafen der Schiffe der Deutschen Seereederei (DSR) und konnte bis zum Jahr 1989 ein stetiges Umschlagwachstum vorwiegend durch Massenschüttgüter verzeichnen.

Mit der deutschen Einheit war eine Neupositionierung des Hafens erforderlich. Es erfolgte der Ausbau des Fährschiffverkehrs, zunächst vor allem über die kurze Verbindung nach Gedser, Dänemark – später dann auch zunehmend mit Verbindungen nach Trelleborg, Schweden und Hanko, Finnland sowie ins Baltikum. Gewisse Bedeutung erhielten auch die sogenannten RoRo-Verkehre (Roll-on/Roll-off). Zunehmend wichtig ist darüber hinaus der kombinierte Ladungsverkehr, hier wird ein KLV-Terminal betrieben mit Zugverbindungen nach Verona, Basel und Duisburg. Rasant an Bedeutung nahm in den letzten Jahren die Kreuzschifffahrt zu, die vorzugsweise am Kreuzschifffahrtsterminal Warnemünde Cruise Center in Warnemünde abgewickelt wird. Dieses wurde 2005 neu eröffnet. Seitdem laufen jährlich regelmäßig über 100 Kreuzfahrtschiffe den Warnemünder und Rostocker Hafen an.

Wirtschaft

 

Die Zahl der Fährpassagiere lag im Jahr 2009 bei 2,1 Mio. (2008 2,4 Mio.).

  •                                                   Der Güterumschlag 1989 bis 2009 in Millionen Tonnen
  •     
  • Jahr                1989    1991    1993    1995    1997    2001    2002    2003    2004   2005    2006    2007    2008    2009
  • Flüssiggut          3,5      2,6       2,9       3,0      4,3       3,1      3,3      2,2       2,5     2,5       2,9       4,0      4,7       4,0
  • Schüttgut         11,0      3,9       5,6       7,8      6,4       6,5      6,7      6,4       5,4     5,8       6,0       5,0      5,9       5,4
  • Stückgut            6,3      1,3       1,7       1,5      1,2       0,9      0,7      0,7       0,6     0,7       1,0       1,1      0,6       0,4
  • Fähr-Güter         0,0      0,0       1,6       5,0      6,5       9,1    10,5     11,2     12,0   12,8     13,9     15,1     13,7     10,2
  • RoRo-Güter        0,0       0,3      0,3       0,5      0,6       0,9      1,0       1,1      1,3     1,1       1,4       1,3       2,3      1,5
  • Gesamt             20,8      8,1     12,1     17,8     19,0     20,5    22,2     21,6     21,8   22,9     25,2     26,5     27,2     21,5

 

Im Hafengebiet haben sich auch Industrieunternehmen angesiedelt. Auf dem Gebiet des Überseehafens befinden sich u. a. ein Werk des Kranherstellers Liebherr und eine Mälzerei von Malteurop Deutschland. 2008 hat ein Großrohrwerk einer Tochterfirma der Erndtebrücker Eisenwerke (EEW) die Produktion aufgenommen.

Literatur

  • 50 Jahre Seehafen Rostock – 20 Jahre Fährverkehr. In: Schiff & Hafen, Heft 5/2010, S. 39. Seehafen-Verlag, Hamburg 2010, ISSN 0938-1643
  • Ralf Witthohn: Rostock: Viel mehr als Berlins Kreuzlinerport. In: Deutsche Seeschifffahrt Heft 5/2010, S. 24–27. Storck-Verlag, Hamburg 2010, ISSN 0948-9002

 

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Stralsund

Die Hansestadt Stralsund ist eine kreisfreie Stadt in Mecklenburg-Vorpommern im Norden Deutschlands. Die Stadt liegt am Strelasund, einer Meerenge der Ostsee, und wird auf Grund ihrer Lage als Tor zur Insel Rügen bezeichnet. Gemeinsam mit Greifswald bildet Stralsund eines der vier Oberzentren des Landes Mecklenburg-Vorpommern.

1234 erhielt Stralsund das Stadtrecht. Die Altstadt gehört seit 2002 mit dem Titel Historische Altstädte Stralsund und Wismar zum UNESCO-Welterbe.

Geografie

Geografische Lage

Die Stadt Stralsund liegt im Nordosten des Landesteils Vorpommern des deutschen Landes Mecklenburg-Vorpommern im Norden Deutschlands. Koordinaten: 54° 18′ N, 13° 5′ O.

Klima

Der Jahresniederschlag liegt bei 656 mm und ist damit vergleichsweise niedrig, da er in das untere Drittel der in Deutschland erfassten Werte fällt. An 31 % der Messstationen des Deutschen Wetterdienstes werden niedrigere Werte registriert. Der trockenste Monat ist der Februar, die meisten Niederschläge fallen im Juli: In diesem Monat fallen 2,1 mal mehr Niederschläge als im Februar. Die Niederschläge variieren mäßig. An 40 % der Messstationen werden niedrigere jahreszeitliche Schwankungen registriert.

Landschaften, Berge, Flüsse

Die Stadt liegt am Strelasund, einer Meerenge der Ostsee. Die geographische Nähe zur Insel Rügen, deren einzige feste Verbindung zum Festland, die Strelasundquerung, zwischen Stralsund und dem Ort Altefähr verläuft, brachte Stralsund die Bezeichnung Tor zur Insel Rügen ein. Stralsund liegt nahe dem Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft.

Zum Stadtgebiet Stralsunds gehören ein Stadtwald und drei Stadtteiche (Knieperteich, Frankenteich und Moorteich). Die drei Teiche und der Strelasund verleihen der Altstadt, dem ursprünglichen Siedlungsgebiet und historischen Zentrum der Stadt, eine geschützte Insellage.

Die höchste Erhebung der Stadt ist der Galgenberg am westlichen Ortseingang.

Stadtgliederung

Das Stadtgebiet umfasst 38,97 km², was Stralsund mit 58.027 Einwohnern (Stand: 2007) zu einer der dichtbesiedeltsten Städte Mecklenburg-Vorpommerns macht (1489 Einwohner je km²). Ausgehend vom heutigen Stadtkern, der Altstadt, wurden nach der Aufhebung des Festungscharakters der Stadt im Jahr 1869 die umliegenden Gegenden besiedelt.

Das Gebiet der Hansestadt Stralsund gliedert sich in folgende Stadtgebiete und Stadtteile:

 

  • Nr.      Stadtgebiet              Stadtteil                        Einwohner
  •                                                                                (Stand: 2008[2])
  • 01       Altstadt                                                            4.844
  • 011     Altstadt                     Altstadt                            4.668
  • 012     Altstadt                     Hafeninsel                             24
  • 013     Altstadt                     Bastionengürtel                    152
  • 02       Knieper                                                          26.184
  • 021     Knieper                     Kniepervorstadt                 6.071
  • 022     Knieper                     Knieper Nord                    6.977
  • 023     Knieper                     Knieper West                  13.136
  • 03       Tribseer                                                           9.418
  • 031     Tribseer                    Tribseer Vorstadt              4.939
  • 032     Tribseer                    Tribseer Siedlung              3.557
  • 033     Tribseer                    Tribseer Wiesen                   827
  • 034     Tribseer                    Schrammsche Mühle             95
  • 04       Franken                                                           5.869
  • 041      Franken                   Frankenvorstadt                4.642
  • 042      Franken                   Dänholm                             123
  • 043      Franken                   Franken Mitte                      338
  • 044      Franken                   Frankensiedlung                   766
  • 05       Süd                                                                 3.854
  • 051     Süd                          Andershof                         1.345
  • 052     Süd                          Devin                                  619
  • 053     Süd                          Voigdehagen                          90
  • 06       Lüssower Berg                                                    234
  • 07       Langendorfer Berg                                               290
  • 08       Grünhufe                                                         6.388
  • 081     Grünhufe                  Stadtkoppel                          292
  • 082     Grünhufe                  Vogelsang                         2.545
  • 083     Grünhufe                  Grünthal-Viermorgen          3.471
  • 084     Grünhufe                  Freienlande                            80

 

Die Stadt besitzt zudem Ländereien in der näheren Umgebung sowie auf den Inseln Rügen, Hiddensee und Ummanz.

Nachbargemeinden

Größere Städte in der näheren Umgebung sind Greifswald und Rostock. In der näheren Umgebung Stralsunds befinden sich zudem die Städte Barth und Ribnitz-Damgarten.

Viele der kleineren Dörfer im Umkreis, wie Prohn oder Negast, sind nach 1990 durch Zuzug von Stralsundern oder in Stralsund Arbeitenden stark gewachsen.

Geschichte

Stadtgeschichte

Stralsund erhielt nach der Besiedlung im Zuge der deutschen Ostkolonisation im Jahre 1234 vom rügenschen Fürsten Wizlaw I. das Stadtrecht nach Rostocker bzw. Lübecker Vorbild. Die Gegend war von Slawen besiedelt gewesen, was auch ihren slawischen Namensbestandteil Stral erklärt (stral bedeutet Pfeil- bzw. Speerspitze, -sund steht in germanischen Sprachen für eine trennende Enge und meint hier den Strelasund).

Stralsund wurde vorwiegend durch Siedler aus Westfalen schnell zu einer bedeutenden Handelsstadt im Ostseeraum. Die Stadt gehörte nach dem Erlöschen des Fürstentums Rügen 1325 zu Pommern-Wolgast. Sie war im 14. Jahrhundert nach Lübeck die bedeutendste Hansestadt im südlichen Ostseeraum. Zahlreiche kriegerische Auseinandersetzungen mit den Herrschern von Dänemark gipfelten 1370 im Frieden von Stralsund.

Nach dem Niedergang der Hanse nahm Stralsunds Bedeutung ab. Die Stadt lebte jedoch weiterhin vorwiegend vom Fernhandel und Nahhandel sowie vom Schiffbau.

Bereits 1525 traten die Bürger Stralsunds mehrheitlich zum evangelischen Glauben über. Die Stadt war damit Schrittmacher der Reformation in Norddeutschland.

Im Dreißigjährigen Krieg widerstand Stralsund mit Hilfe von Schweden und Dänemark der Belagerung durch Wallensteins Truppen; es folgte eine fast 200-jährige Zeit der Zugehörigkeit zum Königreich Schweden als Teil von Schwedisch-Pommern.

Im 19. Jahrhundert kam Stralsund zu Preußen und war Sitz eines Regierungsbezirks.

Im Zweiten Weltkrieg wurde die Stadt beim Bombenangriff auf Stralsund am 6. Oktober 1944 von den Alliierten mit 146 "Fliegenden Festungen" vom Typ B 17, der über 800 zivile Opfer forderte, stark zerstört oder beschädigt. 8000 Wohnungen wurden vernichtet oder beschädigt. Viele wertvolle Baudenkmale gingen verloren.[3]

Am 1. Mai 1945 rückte die Rote Armee in Stralsund nahezu kampflos ein. Stralsund wurde Teil der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands.

Während der Zeit der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) wurden in der Stadt zahlreiche Plattenbausiedlungen errichtet, der historische Altstadtkern allerdings verkam. Wirtschaftlich lebte die Stadt vor allem vom Schiffbau auf der Volkswerft, die Schiffe für die Sowjetunion teilweise im Zehntagesrhythmus fertigstellte.

Nach der politischen Wende wurde 1990 Stralsund Modellstadt der Städtebauförderung in den neuen Ländern. Der Historische Stadtkern mit dem Altstadthafen wurde mit Hilfe der Programme zur Städtebauförderung und zum Städtebaulichen Denkmalschutz danach gründlich saniert. Auch das Wohnumfeld der Plattenbausiedlungen Grünhufe und Knieper wurde im Rahmen der Programme „Aufwertung“, „Stadtumbau-Ost“ und „Die Soziale Stadt“ verbessert und ein Wohnungsrückbau eingeleitet.

Seit dem Jahr 2002 ist Stralsunds Altstadt zusammen mit der Wismars UNESCO-Weltkulturerbe mit dem Namen Historische Altstädte Stralsund und Wismar.

Wirtschaftlich gab es nach der Wende große Herausforderungen, die in der strukturschwachen Region erhebliche Probleme verursachen, die noch nicht bewältigt werden konnten.

Im Zuge einer Kreisreform im Jahr 2011 sollen Stralsund sowie die Landkreise Rügen und Nordvorpommern Teile eines neuen Landkreises Nordvorpommern mit Verwaltungssitz in Stralsund werden. [4]

Straßennamen und ihre Bedeutung

Die Stralsunder Straßennamen spiegeln vielfache historische Ereignisse wider.

Stralsunder Stadtbefestigungen

Stralsund besaß bis 1871 den Status einer Festung, der der Stadt über viele Kriege verhalf. Neben zehn Stadttoren, von denen nur zwei (Kniepertor und Kütertor) erhalten sind, wurden auch die Stadtteiche und Dämme angelegt.

Gesellschaft und Politik

Wappen und Flagge

Das Wappen Stralsunds wurde am 9. September 1938 durch den Oberpräsidenten in Stettin verliehen und unter der Nr. 67 der Wappenrolle von Mecklenburg-Vorpommern registriert. Blasonierung: „In Rot ein aufrecht gestellter silberner Pfeil, bestehend aus Schafthülle und den beiden Flügeln, mit einem silbernen Tatzenkreuz darüber.“ [6] Das „sprechende“ Stadtwappen der Hansestadt Stralsund symbolisiert den Namensbestandteil „stral“ der Stadt am Sund, der im Slawischen „Pfeil“ bzw. „Spitze“ bedeutet. Der Pfeil wurde auch in den Stadtsiegeln verwendet.

Die Stadtflagge zeigt auf rotem Grund einen aufrecht gestellten silbernen (weißen) Pfeil, bestehend aus Schafttülle und den beiden Flügeln, mit einem silbernen (weißen) Tatzenkreuz darüber. [7]

Religionen

Das Gebiet der heutigen Stadt Stralsund war nach dem Wegzug der Germanen in der Zeit der Völkerwanderung zunächst von slawischen Siedlern bewohnt. Nach dem Sieg der Dänen über die slawischen Fürsten auf Rügen im Jahr 1168 begann die Christianisierung, wobei überwiegend christliche Siedler aus Westfalen in das Gebiet Stralsunds kamen. Im 13. Jahrhundert kamen auch Juden nach Stralsund. Die Reformation machte Stralsund Mitte des 16. Jahrhunderts zu einer überwiegend evangelischen Stadt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg gehörte Stralsund zum sozialistischen Einflussbereich, die Erziehung in den Schulen geschah streng kirchfern. Zwischen 1949 und 1989 ging der Anteil der Protestanten an der Stadtbevölkerung von etwa 90 % auf etwa 20 % zurück. Heute gehören etwa 75 % der Stralsunder Bevölkerung keiner Religionsgemeinschaft an.

Die mitgliederstärkste kirchliche Gemeinde stellt die Evangelische Kirche dar (ca. 15 %). Der Kirchenkreis Stralsund der Pommerschen Evangelischen Kirche ist einer von vier Kirchenkreisen in der evangelischen Landeskirche Vorpommerns. Etwa 4 % der Bewohner bekennen sich zum Katholizismus. Daneben existieren noch Gemeinden kleinerer christlicher Gruppen, wie die der Neuapostolischen Kirche, Adventisten, der Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinde (Baptisten) und die der Evangelisch-methodistischen Kirche.

Im 15. Jahrhundert wurden die Juden aus Pommern und Mecklenburg ausgewiesen. 1757 erlaubte der schwedische König wieder die Ansiedlung von Juden; diese begannen 1786 mit dem Bau einer Synagoge, die am 30. März 1787 geweiht wurde. Jüdische Kaufleute brachten moderne Handelsideen in die Stadt: Am 15. April 1852 errichteten die Gebrüder Wertheim ihr „Manufactur-Modewaren-Geschäft“ und bauten 1875 das erste Wertheim-Kaufhaus in Stralsund. Leonhard Tietz eröffnete am 14. August 1879 einen kleinen Laden und begründete damit den später als „Kaufhof“ bekannten Konzern. Während sich 1933 noch 134 Personen zum Judentum bekannten, waren es 1939 nur noch 62. Nur zwei der den Terror der Nationalsozialisten überlebenden Stralsunder Juden kamen zurück nach Stralsund.

Eingemeindungen

In den 1920er Jahren brauchte Stralsund neues Land. Auch die Belegungsgrenze der Stralsunder Friedhöfe war erreicht; geplant war unter anderem der Bau eines Zentralfriedhofes.

Nach der Verabschiedung des preußischen „Gesetzes über die Regelung verschiedener Punkte des Gemeindeverfassungsrechts“ 1927, das auch die Auflösung der Gutsbezirke vorsah, stellte Stralsund den Antrag auf Eingemeindung von Klein Kedingshagen, Groß Kedingshagen, Grünthal, Grünhufe, Freienlande, Andershof, Lüssow, Langendorf (mit Borgwallsee und Pütter See), Groß Lüdershagen, Neu Lüdershagen, Wendorf, Zitterpennigshagen, Voigdehagen, Försterhof, Teschenhagen, Devin und der Stadtkoppel. Zudem sollte der Ort Altefähr auf Rügen eingemeindet werden; der dortige Strand und Park gehörten der Stadt Stralsund bereits. Dieser Antrag, in dem es um eine Fläche von 3538 Hektar ging, wurde nur teilweise positiv beschieden. Durch Beschluss des Regierungspräsidenten vom 21. September 1928 wurden der Stadt Stralsund letztlich „der ganze Gutsbezirk Voigdehagen in einer Größe von 297,85 Hektar mit etwa 93 Einwohnern, der ganze Gutsbezirk Devin in einer Größe von 479,87 Hektar mit etwa 230 Einwohnern, der nördliche Teil des Gutsbezirkes Andershof in einer Größe von etwa 264,74 Hektar mit etwa 150 Einwohnern, der ganze Gutsbezirk Grünhufe in einer Größe von 405,61 Hektar mit etwa 157 Einwohnern“ zugeordnet.

Bestandteil des Gutsbezirkes Grünhufe waren die Gehöfte Stadtkoppel und Garbodenhagen und die Güter Grünthal und Freienlande. Zudem wurden der Stadt noch Teile der Güter Langendorf, Lüssow und Klein Kordshagen zugeordnet.

Die neu zugeordnete Fläche von 1.781,69 Hektar brachte annähernd eine Verdoppelung des Stadtgebietes. Die Übergabe erfolgte am 22. Oktober 1928 im Stralsunder Rathaus.

Einwohnerentwicklung

Im Jahre 1989 erreichte die Bevölkerungszahl der Stadt Stralsund mit über 75.000 ihren Höchststand. Seitdem ist die Einwohnerzahl wieder gesunken. Seit der politischen Wende in der DDR 1989/1990 hat die Stadt bis 2008 etwa 15.000 Einwohner verloren.

Die folgende Übersicht zeigt die Einwohnerzahlen nach dem jeweiligen Gebietsstand. Bis 1833 handelt es sich meist um Schätzungen, danach um Volkszählungsergebnisse (¹) oder amtliche Fortschreibungen der jeweiligen Statistischen Ämter beziehungsweise der Stadtverwaltung selbst. Die Angaben beziehen sich ab 1843 auf die „Ortsanwesende Bevölkerung“, ab 1925 auf die Wohnbevölkerung und seit 1966 auf die „Bevölkerung am Ort der Hauptwohnung“. Vor 1843 wurde die Einwohnerzahl nach uneinheitlichen Erhebungsverfahren ermittelt.

 

  • Jahr/Datum           Einwohner
  • 1600                      12.500
  • 1677                        8.489
  • 1760                        8.153
  • 1782                      10.606
  • 1800                      11.191
  • 1816                      14.096
  • 1826                      14.745
  • 03.12.1849[8]         17.600
  • 03.12.1861[8]         21.900
  • 03.12.1864[8]         26.700
  • 03.12.1867[8]         27.600
  • 01.12.1871[8]         26.700
  • 01.12.1875[8]         27.765
  • 01.12.1880[8]         29.481
  • 01.12.1885[8]         28.984
  • 01.12.1890[8]         27.814
  • 02.12.1895[8]         30.100
  • 01.12.1900[8]         31.076
  • 01.12.1905[8]         31.809
  • 01.12.1910[8]         33.988
  • 01.12.1916[8]         31.412
  • 05.12.1917[8]         30.715
  • 08.10.1919[8]         38.185
  • 16.06.1925[8]         39.404
  • 16.06.1933[8]         43.630
  • 17.05.1939[8]         52.978
  • 01.12.1945[8]         43.763
  • 29.10.1946[8]         50.389
  • 31.08.1950[8]         58.303
  • 31.12.1955             65.275
  • 31.12.1960             65.758
  • 31.12.1964[8]         67.851
  • 01.01.1971[8]         71.489
  • 31.12.1975             72.109
  • 31.12.1981[8]         74.421
  • 31.12.1985             75.480
  • 31.12.1988             75.498
  • 31.12.1990             72.780
  • 31.12.1995             65.977
  • 31.12.2000             60.663
  • 31.12.2005             58.708
  • 31.12.2006             57.613
  • 31.12.2007             58.027
  • 31.12.2008             57.866

 

Städtepartnerschaften

Mit der französischen Stadt Boulogne-sur-Mer und dem finnischen Pori wurden 1963 bzw. 1964 Städtefreundschaften begründet. 1969 wurden Beziehungen zur lettischen Stadt Ventspils aufgenommen. Später kamen Kiel in Schleswig-Holstein und Stargard Szczeciński in Polen (seit 1987), sowie Malmö in Schweden (seit 1991), Svendborg in Dänemark (seit 1992) und Trelleborg in Schweden (seit 2000) hinzu. Die Städtepartnerschaft zu Boulogne-sur-Mer besteht nicht mehr.

Zudem ist die Stadt innerhalb der „Hanse der Neuzeit“ aktiv tätig; Vertreter der Stadt nehmen an den Hansetagen der Neuzeit teil.

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Bauwerke und Denkmäler

Die Innenstadt Stralsunds ist durch einen Reichtum an historischer Bausubstanz gekennzeichnet. Seit 1990 wurde mit privatem und öffentlichem Kapitals sowie durch die Unterstützung von Stiftungen große Teile der historischen Altstadt saniert. In Folge der Geringschätzung historischer Bausubstanz in der DDR waren viele Häuser vom Verfall bedroht, konnten jedoch gerettet werden. Insbesondere die Altstadt bietet eine reiche historische Gebäudevielfalt, mit u.a. vielen Kaufmannshäusern, den alten Kirchen, Gassen und Plätzen. Von mehr als 800 denkmalgeschützten Häusern in Stralsund stehen mehr als 500 als Einzeldenkmal in der Altstadt. Aufgrund ihrer historischen und architektonischen Bedeutsamkeit wurde die Stralsunder Altstadt im Jahr 2002 gemeinsam mit der Altstadt Wismars unter dem Titel Historische Altstädte Stralsund und Wismar in die UNESCO-Weltkulturerbeliste aufgenommen.

Das komplette Ensemble des Alten Marktes bietet mit der Nikolaikirche, dem imposanten Stralsunder Rathaus als einem der bedeutendsten Profanbauten der norddeutschen Backsteingotik, dem Artushof, dem Wulflamhaus, dem Commandantenhus, dem Gewerkschaftshaus und einem neueren Plattenbau einen Überblick über die architektonische Geschichte der Stadt. Die oft mit hohem finanziellen Engagement aufwändig sanierten Bürgerhäuser mit ihren typischen Giebeln prägen das Bild in den Altstadtstraßen. Das ehemalige Schwedische Regierungspalais beherbergt heute das Bauamt der Stadt. Das Museumshaus in der Mönchstraße wurde mit Mitteln der Deutschen Stiftung Denkmalschutz saniert und bietet seither als eines von Nordeuropas bedeutendsten original erhaltenen Bürgerhäusern der Hansezeit das Erleben und Begreifen der Geschichte von sieben Jahrhunderten.

Drei große mittelalterliche Bauten der Backsteingotik, die Marienkirche, Nikolaikirche und Jakobikirche, zeugen von der mittelalterlichen Bedeutung Stralsunds. Heute wird die Jakobikirche ausschließlich als Kulturkirche genutzt, die beiden anderen am Alten Markt bzw. Neuen Markt gelegenen Kirchen werden weiterhin für Gottesdienste genutzt. Vom Turm der Marienkirche am Neuen Markt bietet sich ein guter Panoramablick. Im Johanniskloster befindet sich das Stadtarchiv Stralsund, auch finden dort regelmäßig Kulturveranstaltungen statt, wie z. B. Open-air-Theateraufführungen. Zu den jüngeren Sakralbauten zählen die Auferstehungskirche, Dreifaltigkeitskirche, Friedenskirche‎ und die Lutherkirche.

Am Stadthafen legen die Fährschiffe nach Hiddensee und Altefähr an sowie zu Hafenrundfahrten. In den Sommermonaten ist der Hafen Liegeplatz für Flusskreuzfahrtschiffe. Es gibt mehrere Yachthäfen und Marinas im altstadtnahen Bereich. Die Nordmole lädt zum Spaziergang entlang von hunderten Yachten ein. Architektonisch bilden das Lotsenhaus und die Hafenspeicher sowie die Silhouette der Altstadt einen ansprechenden Kontrast zur Aussicht auf die Inseln Rügen und Hiddensee. Mit der Bark „Gorch Fock“ liegt eine weitere touristische Sehenswürdigkeit im Hafen, nahe dem ehemaligen Frachter Ursula B., der im Sommer vom Theater Vorpommern für Open-Air-Aufführungen genutzt wird.

Von den Stralsunder Stadttoren sind nur noch das Kniepertor und das Kütertor erhalten. Im Heilgeisthospital wurden einst Arme und Kranke untergebracht. Heute sind alle Wohnungen und Häuser saniert, und das Areal lädt zu einem Spaziergang ein.

Siehe: Liste der Denkmale und Gedenkstätten in Stralsund.

Parks und Gewässer

Die Stralsunder Altstadt ist zum einen vom Strelasund und zum anderen von verschiedenen Teichen umgeben, sodass sie nahezu rundum von Wasser begrenzt wird.

Während die Altstadt Stralsunds aus geschichtlich bedingten Gründen wenig Grün aufweist, wurden nach der Entfestung im 19. Jahrhundert einige Anlagen zur Naherholung angelegt. Ein Beispiel ist die entlang des Strelasund-Ufers führende Sundpromenade. Auch die Stralsunder Friedhöfe wurden im 20. Jahrhundert zu Anlagen mit parkähnlichem Charakter umgestaltet.

In der Brunnenaue wurde einst Heilwasser gefördert.

Kulturelle Einrichtungen

Das Deutsche Meeresmuseum im ehemaligen Katharinenkloster ist Norddeutschlands meistbesuchtes Museum und bietet Einblicke in die Welt des Wassers und seiner Bewohner. Eine Ergänzung stellt das Ozeaneum im Hafen dar, das im Juli 2008 eröffnet wurde. Weitere Außenstellen des Hauses sind das Nautineum auf dem Dänholm und das Natureum Darßer Ort.

Das Kulturhistorische Museum, das älteste Museum in Mecklenburg-Vorpommern, zeigt Ausstellungen aus der Geschichte Pommerns etc. Die Hauptsammlung ist, wie auch das Meeresmuseum, im ehemaligen Katharinenkloster untergebracht. Unter den Exponaten befinden sich der berühmte Hiddenseer Goldschmuck und ein bei Stolp aufgefundenes Bernstein-Amulett in Gestalt einer Stier-Skulptur, dessen Alter auf vier- bis fünftausend Jahre geschätzt wird. Außenstellen des Museums sind das auf dem Dänholm gelegene Marinemuseum mit Informationen rund um die militärische Nutzung und Bedeutung Stralsunds, das Museumshaus und der Museumsspeicher. Der Dänholm gilt als „Wiege der preußischen bzw. deutschen Marine“.

Die Ausstellung "Stralsund blind verstehen" ermöglicht einen virtuellen Stadtrundgang durch die Hansestadt in völliger Dunkelheit. Der Besucher erlebt einen begrenzten Seitenwechsel in die Welt blinder Menschen.

Das bis 1995 eigenständige Stralsunder Theater bildet seitdem zusammen mit dem Theater Greifswalds und Putbus' das Theater Vorpommern. Das Stralsunder Haus des Theaters bietet Aufführungen aus allen Genres. Die Stralsunder Sängerin Caró veröffentlichte einige Alben mit Popmusik.

Vom Frühjahr bis in den Herbst werden in der Kulturkirche St. Jakobi Werke von Friedensreich Hundertwasser gezeigt.

Veranstaltungen

  • Wallensteintage: Jeden Sommer finden die Wallensteintage statt, ein mittelalterliches Spektakel zu Ehren der Abwehr der Wallenstein'schen Belagerung Stralsunds 1628.
  • Stralsund ist einer der Spielorte der Festspiele Mecklenburg-Vorpommern.
  • Sundschwimmen: Von Altefähr (Insel Rügen) nach Stralsund über 2,3 Kilometer wird dabei der Strelasund von bis zu 1000 Teilnehmern durchschwommen.
  • Mittwochsregatta auf dem Strelasund: Während der Segelsaison wöchentliche Segelregatta mit Yardstick-Wertung. Start an der Nordmole bei Hafeneinfahrt.
  • Das Brauereihoffest ist eine Open-Air-Veranstaltung der Stralsunder Brauerei mit bis zu 15.000 Besuchern.
  • Das Sundstock-Open-Air findet auf dem Gelände des Campus der Fachhochschule Stralsund statt.
  • Stralsunder Weihnachtsmarkt
  • Der Rügenbrückenlauf mit Marathon führt die Teilnehmer alljährlich im Oktober über die Rügenbrücke.
  • Das seit 1970 jährlich ausgetragene landesweite Boxturnier um den Ostseepokal (Boxen) gilt als das größte und bedeutendste Nachwuchsturnier der Altersklassen 13/14.

Kulinarische Spezialitäten

Der Kaufmann und Fischhändler Karl Wiechmann erfand in Stralsund eine Art von sauer eingelegtem Hering, den er zu Ehren und mit ausdrücklicher Genehmigung des damaligen Kanzlers Bismarckhering nannte. Das Originalrezept besitzt der Fischhändler Henry Rasmus, der in seinem Restaurant seit dem Jahr 2003 wieder Original-Bismarckhering anbietet.

Die Biere der Stralsunder Brauerei erzielen auf der Internationalen Grünen Woche in Berlin regelmäßig Spitzenplatzierungen.

Öffentliche Einrichtungen

Allgemein

Stralsund ist Sitz eines Amtsgerichtes und des Landgerichtes.

Die Schifferbrüder richteten im 15. Jahrhundert die Schiffer-Compagnie ein, Vorläufer von Sozialversicherung und Gewerkschaft in einem.

Die Deutsche Marine unterhält in Parow die Marinetechnikschule.

Die Deutsche Rentenversicherung Bund errichtete 1999 (damals noch als Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA)) eine Dienststelle mit heute (Stand: Oktober 2006) ca. 1450 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und gehört damit zu den größten Arbeitgebern der Region.

Schulen

Es gibt in Stralsund sieben Grundschulen, zwei Förderschulen (Astrid Lindgren und Lambert Steinwich), die vier Regionale Schulen Adolph Diesterweg, Hermann Burmeister, Marie Curie und Schulzentrum am Sund, eine Integrierte Gesamtschule IGS-Grünthal, eine Berufliche Schule und zwei Gymnasien.

Die zwei Gymnasien der Stadt sind das Hansa-Gymnasium Stralsund und das Goethe-Gymnasium als gymnasialer Teil des „Schulzentrum am Sund“.

Das Fachgymnasium der Beruflichen Schule der Hansestadt und die IGS-Grünthal führen auch zur Allgemeinen Hochschulreife.

Die Stadt Stralsund unterhält ebenfalls eine Volkshochschule und eine 1952 gegründete Musikschule.

Hochschulen

In Stralsund befindet sich die 1991 gegründete Fachhochschule Stralsund mit etwa 2.500 Studenten. Die FH Stralsund ist eine Campus-Hochschule und befindet sich im Norden der Stadt. Auf dem Dänholm existiert eine Außenstelle der Fachschule Lübeck.

Sport

Auf sportlichem Gebiet besitzt Stralsund eine lange und erfolgreiche Gewichthebertradition. Die Sportler des jetzigen TSV 1860 Stralsund (früher: BSG Motor Stralsund) errangen bei vielen nationalen (zuletzt Deutscher Meister 2005) und internationalen Wettkämpfen Titel und Medaillen, bedeutende Gewichtheber sind u. a. Jürgen Heuser und Andreas Behm.

Die erste Männer-Mannschaft des Stralsunder Handballvereins (HV) spielte in der Saison 2003/2004 und 2008/2009 in der ersten Handball-Bundesliga.

Nach starken Zeiten der Fußballmannschaft des ASG Vorwärts Stralsund in den 1960er bis 1980er Jahren in der ersten und zweiten DDR-Liga, stieg der Nachfolger, der FC Pommern Stralsund, in der Saison 2005/2006 aus der Verbandsliga Mecklenburg-Vorpommern in die Landesliga ab.

Erfolgreich sind auch die Sportler des MC Nordstern Stralsund, die in der Speedway-Bundesliga fahren. Heimstätte ist das Paul-Greifzu-Stadion (Stralsund).

Die Volleyballerinnen des 1. VC Stralsund nehmen in der Saison 2008/2009 am Spielbetrieb der 2. Bundesliga teil.

Auf dem Flugplatz Stralsund treffen sich die Piloten von Segel- und Motorflugzeugen, Hubschrauber und Modellflugzeugen. Der Deutsche Meister von 2006 im Hubschrauberfliegen kommt aus Stralsund.

An der Sundpromenade ist das "Bootshaus", auf dem Vereinsgelände des Stralsunder Kanu Club (SKC) und des Stralsunder Ruder Club (SRC).

Wirtschaft und Verkehr

Industrie und Gewerbe

Stralsund hat durch seine Nähe zur Ostseeinsel Rügen und seine historische Altstadt den Tourismus als wichtigen Wirtschaftsfaktor. Dieser bildet die Grundlage u. a. für zahlreiche Gaststätten und Beherbergungen, Museen, ein großes Freizeitbad, Yachtcenter, Fährbetrieb und vieles mehr.

Neben dem Tourismus existiert in Stralsund als wichtigster Industriebetrieb die Volkswerft, eine traditionsreiche Vertreterin des Schiffbaus, in deren Umfeld sich diverse Metallbauunternehmen, darunter Ostseestaal, sowie kleinere Bootswerften angesiedelt haben.

Im Stralsunder Hafen werden vor allem Stück- und Schüttgut umgeschlagen, wie z. B. Salz.

Die Pommersche Volksbank hat ihren Sitz in Stralsund. In 26 Filialen werden Kunden auf Rügen und in Vorpommern betreut. Die Unternehmensgruppe Nordmann erwarb 1991 die Stralsunder Brauerei und richtete in Stralsund auch ihren Sitz ein.

Medien

In Stralsund erscheint die Ostsee-Zeitung (OZ) mit einer eigenständigen Lokalausgabe („Stralsunder Zeitung“).

Daneben existieren kostenlose Anzeigenblätter wie „Ostseeanzeiger Stralsund“ (gehört zur OZ), „Stralsunder Blitz“ (gehört zum Blitz-Verlag) und „Zeitung am Strelasund“.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk des NDR sowie Privatsender wie Antenne MV und Ostseewelle sind per Antenne zu empfangen. Hauptsender für die Region ist der Telekom-Mast in Garz auf Rügen. Außerdem läuft derzeit das Lizenzierungsverfahren für einen lokalen Radiosender, der auf der Frequenz 98,9 MHz senden soll.

Fernsehen für die Region bieten das dritte Programm des NDR-Fernsehens sowie das private Programm FAS – Fernsehen am Strelasund des Kabelbetreibers.

Verkehr

Das bedeutendste Verkehrsbauwerk bei Stralsund ist seit 2007 die als Hochbrücke errichtete neue Rügenbrücke über den Strelasund, die den alten Rügendamm entlasten soll. Stralsund hat einen Zubringer zur Bundesautobahn 20 und liegt an den Bundesstraßen B105 aus Richtung Rostock bzw. Greifswald/Neubrandenburg, B194 aus Richtung Grimmen und B96 aus Richtung Bergen auf Rügen.

Per Bahn ist Stralsund über den Bahnhof Stralsund sowie den Bahnhof Stralsund-Rügendamm und den Halt Stralsund-Grünhufe aus Richtung Berlin (über Prenzlau oder Neubrandenburg) und Rostock (und über Rostock aus Hamburg) erreichbar. Weiterhin existiert eine Bahnlinie nach Bergen, Sassnitz und Binz auf der Insel Rügen.

Stralsund hat einen Stadthafen und mehrere Yachthäfen und wird von Yachten, Fluss- und Seekreuzfahrtschiffen angefahren. Ebenfalls besteht ein Seehafen für Frachtschiffe. Im Jahr 2006 wurden mehr als 1.000.000 Tonnen Güter umgeschlagen. Die nächstgelegenen Flughäfen sind der Ostseeflughafen Stralsund-Barth, der Flughafen Rostock-Laage und der Flugplatz Stralsund (direkt nördlich von Stralsund).

Die Nahverkehr Stralsund GmbH bedient mit Bussen das Stadtgebiet und die nähere Umgebung. Bis 1966 verkehrten auch noch Straßenbahnen.

Der Radwanderweg entlang der Deutschen Alleenstraße und der Ostseeküsten-Radweg verlaufen an Stralsund vorbei

Persönlichkeiten

Ehrenbürger

Menschen, die Besonderes für die Stadt geleistet haben, wird in Stralsund für die Dauer der Lebenszeit die Ehrenbürgerschaft verliehen.

Zu einer Auflistung von Ehrenbürgerinnen und Ehrenbürgern der Hansestadt Stralsund siehe die Liste der Ehrenbürger von Stralsund.

Beispielhaft seien hier erwähnt:

  • Gottfried Kiesow (* 1931) – Mitglied der Deutschen Stiftung Denkmalschutz
  • Käthe Rieck (1902–2004) – ehemalige Leiterin des Meeresmuseums
  • Hartmut Olejnik (* 1930) – ehemaliger Direktor des Stralsunder Tierparks
  • Erich Kliefert (1893–1994) – Maler
  • Herbert Ewe (1921–2006) – Direktor des Stralsunder Stadtarchives
  • Otto Scholz (1916-2010) – Arzt

Weitere bedeutende Persönlichkeiten der Stadt

Zu einer Aufzählung von Menschen, die mit Stralsund in Verbindung stehen – sei es, dass sie in Stralsund geboren worden sind und berühmt wurden, sei es, dass sie als Freunde der Stadt Bedeutendes geschaffen haben –, siehe die Liste Stralsunder Persönlichkeiten.

Literatur, Quellen

  • Stralsundische Chroniken (Gottlieb Ch. F. Mohnike und Ernst Heinrich Zober, Hrsg.), Band 1: Johann Berckmanns Stralsundische Chronik und noch vorhandene Auszüge aus alten verloren gegangenen Stralsundischen Chroniken, Stralsund 1833, 401 Seiten (online).
  • Andreas Theodor Kruse: Einige Bruchstücke aus der Geschichte der Stadt Stralsund - Zur Übersicht nach der Zeitfolge dargestellt. Erstes Buch: Mit den Urkunden des Stralsunder Friedens von 1369 und 1370. Stralsund 1846, 77 Seiten (online).
  • Otto Fock: Rügensch-Pommersche Geschichten aus sieben Jahrhunderten, Band 2: Stralsund und Greifswald im Jahrhundert der Gründung. Leipzig 1862, 241 Seiten (online).
  • Gustav Kratz: Die Städte der Provinz Pommern - Abriß ihrer Geschichte, zumeist nach Urkunden. Sändig Reprint Verlag, Vaduz 1996 (unveränderter Nachdruck der Ausgabe von 1865), ISBN 3-253-02734-1, S. 434-502
  • Heinrich Trost: Stralsund (Kunstgeschichtliche Städtebücher). Seemann, Leipzig 1973 (2. Auflage 1979)
  • Herbert Ewe: Das alte Stralsund – Kulturgeschichte einer Ostseestadt, Weimar 1994, ISBN 3-7400-0881-4.
  • Horst Auerbach: Festung und Marinegarnison Stralsund, Hinstorff Verlag, Rostock 1999, ISBN 3-356-00835-8.
  • Horst Auerbach: Als Stralsund eine Festung war. Homilius, Berlin 1997, ISBN 3-931121-42-9.
  • Angela Pfotenhauer, Elmar Lixenfeld: Wismar und Stralsund – Welterbe. Monumente-Edition. Monumente-Publikation der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, Bonn 2004, ISBN 3-936942-55-2 oder ISBN 3-936942-56-0.

Einzelnachweise

  1. ↑ Mecklenburg-Vorpommern Statistisches Amt - Bevölkerungsentwicklung der Kreise und Gemeinden 2009 (PDF; 522 KB) (Hilfe dazu)
  2. ↑ [http://www.xxx
  3. ↑ Arno Krause: "Stralsund". In: "Schicksale deutscher Baudenkmale im Zweiten Weltkrieg". Hrsg. Götz Eckardt, Henschel-Verlag, Berlin 1978. Band 1, S.76-84
  4. ↑ http://www.xxx
  5. ↑ www.xxx
  6. ↑ Hauptsatzung § 2 Abs.1 (PDF)
  7. ↑ Hauptsatzung § 2 Abs.3 (PDF)

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Geschichte der Hansestadt Stralsund

Der Artikel Geschichte der Hansestadt Stralsund behandelt die Entwicklung der deutschen Stadt Stralsund. Gegründet als slawische Siedlung im 10. Jahrhundert wurde der Stadt Stralow im Jahr 1234 das Lübische Stadtrecht verliehen. Stralsund kam nach dem Erlöschen des Fürstentums Rügen 1325 an Pommern-Wolgast. Es war seit dem 14. Jahrhundert nach Lübeck die bedeutendste Hansestadt im südlichen Ostseeraum. Vom 17. bis ins frühe 19. Jahrhundert gehörte Stralsund zum Besitz des Königs von Schweden im Heiligen Römischen Reich, danach kam es zur preußischen Provinz Pommern und war Sitz eines Regierungsbezirkes. Den Status als Kreisstadt verlor Stralsund 1990. Die kreisfreie Hansestadt Stralsund ist seitdem Oberzentrum im Landesteil Vorpommern des deutschen Bundeslandes Mecklenburg-Vorpommern.

10. bis 13. Jahrhundert

Slawische Siedlung

Die Insel Rügen und Teile des gegenüberliegenden Festlandes gehörten zum Siedlungsgebiet der slawischen Ranen, die sich bis zur Mitte des 12. Jahrhunderts ihre politische Selbständigkeit bewahrt hatten und eine der letzten nichtchristlichen Völkerschaften in Mitteleuropa waren. Im Jahr 1168 endete der jahrelange Zwist mit den christlichen Nachbarn mit dem Sieg des Dänenkönigs Waldemar I. über die Ranen und der Eroberung ihres Hauptheiligtums, der Jaromarsburg am Kap Arkona. Nach dem Sieg der Dänen wurden die slawischen Fürsten Lehnsleute der dänischen Krone und nahmen den christlichen Glauben an. Die Fürsten zogen nunmehr gegen die pommerschen Umlandgebiete zu Felde und sannen darauf, ihre Macht auch auf dem Festland auszubauen. Die Siedlung Strale lag strategisch günstig an der Kreuzung der Handelswege zwischen Rostock, Demmin, Rügen und Stettin. Die vorgelagerte Insel Stralow bot einen natürlichen Hafen, einer der Gründe für die Stadtansiedlung.

Der Geschichtsschreiber Saxo Grammaticus berichtete, dass die Dänen schon im 12. Jahrhundert die Insel Stralow als Liegeplatz für ihre Schiffe bei Kriegszügen ins Landesinnere nutzten.[1] Auf dieser Insel befand sich lange vor der Gründung der Stadt ein slawisches Fischerdorf. Als gesichert gilt, dass es sich zum Zeitpunkt der Stadtgründung bereits um eine große Siedlung handelte. Dazu kam der Umstand, dass Sümpfe und Teiche eine Verteidigung erleichterten. Die Stadtteiche wurden erst später ausgebaut. Die Lage am Strelasund ermöglichte die Zufahrt zur Ostsee auf zwei Seiten. Aufgrund der reichen Heringsbestände der Gewässer siedelten sich viele Kaufleute an, die darin ihre Handelsgrundlage sahen.

Stadtrechtsverleihung

Am 31. Oktober 1234 verlieh der slawische Fürst Wizlaw I. zu Charenza (Rügen) dem Fischerdorf Stralow am Strelasund das Lübische Stadtrecht mit folgendem Text:

„Witzlaw, von Gottes Gnaden Fürst der Ruianer, allen Getreuen, zu denen das gegenwärtige Schreiben gelangt, Gruß im Herrn. Wir wollen es allen, sowohl dem gegenwärtigen wie dem künftigen Geschlecht kund getan haben, dass wir unserer Stadt Stralow dieselbe Gerechtigkeit und Freiheit verliehen haben, welche der Stadt Rostock verliehen ist. Auf dass nun diese von uns gegebene Zusage fest und unverbrüchlich gehalten werde, bestätigen und bekräftigen wir sie durch gegenwärtiges Schreiben und Anhängung unseres Siegels. Gegeben zu Charenz, im Jahre der Gnade 1234, am 31. Oktober.“

Die Urkunde besteht aus einem lediglich 5,5 x 15 Zentimeter großen Pergamentstreifen. Unüblich sind aber nicht nur der spärliche Inhalt und die Größe, sondern auch, dass keine Zeugen für diesen Akt benannt sind. Die Urkunde wird im Stadtarchiv Stralsund verwahrt.

Die Stadtgründung erfolgte von Seiten der rügenschen Fürsten nicht selbstlos: Der Handel sollte der wirtschaftlichen Entwicklung und die zu erwartenden Abgaben der fürstlichen Kasse dienen. Gemäß der damals geltenden Kastellaneiverfassung unterstand ein Dorf dem jeweiligen Landvogt, eine Stadt aber direkt dem Fürsten. Auch die Stralsunder Kaufleute profitierten, da mit der Verleihung des Stadtrechts auch die Zollfreiheit verbunden war.

13. bis 16. Jahrhundert

Deutsche Besiedlung

Im Zuge der Christianisierung kamen bald Menschen aus den westelbischen Gebieten: Niedersachsen, Westfalen, Holsteiner, Friesen, Holländer und Flamen zogen in den ostelbischen Raum. Nach und nach nahmen sie Besitz von den neuen Siedlungsräumen, wie die Gründungswelle der Städte entlang der Ostseeküste belegt. Aus der Stadtgründungsurkunde geht hervor, dass es sich bei den Gründern Stralsunds wohl um Rostocker Kaufleute handelte. Dazu kamen weitere Einwanderer. Anhand der Namen im Stadtbuch von 1270 und im Bürgerbuch ab 1319, die oft auf die regionale Herkunft deuteten, ist erkennbar, dass knapp ein Drittel aus dem direkten Umland (Festland und Rügen) stammte und zwei Drittel aus ferneren Gegenden – bis hin nach Nowgorod, Italien, Böhmen – zugezogen waren.[2] Obwohl die Stadt auf ehemals slawisch besiedeltem Territorium lag, überwog schon bald der Anteil der Deutschen. Die Slawen mussten sich bald den deutschen Zuwanderern in Sprache und Lebensweise anpassen.

Am 25. Februar 1240 stellte Fürst Witzlaw I. auf seinem Prohner Schloss eine zweite Urkunde aus, die bedeutsam für Stralsund war. In dem Text nannte Witzlaw I. nochmals die Stadtrechtsverleihung nach Rostocker Vorbild, erwähnt wurde auch erstmals Stralesund als Stadtname. Der Stadt erhielt das Fährdorf (antiquus navalis transitus) gegen Zahlung von neunzig Mark rügenscher Münze und die Insel Strale sowie Wälder (heute: Frankenvorstadt) und Äcker (heute: Kniepervorstadt) innerhalb der Stadtgrenzen als Geschenk. Zusätzlich gestattete die Urkunde den Stralsundern freien Fischfang und die Jagd auf Niederwild. Sie garantierte auch die Zollfreiheit im gesamten Fürstentum. Schnell entwickelte sich die junge Stadt zu einem aufblühenden Handelsstandort und als Konkurrenz zu den bestehenden Handelstädte. Im Jahr 1249 überfiel eine Flotte der Hansestadt Lübeck unter Alexander von Soltwedels unerwartet die Stadt und legte sie in Schutt und Asche, die Stadt wurde aber schnell wieder aufgebaut.

Die Anlage der Stadt

Die ursprüngliche Stadt reichte bis an heutigen Straßen Papenstraße und Apollonienmarkt. In der Altstadt, ausgehend vom Alten Markt als damaligem Stadtzentrum, wurden beeindruckende Bauten errichtet. Die Nikolaikirche wurde 1276 erstmals erwähnt, im langen inneren Gang des angrenzenden Rathauses befanden sich ursprünglich die Verkaufsstände vieler Händler. Das Gebiet südwestlich davon gehörte zunächst weiterhin dem Rügenfürsten, der dort vermutlich schon seit 1242 seine Curie (Niederlassung) hatte[3] und im Jahr 1251 ein Dominikanerkloster gründete.[4] Da die ursprüngliche Altstadt bald an ihre räumlichen Grenzen stieß, siedelten sich die Bürger auch in der Neustadt an. Diese wurde 1256 erstmals urkundlich erwähnt.[5] Im Jahre 1270 war erstmals vom Neuen Markt die Rede[6], mit dem 1298 die Marienkirche erwähnt wurde. Diese Pfarrkirche ersetzte die Peter-und-Paul-Kirche, von der nichts erhalten ist; vermutlich befand sie sich an der Ecke Franken- und Badstüberstraße.

Beide Teile der Stadt wurden ab 1261 durch einen gemeinsamen Befestigungsring geschützt, der Ende des 13. Jahrhunderts fertiggestellt wurde. Als günstig erwies sich dabei die Lage der Stadt, die von allen Seiten durch Wasser (Strelasund, Teiche) begrenzt war. 22 Stadttore, sechs Wassertore und fünf Landtore, jeweils als Doppeltor angelegt, befanden in der Stadtmauer.

Da die räumliche Situation in der Altstadt auf Grund des prosperierenden Handels immer schwieriger wurde, begann in den 1260er Jahren die Erweiterung mit dem Zusammenwachsen von Alt- und Neustadt zum Ende des 13. Jahrhunderts. 1271 wurden große Teile der überwiegend aus Holz gebauten Stadt durch ein Feuer zerstört. Danach wurde die Stadt mit einem erheblich höheren Anteil an Backsteinbauten erneuert. 1283 gab es drei Ziegeleien in Stralsund.[7]

Im Jahr 1269 gab Fürst Wizlaw II. urkundlich bekannt, dass er der neuen Stadt Schadegard („Graue Burg“) die Stadtrechte entziehen und sie „zum Gedeihen und Nutzen seiner geliebten Bürger zu Stralsund aufgeben“ werde („propter melius bonum et propter utilitatem futuram […] burgensium nostrorum videlicet dilecttorum Stralesund“). Einige Historiker vermuten eine Identität der Neustadt mit Schadegard. Dem steht die urkundliche Erwähnung der Neustadt als solche um 1256 entgegen.

Obwohl sich die Stadt recht schnell entwickelte, waren in den ersten 50 Jahren noch viele Flächen innerhalb der Stadtgrenze unbebaut. Die Grundlage für die Versorgung der Stralsunder mit Lebensmitteln bildete die so genannte Feldmark, deren Äcker, Weiden und Gärten Bürgern der Stadt und den Ackerbürgern gehörten. Die zahlreichen Gewerke waren zumeist in kleineren Betrieben angesiedelt. Getreide wurde z. B. zum Teil direkt in der Stadt verarbeitet, was der Name Mühlenstraße belegt.

Die große Bedeutung der Bierherstellung zeigte sich im Vorhandensein eines im ersten Stadtbuch erwähnten Hopfenmarktes. Der Charakter als Seestadt war prägend für weitere Handwerkszweige wie das Schiffbauerhandwerk. Die ersten Aufzeichnungen berichten zwar erst 1393 von acht Werften auf dem Gebiet der heutigen Frankenvorstadt[8], aus anderen Quellen kann jedoch geschlossen werden, dass schon vor der Stadtgründung Schiffe gebaut wurden. Aus Wismar wurde 1284 vom Kauf Stralsunder Schiffe berichtet. Aber auch alle Handwerke rund um Schiffbau und Handel hatten sich in Stralsund angesiedelt, so beispielsweise Böttcher, denn der Handel mit nahezu allen Produkten erfolgte damals in Tonnen und Fässern.

Handel und Gewerbe

In der Politik spielten die Handwerker keine bedeutende Rolle. Das Lübische Stadtrecht untersagte die Mitgliedschaft von Angehörigen der Handwerkerschaft im Rat der Stadt. Dies führte im Laufe der Jahre immer wieder zu Streit mit den Kaufleuten, die im Rat die Geschicke der Stadt bestimmten. Diese exportierten vor allem landwirtschaftliche Produkte, Brenn- und Bauholz, Fisch, Tran, Getreide, Hopfen, Rinder und Schweine sowie Bier. War anfangs noch der Handel hauptsächlich auf die einheimischen Produkte beschränkt, wurde die Palette alsbald insbesondere im Fernhandel erweitert. Die Stralsunder Kaufleute waren dadurch zu Zwischenhändlern geworden, was mehr Profit versprach.

Da Stralsund auf dem Gebiet eines dänischen Lehens lag, war es nahezu selbstverständlich, dass die Stralsunder ihre ersten Handelsbeziehungen nach dort knüpften. Nachgewiesen sind diese erstmals im Jahr 1249. Für dieses Jahr belegte eine Urkunde, dass Schiffbrüchige aus den rügenschen Fürstentümern vom Strandrecht auszunehmen waren. Wichtig für die Kaufleute der Stadt der Aufbau und der Pflege von Handelsbeziehungen zu Kaufleuten aus Flandern (Brügge), Spanien, Italien, Frankreich und dem süddeutschen Raum. Handelsbeziehungen existierten ferner nach England und Schweden, Probleme bereiteten die Beziehungen nach Norwegen. Dafür lief das Geschäft mit Händlern aus dem baltischen Raum hervorragend. Nowgorod, Riga, Reval und Pskow waren Ziele von Fernreisen. Dass gerade der Handel mit Nowgorod (Peterhof) bedeutende Gewinne erbrachte zeigt noch heute das Nowgorodfahrergestühl in der Nikolaikirche. Wichtigste Gilde der Kaufmannschaft war zu damaliger Zeit in Stralsund die der Gewandschneider.

Die erstarkende Wirtschaftskraft brachte den Vorteil mit, dass sich die Stralsunder von ihren Landesherren, den rügenschen und später den pommerschen Fürsten, weitreichende Privilegien erkaufen konnten, die beinahe an eine Autonomie heranführten. Allerdings blieb Stralsund der rechtliche Status einer Freien Stadt, wie ihn Lübeck oder Hamburg erreichten, immer verwehrt – dafür spielte Stralsund eine zu große strategische Rolle in den Plänen der jeweils Herrschenden.

Mit der zweiten Verleihung des Stadtrechts im Jahr 1240 hatte Stralsund vom Fürsten Wizlaw I. an das Stadtgebiet angrenzenden Wald sowie die Feldmark des alten Fährdorfes erworben und zudem neben der Insel Strale Äcker und Weiden geschenkt bekommen. Diese Stadtfeldmark genannten Flächen wurden an Stralsunder Bürger verpachtet. Die in Geld oder Naturalien zu entrichtende Pacht bildete schnell eine der Haupteinnahmequellen der Stadt neben dem Zoll auf Waren und den Verbrauchssteuern und Mieten. Städtischer Grundbesitz wurde in Zeiten dringenden Geldbedarfs ausschließlich an Stralsunder Bürger verkauft, gemäß Lübischem Recht war der Verkauf an „Geistliche, Ritter oder Ritterbürtige“ untersagt: Die Bürgerschaft wollte einmal gewonnenes Eigentum keineswegs wieder an Adlige oder die Kirche abtreten.

Noch im 13. Jahrhundert dehnte die Stadt ihren Grundbesitz deutlich über die einstigen Grenzen der Feldmark aus. 1290 wurden die Dörfer Voigdehagen und Lüdershagen erworben. Von Wizlaw I. ließ sich die Stadt das Eigentum nochmals schriftlich bestätigen und dazu das Recht einräumen, auch künftig Erwerbungen von Grundbesitz außerhalb der Stadtmauern zu tätigen. 1301 kam das Dorf Vogelsang, 1302 Lüssow in städtischen Besitz. 1306 erwarb Stralsund Weideland auf dem Zingst, 1321 dann auch die Dörfer Devin, Tessekenhagen, Zitterpennigshagen, Wendorf, Lützow, Langendorf und Kedingshagen.

Mitglied der Hanse

Die (Gründungs-)Mitgliedschaft und teilweise bedeutende Rolle in der Hanse prägten den Charakter der Stadt, gaben ihr ein Selbstverständnis, welches sich wiederum in einer Zunahme der politischen und wirtschaftlichen Macht niederschlug. Mit der Stadtgründung wurden wirtschaftliche Interessen der anderen Ostseestädte berührt: So hatte Lübeck bis dato diverse Handelsprivilegien im Fürstentum Rügen inne, die zwar offiziell nicht endeten, durch die Existenz eines aufstrebenden Konkurrenten jedoch faktisch beschnitten wurden. Im Jahre 1249 eroberte Lübeck mit seiner Flotte nach dem Sieg über den Dänenkönig und der Eroberung des Kopenhagener Schlosses die neue Konkurrentin am Strelasund und brannte sie nieder. Stralsund wurde wieder aufgebaut, andere Konkurrenten wie Schadegard durch Einflussnahme der Stralsunder beim rügenschen Fürsten verdrängt. Den Handel treibenden Bürgern der Städte entlang der Ostseeküste jedoch war klar, dass ihr Wohl eher in einem Zusammengehen als in ewigem Zwist liegen würde; nur so konnten sie auch langfristig ihre Interessen gegen die der Adligen durchsetzen. 1265 schloss Stralsund einen Vertrag mit Demmin und 1267 mit Tribsees, in welchen weitgehende Rechtshilfen besiegelt wurden. 1278 erwarb Stralsund zusammen mit Lübeck, Rostock, Wismar und Greifswald die Zollfreiheit auf den Märkten in Hvidanger (Dänemark). 1283 waren es wieder diese Städte sowie Stettin, Demmin und Anklam, die im Rostocker Landfrieden Verträge mit den Landesfürsten schlossen. Darin wurde den Städten erstmals auch das Recht eingeräumt, Bündnisse zu schließen.

Bereits Ende 1283 bewährte sich dieses Bündnis erstmals in der Blockade der norwegischen Häfen im Streit zwischen Norwegen und den deutschen Handelsstädten. 1293 verpflichteten sich Stralsund, Lübeck, Rostock, Wismar und Greifswald zu gegenseitigem Beistand, was nach diplomatischen Maßnahmen der Städte füreinander auch das Aufstellen gemeinsamer Kriegsflotten vorsah. Der Grundstein für die Städtehanse („Hanse“ bedeutet „Schar“) war gelegt.

In der Folgezeit offenbarten sich immer wieder die großen Vorteile, die das Bündnis für die Handelsstädte bot. So wurden den deutschen Hansestädten in Norwegen günstige Zölle eingeräumt; 1358 sicherte König Magnus den Stralsunder Bürgern seinen besonderen Schutz zu, sofern sie Norwegen als Handeltreibende besuchten. Auch im Handel mit England war die Hanse ein Trumpf für die Kaufleute. Und als es im Handel mit Flandern 1356 zu Streitigkeiten um das Hansekontor in Brügge kam, die durch diplomatische Bemühungen nicht bereinigt werden konnten, wendeten die Hansestädte das bewährte Mittel der Blockade an: 1360 gab Flandern den Hansestädten nach. Weitere Handelspartner waren Kaufleute aus Westfalen (auch auf dem Landwege wurden Waren gehandelt, so sind rege Geschäfte der Stralsunder Kaufleute mit Dortmund und Soest belegt), Elbing, Kolberg, Litauen und Nowgorod.

Mit dem Handel entwickelte sich auch das produzierende Gewerbe. Diese Handwerker hatten sich in Ämtern (Zünfte) organisiert, die nach Gewerken unterschieden wurden. Erstes nachweisbares Amt in Stralsund war das der Schumacher, welches 1290 belegt ist. An der Spitze der Ämter standen die gewählten Altermänner (Zunftvorsteher). Im Gegensatz zu den Kaufleuten hatten jedoch die Ämter keinerlei politische Mitbestimmung. Das Lübische Recht gestattete nur Kaufleuten die Erlangung der Mitgliedschaft im Rat der Stadt. Altermänner konnten nur im Beisein eines Ratsherren gewählt werden und mussten den Beschlüssen der Ratsherren stets nachkommen. Widerspruch wurde hart bestraft: 1340 wurde ein Böttchermeister, der die Absetzung des mit der Zustimmung des Rates gewählten Altermannes seines Amtes gefordert hatte, aus der Stadt verbannt. Die Aufnahme in ein Amt war streng reglementiert. Der um Aufnahme bittende Handwerker musste seine eheliche und vor allem freie Geburt nachweisen, ein Meisterstück vorweisen, einen finanziellen Obolus an das Amt und eine Weinspende an die Altermänner entrichten, das Bürgerrecht vor dem Rat erwerben und ein bestimmtes Vermögen nachweisen. Die Zahl der Mitglieder eines Amtes war begrenzt. Die Ämter legten zudem fest, wie viele Gesellen die Meister beschäftigen und wie viele Aufträge sie annehmen durften. Streitigkeiten hatten zuerst den Altermännern vorgetragen zu werden, bevor der Rat angerufen wurde. Dies ergab sich aus dem Lübschen Recht, das den Ämtern die sog. Morgensprache (morgensprak) einräumte. Hierbei handelte es sich um die Regelung innerer Angelegenheiten auf Versammlungen der Ämter.

Die Städte waren in einer fatalen Situation, die aus ihrer Lage innerhalb von Ländern feudaler Herrscher wie z. B. der Dänen resultierte. Diesen gaben sie Geld gegen Privilegien. Als sich die Fürsten und Könige wiederum ihrer Einflussnahme auf die reichen Städte weitgehend beraubt sahen, machten diese mobil gegen die Seestädte: 1311 zog im Markgrafenkrieg eine vereinigte Streitmacht aus Dänemark, Sachsen, Braunschweig, Thüringen, Meißen, Polen, Brandenburg, Holstein, Magdeburg, Bremen und Wittenburg zuerst gegen Wismar und Rostock, die von den Streitmächten erobert wurden. Stralsund kaufte sich 1313 frei und verzichtete auf einen Großteil seiner bisherigen Privilegien. Schon drei Jahre später aber hatte sich die Lage wiederum grundlegend geändert: Nachdem sich Stralsund mit den Brandenburgern verbündete, wurde 1316 die Belagerung Stralsunds durch dänische und mit den Dänen verbündete Truppen gebrochen. Die Gefangennahme des Herzogs von Sachsen-Lauenburg brachte der Stadt hohe Lösegelder (wahrscheinlich wurde davon der Schaugiebel des Rathauses finanziert), nach dem Bruch der Koalition gegen Stralsund konnte die wieder erstarkte Stadt ihre Privilegien sogar noch ausbauen, so erwarb Stralsund den Stralsunder und rügenschen Zoll sowie die Münze im Fürstentum, dazu die Schirmherrschaft über die Schulen und die fürstlichen Mühlen vor der Stadt.

Nachdem mit dem Tode des rügenschen Fürsten Wizlaw III. die Besitzfrage über das Fürstentum aufkam, verbündeten sich Dänen und Mecklenburger zur Übernahme der Macht dort. Stralsund schlug mit dem holsteinischen Verbündeten jedoch 1327 die Mecklenburger, das Fürstentum Rügen vereinigte sich mit dem Herzogtum Pommern-Wolgast. Nach dem Ende dieser langen kriegerischen Auseinandersetzungen, die die wirtschaftliche Entwicklung stark gehemmt hatten, blühten der Handel und die Wirtschaft Stralsunds schnell wieder auf. Durch das dank der Vereinigung der Länder erweiterte Wirtschaftsgebiet und den Ausbau des Fernhandels hatte Stralsund große Vorteile. Der Ostseehandel bekam jedoch mit den Auseinandersetzungen zwischen dem König Magnus von Schweden und Norwegen und dem holsteinischen Herrscher in Dänemark einen Dämpfer, da sich Piraterie immer mehr zum Hindernis entwickelte. Erst 1343 konnten die Mitgliederstädte der Hanse in einem Vertrag mit König Magnus diese Hindernisse abstellen.

Der Stralsunder Frieden von 1370

Stralsunds Rolle im Wendischen Quartier der Hanse war zu dieser Zeit zweifellos gleich hinter Lübeck anzusetzen. Diese politische Bedeutung Stralsunds fand ihren Ausdruck in der Wahl Stralsunds für die Besiegelung der Ergebnisse der Verhandlungen der Hanse mit dem dänischen Rat, was als Stralsunder Frieden in die Geschichte einging.

Die Stadtverfassung von 1391

Nach dem Sieg über Dänemark blühte der Handel erneut auf. Von diesem Aufschwung profitierten nahezu alle Schichten in Stralsund. Politisch jedoch war weiterhin einzig der Rat bestimmend, weder die Ämter noch andere Handwerker hatten Mitbestimmungsrechte. Dies führte in allen Hansestädten zu Unruhen, die sich 1391 auch in Stralsund in Erhebungen äußerten. Die Stralsunder Ratspolitik bestimmte seit 1361 maßgeblich der Bürgermeister Bertram Wulflam mit. Zwischen 1361 und 1385 nahm er als Vertreter Stralsunds an 59 Hansetagen teil, in den beiden Kriegen gegen Dänemark hatte er sich großes Ansehen erworben und seine Macht gefestigt. Am Alten Markt hatte er sich gegenüber dem Rathaus ein noch heute erhaltenes Handels- und Wohnhaus (Wulflamhaus) bauen lassen, dessen Front bewusst dem Rathaus zugewandt war. Sein Handeln wurde immer diktatorischer und selbstherrlicher. Zudem erregte auch sein Sohn Wulf Wulflam mit seiner Herrschsucht und Willkür Aufruhr. Während Bertram Wulflam immerhin durch seine Leistungen für Stralsund Ansehen genoss, konnte Wulf Wulflam, der seine politischen Ämter auf Betreiben seines Vaters erhalten hatte, nicht mit Erfolgen aufwarten. Eine von ihm befehligte Streitmacht, die gegen Seeräuber vorgehen sollte, scheiterte 1385. In der Folge mussten die Hansestädte 1386 mit den adligen Seeräubern ein demütigendes Waffenstillstandsabkommen abschließen. Unfriede zog in Stralsund ein und brachte den Rat dazu, den Wulflams nicht gewogene Ratsherren aufzustellen. Einer von ihnen war Karsten Sarnow, der 1391 in einem Unternehmen gegen Seeräuber diese vernichtend schlagen konnte, was ihm in Stralsund einen guten Stand sicherte. Sarnow, in Opposition zu den Wulflams und der hergebrachten Stadtverfassung stehend, erzwang am 2. Mai 1391 eine Reform dieser Stadtverfassung.

Alle geltenden Ratsverfassungen (willköre) wurden außer Kraft gesetzt und u. a. eine Vertretung der Altermänner, die Gemeindealtermännervertretung, geschaffen. Damit gewannen die Ämter erstmals einen bescheidenen Einfluss auf die Geschicke der Stadt. 1391 gab es eine Missernte, was zu wirtschaftlichen Schwierigkeiten und Verdruss führte. Die Bemühungen der aus der Stadt vertriebenen Wulflams bei den anderen Städten der Hanse führten am 18. Oktober 1392 sogar soweit, dass Stralsund der Ausschluss aus der Hanse angedroht wurde, sofern nicht die alte Verfassung wieder hergestellt würde. Die Stimmung in Stralsund wendete sich gegen Sarnow; er wurde am 21. Februar 1393 auf dem Alten Markt hingerichtet. Die Stadtverfassung wurde kassiert.

Frieden zog nach Stralsund weiterhin nicht ein. Stets gab es Auseinandersetzungen der Stralsunder mit ihren Landesherren oder fremden Mächten, aber auch intern waren Streitigkeiten anhängig. So etwa 1407, als die Stralsunder im Papenbrand thom Sunde drei Priester verbrannten, denen sie Hochmut vorwarfen. Im Streit zwischen Dänemark und Holstein zu Beginn des 15. Jahrhunderts versuchten beide Herrscher, die Hanse auf ihre Seite zu ziehen. 1423 schloss die Hanse ein Bündnis mit dem dänischen König Erich, das dieser allerdings schon 1426 brach, indem er strikte Handelsbeschränkungen wie den Sundzoll erließ, die die Hanse schwer trafen. Am 22. September 1426 schlossen Lübeck, Hamburg, Lüneburg, Wismar, Rostock und Stralsund ein Kriegsbündnis gegen König Erich und verbündeten sich alsdann mit den Herzögen von Schleswig. Nur 18 sächsische Hansestädte schlossen sich dem Bündnis an, die preußischen Städte verweigerten die Zusammenarbeit, und auch die beiden Mitglieder des wendischen Viertels, Greifswald und Anklam, verweigerten sich. Diese beiden wurden daraufhin aus der Hanse ausgeschlossen. Stralsund stand unter pommerscher Landesherrschaft, die wiederum eng mit Dänemark verbandet war. Diplomatischer Druck von dieser Seite wurde jedoch seitens Stralsunds zurückgewiesen.

1427 brachen die Auseinandersetzungen aus. Nach anfänglichen großen Erfolgen der Hansestädte wendete sich schnell das Blatt. Am 11. Juli 1427 erlitt die 36 Schiffe starke Flotte der Hanse unter Kommando des Lübecker Bürgermeisters Tidemann Steen im Strelasund eine schwere Niederlage. In den Städten wurde Protest laut gegen den Rat, so auch in Stralsund. Im Januar 1427 bildete sich eine oppositionelle Gruppe unter Führung der Brauer, die allerdings niedergeschlagen wurde. Trotz der Unruhen aber wurde der Krieg weitergeführt. Kaperkrieg und Angriffe auf Dänemark und Norwegen wurden forciert. Im Gegenzug rüstete Dänemark eine mit 77 Schiffen enorm starke Flotte aus, die am 5. Mai 1429 Stralsund angriff. Vollkommen überrumpelt, gab es keinerlei nennenswerte Gegenwehr. Die Dänen kaperten die Stralsunder Schiffe; einige entführten sie, die anderen wurden in Brand gesetzt. Da sich die Dänen aber für ihre Rückfahrt einige Tage Zeit ließen, die sie zum Brandschatzen und Räubern im Strelasund nutzten, konnten die Stralsunder sechs neu im Hafen eingetroffene Schiffe aus Wismar bzw. Lübeck zu Kriegsschiffen umrüsten und gegen die dänische Riesenflotte ziehen lassen. Dies wurde ein Erfolg, dem die Dänen sich nur durch Flucht und unter großen Verlusten an Menschen und Schiffen entziehen konnten. Zum Andenken an diesen Erfolg nannten die Stralsunder fortan die Insel Strale den Dänholm. Die folgende Zeit war durch Diplomatie bestimmt. Im Jahr 1430 schloss Stralsund einen Separatfrieden mit König Erich ab, der bei den Bündnispartnern Widerstand weckte. Stralsund jedoch hatte guten Grund für diesen Frieden, da es durch den Krieg mehr als die Partner auch wirtschaftliche Nachteile hatte, verlagerten sich doch die Handelswege auch der neutralen Städte vom Strelasund auf den Landweg. Mit diesem Frieden stand Stralsund nun allerdings zwischen den Parteien, und erst mit dem Frieden König Erichs mit allen Hansestädten, dem Frieden von Vordingborg (1435) wurde die Lage wieder besser. Es hatte sich gezeigt, dass die Hanse keineswegs so einig war wie in den Anfangsjahren.

Blütezeit

Das 15. Jahrhundert wurde zur Blütezeit Stralsunds. Fernhandel und Schifffahrt waren die wichtigsten Handelszweige. Zu den bisherigen Handelspartnern traten Schottland und Spanien. 350 Kaufleute betrieben um 1450 den Fernhandel, davon gehörte die Hälfte zu den Gewandschneidern. 13 Werften verzeichnet das Stadtbuch um 1421. 1488 gründen 50 Schiffer die St. Marienbruderschaft der Schiffer in Stralsund, den Vorläufer der Stralsunder Schiffercompagnie, die noch heute existiert. Die Stralsunder besaßen das Handelsmonopol auf der gesamten Insel Rügen und geboten über beide Fährverbindungen zwischen Rügen und dem Festland, nämlich der Fähre zwischen Altefähr und Stralsund (Strelasundquerung) und zwischen Glewitz und Stahlbrode. Das Bauwesen erlebte einen gewaltigen Aufschwung, sowohl durch die Erneuerung der bestehenden und den Aufbau weiterer Festungsanlagen als auch durch den Bau prächtiger Giebelhäuser durch Stralsunder Kaufleute. Auch die Schaufassade des Rathauses wurde nun errichtet. Ebenso wurden die Stralsunder Kirchen ausgebaut (bzw. die Marienkirche wieder aufgebaut).

Erst im 15. Jahrhundert wird in Stralsund auch buchstäblich Geschichte geschrieben. Umfangreiche Aufzeichnungen, wie sie etwa in Lübeck überliefert sind, gibt es leider aus Stralsund nicht. Nur zwei sehr kurze Chroniken eben aus dem 15. Jahrhundert, geschrieben wahrscheinlich von Mönchen, sind erhalten geblieben und zeugen u. a. von der Installation der Uhr an der Marienkirche im Jahre 1411 oder dem Bau einer Wasserleitung 1418. Eine dritte Chronik existiert nur noch in Fragmenten – möglicherweise aber war gerade diese sehr viel umfangreicher als die beiden anderen. Bei der Erforschung der Stralsunder Geschichte ist man somit zumeist auf Quellen anderer Städte angewiesen. Allerdings bieten erhalten gebliebene Stadtbücher durchaus wichtige Anhaltspunkte. Zudem ist das Stralsunder Stadtarchiv sehr umfangreich, es beherbergt z. B. die älteste papierne Urkunde Dänemarks.

Am Ende des 15. Jahrhunderts offenbarte sich immer mehr der Konflikt zwischen den Städten und den umgebenden Fürstentümern. Bogislaw X. Herzog von Pommern (1474–1523) zentralisierte sein Reich und erteilte damit den pommerschen Städten, die nach mehr Unabhängigkeit strebten, eine Abfuhr. Er erhöhte die Zölle, nahm selbst Handelsbeziehungen zu fremden Ländern auf und ließ Ländereien, die schon einmal an Bürger verkauft worden waren, einziehen und dann an die Bürger verpachten. Nur unter großen Anstrengungen gelang es Stralsund, seine Privilegien bis zum Anfang des 16. Jahrhunderts zu bewahren.

Aus einem erhalten gebliebenen Steuerregister vom Beginn des 16. Jahrhunderts, welches die Einnahmen der Stadt aus einer Sondersteuer zur Sicherung der Privilegien in Dänemark, Norwegen und Schweden auflistet, ergibt sich ein Bild der Sozialstruktur Stralsunds. Die Liste unterteilt die Einwohner nach ihrem Vermögen in sieben Gruppen. Demnach gehörten zu den wohlhabendsten Einwohnern die Ratsherren, die Mitglieder der Gewandschneiderkorporation waren. Sie stellten 0,5 Prozent der Stralsunder Bevölkerung. 1,2 Prozent stellte die zweite Gruppe, die ebenfalls aus Gewandschneidern und aus Großkaufleuten bestand. In der dritten Gruppe der Bürger, 3,9 Prozent umfassend, waren ebenfalls Mitglieder der Gewandschneider und Großkaufleute gelistet. In der vierten Gruppe, 7 Prozent der Bevölkerung umfassend, finden sich kleinere Kaufleute und vereinzelt auch Handwerksmeister. Viele der Handwerksmeister, besonders die Knochenhauer, Bäcker und Böttcher, finden sich in der 6,7 Prozent der Bevölkerung umfassenden fünften Gruppe. Die sechste Gruppe, 35 Prozent umfassend, vereint die restlichen Handwerksmeister. In der siebten Gruppe, die 45,7 Prozent der Stralsunder Bevölkerung umfasst, befinden sich die Besitzlosen: Träger und Tagelöhner. Nicht besteuert und daher nicht in der Aufstellung erfasst wurden die Unselbständigen (Gesellen, Dienstboten und Arme).

Reformation

Zu Beginn der 1520er Jahre drang auch nach Norddeutschland die Reformation. Ausgehend vor allem vom Kloster Belbuck, an dessen Klosterschule Johann Bugenhagen als Lektor tätig war, verbreitete sich die Lehre im Norden. Die beiden Schüler Bugenhagens, Christian Ketelhot und Johann Kureke, kamen auf der Flucht wegen ihrer reformatorischen Ansichten 1523 nach Stralsund, ihr Ziel war Livland. Beide setzten ihre Flucht jedoch nicht fort, sondern predigten in Stralsund, was vor allem in den unteren und mittleren Schichten der Bevölkerung Anklang fand. Sie wurden dabei von Mitgliedern der Bürgerschaft, wie Franz Wessel, unterstützt. Der Rat der Stadt allerdings nahm klar dagegen Stellung und damit schon bald gegen einen großen Teil der Bürger. Nach Konflikten mit den Bürgern ließ sich der Rat, allen voran Nikolaus Smiterlow, ebenfalls auf die reformatorischen Lehren ein. Gegen diese Strömungen rebellierte die katholische Geistlichkeit. Sie versuchte, vor allem Ketelhot zu verleumden. Auch die Hanse sah in der Reformation ein Ärgernis. Allerdings musste sie von ihrer Forderung an Stralsund und Wismar auf dem 1525er Hansetag in Lübeck, den neuen Glauben und die martianischen secten zu verfolgen, Abstand nehmen. Ende 1525 gestand der nächste Hansetag bereits jeder Stadt die Entscheidung über ihre Prediger selbst zu. Die pommerschen Herzöge, mehrheitlich gegen die Reformation eingestellt, konnten die Verbreitung in Stralsund nicht aufhalten. Johannes Aepinus schuf die neue Kirchenordnung, die erste evangelische in Deutschland.

Der Rat der Stadt, der einer Minderheit der Bürger nahezu alle Macht in die Hände gab, bekannte sich zwar zur Reformation, verweigerte aber weiter die von den Bürgern ebenfalls angestrebten sozialen Änderungen. Mit Unterstützung der Franziskaner aus dem Stralsunder Johanniskloster erstarkte die bürgerliche Bewegung. Wortführer war Roloff Möller, der, obschon selbst Mitglied der Gewandschneiderzunft, der oppositionellen Bewegung beitrat und diese sogar anstachelte. Spontan zogen im Jahr 1524 Bürger zum Rathaus und ließen sich dort vom Rat einen Rezess unterschreiben, dass ein sogenannter „48er-Ausschuss“ (nach der Anzahl der Mitglieder benannt) der Bürger fortan über dem Rat regieren sollte. Der 48er-Ausschuss ließ am 10. April 1525 alle Armen zu einer Sichtung in die Nikolaikirche beordern, um diejenigen zu kennzeichnen, denen das Betteln erlaubt sei. Hierbei entstand ein allgemeiner Tumult, in dem sich auch der Unmut der Armen ob ihrer Situation entlud. In der Folge wurden Altäre und Kapellen beschädigt. Der Aufstand breitete sich schnell aus, die Johanniskirche wurde gestürmt und geplündert, ebenso die Behausungen der Mönche. Weitere Zerstörungen und Plünderungen folgten im Brigittenkloster und im Kloster St. Annen und St. Katharinen. Vor allem Gesellen, Bootleute, Mägde, Tagelöhner, Knechte sowie Arme waren an diesem Kirchenbrechen beteiligt. Nur durch die Aufstellung einer 900 Mann starken Truppe konnten die Aufständischen gestoppt werden.

Die Furcht nach dem Kirchenbrechen ausnutzend, ließ sich der 48er-Ausschuss weitere Privilegien vom Rat einräumen. Zudem wurden 1525 neun der Mitglieder zu Bürgermeistern ernannt, unter ihnen Roloff Möller und Franz Wessel. In den Folgejahren wurde auf diese Art nahezu der gesamte Rat neu besetzt, so dass nunmehr die Bürger die herrschende Rolle einnahmen. Die alten Ratsfamilien waren nahezu vollständig zurückgedrängt worden. Keine Machtbeteiligung erhielten jedoch weiterhin die Handwerksmeister. Die Kirchenbrecher von 1525 wurden bald sowohl vom 48er-Ausschuss als auch von den Reformatoren als loses Gesindel und Gottlose bezeichnet. Die Mitglieder des Ausschusses nutzten die Stellung im Rat mehr und mehr zu ihren eigenen Gunsten aus, was 1534 zum Sturz des Ausschusses führte. Die Kaufmannschaft baute ihre neu erworbene Machtstellung aus und herrschte schon bald uneingeschränkt wie vorher die patrizischen Ratsherren.

Bildung und Schulwesen

Nach der Reformation wurde in Pommern auch das Schulwesen grundlegend geändert, so auch in Stralsund. Der Landtag hatte im Jahre 1534 eine von Johann Bugenhagen reformierte Ordnung beschlossen, die nach und nach in ganz Pommern durchgesetzt werden sollte. In Stralsund wurden 1560 die drei Kirchgemeindeschulen im seit 1555 nicht mehr als Kloster genutzten Katharinenkloster zusammengeführt. Die siebenklassige Lateinschule, an der auch Lesen, Schreiben und die neue Religion unterrichtet wurden, war zur zentralen Bildungsstätte der Stralsunder Bürger geworden und trug bald den Namen Gymnasium. Ein langjähriger Rektor war Caspar Jentzkow 1569–1598.

Schule und Bildung gewannen zunehmend an Bedeutung. Dies schlägt sich in zahlreichen Aufzeichnungen nieder, die ab dem 16. Jahrhundert vom Leben in Stralsund berichten. Reiche Kaufleute und bestellte oder selbst ernannte Chronisten zeigen das mittelalterliche Leben auf. Der lutherische Prediger Johann Berckmann schrieb eine die Jahre 1124 bis 1560 umfassende „Stralsundische Chronik“, in der er die letzten 50 Jahre aufgrund eigenen Erlebens besonders umfangreich schildert. Der Bürgermeister Nikolaus Gentzkow legte in den Jahren 1558 bis 1567 sein Leben in einem Tagebuch dar, welches auch sehr genaue Angaben über das Privatleben der Kaufleute in Stralsund enthält. Ein von Joachim Lindemann im Jahre 1531 begonnenes Memorialbuch (in Frühneuhochdeutsch verfasst) wurde von anderen Schreibern bis 1611 fortgesetzt. In Mittelniederdeutsch schrieb Gerhard Hannemann, Untervogt des Gerichts, sein Tagebuch der Jahre 1553 bis 1587. Das Leben des Bürgermeisters Franz Wessel wurde von Gerhard Dröge ausführlich beschrieben. Und auch der Bürgermeister Bartholomäus Sastrow lässt – in einer Autobiografie der Jahre 1520 bis 1555 – Einblicke in das Leben der Ratsherren und Bürger Stralsunds zu. Diese Chroniken sind Zeugnis des Willens der Stralsunder Bürger im 16. Jahrhundert, Wissen zu erwerben, zu mehren und weiterzugeben. Bis dahin war es außerhalb von Klöstern unüblich gewesen, Tagesgeschehen aufzuzeichnen. Das Bürgertum des 16. Jahrhunderts hatte hier eine neue Rolle eingenommen. Ergänzt werden diese Chroniken von der bedeutenden „Pomerania“ des pommerschen Chronisten Thomas Kantzow.

Abkehr von der Hanse

Stralsunds Handel mit den Städten entlang der Ostseeküste sowie mit Nord- und Nordwesteuropa gedieh weiterhin. Vor allem landwirtschaftliche Erzeugnisse aus Stralsunds Umgebung wurden gehandelt und waren begehrt. Importiert wurden vor allem Fisch sowie Salz, Gewürze und Wein. Handelsgesellschaften wurden gegründet mit mehreren Vorteilen: So konnte durch die Bereedung eines Schiffes durch mehrere Händler das Risiko, eine volle Schiffsladung infolge von Piratenüberfällen zu verlieren, gemindert werden, da die Fracht der Kaufleute auf mehrere Schiffe verteilt wurde; der Schiffer hatte die Ware dann bestmöglich zu verkaufen. Den Gewinn teilten sich die Beteiligten gemäß ihren Anteilen. Ebenfalls an Bedeutung gewann der Geldhandel der Kaufleute. Geld wurde verliehen und brachte somit Kapital. Dass es sich hier oft auch um Wucher handelte, belegt die Tatsache, dass zwischen 1574 und 1595 111 Stralsunder Häuser verpfändet wurden, deren Besitzer das geliehene Geld nicht zurückzahlen konnten. Auch kauften die Bürger Land in der Stralsunder Umgebung zur Sicherung ihrer Handelstätigkeit sowie zur Verpachtung an die bisherigen Eigentümer.

Zunehmende Bedeutung erlangte auch die Bierherstellung. 1594 sind in Stralsund 171 Brauhäuser nachgewiesen, von denen die Mehrzahl Starkbier für den Export per Seehandel herstellte. Mehr und mehr verfolgte Stralsund auch innerhalb des von der Hanse übrig gebliebenen Wendischen Quartiers eigene Interessen. So wurde gegen die bisherigen Statuten und gegen die ausdrücklichen Unmutsbekundungen Lübecks der Handel „über Strand“, d. h. außerhalb der Kontore forciert. Nachdem Verhandlungen mit Dänemark über die Aufhebung der nach dem Dreikronenkrieg (1563–1570) verhängten Beschränkungen gescheitert waren, richtete Stralsund seine Bemühungen erfolgreich auf Schweden. Gegen die Interessen Lübecks wurden mit Schweden Handels- und Zollfreiheiten ausgehandelt. Stralsund entwickelte sich zum Brückenkopf Schwedens auf dem Kontinent.

17. Jahrhundert – Im schwedischen Königreich

Politik

Stralsund nahm immer öfter Partei für die Interessen Schwedens in den Kriegen des beginnenden 17. Jahrhunderts. Damit brach es aus der noch 1605 erklärten gemeinsamen Haltung der Hansestädte im Krieg zwischen den Niederlanden, Spanien und England aus. 1628 wirkte sich dieses Bündnis mit den niederländischen Generalstaaten in der Art aus, dass Stralsund bei der Belagerung durch Wallensteins kaiserliche Truppen starke Finanzhilfen aus den Niederlanden erhielt. In den kriegerischen Konflikten Schwedens mit Russland, Dänemark und Polen setzte Stralsund auf die zugesicherten Handelsprivilegien im schwedisch besetzten Teil des Baltikums und Pommerns.

Trotzdem Stralsund nie zur Freien Hansestadt wurde und folglich weiter der Herrschaft der Landesherren von Pommern-Wolgast unterstand, wurde doch ein großes Maß an Selbständigkeit erreicht, die auch selbstbewusst verteidigt wurde. War die Stadt mit den Beschlüssen des Landtages, in dem sie vertreten war, einmal nicht einverstanden, wurden diese Beschlüsse auch nicht durchgesetzt. Dies gelang auch den Landesfürsten nicht; ihr Einfluss auf die Stadt blieb gering. In Kenntnis dieser Tatsache gründete der pommersche Herzog Bogislaw XIII. am Ort des Klosters Neuenkamp die Stadt Franzburg, die Stralsund Konkurrenz bieten sollte. Dieser Plan scheiterte; Franzburg konnte die Rolle einer Konkurrentin Stralsunds nie wahrnehmen.

Auch innerhalb der Stadt wuchs der Einfluss der Stadtherren wieder: Der 48er Ausschuss wurde aufgelöst und die Macht somit wieder vollständig in die Hände der Patrizier gelegt. Doch schon 1559 gründeten Großkaufleute (vorwiegend die Altermänner der Gewandschneider) einen neuen Bürgerausschuss, das „Hundertmänner-Kollegium“.

Erbvertrag mit dem pommerschen Herzog und Bürgerverfassung

Zu Beginn des 17. Jahrhunderts verschärfte sich in der Stadt die Finanzlage drastisch. Abgaben waren zu leisten an den Kaiser, das Reich, die Landesherren und an Gesandte in Handelssachen. Stralsund musste beim Amtsantritt eines Fürsten Huldigungskosten zahlen und den pommerschen Herzog und sein Gefolge beköstigen, sobald dieser in die Stadt kam. Daraus erwuchs ein gewaltiger Schuldenberg, der nicht mehr durch Steuern gedeckt war. Die Umlage der Ausgaben auf die Einwohner der Stadt verstärkte den Widerstand der Bürgerschaft gegen den Rat der Stadt. Der 1595 gegen starken Widerstand des Rates, vor allem von Bartholomäus Sastrow, abgeschlossene Bürgervertrag war noch nicht umgesetzt worden, eine Finanzkontrolle seitens der Bürgerschaft nicht möglich. Zudem nahm die Vetternwirtschaft innerhalb des Rates zu. Die Verwandtschaftsbeziehungen der Ratsmitglieder untereinander schürten Unzufriedenheit. Diese Situation machte sich der Herzog von Pommern-Wolgast, Philip Julius (1584–1625), zu Nutzen. Am 3. Februar 1612 zog er in die Stadt ein und setzte eine Untersuchungskommission ein, die die von der Bürgerschaft beklagten Verfehlungen des Rates zum Thema hatte. Der Herzog präsentierte der Bürgerschaft einen Vertragsentwurf, der neben der Rechenschaftspflicht des Rates gegenüber der Bürgerschaft die Oberaufsicht über die Stralsunder Kirchen durch den Herzog selbst vorsah. Auch die Einsetzung der Geistlichen sollte dem Herzog obliegen. Das Hundertmänner-Kollegium wurde mit Hilfe des Herzogs von Verwandten der Ratsherren und den Altermännern der Gewandschneider befreit. Zum Bürgerworthalter wurde Johann Jusquinus von Gosen gewählt.

Da der Rat den Vertrag nicht einhielt, zog der Herzog am 18. März 1612 erneut nach Stralsund ein und berief zwei Bürgermeister, den Protonotarius, vier Ratsmitglieder und den Syndicus der Stadt, Dr. Lambert Steinwich, ab. Nachfolger des als zu zögerlich angesehenen von Gosen wurde Heinrich Stamke. Auf dem Hansetag in Lübeck beschwerten sich die beiden später vom Herzog abberufenen Ratsherren Dr. Christof Krauthof und Niklas Dinnies über die Einflussnahme des Herzogs. Die Hanse versuchte, den Herzog zur Rücknahme seiner Änderungen an den Machtverhältnissen zu bewegen. Philip Julius allerdings sah die geringe Macht der im Niedergang befindlichen Hanse und die ihm ins Konzept passende Opposition der Bürgerschaft gegen das Patriziat und betonte in Schreiben an den Hansetag, dass seine Eingriffe in die Geschicke der Stadt seiner Rechtsgewalt als Reichsfürst entsprachen. Die Stralsund angedrohte Verhansung, d. h. den Ausschluss aus dem Bündnis, sah er gelassen. Im Dezember 1612 setzte der Herzog eine Bürgerkommission ein, die die geistlichen Güter der Stadt untersuchen sollte. Hierbei stellte sich schnell heraus, dass seitens des Rates eine Misswirtschaft – ob bewusst oder unbewusst, konnte nie geklärt werden – vorgelegen hatte: Ganze Grundstücke waren dem Besitz ohne Nachweise abhandengekommen. Die Bürgerschaft war zutiefst gespalten. Gerade bei der Besteuerung gab es nicht auszuräumende Differenzen in den Ansichten. Die aufkommenden gewaltsamen Zusammenrottungen veranlassten Philip Julius, Verhandlungen mit dem Rat aufzunehmen, was am 11. Juli 1615 zum Abschluss des Erbvertrages führte. In ihm wurde vereinbart, dass Stralsund sich dem Herzog als Erbherrn zu Gehorsam und Treue verpflichtet. Gesiegelt war der Vertrag vom Herzog, dem Rat, den Vertretern der vier bedeutsamsten Gewerke und den einst von Philip Julius entmachteten Gewandhausvertretern. Der Herzog musste etliche seiner Forderungen fallen lassen, nachdem ihm die landständischen Ritter in Anbetracht der drohenden großen Macht des Herzogs erfolgreich Widerstand leisteten, was wieder der relativen Eigenständigkeit Stralsunds zugute kam. Die Bürgerschaft jedoch hatte sich durch die Uneinigkeit jedoch selbst geschwächt.

Am 14. Februar 1616 wurden auch die Forderungen der Bürgerschaft nach innerstädtischen Veränderungen mit der Siegelung eines Bürgervertrages erfüllt. Der Bürgerschaft wurden Mitbestimmungsrechte eingeräumt. Der Rat selbst führte weiterhin die Verwaltung und repräsentierte die Stadt. Die Kontrolle der Finanzen oblag den Achtmännern, die sich in der Achtmannskammer trafen. Dabei stellten der Rat und das Hundertmänner-Kollegium je vier Vertreter, Ersterer zwei Bürgermeister, einen Ratsherren und den Kämmerer, Letzterer vier Bürger. Einigkeit wurde auch in der Frage der Steuern erzielt. Das Bürgerrecht wurde reformiert und dem Zuzug von müßigem Gesindel Grenzen gesetzt. Ebenso wurde eine Arbeitspflicht für die Stadt bei Bedarf festgelegt. Der Korruption wirkten Neuregelungen für die städtischen Ämter entgegen.

Der Bürgervertrag datierte fortan bis 1870 die Grundlage für die innerstädtischen Beziehungen. Herzog Philip Julius, der den Vertrag durch seine Machtbestrebungen und seinen Einsatz erst ermöglicht hatte, verstarb 1625; sein Nachfolger Bogislaw XIV. konnte nicht an seine Macht anknüpfen. Die neue Ordnung funktionierte, und daher waren Themen wie das im Februar des Jahres 1625 über Stralsund hereinbrechende Sturmhochwasser, die große Schäden angerichtet hatte, die Hexenverfolgungen und die Schwäche des neuen Herzogs die bestimmenden Themen in Stralsund

Allianzvertrag mit Schweden

Von den ausbrechenden, später Dreißigjähriger Krieg genannten Auseinandersetzungen wurde Stralsund lange Zeit nur durch Nachrichten berührt. Stralsund gehörte zu den reformierten Städten, was aber nicht in einer Gegnerschaft zum Kaiser ausartete. 1626 verdrängten die kaiserlichen Truppen die Dänen unter König Christian IV. aus Mecklenburg. Es war nunmehr absehbar, dass auch Pommern Ziel der Eroberungen sein sollte. Allerdings war das Land nicht in der Lage, Widerstand zu leisten. In Stralsund begannen Anfang 1627 Bestrebungen, eine Verteidigung der Stadt zu ermöglichen. 100 Söldner wurden angeworben und die nach längerer friedlicher Zeit dringend erneuerungsbedürftigen Stralsunder Stadtbefestigungen wieder aufgebaut; im Frühjahr 1628 waren die Arbeiten fertiggestellt. Die Bürger wurden aufgefordert, sich für ein Jahr zu bevorraten und eine Wachordnung erstellt, die auch Ratsmitglieder einbezog. Die Stadt erwarb in großem Umfang Kriegsmaterial.

Nach Wismar im Oktober 1627 kapitulierte 1628 auch Rostock. Die mecklenburgischen Herzöge flohen nach Dänemark. Herzog Bogislaw XIV. von Pommern hatte sich zwar immer kaiserfreundlich verhalten; trotzdem besetzten die kaiserlichen Truppen unter Hans Georg von Arnim-Boitzenburg auch Pommern. In der Franzburger Kapitulation vom 10. November 1627 wurde vereinbart, dass Pommern fortan ca. 20.000 Mann Besatzungstruppen als Einquartierung erhielt. Barth und Greifswald sowie die Insel Rügen wurden von den Kaiserlichen ohne nennenswerten Widerstand eingenommen.

Seit Beginn des Jahres 1628 stand Stralsund in Geheimverhandlungen mit den Königen von Dänemark und von Schweden, die beide Protestanten waren und erklärte Gegner des Kaisers, die sich zudem in ihrer wirtschaftlichen Stellung im Ostseeraum bedroht sahen. Der schwedische König Gustav Adolf war schon 1620 in Stralsund gewesen und hatte hier Beziehungen geknüpft

In Stralsund wuchs der Widerstand gegen eine Besatzung. Zwar verdienten die Kaufleute an der Belieferung der kaiserlichen Truppen im Umland mit allen denkbaren Waren (sogar Waffen), und versicherte der gerade zum Bürgermeister gewählte Lambert Steinwich dem Kommissar Graf Ernst Georg von Sparre das Wohlwollen der Stadt. Eine Garnison allerdings wollte Stralsund nicht werden. Verhandlungen mit den kaiserlichen Anführern wurden aufgenommen mit dem Ziel, sich von Einquartierungen freizukaufen. Verlangte Oberst von Arnim anfänglich noch 150.000 Reichstaler, wurde diese Summe von ihm zu Weihnachten 1627 auf 100.000 gesenkt. Auch dazu war der Rat nicht bereit, nur 30.000 Taler wollten die Stralsunder zahlen.

Am 11. Februar 1628 wurde im Greifswalder Vergleich eine Zahlung von 30.000 Talern und die Beendigung der Arbeiten an den Stadtbefestigungen vereinbart gegen die Zusicherung, auf eine Einquartierung zu verzichten und auf dem Dänholm keine Schanzen zu errichten. Die Zahlung erfolgte, allerdings wurden die weiteren Bedingungen des Vergleichs von Stralsunder Seite abgelehnt. Weitere Verhandlungen folgten, aber auch Kampfhandlungen: Am 4. April 1628 kapitulierten die Besatzungstruppen auf dem Dänholm vor der Stralsunder Seeblockade, die unter der Führung Peter Blomes und Johann Jusquinus von Gosens stand und räumten die Insel. Am 18. April 1628 erteilte Wallenstein aus Jicin den Befehl an von Arnim, entweder eine Garnison in Stralsund unterzubringen oder die Stadt zu belagern. Die Belagerung begann am 13. Maijul./ 23. Mai 1628greg..[9] Vor Stralsund wurden Truppen zusammengezogen, die Zufahrten zur Stadt wurden gesperrt, einzig der Hafen blieb frei. 1500 Mann Stralsunder Truppen standen allein im Hauptlager von Arnims im Hainholz 8000 Mann gegenüber, die zudem besser ausgerüstet waren. Am 25. Mai 1628 traf auf Bitten des Rates dänische Hilfe in der Stadt ein, bis Mitte August annähernd 2500 Mann. Nach Verhandlungen mit den Schweden wurden auch von dort Hilfstruppen entsandt, die am 23. Juni 1628 in Stralsund landeten. Mit der Annahme der Hilfe erklärter Gegner des Kaisers und dem Abschluss eines Allianzvertrages mit Schweden stellte sich die Stadt offen reichsfeindlich. Dies rief Wallenstein persönlich auf den Plan. Ihm wird (auch in Schillers Trilogie „Wallenstein“) der Spruch nachgesagt: „Und wenn die Stadt mit sieben Ketten und Schlössern am Himmel hinge, ich werde sie doch herunter holen!“ Sein Eintreffen im Lager vor Stralsund am 26. Juni 1628 war mit einer Änderung der Strategie verbunden, die zusehends Erfolge zeigte. Immer wieder kam es zu Verhandlungen zwischen dem Rat und den Belagerern.

Nach der Legende schoss ihm ein Verteidiger ein Weinglas aus der Hand, worauf Wallenstein begleitet vom Hohnblasen von den Stralsunder Festungsmauern entnervt abzog. Alljährlich wird dies heute mit den Wallensteintagen gefeiert, dem größten historischen Fest in Norddeutschland.

Sicher ist, dass Wallenstein nach Verstärkung der Hilfe aus Schweden und Dänemark und aufgrund widriger Witterung am 15. Juli 1628 abzog und von Arnim am 21. Juli 1628 die Belagerung ganz aufgab. Die letzten kaiserlichen Einheiten zogen am 24. Julijul./ 3. August 1628greg. vor der Stadt ab. Die Belagerung hatte etwa 12.000 Söldnern Wallensteins das Leben gekostet.[10] In der Stadt hielten sich 4700 Soldaten aus Dänemark und Schweden auf, die Einwohner litten unter den Folgen der Belagerung und der Versorgung der fremden Hilfstruppen. Der Gesandte des schwedischen Königs traf im August 1628 in Stralsund ein und gemahnte den Rat an die Abmachungen und die bedingungslose Bindung an Gustav Adolf von Schweden. Die Schwedenzeit hatte in Stralsund begonnen.

Am 10. September 1630 traf gegen 6 Uhr morgens der schwedische König Gustav Adolf in Stralsund ein, empfangen mit Kanonendonner und dem Läuten aller Kirchenglocken der Stadt, und nahm im Artushof Quartier. Dem Rat der Stadt eröffnete er, dass er zur Sicherstellung des Schutzes Stralsunds 100.000 Reichstaler erwarte. Da die Stadt in finanziellen Nöten war – neben den seit Jahren angehäuften Verbindlichkeiten waren auch noch die für die Verteidigung gegen die Kaiserlichen angeworbenen Söldner zu entlohnen –, fiel das Aufbringen dieser Gelder schwer. Gustav Adolf übereignete dafür der Stadt und privaten Geldgebern diverse fürstliche Güter. Der König persönlich besichtigte die Stralsunder Stadtbefestigungen und befahl deren Ausbau. Zudem erlegte er Stralsund eine Garnison auf – eben das, was Stralsund noch kurz zuvor strikt abgelehnt hatte. Die Aufwendungen der Stadt für den Ausbau der Befestigungsanlagen und die Garnison und weitere aufgrund der Besatzung anfallende Posten beliefen sich in den folgenden Jahren auf ca. 40 Prozent der gesamten Ausgaben. Einnahmequellen waren das Kopfgeld, einer nach Standeszugehörigkeit festgelegten Summe, und das Pfundgeld, welches als prozentualer Anteil einer jeden Handelsware an die städtische Kasse abgeführt werden musste.

Im schwedischen Reich

Immer wieder versuchten Vertreter des Reichs, Stralsund zurückzugewinnen, vor allem nach dem Tod Gustav Adolfs 1632. Diese meist schriftlich vorgebrachten Ansinnen jedoch wies die Stadt stets zurück. Eine Stralsunder Abordnung wurde 1645 nach Osnabrück entsandt, um auf dem dortigen Friedenskongress die Rechte der Stadt zu vertreten und möglichst weitreichende Freiheiten zu erlangen. Letztendlich scheiterten diese Bemühungen in ihren Hauptfragen, der Selbständigkeit. Im Westfälischen Frieden wurde Stralsund als Mediatstadt in Schwedisch-Pommern eingegliedert. Die schwedische Herrschaft über die Stadt brachte auch wegen der von König Karl X. Gustav und seinen Nachfolgern geführten Kriege weitere finanzielle Belastungen. Im Gegenzug allerdings bestätigte Schweden den Stralsundern viele ihrer Privilegien, was der Handelstätigkeit zugute kam.

1675 überfiel Schweden die Mark Brandenburg und begann somit den Schwedisch-Brandenburgischer Krieg. Jedoch wurden die Schweden in der Schlacht bei Fehrbellin geschlagen und in die Defensive gedrängt, womit auch Stralsund wieder Kriegsziel wurde. Erstmals lagerte in diesem „Pommernfeldzug“ genannten Krieg im Oktober 1675 in Lüdershagen der brandenburgische Kurfürst Friedrich Wilhelm mit einem Heer vor Stralsund, zog jedoch bald darauf aufgrund des einbrechenden Winters wieder ab. Daraufhin stellte der schwedische Feldmarschall Graf Otto Wilhelm von Königsmarck eine 14.000 Mann starke Armee in der Region Rügen/Stralsund auf. Im September 1677 gelang es den Dänen, auf Rügen zu landen und Schwedens Verbindung zu Vorpommern abzuschneiden. In dieser Situation boten der Dänenkönig und der Kurfürst von Brandenburg der Stadt die Reichsunmittelbarkeit an, sofern sie sich von Schweden lossage. Diesen einstmals angestrebten Status der freien Reichsstadt wies der Rat allerdings zurück und die Unterstützung der schwedischen Truppen Königsmark wurde intensiviert. Stralsund, das laut Allianzvertrag keine Soldaten im Kriegsfall stellen musste, bot den Schweden nunmehr freiwillig alle verfügbaren Soldaten an. Im Januar 1678 wurde Rügen innerhalb von fünf Tagen zurückerobert. Dies brachte allerdings noch lange keine Sicherheit: Vor Stralsund lagernde Truppen griffen in Einzelaktionen immer wieder die Stadt an und eroberten vor allem Vieh. Die verbündeten dänischen und brandenburgischen Truppen landeten Ende September 1678 auf Rügen. Mit der Einnahme der Insel wurde die Lage für Stralsund hoffnungslos.

Am 20. September 1678 begann die Belagerung von Stralsund durch brandenburgische Truppen mit der Beschießung des Hafens. In der Stadt herrschte Uneinigkeit zwischen den schwedischen Besatzungstruppen und dem Rat. Eine gemeinsame Verteidigung der Stadt war nicht möglich, da der Rat und die Bürgerschaft offen mit einem Friedensschluss mit Brandenburg sympathisierten. Trotz der Bitten sowohl des Rates als auch Königsmarcks, die Stadt zu verschonen, begann Friedrich Wilhelm am 10. Oktober 1678 mit einem Bombardement, da die Stralsunder eine friedliche Übergabe ablehnten. Dem Bombardement fielen viele Häuser und auch große Teile der Jakobikirche zum Opfer. Ein Großbrand brach aus und wütete in der Stadt. Am 11. Oktober 1678 schickte Königsmark aus der stark beschädigten Stadt einen Unterhändler zum Kurfürsten; am 15. Oktober 1678 schlossen die Brandenburger mit Königsmark die Kapitulationsvereinbarung ab, die den Schweden einen ehrenhaften Abzug ermöglichte. Die Stralsunder vereinbarten in einem separaten Vertrag den Schutz ihrer Privilegien und das Verbot von Plünderungen; in den kommenden zehn Jahren wollte Brandenburg Stralsund beim Wiederaufbau unterstützen. Allerdings währte die brandenburgische Herrschaft nicht lange: Mit dem Friedensvertrag zwischen Frankreich, Schweden und Brandenburg gelangte Stralsund am 9. Juni 1679 wieder zum Königreich Schweden. Königsmarck kehrte als Generalgouverneur nach Stralsund zurück.

Wirtschaft

Bereits mit der teilweisen Abkehr von den Beschlüssen der Hanse hatte sich gezeigt, dass die Zeit der Hanse als Bündnis der Städte vorüber war. Durch den starken Druck der Landesherren der die Hansestädte umgebenden Länder, die unterschiedliche Interessen und Machtbestrebungen hatten, waren die Städte gezwungen, vor allem ihre eigenen Interessen zu vertreten. Stralsund hatte aufgrund seiner Lage im Dänemark-freundlichen Pommern kaum noch gemeinsame Interessen mit den Städten in Mecklenburg oder Holstein. Die Stralsunder Händler, vom Spanienhandel kaum profitierend, verlegten ihre Tätigkeiten überwiegend in den baltischen Handel. In den westlichen Handelsstädten waren Stralsunder Kaufleute überwiegend als Mittler tätig. Im Handel mit den Niederlanden waren sie von den einheimischen Händlern abhängig, einstige Privilegien waren nach dem Erstarken der heimischen Händler obsolet geworden. Selbst der Handel mit Norwegen, einst ein blühendes und lukratives Geschäft, wie das Bergenfahrer-Gestühl in der Nikolaikirche bezeugt, wurde nach dem Erstarken der Norweger zurückgedrängt. Stralsunder handelten nunmehr – am Rande der Legalität – meist nicht mehr in den Kontoren, sondern „über Strand“, d. h. ohne Einschaltung der Marktplätze. Neben kleineren Handelsbeziehungen zu Schottland (Export von Bier) und England wurde der Handel mit Danzig, Reval und Lübeck intensiviert. Parallel dazu nahmen auch die kleineren Städte des Ostseeraumes in Dänemark und Schweden einen größeren Platz ein. Die schwedischen Eroberungen im Baltikum erlaubten einen bevorzugten Handel bis nach Moskau. Auch die nahe gelegene Insel Rügen wurde intensiv in die Handelsbeziehungen einbezogen. Stralsund hatte gegenüber den zu Anfang des 17. Jahrhunderts aufstrebenden neuen Handelsstädten, die an den Flussmündungen lagen und somit besser den Handel auch mit dem Inland betreiben konnten, enorme Nachteile, die sich bald schon im Rückgang der Bedeutung für den sich entwickelnden „Welthandel“ auswirkten.

Um 1705 gab es in der Stadt am Strelasund annähernd 850 Meister, wobei fast die Hälfte von ihnen ohne Gesellen arbeiteten; ein etwas größerer Teil der Handwerksmeister beschäftigte zusammen ebenfalls etwa 850 Gesellen. Zwischen den Zünften gab es große Unterschiede hinsichtlich des Reichtums. Die reichsten Ämter waren die der Schmiede und Bäcker, gefolgt von den Schustern, Kürschnern Schneidern, Küfern, Barbieren, Knochenhauern und Metallgießern. Zu den ärmeren Zünften waren die Weber, Fischer, Korbmacher und Maurer zu rechnen. Nachdem rund um Rügen und auch in den städtischen Gewässern immer mehr Fisch auch von Nicht-Zunftmitgliedern gefangen wurde stieg diese Zunft ebenfalls zu den ärmeren ab. Ebenso erging es den Knochenhauern, denen Konkurrenz in den Garbratern erwuchs, die den Viehhandel und den Handel mit Schlachtvieh unter ihre Kontrolle gebracht hatten. Trotz dieser starken Konkurrenzsituation stagnierten die Produktionsmethoden der Handwerker, die vom Einkauf der Rohstoffe bis zum Absatz des Endproduktes alles in einer Hand vereinigten.

Das Zentrum der Bierproduktion in Stralsund lag in der Langenstraße und der Frankenstraße. Den Transport der Bierfässer zum nahe gelegenen Hafen nahmen Bierträger wahr, die sich zunftähnlich organisiert hatten. Aufgrund der Notwendigkeit, das Braurecht zu erwerben, und wegen des sehr hohen finanziellen Aufwandes für eine gewinnbringende Bierproduktion konnten nur finanzstarke Kaufleute dieses Geschäft ausüben.

Unmittelbar nach der Beendigung der Belagerung durch Wallenstein 1628 waren die nach Stralsund geflüchteten Bauern der Umgebung wieder auf ihre Höfe zurückgekehrt. Daraus resultierte bald schon ein erneuter wirtschaftlicher Aufschwung in der Stadt, die Handel mit den landwirtschaftlichen Erzeugnissen vor allem über See betrieb. Daraus wiederum resultierte ein Aufschwung bei den Werften, die nach der Belagerung näher an die Stadt umgezogen wurden, und allen Ämtern, die mit dem Bau und der Ausstattung der Schiffe beschäftigt waren. Ebenfalls seit 1630 existierte in Stralsund eine vom Postmeister Otto Reimann geführte „Botenanstalt“ zur Beförderung von Nachrichten.

Städtebau

Bei der Belagerung 1628 waren in der eng bebauten Stadt (eine Zeichnung von Johannes Staude aus dem Jahr 1644 zeigt, dass es innerhalb der Stadtmauern nahezu keine unbebauten Plätze mehr gab; so richtete sich die Bautätigkeit in Stralsund nahezu ausschließlich auf den Wiederaufbau) einige Gebäude beschädigt worden. So wurde das völlig zerstörte Elendenhaus im Heilgeisthospital 1641 wieder aufgebaut. Nach einem Blitzschlag musste auch der Turm der vordem mit 157 Metern Höhe zu den höchsten Bauwerken Europas gehörenden Marienkirche erneuert werden.

In der nach der 1678er Belagerung gerade erst im Wiederaufbau befindlichen Stadt brach am 15. Juni 1680 erneut ein Großbrand aus, der auch Teile des Rathauses zerstörte.

18. Jahrhundert

Politik

Mit enormem Aufwand wurde am 8. März 1700 die Huldigung des Königs Karl XII. begangen.

Neue Gefahr brachte der Große Nordische Krieg. Dieser verlief zwar zunächst weitab der Stadt. Die Folgen waren aber schon in Stralsund zu sehen: Im Mai 1700 wurden 300 Matrosen in der Stadt geworben.[11] Die Stralsunder Garnison umfasste 1300 Soldaten.[12]

Im August 1711 rückten Truppen Sachsens, Russlands und Dänemarks in Schwedisch-Vorpommern ein, die am 7. September 1711 vor Stralsund eintrafen und sich vereinigten, Anfang Januar 1712 aber wieder abzogen.[13] Im Laufe des Jahres 1712 kam es zu einer Besetzung der schwedischen Gebiete auf dem Kontinent, insbesondere in Schwedisch-Pommern. Entlastung und die Verteidigung der Stadt Stralsund als schwedischem Brückenkopf sollte eine Armee unter dem schwedischen Feldmarschall Magnus Stenbock bringen, der tatsächlich die alliierte Übermacht in der Schlacht bei Gadebusch in Westmecklenburg schlug. In dieser für Schweden äußerst kritischen Lage lehnte Karl XII. mehrere Friedensangebote ab. Er war im November 1714 aus Bender in die Festung Stralsund zurückgekehrt. Der König besichtigte die Truppen vor dem Kütertor und dem Kniepertor sowie auf Rügen, und unterzeichnete einen „offenen Begnadigungs-Brief für die Stadt Stralsund vom 29. November 1714“, in dem er bestimmte, dass der Stadt die Torschlüssel zurückgegeben würden und die Stadt von der Accise-Consumtions-Steuer und anderen finanziellen Belastungen befreit sowie die Bürgermeister und der Rat in den Adelsstand erhoben wurden. Ferner bestätigte er am 24. April 1715 „alle Vortheile, Freyheiten, Begnadigungen, Gerechtigkeiten und Privilegien“ der Stadt.

Als er erste Erfolge gegen die preußische Armee erzielte, wurde der König von den vereinigten dänischen, preußischen und sächsischen Truppen in der Festung eingeschlossen. Nachdem Stralsund im Pommernfeldzug 1715/1716 monatelang belagert wurde, ergaben sich die eingeschlossenen Schweden am 23. Dezember 1715. Der Preußenkönig Friedrich Wilhelm übergab Stralsund den Dänen. Erst mit dem Frieden von Frederiksborg kam Stralsund wieder ins schwedische Reich. Ab 1720 war Stralsund die Hauptstadt von Schwedisch-Vorpommern und blieb es bis zum Ende der Schwedenzeit im Jahr 1815.

1757 erlaubte der schwedische König wieder die Ansiedlung von Juden; diese begannen 1786 mit dem Bau einer Synagoge, die am 30. März 1787 geweiht wurde (siehe auch Geschichte der Juden in Stralsund).

Wirtschaft

In der schwedischen Stadtaufnahme 1706/1707 sind die Besitzer der 1601 erfassen Grundstücke nach Berufen aufgeführt. Danach gab es zu dieser Zeit in Stralsund 110 Getreidehändler, 97 Mälzer, 74 Schiffer und 64 Bierbrauer. Von den 475 Handwerkern waren 50 Schuster, 42 Fischer, 27 Bäcker, 26 Schneider, 23 Leinweber, 21 Schmiede und 21 Zimmerleute.

Nachdem Schweden 1720 den südlich der Peene gelegenen Teil Vorpommerns an Preußen abgetreten hatte, verlor Stralsund zunehmend an Bedeutung. Es fehlte der Stadt am Hinterland, was sie gegenüber Städten wie Hamburg oder sogar Rostock benachteiligte. Zudem war der Stadt die Freiheit im Öresund entzogen worden. Zwar war Stralsund weiterhin der bedeutendste Export- und Importhafen in Schwedisch-Pommern, aber an die einstige Bedeutung kam es nie wieder heran. Vornehmlich Malz und Getreide wurden nach Schweden exportiert.

1729 entstand in Stralsund die Amidonmacherei, die, von Daniel Joachim Kühl (1687–1745) gegründet, eine der erfolgreichsten Manufakturgründungen wurde. 1731 wurde der Import von Stärke im Land Schwedisch-Pommern verboten, 1818 konnte die Stärkefabrik sogar exportieren. Erfolgreich war anfangs auch die Wollmanufaktur des Kaufmanns Johann Nicolaus Hennings (1719–1779). Er konnte bereits 1747 das ganze Land mit Kalmanken und Flanell versorgen, so dass die Regierung 1748 den Import derartiger Waren verbot. 1749 wurden 400 Spinnerinnen beschäftigt. Allerdings gingen die Stralsunder Kramer gegen die Manufaktur mit allen, auch illegalen Mitteln vor. Hennings Ware wurde geschmäht; bei einer Zählung der Kramwaren 1749 wurden nur importierte Kalmanken und Flanelle gefunden. Hennings Einspruch beim Rat der Stadt wurde nur zögernd beschieden. Die Wollmanufaktur ging 1758 ein. 1755 entstand die Stralsunder Fayencenmanufaktur. Sie wurde von Joachim Ulrich Giese (1719–1780) gegründet und war bald eines der bekanntesten Unternehmen der Stadt. Am 25. Oktober 1765 erhielt der Graveur Johann Kaspar Kern (gest. 1791) eine Konzession zum Betrieb einer Spielkartenfabrik, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts unter dem Namen Vereinigte Stralsunder Spielkartenfabrik AG die größte Unternehmung ihrer Art in der Welt wurde.

1765 prüfte der schwedische Reichstag, ob die Zulagenkammer Stralsund angesichts der seit einigen Jahren nicht gezahlten Steuern unter schwedische Verwaltung zu stellen sei. 1767 wurde dazu eine Kommission eingesetzt, die im Juni 1768 sieben Stralsunder Ratsmitglieder absetzte. Nach Protesten seitens der Stralsunder befand der Reichstag, dass die Kommission ihre Befugnisse überschritten habe und machte die Entscheidungen rückgängig.

Die Regierung in Stockholm war sehr zögerlich bei der Unterstützung der Stralsunder Bemühungen, den Handel wieder zu beleben. Erst 1766 wurde durch Aufhebung einer Sondersteuer der Handel mit nicht-baltischen Ländern belebt. 1785 konstituierte sich in Stralsund eine Kommission des Rates zur Belebung des Handelsverkehrs. Jedoch blieb auch deren Erfolg eher gering. Nur wenig besserte sich die Situation im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts. Hier profitierte vor allem der Schiffbau in Stralsund von einer leichten Verbesserung dank der Wiederbelebung des Seehandels.

Städtebau

In der schwedischen Stadtaufnahme von 1706/1707 zeigt die noch immer bestehenden Auswirkungen der letzten Belagerung 1680. 1601 Grundstücke sind verzeichnet, davon 1392 innerhalb der Stralsunder Stadtbefestigungen.

Gesundheitswesen

Im Jahr 1709 starben in einer Pockenepidemie in den Monaten Januar bis Juli über 600 Kinder. Eine vom Rat im August 1709 angestrebte Pestordnung wurde nicht verwirklicht, so dass ab August 1710 die Pest in der Stadt ausbracht. Im September 1709 trat endlich die Pestordnung in Kraft, die das Schließen verseuchter Häuser vorsah. Sie wurden mit einem weißen Kreuz gekennzeichnet; nur Ärzten war der Zutritt gestattet. Fritz Adler beziffert die Zahl der Pesttoten auf 4000[14], Jürgen Drevs nennt 7774 Tote[11], wobei diese Angabe bei 8000 Einwohnern sicher zu hoch ist. Am 26. April 1711 wurde in den Stralsunder Kirchen ein Dankfest nach dem Ende der Epidemie gefeiert.

19. Jahrhundert: Die letzten Schwedenjahre und französische Besetzung

Schwedens König Gustav IV. Adolf den schwedischen Teil von Pommern stärker ins schwedische Reich integrieren. Am 26. Juni 1806 wurde mit dem Staatsstreich die Landesverfassung außer Kraft gesetzt, ab 1. Januar 1807 sollte schwedisches Recht gelten.

Eine der Maßnahmen war die Aufhebung der Leibeigenschaft. Den Städten wurden die Privilegien von 1789 versprochen, wirtschaftliche Projekte zur Aufhebung der Rückständigkeit Pommerns geplant.

Politik

Seit der Belagerung durch preußische Truppen im Jahr 1758 hatte Stralsund keine militärischen Auseinandersetzungen mehr erlebt. Im Spätsommer 1804 brach Schweden die diplomatischen Beziehungen zu Frankreich ab und ging im Vierten Koalitionskrieg gegen Frankreich eine Allianz mit Preußen, England und Russland ein. Teile der auf Rügen gelandeten russischen Truppen zogen durch Stralsund. Die nach Mecklenburg gesandten schwedischen Truppen kehrten im Frühjahr 1806 nach Pommern zurück. In Anbetracht der auf Pommern vorrückenden Franzosen wurde in Stralsund am 29. Oktober 1806 der Belagerungszustand verhängt und am 17. Dezember 1806 mit dem Abbruch der Vorstädte begonnen. Die etwa 1600 dort lebenden Menschen wurden in der Marienkirche notdürftig untergebracht.

Die Franzosen rückten im Januar 1807 über die Peene weiter nach Pommern vor. Die in Vorpommern stationierten schwedischen Truppen zogen sich am 29. Januar 1807 nach Stralsund zurück, die Stadt wurde landseitig vom französischen Heer eingeschlossen. Es kam allerdings nur zu vereinzelten leichten Geplänkel, da die Franzosen an einer Einnahme Stralsunds nicht interessiert waren; vielmehr zogen sie Ende März 1807 sogar Truppen nach Kolberg ab. Die Schweden nutzten dies für einen Ausfall am 1. April, bei dem die Belagerer tatsächlich aus Schwedisch-Pommern vertreiben wurden – allerdings nur für kurze Zeit; am 17. April schlugen die Franzosen die Schweden bei Ferdinandshof. Beide Seiten schlossen einen Waffenstillstand, der für Stralsund den Vorteil hatte, dass die Stadt nicht wieder belagert wurde.

Am 12. Juni 1807 traf König Gustav IV. Adolf in Stralsund ein, das er zu seinem Hauptquartier machte. Auch ein preußisches Korps unter Befehl von General Gebhard Leberecht von Blücher wurde hier aufgestellt. Blücher bewohnte das Haus Mühlenstraße Nr. 6. Zu den versammelten 5000 Preußen, die unter Friedrich Wilhelm Bülow von Dennewitz vor dem Frankentor übten, gehörte auch Ferdinand von Schill. Ein 8000 Mann starkes Hilfskorps aus England kam Anfang Juli ebenfalls nach Stralsund. Nach der Kündigung des Waffenstillstandes durch Schweden rückten die Franzosen schnell wieder in Pommern vor und erreichten am 15. Juli 1807 wieder Stralsund. Eine Bitte des Stralsunder Magistrats an den schwedischen König, die Belagerung abzuwenden, schlug Gustav Adolf am 23. Juli ab.

Am 6. August 1807 führten die Franzosen einen ersten Angriff auf Stralsund. Am 9. August wurde die schwedische Regierung nach Bergen auf Rügen verlegt. Der König übergab am 19. August die Regierung an den Stralsunder Magistrat. Bürgermeister David Lukas Kühl übergab am 20. August gegen 18 Uhr die Stadt an die Belagerer. Am Abend noch besetzten französische Truppen Stralsund.

Sie schleiften die Festungsanlagen, trugen die der Verteidigung dienenden Wälle ab und verlangten vom Land hohe Kontributionen. Einquartierungen in Privathäusern waren bis zum Kasernenbau die Regel. Die Franzosen unter Generalgouverneur Thouvenot nutzten das Gymnasium im ehemaligen Katharinenkloster und das Gebäude der Ressource als Kaserne, in den Pfarrkirchen St. Marien und St. Jakobi richteten sie Magazine ein. die Johanniskirche und die Heilgeistkirche wurden zu Stallungen umfunktioniert. Die Besatzer schufen Relikte der mittelalterlichen Strafgerichtsbarkeit wie den Schandpfahl ab.

Im Herbst 1808 wurden einigen französischer Regimenter abgezogen, im Winter 1808/1809 betrug die Besatzungstärke 3000 Mann.

Bürgermeister David Lukas Kühl traf sich 1808 in Erfurt mit Napoléon, um unter anderem über die Beibehaltung der ständischen Verfassung zu sprechen. Auf die Frage Napoléons, ob die Stralsunder zu Preußen wollten der zu Mecklenburg antwortete Kühl, sie würden Mecklenburg vorziehen, da man die gleiche Verfassung und Gesetze habe. Eine Entscheidung traf Napoléon allerdings nicht.[15] Nach der Audienz wurden die französischen Truppen im März 1808 größtenteils abgezogen und durch eine kleine Wachtruppe aus französischen und polnischen Soldaten ersetzt.

Am 25. Mai 1809 traf aus Damgarten Major Freiherr Ferdinand von Schill gegen 10 Uhr in Stralsund ein. Er zog durch das Tribseer Tor in die Stadt ein, die er noch aus dem Jahr 1807 kannte. Nachdem er in Damgarten erfolgreich gekämpft hatte, hoffte er in der Festungsstadt Stralsund auf ein Fanal für die Befreiung von der französischen Fremdherrschaft. Seinem Mitkämpfer Leutnant Leopold von Lützow rief er zu: „Wir brauchen Stralsund als Stützpunkt für den Kleinkrieg, auch wenn wir ehrenvoll fallen sollten.“ Mit Hilfe des in schwedischen Diensten stehenden Offiziers Friedrich Gustav von Petersson gelang es Schills Truppen, die französische Besetzung der Stadt zu vertreiben und die Wiederanlage der geschleiften Verteidigungsanlagen voranzutreiben. Zweifel kamen auch in Schills Truppen auf angesichts der aussichtslos erscheinenden Lage in Stralsund.6.000 Mann der Generäle Gratien und von Ewald zogen heran, die gewaltige Übermacht darstellten.

Am 31. Mai 1809 griffen die Franzosen die Stadt am Tribseer Tor an und erste Angriff konnte abgewehrt werden. Jedoch rückten die angreifenden Truppen am Tribseer Tor nur zur Ablenkung an. Ihre Hauptmacht konzentrierte sich auf das Kniepertor, wo sie schnell in die Stadt vordringen konnte. Gegen die Übermacht hatten die Schillschen Truppen kaum eine Chance, nur einem kleinen Teil gelang die Flucht durch das Frankentor; die meisten fielen im Kampf. Schill selbst wurde nach einem Fluchtversuch, beim Ritt durch die Fährstraße von einer Kugel tödlich getroffen. Schills Körper wurde am 2. Juni 1809 auf dem St.-Jürgen-Friedhof verscharrt und der Kopf an Napoleons Bruder Jerome Bonaparte geschickt. 557 Männer aus Schills Truppe wurden gefangen genommen. Einige wurden nach Braunschweig gebracht und hingerichtet, andere mussten auf Galeeren dienen.

Die Besatzung wurde zunächst von holländischen, dann wieder von mecklenburgischen Truppen gestellt. Im Januar 1810 kam es zum Frieden zwischen Frankreich und Schweden und zur Rückgabe Stralsunds an Schweden. Am 27. Januar 1812 zogen die Franzosen wieder in Stralsund ein, das ihnen vom Kommandanten von Peyron kampflos übergeben wurde. Bis zum 7. März 1813 blieb eine 4000 Mann starke Besatzung in Stralsund. Am 15. März 1813 zogen wieder schwedische Truppen in das von den Franzosen verlassenen Stralsund ein. Im Frieden zu Kiel 1814 und durch nachfolgende Verträge vom 4. und 7. Juni 1815 trat Schweden das Gebiet Schwedisch-Pommern und Rügen gegen Zahlung von 3,5 Millionen Taler preuß. Courant an Preußen ab.

19. Jahrhundert: Die Preußenzeit

Am 23. Oktober 1815 trat Schweden in Umsetzung der Verträge des Wiener Kongresses Stralsund und Vorpommern an Preußen ab. Die stationierten Regimenter zogen am 23. Oktober 1815 symbolisch durch das Kniepertor ab und wieder in die Stadt ein. Am selben Tag hatten sich im Meyerfeldtschen Palais, dem Sitz des schwedischen Gouverneurs, Regierungsvertreter aus Schweden und Preußen sowie Deputierte der Ritterschaft, Stände, Kirche und der Universität Greifswald versammelt. Die “Stralsundische Zeitung” berichtete am 28. Oktober 1815, dass der schwedische Gesandte „vom Schmerz der Trennung ergriffen“ das Entlassungspatent des schwedischen Königs verlas; er verkündete, „dass es seinem Herzen ein großes Opfer gewesen sei, sich von einem Lande zu trennen, dessen Einwohner jederzeit die rührendsten Beweise des Patriozismus und der Anhänglichkeit an das Mutterland abgelegt hätten“.[16] Der preußische Gesandte verlas darauf das Besitzergreifungspatent des preußischen Königs.

Politik

Stadtverfassung

Den Stralsundern und Vorpommern sicherte der König Schutz zu und den Erhalt der ständischen Verfassung, die er jedoch der den gesamten Staaten zu gewährenden allgemeinen Verfassung anschließen wollte.[17] Die alte Stadtverfassung, der Erb- und Bürgervertrag aus dem 17. Jahrhundert, teilte die Einwohner noch immer in drei Grade auf. In der Sitzung des Rates am 25. Oktober 1815 äußerten die Bürgermeister und Ratsmitglieder jedoch die Vermutung, „dass es möglicherweise auf die Einführung einer neuen Verfassung oder doch mancherlei Neuerungen abzusehen“ wäre.[18] Bürgermeister David Lukas Kühl wurde im Dezember 1815 nach Berlin entsandt, um vom König die alten Rechte bestätigt zu bekommen, jedoch wurde der Delegation keine Audienz gewährt; Kühl begegnete dem König dann auf einem Neujahrsball und wurde von ihm mit Floskeln abgefertigt.[19]

Bei einer Volkszählung am 1. Dezember 1815 waren in Stralsund 6012 männliche und 7197 weibliche Personen wohnhaft. Davon gehörten ungefähr 300 Bürger dem ersten Stand an. Im Jahr 1831 trat die revidierte Städteordnung in Kraft. Zu diesem Zeitpunkt forderten Vertreter des dritten Standes vom Rat ein Mitspracherecht bei Neuwahlen und die Entfernung der Gewandhausalterleute aus dem Rat. Der Rat sah sich gezwungen, den Forderungen nachzugeben, allerdings verfolgte er weiter die Wiederherstellung der alten Ordnung, u. a. durch mehrfache Eingaben bei der Regierung Preußens. Prof. Dr. Carl Ferdinand Fabricius, der einer alten Ratsfamilie entstammte, richtete nach der Julirevolution in Frankreich eine elfseitige Petition an den preußischen König, in der er das den Ratsherren geschehene Unrecht beklage und vor den Auswirkungen warnte. König Friedrich Wilhelm IV. beauftragte den Greifswalder Oberappellationsgerichtspräsidenten Goetze mit der Einleitung notwendiger Maßnahmen. Nachdem Goetze mit der Umsetzung scheiterte erließ der König am 10. Juli und 27. Dezember 1844 Kabinettsorder, die die Wiederherstellung der alten Stadtverfassung verlangte; am 2. Juni 1845 zogen die Gewandhausalterleute wieder in den Rat ein.

Bürgerliche Revolution 1848/1849

Am 18. März 1848 zogen Stralsunder Bürger durch die Stadt. Sie riefen „Es lebe die Revolution“, Fensterscheiben wurden eingeworfen und die Polizei nahm einen Demonstranten fest. Der Rat veranlasste die Bewaffnung des “Sicherheitsvereins” und erhielt dafür 541 Infanteriegewehre und 32 Pioniergewehre von der Garnison. Eine weitere Demonstration gab es am 22. April, nachdem der Wortführer des Bürgertums, der Arzt Johannes Engelbracht, vom Rat diffamiert worden war. Mit Engelbracht standen der Redakteur Carl Ludwig Kübler, der Kanzlist Carl Ferdinand Adlerbaum, Kaufmann Ernst Heinrich Billich, Zollassessor Ludwig August Tülff und der Gymnasiallehrer Johannes von Gruber an der Spitze der bürgerlichen Bewegung. Kübler gab von Mai 1848 (bis Juni 1850) die Zeitschrift “Der Fortschritt” heraus. Politische Vereinigungen wurden gebildet, so der “Constitutionelle Club” und der “Schwarz-Rot-Goldene Club”.

In einer Abstimmung am 9. Juli 1848 entschied sich eine Mehrheit gegen die alte Stadtverfassung und für Reformen. Der Abgeordnete Stralsunds in der Frankfurter Nationalversammlung, Gymnasialrektor Johann Ernst Nizze, schrieb dagegen am 8. August 1848 an Zober: „(…) weil wir kein republikanisches Deutschland und Preußen wollen, vielmehr ein solches für ein Unglück halten“; er riet zur „Mäßigkeit“.

Als die Regierung im November die Landwehr mobilisierte kam es zu Unruhen. Die Einkleidung eines Bataillons am 19. November 1848 wurde durch Stralsunder Bürger massiv behindert, woraufhin reguläres Militär eingesetzt und der Ausnahmezustand verhängt wurde.[20] Für die Teilnehmer an den Protesten am 18. März und 19. November des Jahres wurden Gefängnis- und Zuchthausstrafen von bis zu drei Jahren verhängt.[21] Der Zollassessor Tülff wurde in einen anderen Ort versetzt; bei seiner durch den “Volksverein” initiierten Verabschiedung versammelten sich am 6. Januar 1849 auf dem Alten Markt 1500 Bürger.

Bei der Wahl zur Zweiten Kammer am 21. Januar 1849 traten der “Volksverein” und der “Constitutionelle Club” zusammen als Wahlverein “Demokratisch-Konstitutionelle Partei” an und stellten fast zwei Drittel der 72 Wahlmänner.

Wahlen und Parteien

Bei der Reichstagswahl 1884 trat die Sozialdemokratische Partei Deutschlands in Stralsund erstmals mit einem Kandidaten, Eduard Müggenburg, an. Er erhielt 417 von 4191 Stimmen.[22]

Am 14. Februar 1891 fand in Stralsund eine Veranstaltung der Sozialdemokratie mit dem Referenten Fritz Herbert aus Stettin statt, die von 300 Personen besucht wurde.[23] Am 27. März 1891 erschien erstmals die “Stralsunder Volksstimme”, das „Organ für die Interessen der Arbeiter von Neu-Vorpommern und Rügen“.

Nachdem am 10. Mai 1891, nur wenige Tage, nachdem in Stralsund erstmals der 1. Mai als Kampftag begangen wurde, eine Volksversammlung im Restaurant “Thalia” am Knieperdamm Nr. 8 die Bildung einer Organisation der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands beschlossen hatte, wurde am 6. Juni 1891 in der Herberge “Zu den drei Kronen” in der Böttcherstraße Nr. 69 der sozialdemokratische Wahlverein gegründet.[24] 1892 wurde Albert Genzen an die Spitze der Stralsunder SPD gewählt.

Bei der Reichstagswahl 1898 gewann die SPD 1051 Stimmen.[25]

Gewerkschaften

Existierte bis 1890 nur zwei freie Gewerkschaften, nämlich die der Buchdrucker und die der Maurer und Zimmerer, folgten ab Oktober 1891 weitere Gründungen von Gruppen, so der Metallarbeiter, Bau- und Holzarbeiter, Brauerei- und Fabrikarbeiter, Maler, Schmiede, Schneider und Schuhmacher sowie 1897 die Gewerkschaft der Fischer und Seeleute. Am 25. November 1898 wurde ein Gewerkschaftskartell gegründet.[26]

Vertreten waren in Stralsund auch der Hirsch-Dunckerscher Gewerkverein, der Evangelische Arbeiter-Verein und der Katholische Arbeiter- und Handwerkerverein.

Verwaltung

1818 wurde Stralsund Hauptstadt des preußischen Regierungsbezirks. 1874 wurde der Stadtkreis Stralsund gebildet, zuvor Kreis Franzburg.

Wirtschaftliche Entwicklung

Schifffahrt

Die Stralsunder Reeder mussten zu Anfang des 19. Jahrhunderts Einbußen hinnehmen, die vor allem auf den Handelsbeschränkungen der „Schutzzölle“ ausländischer Märkte rührten. 1816 waren noch 114 Schiffe in Stralsund beheimatet; 216 Schiffer und Steuermänner, 433 Matrosen und Schiffsjungen auf großer Fahrt, 33 Binnenschiffer und Steuerleute sowie 55 Steuerknechte und neun Lotsen zählte ein Wirtschaftsverzeichnis.[27] 1817 waren nur noch 100 und 1836 nur noch 65 Schiffe in Stralsund beheimatet.[28] Stralsunds Haupthandelsgut war Getreide, welches besonders hoch verzollt wurde. 1837 wurde von Stralsunder Schiffen erstmals New York angelaufen, an Bord der drei Briggs und zwei Galeassen waren etwa 440 Tonnen Weizen und Roggen. Nachdem einige Schutzzölle aufgehoben oder gelockert wurden blühte auch das Geschäft mit dem Getreide wieder auf, Haupthandelspartner waren in den Niederlanden und in England.

Am 1. Mai 1824 legte mit dem schwedischen Raddampfer „Constitutionen“ erstmals ein Dampfschiff in Stralsund an, der auf der Postverbindung Stralsund–Ystad zusammen mit dem preußischen Schiff „Der Adler“ die Zeit der Segeljachten beendete. Dem Verkehr stand allerdings bald die Verschlammung der Fahrrinne entgegen, woraufhin Schweden die Route 1826 nach Greifswald verlegte. Die Fahrrinne musste ausgebaggert worden war. Der Stralsunder Hafen allerdings war weiterhin verschlammt, was aus dem Schleifen der Festung während der französischen Besetzung (der Steinschutt wurde in den Hafen gekippt), aber auch aus der Einleitung der Rinnsteine herrührte. Am 5. Juli 1840 informierte der General-Postmeister den Stralsunder Rat, dass die Postlinie ab dem 1. Mai 1841 wieder bis Stralsund verlaufen würde und die Stadt den Hafen entsprechend vorzubereiten habe, was dann auch geschah.

Von 1856 bis 1883 wurde der in Rostock gebaute 27 Meter lange Raddampfer “Altefähr” für den Fährverkehr über den Strelasund zwischen Stralsund und Altefähr auf Rügen eingesetzt. Das Schiff wurde von den Stralsundern spöttisch „Flunder“ genannt worden; aufgrund technischer und konstrukionstechnischer Mängel fiel häufig mitten im Betrieb die 34 PS-Maschine aus. Die Stralsunder sangen darauf den Gassenhauer

  • „Von Stralsund, seggt he,
  • nah Ollfähr, seggt he,
  • geht’n Damper, seggt he,
  • hen und her, seggt he.
  • Von’t oll Ding, seggt he,
  • is groot G’schrei, seggt he,
  • all Og’nblick, seggt he,
  • is’t enttwei.“

1848 verfügten die in Stralsund niedergelassenen Reeder über 96 Handelsschiffe.[29] In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde die Stralsunder Flotte ausgebaut. 1878 waren es 219 Schiffe, die in Stralsund beheimatet waren, sie hatten eine Kapazität von insgesamt 45.459 Register-Tonnen.[30] Ziele der Stralsunder waren u. a. Alexandria, Algier, Archangelsk, Batavia, Buenos Aires, Haiti, Konstantinopel, Kuba, Melbourne, Odessa und Québec. 1856 kamen Bombay, Hongkong, Rangun, Singapur und Shanghai hinzu.[31] Damit einher ging die Entwicklung zur internationalen Frachtschifffahrt.

Zur Ausbildung der Seeleute gründete Carl Wilhelm Lorenz 1854 die Navigationsvorschule Stralsund, die bis 1880 1046 Matrosen absolvierten.

Bedeutende Reedereien waren die des Eugen Diekelmann, der im Jahr 1850 29 Schiffe bereedete[32], und die des Carl August Beugs, der 1875 35 Schiffe bereedete.[33]

Der erste Stralsunder Dampfer, die “Stralsund”, wurde 1857 abgewrackt. 1858 nahm der Raddampfer “Rügen” den Fährbetrieb zwischen Stralsund und Stettin auf.[34] Im selben Jahr drohte der Postverbindung nach Ystad in Schweden die Aufgabe, nachdem das von 1842 bis zur Abwrackung im Jahr 1858 eingesetzte, viel zu groß konzipierte Dampfschiff “Königin Elisabeth” unter hohen Verlusten ausgemustert worden war. Die Proteste bei der preußischen Regierung fruchteten. 1865 verlagerte Schweden seinen Ausgangshafen von Ystad nach Malmö, 1870 gingen die Schiffe in Privathand über. In Stralsund betrieb die Reederei Israel den Dampfer “Oscar” auf dieser Linie noch bis zum 16. Oktober 1896.

Die Schifffahrt wandelte sich, die Vereinigten Staaten und Kanada wurden große Getreideexporteure und verdrängten Stralsunder Händler vom Markt. Gab es 1880 noch 200 Schiffe im Stralsunder Schiffsregister waren es 1895 nur noch 35; die modernen Flotten der Zeit bestanden aus Dampfschiffen, die es in Stralsund kaum gab.

Schiffbau

Am 24. Mai 1841 lief unter reger Beteiligung der Bevölkerung das erste Dampfschiff mit Heimathafen Stralsund ein; es war in England gebaut worden. Der Stralsunder Schiffbau allerdings kam in den 1830er Jahren fast zum Erliegen. Das Unterhaltungsblatt “Sundine” fragte am 6. August 1838 „warum wird in Stralsund jetzt so selten und fast gar nicht mehr ein großes Schiff gebaut?“. Die starre Zunftordnung jedoch verhinderte Neuentwicklungen. Der Greifswalder Schiffbauer Joachim Peter Juhl forderte von der Stadt, dass er sein Geschäft in Stralsund aufnehmen könne, ohne mit dem hiesigen Schiffszimmereramt in Verbindung zu geraten; „die dort in Betreff meines Gewerbes bestehende Zunftverfassung (würde seiner) Thätigkeit solche Fesseln anlegen, daß (er seine) Kunst nicht mit Vortheil ausüben könne“, schrieb er der Stadtverwaltung.[35] Dies wurde ihm erlaubt, und Juhl baute 1839 eine Bark, eine Brigg und eine Jacht. Die beiden Stralsunder Schiffbauer Jacob Nicolaus Kasten und Johann Martin Theodor Erich legten daraufhin auch wieder neue Schiffe auf Kiel.

Im Jahr 1848 baute die Werft Juhl das erste preußische Kanonenboot, die “Strela-Sund”, die am 16. August des Jahres vom Stapel lief. Dies gilt als die „Geburtsstunde“ der preußischen Marine; weitere Schiffe, die auf dem Dänholm stationiert wurden, folgten.[36]

1854 wurden in Stralsund 17 Schiffe neu gebaut.[37]

Bald reichte der Platz auf der Lastadie vor dem Fährtor, Semlower Tor und Badentor nicht mehr aus. Während Juhl die Vergrößerung der Lastadie durch neue Bohlwerke vorschlug, plante man die Verlegung der Schiffbauerplätze an den Frankenstrand. Da Stralsund jedoch weiterhin Festung war, entschied das Kriegsministerium dagegen, da „die Aktionsfähigkeit des Frankenkronwerks beeinträchtigt, die Möglichkeit des Bestreichens der Flächen zum Dänholm eingeengt“ würden. Nach langen Verhandlungen wurde 1858 mit der Errichtung eines neuen Geländes begonnen, Pfähle gerammt und Aufschüttungen vorgenommen. 1860 begannen die Werften auf dem neuen Gelände, sie beschäftigten 220 Zimmerleute, 78 Lehrlinge, 24 Brettschneider und 11 Arbeiter. Im Jahr 1862 wurden auf den Werften Stralsunds 20 Neubauten hergestellt.[38] Neben Juhl unterhielten auch Julius Preuß, Omar Johannes Kirchhoff und Carl Wilhelm Mohr leistungsfähige Werften. Produziert wurden die Schiffe jetzt zunehmend auch für den eigenen, Stralsunder Bedarf.

Der Wandel im Welthandel brachte jedoch schon zum Ende des 19. Jahrhunderts den Verfall des Stralsunder Schiffbaus. 1880 gab es nicht einen Stapellauf mehr, was bis ins 20. Jahrhundert anhielt. Einzig ein Neubau im Jahr 1889 (ein Gaffelschoner der Werft Mohr) wurde aufgelegt. Die Werften hatten den Übergang vom Segelschiff zum Dampfschiff, der sich rasant vollzogen hatte, verpasst, und wurden schnell von der Konkurrenz in Rostock oder Stettin verdrängt.

Handel und Gewerbe

Im Jahr 1816 verzeichnete man in Stralsund die Spielkartenfabrik Schlüter, acht Tabakfabriken, sieben Hutmacher, drei Seifensieder und Kerzengießer, eine Spiegelfabrik, eine Zuckersiederei und eine Korkenfabrik[27], wobei die Fabriken nur kleine Betriebe waren. Weiterhin werden 142 Schuh- und Pantoffelmacher und Schuhflickermeister mit 100 Gehilfen und Lehrlingen, 84 Schneidermeister mit 60 Gehilfen und Lehrlingen, 30 Bäcker mit 70 Gehilfen, zehn Zimmermeister mit 82 Gehilfen und Lehrlingen, sieben Maurer- und Dachdeckermeister mit 63 Gehilfen, sechs Glockengießer und Gürtler, vier Instrumentenbauer, zwei Bildhauer, drei Kunstmaler, zwei Gipsgießer und Stuckateure, zehn Kunstdrechsler und Bernsteindrehermeister, ein Lohnkutscher sowie zahlreiche Schmiede, Tischler, Fleischer, Töpfer, Glaser, Weber und Maler; zusammen 1411 im Handwerk beschäftigte Personen aus.

Im „Dienst der Herrschaft“ weist das Verzeichnis 269 männliche und 808 weibliche Personen aus.

Dasselbe Verzeichnis listet 42 Mälzereien, 13 Windmühlen, fünf Wassermühlen, fünf Grützmühlen, 16 Brauereien, eine Buch- und Notendruckerei, 24 mit Ellen- oder Schnittwaren, Eisen und Messing handelnde Geschäfte sowie 69 Kleinkaufleute („höker“) wurden gezählt. 14 Gasthöfe „für Personen aus den gebildeten Standen“, 16 Gasthöfe für Fuhrleute, 32 Speisewirte und Garköche sowie 124 Schankstellen und Tabagien ohne Gastwirtschaft sind ebenso aufgeführt.

1825 gründete J. P. Lindner seine “Pianofortefabrik”, die ihre Instrumente weltweit exportierte.[30] Mitte des 19. Jahrhunderts kamen weitere, neue Betriebe hinzu: Eine Eisengießerei, die Lichtfabrik Palm, die Ölmühlen Langemack und Hoffmann, die Destillation- und Weinessigfabrik Bollmann und Drews und die Wattefabrik Zöllner.[39]

Jüdische Kaufleute entwickelten moderne Handelsideen: Am 15. April 1852 errichteten die Gebrüder Wertheim ihr „Manufactur-Modewaren-Geschäft“ und bauten 1875 das erste Wertheim-Kaufhaus in Stralsund. Leonhard Tietz eröffnete am 14. August 1879 einen kleinen Laden und begründete damit den später als „Kaufhof“ bekannten Konzern (siehe auch Geschichte der Juden in Stralsund).

Die 1892 in der Marienstraße eröffnete “Stralsunder Bogenlampenfabrik” von Naeck&Holsten stellte elektrische Ausrüstungen her. Die Fabrik versorgte nicht nur Stralsunder Firmen mit elektrischen Lichtanlagen, sondern exportierte auch nach Belgien, Dänemark, England, Frankreich, Russland, Spanien und Java, 1897 wurde sogar die Weltausstellung in Brüssel beliefert.[40]

Eisenbahnverkehr und Straßenbahn

Ab Mitte des 19. Jahrhunderts bemühten sich die Stralsunder um den Anschluss ans Eisenbahnnetz. Erst 1863 wurde die Stadt als Nebenbahn mit Berlin und Stettin verbunden. Der Anschluss an die Nordbahn wurde weiter verfolgt, jedoch erst am 1. Januar 1878 verwirklicht. Am 1. Juli 1883 wurde das Trajekt von Stralsund nach Altefähr eröffnet. Bereits 1869 waren Entwürfe für eine Eisenbahnverbindung Berlin-Neustrelitz-Stralsund-Arkona mit Strelasundquerung und Hafen auf Rügen vorgelegt worden.

Erst am 11. Juni 1888 wurde die Strecke von Stralsund bis zur Landesgrenze Mecklenburgs abgenommen, da die mecklenburgische Regierung befürchtete, Preußen könne den Betrieb bis nach Damgarten unter Umständen beschränken.[41]

Die Berliner Firma Felix Singer & Co. AG, die ein Elektrizitätswerk in Stralsund errichtet hatte, baute die Straßenbahn in Stralsund auf, die am 25. März 1900 erstmals fuhr.

Post- und Fernmeldewesen

1851 wurde eine Telegrafenleitung von Stettin nach Stralsund und im Jahr 1854 das erste deutsche Seekabel durch den Strelasund verlegt. Die Preußische Telegraphenstation begann ihren Betrieb am 1. Januar 1855 in einem Haus in der Frankenstraße Nr. 32. Die ersten Telefone wurden am 1. Oktober 1887 in Betrieb genommen – 38 Anschlüsse gab es zunächst, das Telefonieren war nur innerhalb der Stadt möglich. Telefonleitungen für Ferngespräche kamen ab 1894 hinzu. In diesem Jahr wurden Leitungen nach Anklam und Stettin, 1895 nach Barth, 1897 zu Orten der Provinz Pommern und 1898 nach Berlin gelegt.

Nachdem Telegraphenamt und Post in einem Haus in der Mühlenstraße zusammengelegt waren wurde der Platz bald zu eng. Am 12. Oktober 1888 weihte General-Postdirektor Heinrich von Stephan das Postgebäude am Neuen Markt ein. In diesem Jahr überschritt die Anzahl der Briefsendungen die Millionengrenze.[42]

Die Errichtung der Eisenbahnstrecken brachte auch Veränderungen im Postwesen, das bis dahin weitgehend über wöchentlich mehrmals beschickte Routen nach Barth, Greifswald, Rostock, Rügen und Tribsees lief. Noch 1887 besaß das Stralsunder Postamt 25 Pferde.

Gas und Elektrizität

Die Stralsunder Straßen wurden bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts noch durch Öllampen beleuchtet. 1853 gründeten Einwohner den “Verein zur Errichtung einer Gasbeleuchtung”. Einen Antrag zum Aufbau einer solchen jedoch lehnte der Rat am 23. Juni 1854 noch ab. Im Juni 1856 begannen die Arbeiten zur Errichtung einer Gasbeleuchtungsanstalt in der Frankenvorstadt, und am 27. Mai 1857 leuchteten erstmals 325 Gaslaternen in den Straßen. 95 Privathaushalte unterhielten zudem 548 Flammen. Weitere Privathaushalte kamen hinzu, so waren es 1860 3562 Flammen, 1876 mehr als 8000 und 1888 10.236 Flammen[43] Das Stralsunder Theater zählte schon ab 1857 zu den Kunden der Gasbeleuchtungsanstalt.

Ab 1894 wurde das Gas auch als Brennstoff an die Privathaushalte geliefert.

Die Berliner Firma Felix Singer & Co. AG errichtete ein Elektrizitätswerk in Stralsund. Ab 1899 lieferte die “Stralsunder Bogenlampenfabrik” von Naeck&Holsten auch für Privathaushalte elektrisches Licht, nachdem ab 1895 Firmen und Geschäfte versorgt worden waren.

Das Gaswerk und das Elektrizitätswerk wurden 1899 zum Betrieb “Stralsunder Gas- und Wasserwerke” zusammengelegt.

Städtebau

Durch ein Reichsgesetz vom 30. Mai 1873 wurde Stralsund entfestigt, das heißt: Der Festungscharakter wurde aufgehoben. Dieser hatte der wirtschaftlichen Entwicklung Stralsund wiederholt entgegengestanden, so beim Ausbau der Werften oder auch bei der notwendigen Erweiterung der Stralsunder Spielkartenfabrik. Noch in den 1860er Jahren waren auf dem Paschenberg und der Schwarzen Kuppe Verteidigungsanlagen gebaut worden, die erklärter maßen auch künftige Vorstädte schützen sollten.

Die Anzahl der registrierten Privathäuser betrug im Jahr 1816 1370, im Jahr 1395. Die Einwohnerzahl erhöhte sich von fast 18.000 in der Mitte des Jahrhunderts bis auf 30.000 im Jahr 1900. Mit dem Ausbau der staatlichen Verwaltungen wurde Stralsund mehr und mehr auch von Beamten bewohnt. Hinzu kamen Rentiers, allein am Knieperdamm wuchs ihre Zahl von fünf im Jahr 1875 auf 24 im Jahr 1900.

In den Straßen der Knieper Vorstadt und der Tribseer Vorstadt siedelten sich wohlhabende Unternehmer, hohe Angestellte und Militärs an. Arbeiter wohnten überwiegend in den Straßen der Altstadt. Wohnungsnot herrschte hier, der Festungscharakter aber stand einer Erweiterung über die Stadtgrenzen hinaus lange im Weg. Ohne auf eine Entscheidung der Militärverwaltung zu warten wurden von 1860 bis 1895 fast 100 Häuser jeweils in der Frankenvorstadt und der Kniepervorstadt errichtet sowie fast 90 Häuser in der Tribseer Vorstadt. Neue Straßen wurden angelegt. Die Frankenvorstadt wurde zum industriellen Zentrum. Hier standen das Gaswerk und wurden im Jahr 1860 Werften angelegt, zahlreiche Fabriken kamen hinzu. Auch das Militär baute diese Vorstadt für sich aus, so wurde die Frankendammkaserne errichtet und auf dem Dänholm zahlreiche weitere Kasernen. Die damalige Hafen-Vorstadt war Lagern und Speichern vorbehalten.

In der Innenstadt wurden zahlreiche Häuser abgerissen und machten Neubauten Platz. Die Stralsunder Stadtbefestigungen wurden rigoros abgerissen, zunächst 1853 das Heilgeisttor, später auch das Frankentor. In einer Denkschrift von Bürgern vom 3. Mai 1862 heißt es dazu: „Die Tore bereiten nicht allein dem Verkehr vielfache Hindernisse, sondern sie bilden auch eine Verunzierung der Straßen.“ Das Bürgerschaftliche Kollegium beauftragte wiederholt den Rat, mit dem Abbruch der Tore fortzufahren. 1874 wurde das Fährtor, 1877 das Badentor, 1878 das Tribseer Tor und 1881 das Hospitalertor abgerissen.[44] Dem Abriss des Kniepertores verweigerten Bürgermeister und Rat die Zustimmung und schrieben 1874 an die Bürgerschaft: „Durch die Beseitigung des altertümlichen und stattlichen Turmes würde die Stadt an ihrem eigentümlichen, den Einwohnern wie den sie besuchenden Fremden ansprechenden baulichen Charakter eine empfindliche Beeinträchtigung erfahren, und der nördliche Zugang zu ihr, welcher jetzt durch dieses Gebäude in würdiger und bedeutender Weise bezeichnet wird, würde ein überaus nüchternes Aussehen erhalten“.[45]

Schulwesen

Ein Magistratsprotokoll vom 1. Oktober 1819 zeichnete ein schlimmes Bild von den Stralsunder Schulen: „Kaum glaublich (…), daß in einer Stadt wie Stralsund ist, außer dem Gymnasium, den beiden Industrie-Schulen, in welchen ungefähr zweihundert Kinder unterrichtet werden, der Schule im Waisenhause und der Schule der Kinder des Militärs, welche mit der Stadt in keiner Beziehung steht, keine öffentlichen Schulen vorhanden sind, und was von den vorhandenen Privatschulen gesagt werden muß, kann nur einem jeden auf das unangenehmste Wunder nehmen.“.[46] 54 Privatschulen gab es zu der Zeit in Stralsund, die „nur äußerst selten notwendige Anforderungen“ erfüllten, wie eine Kommission schrieb.

Eine katholische Schule war am 7. Oktober 1807 eröffnet worden.

Dem Pfarrer an St. Jakobi, Gottlieb Christian Mohnike, übertrug man 1819 auch das Amt des Konsistorial- und Schulrats. Als solcher setzte er sich für die Verbesserung der Elementarschulen ein.

Am 14. Mai 1825 wurde die allgemeine Schulpflicht auch in den neuen Teilen Preußens eingeführt. Das Elementarschulwesen in Stralsund regelte ab 1826 die „Ordnung für die Bürgerschulen in der Stadt Stralsund“; sie sah unter anderem als Strafe auch die körperliche Züchtigung in Form von „Schlägen über den Rücken“ vor.

In der Innenstadt wurden 1828 im Wohnhaus Langenstraße Unterrichtsräumen geschaffen, ebenso in der Tribseer Straße Nr. 24, am Katharinenberg Nr. 7 und in der Mühlenstraße Nr. 30. 1860 wurden dann auch Schulgebäude errichtet, so 1860 in der Tribseer Straße und 1869 in der Mönchstraße.

3341 schulpflichtige Kinder bei 21.936 Einwohnern verzeichnet die Statistik für 1861. Sieben Elementarschulen (fünf Volksschulen und zwei Mittelschulen) mit 23 Lehrern und fünf Lehrerinnen standen offen, zudem existierten 16 Privatschulen mit 1064 Schülern.[47] Unter diesen Privatschulen hatte die des Dr. Wilhelm Scheibner (1807–1851) einen ausgezeichneten Ruf, auch die anderen Privatschulen entsprachen jetzt den Anforderungen.

Das humanistische Gymnasium, das seit 1560 im ehemaligen Katharinenkloster untergebracht war und nur Jungen unterrichtete, besuchten auch im 19. Jahrhundert viele später bekannte Personen. Arnold Ruge, Carl Ludwig Schleich und Hermann Burmeister waren nur einige von ihnen. Franziska Tiburtius dagegen wurde die Aufnahme verwehrt, sie besuchte daher eine Stralsunder Privatschule.

1875 wurde bei der Marienkirche eine Realschule eröffnet, die 1882 zum Realgymnasium umgestaltet wurde; damit besaß Stralsund zwei Gymnasien.

Auch Berufsschulen und Gewerbeschulen wurden errichtet. Nachdem die Armenpflege 1817 eine Sonntagsschule eröffnete kamen bis 1826 zwei Abendschulen, 1829 eine Gewerbeschule, 1851 die Handwerkerfortbildungschule und 1880 eine kaufmännische Berufsschule hinzu.

Gesundheitswesen

Krankenhäuser und medizinische Versorgung

Aus dem Jahr 1784 stammte das erste Stralsunder Krankenhaus, es war in der ehemaligen Gasthauskirche (Marienstraße) eingerichtet worden und verfügte zunächst über 24 Betten. Der Zustand der Einrichtung wird vom Stadtphysikus Dr. Friedrich Wilhelm Mierendorff 1839 als „in der allertraurigsten Verfassung“ befindlich beschrieben. Mierendorff schilderte in dem Brief an den Rat der Stadt mangelnde Hygiene und Überfüllung. 1843 wurde die Kapazität des Lazaretts auf 60 Betten erhöht. In der Bleistraße wurden 1842 eine „Irren- und Siechenanstalt“ und 1856 ein Kinderhospital eröffnet. Das zweite Stadtkrankenhaus wurde durch Ernst von Haselberg von 1862 bis 1866 am Frankenwall errichtet; es verfügte über 120 Betten und galt als modernes Hospital, es verfügte über Bäder und Wasserspülung.[48] 1874 wurde am Neuen Markt ein Militärlazarett eröffnet.

Im Jahr 1816 praktizierten in Stralsund sechs Ärzte[49], 1871 waren es 16. Zudem wurden die Soldaten der Garnison von Militärärzten betreut. Die Quacksalberei hatte Hochkonjunktur, es beteiligten sich Barbiere, Buchhändler, Friseure, Kaufleute, Konditoren und sogar Schmiede am Handel mit „Geheimmitteln“.[49]

Badewesen

Ärzte empfahlen ihren Patienten warme Bäder, was durch öffentliche Einrichtungen möglich wurde. Anfang des 19. Jahrhunderts gab es eine Warmbadeanstalt außerhalb der Stadtmauern. 1829 eröffnete Gottfried Kirchhoff an der Fährstraße ein russisches Dampfbad. Andere Duschbäder kamen in der zweiten Jahrhunderthälfte hinzu. Am 19. März 1887 wurde die noch heute vorhandene “Warmbadeanstalt” in der Sarnowstraße eröffnet. Auch das Johanniskloster bot ein Dampfbad für Arme an.

Das Baden im kalten Wasser kam nur zögerlich auf. Im Strelasund durfte ab 1815 im Bereich vom Kniepertor bis nach Parow gebadet werden. Mehrere Seebadeanstalten eröffneten, ab 1838 wurde auch Schwimmunterricht angeboten.

Trinkwasserversorgung

Die Sterblichkeit lag in Stralsund im Zeitraum 1851 bis 1865 bei 27,60 auf 1000 Einwohner[49], was außergewöhnlich hoch war. Gründe hierfür lagen unter anderem in der mangelhaften Trinkwasserversorgung. Die Stadt gewann ihr Trinkwasser aus den Stadtteichen, die wiederum durch das Gewerbe zunehmend verunreinigt wurden. Schwere Epidemien waren regelmäßig zu verzeichnen.

Von 1816 bis 1871 gab es im städtischen Krankenhaus 1700 Patienten, die wegen Unterleibstyphus eingeliefert worden waren, 841 litten an Wechselfieber und 445 an der Cholera. In den Jahren 1849–1850 starben 461 Stralsunder an der Cholera[50], vor allem aus der ärmeren Bevölkerung.[51] Die Ruhr war als Krankheit schon fast „normal“. Bei einer Pockenepidemie in den Jahren 1870/1871 starben von 1805 Erkrankten 410.[52]

Auf dem Gebet der Stadt wurde seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nach Quellen mit einwandfreiem Wasser gesucht, jedoch war das Ergebnis negativ. Stadtbaumeister Ernst von Haselberg schlug 1858 vor, ein Wasserwerk am Borgwallsee zu errichten; dies wurde wegen der Kosten vom Bürgerschaftlichen Kollegium abgelehnt. Die Teiche wurden vertieft und in der von Haselberg gebauten Wasserkunst am Kütertor wurden zusätzliche Filter eingebaut.

Erst 1884 wurde der Plan von Haselbergs umgesetzt und in Lüssow ein Wasserwerk gebaut. Da auch die Arbeiten an der Stralsunder Kanalisation in diesem Jahr ihren Abschluss fanden konnte fortan die Versorgung mit einwandfreiem Trinkwasser sichergestellt werden. Die grassierende Typhusepidemie erlosch.

Kultur

Um dem Wunsch der Bürger nach Wissen nachzukommen gründeten sich im 19. Jahrhundert zahlreiche Vereine, die in Vorträgen Forschungsergebnisse vermittelten. 1816 wurde der “Musikalische Verein”, 1824 der “Konzertverein” und 1825 die “Liedertafel” gegründet, Letztere betrieben ein Streichorchester und Chöre.

In den drei Pfarrkirchen Stralsunds (St. Marien, St. Nikolai und St. Jakobi) fanden Orgelkonzerte auf den berühmten Instrumenten statt.

Gottlieb Christian Mohnike gründete 1835 den “Literarisch-Geselligen Verein”, 1841 wurde der “Kunstverein für Neuvorpommern und Rügen” gegründet. Dr. Rudolf Baier hatte größten Anteil am Aufbau und der Entwicklung des vom Kunstverein gegründeten “Neuvorpommerschen Museum für einheimische Altertümer und Kunstgegenstände in Stralsund”. Aus diesem am 1. Juli 1859 in der Alten Küche des Stralsunder Rathauses eröffneten Museum ging dann das heutige Kulturhistorische Museum Stralsund hervor.

Weitere Vereinsgründungen waren 1864 der “Polytechnische Verein”, 1867 der “Nautische Verein” und viele andere.

Am 28. August 1834 öffnete das Stralsunder Theater am Alten Markt9. 600 Personen hatten hier Platz. Zuvor gab es verschiedene Spielstätten, so im Haus der Brauer-Compagnie in der Heilgeiststraße, wo am 7. August 1827 Angelica Catalani auftrat. Anton Rubinstein spielte am 14. November 1868 im “Hotel de Brandenbourg”.

Katastrophen

Im 19. Jahrhundert richteten vor allem zwei Katastrophen starke Schäden in Stralsund an. Beide Male traf ein Hochwasser die Hafen-Vorstadt. Im November 1864 wurde der Ausbau dieser Vorstadt zurückgeworfen.

Eine weitere Hochwasserkatastrophe gab es am 12. und 13. November 1872. Bei orkanartigen Stürmen (siehe Ostseesturmhochwasser 1872) stieg der Pegel auf 2,35 Meter über dem Mittelwasser der Ostsee. Die “Stralsundische Zeitung” ließ einen Augenzeugen berichten: „Von der äußeren Stadtmauer an war alles eine tobende Flut, aus der nur die Speicher am Hafen hervorragten; brausend und brandend rollten mächtige Wogen bis auf die Zugbrücken der äußeren Tore. Die Schiffe im Hafen und die Fahrzeuge im Kanal wurden von Wind und Wellen hin und her und gegeneinander geschleudert. Aber noch nicht genug des Schreckens und der Gefahr, – es geriet die Kalkniederlage außerhalb des Badentores in Brand, … eine funkensprühende Flammeninsel inmitten der alles überflutenden Wassermassen, –überall Zerstörung. Außerhalb des Hafens befinden sich auf dem Mast eines gesunkenen Schiffes zwei Menschen, verzweifelnd um Hilfe rufend, aber alle Rettungsversuche erweisen sich bei der Brandung und dem rasenden Sturme als unausführbar …“.[53]

Der Sturm hatte den gesamten Hafen mit Schiffsteilen und Bootstrümmern übersät, 19 Schiffe waren auf den Kai geworfen worden. Die Hafenanlagen der Eisenbahn sowie die Verladebrücken waren zerstört, die anliegenden Häuser standen meterhoch unter Wasser.

20. Jahrhundert: 1900–1933

Der Regierungsbezirk Stralsund bestand aus fünf Kreisen: Dem Stadtkreis Stralsund und den Landkreisen Franzburg, Greifswald, Grimen und Rügen. Im Jahr 1900 lebten in diesem, über 400.000 Hektar großen Regierungsbezirk, 216.340 Menschen; der Bezirk umfasste 14 Städte, 191 Landgemeinden und 668 Gutsbezirke[54]. Der Regierungsbezirk bestand bis Oktober 1932.

Die Einwohnerzahl stieg von 38.185 im Jahr 1919 auf 43.360 im Jahr 1933[55]. 1928 wurden die Orte Andershof, Devin, Grünhufe, Langendorf, Lüssow, Voigdehagen und Klein Kedingshagen eingemeindet; das Stadtgebiet umfasste damit 3725 Hektar, wovon 1335 Hektar in städtischem Besitz waren. Außerhalb der Stadtgrenzen besaß die Stadt 3539 Hektar Grund.

Politik

Bereits im Jahr 1891 war in Stralsund die erste Organisation der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) entstanden. Größten Einfluss aber hatte die Deutschkonservative Partei; weitere politische Parteien und Organisationen mit Einfluss im Regierungsbezirk Stralsund waren u. a. die Freisinnige Volkspartei, der Deutsche Flottenverein, die Deutsche Kolonialgesellschaft.

Bei den Reichstagswahlen 1903 erhielt der Kandidat der SPD in Stralsund 1257 Stimmen[25]. Am 1. Mai 1905 wurde erstmals in Stralsund der 1. Mai mit Arbeitsniederlegungen der Bauarbeiter begangen[56]. 89 Streiks fanden in den Jahren 1904 bis 1913 im Regierungsbezirk statt[57].

Der Führer der Sozialdemokraten, Karl Liebknecht, vertrat vor Gericht die Interessen auch seiner Stralsunder Genossen. Liebknecht weilte vom 3. bis 5. September 1909 in Stralsund und nahm am Abend des 4. September an einer Veranstaltung mit über 400 Teilnehmern teil, auf der er die Rüstungspolitik anprangerte und die Lebensbedingungen der Werktätigen thematisierte[58]. Am 10. April 1910 fand in der Stadt eine Kundgebung gegen das Dreiklassenwahlrecht Preußens und das Wahlrecht zum Bürgerschaftlichen Kollegium statt, über 800 Stralsunder beteiligten sich daran. Am 14. September 1911 demonstrierten 1600 Stralsunder gegen einen Krieg[59].

Bei der Reichstagswahl 1912 erhielt die SPD mit ihrem Kandidaten, dem Schriftsteller Simon Katzenstein, in Stralsund 2244 Stimmen[25], 522 Mitglieder hatte die Partei vor Ort[60].

Der Erste Weltkrieg spaltete bald die Bevölkerung in Kriegsbefürworter und Kriegsgegner. Unter dem Einfluss der Oktoberrevolution in Russland kam es zu einer Stärkung linker Positionen unter den Arbeitern. Am 24. Mai 1917 beschloss eine Mehrheit der Stralsunder SPD-Mitglieder, zur Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (USPD) überzutreten, der Beschluss wurde auf der Kreisgeneralversammlung am 3. Juni 1917 bestätigt[61].

Am 24. September 1917 wurde eine Ortsgruppe der Deutschen Vaterlandspartei (DVP) gegründet, der sich zunächst 325 Stralsunder anschlossen und die im November 1917 bereits 1258 Mitglieder hatte[62].

In Kriegsanleihen brachten Stralsunder über drei Millionen Mark auf, nach einer vaterländischen Kundgebung in der Nikolaikirche am 30. Oktober 1918 wurden für weitere 580.000 Mark Anleihen gezeichnet[63]. 1055 Stralsunder starben im Krieg.

Am 5. November 1918 erreichten die Meldungen über den Kieler Matrosenaufstand Stralsund. Von Seiten der Stadt wurde der Aufbau einer Bürgerwehr beschlossen. Am 9. November 1918 kam es zu Streiks in der Luftfahrt-Gesellschaft und der Zuckerfabrik, Initiator war die USPD. Auf dem Alten Markt bekundeten tausende Teilnehmer, Arbeiter und Soldaten, ihren Unmut über eine Fortsetzung des Krieges. Ein Arbeiter- und Soldatenrat wurde noch am selben Abend gewählt. Auf einer von der SPD einberufenen Versammlung am 9. November, an der 2000 Personen teilnahmen, wurde zur Besonnenheit aufgerufen und baldige Neuwahlen verlangt[64]. Am folgenden Tag wurde ein SPD-naher Arbeiterrat gegründet, dem Paul Freyer, Wilhelm Goebel und Otto Neumann vorstanden. Der USPD-nahe Arbeiter- und Soldatenrat ließ das Post- und Telegraphenamt besetzen und am 11. November 1918 Oberbürgermeister Ernst August Friedrich Gronow und Bürgermeister Lütke verhaften.

Eine Minderheit der Soldaten der Garnison Stralsund wählte am 9. November 1918 einen Soldatenrat. Das Offizierskorps ließ darauf hin am 10. November neu wählen, wobei ein Rat gewählt wurde, der den Interessen des Offizierskorps nahestand. Die Wachen im Post- und Telegraphenamt wurden durch antirevolutionäre Einheiten ersetzt, Gronow und Lütke freigelassen. Am 12. November 1918 trafen sich Vertreter des Soldatenrates, des SPD-nahen Arbeiterrates und der städtischen Verwaltung. Der Soldatenrat ließ abschließend mitteilen, es seien „alle Maßnahmen getroffen, um die absolute Ruhe und den Schutz des Eigentums zu gewährleisten. (...) Die höheren militärischen Kommandostellen (...) haben die Tätigkeit des Soldatenrates autorisiert.“[65].

Ebenfalls am 12. November 1918 bildeten Vertreter von SPD und USPD einen Arbeiterrat, der sich am Folgetag mit dem Soldatenrat zusammenschloss. Am 17. November veranstaltete der Rat eine Kundgebung zu Ehren der Revolution, auf der auch der Oberbürgermeister Gronow redete. Der Stettiner Rechtsanwalt und Landsturmmann Brock, der den Rat anführte, erklärte: „Russland mus uns ein abschreckendes Beispiel sein. Das Volk muss sich daher den Einflüssen jener bolschewistischen Gruppe verschließen, deren Herrschaft notwendigerweise zu einem Bürgerkrieg führen muss“[65]. Die Kundgebung schloss mit einer Resolution,, wonach der Arbeiter- und Soldatenrat gewillt sei, seine Tätigkeit gemäß den Beschlüssen der sozialdemokratischen Regierung auszuüben; jede Diktatur sei abzulehnen[66]. Am 22. November 1918 wurde die Macht der Polizei und am 27. November die des Offizierskorps wieder hergestellt. Am 25. November 1918 konstituierte sich ein aus 40 Personen bestehender Bürgerausschuss unter Vorsitz von Oberlyzealdirektor Karl Müller und Stadtsyndikus Carl Heydemann.

Bei den Wahlen zur Nationalversammlung am 19. Januar 1919 wurde in Stralsund die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) mit 7573 Stimmen Wahlsieger vor der Deutschen Demokratischen Partei (DDP) mit 6768 Stimmen. Die restlichen Stimmen der 22.929 Bürger, die zur Wahl gingen, verteilten sich auf die Deutsche Volkspartei (DVP) mit 3195, Deutschnationale Volkspartei (DNVP) mit 1103, Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands (USPD) mit 487 und die Deutsche Zentrumspartei (Zentrum) mit 215 Stimmen[67]. In das Bürgerschaftliche Kollegium wurden am 2. März 1919 27 Abgeordnete der bürgerlichen Parteien, 17 Abgeordnete der SPD, zwei der USP und zwei des Staatsarbeiterverbandes gewählt; sechs Frauen gehörten zu den Abgeordneten[68].

Im Februar 1919 waren 800 Stralsunder arbeitslos[69]. Die soziale Lage vieler Arbeiterfamilien verschlechterte sich. Am 4. Mai 1919 erzwangen zahlreiche Hausfrauen den Verkauf des frisch gefangenen und für den Versand in andere Städte bestimmten Fischfangs auf dem Alten Markt; tausende Einwohner versammelten sich daraufhin dort. Oberbürgermeister Gronow ließ die Polizei anrücken, später wurde die Reichswehr aus Greifswald angefordert. Es kam zu schweren Kämpfen zwischen Arbeitern und den Soldaten der Reichswehr. Vom 5. bis zum 25. Mai 1919 stand die Stadt unter verschärftem Belagerungszustand.

Am 18. September 1919 entstand in Stralsund eine Ortsgruppe der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD)[70].

Nach dem Kapp-Putsch im März 1920 kam es auch in Stralsund wie in anderen Städten zu Unruhen. Am 16. März begann ein Generalstreik unter Führung der USPD. Dieser dauerte auch nach der Niederschlagung des Putsches weiter an, erst am Abend des 25. März wurde die Beendigung des Streiks beschlossen[71]. Der starke Rückhalt der USPD in der Arbeiterschaft äußerte sich auch bei den Wahlen zum Reichstag am 6. Juni 1920. Sie erhielt 4610 Stimmen, nahezu zehn mal so viel wie noch 1919. Wahlsieger wurde die DVP (8363 Stimmen, ein Zuwachs von 5168 Stimmen gegenüber 1919). Die DNVP erhielt 2957 Stimmen, die SPD 2221, was ein Minus von 5352 Stimmen darstellte. Ihr folgte die DDP mit 1791 Stimmen, ein Minus von 4977 Stimmen. Die erstmals angetretene KPD bekam 93 Stimmen[72]. Bei der Reichstagswahl am 4. Mai 1924 wurde die DNVP stärkste Kraft in Stralsund, ihr gaben 8547 Stralsunder ihre Stimme. Die SPD erhielt 3534 Stimmen, die KPD 1825, die DVP 1417 und die Deutschvölkische Freiheitspartei 1374 Stimmen[73]. Sieben Monate später, bei der Reichstagswahl am 7. Dezember 1924, erhielt die SPD 5346 Stimmen, die KPD 768 Stimmen[73].

Zur Vorbereitung des Volksbegehrens zur Fürstenenteignung arbeiteten SPD und KPD in Pommern zusammen; in Stralsund kam es nicht zur Bildung eines gemeinsamen Arbeitsausschusses. 4468 Wähler gaben dem Begehren ihre Zustimmung, an dem dann am 20. Juni 1926 von 143.600 Wahlberechtigten des Regierungsbezirks Stralsund 38.299 an der Abstimmung teilnahmen; 35.953 stimmten mit "ja". In Stralsund selbst nahmen von 24.561 Wahlberechtigten 6408 teil, von denen 6091 dem Begehren zustimmten[74].

Am 12. September 1927 besuchte Reichspräsident Paul von Hindenburg Stralsund.

Die wirtschaftlichen Folgen der Weltwirtschaftskrise führten zur Radikalisierung der Politik. Die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) gewann bei der Reichstagswahl am 14. September 1930 5476 Stimmen[75]. Die Nationalsozialisten konnten ihren Stimmenanteil bei der nächsten Wahl zum Reichstag, am 10. April 1932, auf 12.281 von 23.336 abgegebenen Stimmen erhöhen[76]. Am 31. Juli 1932 erhielt die NSDAP 12.079 Stimmen, die SPD 6254, die DNVP, die den Oberbürgermeister Carl Heydemann stellte, 3596 Stimmen, die KPD 1960, das Zentrum 310, die DVP 273, die Staatspartei 215, der Christlich-Soziale Volksdienst 68, die Wirtschaftspartei 42 und das Landvolk neun Stimmen, bei einer Wahlbeteiligung von 90,5 Prozent[77]. Zwar verlor die NSDAP bei der Reichstagswahl am 6. November 1932 knapp 3000 Stimmen, blieb aber stärkste Kraft.

Politische Ehrungen

Auf dem Gelände des Stralsunder Gymnasiums im ehemaligen Katharinenkloster wurde am 2. September 1900 eine Büste zum Gedenken an Ernst Moritz Arndt, der diese Schule besucht hatte und in Stralsund tätig gewesen ist, eingeweiht. Auf dem Alten Markt entstand das Denkmal für Lambert Steinwich, das am 24. Juli 1904 eingeweiht wurde[78]. Vor dem Kniepertor entstand das Denkmal zu Ehren des in Stralsund gefallen Ferdinand von Schills. Die Stadt beschloss am 18. März 1914 die Errichtung eines Reiterstandbildes Kaiser Wilhelm II. aus Anlass des 100. Jahrestages der Vereinigung Stralsunds mit Preußen; dieses Vorhaben wurde jedoch wegen des Krieges nicht umgesetzt.

Wirtschaftliche Entwicklung

Der maßgebliche Wirtschaftszweig im Regierungsbezirk Stralsund war die in den Händen der Junker liegende Landwirtschaft. Größere Industriebetriebe waren nicht vorhanden. Während im Jahr 1895 57,4 % der Beschäftigten im Regierungsbezirk in der Landwirtschaft tätig waren, arbeiteten nur 30,4 % in der Industrie[79]. Die Industriebetriebe hingen wiederum oft direkt von der Landwirtschaft ab. Weitere Wirtschaftszweige waren die Fischerei und der Handel mit den Erzeugnissen der Landwirtschaft.

Die größten Unternehmen in Stralsund waren die Vereinigte Stralsunder Spielkartenfabriken AG, die Zuckerfabrik AG und die Pommersche Eisengierei und Maschinenfabrik AG. Die Spielkartenfabrik beschäftigte im Jahr 1901 135 und im Jahr 1913 200 Arbeiter, die Zuckerfabrik über 300. Weitere Betriebe in der Stadt waren u. a. eine Zementfabrik, vier Brauereien, vier Kornbrennereien, zwei Dampfmühlen, mehrere Essigfabriken, Bauunternehmen, die Stralsunder Eisengießerei und Maschinenfabrik C. A. Beug, die Stralsunder Bogenlampenfabrik und die Pianofortefabrik J. P. Lindner.

Von über 600 Handwerkern und Gewerbetreibenden, die im Jahr 1904 registriert waren, stellten die Schuhmacher mit 139 den größten Teil, gefolgt von 54 Schneidern, 53 Frisören, 48 Fleischern und 42 Bäckern[80]. 581 Meister, 651 Gesellen und 3222 Lehrlinge arbeiteten in diesem Jahr in 18 Gewerken.

Der Beginn des Ersten Weltkrieges am 1. August 1914 brachte auch für Stralsund eine Zäsur. Männliche Stralsunder wurden zum Kriegsdienst eingezogen. Die Lebensmittelpreise stiegen, und ab 1915 wurden die Grundnahrungsmittel rationiert.

Die Stralsunder Spielkartenfabrik, die zur kriegswichtigen Industrie zählte, verdoppelte zwischen 1914 und 1918 ihre Gewinne[81]. Im Sommer 1918 wurde eine Niederlassung der Luftfahrzeug-Gesellschaft (LFG) in Stralsund gegründet, die Wasserflugzeuge (Typ „Albatros“) fertigte. Der kriegswichtige Betrieb beschäftigte 300 Arbeiter, die überwiegend aus den Industriezentren Bitterfeld und Magdeburg stammten.

Mitte der 1920er Jahre schloss die LFG ihre Stralsunder Niederlassung.

Von 1924 bis 1927 lag die Zahl der Arbeitslosen in Stralsund zwischen 600 im Sommer und 1100 zum Jahreswechsel[82]. Im März 1928 lag die Zahl der Erwerbslosen bei 1435, im Dezember 1928 bei 2408[83].

1931 wurde die Spielkartenfabrik in Stralsund geschlossen, nachdem der Betrieb komplett nach Altenburg verlegt worden war. Die Bedeutung des Hafens ging zurück, und nur zwei kleinere Werften existierten noch in der Stadt. Die Zuckerfabrik beschäftigte während der Saison zwischen 500 und 700 Arbeiter. Weitere nennenswerte Betriebe waren die Gas- und Wasserwerke, Elektrizitätswerk und Straßenbahn AG, Maschinenfabrik Beug und die Pommersche Eisengießerei. Die Weltwirtschaftskrise schlug sich auch in der Stralsunder Wirtschaft nieder. Von 1929 bis 1931 wurden 65 Konkurse angemeldet und 171 Zwangsversteigerungen durchgeführt[84]. Ende Januar 1932 waren im Bereich des Arbeitsamtes Stralsund 16.277 Menschen als arbeitslos registriert[85], wobei die tatsächliche Zahl weit höher lag.

Städtebau

Die Zahl der Gebäude in der Stadt Stralsund wuchs von 3607 im Jahr 1900 auf 4520 im Jahr 1914 an[86]. Vor allem in der Franken-, Knieper- und Tribseer Vorstadt wurde gebaut. Mehrere Schulen, ein Theater (1913/1914) und eine Nervenheilanstalt (1912) wurden errichtet.

Im Jahr 1925 wurden in Stralsund 2380 Wohnhäuser gezählt, im Jahr 1933 waren es 3128[87].

Schulwesen

Im Jahr 1911 wurde das Lyzeum errichtet, ebenso drei Vorschulen in den Vorstädten. 5751 Schüler wurden im Jahr 1914 von 180 Lehreren unterrichtet[88].

Im Jahr 1926 existierten in Stralsund vier städtische und eine katholische Volksschulen, zwei Mittelschulen, ein Gymnasium, ein Oberlyzeum eine Oberrealschule und eine Hilfsschule. Die 93 Lehrer der vier städtischen Volksschulen unterrichteten 3573 Kinder, 210 Schüler besuchten das Gymnasium und 324 Schüler die Oberrealschule[89]. Eine Gewerbe- und Kaufmännische Berufsschule besuchten 1426 Handwerkslehrlinge und 531 kaufmännische Lehrlinge. Im Jahr 1927 wurde eine Landwirtschaftsschule gegründet.

Gesundheitswesen

Im Jahr 1912 wurde an der Rostocker Chaussee die Heil- und Pfelgeanstalt für Nervenkranke eröffnet, die über 560 Betten verfügte[90].

Kultur

Auf einem Platz vor dem Kniepertor wurde in den Jahren 1913/1914 ein neues Stralsunder Stadttheater nach Plänen Carl Moritz' errichtet. Es wurde am 16. September 1916 eröffnet. Nachdem es zunächst in städtischer Hand betrieben wurde, ging es 1921 in Pacht über.

1920 wurde das Laientheater „Plattdütsch Späldäl to Stralsund“ gegründet, das sich der Pflege des Plattdeutschen widmete. Drei Lichtspieltheater existierten in der Stadt: Das Union-Theater in der Frankenstraße 7, die Scala am Frankendamm 7 und die Bismarck-Lichtspiele in der Mühlenstraße 20.

Das Museum für Neuvorpommern und Rügen wurde 1924 im ehemaligen Katharinenkloster neu eröffnet.

Militärische Einrichtungen

In der Garnison Stralsund befanden sich Kasernen des I., II. und IV. Bataillons des Infanterieregiments Prinz Moritz von Anhalt-Dessau Nr. 42 (bzw. deren Nachfolgeeinrichtungen).

20. Jahrhundert: 1933–1945

Die Zeit von 1933 bis 1945 war geprägt von der Herrschaft der Nationalsozialisten und vom Zweiten Weltkrieg.

Politik

Nach der Berufung Adolf Hitlers zum Reichskanzler am 20. Januar 1933 veranstaltete die KPD in Stralsund am 31. Januar eine Demonstration. Die mehreren hundert Teilnehmer wurden von Nationalsozialisten überfallen[91]. Darauf versammelten sich am folgenden Tag über 1000 Stralsunder auf dem Alten Markt. Zu einer weiteren Kundgebung gegen den Nationalsozialismus versammelten sich am 19. Februar 1933 mehrere tausend Menschen aus ganz Vorpommern in Stralsund[92].

Am 4. Februar 1933 wurde das Bürgerschaftliche Kollegium aufgelöst. Bei den Reichstagswahlen am 5. März 1933 verteilten sich die Stimmen in Stralsund wie folgt: Die NSDAP gewann die Wahl mit 13.407 Stimmen. Es folgten die SPD mit 5945, DNVP mit 4537, die KPD mit 1737, die DVP mit 277, die Zentrumspartei mit 260, die Staatspartei mit 187, der Christlich-Soziale Volksbund mit 60, die Sozialistische Kampfgemeinschaft mit 9 und die Deutsche Bauernpartei mit 5 Stimmen[93]. Auch bei der Neuwahl zum Bürgerschaftlichen Kollegium am 12. März 1933 gewann die NSDAP die absolute Mehrheit. Die neu gewählten Stadtvertreter traten am 5. April 1933 zusammen. Die acht SPD-Abgeordneten, darunter Otto Kortüm, erschienen nach wenigen Wochen nicht mehr zu den Sitzungen. Die NSDAP versuchte nun, die DNVP zu entmachten. Am 7. Juni 1933 brachte die NSDAP-Fraktion ein Misstrauensvotum gegen Oberbürgermeister Carol Sohnemann (DNVP) und Bürgermeister Walter Freudenhagen ein; dieser Antrag wurde mit der Stimmenmehrheit der NSDAP gegen die Stimmen der DNVP angenommen. Die Absetzung des Oberbürgermeisters hätte jedoch nur der Innenminister anordnen können, in einer Sitzung des Rates am 22. Oktober 1934 erklärte Sohnemann, dass er selbst der „Führer der Selbstverwaltung“ sei, „solange der Oberbürgermeister das Vertrauen des Innenministers“ habe. Auch weitere Versuche, ihn aus dem Amt zu drängen, scheiterten, und Sohnemann blieb bis Mai 1936 und damit die vollen 12 Jahre seiner Amtszeit Oberbürgermeister. Sein Nachfolger wurde Werner Toll (NSDAP).

Ab März 1933 konnte die KPD, ab 22. Juni 1933 auch die SPD nicht mehr legal wirken. Das Vermögen der Parteien war eingezogen worden, dazu zählten das Gewerkschaftshaus sowie das Verlagshaus der SPD, Alter Markt 9. Zahlreiche Sozialdemokraten und Kommunisten wurden verhaftet. Auch Juden litten unter der Verfolgung durch die staatlichen Organe. Die in Stralsund gegründete Firma Wertheim wurde 1937 enteignet. Ebenso erging es Leonardo Tiefe, der in Stralsund ein Warenhaus gegründet hatte (heute Kaufhof).

Unter dem Motto „Junger Norden“ wurden ab 1937 Jugendtreffen veranstaltet, an denen auch Schweden teilnahmen. 95 Prozent der Stralsunder Jugendlichen zwischen 10 und 14 Jahren gehörten im September 1937 der Hitler-Jugend an, von den Jugendlichen zwischen 15 und 18 Jahren waren es 80 Prozent[94].

Am 9. November 1939 fand auf dem Alten Markt eine Vereidigung von SS-Angehörigen statt. Zuvor war im Stralsunder Theater eine Feier zum Gedenken an den Hitler-Putsch im November 1923 abgehalten worden. In der Nacht zum 10. November 1938, der Reichspogromnacht, zerstörten SA- und SS-Männer jüdische Geschäfte und Wohnungen und setzten die Synagoge in Brand (siehe auch Geschichte der Juden in Stralsund).

Bei Bombenangriffen am 13. Mai 1944, 20. Juni 1944, 18. Juli 1944 und beim Bombenangriff auf Stralsund am 6. Oktober 1944 wurden in Stralsund große Teile der Stadt zerstört.

Mit dem Näherrücken der Roten Armee wurde im April 1944 der Ausbau der Stadt zur Festung organisiert. Am 1. Mai 1945 um 1 Uhr begann dennoch der Abzug der deutschen Truppen über den Rügendamm. Die Ziegelgrabenbrücke wurde von den Wehrmachtstruppen gesprengt. In den Morgenstunden des 1. Mai trafen sowjetische Truppen in Stralsund ein. Sie besetzten die Stadt kampflos.

Wirtschaftliche Entwicklung

Die Einwohnerzahl Stralsunds stieg von 44.739 im Jahr 1933 auf 49.342 im Mai 1939 an, im September 1939 waren es 49.705 Einwohner und 3000 Militärangehörige; am 1. Juli 1944 zählte die Stadt 50.320 Einwohner[94].

Nach der Grundsteinlegung für den Rügendamm am 1. August 1931 stockten die Arbeiten 1932; ab September 1933 wurden die Arbeiten wieder aufgenommen und stark voran getrieben. Nach der Freigabe für den Eisenbahnbetrieb am 5. Oktober 1936 wurde am 13. Mai 1937 auch die Straße für den Verkehr freigegeben. 26 Millionen Reichsmark waren in das Projekt geflossen. Mit der Fertigstellung verbesserten sich die Verkehrsbedingungen nach Rügen und weiter nach Schweden.

Im Stralsunder Hafen wurden 1933 178.885 Tonnen Einfuhrgüter umgeschlagen, im Jahr 1935 waren es 264.532 Tonnen[95]. Exportiert wurden 1936 152.410 Tonnen, darunter 124.281 Tonnen Getreide[94].

Die Firmen Wertheim und Tietz wurden 1936/1937 enteignet, da ihre Besitzer Juden waren. Am 15. Oktober 1938 in Stralsund noch 20 kleinere Geschäfte, deren Inhaber Juden waren. Auch diese wurden enteignet und die Besitzer verfolgt und deportiert. Am 11. Mai 1939 meldete Oberbürgermeister Werner Stoll dem Gauleiter Schwede-Coburg in Stettin die Beendigung der „Abwicklung“ der jüdischen Betriebe.

Am 7. Januar 1941 wurde beim Amtsgericht Stralsund die Kröger-Werft GmbH eingetragen, am 13. März 1941 begann man mit dem Bau auf einem 56.700 Quadratmeter großen Grundstück im Industriehafen, wobei viele Kriegsgefangene eingesetzt wurden. Ein Teil des Fischereihafens wurde verlegt und im Hafen der Südkai angelegt. Am 1. April 1942 begann die Produktion in der Werft.

In der Zuckerfabrik waren 1942 232 sowjetische Kriegsgefangene und 45 Kriegsgefangene aus anderen Ländern eingesetzt, 1943 waren es 241 Kriegsgefangene aus Italien und 20 sowjetische Kriegsgefangene.

Städtebau

Zwischen 1933 und 1939 wurden 700 Wohnungen gebaut, die allerdings zumeist der Unterbringung von Militärpersonen dienten.

Gesundheitswesen

1940 wurde die Landesheilanstalt an der Rostocker Chaussee in eine Kaserne der Waffen-SS umgewandelt. Die Heiminsassen wurden deportiert. Im Juli 1943 ordnete Oberbürgermeister Fichtner die Schließung des „St.-Josefs-Waisenhauses“ und der „St.-Josefs-Kapelle“ an. Das Heim hatte 30 Kinder betreut.

Militärische Einrichtungen

Nach einem Beschluss aus dem Jahr 1936, ein Infanterie-Bataillon nach Stralsund zu verlegen, wurden in der Tribseer Vorstadt die „Prinz-Moritz-Kasernen“ gebaut und 1937 bezogen. Das Bataillon war auch am Feldzug gegen Polen beteiligt.

Auf dem Dänholm war die 7. Schiffsstammabteilung stationiert, in der Frankenkaserne die 6. Kompanie. Die 11. Schiffsstammabteilung bezog neu gebaute Kasernen nordwestlich der Schwedenschanze.

Ein großes Marinelazarett wurde am 14. Oktober 1938 am Ufer des Strelasundes, der Sundpromenade, eingeweiht.

Zudem befanden sich in Parow eine Fliegerwaffenschule (See) und ein Fliegerhorst.

20. Jahrhundert: 1945–1949

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, das für Stralsund der 1. Mai 1945 darstellte, begann die Zeit der Zugehörigkeit zur Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands.

Politik

Die Rote Armee zog am 1. Mai 1945 nahezu kampflos in die in den Morgenstunden von der Wehrmacht in Richtung Rügen verlassene Stadt ein. Am Abend desselben Tages traf Generalmajor Nikolai Grigorjewitsch Ljaschtschenko, Kommandeur der 90. Ropschaer Schützendivision der 2. Weissrussischen Front, in Stralsund ein. Die Wehrmachtstruppen hatten bei ihrem Abzug die zum Rügendamm gehörende Ziegelgrabenbrücke gesprengt und sich auf den Dänholm und die Insel Rügen zurückgezogen. Im Auftrag der Roten Armee wurden zwei deutsche Parlamentärgruppen ausgesandt: Marinearzt Friedjung Glatzner leitete die Delegation, die sich zum Dänholm begab, und Prälat Friedrich Radek diejenige, die sich nach Rügen begab. In der Nacht vom 2. auf den 3. Mai wurde der Dänholm geräumt, am 4. Mai 1945 rückte die Rote Armee kampflos auf die Insel Rügen.

Zum Stadtkommandanten wurde Oberst Formenko eingesetzt. Otto Kortüm wurde zum Oberbürgermeister ernannt, Max Fank zum Leiter der Stadtverwaltung. Am 6. Mai 1945 nahm die Stadtverwaltung ihre Arbeit auf. Oberbürgermeister Kortüm standen als Bürgermeister Emil Frost und Hermann Salinger zur Seite. Unter Leitung von Gottfried Grünberg und Willi Bredel arbeitete eine Gruppe der KPD am Wiederaufbau mit. Die Stralsunder Ortsgruppe der KPD nahm am 13. Juni 1945 ihre Arbeit auf. Erster Vorsitzender war Hans Kollwitz. Die SPD-Ortsgruppe Stralsund wurde am 22. Juni 1945 neu gegründet. Im Juli wurden Ortsgruppen der Liberal-Demokratischen Partei Deutschlands (LDPD) und der Christlich-Demokratischen Union Deutschlands (CDU) gegründet.

Am 5. Juli 1945 wurden im Rahmen der Entnazifizierung 172 Mitarbeiter der Stadtverwaltung entlassen. Auch Otto Kortüm wurde, nachdem ihm eine Mitgliedschaft in der NSDAP nachgesagt wurde, aus dem Staatsdienst entlassen, Emil Frost wurde Oberbürgermeister. Am 13. November 1945 wurde ein Stadtausschuss gebildet, dem je drei Mitglieder der KPD und SPD, zwei der LDPD und eins der CDU angehörten. Dieser Ausschuss wurde im Juni 1946 durch eine aus 30 Mitgliedern bestehende Versammlung ersetzt.

Frida Wulff gründete am 19. Dezember 1945 den Frauenausschuss, der am 4. Mai 1947 im Demokratischen Frauenbund Deutschlands (DFD) aufging. Bei den Gewerkschaftswahlen im Januar 1946 wurden in der Mehrzahl Sozialdemokraten als Delegierte zur Kreisdelegiertenkonferenz des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes (FDGB) bestimmt. Am 12. März 1946 entstand die Kreisorganisation Stralsund der Freien Deutschen Jugend (FDJ), der 150 Mitglieder angehörten. In getrennten Kreiskonferenzen von KPD und SPD beschlossen diese mehrheitlich die Vereinigung der beiden Parteien zur Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED). In Stralsund entstand die erste SED-Kreisorganisation des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Erster Vorsitzender der SED-Kreisleitung Stralsund wurde Max Fank, der 1947 wegen seiner Kritik an der Verfolgung von Sozialdemokraten abgesetzt und aus dem Kreisvorstand und der SED gedrängt wurde. Waldemar Verner und Ernst Guth wurden seine Nachfolger.

Am 15. September 1946 fanden Wahlen zur Stadtverordnetenversammlung statt. Von den 27.693 abgegeben Stimmen entfielen 13.788 auf die SED, 10.002 auf die LDPD, 3129 auf die CDU und 195 auf den Frauenausschuss. Damit erhielt die SED 26 der 50 Sitze der Stadtverordnetenversammlung, die LDPD 19 und die CDU fünf Sitze[96]. Zwischen April 1946 und April 1947 traten 4500 Menschen in die SED ein. Bei den Betriebsratswahlen im Juni 1947 waren 51 % der Gewählten Mitglied der SED, 46 % waren parteilos.

Politische Gegner des unter sozialistischen Bedingungen geführten Neuaufbaus wurden zunehmend verfolgt. Im Juni 1947 wurde so der enteignete Gutsbesitzer Klausdorfs, von Hagemeister, nach dessen Aufforderung an die Neubauern, ihren Ablieferungspflichten nicht nachzukommen, ausgewiesen und verließ die Sowjetische Besatzungszone nur mit Handgepäck. Der Rat der Stadt beschloss am 17. Juni 1947, auch die weiteren 25 noch in der Stadt wohnenden ehemaligen Großgrundbesitzer auszuweisen[97].

Am 28. November 1947 sprach Wilhelm Pieck im Thälmann-Haus zum Thema „Was wird aus Deutschland?“ anlässlich der Londoner Außenministerkonferenz.

Am Ersten Deutschen Volkskongress im Dezember 1947 in Berlin nahmen aus Stralsund Waldemar Verner (SED), Kurt Kröning (LDPD), Annemarie Piontek (CDU), Walter Nolte (FDGB) und Heinz Lehmann (FDJ) teil[98].

Im März 1948 beendete die Entnazifizierungskonferenz ihre Arbeit. Von September 1947 bis Februar 1948 hatte diese 944 Fälle bearbeitet, von denen 221 an die Kriminalpolizei und 13 an das Gericht übergeben wurden; 25 Menschen verloren ihre Posten in leitenden Stellungen, zwei mussten ihren Beruf als Lehrer aufgeben[99].

Im September 1948 wurde die Ortsgruppe Stralsund der National-Demokratischen Partei Deutschlands (NDPD) gegründet.

Mit einer Großkundgebung wurde am 12. Oktober 1949 auf dem Alten Markt die Gründung der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) und die Wahl Wilhelm Piecks zum Präsidenten gefeiert.

Wirtschaftliche Entwicklung

Wichtige Industrieanlagen waren zerstört, die Transportmittel fehlten, die Energieversorgung lag am Boden. Gerade das Fehlen von Transportmöglichkeiten hemmte die sofortige Wiederaufnahme der Produktion in zahlreichen Betrieben. Die Kommandantur stellte daraufhin 25 Pferde zur Verfügung[100].

In einem Bericht vom 29. Juni 1945 heißt es über die Versorgungslage: „(...) Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die allgemeine Versorgungslage sowohl nach der Seite der Ernährung als auch der allgemeinen Wirtschaftsseite hin als trostlos zu bezeichnen ist, wenn nicht Unterstützung und Hilfe von anderer Seite gewährt wird.“ Im Juni 1945 konnten die rationierten Lebensmittel nur zum Teil zur Verfügung gestellt werden, ab 1. Juli 1945 wurde die wöchentliche Brotration von 1500 Gramm auf 750 Gramm gesenkt.

Ende Juli gab es in Stralsund 39 produzierende Industriebetriebe, 496 Handwerksbetriebe sowie 18 Groß- und 164 Kleinhandelsbetriebe[101].

Die Bodenreform brachte im Spätsommer 1945 die Aufteilung der der Stadt gehörenden Güter Freienlande, Grünhufe und Grünthal sowie der Klostergüter Devin und Voigdehagen und des Gutes Andershof, dessen flüchtiger Besitzer enteignet wurde - zusammen 950 Hektar - auf 83 Landarbeiter und 33 Umsiedler. 878 Arbeiter erhielten Kleingartenparzellen. Auf Beschluss der Sequesterkommission wurden 34 örtliche Betriebe und Unternehmen sequestriert, darunter die Kröger-Werft, auf deren Stralsunder Gelände die Volkswerft Stralsund entstand, die Dornquast-Werft, die Niederlassungen von Siemens & Halske, Siemens-Schuckertwerke und AEG. Auf dem Gelände der Kröger-Werft entstand die „Ingenieur-Bau GmbH“ mit 106 Beschäftigten, die sich binnen kürzester Zeit zu einem der Zentren der DDR-Werftindustrie entwickelte. Die beschlagnahmten Betriebe wurden von der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland (SMAD) im Mai 1946 an die deutschen Behörden übergeben. 29 Stralsunder Betriebe waren gemäß dem „Gesetz Nr. 4“ der Landesregierung enteignet worden, fünf Unternehmer erhielten ihr Unternehmen zurück[102]. Gegen die Enteignung der Stralsundischen Vereinsbrauerei protestierten in einem Schreiben vom 23. Mai 1946 31 Arbeiter der Brauerei[103].

Im Oktober 1945 lieferte das Elektrizitätswerk wieder stundenweise Strom. Ab 1. November 1945 konnten die Lebensmittelrationen erhöht werden. Ein Arbeiter erhielt eine tägliche Ration von 350 Gramm Brot, Kinder bis 15 Jahren 200 Gramm[104]. Ende Februar 1946 gab es in Stralsund 75 Industriebetriebe, 750 Handwerksbetriebe und 510 Handelsbetriebe. Ab Februar 1946 lieferte das Gaswerk Gas an Haushalte und die Straßenbeleuchtung. Auch der Hafenbetrieb wurde wieder aufgenommen und intensiviert; in diesem Jahr wurden 104.194 Tonnen Güter umgeschlagen, 1947 waren es 258.299 Tonnen, 64 % mehr als 1938.

Im Jahr 1947 arbeiteten von 27.241 registrierten Berufstätigen 7.503 in Gewerbebetrieben, 6.377 in Kultur und Administration, 6.069 in der Industrie, 3.052 im Handel, 2.882 in der Landwirtschaft und 1.358 bei der Reichsbahn[105].

Im Juni 1948 erging der Befehl 103 der SMAD über den Aufbau einer Werft in Stralsund. Vorläufer dieser Werft war der landeseigene Ingenieur-Bau-Betrieb mit über 1000 Beschäftigten. Daneben existierten 1948 weitere 21 volkseigene Betriebe (VEB)[106]. Ende 1948 wurde die Handelsorganisation (HO) gegründet, als erste Einrichtung in Stralsund die Gaststätte „Schweriner Hof“ am 16. November 1948 eröffnet. Am 11. Dezember 1948 eröffnete die erste HO-Verkaufseinrichtung in der Ossenreyerstraße 11/12.

Um die Arbeitsproduktivität zu erhöhen, wurden zahlreiche Maßnahmen ergriffen. Die „Aktivistenbewegung“ wurde ins Leben gerufen. Am 28. Oktober 1948 vermauerte der damals 61jährige Maurerpolier Paul Sack auf dem Gelände der Werft in acht Stunden 2600 Steine, was einer Steigerung der Norm von 430 % entsprach. Am Folgetag schaffte Hans Brandt 3000 Steine. In der Folge wurden Aktivisten-Konferenzen, „Hennecke-Tage“ und Leistungswochen durchgeführt, um die Produktivität zu steigern.

Die Volkswerft beschäftigte 1949 4420 Menschen[107].

Städtebau

Beim Bombenangriff auf Stralsund am 6. Oktober 1944 waren mehr als 35 Prozent der Wohnungen zerstört worden. Die Wohnraumfrage wurde noch durch den Zuzug von 14.3000 Umsiedlern nach Kriegsende verstärkt.

Bis 1949 wurden in der Stadt 95.000 Kubikmeter Schutt beseitigt. Besonderen Anteil hatten die Trümmerfrauen.

Verkehr

Beim Bombenangriff auf Stralsund am 6. Oktober 1944 war der Wagenpark der Straßenbahn zerstört worden. Die Ziegelgrabenbrücke, Bestandteil der festen Querung des Strelasundes, war von den abrückenden Truppen der Wehrmacht zerstört worden. Im Oktober 1946 wurde die Straßenbrücke, am 11. Oktober 1947 die Eisenbahnstrecke wieder in Betrieb genommen[108].

Gesundheitswesen

Nach Kriegsende breitete sich Typhus in der Stadt aus, durch über 10.000 Flüchtlinge wurde die dramatische Lage noch verstärkt. Die Säuglingssterblichkeit nahm zu.

Schulwesen

Ab dem 3. Mai 1945 widmete sich die Schulverwaltung unter Schulrat Willy Dau der Wiedereröffnung der Schulen. Der Unterricht an den Schulen begann per Bekanntmachung am Montag, dem 1. Oktober 1945, um 9 Uhr. Sieben Volksschulen mit zehn Klassen, zwei Oberschulen und ein Gymnasium mit zusammen 19 Klassen wurden wiedereröffnet. 76 Lehrer betreuten 4493 Schüler. 1186 Schüler erhielten zunächst keinen Unterricht. 35 Lehrer waren wegen ihrer Vergangenheit im Nationalsozialismus aus dem Schuldienst entlassen worden, 35 weitere beurlaubt. Vom 24. September bis 21. Oktober 1945 fand der erste Lehrgang für Neulehrer statt. Wurde zunächst das Schulwesen an das der Weimarer Republik angelehnt, begann mit dem Aufruf der KPD zur Schulreform ab Oktober 1945 auch die ideologische Einflussnahme. Ab Frühjahr 1946 konnten alle Stralsunder Schulpflichtigen unterrichtet werden, wofür 137 Lehrkräfte bereit standen. Schulbücher und Lehrmaterial stand allerdings nur sehr begrenzt zur Verfügung, als Lesestoff dienten Märchenbücher.

Kulturwesen

Am 2. Juni 1945 nahm das Stralsunder Theater den Spielbetrieb wieder auf. Die Stadtbibliothek wurde am 2. Oktober wieder eröffnet. Die im Krieg ausgelagerten Bestände des Stralsunder Heimatmuseums, zu denen auch die Stellwagen-Orgel der Marienkirche gehörte, wurden unter Aufsicht von Käthe Rieck und mit Hilfe der Roten Armee wieder in das Museum gebracht.

Am 27. Juli 1946 fand im Stralsunder Rathaus in Anwesenheit von Wilhelm Pieck, Wilhelm Höcker, Johannes R. Becher, Paul Wandel, Karl Maron und Oberst Tulpanow die Trauerfeier für den verstorbenen Gerhart Hauptmann statt.

Die angestrebte Erneuerung der Kultur hatte vor allem die Popularisierung der sowjetischen Kultur und Literatur zum Inhalt. Am Theater wurden Werke russischer Komponisten aufgeführt, die Kinos zeigten Filme aus der Sowjetunion.

20. Jahrhundert: 1949–1990

Politik

Im Dezember 1949 wurde die Ortsgruppe der Demokratischen Bauernpartei Deutschlands (DBD) gegründet. Anfang 1950 entstand in Stralsund aus dem Volksausschuss für Einheit und gerechten Frieden die Nationale Front des Demokratischen Deutschland. Erster Vorsitzender wurde Walter Wilke (SED). Als Untergruppen wurden Wohnbezirksausschüsse und Hausgemeinschaften der Nationalen Front gegründet; die erste Hausgemeinschaft der Nationalen Front entstand am 3. Mai 1950 in der Sarnowstraße Nr. 7.

Am 5. Mai 1950 wurde Hermann Salinger (SED) zum Oberbürgermeister gewählt. Zu den Volkswahlen im Oktober 1950 wurden gemeinsame Listen der Nationalen Front aufgestellt; 99,8 % der Wähler stimmten für die Vorschlagslisten.[109] Abgeordnete der Volkskammer wurde Gertrud Soelch, Abgeordnete im Landtag Heinz Peters und Ursula Wulff.

Nach der 2. Parteikonferenz der SED in Berlin im Juli 1952 wurden in Stralsund zwei Kreisorganisationen der SED gebildet: „Stadt“ und „Land“. Erster Sekretär der Kreisorganisation Stralsund-Stadt war Erich Hoffmann.

Ende Juli 1952 wurden in den neu gegründeten Bezirkstag des Bezirks Rostock aus Stralsund Rudolf Warga und Walter Stadthagen entsandt.[110] Am 30. Januar 1953 konstituierte sich die Stadtverordnetenversammlung. Oberbürgermeister wurde erneut Hermann Salinger. Er wurde 1954 von Erhard Holweger abgelöst.

Am 17. Juni 1953 wurden einige Proteste gegen die Normerhöhungen laut. Am 18. Juni 1953 streikten die Arbeiter der Volkswerft mit der Frühschicht gegen den bereits verhängten Ausnahmezustand und erhoben auch politische Forderungen. 900 Personen beteiligten sich und wollten in die Stadt vordringen. Sowjetische Truppen und deutsche Polizei hinderten sie daran, es gab 15 Festnahmen. Andere Proteste z. B. von Bauarbeitern zogen sich noch eine Woche hin. Der Platz des 17. Juni erinnert daran.

Im März 1957 wurden die Kreisleitungen „Stadt“ und „Land“ der SED zu einem Organ zusammengeschlossen. 1. Sekretär wurde Heinz Chill.

Im Januar 1958 wurde Bruno Motczinski von der Stadtverordnetenversammlung zum Nachfolger von Oberbürgermeister Erhard Holweger gewählt. Nachdem die SED-Kreisleitung im Juli 1962 „ernste Mängel“ in der Kreisleitung der SED, dem Rat der Stadt und anderen Organen analysierte, wurden Bruno Motczinski, Heinz Chill und andere Führungskader ihrer Posten enthoben[111]. Neuer 1. Sekretär der SED-Kreisleitung wurde Günter Rosenfeld, Siegfried Priewe wurde am 14. März 1963 zum Oberbürgermeister gewählt.

Dem Rat der Stadt stand ab November 1964 Heinz Lesener als Oberbürgermeister vor.

Am Volksentscheid über die neue Verfassung der DDR nahmen am 6. April 1968 98,7 % der Wahlberechtigten teil, 96,6 % stimmten für die Verfassung.

Am 19. April 1971 wurde Heinz Lesener von der Stadtverordnetenversammlung vom Amt des Oberbürgermeisters abberufen und Horst Lehmann zu seinem Nachfolger gewählt.

Die Anzahl der Stadtverordneten wurde mit der Wahl im Mai 1974 von 100 auf 150 erhöht.

Der schwedische Ministerpräsident Olof Palme besuchte auf Einladung Erich Honeckers am 29. Juni 1984 die Stadt. Nach seiner Ermordung wurde ein Teil der Sarnowstraße (vor dem Stralsunder Theater) in Olof-Palme-Platz umbenannt.

Im Gebäude Frankendamm 5 arbeitete die Kreisdienststelle der Staatssicherheit. Eines der operativen Ziele war die Friedensbewegung in der lokalen Kirche zu Beginn der 1980-er Jahre. 1987 begann der Olof-Palme-Friedensmarsch in Stralsund, den die Opposition zur Demonstration gegen Menschenrechtsverletzungen in der DDR nutzen konnte.[112]

Oberbürgermeister Horst Lehmann trat am 8. Oktober 1989 zurück, sein wurde Nachfolger Klaus Schlegel. Am 18. Oktober 1989 wird in Stralsund die erste Ortsgruppe der SDP in den drei DDR-Nordbezirken gegründet. Am 23. Oktober 1989 versammelten sich in der Marienkirche 6000 Menschen zum Friedensgebet. Drei Tage später konstituiert sich das Neue Forum. Auf dem Olof-Palme-Platz fand am 5. November 1989 eine Großveranstaltung mit 10.000 Teilnehmern statt; die Stadtverwaltung stellte sich dem öffentlichen Dialog mit den Einwohnern. Der „Unabhängige Gerechtigkeitsausschuss“ konstituierte sich am 27. November 1989.

Für die letzte Volkskammerwahl am 17. März 1990 kandidierten acht Stralsunder. Am 11. August 1990 gründen Mitglieder der NDPD und der LDPD die Ortsgruppe der FDP-Ost.

Politische Ehrungen

Am 16. April 1961 wurde an der Sundpromenade (damals: „Ernst-Thälmann-Ufer“) der Grundstein für ein überlebensgroßes Denkmal für Ernst Thälmann gelegt. Dafür wurden aus der Bevölkerung und den Betrieben Spenden geworben. Es wurde nach Plänen von Walter Arnold geschaffen. Das Denkmal wurde am 18. August 1962 im Beisein von Thälmanns Tochter enthüllt.

Der neu gestaltete Ehrenhain für die Sowjetsoldaten am Neuen Markt wurde am 7. November 1967 eingeweiht. Das Relief eines sowjetischen Offiziers und eines Arbeiters wurde von Fritz Rogge geschaffen.[113]

Anlässlich des 100. Geburtstages Lenins wurde am Hauptbahnhof am 11. April 1970 eine von Walter Preik gestaltete bronzene Gedenktafel enthüllt; der Neue Markt wurde am 22. April 1970 in Leninplatz umbenannt.

Wirtschaftliche Entwicklung

Im Jahr 1949 wurden in Stralsund 31 Betriebe in der Form eines volkseigenen Betriebs geführt. Großbetriebe waren die Volkswerft und der VEB Bau-Union, weitere größere Betriebe der VEB Schiffbau- und Reparaturwerft, die Staatswerft und der VEB Holz- und Massivbau.

Die Volkswerft begann mit der Großproduktion von Loggern. Am 7. November 1949 wurde der erste Logger übergeben und damit die Loggerschlacht eröffnet. Zum III. Parteitag der SED wurde der Logger 424 fertiggestellt und damit der Zwei-Jahr-Plan erfüllt. Auf der Staatswerft, die ab 1949 wieder aufgebaut worden war, wurde am 13. Oktober 1950 das aus einem Wrack aufgebaute erste Handelsschiff der DDR übergeben[114]. Auf der Volkswerft lief am 13. Oktober 1951 das erste Hochseefischereifahrzeug der DDR vom Stapel; der Plan zur Loggerproduktion wurde mit zusätzlich fünf Schiffen übererfüllt[115]. Am 15. November 1952 lieferte die Werft den 125. Logger ab und erfüllte damit ihre Reparationslieferungen gegenüber der Sowjetunion vorfristig.

Am 1. März 1953 wurde der VEB Seehafen gebildet. Am 23. Mai 1953 entstand die erste Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft (LPG) des Typs I in Andershof.

Am 17. Juni 1953 kam es auf Baustellen und in der Volkswerft zu Arbeitsniederlegungen. Einige Werftarbeiter, darunter ein Gewerkschaftsfunktionär, wurden verhaftet. Die Arbeitsniederlegungen wurden nach dem Auftreten der bewaffneten Organe der DDR und der Sowjetunion beendet.

Zur Verbesserung der Versorgungslage wurden 20 Gewerbegenehmigungen erteilt, bis zum 30. November 1953 wurden zusätzlich für 1,4 Millionen Mark Konsumgüter zur Verfügung gestellt. Löhne und Gehälter wurden erhöht, einige beschlagnahmte Grundstücke zurückgegeben[116].

Die Sowjetunion übergab am 1. Januar 1954 u. A. die Stralsunder DERUTRA-Filiale an den VEB Seehafen. Hier wurde ein Sozialgebäude errichtet sowie ein vierstöckiges Kühlhaus mit einer Lagerkapazität von 6000 Tonnen.

Im Nationalen Aufbauwerk (NAW) wurden 1955 von 28.000 Helfern in 200.000 Stunden freiwilliger, gemeinnütziger und unentgeltlicher Arbeit Werte für mehr als 220.000 Mark geschaffen. Insgesamt führten sieben Stralsunder Betriebe im letzten Jahr des Fünf-Jahr-Plans, 1955, mehr als 6,5 Millionen Mark zusätzlich an den Haushalt der DDR ab. Davon erwirtschaftete die Volkswerft allein 4,4 Millionen Mark[117]. Mit 319 produzierten Loggern von 1950 bis 1955 war die Werft einer der größten Exportbetriebe der DDR.

Auf einer Wahlkundgebung am 28. September 1954 auf dem Alten Markt erklärte Otto Grotewohl:

„Stolz können die Stralsunder auf ihre bisherigen Erfolge sein, und der Schwung, mit dem sie bisher gearbeitet haben, wird auch dazu beitragen, die letzten Zeugen des Hitlerkrieges zu beseitigen.“

Die SED hatte auf ihrer 21. ZK-Tagung im November 1954 das Programm „Industriearbeiter aufs Land“ beschlossen. 910 Stralsunder Arbeiter aus Stralsund gingen allein in den Jahren 1954 bis 1956 im Rahmen dieser Aktion in die benachbarten Kreise Stralsund, Grimmen, Putbus und Bergen.

Der Produktionsanteil sozialistischer Betriebe, zu denen die Großbetriebe zählten, betrug 1955 94,5 %. 24.652 der 30.058 Beschäftigten in Stralsund arbeiteten in diesen sozialistischen Betrieben. Der privatwirtschaftliche Sektor umfasste im Jahr 1955 31 Industrie- und Baubetriebe, 23 Großhändler, 426 Kleinhändler und 627 Handwerksbetriebe.[118] Mit der PGH „Elektro“ entstand am 1. Mai 1956 die erste Produktionsgenossenschaft des Handwerks (PGH) in Stralsund, gegründet von drei Meistern und elf Monteuren des Elektrohandwerks. Am 27. Oktober 1956 entstand die erste Fischereiproduktionsgenossenschaft (FPG), die FPG „Vorwärts“. Mit der Firma „Schütt & Ahrens“ (Inhaber Rudolf Ahrens, CDU) und „Carl Lange“ (Inhaberin Christiane Lange, NDPD) gehörten 1956 zwei Stralsunder Firmen zu den ersten drei im Bezirk Rostock, die eine staatliche Beteiligung aufnahmen.[119] In Kommissionsverträge mit dem staatlichen Handel trat als erster privater Einzelhändler Stralsunds im April 1957 das „Möbelhaus Thierfeld“, ihm folgten weitere Unternehmen. Den Bemühungen von staatlicher Seite, PGH zu gründen, wurde von einigen privaten Unternehmern starker Widerstand entgegen gebracht.

Die Volkswerft konnte sich im Mai 1956 bei ihrem ersten Auftritt auf einer Messe im nicht-sozialistischen Wirtschaftsgebiet (in Kopenhagen) einen Auftrag über die Lieferung von zwölf Kuttern für Island sichern. Im selben Jahr produzierte sie den ersten von 20 Stahlkuttern für die Hochseefischerei der DDR, und am 9. August 1957 wurde der erste von 172 Mitteltrawlern (davon 171 für die UdSSR) vom Stapel gelassen; der letzte dieser Reihe wurde 1960 übergeben.

Am 25. Februar 1960 meldete die Stadt das Gebiet des Stadt- und des Landkreises als voll genossenschaftlich in LPG organisiert. Möglich geworden war dies u. a. durch die aktive Einflussnahme der SED.

Die Inbetriebnahme der zweiten Ausbaustufe der Ölspaltanlage im Jahr 1963 ermöglichte es, täglich 200.000 Kubikmeter Gas zu produzieren, das in das Verbundnetz des Bezirks eingespeist wurde.

Im Stralsunder Seehafen wurden 1966 885.000 Tonnen umgeschlagen.

Am 6. November 1967 lieferte die Volkswerft ihr 1000. Schiff aus, ein „Atlantik“ 7120 für die Sowjetunion. Die Werft hatte unter allen DDR-Betrieben den höchsten Exportanteil in die Sowjetunion. Sie lieferte zwischen 1967 und 1970 107 Schiffe des Typs „Atlantik“ aus. Am 16. März 1971 wurde neben der Produktion der „Atlantik“-Serie der erste „Atlantik-Supertrawler“ aufgelegt. Am 30. Januar 1971 wurde der Grundstein für eine neue Großsektionsbauhalle gelegt. Am selben Tag wurde das Typerprobungs- und Nullschiff der „Atlantik-Supertrawler“-Serie abgesenkt.

Im Oktober 1969 wurde der VEB Blechpackungswerk in Anwesenheit von Erhard Krack eröffnet. Ab 1. Januar 1971 arbeitete das Werk mit voller Kapazität.

Die Grundorganisation „Artur Becker“ der Freien Deutschen Jugend (FDJ) der Werft rief mit einem Appell vom 14. April 1972 die DDR-Jugend dazu auf, auf der Volkswerft zu helfen; von fast 500 Jugendlichen, die sich zur Hilfe für ein Jahr bereit erklärten, blieben letztlich 150 dort tätig. Zur Unterbringung der Arbeiter diente ab Mai 1972 das ehemalige Urlauberschiff des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes (FDGB) MS Fritz Heckert im Stralsunder Hafen.

1972 existierten in Stralsund noch sechs private Betriebe, 18 Betriebe arbeiteten mit staatlicher Beteiligung, dazu gab es drei industriell produzierende PGH. Diese Betriebe beschäftigten 1612 Mitarbeiter. Zur Umsetzung des vom Politbüro der ZK der SED im Februar 1972 beschlossenen Umwandlung derartiger Betriebe in Volkseigentum wurde in Stralsund eine Arbeitsgruppe beim Rat der Stadt gebildet. Bereits im April entstanden aus der BSB Strela-Fischwerke KG der VEB Strela-Fischwerke, aus der Lange KG wurde der VEB Zelte und Plane, aus Schütt % Ahrens KG der VEB Kfz-Instandhaltung Vorwärts und aus der Vorbröcker KG der VEB Metallaufbereitung. Am 29. Mai 1972 war die Übernahme der privaten Betriebe und industriell produzierenden PGH abgeschlossen.

Verkehrswesen

Am 3. November 1967 wurde der erste Abschnitt der Fernverkehrsstraße F 96 a übergeben. Die zwischen Barth und Stralsund verkehrende Kleinbahn wurde am 30. November 1968 stillgelegt.

Die neu entstandenen Wohngebiete bedingten den Aufbau neuer Hauptverkehrswege. So wird der Tribseer Damm bis August 1960 für die Bedürfnisse des Transitverkehrs nach Skandinavien verbreitert und der Straßenbahnbetrieb auf dieser Straße eingestellt.

Am 17. Februar 1961 fährt die Straßenbahn erstmals wieder nach der kriegsbedingten Einstellung durchgängig vom Frankendamm (Friedhof) zum Knieperdamm (Hainholzstraße). Am 7. April 1966 wird der Straßenbahnbetrieb in der gesamten Stadt zugunsten des Omnibusbetriebes aufgegeben.

Am 3. Februar 1966 begann der Ausbau der Chaussee nach Greifswald auf 7,50 Meter Breite.

Städtebau

Von April 1946 bis Dezember 1956 hatten die Einwohner der Stadt im Rahmen des Nationalen Aufbauwerks Enttrümmerungsarbeiten durchgeführt und dabei über 250.000 Kubikmeter Schutt beseitigt.

Ab 1958 wurden Wohnungen mit Großblockteilen errichtet. Richtfest für den ersten in Großblockteilen errichteten Wohnblock war am 3. September 1958 in der Prohner Chaussee. Der Wohnblock II wurde anlässlich des 10. Nationalfeiertags übergeben. Auf dem Gelände der Zuckerfabrik wurde eine Betonfabrik errichtet; sie nahm am 1. März 1959 die Produktion auf.

In der Altstadt wird am 29. Juni 1960 das im Zweiten Weltkrieg beschädigte Semlower Tor gesprengt.

Bis Oktober 1959 wurden in Stralsund nach dem Krieg 3500 Wohnungen errichtet, überwiegend im Stadtteil Tribseer Vorstadt. 1962 nahm das „Plattenwerk“ am Heinrich-Heine-Ring seinen Betrieb auf.

Bis Mitte der 1960er Jahre konzentrierte sich der Wohnungsbau auf den Stadtteil Knieper Nord. Von 1961 bis 1964 wurden 2347 Wohnungen fertiggestellt, insgesamt entstanden bis 1964 2670 Wohnungen in diesem Stadtteil.[120]

Ende 1962 warteten von den 66.987 Einwohnern noch 5000 Familien bzw. Einzelpersonen auf die Zuweisung von Wohnraum. 12.340 (70 Prozent) der vorhandenen 17.620 Wohnungen waren vor 1945 errichtet worden, davon sogar 4520 vor 1870. Über 400 Wohnungen waren baupolizeilich gesperrt, 2200 stark beschädigt und 2300 abbruchreif. 57 Prozent der Wohnungen verfügten über eine Innentoilette, 32 über ein Bad.[121]

Am 19. September 1963 beschloss die Stadtverordnetenversammlung den Aufbau des Stadtteils Knieper West auf einer 75 Hektar großen Fläche zwischen Stadtwald und Zentralfriedhof. Der erste Spatenstich für das Wohngebiet, das in Plattenbauweise errichtet wurde, fand am 25. Juni 1964 statt, Grundsteinlegung war am 26. August 1964. Das neue Wohngebiet sollte 6102 Wohnungseinheiten umfassen. Die Versorgung mit Fernwärme wurde durch ein Heizwerk, das am 1. Oktober 1967 seinen Betrieb aufnahm, sichergestellt.

Auf der Basis des Beschlusses der Stadtverordnetenversammlung vom 26. Juni 1958, die Innenstadt zum denkmalgeschützten Gebiet erklären zu lassen, erklärte der DDR-Ministerrat am 2. Januar 1962 die Stralsunder Altstadt zum „Denkmal von besonderer nationaler Bedeutung und internationalem Kunstwert“. Über 400 Einzelbauten befanden sich auf der Liste, darunter 16 größere Profanbauten und neun Sakralbauten. Der überwiegende Teil der Gebäude waren Wohnhäuser, die der Sanierung oder Rekonstruktion bedurften. 1963 wurde eine Arbeitskommission einberufen, in der Folgezeit wurden Konzepte erarbeitet. Erste Restaurierungsarbeiten wurden am ehemaligen Johanniskloster (Stralsund) im November 1963 begonnen, im Volkswirtschaftsplan 1964 waren 116 Wohnhäuser zur Rekonstruktion vorgesehen.

Im März 1965 beschloss der Rat der Stadt die „Konzeption zur Entwicklung des Wohnungsbaues 1964 bis 1970 mit den Teilen Knieper-West, Lückenbebauung und Sanierung der Innenstadt“.

Im Stadtteil Knieper West wurde am 3. März 1969 die 2000ste Wohnung übergeben. In der Altstadt wurde im Sommer das restaurierte Kniepertor und der Räucherboden des Johannisklosters der Nutzung übergeben. Die Gestaltung des Neuen Marktes wurde im selben Jahr abgeschlossen.

Ab 1970 wurden in der Innenstadtsanierung polnische Bauleute eingesetzt, erstes Objekt war das Haus Fährstraße Nr. 26.

Im Juni 1973 wurde die 10.000ste nach 1945 fertiggestellte Wohnung übergeben. Zwischen 1971 und 1975 wurden 1649 Wohnungen und 122 Eigenheime gebaut und 597 Wohnungen um- und ausgebaut sowie modernisiert.

Am 17. April 1975 wurde vom Rat der Stadt der Standort für das künftige Wohngebiet Grünhufe bestätigt. Im September 1974 wurde das Plattenwerk rekonstruiert, um künftig Fertigteile für die Wohnungsbauserie 70 herstellen zu können. Bis zum Abschluss der Rekonstruktion im Jahr 1975 wurden nur Einzelbauten gefertigt, so in der Kedingshäger Straße 165 Wohnungen, an der Kleinen Parower Straße 115 Wohnungen und an der Müller-Grählert-Straße 75 Wohnungen.

In der Innenstadt wurde der Bereich Schillstraße-Alter Markt saniert. Die Stadtmauer wurde saniert, ebenso die Katharinenhalle im Meeresmuseum und der Remter im Kulturhistorischen Museum. Unterstützung kam von Ludwig Deiters und Karl-Heinz Loui. Gleichzeitig wurden aber auch 40 baupolizeilich gesperrte Häuser in der Innenstadt im Bereich Heilgeiststraße, Jakobichorstraße, Mühlenstraße, Katharinenberg, Böttcherstraße und Papenstraße 9 abgebrochen.[122]

Am 12. Januar 1976 wurde mit dem Bau des Wohngebietes Knieper West III begonnen. Von 1976 bis 1980 wurden 4511 Wohnungen, davon 3734 Neubauwohnungen, fertiggestellt. Am 6. Oktober 1980 wurde der Grundstein für das Wohngebiet Grünhufe gelegt.

Mit dem Setzen der letzten Platte am Block 058 in Knieper West wurde am 27. März 1981 der Wohnungsbau in diesem Stadtgebiet abgeschlossen. 8200 Wohnungen waren hier seit dem 1. September 1964 entstanden. Die erste Platte im Wohngebiet Grünhufe wurde am 7. April 1981 gesetzt, die ersten Wohnungen (Kurt-Bürger-Straße Nr. 19) am 23. November 1981 übergeben.

Am Alten Markt wird am 22. Juli 1982 der „Goldene Löwe“ gesprengt, an seiner Stelle wurde ein Neubau in Plattenbauweise errichtet, in den am 22. Januar 1985 die ersten Mieter einzogen.

Schulwesen und Kinderbetreuung

Am 11. September 1951 wurde der Neubau der Schwesternschule durch Luitpold Steidle eingeweiht. Je sechs Kindergärten und Schulhorte sowie ein Betriebshort wurden zwischen 1949 und 1954 errichtet.

Noch im Jahr 1950 betrug die durchschnittliche Klassenstärke 42 Schüler. Mit der Wiederherstellung der Fritz-Reuter-Schule dem Ausbau einer Kaserne zur Goethe-Schule aus und eines Guthauses zur Schule Andershof konnte im Jahr 1955 die Schülerzahl auf 31 je Klasse gesenkt werden. Dadurch stieg auch das Niveau der Ausbildung: Der Anteil der Schüler, die das Klassenziel nicht erreichten, betrug 1952/1953 14 % und 1955 9 %.

Unterrichtet wurde noch 1954 im Schichtbetrieb. An den Oberschulen existierten 1950 400 Plätze und 1955 670 Plätze.[123] Zahlreiche Betriebe übernahmen Patenschaften über Schulen. So wurde die Volkswerft Pate der Hansa-Oberschule, der VEB Bau-Union Pate der Ernst-Moritz-Arndt-Schule und die Lehreinrichtung der VP See Pate der Gerhart-Hauptmann-Schule.[124] Die Betriebsschulen der Werft und der Bau-Union wurden den Betrieben zugeordnet.

Im April 1955 wurde die Jugendweihe wieder eingeführt.

Im September 1958 wurde der polytechnische Unterricht in den vier zehnklassigen Schulen in Stralsund, Gerhart-Hauptmann-Schule, Wolfgang-Heinze-Schule, Lambert-Steinwich-Schule und Goethe-Schule, eingeführt.

Die erste nach dem Krieg neu errichtete Schule wurde am 1. September 1959 in der Tribseer Vorstadt eingeweiht. Weitere Schulneubauten folgten 1961 in Andershof und 1962 an der Vogelwiese. 1964 wurde eine neue Schule in der Johannes-R.-Becher-Straße übergeben. Die erste neue Schule im Stadtteil Knieper West wurde am 1. September 1966 eröffnet.

Als weiterführende Bildungseinrichtung kam am 1. April 1970 auf dem Gelände der Volkswerft die Ingenieurschule für Schiffbau hinzu. Sie wurde acht Jahre später an die Wilhelm-Pieck-Universität Rostock angegliedert.

Die Anzahl an Kindergartenplätzen stieg von 1627 im Jahr 1966 auf 2179 im Jahr 1970, die der Kinderkrippenplätze von 617 auf 777.[125]

Von 1973 bis 1975 wurden in Knieper West zwei und in der Tribseer Vorstadt eine Polytechnische Oberschule (POS) errichtet. Die Zahl der Kindergartenplätze stieg im gleichen Zeitraum um 612, die der Kinderkrippenplätze um 240.

1979 wurde mit der POS „Karl Marx“ die 12. nach 1945 gebaute Schule eröffnet, damit verfügte Stralsund über 20 polytechnische Oberschulen und es gab ein Jahr später 30 Kindergärten mit 3159 Plätzen.

Gesundheitswesen

Auf der Volkswerft wurde am 2. Juli 1952 die Poliklinik „Speranski“ eröffnet.

Im Klinikum wird am 15. Februar 1956 das erste so genannte Retortenbaby, Anne-Kristin, zur Welt gebracht. Im Februar 1959 wird das Pflegeheim „Rosa Luxemburg“ in der Hafenstraße eröffnet.

Die beiden Krankenanstalten Stralsunds wurden am 1. April 1959 zum Bezirkskrankenhaus „Am Sund“ zusammengelegt, 2113 Betten standen zur Verfügung, womit Stralsund die beste Versorgung im Bezirk Rostock besaß.

In der Kedingshäger Straße wurde am 10. Dezember 1975 das Pflegeheim „Käthe Kern“ mit 115 Plätzen übergeben. 1978 standen 371 Plätze in Pflegeheimen zur Verfügung.

Kultur

Zu Beginn der 1950er Jahre wurden in Betrieben vierzig Kultur- und Volkskunstgruppen gebildet, diese wurden seit Dezember 1952 beim Rat der Stadt vom Laienkunstkabinett betreut. Am 24. Juni 1951 wurde das von Otto Dibbelt gegründete Naturmuseum (später: Meeresmuseum) eröffnet, am 1. September 1952 die Volksmusikschule.

Das Stralsunder Theater schloss Verträge mit Stralsunder Betrieben für Besuchsanrechte. Georg Friedrich Händels Oper „Julius Cäsar“ wurde 1955 in Stralsund in der DDR uraufgeführt.

Ende September 1954 fand in Stralsund eine Kulturkonferenz statt. Die Konferenz würdigte das Naturmuseum und das Stralsundische Museum für Ostmecklenburg als die vorbildlichsten des Bezirks Rostock. Letzteres hatte zwischen 1945 und 1954 mehr als 70 wechselnde Ausstellungen veranstaltet und zählte 1949 15.000 und 1954 mehr als 100.000 Besucher. Im Naturmuseum wurden 1954 75.000 Besucher gezählt.

Die Ostseewoche wurde am 4. Juli 1958 erstmals in Stralsund eröffnet. Im Juni dieses Jahres wurde mit dem Aufbau der Freilichtbühne und im Jahr 1959 mit dem Bau des Tierpark Stralsund begonnen.

Im Rahmen der zweiten Ostseewoche beging Stralsund vom 28. Juni bis 5. Juli 1959 sein 725. Stadtjubiläum.

1970 fanden die 12. Arbeiterfestspiele im Bezirk Rostock statt, und Stralsund war vom 12. bis 14. Juni einer der Festspielorte. 80.000 Besucher sahen 45 Veranstaltungen.

Auch bei den 18. Arbeiterfestspiele war Stralsund Festspielort. In Stralsund wurde zeitgleich das erste „Mecklenburgische Folklorefestival“ ausgetragen. Die insgesamt 128 Veranstaltungen wurden von 200.000 Zuschauern besucht.

Sport

Das Sundschwimmen wurde erstmals 1948 als offener Wettkampf in der sowjetischen Besatzungszone ausgeschrieben. Ab 1949 wurden auch Motorsportveranstaltungen durchgeführt; am 2. Juli 1949 findet das erste Stralsunder Bäderrennen auf den Straßen der Stadt statt. Im Gewichtheben wurden große Erfolge erzielt, ebenso im Frauenhandball.

Die BSG Motor Stralsund stieg 1955 in die II. DDR-Liga auf. Im Juli 1967 wurden die Fußballmannschaften der ASG „Vorwärts“ von Rostock nach Stralsund gelegt; die ASG Vorwärts Stralsund spielte fortan in der DDR-Liga mit, 1971 und 1974 konnte sie in die DDR-Oberliga aufsteigen.

Am 16. Januar 1968 wurde mit dem Bau einer Schwimmhalle begonnen. Sie entstand im ehemaligen Turbinensaal des Kraftwerkes und wurde am 4. Oktober 1969 eröffnet.

Die Stralsunder Gewichtheber der BSG Motor Stralsund waren international erfolgreich. Zu ihnen zählte Schwergewichts-Weltmeister Helmut Losch. Monika Kallies gewann mit dem DDR-Achter bei den Olympische Sommerspiele 1976 die Goldmedaille. Ebenfalls Gold gewann der Offiziersschüler Uwe Potteck (im olympischen Schießen).

1978 gewann Jürgen Heuser den Weltmeistertitel im Gewichtheben, bei den Olympischen Sommerspielen 1980 gewann er die Silbermedaille.

Militärische Einrichtungen

In den 1950er Jahren wurde Stralsund erneut Garnisonstadt. Am 1. Mai 1950 wurde in Parow durch Johannes Warnke die Schule der Seepolizei eröffnet. Kommandeur wurde Walter Steffens. Ab 1952 wurde auf der Schwedenschanze unter Wilhelm Nordin mit der Ausbildung von Offizieren begonnen.

Ab 1953 wurden auch in Stralsund Kampfgruppen aufgestellt. Grundstock dieser waren die nach dem 17. Juni 1953 von der SED in die Betriebsschutze entsandten Arbeiter. Bis Ende 1953 existierten Kampfgruppen in der Volkswerft und der Schiffbau- und Reparaturwerft mit je 60 sowie in dem VEB Bau-Union mit 18 Mitgliedern. Im Juni 1954 waren bereits 482 Mitglieder in 15 Betrieben aufgestellt.

Der VEB Bau-Union delegierte 1954 182 Bauarbeiter zur Kasernierten Volkspolizei. Bis Februar 1956 traten 450 Werftarbeiter der KVP bei,[126] im Juli 1955 ein ganzer Lehrgang (156 Lehrlinge) der Berufsschule der Werft. Zu den von der Werft zur KVP gegangenen Werftarbeitern zählte im Jahr 1952 auch Klaus-Jürgen Baarß.

Anfang der 1960er Jahre wurde Stralsund auch Standort eines Hubschraubergeschwaders der Volksmarine. 1963 nahm die Fakultät Seestreitkräfte der Militärakademie „Friedrich Engels“ ihre Arbeit auf dem Dänholm auf. Sie wurde 1969 nach Dresden verlegt. Dafür wurde die Basis der Schiffsstammabteilung erweitert.

Am 11. Juli 1964 wurde die sowjetische Kommandantur aufgelöst.

Die Offiziersschule auf der Schwedenschanze erhielt am 1. März 1964 den Namen „Karl Liebknecht“. Die Flottenschule in Parow bekam am 1. Dezember 1970 den Namen ihres ersten Leiters, „Walter Steffens“.

Mit Wirkung vom 4. Januar 1971 erhielt die Offiziersschule „Karl Liebknecht“ den Status einer Hochschule, Leiter war Heinz Irmscher. Ebenfalls ab 1971 wurden die Absolventen der Schule in einer Zeremonie auf dem Leninplatz zu Offizieren ernannt. Am 4. Februar 1974 erhielt die Offiziershochschule (OHS) die Auszeichnung Vaterländischer Verdienstorden in Gold. Ende 1976 übernahm Wilhelm Nordin die Leitung. Im Mai 1982 wurde der OHS mit Wirkung vom 1. September 1982 das Diplomrecht (Diplom-Ingenieur bzw. Diplom-Gesellschaftswissenschaftler) verliehen.

Katastrophen

Bei orkanartigen Stürmen am 17. Oktober 1967 starb in Stralsund ein Mensch, 22 wurden verletzt. Der Sturm richtete große Schäden an Häusern, in Betrieben und auf den Straßen an. Am 11. Januar 1968 richtete ein Schneesturm Zerstörungen an, und vier Tage später ein Orkan der Windstärke 12.

Im Winter 1968/1969 dauerte die Eisperiode ungewöhnlich lang: Vom 11. Dezember 1968 bis zum 9. April 1969.

Die Jahreswende 1978/1979 brachte erneut extreme Witterungsbedingungen. Am 31. Dezember 1978 fiel so viel Schnee, dass innerhalb weniger Stunden der gesamte Schienen- und Straßenverkehr zusammenbrach. Heftige Stürme und Temperaturen um minus 15 Grad Celsius gingen mit dem Schneefall einher. Mitte Februar 1979 brach der Winter erneut mit orkanartigen Stürmen und extremen Schneefällen ein. Mit Hilfe der Nationalen Volksarmee wurden die enormen Schneemassen beseitigt, von Stralsund aus starteten die Marine-Hubschrauber zur Versorgung der Gemeinden im Umland und auf Rügen und Hiddensee.

20./21. Jahrhundert: 1990 bis heute

Die politische Umstrukturierung der Wende (1989/1990) brachte auch Stralsund gewaltige Veränderungen.

Dies betraf zum einen die neuen Verwaltungsstrukturen, die sich von der zentralistischen Struktur der DDR hin zum föderalistischen Aufbau der Bundesrepublik Deutschland veränderten. Auf die Verwaltung der Stadt kam somit eine Fülle von Aufgaben zu, die zu bewältigen waren. Erst reichlich ein halbes Jahr, nachdem in den Kommunen die neuen Strukturen geschaffen wurden, konnte der Landtag Mecklenburg-Vorpommern gewählt werden. Dementsprechend wurde vom neu gebildeten Rat der Stadt vorerst weiter nach DDR-Recht, dann mit bundesdeutschem Recht gearbeitet.

Politik

Zum Oberbürgermeister der Stadt wurde 1990 Harald Lastovka (CDU) gewählt, der diese Tätigkeit bis 2008 ausübte.

Am 9. August stimmten 24 von 38 Bürgerschaftsabgeordneten für Schwerin als künftiger Landeshauptstadt von Mecklenburg-Vorpommern. Mit der Verabschiedung des Gesetzes zur Kreisgebietsreform durch den Landtag am 22. Juni 1993 behielt Stralsund seinen Status als kreisfreie Stadt. Dem Volksentscheid zur Verfassung von Mecklenburg-Vorpommern stimmten am 12. Juni 1994 56,2 Prozent der Stralsunder Wähler zu.

Am 21. April 2006 besuchte Bundeskanzlerin Angela Merkel Stralsund mit ihrem Gast, dem schwedischen Ministerpräsidenten Göran Persson. Zu einem Großereignis wurde der Besuch Angela Merkels mit dem Präsidenten der Vereinigten Staaten, George W. Bush, am 14. Juli 2006.

Nachfolger des aus Altersgründen nicht mehr angetretenen Oberbürgermeisters Harald Lastovka wurde Alexander Badrow (CDU).

Wirtschaft

Die Stralsunder Molkerei wurde am 23. Juli 1991 an das holländische Unternehmen „Pommern Milch GmbH“ angeschlossen. Nach Einstellung des Betriebs der Essig- und Konservenfabrik (ESKO) an der Rostocker Chaussee wird das Fabrikgebäude im Januar 1992 abgerissen.

Boris Becker investierte ab 1992 über 20 Millionen DM in den Bau eines Autohauses in Stralsund.

Am 14. Juli 1992 nahm die „Stralsunder Parkquelle“, die sich später aus wettbewerbsrechtlichen Gründen in „Stralsunder Mineralwasser GmbH“ umbenennen musste, unter Führung der Unternehmensgruppe Nordmann ihren Betrieb auf. Nach einer Renovierung nahm die Firma Horten in dem ehemaligen Wertheim-Kaufhaus in der Ossenreyerstraße ihren Betrieb auf. Am 31. Dezember 1992 wurde die Zuckerfabrik nach 100-jährigem Betrieb geschlossen. Am 16. August 1993 stellte nach 40 Jahren auch die Kaffeerösterei KERMI ihren Betrieb ein.

Eine moderne Kläranlage wurde am 28. Juni 1995 in Betrieb genommen. Ein Blockheizkraftwerk an der Prohner Straße versorgt seit dem 3. November 1995 ca. 10.500 Wohnungen mit Fernwärme.

Das Einkaufszentrum „Strelapark“ auf dem Gebiet der Gemeinde Kramerhof eröffnete am 5. April 1995. Das Sport- und Freizeitbad „Hansedom“ eröffnete am 1. Dezember 1999 in unmittelbarer Nachbarschaft.

Nach der Entscheidung der Unabhängigen Föderalismuskommission 1993, Bundeseinrichtungen in die Länder des Beitrittsgebietes zu verlegen, errichtete die damalige Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (heute: Deutsche Rentenversicherung Bund) einen Verwaltungskomplex am Rande der Stadt, in dem heute (Stand: 2009) etwa 1400 Beschäftigte arbeiten. Ein weiterer wichtiger Arbeitgeber der öffentlichen Hand ist seit 1992 die Marinetechnikschule Parow.

Die Volkswerft erlebte gleich zwei Privatisierungen, ehe sie zunächst mit dem dänischen Eigentümer A. P. Møller-Mærsk zur Spezialwerft für Continerschiffe wurde; im Mai 2004 wurde das erste Containerschiff, die „Saafmarine Cameroun“, übergeben. Seit 2008 ist die Hegemann-Gruppe neuer Eigentümer der Werft.

Der Seehafen konnte in den Jahren 1994 und 1995 jeweils über eine Million Tonnen Güter umschlagen.

Die Arbeitslosenquote in der Stadt ist seit Jahren relativ hoch. Nur wenig Industriebetriebe sind vorhanden; Arbeitsplätze gibt es vor allem im Tourismus.

Städtebau

Am 20. Januar 1995 wurde in der Altstadt mit dem Neubau des Löwenschen Palais begonnen.

Die Altstadt wurde seit 1990 mit erheblichen öffentlichen und privaten Mitteln saniert und restauriert. Am 27. Juni 2002 wurde sie mit der von Wismar unter dem Titel Historische Altstädte Stralsund und Wismar zum Weltkulturerbe erklärt. Am 26. April 2004 wurde das sanierte Rathaus feierlich wieder eröffnet.

Für den Neubau des Kaufhauses Peek&Cloppenburg am Ostkeuz in der Altstadt wurde am 27. März 1996 der Grundstein gelegt.

Das Bürgerkomitee Rettet die Altstadt Stralsunds vergibt seit 1997 einen Preis für besonders gelungene Haussanierungen oder Neubauten, das Koggensiegel.

Rund um den alten Stadtkern wurden neue Wohngebiete erschlossen und Eigenheime errichtet. Für den ersten sozialen Wohnungsbau nach 1990 wurde am 30. März 1995 der Grundstein gelegt. Im Stadtgebiet Grünhufe, in dem 1997 ein Siebtel der Stralsunder Bevölkerung lebte, begannen im Februar 1997 die Arbeiten zur Wohnumfeldverbesserung.

Verkehr

Am 2. Juni 1991 verließ der erste elektrisch angetriebene Intercity-Zug mit dem Namen Rügen in Richtung Rostock den Hauptbahnhof.

Nachdem sich die alte Strelasundquerung immer mehr zum Nadelöhr für Touristen und Wirtschaft auf dem Weg nach Rügen und Skandinavien bzw. von dort auf das Festland herausgestellt hatte, wurde 2007 mit der Strelasundbrücke eine Hochbrücke fertiggestellt, mit deren Bau im August 2004 begonnen worden war.

Der Alte Markt ist seit Oktober 2005 autofrei.

Für die 16 Kilometer lange Umgehungsstraße, für die Bund und Land 300 Millionen DM bereitstellten, begannen am 25. August 1997 die Bauarbeiten.

Gesundheitswesen

Die ehemalige Poliklinik am Frankenwall wurde am 1. Januar 1991 in Ärztegemeinschaft am Frankenwall umbenannt. 30 niedergelassene Ärzte betreuten dort ihre Patienten.

Das Klinikum Krankenhaus am Sund verkaufte die Stadt an die DAMP-Holding.

Kultur

Als Außenstelle des Meeresmuseums wurde am 1. Juni 1991 das Nautineum auf dem Dänholm errichtet. Im Jahr 2008 kam mit dem Ozeaneum Stralsund im Hafen der Stadt eine weitere Außenstelle des Meeresmuseums hinzu.

Das erste Deutschlandtreffen der Pommern auf pommerschem Gebiet fand vom 1. bis 3. Mai 1992 in Stralsund mit 20.000 Teilnehmern statt.

Am 11. Februar 1993 wurde der Fusionsvertrag des Stralsunder Theaters mit dem der Stadt Greifswald zum Theater Vorpommern unterzeichnet.

Die Stralsunder Brauerei veranstaltete vom 27. bis 29. Juni 1997 das erste Brauereihoffest und begründete damit eine erfolgreiche Veranstaltungsreihe im Sommer.

Zum Gedenken an ehemalige jüdische Bürger wurde am 25. August 2006 der erste Stolperstein verlegt. Im April 2009 wird in der Langenstraße eine Gedenktafel für die von den Nationalsozialisten beschädigte und später abgerissene Synagoge eingeweiht.

Schulen

Auf dem Gelände der ehemaligen Offiziershochschule der NVA wurde am 4. Februar 1991 der Lehrbetrieb im Berufsförderungswerk (BfW) Stralsund mit 50 Rehabilitanden aufgenommen. Die Einrichtung wurde am 28. Juni 1991 offiziell eröffnet.

Für die am 1. September 1991 gegründete Fachhochschule Stralsund wurde am 9. Februar 1992 mit dem Bau von Studentenwohnungen begonnen.

Mit der Grundsteinlegung am 19. März 1993 für die Diesterweg-Schule besitzt Stralsund den ersten Realschulneubau Mecklenburg-Vorpommerns. Die am 27. Mai 1994 übergebene Schule ersetzte die alte Erich-Weinert-Schule, die 1991 wegen Asbestbelastung abgerissen worden war.

Am 7. Februar 1994 wurde der Grundstein für den Bau des IHK-Bildungszentrums gelegt.

Sport

Die Gewichtheber des TSV 1860 Stralsund errangen dreimal den Meistertitel für Mannschaften.

Die Handballer des Stralsunder HV stiegen 2003 und 2008 in die 1. Bundesliga auf, wobei die Saison 2008/2009 zum finanziellen Desaster wurde. Dem Verein, der sportlich in die 2. Handball-Bundesliga abgestiegen war, wurde die Lizenz entzogen. Die Männermannschaft startet daher in der Saison 2009/10 in der Oberliga Mecklenburg-Vorpommern.

Die Rollstuhl-Basketballer des SV Medizin Stralsund stiegen 2008 in die 2. Bundesliga auf.

Im August 1996 wurde die alte Sundschwimmhalle abgerissen und 1999 durch die Sport-Schwimmhalle im Hansedom ersetzt.

Bei der Bewerbung Berlins für die Olympischen Sommerspiele 2000 und Leipzigs für die Spiele 2012 bewarb sich die Stadt erfolglos um die Ausrichtung der Segelwettbewerbe.

Katastrophen

Am 29. Juni 1994 richteten Sturm, schwerer Hagel und Regen Schäden in Millionenhöhe an. Ein schweres Unwetter in der Nacht vom 3. zum 4. November 1995 verursachte ebenfalls schwere Schäden in der Stadt.

Literatur

  • Fritz Adler: Aus Stralsunds Vergangenheit, 2. Teil: Die Schwedenzeit Stralsunds. In: Fritz Adler und M. Wehrmann (Hrsg.): Pommersche Heimatkunde, 4. Band, Verlag Dr. Karl Moninger, Greifswald 1923.
  • Fritz Adler: Stralsund. In: Burkhard Meier (Hrsg.): Deutsche Lande / Deutsche Kunst. 2. Auflage. Deutscher Kunstverlag, Berlin 1928.
  • Fritz Adler: Aus Stralsunds Geschichte. Zweite völlig veränderte Auflage. Carl Meincke's Buchhandlung, Inh.: H. Bucksch, Stralsund 1937.
  • Hansestadt Stralsund (Hrsg.): Stralsund. Ein Almanach. Von der Wende bis zur Gegenwart., 1998, ISBN 3-00-002897-8
  • Horst Auerbach: Festung und Marinegarnison Stralsund. 1. Auflage. Hinstorff Verlag GmbH, Rostock 1999, ISBN 3-356-00835-8.
  • Herbert Ewe: Stralsund. Ein Führer durch die Werftstadt. Stralsund, 1953 (Veröffentlichung des Stadtarchiv Stralsund, der Stralsunder Museen und des Kulturbundes zur demokratischen Erneuerung Deutschlands).
  • Herbert Ewe: Stralsund und seine Umgebung. Petermänken-Verlag, Schwerin 1955, Lizenz-Nr. 381/325/29/55.
  • Herbert Ewe: Stralsund. Petermännken-Verlag, Schwerin 1962, Lizenz-Nr. 381/325/24/62.
  • Herbert Ewe: Stralsund. 2. Auflage. VEB Hinstorff Verlag, Rostock 1972.
  • Herbert Ewe: Schätze einer Ostseestadt. 3. Auflage. Verlag Hermann Böhlaus Nachfolger, Weimar 1974 (Veröffentlichungen des Stadtarchiv Stralsund Band VI), Bestell-Nr. 795 499 5.
  • Herbert Ewe: Geschichte der Stadt Stralsund. Verlag Hermann Böhlaus Nachfolger, Weimar 1984 (Veröffentlichungen des Stadtarchiv Stralsund Band X), Bestell-Nr. 795 646 4.
  • Herbert Ewe: Stralsund. 1. Auflage. VEB Hinstorff Verlag, Rostock 1987, ISBN 3-356-00082-9.
  • Herbert Ewe: Kostbarkeiten in Klostermauern, Hinstorff Verlag, Rostock 1990, ISBN 3-356-00319-4.
  • Herbert Ewe: Das alte Stralsund. Kulturgeschichte einer Ostseestadt. 2. Auflage. Verlag Hermann Böhlaus Nachfolger, Weimar 1995, ISBN 3-7400-0881-4.
  • Sigrid Rodemann und Georg Pilz: Stralsund. VEB F. A. Brockhaus Verlag, Leipzig 1977, 1984
  • Wolfgang Rudolph: Stralsund. Die Stadt am Sund. Carl Hinstorff Verlag, Rostock 1955. Lizenz-Nr. 391/240/7/55.
  • Senat der Hansestadt Stralsund (Hrsg.): Schwedisch-Deutsche Regimenter der Garnisonsstadt Stralsund. Stralsund (Sundische Reihe 5), ISBN 3-86139-005-1.
  • Senat der Hansestadt Stralsund (Hrsg.): Zur Geschichte der Prostitution in Stralsund. Stralsund (Sundische Reihe 6), ISBN 3-86139-007-8.
  • Stadterneuerungsgesellschaft Stralsund mbH (Hrsg.): Auf den Spuren des Welterbes. Das Stralsunder Kellerkataster. Stralsund 2005.
  • Ernst Uhsemann: Streifzüge durch das alte Stralsund, Verlag der Königlichen Regierungs-Buchdruckerei, Stralsund 1925
  • Nikolaus Zaske: Stralsund. 1. Auflage, VEB F. A. Brockhaus Verlag, Leipzig 1986, ISBN 3-325-00001-0.

Einzelbelege

  1. ↑ Saxo Grammaticus: Historica Danica, ed. G. Waltz, Monumenta Germaniae Historica, Scriptores XXIX, S. 75, 142 ff.
  2. ↑ K. Fritze: Die Hansestadt Stralsund, S. 24 ff.
  3. ↑ H. Berlekamp: Probleme der Frühgeschichte Stralsunds, S. 38
  4. ↑ H. Hoogeweg: Die Stifter und Klöster der Provinz Pommern, Bd. II, Stettin 1925, S. 709 f.
  5. ↑ Pommersches Urkundenbuch (PUB) II, Nr. 265
  6. ↑ F. Fabricius (Hrsg.): Das älteste Stralsunder Stadtbuch (1270–1310), Berlin 1872, I 8
  7. ↑ C. G. Fabricius: Stralsund in den Tagen des Rostocker Landfriedens, Stettin 1847, S. 23 f
  8. ↑ Stadtarchiv Stralsund, Sign. Hs. I, 16: Kämmereibuch 1392–1440, fol. 7
  9. ↑ „Theatrum Europaeum“, Band 1, Seite 1066
  10. ↑ „Theatrum Europaeum“, Band 1, Seite 1072
  11. ↑ a b Jürgen Drevs: Novellen oder Tagebuch Stralsundischer Begebenheiten vom Jahre 1687 bis zum Jahre 1720
  12. ↑ G. Tessin: Wismars schwedische Regimenter im Nordischen Krieg, Mecklenburgische Jahrbücher, 1937
  13. ↑ Herbert Ewe: Aus Stralsunds Geschichte, Hermann Böhlaus Nachfolger, Weimar 1984, Seite 194
  14. ↑ Fritz Adler: Aus Stralsunds Geschichte, Carl Meincke’sche Buchhandlung, Stralsund 1937, Seite 127
  15. ↑ Fritz Adler: Lebensgeschichte des Bürgermeisters David Lucas Kühl, Stralsund 1925, S. 77
  16. ↑ “Stralsundische Zeitung”, 28. Oktober 1815
  17. ↑ Stadtarchiv Stralsund, P121
  18. ↑ Ratsprotokoll vom 25. Oktober 1815
  19. ↑ Fritz Adler (Hrsg.): Lebensgeschichte des Bürgermeisters David Lukas Kühl, Stralsund 1925, S. 114
  20. ↑ “Der Fortschritt”, 2. Dezember 1848
  21. ↑ Stadtarchiv Stralsund, P1549
  22. ↑ Staatsarchiv Greifswald, Rep. 65c Nr. 871
  23. ↑ “Stralsundische Zeitung”, 14. und 16. Februar 1891
  24. ↑ “Stralsunder Volksstimme”, 10. Juni 1891
  25. ↑ a b c Staatsarchiv Greifswald, Rep. 60 Nr. 39
  26. ↑ “Volksbote”, 18. Mai 1898
  27. ↑ a b Stadtarchiv Stralsund, Q402
  28. ↑ Stadtarchiv Stralsund, Rep. 15 Nr. 220
  29. ↑ Übersicht der Preußischen Handelsmarine (E. Wendt & Co., Hrsg.), Stettin 1848, S. 24-26.
  30. ↑ a b Jahresbericht der Handelskammer zu Stralsund für 1878
  31. ↑ Stadtarchiv Stralsund, rep. 5 Nr. 50, 52
  32. ↑ Stadtarchiv Stralsund, Rep. 5 Nr. 51
  33. ↑ Stadtarchiv Stralsund, Rep. 15 Nr. 236
  34. ↑ Stadtarchiv Stralsund, Rep. 15 Nr. 335
  35. ↑ Stadtarchiv Stralsund, Rep. 5 Nr. 435
  36. ↑ Horst Auerbach: Kriegshafen Dänholm in poseidon, Heft 4/1981, S. 22–23
  37. ↑ Stadtarchiv Stralsund, Rep. 5 Nr. 52
  38. ↑ Stadtarchiv Stralsund, Rep. 5 Nr. 60
  39. ↑ Stadtarchiv Stralsund, M198
  40. ↑ Handelsberichte der Stralsunder Handelskammer für 1895, 1897
  41. ↑ Stadtarchiv Stralsund, M3706
  42. ↑ Jahresbericht der Handelskammer zu Stralsund für 1888
  43. ↑ Herbert Ewe: Zur Geschichte der Technik in Stralsund, Ostsee-Zeitung vom 10. März 1972
  44. ↑ Ernst von Haselberg: Die Baudenkmale des Regierungsbezirks Stralsund, Stettin 1902, S. 537–542
  45. ↑ Stadtarchiv Stralsund, M4713
  46. ↑ Stadtarchiv Stralsund, Rep. 23 Nr. 217 Band 1
  47. ↑ Stadtarchiv Stralsund, Rep. 23 Nr. 686
  48. ↑ W. Buchholz: Die Gasthauskirche zu Stralsund. Grundstein einer Krankenhausentwicklung, Greifswald-Stralsunder Jahrbuch 1965, S. 181–182
  49. ↑ a b c F. Knorr: Stralsund und Stralsunder Ärzte
  50. ↑ F. Knorr: Stralsund und Stralsundische Ärzte. Aus den Quellen zusammengestellt., Band 3 (Manuskript), 1909–1911
  51. ↑ Ernst von Haselberg: Die asiatische Cholera im Regierungsbezirk Stralsund, Stralsund 1853, S. 39
  52. ↑ K. Wellner: Die Pockenepidemien im 19. Jahrhundert in der Hansestadt Stralsund (Dissertation), Greifswald 1976, S. 63
  53. ↑ “Stralsundische Zeitung”, 14. November 1872
  54. ↑ Statistisches Jahrbuch für den Preußischen Staat, Berlin 1905, S. 1, 3
  55. ↑ J. Höft: Finanzstatistik Stralsunds, Stralsund 1933
  56. ↑ Stralsundische Zeitung, 2. Mai 1905
  57. ↑ Statistisches Jahrbuch für den Preußischen Staat, Berlin 1904–1914
  58. ↑ Stadtarchiv Stralsund, Rep. 25 Nr. 26
  59. ↑ „Volksbote“, 21. September 1911
  60. ↑ Stadtarchiv Stralsund, Rep. 25 Nr. 27
  61. ↑ Stralsunder Volkszeitung, 4. Juni 1917
  62. ↑ „Stralsunder Volkszeitung“, 7. November 1917
  63. ↑ „Stralsunder Tageblatt“, 8. November 1918
  64. ↑ Stadtarchiv Stralsund, M 4016
  65. ↑ a b „Stralsunder Tageblatt“, 13. November 1918
  66. ↑ „Stralsunder Tageblatt“, 22. November 1918
  67. ↑ „Stralsunder Tageblatt“, 21. Januar 1919
  68. ↑ „Stralsunder Tageblatt“, 4. März 1919
  69. ↑ Volksbote, 24. Februar 1919
  70. ↑ „Volksbote“, 30. September 1919
  71. ↑ „Der Kämpfer“, 27. März 1920
  72. ↑ „Der Vorpommer“, 8. Juni 1920
  73. ↑ a b Staatsarchiv Greifswald, Rep. 60 Nr. 42
  74. ↑ Staatsarchiv Greifswald, Rep. 60 Nr. 32
  75. ↑ „Der Vorpommer“, 15. September 1930
  76. ↑ „Der Vorpommer“, 11. April 1932
  77. ↑ „Der Vorpommer“, 1. August 1932
  78. ↑ Stadtarchiv Stralsund, vorl. Sign M 4442
  79. ↑ Statistisches Jahrbuch für den Preußischen Staat, Berlin 1898, S. 162–163
  80. ↑ Staatsarchiv Greifswald, Rep. 65c Nr. 2527
  81. ↑ W. Stuckmann: Entwicklung und Eigenart der deutschen Spielkartenindustrie, S. 186
  82. ↑ Stadtarchiv Stralsund, M 4204, Rep. 14 Nr. 437
  83. ↑ Staatsarchiv Greifswald, Rep. 65c Nr. 7486, Nr. 438
  84. ↑ IHK in Stralsund, Wirtschaftsbericht 1931
  85. ↑ Stadtarchiv Stralsund, Rep. 25 Nr. 53
  86. ↑ I. Kieseritzky: Stralsund geographisch betrachtet, S. 98
  87. ↑ Haushaltsplan der Stadt Stralsund, 1925 und 1933
  88. ↑ J. Höft: Finanzstatistik Stralsunds, Tabelle VII
  89. ↑ J. Höft: Finanzstatistik Stralsund
  90. ↑ Stadtarchiv Stralsund, Rep. 14 Nr. 226
  91. ↑ „Volkswacht“, 3. Februar 1933
  92. ↑ „Volkswacht“, 28. Februar 1933
  93. ↑ „Stralsunder Tageblatt“, 6. März 1933
  94. ↑ a b c Stadtarchiv Stralsund, Rep. 29 Nr. 66
  95. ↑ Einwohnerbuch für Stralsund 1939, Vorwort
  96. ↑ Stadtarchiv Stralsund, 2.00.3.13.802
  97. ↑ Stadtarchiv Stralsund, 2.00.3.4.228
  98. ↑ „Landes-Zeitung“, 6. Dezember 1947
  99. ↑ Stadtarchiv Stralsund, 2.00.3.1.136
  100. ↑ Stadtarchiv Stralsund, Sign. IW 474
  101. ↑ Stadtarchiv Stralsund, 2.00.3.1.159
  102. ↑ Staatsarchiv Schwerin, Nr. 1164, 1165
  103. ↑ Stadtarchiv Stralsund, 2.00.3.1.59
  104. ↑ „Volksstimme“, 24. Oktober 1945
  105. ↑ Stadtarchiv Stralsund, 2.00.3.4.232
  106. ↑ Stadtarchiv Stralsund, 2.00.3.4.210
  107. ↑ Stadtarchiv Stralsund, 2.00.3.1.50
  108. ↑ „Landes-Zeitung“, 1. Februar 1948
  109. ↑ Stadtarchiv Stralsund, 2.00.3.1.16.831
  110. ↑ „Landes-Zeitung“, 30. Juli 1952
  111. ↑ „Ostsee-Zeitung“, 26. Juli 1962
  112. ↑ Anne Kaminsky (Hrsg.): Orte des Erinnerns. Gedenkzeichen, Gedenkstätten und Museen zur Diktatur in SBZ und DDR, Bonn 2007, zu Stralsund S. 272–275
  113. ↑ „Ostsee-Zeitung“, 9. November 1967
  114. ↑ „Landes-Zeitung“, 14. Oktober 1950
  115. ↑ „Landes-Zeitung“, 20. Oktober 1951
  116. ↑ Stadtarchiv Stralsund, Ra 698
  117. ↑ Stadtarchiv Stralsund, Ra 497
  118. ↑ Statistisches Taschenbuch 1956 Stralsund -Stadt
  119. ↑ Stadtarchiv Stralsund, R. S. Nr. 6, 21. März 1957
  120. ↑ Stadtarchiv Stralsund, St. V., 29. Juli 1965
  121. ↑ Stadtarchiv Stralsund, St. V. Nr. 3, 27. Juni 1933
  122. ↑ Stadtarchiv Stralsund, St. V. Nr. 14, 29. September 1976
  123. ↑ Stadtarchiv Stralsund, St. V. 29. September 1955
  124. ↑ Stadtarchiv Stralsund, St. V. 25. November 1954
  125. ↑ Stadtarchiv Stralsund, St. V. Nr. 5, 21. Januar 1971
  126. ↑ „Unsere Werft“, 23. Februar 1956

 

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